Offenbarung 23 – 9-11 (Folge 29)

Zwielichtig: Wer sprengte das WTC-Gebäude Nr. 7?

Die Anschläge auf das aus insgesamt sieben Gebäuden bestehende New Yorker World-Trade-Center haben die Welt verändert. Zwei Türme stürzen ein. Vier Flugzeuge sollen an diesem verhängnisvollen Tag insgesamt zum Absturz gebracht worden sein. Doch – was war es wirklich, das die Welt mit so dramatischen Bildern für immer erschütterte? Ein Terroranschlag? Eine fatale Inszenierung?

Der Hacker T-Rex kommt einer schier unfassbaren Intrige auf die Spur, von deren Folgen sein verstorbener Hacker-Kollege Tron gesagt haben soll, dass man einst vielleicht froh sein werde, wenn stattdessen „nur zwei Türme“ einstürzten. War möglicherweise sehr viel Grausameres geplant als die Vernichtung eines Gebäudekomplexes? Sind die eigentlichen Pläne vielleicht immer noch am Gären?

Der Autor

Jan Gaspard ist ein Pseudonym. Der reale Mensch hat immerhin eine Mailadresse – das ist doch schon mal was. Laut Verlag soll der Rechercheur für Unternehmer wie Axel Springer, Ross Perot, Rupert Murdoch und sogar Dick Cheney gearbeitet haben. Wer’s glaubt, sollte ihn engagieren. Er zeichnet für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich.

Die Sprecher & die Inszenierung

Georg Brand alias T-Rex: David Nathan (Johnny Depp, Christian Bale)
Kim Schmittke: Dietmar Wunder (Daniel Craig)
Ian G.: Till Hagen (Kevin Spacey, Billy Bob Thornton)
Nat Mickler: Helmut Krauss (Marlon Brando, James Earl Jones)
Miles Davison: Michael Pan (Martin Short, Brent ‚Data‘ Spiner)
Boris F. alias Tron: Jaron Löwenberg (Adrien Brody in „King Kong“)
John: Jan Spitzer (Chris Cooper, Ted Levine, William Forsythe)
Nachrichtensprecherin: Ulrike Hübschmann (Jenny ‚Tessa‘ Agutter in „Spooks“)
G. A. Solnzekov: Björn Schalla (Seann William Scott, Casey Affleck
Haushälterin: Denise Gorzelanny (Valerie ‚Alma‘ Mahaffery)
Intro: Benjamin Völz (Keanu Reeves, James Spader) & Jaron Löwenberg
Stimme der Wahrheit: Friedrich Schoenfelder (David Niven, Peter Cushing, Vincent Price)

Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von LPL records. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern. Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren in der Titelmelodie – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen. Die Aufnahmeleitung oblag Anno Storbeck.

Aufgenommen 2008: Sprachaufnahmen-Berlin.de

1. Staffel von „Offenbarung 23“:
1) „Wer erschoss Tupac?“1934
2) „Tupacs Geheimnis“1948
3) „Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“2012
4) „Die Krebs-Macher“2015

Einschub: „Offenbarung 23 – Machiavelli“2472

2. Staffel:
5) „Das Handy-Komplott“2576
6) „Der Fußball-Gott“2577
7) „Stonehenge“2590
8) „Macht!“2591

3. Staffel:
9) „Gier!“3104
10) „Die traurige Prinzessin“3113
11) „Die Hindenburg“3131
12) „Der Piratenschatz“3136

4. Staffel:
13) Das Wissen der Menschheit3885
14) Das Bernsteinzimmer3887
15) Durst!3900
16) Krauts und Rüben 3934

5. Staffel:
17) Die Waterkant-Affäre4340
18) Menschenopfer4362
19) Angst!4537
20) Die Pyramiden-Saga4554

Einschub: 21) Jack the Ripper4875 (Live-Lesung)

6. Staffel:
22) Der Fluch des Tutanchamun5040
23) Der Jungbrunnen5171
24) Ausgespäht und Ausgetrickst5229
25) Sex and Crime5260

7. Staffel:
26) Wer hat Angst vor Norma Jeane?5403
27) Der Mann im Mond5511
28) Der Untergang der MS Estonia5556
29) 9-11

Mehr Infos: http://www.offenbarung-23.de sowie http://wiki.jan-gaspard.net und http://www.vertraue-niemandem.net.

Vorgeschichte

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“ und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen. Inzwischen haben der Arzt Nathan Mickler und Kumpel Kim Schmittke Nolo in dieser Rolle abgelöst.

Handlung

In der Kathedrale von Reims treffen sich Ian G und Nathan Mickler, um über das Schicksal der Welt zu beraten. Außerdem gilt es ein wenig Schadensbegrenzung zu betreiben: Micklers Schützling Georg Brand hat in Schweden einigen Staub aufgewirbelt und Ian Gs Operation „Hades“ bloßgestellt. Doch immer noch werden Tarotspiele gespielt und Kreuzzüge geführt. Leute wie Ian G und Mickler sind nie arbeitslos.

Eine Nachrichtensprecherin informiert über die Machenschaften der National Security Agency NSA, die ihre eigene Bevölkerung im Auftrag der US-Regierung bespitzelt hat. Sämtliche Finanztransaktion im Lande, pardon: weltweit, wurden erfasst und Profile erstellt. Interessant, auf welchen Rechnern dies erfolgt ist.

Inzwischen sind Georg und Kim wieder in Mitteleuropa. In einem sicheren Haus Micklers in Zürich sind sie weiteren Geheimnissen auf der Spur. Denn Ian G hat etwas vor: 40 Tonnen russisches Kobalt warten im Wrack der gesunkenen „Estonia“ auf ihre Wiederverwendung. Mit dieser Menge kann man wahrscheinlich den ganzen Planeten zweimal vergiften. Aber eine „Schmutzige Bombe“ würde auch schon erheblichen Schaden anrichten, wenn man sie „strategisch günstig“ platziert: die Steigerung von 9/11. Ian G setzt einen gewissen Exbundeskanzler in Moskau ein.

Georg interessiert sich nicht für die Twin Towers, die an 9/11 zum Einsturz gebracht wurden, auch nicht fürs Pentagon oder für Flug 93, das vierte Flugzeug. Nein, sein Augenmerk gilt dem dritten Turm, der sieben Stunden nach den Twin Towers zu Fall gebracht wurde: WTC Nr. 7. Darin befanden sich Filialen von Banken und Versicherungen: alles harmlos, aber auch das Finanzamt, die Börsenaufsicht und – schau an – die CIA hatten hier Büros. Und natürlich modernste Elektronik und Rechner – in die Georg seinerzeit eindrang, denn sie überwachten sämtliche Geldströme, die beim Dotcom-Crash flossen. Das Gebäude wurde offenbar gesprengt, doch von wem, das ist noch die Frage.

Mickler trifft den NSA-Mann Davison, der schon in Stockholm seine Finger im Spiel hatte. Er bietet ihm eine Information an: Wer die Amerikaner am 9/11 hereingelegt hat. Die Amis hatten alles so schön arrangiert, um durch die Anschläge den Krieg mit Irak und al-Qaida vom Zaun zu brechen, doch irgendwie sind sie selbst getäuscht worden. Die Spur führt zu einem Krimiautor namens Dashiell Hammett. Aber der ist doch schon längst tot, oder nicht?

Mein Eindruck

Ich hatte erwartet, dass entweder eine der gängigen Verschwörungstheorien aufgewärmt oder wenigstens ein fünftes Flugzeug erfunden wird. Doch all das ist schon dagewesen, so dass es für den Autor keinen Grund gab, das Rad neu zu erfinden. Stattdessen tischt er uns eine halbgare Geschichte über die Bedeutung von WTC-Gebäude Nr. 7 auf. Auch darüber gibt es jedoch bereits eine TV-Dokumentation, die die Theorie untersucht, ob es von interessierten Kreisen (NSA, Regierung, feindliche Geheimdienste?) gesprengt wurde. Die TV-Dokumentation verneint dies, doch der Autor legt diesen Schluss nahe. Sei’s drum. Es wird eh nicht deutlich gesagt, wer dahintersteckt.

Durch ein paar der üblichen Tarotkarten-Spielereien, über die wir in der Serie schon ein paarmal gestolpert sind (besonders wegen der Verbindung zu den Freimaurern und Rockefeller), gelangen Georg und Kim zu Dashiell Hammett. Das war nicht nur der geniale Autor von „Der Malteser Falke“ (verfilmt mit Humphrey Bogart) und „Der dünne Mann“ (verfilmt mit Myrna Loy und William Powell), sondern auch ein Mitglied und Märtyrer der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Und der soll aus dem Grab heraus die NSA hereingelegt haben? Wohl nur ein schlechter Witz! Doch nein, die Gedankenkette windet sich bis jenem Punkt, an dem NSA-Agent Davison peinlich berührt aufschreit. Er hat den Köder geschluckt, freut sich Mickler. (Und Ian G am Abhörmikro gleich mit.)

Doch ein paar andere Seitenhiebe haben mir besser gefallen. Die Anschläge vom 11. September waren von der US-Regierung inszeniert, um einen Krieg vom Zaun zu brechen. Krieg kurbelt ja die Wirtschaft an, wie man gesehen hat. Aber die Beweise für die Massenvernichtungswaffen waren ja nur vorgeschoben und mussten irgendwann auffliegen. Das geschah jedoch zu spät, um den Krieg noch aufzuhalten. Da war das Kind schon in den Brunnen gefallen, die Amis verloren den Irakkrieg und erlitten in Afghanistan zunehmend Verluste. Irgendjemand hat sie wohl drangekriegt, macht uns der Autor weis. Wie immer sind es bei ihm die Russen, nie die Chinesen oder die Amerika-treuen (weil besiegten) Japaner. Sei’s drum, für seine Spiele mit den Chiffren braucht er eben zwei Fronten.

Deshalb ist auch das nächste Szenario, das er uns vor die Nase hält, ein wieder aufgewärmter Kalter Krieg: Ian G & Co. brauchen eben immer was zu tun. Selbst wenn sie dann mit Plutonium herumspielen.

Die Inszenierung

Die Sprecher

Es ist schon unterhaltsam, wenn man in einem Serienhörspiel all jene Schauspieler sprechen hört, die man sonst mit bildschirmfüllenden Actionkrachern oder großartigen Romanzen in Verbindung bringt. Das hebt die Handlung doch gleich eine Stufe höher, verleiht ihr den Glanz von Hollywood. Auffallend ist in den letzten beiden Folgen Nr. 28 und 29 die völlige Abwesenheit von weiblichen Rollen.

Besonders David Nathan als T-Rex hat mir gefallen, denn man hört immer einen leichten ironischen Zungenschlag bei ihm heraus, und häufig verfällt er in herrlichen Sarkasmus. Kim Schmittke alias Dietmar Wunder steht ihm dabei in nichts nach. Nat Mickler kann dabei noch halbwegs mithalten, und Helmut Krauss verleiht dieser Figur die nötige Autorität, aber auch Freundlichkeit. Ian G, gesprochen von Till Hagen, spielt mal wieder den Kastenteufel: Kaum glaubt man, ihm eine Niederlage beigebracht zu haben, heckt er schon die nächste Teufelei aus.

Geräusche und Musik

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend. Durch die Handhabung der Lautstärke können zum Beispiel Bauarbeiten in den Hintergrund gerückt werden, während im Vordergrund die Figuren noch miteinander reden. Sehr heikel sind jedoch Szenen in Straßenzügen oder in einem Lokal; die Geräuschkulisse ist einerseits detailliert zu halten, um glaubwürdig zu bleiben, muss aber so dezent gehalten werden, dass sie den Dialog nicht stört. Knifflig, aber lösbar. Diesmal stapfen Mickler, Georg und Co. durch den Schweizer Schnee von Zürich: ein merkwürdiges Geräusch, das leicht als störend empfunden werden kann.

Die wenige Musik, die erklingt, fungiert meist als Pausenfüller: Fetzige Gitarren, für die Markus Wienstroer verantwortlich zeichnet, bestimmen das In- und Outro. Während der Szenen plätschern im Hintergrund hin und wieder etwas lokale Muzak (kommerzielle Musik für Cafés und Kaufhäuser) oder elektronische Musik und Tablas so vor sich hin. Mir gefielen mehr die Gitarren. Die Produktion bemüht sich zunehmend, eine interessantere Musik einzubauen, was ihr besonders am Anfang gelingt.

Unterm Strich

Begierig habe ich diejenige Folge der Serie erwartet, die sich mit dem Urknall des 21. Jahrhunderts befasst, mit den Attentaten am 11. September 2001. Ich wurde ziemlich enttäuscht, denn über die Attentäter des 11. September wird kein einziges Wort verloren. Stattdessen tischt uns der Autor eine hanebüchene Verschwörungstheorie auf, wonach die amerikanische Regierung selbst die Anschläge inszeniert habe. Das mag ja auf Gebäude Nr. 7 zutreffen, um dessen Einsturz (7 Stunden nach den Twin Towers) es weiterhin Spekulationen gibt, aber doch nicht auf die Anschläge auf das WTC und das Pentagon. Zudem hätten an Bord von Flug 93 ebenfalls Regierungsagenten sein müssen; da waren aber keine, sondern nur muslimische Ausländer brachten das Flugzeug in ihre Gewalt.

In der Serie verwendete Motive wie die Geheimgesellschaften der Freimaurer und der Skulls & Bones (an der Yale-Universität) tauchen wieder auf, werden aber durch die Verbindung mit Tarot-Motiven der Lächerlichkeit preisgegeben. Interessanter ist das schon die weiterhin virulente Gefahr, die vom Wrack der gesunkenen Fähre „MS Estonia“ ausgehen soll: 40 Tonnen russisches Plutonium (nach anderen Quellen: Kobalt) warten auf ihre Bergung. Damit könnte man die Welt wahrscheinlich gleich zweimal vergiften, so gefährlich ist dieses radioaktive Teufelszeug.

Das Hörspiel

Das Hörspiel ist von Lübbe und LPL records gewohnt sorgfältig produziert worden und ich habe an der Technik nichts auszusetzen. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der ungewohnt handlungsarmen Inszenierung etwas Filmglamour. Die Story wartet in der Regel mit Verschwörungstheorien, Kurzinfos, Agenten-Eskapaden und allerlei zwielichtigen Aktionen auf.

Immerhin sind die aufgegriffenen Themen bis heute in der Regel mit Rätseln behaftet. Die offenen Fragen harren der Antworten. Und Verschwörungstheorien sind heute verbreiteter denn je, weil die Regierungen keinerlei Vertrauen mehr genießen, von ihren Nachrichtendiensten ganz zu schweigen.

Hinweis: Die Ära des Autors Jan Gaspard ist mit Folge 29 zu Ende. Nun kommen andere Schreiberlinge ans Ruder. LPL records bietet auf seiner Webseite sämtliche relevanten Informationen, was es ab Folge 30 zu bestaunen gibt.

69 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3704-4
www.offenbarung-23.de
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