Greg Bear – Die Macht der Steine. SF-Roman

Von Gott verlassen: bibelfeste Science Fiction

Vor Jahrtausenden bauten Christen, Moslems und Juden gewaltige selbsterhaltende Städte auf dem Planeten Gott-der-Schlachtenlenker, die ständig in Bewegung sind. Sie sollten das Leben der Gläubigen schützen und erhalten – aber auch die Reinheit von Glaube und Lehre, denn jeder, der gegen die Gebote verstößt, wird ausgesetzt. Da jeder Mensch ein potenzieller Sünder ist, sind diese Kolosse längst menschenleer und dem Verfall preisgegeben – und zu einer Bedrohung für die Bewohner dieser Welt geworden … (Verlagsinfo)

Der Autor

Greg Bear wurde 1951 in San Diego, einer wichtigen US-Marinebasis, geboren und studierte dort englische Literatur. Unter den Top-Hard-SF-Autoren ist er der einzige, der keine naturwissenschaftliche Ausbildung hat. Seit 1975 als freier Schriftsteller tätig, gilt er heute dennoch als einer der ideenreichsten wissenschaftlich orientierten Autoren.

Sein „Das Darwin-Virus“, der hierzulande zuerst in einem Wissenschaftsverlag erschien, wurde zu einem preisgekrönten Bestseller. Erst damit konnte sich Bear aus dem Science Fiction-Ghetto herausschreiben, so dass man ihn heute ohne weiteres mit Michael Crichton vergleicht. Nur dass Bear da anfängt, wo Crichton aufhört. Im Jahr 2004 erschienen bei uns „Darwins Kinder“, die Fortsetzung von „Darwin-Virus“, sowie der Roman „Stimmen“. 2006 erschienen die Taschenbuchausgabe von „Darwins Kinder sowie der Roman „Quantico“.

Bear hat eine ganze Reihe von Science Fiction- und Fantasyzyklen verfasst. Die wichtigsten davon sind (HSF = Heyne Science Fiction):
– Die Thistledown-Trilogie: Äon (HSF 06/4433), Ewigkeit (HSF 06/4916); Legacy (bislang unübersetzt).
– Der Amboss-Zyklus: Die Schmiede Gottes (HSF 06/4617); Der Amboss der Sterne (HSF 06/5510).
– Der Sidhe-Zyklus: Das Lied der Macht (06/4382); Der Schlangenmagier (06/4569).

Weitere wichtige Werke: „Blutmusik“ (06/4480), „Königin der Engel“ (06/4954), „Slant“ (06/6357) und „Heimat Mars“ (06/5922). Er hat zudem Beiträge für die Buchreihen des Foundation-, Star-Trek- und Star-Wars-Universums geschrieben.

Seine Romane wurden mit etlichen internationalen Preisen ausgezeichnet, in über 22 Sprachen übersetzt und weltweit millionenfach verkauft. Während der vergangenen 28 Jahre war er außerdem als Berater für die NASA, die U. S. Army, das amerikanische Außenministerium, die International Food Protection Association und das US-Ministerium für Heimatschutz tätig; dabei ging es um Themen wie Privatisierung des Weltraums, Lebensmittelschutz, Grenzen der Mikrobiologie und Genetik sowie biologische Sicherheit. (Amazon.de)

Handlung

Auf einem abgelegenen wüstenartigen Planeten findet eine letzte religiöse Auseinandersetzung statt. Vor Jahrtausenden hatten Christen, Juden und Moslems auf dem Planeten Gott-der-Schlachtenlenker gewaltige selbsterhaltende, mobile Städte gebaut. Sie dienten ursprünglich dem Zweck, das Leben der Gläubigen zu schützen und zu erhalten – aber auch die Reinheit von Glauben und Lehre. Sie setzten jeden aus, der sich gegen die Gebote und Vorschriften verging.

Da nun aber mal jeder Mensch ein potenzieller Sünder ist, sind diese Kolosse längst menschenleer und dem Verfall preisgegeben. Die Ausgesetzten haben sich zu marodierenden Stämmen oder zu Sippen zusammengetan, die ein karges Dasein fristen – leichte Beute für die Räuber der Wüste. Als der Junge Jehoshua ausgestoßen wird, erkennen seine Stammesangehörigen, dass die mobilen Städte inzwischen selbst zu einer Bedrohung der Welt geworden sind, und zwar für alle. Irgendwie müssen sich die Überlebenden zusammenraufen. Und der Junge spielt dabei eine zentrale Rolle.

Mein Eindruck

Wie in anderen seiner frühen Romane („Hegira“, 1979, dt. bei Moewig) und Stories („Tangenten“, 1989, dt. bei Heyne, vgl. Rezension) schildert Bear auch hier eine der Entwicklungsmöglichkeiten der Menschheit bei der Expansion ins Universum.

„Macht der Steine“ – der Titel stammt aus dem biblischen Buch Hiob – zeigt eine menschliche Zivilisation, die sich der Notwendigkeit gegenübersieht, ihre eigene beinahe unbegrenzte Fähigkeit, das (fiktionale) Universum zu transformieren, in Einklang mit uralten, moralischen (= religiösen) Geboten zu bringen: Die riesigen Städte, einst ein Schutz der Religionsgemeinschaft, sind zu einer Bürde, ja einer Bedrohung geworden.

Nur wer sie, d.h. das Erbe der Vergangenheit, besiegt und überwindet, wird überleben. Der Sieg ist nur durch altruistisches Handeln zu erreichen, nämlich dann, wenn alle an einem Strang ziehen. Egoismus jedoch, wie ihn die Wüstenstämme praktizieren, verurteilt zum Aussterben.

Unterm Strich

Die Handlung dieses waschechten Science-Fiction-Romans erschließt sich dem Leser nicht leicht, das religiöse Thema spricht gewiss nicht jeden an. Schon der Titel ist ein Zitat aus einem Bibelvers. Man kann diesen Roman als Bears Variation auf Herberts Propheten-Epos „Der Wüstenplanet“ lesen, und als Kommentar dazu.

Leider zeigte Bear erst vier Jahre später mit der Publikation von „Blutmusik“ (1985, vgl. Bericht), wozu er als Erzähler fähig ist: kühne wissenschaftliche und humanistische Visionen in eine spannende, an interessanten, glaubwürdigen Charakteren festgemachte Handlung verpackt. Ich vergebe nur 3 von 5 Sternen.

Taschenbuch: 317 Seiten
Info: Strength of Stones, 1981
Aus dem US-Englischen übertragen von Martin Gilbert
www.heyne.de

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