E.-E., Marc-Alastor – Kinder der fünften Sonne, Die (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 3)

Eine Romanserie über eine Vampirin – die Idee ist so einfach wie genial. In Einzelbänden verschiedener Autoren verfolgt man so Dilaras (eben jene Vampirin) Reise durch die Jahrhunderte, ihre Abenteuer und ihre Bekanntschaften. Unter Wolfgang Hohlbeins schützender Hand erscheint genau diese Serie unter dem Titel „Schattenchronik“ im BLITZ-Verlag und verspricht nicht nur reichhaltiges (mittlerweile ist der sechste Band erschienen), sondern auch abwechslungsreiches Lesefutter.

Marc-Alastor E.-E. zeichnet für den dritten Band, „Die Kinder der fünften Sonne“, verantwortlich und enthüllt auf 330 spannenden Seiten mehr von Dilaras Vergangenheit, wobei – in guter Serientradition – mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet werden. Wir befinden uns im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Dilara und ihr zwergenwüchsiger Diener Cippico versuchen, in einem urigen Hotel in Avignon auszuspannen. Doch dieser Plan wird schnell von Antediluvian vereitelt, der Dilara zu sich ruft, um sie zu beauftragen, den Codex Vaticanus aus einem römischen Geheimarchiv zu beschaffen. Was bleibt Dilara anderes übrig als zuzustimmen – wäre jede andere Entscheidung ihrer Gesundheit doch kaum zuträglich. Selbst so kann sie nur knapp mit ihrem (Un)Leben entkommen.

Zurück im Hotel, wird sie von der so geheimnisvollen wie schönen Gelophee Roche davor gewarnt, sich mit Antediluvian einzulassen. Doch enthüllt die Rosenkreuzerin auch, dass sie Informationen besitzt, wie man an den ominösen Codex Vaticanus gelangen kann. Und so begibt sich eine Zweckgemeinschaft, bestehend aus Dilara, Cippico und Gelophee (zunächst gefesselt), auf eine lange Zugreise nach Rom. Natürlich verläuft diese alles andere als beschaulich. Zwischen den Dreien gibt es immer wieder Spannungen, ist doch nicht ganz klar, ob Gelophee, die ihre Hilfsbereitschaft immer wieder beteuert, tatsächlich zu trauen ist. Darüber hinaus wird Dilara von ihrem abgelegten Liebhaber verfolgt, der offensichtlich noch ein Hühnchen mit ihr zu rupfen hat.

Ob es die Drei nach Rom schaffen, ob sie den Codex Vaticanus ausfindig machen können, was in ihm steht und was Antediluvian wohl mit diesen Informationen anzufangen wünscht – das lese am besten jeder selbst.

In Band zwei, „Kuss der Verdammnis“, verließen wir Dilara im London der heutigen Zeit. Band drei macht also einen gewaltigen Sprung rückwärts und beleuchtet Dilaras Vergangenheit und ihre (schon immer) gestörte Beziehung zu Antediluvian. Außerdem werden einige mysteriöse Informationsbrocken eingestreut, die mehr als neugierig darauf machen, wie sich die Vampirmythologie der „Schattenchronik“ wohl genau gestalten wird. Sicher scheint eins: In zukünftigen Bänden werden wohl einige alte Hochkulturen wieder aufleben!

Marc-Alastor E.-E. malt ein sehr genaues, wenn auch verstörendes Bild von Dilara. Sie selbst scheint sich als durchaus empfindsam wahrzunehmen, wenn sie sich ihrer vampirischen Natur auch ständig bewusst ist. Doch auf ihre Umwelt (selbst auf ihren Diener Cippico) wirkt sie gefährlich, angsteinflößend und doch betörend. Der geneigte Leser jedoch ist uneingeschränkt fasziniert – von Dilaras Gefühlsschwankungen, ihren Wutausbrüchen, ihrer aufbrausenden Art.

„Die Kinder der fünften Sonne“ ist auch stilistisch eine Kehrtwende vom Vorgängerband. Marc-Alastors geradezu historisch anmutende Sprache mag gewöhnungsbedürftig sein. Es kommt schließlich nicht häufig vor, dass man in einem aktuellen Roman Worte wie „itzt“ oder „alsdann“ liest. Je weiter man jedoch in die dichten Sprachgebilde des Autors vordringt, desto mehr weiß man sie zu schätzen. Rein sprachlich ist „Die Kinder der fünften Sonne“ ein wahres Vergnügen. Da ist jedes Wort am richtigen Platz. An jedem Satz wurde bis zur Perfektion gefeilt. Und wenn Marc-Alastor so richtig aufdreht, dann entstehen surreale Wortwelten, die den Leser eintauchen lassen in den Roman – mehr aber noch in die Wunderwelt der Sprache.

Was den dritten jedoch augenfällig mit dem zweiten Band verbindet, ist die Freude an den sich verändernden Settings. Schon in „Kuss der Verdammnis“ entführte Alisha Bionda den Leser ins historische und heutige London. Marc-Alastor E.-E. tut nun selbiges mit Italien. Neben der spannenden Handlung macht es ebenso Spaß, den Roman als Reiseführer zu lesen, haben die Charaktere doch während ihrer Zugreise (wenn sie nicht gerade verfolgt werden) ausreichend Muße, die vorbeiziehende Landschaft zu betrachten. Und dann stoßen in einer kurzen Passage auch noch zwei besondere Personen dazu (wer, soll hier nicht verraten sein), die noch eine ganz andere Art zu sehen propagieren. Solch angenehme Überraschungen in einem fantastischen Roman darf es ruhig öfter geben!

Auch für den dritten Band der Serie kann damit eine uneingeschränkte Leseempfehlung ausgesprochen werden. Hoffen wir, der Romanzyklus kann die Spannung halten!

http://www.BLITZ-Verlag.de

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