Schlagwort-Archive: Heyne

[NEWS] Paula Brackston – Die Tochter der Hexe

Bathcomb, England, im Jahr 1628. Fassungslos muss die junge Bess Hawksmith mit ansehen, wie ihre Mutter als Hexe hingerichtet wird. Doch damit nicht genug, die Hexenjäger sind auch hinter ihr selbst her. Verzweifelt vertraut sich Bess dem geheimnisvollen Gideon Masters an, von dem man hinter vorgehaltener Hand munkelt, er sei ein Schwarzmagier. Und tatsächlich zwingt Gideon Bess zu einem dunklen Pakt … Dorset im Jahr 2007: Bess hat sich in der ruhigen Ortschaft Matravers ein neues Leben aufgebaut. Dank ihrer Kräutermischungen und homöopathischen Heilkünste ist sie bei den Einheimischen hoch angesehen. Keiner ahnt, dass die freundliche, attraktive Frau in Wahrheit eine unsterbliche Hexe ist. Bis Bess eines Tages von den finsteren Mächten ihrer Vergangenheit eingeholt wird. (Verlagsinfo)

Broschiert: 512 Seiten
Originaltitel: The Witch’s Daughter
Heyne

Harry Harrison – Agenten im Kosmos (Stahlratte 01)

Der James Bond der Science Fiction, aber mit mehr Humor

>>Hier spricht Slippery Jim: „Innerhalb unseres Universums gab es höchstens ein halbes Dutzend Männer, die es mit mir aufnehmen konnten. Ich wechselte meine Persönlichkeit wie andere ihre Hemden, knackte spielend jede Bank des Sonnensystems, klaute bei Bedarf Raumschiffe, und wenn ich Lust hatte, find ich einen Krieg an. Bis mich dann eines Tages die Polizei erwischte – was blieb mir anderes übrig: Ich wurde Polizei-Agent.<<

So wurde Jim DiGriz der seltsamste Rekrut im Spezialkorps der Planetenliga. Und als er eines Tages die Nase voll hatte, gab er damit das Startzeichen zu einer rasanten Menschenjagd quer durch die gesamte Galaxis.“ (bearbeitete Verlagsinfo) Was dieser Klappentext verschweigt, ist die zentrale Rolle einer gewissen Angelina, die gerade direkt vor Jims Nase ein Schlachtschiff geklaut hat und damit für eine Verfolgungsjagd sorgt…
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[NEWS] A. G. Riddle – Pandemie (Extinction 1)

Mandera, im Nordosten Kenias: Die X1-Mandera-Pandemie breitet sich wie ein Flächenbrand aus – und ist kein biologisch-evolutionärer Zufall.

Berlin: Ein Mann erwacht in seinem Zimmer im Concord Hotel und hat das Gedächtnis verloren. Mit ihm im Raum befinden sich die Leiche eines ihm unbekannten Mannes sowie ein Zettel mit einem seltsamen Code darauf.

Atlanta: Peyton Shaw wird von den kenianischen Behörden kontaktiert, um sich der mysteriösen Seuche anzunehmen. Vor Ort findet sie heraus, dass ein ganzes Kartell geheimnisvoller Firmen, Institutionen und Organisationen die Pandemie mit einer finsteren Absicht steuert: Die Menschheit scheint vor dem Aus zu stehen. (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 800 Seiten
Originaltitel: PANDEMIC
Heyne

[NEWS] Marina Lostetter – Die Reise

Wir schreiben das Jahr 2088, und die Menschheit bricht zu den Sternen auf. Ein geheimnisvolles Objekt, das weit jenseits unseres Sonnensystems entdeckt wurde, soll das Ziel der Reise sein. Eine Reise, die Hunderte von Jahren dauern wird. Alle paar Jahrzehnte wird die Crew geklont, doch nicht jeder Klon ist eine perfekte Kopie seines Vorgängers und jede Generation von Klonen hat ihre ganz besonderen Eigenheiten. So wird bereits die Reise selbst zu einem atemberaubenden Abenteuer für jeden von ihnen, und noch wissen sie nicht, welche Geheimnisse sie erst erwarten, wenn sie ihr Ziel erreicht haben … (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 560 Seiten
Originaltitel: Noumenon
Heyne

Bujold, Lois McMaster – Kadett, Der (Barrayar #3)

Halb Space-Opera, halb Militärkomödie – so lässt sich „Der Kadett“ kurz charakterisieren. Die „Vor“ auf dem Planeten Barrayar sind eine Militärdynastie, die sich ständig mit dem Nachbarreich Cetaganda in den Haaren liegt.

Miles Vorkosigan ist zwar Angehöriger dieser Dynastie, hat aber wegen eines Giftanschlags, dem seine Mutter während ihrer Schwangerschaft zum Opfer fiel, scheinbar nur geringe Überlebenschancen: Seine Knochen sind spröde wie Glas und er ist kleinwüchsig: gerade mal 1,45 m. Diese Mängel macht er durch Grips, Mut und ein flottes Mundwerk wieder wett.

Die wichtigste Prüfung legt Miles nicht an der Miltärakademie ab, sondern draußen im feindlichen Universum, wo man auf Leute, die von Barrayar kommen, gar nicht gut zu sprechen ist. Das gibt vielerlei Anlass zu komischen Situationen und drastischen Reaktionen.

_Die Autorin_

Lois McMaster Bujold, 1949 geboren, stammt aus Ohio, wo ihr Vater als Physiker und Ingenieur sowie als „Wetterfrosch“ arbeitete. Ihren ersten Roman schrieb sie 1983, konnte ihn aber erst 1986 veröffentlichen: „Scherben der Ehre“.

„Der Kadett“ ist ein Abenteuerlicher Space-Krimi aus Lois McMaster Bujolds SF-Welt, die sich als Barrayar-Universum in den Kanon der Science-Fiction eingeschrieben hat und sich bei den Lesern großer Beliebtheit erfreut. Allerdings halten sich die Schriftstellerkollegen mit Auszeichnungen deutlich mehr zurück als die Leser.

Zum Barrayar-Zyklus gehören die folgenden bislang publizierten Bände:

– Die Quaddies von Cay Habitat (Vorstufe zum Barrayar-Zyklus)
Band 1: Scherben der Ehre (1986, dt. 1994)
Band 2: Barrayar (1991, dt. 1993; Band 1 & 2 neu als [„Barrayar – Cordelias Ehre“ 865 bei |Heyne|)
Band 3: Der Kadett (1986, dt. 1993/99)
Band 4: Der Prinz und der Söldner (1990, dt. 1994)
Band 5: Ethan von Athos (1990, dt. 1995)
Band 6: Grenzen der Unendlichkeit (1989, dt. 1996; Episodenroman mit Miles-Abenteuern)
Band 7: Waffenbrüder (1989, dt. 1996)
Band 8: Spiegeltanz (1994, dt. 1997)
Band 9: [Cetaganda 883 (1996, dt. 6/1999)
Band 10: Viren des Vergessens (1998; 2001?)
Band 11: Komarr (1998; dt. 2002?)

Erst mit dem Roman „Cetaganda“ lieferte die erfolgreiche Autorin Lois McMaster Bujold eine kleine Chronologie, die es erlaubt, die Geschehnisse ihrer Romane zeitlich einzuordnen, da die Veröffentlichungen nicht immer dieser Reihenfolge entsprachen. Insbesondere „Grenzen der Unendlichkeit“ verteilt die Abenteuer von Miles Vorkosigan über die gesamte Frühphase seiner Entwicklung.

In „Der Kadett“ ist Miles 17 Jahre alt, in „Der Prinz und der Söldner“ 20 Jahre.

_Hintergrund_

Die „Vor“ auf dem Planeten Barrayar sind eine Militärdynastie, die sich ständig mit dem Nachbarreich Cetaganda in den Haaren liegt. Miles Vorkosigan ist zwar Angehöriger dieser Dynastie, hat aber wegen eines Giftanschlags, dem seine Mutter während ihrer Schwangerschaft zum Opfer fiel, scheinbar nur geringe Überlebenschancen: Seine Knochen sind spröde wie Glas und er ist kleinwüchsig: gerade mal 1,45 m. Diese Mängel macht er durch Grips, Mut und ein flottes Mundwerk wieder wett.

In einer Periode des Barrayar-Zyklus, der zur Zeit wieder neu aufgelegt wird, führt Miles seine private Söldnerflotte der Dendarii von Gefecht zu Gefecht – unter dem Decknamen Miles Naismith. Diese verdeckten Operationen sind von seinem Kindheitsfreund, dem Kaiser Gregor von Barrayar, abgesegnet. Es sind kaiserliche Söldner! Ansonsten arbeitet er meist für den kaiserlich-barayaranischen Geheimdienst.

_Handlung_

Miles Naismith Vorkosigan, der Sohn des kaiserlichen Bayarranischen Admirals, will trotz seiner schwächlichen Konstitution, auf Geheiß seines Vaters, des Oberbefehlshabers, und weil’s die Familientradition verlangt, die Militärakademie besuchen. Prompt bricht er sich bei der praktischen Aufnahmeprüfung beide Beine. Das wird wohl nichts. Doch welche Alternativen bietet das Leben auf Barrayar?

Während seiner Genesung lernt er Elena Bothari, die groß gewachsene Tochter seines Leibwächters, kennen und erfährt von ihr, dass ihre Mutter auf rätselhafte Weise den Tod gefunden hat. Warum schweigen alle über diese Zeit, und warum hat der kaiserliche Geheimdienst sogar die Computerdaten darüber gesperrt?

Nachdem er von seinem gerade verstorbenen Großvater den Titel „Lord“ und ein beträchtliches Stück Land geerbt hat, wirbt Miles auf Kolonie Beta, wo er seine Oma besucht, eine kleine Söldnertruppe von Deserteuren und Aussteigern an und bricht damit in die Galaxis auf. Sein Leibwächter Sergeant Bothari fasst sich mehrmals an den Kopf, in welche Schwierigkeiten sich Miles im Handumdrehen bringen kann.

Auf Kolonie Beta, der Heimat von Miles‘ Mutter und Großmutter, herrscht Demokratie und eine allmächtige Bürokratie, wie es scheint. Das Aufeinanderprallen von betanischer Demokratie und barrayaranischem Feudalismus gibt Anlass zu mehreren komischen Szenen. Aber auch Elena tut sich hervor: Erzkonservativ und behütet aufgewachsen, ist sie natürlich noch Jungfrau. Miles flüstert ihr ein, dass ihre Ohrringe für die freizügigen Betaner eine Aufforderung darstellen könnten, sie zu sexuellen Aktivitäten einzuladen. Prompt kommt es zu peinlichen Szenen, in denen sich die auf ihre Tugend bedachte Elena auf Beta recht unbeliebt macht.

Höchste Zeit, abzuhauen. Doch so ein Flug muss sich auch rentieren. Also braucht Miles eine Fracht. Doch welche Fracht lässt sich in eine Sperrzone um ein Kriegsgebiet schaffen? Natürlich nur Waffen! Diese lassen sich auf dem Frachtbrief (der laufend irrtümlich als „Manifest“ bezeichnet wird) zwar als „landwirtschaftliche Maschinen“ trefflich tarnen, doch sie entgehen keiner Kontrolle mit einem Massenspektrometer, wenn die Blockadewächter an Bord kommen.

Die Blockadewächter erweisen sich als stinknormale Plünderer und Piraten. Miles hat beschlossen, den Lammfrommen zu spielen. Alles geht zunächst gut. Die gut versteckten Waffen werden nicht entdeckt und die Piraten scheinen nur Geld zu wollen. Doch sie machen einen entscheidenden Fehler: Statt den Piloten wie ausgemacht als Geisel zu nehmen, verzichten sie auf ihn und „begnügen“ sich mit der hübschesten Fracht an Bord: Elena.

Das verstößt nun aber leider gegen sämtliche ritterlichen Lehenseide, die Miles geschworen hat. Er ist mit seinem Leben für seine Lehensleute – auch für den Piloten – verantwortlich, und dazu gehört auch die ihm anvertraute Elena. Mal ganz davon abgesehen, dass er sie auch noch liebt und ihr Vater an Bord ist. Am Ende eines kurzen Scharmützels bleibt von den Blockadewächtern nur eine Handvoll sehr bewusstloser Typen übrig.

Was jetzt, Miles? Der Plan mit dem Anschleichen ist wohl Makulatur. Da steckst du nun ganz tief in der Sch… Tinte.

_Mein Eindruck_

Dies ist der Auftakt zu einer übertriebenen Serie von Hochstapeleien, an deren Ende Miles rund 3000 Söldner kommandiert. Und für diese Erfolgsserie wird er in seiner Heimat des Hochverrats angeklagt: Er habe das Imperium stürzen wollen. So kann’s gehen: Es kann der Genialste nicht in Frieden siegen, wenn’s dem bösen Grafen nicht gefällt. Zum Glück erfährt Miles gerade noch rechtzeitig von dieser fiesen Intrige. Vorher aber muss er seinen idiotischen Vetter Ivan Vorpatril ausquetschen, der einfach nichts rafft. Nicht einmal, dass man ihn umlegen wollte.

|Eine Komödie|

„Der Kadett“ ist eine Komödie reinsten Wassers, und viele der entsprechenden Szenen verdanken ihre Wirkung den billigsten Dramen von Holo-Vids einerseits, aber auch dem Pomp und Zeremoniell, das man auf Barrayar nach alter Väter Sitte pflegt. So etwa auch die Sache mit der gegenseitigen Lehensverpflichtung. Funktioniert einfach viel besser als ein auf finanziellen Regelungen basierender Vertrag. Verträge kann man ohne Weiteres brechen, denn Papier und Elektronen sind geduldig. Doch wer sein Lehenswort bricht, ist des Todes. Und siehe da: Unter Miles klappt alles wie am Schnürchen – sobald ihm etwas eingefallen ist.

Miles ist ein großartiger Improvisator. Er plant nicht lange voraus, denn das wäre zwecklos. Deshalb vertraut er auf seine Geistesblitze, die mit zuverlässiger Regelmäßigkeit eintreten. Und wo Genie nicht mehr ausreicht, um eine verfahrene Situation zu retten, muss er seine diplomatischen Fähigkeiten einsetzen. Zu seinem schmerzvollen Erstaunen fällt auch die angebetete Elena Bothari in die Kategorie „extrem schwierig“. Sie hat nämlich das Geheimnis der Existenz ihres Vaters, Sergeant Botharis, erfahren, als sie ihre Mutter wiederfand.

|Eine Tragödie|

„Der Kadett“ ist somit nicht allein Komödie und Rummel, sondern auch auch ein Gutteil Tragödie. Leider basiert die Vorgeschichte dieser Tragödie auf den beiden Vorgängerbänden „Scherben der Ehre“ und „Barrayar“, zusammengefasst in [„Barrayar – Cordelias Ehre“. 865 Man muss sie nicht unbedingt kennen, um die Tragödie zu verstehen, aber es wäre eine große Hilfe. Mir ging es jedenfalls so, dass ich mich mehrmals fragte, wovon denn eigentlich die Rede ist. Warum wird Miles‘ Vater als „Schlächter von Komarr“ beschimpft? Warum wurde seine Mutter Opfer eines Giftgasanschlags?

Immerhin erfahren wir – mit Miles und Elena – , wieso sich Sergeant Bothari so seltsam verhält. Warum er stets wie der leibhaftige Tod in der Ecke gleich hinter seinem Schützling Miles steht und seinen Eltern mit Leib und Seele ergeben ist. Er hat sein Leben und – ebenso wichtig – seine Ehre verpfuscht durch das, was er Elenas Mutter angetan hat. Als diese Tätigkeit durch die Mutter ans Licht kommt, ist die Wirkung auf alle Anwesenden entsprechend dramatisch …

Es gibt viel zu lachen in dieser so genannten „Space Opera“, aber auch einige ernstere Aspekte sind zu entdecken.

|Die Übersetzung: nicht das Gelbe vom Ei|

Edda Petris Übersetzung aus dem Jahre 1999 weist einen inzwischen überholten Stand auf: Die Schreibweise von Namen und Welten wurde inzwischen angepasst und vereinheitlicht. Die Neuausgaben aller Barrayar-Romane und -Erzählungen, die |Heyne| inzwischen in chronologischer Reihenfolge veröffentlicht, bringt es an den Tag. Petris alte Übersetzung bietet beispielsweise solche Kuriositäten wie „Centaganda“ statt „Cetaganda“, und zwar nicht vereinzelt, sondern am laufenden Meter.

Das wäre noch zu verschmerzen, doch fehlen auch entscheidende Wörter wie ein „nicht“ hier und da und sogar ganze Sätze. So fand ich mich an einigen der dramatischsten Stellen plötzlich ratlos wieder, was denn nun gemeint sei. Erst ein Vergleich mit der Neuausgabe löste das Rätsel: Sätze fehlten!

_Unterm Strich_

Dieser Barrayar-Roman wurde zu Recht von den entzückten US-Lesern mit der höchsten Auszeichnung geehrt, dem |Hugo Gernsback Award|. Der Roman erschien beim Verlag |Baen Publishing|, der sich auf Militär-Science-Fiction und -Fantasy spezialisiert hat. (In der Neuausgabe erzählt die Autorin, wie es dazu kam.) Wahrscheinlich meinten die Leser, sie würden mit „Der Kadett“ ebenfalls Militaria geboten bekommen.

|Miles, der Zauberlehrling|

Doch genau genommen trifft es der Originaltitel viel besser: „The Warrior’s Apprentice“ ist eine Anspielung auf „the sorcerer’s apprentice“, den Zauberlehrling. Der 17 Jährchen junge Miles versucht sich als Führer einer kleinen Söldnertruppe und hofft, sich zu den Abnehmern seiner gefährlichen Fracht (Waffen) durchmogeln zu können. Doch wehe die Geister, wenn sie losgelassen! Nach wenigen Monaten hat er statt drei Leutchen eine mächtige Truppe von 3000 „Leutchen“ – darunter gestandene Generäle – zusammen, die ihn alle als „Admiral Naismith“ hochleben lassen! Wenn sie wüssten, dass er vom verhassten Planeten Barrayar stammt, wären sie viel leiser.

Das Besondere an dieser Variation auf den Zauberlehrling besteht darin, dass es keinen hilfreichen, weisen Zauberer à la Gandalf gibt, der Miles aus der Patsche hülfe. Das muss das junge Genie schon selbst leisten. Und wir schauen ihm mit Vergnügen dabei über die Schulter.

|Zwei Ausgaben – welche nehmen?|

Ansonsten kann ich nur dringend davon abraten, diese alte Textversion mit all ihren Fehlern anzuschaffen. Die Neuausgabe (als „Barrayar – Der junge Miles“, Januar 2005) ist zwar auch nicht ganz ohne Zweifelsfälle, aber wenigstens vereinheitlicht, ergänzt und korrigiert. Und sie hat ein erhellendes Nachwort der Autorin vorzuweisen, in dem sie sich ausführlich mit der komplexen Figur des Miles Vorkosigan beschäftigt. Nur weil er so vielschichtig ist, konnte er die restlichen Barrayar-Romane dominieren. Und davon sind ebenfalls etliche preisgekrönt, so etwa „Spiegeltanz“ (1995).

|Originaltitel: The Warrior’s Apprentice, 1986
Aus dem US-Englischen übersetzt von Edda Petri|

[NEWS] David Baldacci – Last Mile (Die Memory-Man-Serie, Band 2)

Seit zwanzig Jahren sitzt Melvin Mars in der Todeszelle. Er soll seine eigenen Eltern ermordet haben. Doch kurz vor seiner Hinrichtung taucht wie aus dem Nichts ein anderer Mann auf und behauptet, das Verbrechen begangen zu haben. Ein Fall für Amos Decker, den Memory Man – der seit einem Unfall nicht mehr vergessen kann. Innerhalb einer Spezialeinheit des FBI klärt er ungelöste Schwerverbrechen. Schon bald zeigt sich, dass der Fall enorme gesellschaftliche Sprengkraft birgt. (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 544 Seiten
Originaltitel: The Last Mile
Heyne

[NEWS] Nora Roberts – Dunkle Herzen

Die erfolgreiche New Yorker Bildhauerin Clare Kimball wird immer wieder von einem Albtraum gequält: Auf einer einsamen Waldlichtung in der Nähe ihres Heimatortes Emmitsboro in Maryland zelebrieren maskierte Männer orgiastisch eine schwarze Messe. Clare will herausfinden, was es mit dem Traum auf sich hat und kehrt nach Emmitsboro zurück. In Cameron Rafferty, dem neuen Sheriff, findet sie einen Verbündeten. Aber auch er ahnt nicht, dass hinter der biederen Fassade der Kleinstadt Ungeheuerliches passiert – und dass Clare schon bald in große Gefahr gerät. (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 624 Seiten
Originaltitel: Divine Evil
Heyne

Child, Lee – Ausgeliefert

Dieser FBI-Thriller aus der Feder des Briten Lee Child fängt langsam an und weitet sich allmählich zu einer actiongeladenen Auseinandersetzung zwischen Milizen, FBI und Militär aus – da brennt die Luft. Und alles wegen einer entführten jungen FBI-Agentin.

Dies ist Lee Childs zweiter Roman. Ich finde ihn wesentlich besser geschrieben als den nachfolgenden, „Zeit der Rache“. Das heißt aber nicht, dass es an „Ausgeliefert“ nichts auszusetzen gäbe.

_Handlung_

Der Serienstar von Lee Child ist der aus dem Dienst bei der US-Militärpolizei ausgeschiedene Jack Reacher. Eines schönen Mittags schlendert er ziellos durch die Innenstadt von Chicago, als vor ihm die bildschöne Holly Johnson aus der Tür eines Reinigungsgeschäfts tritt. Sie hat eine Knieverletzung und tut sich mit ihren gereinigten Kleidern und der Krücke sichtlich schwer. Doch in Reacher findet sie einen unverhofften Samariter, der ihr beisteht. Jack ist ein Gentleman, hat aber noch einiges mehr auf Lager, wenn’s darauf ankommt.

So etwa in der nächsten Sekunde: Drei Unbekannte schnappen Holly Johnson und Reacher und zerren sie in einen unbeschrifteten Lieferwagen. Reacher verzichtet mit Rücksicht auf unschuldige Passanten auf Gegenwehr. Er und die junge Frau werden in den Laderaum gesperrt. Nach einem Umstieg bei einem Flughafen geht die Fahrt weiter – um genau zu sein, rund 1700 Meilen westwärts nach Montana. Wie Reacher herausfindet, ist Holly vom FBI in Chicago. Er selbst gibt an, als Türsteher zu arbeiten, was zwar den Tatsachen entspricht, aber wohl nicht die volle Wahrheit ist.

Erst nach fünf Stunden merkt das FBI, dass ihre beste Mitarbeiterin in Sachen Verfolgung von Steuersündern entführt worden ist. Die Überwachungskamera der chemischen Reinigung liefert etwas missverständliche Bilder: Darauf sieht Reacher aus wie ein Terrorist oder zumindest wie der Kopf der Kidnapperbande. Dieses Missverständnis soll sich für Reacher noch übel auswirken.

Mittlerweile kommen er und das FBI dem Grund für die Entführung etwas näher: Sie ist die Tochter des ranghöchsten Generals, des Vorsitzenden der Vereinigten Generalstäbe. Und was er noch eine ganze Weile nicht ahnt: Sie ist die Patentochter des US-Präsidenten. Die FBI-Spitze und General Johnson reimen sich schnell zusammen, was das soll: Die Entführer wollen den bevorstehenden 4. Juli, die Feier des Unabhängigkeitstages, nutzen, um auf sich aufmerksam zu machen und Forderungen zu stellen.

Als die Verbindung endlich hergestellt wird, ist alles natürlich viel schlimmer als befürchtet: Holly Johnson befindet sich als Geisel in der Hand eines verrückten Milizenführers namens Beau Borken, der am 4. Juli seine eigene kleine Republik in den Bergen von Montana ausrufen möchte. So will er sich von der „Tyrannei der Weltregierung und der Banken sowie der Juden“ befreien. Dieses wirre Zeug beruht auf seiner Biografie, aber seine wirkliche Ideologie scheint „Der Stärkere frisst den Schwachen“ zu sein. Hakenkreuzfahnen schmücken seine „Kommandohütte“, Regale voller Literatur über Pearl Harbor zieren deren Wände. Da weiß Reacher, was für eine Art von Diktator er vor sich hat. Und er weiß, wie er mit ihm fertig werden kann.

Allerdings weiß Reacher noch nichts von dem Maulwurf in der Organisation der FBI-Stelle Chicago. Er weiß nicht, wie verrückt und skrupellos Borken wirklich ist; und er ahnt noch nichts von der Entschlossenheit Holly Johnsons, für ihren Geliebten Jack Reacher einzustehen.

Schon bald hallen die Berge Montanas von Schreien, Gewehrschüssen und Raketenexplosionen wider …

_Mein Eindruck_

Die zweite Hälfte des Buches ist wirklich so gewalttätig, wie der Schluss meines Handlungsabrisses klingt. Ich will nicht ins Detail gehen, um die Spannung nicht zu zerstören, aber wir erhalten Unterricht in der Wirkungsweise von Gewehren, Pistolen, Stinger-Raketen und was nicht alles mehr. Außerdem lernen wir die korrekte Bedienungsweise eines Scharfschützengewehrs, mit dem man auf 1200 Meter Entfernung einer Fliege den Hintern wegschießen kann. (Es gibt auch große Fliegen.) Dieses Buch ist also nichts für zarte Nerven.

Reacher spielt in diesem Szenario nicht nur den väterlichen Beschützer & Lover der Entführten, sondern auch eine Art Einmannarmee à la Arnold Schwarzenegger. Das Einzige, was ihm Angst macht, sind Ratten und enge unterirdische Tunnels. Wir wissen: Solange er lebt, wird alles gut.

|Waco lässt grüßen|

Darum geht es eigentlich nicht. Denn dass Milizen und andere Unabhängigkeitsgruppen in den Rockies und westlich davon existieren, ist ein alter Hut. Der Autor gibt ungefähr 66 Millionen Sympathisanten oder Aktive in diesen Gruppen an. Das ist eine beträchtliche Wählerschaft. Als sich also die neue Republik lossagt, zögert das Weiße Haus, einzuschreiten. Zu gut ist dem Präsidenten und seiner Verwaltung das Debakel von Waco, Texas, in Erinnerung. Dort führte das rabiate Vorgehen des FBI gegen eine Sekte zu dem Tod mehrerer Dutzend Menschen. Auch an den Massenselbstmord von Jonestown in Guayana wird erinnert. Beide Szenarien würden der Regierung erhebliche Wählerverluste einbringen, zumal am Unabhängigkeitstag.

Die rechte Hand des Präsidenten bringt das brisante Thema auf den Punkt: Die Amis ermutigen in Sibirien und Osteuropa Dissidenten und Freiheitskämpfer, sich zu erheben, doch im eigenen Land werden Freiheitskämpfer niedergemetzelt? Das wäre äußerst unklug. Nicht von ungefähr zitiert der selbsternannte Präsident Beau Borken die US-Verfassung von 1776, in der sich die Neuenglandstaaten einfach die Freiheit nahmen, sich von der britischen Krone loszusagen – ein gewisser Präzedenzfall. Er weiß also, dass er die Geschichte auf seiner Seite hat. Demzufolge legt der US-Präsident die Hände in den Schoß, und General Johnson muss seine Tochter selbst raushauen.

Leider wird der noble Aspekt des Themas Freiheit und Befreiung gegen Ende zunichte gemacht: Borkens Staatsgründung war wohl doch nur ein Ablenkungsmanöver für seine schnöde Rache an den Banken, die seine Familie ruiniert hatten. So stellt sich der Autor auf Regierungsseite: Alles nicht so schlimm gewesen. Leider ist damit das Problem der Milizen etc. nicht aus der Welt geschafft oder gar eingehender erörtert. Das hat wohl in einem Actionthriller nichts zu suchen.

Das FBI macht wieder einmal eine schlechte Figur in der Abwicklung der Aufklärung des Falls, ganz besonders aber bei der Bekämpfung der Milizionäre. Und wo ein Maulwurf ist, da kann ja noch ein zweiter versteckt sein, nicht wahr?

|Die Übersetzung|

Der Heyne-Übersetzer Heinz Zwack macht zu 99 Prozent einen hervorragenden Job. Besonders dann, wenn man bedenkt, welches Spezialwissen über alle möglichen Arten von Waffen vonnöten ist, um das Buch korrekt und verständlich zu übertragen. Dennoch sind ihm zwei Flüchtigkeitsfehler unterlaufen, die nur der aufmerksame Leser entdeckt: An zwei Stellen spricht FBI-Bürochef McGrath, obwohl das, was er sagt, nur Reacher wissen und sagen kann. Eine klare Verwechslung.

_Unterm Strich_

In seiner Thematik wie auch in dem geschickten und temporeichen Aufbau der Geschichte (schnelle Szenenwechsel) ragt „Ausgeliefert“ über das vergleichbare „Zeit der Rache“ hinaus, das sich mit weitaus weniger Gewalt zufrieden gibt. Wer nichts gegen Schwarzenegger-Äkschn einzuwenden hat und zudem mit einem aktuellen amerikanischen Problem Bekanntschaft machen möchte, ist mit diesem Roman ausgezeichnet unterhalten.

Homepage des Autors: http://www.leechild.com.

|Originaltitel: Die Trying, 1998
Aus dem US-Englischen übertragen von Heinz Zwack|
http://www.heyne.de

[NEWS] Licia Troisi – Der Feuerkönig (Dominium 2)

Einst war die junge Kriegerin Myra aufgebrochen, um an der Seite des charismatischen Anführers Acrab gegen Not und Unterdrückung zu kämpfen und dem Tränenreich die Freiheit zu bringen. Dafür hatte sie alles aufgegeben – nur um zu entdecken, dass Acrab sie betrogen hat. War alles, wofür Myra gelitten hat, eine Lüge? Jetzt steht sie vor der bittersten Entscheidung ihres Lebens: Wird sie fliehen, um der Gefahr zu entkommen? Oder wird sie gegen den Mann in den Krieg ziehen, für den sie immer noch heimliche Gefühle hegt? (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 448 Seiten
Originaltitel: Il fuoco di Acrab – La Saga del Dominio 2
Heyne

[NEWS] John Grisham – Das Original

In einer spektakulären Aktion werden die Manuskripte von F. Scott Fitzgerald gestohlen. Das FBI übernimmt die Ermittlungen, und binnen weniger Tage kommt es zu ersten Festnahmen. Einer der Täter aber bleibt wie vom Erdboden verschluckt. Und mit ihm die wertvollen Schriften. Endlich führt eine heiße Spur nach Florida: in die Buchhandlung von Bruce Cable, der seine Hände in Unschuld wäscht. Und so heuert das Ermittlungsteam eine junge Autorin an, die sich in das Leben des Buchhändlers einschleichen soll. Doch die Ermittler haben die Rechnung ohne Bruce Cable gemacht, der sein ganz eigenes Spiel mit ihnen treibt. (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 384 Seiten
Originaltitel: Camino Island
Heyne

[NEWS] Alexandra Ivy – Flammenlied (Dragons of Eternity 3)

Das Leben als Halbblut ist für die meisten Drachen die Hölle – nicht jedoch für Char. Sein Herr respektiert ihn für seine Kampfkünste, und die Frauen liegen dem attraktiven Drachenkrieger reihenweise zu Füßen. Sein Herz konnte jedoch keine berühren. Das ändert sich ziemlich schnell, als Char den Auftrag erhält, die schöne Blayze zu beschützen. Vom ersten Augenblick an ist er fasziniert von ihr und will sie zu der Seinen machen. Doch auf Blayze lastet ein dunkler Fluch und um den zu brechen, müssen die beiden Liebenden eine gefährliche Reise in die Vergangenheit unternehmen … (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 256 Seiten
Originaltitel: Charred by Darkness – Dragons of Eternity Book 3
Heyne

[NEWS] Michael Hamannt – Dunkelkönig (Die Dämonenkriege 2)

Den Dämonenjäger Ryk und seine Gefährtin Kela hat es durch ein magisches Portal in die Gegenwelt verschlagen. Dort fallen sie ausgerechnet Ryks Erzfeind Asmaran in die Hände, der die beiden auf der Stelle töten lassen will. Während Ryk und Kela in der Stadt der Dämonen um ihr Leben kämpfen, sagt sich die Assassine Catara Fiers in den Schwebenden Reichen von ihrer einst geliebten Herrin Madea los, der sie Hochverrat an den Menschen unterstellt. Als sich schließlich ein lange tot geglaubter Dämonengott erhebt und sich die Portale zwischen Menschen- und Dämonenwelt öffnen, ist die Stunde gekommen, in der Freunde zu Feinden und Gegner zu Verbündeten werden … (Verlagsinfo)

Broschiert: 704 Seiten
Heyne

 

Bujold, Lois McMaster – Cetaganda (Barrayar-Zyklus)

„Cetaganda“ ist ein spannender Agentenroman aus Lois McMaster Bujolds SF-Welt, die sich als |Barrayar|-Universum nun schon dem vollen Dutzend Bände nähert.

Ausgewählte Bände aus dem Barrayar-Zyklus (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

– Die Quaddies von Cay Habitat (Vorstufe zum Barrayar-Zyklus)
– Scherben der Ehre (Band 1)
– Barrayar (2) (Band 1 & 2 neu als [„Barrayar – Cordelias Ehre“ 865 bei |Heyne|)
– Der Kadett (3)
– Der Prinz und der Söldner (4)
– Cetaganda (5)
– Ethan von Athos (6)
– Waffenbrüder (7)
– Spiegeltanz (8)
– Viren des Vergessens (9)
– Komarr (10)
– Die Grenzen der Unendlichkeit (Episodenroman mit Miles-Abenteuern)

Mit „Cetaganda“ liefert die erfolgreiche Autorin Lois McMaster Bujold nun netterweise eine kleine Chronologie, die es erlaubt, die Geschehnisse ihrer Romane zeitlich einzuordnen, da die Veröffentlichungen nicht immer dieser Reihenfolge entsprachen. Insbesondere „Grenzen der Unendlichkeit“ verteilt die Abenteuer von Miles Vorkosigan über die gesamte Frühphase seiner Entwicklung. Auch „Cetaganda“ ist der „frühen Miles-Phase“ gewidmet und spielt sechs Jahre vor den Ereignissen in „Spiegeltanz“. Miles ist 22 Jahre alt.

_Hintergrund_

Die |Vor| auf dem Planeten Barrayar sind eine Militärdynastie, die sich ständig mit dem Nachbarreich Cetaganda in den Haaren liegt. Miles Vorkosigan ist zwar Angehöriger dieser Dynastie, hat aber wegen eines Giftanschlags, dem seine Mutter zum Opfer fiel, scheinbar nur geringe Überlebenschancen: Seine Knochen sind spröde wie Glas und er ist kleinwüchsig. Diese Mängel macht er durch Grips, Mut und ein flottes Mundwerk wieder wett.

In einer Periode des Barrayar-Zyklus, der zur Zeit wieder neu aufgelegt wird, führt Miles seine private Söldnerflotte der Dendarii von Gefecht zu Gefecht – unter dem Decknamen Miles Naismith. Diese verdeckten Operationen sind von seinem Kindheitsfreund, dem Kaiser Gregor von Barrayar, abgesegnet. Ansonsten arbeitet er meist für den kaiserlich-barayaranischen Geheimdienst. In Elli Quinn wird er wohl seine Lebensgefährtin finden.

_Handlung_

Nach den immer wieder auftauchenden kleinen Bemerkungen oder Storys (siehe „Grenzen der Unendlichkeit“) war es an der Zeit, Näheres zu erfahren über den schlimmsten Feind der Barrayaner: Cetaganda. Miles Vorkosigan und sein Cousin Ivan Vorpatril stellen die barrayanische Delegation, die zu den Trauerfeierlichkeiten nach dem Tod der Kaiserinwitwe nach Cetaganda reist.

Zunächst wird ihre Fähre, die sie zum Planeten bringen soll, auf ein abgelegenes Terminal umgeleitet. Noch verwirrender erweist sich jedoch das Auftauchen eines Fremden in der Luftschleuse, der eine Nervendisruptor-Waffe bei sich trägt. Der agile Ivan stürzt sich auf den Fremden und entwaffnet ihn. Dabei verliert der Mann auch noch ein weiteres längliches Objekt, das Miles ebenfalls an sich nimmt. Danach verschwindet der Fremde. Von der Attacke gibt es keine Videoaufzeichnung, weil jemand die Monitore zuvor deaktiviert hat.

Danach werden Ivan und Miles mit ihrer Fähre zum korrekten Andockterminal geleitet. Dort hat man keine Ahnung von dem, was soeben passiert ist. Und obwohl Ivan Blut und Wasser schwitzt, macht Miles keine Andeutungen, das etwas Ungewöhnliches passiert sein könnte. Er ahnt, dass derjenige, der den Angriff in Auftrag gegeben hat, genauso gut auch Verbindungen zu den obersten Ebenen im cetagandanischen Sicherheitsdienst haben kann. Wie sich zeigt, liegt er damit völlig richtig.

Am Abend der Ankunft schnuppert Miles mal hinein in die hiesige Gesellschaft. Gastgeber der Party ist ein gewisser Lord Yenaro, der besonders stolz auf eine Multimediaskulptur ist. Da Ivan sie schon betreten hat, sieht auch Miles keine Gefahr für sich und seine zerbrechliche Konstitution. Er ist nur wenige Schritt gegangen, als seine stählernen Beinschienen zu glühen anfangen und ihm die Haut verbrennen. Mit Müh und Not schafft er es in Sicherheit. Offenbar trachtet man ihm nach dem Leben. Oder ist Barrayar das Ziel des Komplotts?

Am nächsten Tag soll der Verstorbenen die letzte Ehre erwiesen werden. Vorwitzig tritt Miles aus der Reihe der Kondolenten heraus und entdeckt direkt neben dem Katafalk der Toten eine weitere Leiche: Es ist der vermeintliche Attentäter vom Vortag. Er hat sich angeblich selbst die Kehle aufgeschlitzt. Warum aber dann in solcher Öffentlichkeit?

Durch kriminalistische Nachforschungen gewinnt Miles bald ein klareres Bild von der Lage. Der Tote war Ba-Lura, und die Ba sind die Neutren innerhalb des herrschenden Volkes der Haud. Die Haudfrauen sind stets hinter Energieschilden verborgen, so dass kein Barrayaraner weiß, wie sie aussehen. Die Haudmänner – nun, der Kaiser Fletchir Giaja ist von schlankem, elfenhaftem Wuchs. Miles hat keine Hoffnung, ihn jemals aus der Nähe sehen zu dürfen.

Das Siegel auf dem geheimnisvollen Gegenstand, der ihm in die Hände gefallen ist, erweist sich als uralt. Es ist das Siegel der Sternenkrippe der Haud, dem geheimen Genomprojekt, das alle genetischen Daten der cetagandanischen Herrscherrasse beherbergt und zu verbessern sucht. Die Hüterin der Sternenkrippe war bis ihrem Tod die Kaiserinwitwe. Ba-Lura war ihr langjähriger Mitarbeiter und vielleicht auch Freund. Warum hatte ausgerechnet dieser Geheimnisträger zwei Ausländer kontaktiert? Steckt mehr dahinter?

Eines Abends wird Miles an einen geheimen Treffpunkt eingeladen. Er hat das Privileg, eine Haud-Frau von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Haud Rian ist so wunderschön, wie man sich Galadriel vorstellt, allerdings mit schwarzem Haar. Oja, und sie will das geheimnisvolle Objekt zurückhaben. Ob Lord Vorkosigan wohl die Güte hätte? Hat er nicht! Er will Infos.

Und er bekommt sie zur Genüge: Der kurze Einblick in das, was die Sternenkrippe vorhat und welche Rolle der Gegenstand darin spielt, kommt einem Blick in den Abgrund gleich. Und dieser Abgrund droht die Galaxis um Cetaganda zu verschlingen – und natürlich auch Barrayar …

Die schwer durchschaubaren Feinheiten der cetagandischen Gesellschaftsstruktur zwingen Miles, der nun extrem heikles Wissen erworben hat, zu riskanten Gratwanderungen auf dem diplomatischen Parkett und zu waghalsigen Improvisationen, die seinem Botschafter Vorob’yev den Angstschweiß und dem barrayaranischen Sicherheitschef Vorreedi die Zornesröte ins Gesicht treiben. Ob das wohl gut geht?

_Mein Eindruck_

Was mag wohl die Autorin dazu bewogen haben, solch einen Roman zu schreiben? Ich stelle ein paar begründete Vermutungen an. Bujold reizte wohl vor allem das Thema „alternative Methoden der Fortpflanzung in Herrscherhäusern“. Und darum dreht sich ja das Sternenkrippe-Projekt der Haud auf Cetaganda. Allerdings ist es nicht beschränkt auf eine Kaste, sondern betrifft die komplette Rasse der Haud. Kein Haud darf ohne Genehmigung der Sternenkrippe – welch passender Name! – sein Erbgut in eine geplante Verbindung einbringen. Nur so wird die Rasse als Ganzes optimiert.

Dazu muss man natürlich wissen, dass die seit Jahrmillionen bewährte Methode der menschlichen Forpflanzung schon längst abgeschafft worden ist, vor allem aus ästhetischen Gründen (Schwangerschaftsstreifen etc. sind unbekannt) , aber auch aus Gründen der besseren Planbarkeit der Gen-Kombinationen und der Manipulation des Erbguts selbst. Über die Trägerinnen des Haud-Gene, die Frauen, verschafft sich die Herrscherrasse auch Kontrolle über die Rasse der Ghem auf Cetaganda. Die Ghem sind vor allem Militärs und machen die Drecksarbeit für die Haud. Aber sie stellen auch die Gouverneure auf den acht Planeten der Cetagandaner.

Es dauert eine Weile, bis Miles kapiert hat, dass die Haud-Gemahlinnen der acht Gouverneure ihre Loyalität vor allem der Sternenkrippe schulden und sonst niemandem. Wenn also Lord X, der finstere Drahtzieher hinter den Anschlägen und dem Mord an Ba-Lura, etwas mit der Sternenkrippe vorhat, dann dürfte mit einiger Berechtigung angenommen werden, dass auch eine Haud-Gemahlin dieses Gouverneurs X darin verwickelt ist. Und noch jemand hoch oben in der Hierarchie des Sicherheitsdienstes. Miles wird klar: Hier wird hoch gepokert. Wenigstens ist die Haud Rian auf seiner Seite.

Das Thema „Fortpflanzung als Machtmittel“ ist natürlich für jede Frau, sprich: Leserin von gewisser Bedeutung. Das macht wohl zum Teil auch den Erfolg der Barrayar-Romane aus. Bujold hat das Thema daher erneut aufgegriffen, und zwar in Verbindung mit Klonprojekten (in „Waffenbrüder“ und „Spiegeltanz“).

Ein weiterer Grund, warum die Barrayar-Romane regelmäßig mit Leser-Auszeichnungen, den |HUGO Awards|, überschüttet werden, liegt in der bodenständigen Ironie, mit der Miles alle Dinge betrachtet. Das ist echter Yankee-Humor und zuweilen ziemlich schwarz. Kostprobe gefällig?

|Miles: „Ghem-General Estanis hat Selbstmord begangen – es war doch Selbstmord, nicht wahr?“
„Auf eine unfreiwillige Weise“ antwortete Vorb’yev. „Diese cetagandanischen politischen Selbstmorde können schrecklich blutig werden, wenn die Hauptperson nicht kooperieren will.“
„32 Stichwunden im Rücken, der schlimmste Fall von Selbstmord, den man je gesehen hat“, murmelte Ivan, sichtlich fasziniert von entsprechenden Gerüchten.| (Seiten 38/39)

Darüber hinaus macht Miles in Gedanken ständig defätistische Kommentare, die jedes Aufkommen von Pathos im Keim ersticken. Auch tabuisierte Körperzonen sind davon nicht ausgenommen. Ein prächtiges Kerlchen mit einem goldigen Humor, dieser Miles.

_Die Übersetzung_

Michael Morgental gelingt ein geradezu salopper Tonfall, um damit den Text aufzulockern, der doch mit schwierigen Sachverhalten gespickt ist. Aber auch er kann nichts gegen Fehler der Autorin ausrichten. So hat mich auf Seite 34 der Ausdruck „asymptotisch zunehmende Schärfe“ stutzig gemacht. Eine Asymptote ist eine Kurve, die nie ihr Ziel erreicht, sich ihm aber unendlich weit annähert. Das trifft für „Schärfe“ wohl weniger zu. Vielleicht hat die Autorin den Ausdruck „exponentiell“ gemeint, der weitaus passender ist: Wenn es um Geldstrafen, Gebühren usw. geht, erscheint ein exponentielles Wachstum durchaus plausibel. Aber kein asymptotisches.

Auf Seite 92 fehlt ein halber Satz: „(…), wenn seine anderen ehelichen Verbindungen vielleicht schon etwas an Frische.“ Was fehlt? Mögliche Fortsetzung: „… verloren haben.“

Auch auf Seite 192 kommt mir folgender Ausdruck seltsam vor: „(Ivan) verbeugte sich mit ächzender (!) Ironie und ging hinaus.“ Da es nicht Ivan ist, sondern Miles, der krank ist, erscheint „ächzend“ hier deplatziert. Ob es wohl „ätzend“ heißen sollte? Das würde hier einen Sinn ergeben.

Diese Fehler werden hoffentlich in der Neuausgabe im Sommer ausgebügelt oder wenigstens erklärt.

_Unterm Strich_

In bewährter Manier versteht es Lois McMaster Bujold, Kultur und politisches System des cetagandischen Imperiums vor den Lesern auszubreiten, verpackt in eine wie immer spannende Detektiv- und Agentenstory. Wieder einmal münzt Miles seine vermeintlichen Schwächen – dünne Knochen, geringe Körpergröße – bravourös in eine starke Vorstellung um. Seine ironischen Bemerkungen machen jeden Auftritt zu einem Vergnügen. Und der Showdown lässt schließlich auch nicht auf sich warten.

Der Barrayar-süchtige Leser wird die neuen Informationen sicher ebenfalls dankbar aufnehmen, denn damit rundet sich endlich das Bild des Barrayar-Universums ab. Dennoch wäre mir eine bessere oder offensichtlichere Einbindung in den Zyklus lieber gewesen, denn bislang ist nicht ersichtlich, dass Miles das Wissen, das er sich hier aneignet, später irgendwo verwendet hätte (vielleicht in „Viren des Vergessens“, aber das habe ich – noch – nicht gelesen).

|Originaltitel: Cetaganda, 1996
Aus dem US-Englischen übertragen von Michael Morgental|

[NEWS] Peter Cawdron – Habitat

Die Menschheit hat ihren Fuß auf den Mars gesetzt. Die neue Habitatsiedlung „Endeavor“ wird als Triumph des menschlichen Forscherdrangs gefeiert. Einhundertzwanzig Wissenschaftler, Techniker und Astronauten arbeiten hier. Sie sind auf alle Eventualitäten vorbereitet – nur nicht darauf, dass plötzlich die Funksignale von der Erde verstummen. Gefangen auf dem Mars, können die Kolonisten über die Katastrophe, die auf ihrem Heimatplaneten passiert sein mag, nur rätseln. Und hoffen, dass sie hier überleben … (Verlagsinfo)


Taschenbuch: 352 Seiten
Originaltitel: Retrograde
Heyne

[NEWS] J. R. Ward – Die Diebin (Black Dagger 31)

Sola Morte ist Einbrecherin aus Leidenschaft. Nicht die finanzielle Not treibt sie nachts in die Villen reicher Leute, sondern die pure Lust am Nervenkitzel. Als sie und ihre geliebte Großmutter dadurch ins Visier eines mächtigen Drogenbarons geraten, beschließt Sola, ihre kriminelle Laufbahn und Caldwell für immer hinter sich zu lassen – und Assail, den einzigen Mann, der jemals Gefühle in ihr geweckt hat. Sola ahnt nicht, dass Assail ein Vampir ist und dass seine dunkle Vergangenheit sie früher oder später doch noch einholen wird … (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 336 Seiten
Originaltitel: The Thief – Black Dagger Brotherhood Book 16 (Part 1)
Heyne

[NEWS] Spencer Ellsworth – Rebellion (Starfire 2)

Raumschiff-Navigatorin Jaqi und ihre Gefährten Araskar und Z sind auf der Flucht – vor dem Widerstand, vor dem Imperium, vor den Cyborgs und nun auch noch vor den Mataskas, einer eigenartigen insektenhaften Alien-Spezies. Dass der Widerstand ein gewaltiges Kopfgeld auf sie ausgesetzt hat, macht ihre Situation auch nicht gerade einfacher. Als Araskar mit den Mataskas einen Handel eingeht, scheint sich das Blatt sich endlich zu ihren Gunsten zu wenden, doch um ihren Teil der Vereinbarung einzulösen, müssen Jaqi und ihre Gefährten bis an den Rand des sicheren Territoriums vordringen – in die Dark Zone … (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 368 Seiten
Originaltitel: Shadow Sun Seven – Starfire Book 2
Heyne

[NEWS] Paullina Simons – Land der Lupinen (Tatiana und Alexander 3)

Ihre Liebe geht zurück auf das Jahr 1941, als Tatiana in Leningrad dem Offizier Alexander begegnet ist. Nach der schmerzvollen Trennung vor dem Hintergrund der großen historischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts sind sie endlich wieder vereint, in Amerika, dem Land ihrer Träume. Sohn Anthony verbindet sie, aber an ihren Herzen sind die Jahre des Alleinseins nicht spurlos vorüber gegangen. Können sie das Vertrauen ineinander wiederfinden? (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 1088 Seiten
Originaltitel: The Summer Garden (3)
Heyne

Harry Harrison – Die Sklavenwelt (Todeswelten 2)

Ein Ingenieur gegen Idealisten & Despoten

Jason dinAlt, der Psi-Mann, Spieler und Abenteurer, wird von Pyrrus, wo er seinen letzten Auftrag ausgeführt hat („Die Todeswelt“), gewaltsam entführt, um auf Cassylia wegen Falschspielerei vor Gericht gestellt zu werden. Unterwegs gelingt es ihm, die Steuerzentrale des Raumschiffs zu demolieren. Er muss auf einem unerforschten Planeten notlanden.

Dort fallen Jason und seine Häscher Wilden in die Hände, die sie in die Sklaverei verschleppen. Aber Jason bemerkt, dass die Eingeborenen Werkzeuge mit sich führen, die einer höheren Kulturstufe entstammen. Sollte es auf dieser Sklavenwelt einen Stützpunkt einer höherstehenden Zivilisation geben? Um dies herauszufinden, muss er zunächst einmal die Sklavenketten loswerden… (korrigierte Verlagsinfo)
Harry Harrison – Die Sklavenwelt (Todeswelten 2) weiterlesen

[NEWS] Shane Stevens – Kill

Basierend auf realen Fällen zeigt »Kill« im fesselnden, halb dokumentarischen Stil den (fiktiven) Serienmörder Thomas Bishop in seiner Entstehung, in seinen Taten, aber auch in seinem Alltagsleben, und beleuchtet die Auswirkungen, die seine grausamen Morde auf die Gesellschaft und ihre Moral haben. (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 496 Seiten
Originaltitel: By Reason of Insanity
Heyne

Connelly, Michael – Vergessene Stimmen

_Spannender Cop-Thriller mit Überraschungen_

Drei Jahre nach seinem Weggang vom LAPD kehrt Harry Bosch zur Truppe zurück, die inzwischen einen neuen Chef hat, der mit eisernem Besen fegt. Mit seiner früheren Polizeipartnerin Kiz Rider arbeitet Bosch ungelöste Fälle ab, von denen es im LAPD tausende gibt. Solche Polizeibeamte werden „Closers“ genannt, weil sie die offenen Fälle abschließen (sollen), zum Beispiel mit moderneren Ermittlungsmethoden.

Ihr neuester Fall ist reichlich brisant: Eine DNS-Übereinstimmung stellt eine Verbindung zwischen einem weißen Rassisten und der Ermordung der sechzehn Jahre alten Rebecca Verloren aus dem Jahr 1988 her. Becky war gemischtrassig und das ist angesichts der Pulverfasssituation vor den Rodney-King-Unruhen von besonderer Bedeutung: Wurde sie Opfer eines rassenpolitischen Mordes?

Unterdessen wartet Boschs alter Erzfeind Irving, der frühere Polizeichef, nur darauf, dass sein verhasster Ex-Untergebener einen Fehler macht …

_Der Autor_

Michael Connelly war jahrelang Polizeireporter in Los Angeles und lernte das Polizeigewerbe von außen kennen. Bekannt wurde er mit seinen Romanen um die Gesetzeshüter Harry Bosch und Terry McCaleb, besonders aufgrund der Verfilmung von „Das zweite Herz / Bloodwork“ durch Clint Eastwood. Zuletzt erschienen „Kein Engel so rein“ (City of Bones, 2002), „Unbekannt verzogen“ (Chasing the Dime) , „Letzte Warnung“ (Lost Light) und „Die Rückkehr des Poeten“ (The Narrows).

Weitere wichtige Romane: Schwarze Engel (1998); Der Poet (1996); Schwarzes Echo (1991).

_Handlung_

Als Harry Bosch nach drei Jahren im „Ruhestand“ (er arbeitete trotzdem) wieder ins Hauptquartier des Los Angeles Police Departments (LAPD) zurückkehrt, bekommt er vom neuen Direktor der Behörde gesagt, dass dies nur auf Bitten von Boschs früherer Polizeipartnerin Kizmin Rider geschieht. Der Chief teilt ihn den „Closers“ in Zimmer 503 zu, die alte, unaufgeklärte Fälle zu lösen versuchen. Davon hat das LAPD ungefähr 8000 Stück – ausreichend Arbeit für die nächsten Jahre, sollte man meinen.

Ob es ein wohl Zufall ist, dass er und Rider einen Fall zugewiesen bekommen, in den der frühere LAPD-Direktor Irvin S. Irving verwickelt war? Irving ist jetzt Deputy Chief, mit „strategischer Planung“ befasst und kreuzt vor Zimmer 503 auf, um Bosch auf seine übliche „dezente“ Art und Weise zu warnen, dass wenn Bosch die Ermittlung vermasselt, nicht nur er selbst fällig ist, sondern auch der neue Direktor, der ihn wieder hereingeholt hat. Rosige Aussichten. Doch wer zuletzt lacht, lacht am besten.

Rider hat eine DNS-Überprüfung angefordert und einen so genannten „cold hit“ erhalten: Diese DNS-Übereinstimmung stellt eine Verbindung zwischen einem weißen Rassisten und der Ermordung der sechzehn Jahre alten Rebecca Verloren aus dem Jahr 1988 her. Die Verbindung besteht aus einem Revolver, den der Rassist gestohlen hatte – bei einem Juden.

Becky Verloren war gemischtrassig und das erscheint Bosch angesichts der Pulverfasssituation vor den Rodney-King-Unruhen 1992 von besonderer Bedeutung zu sein: Wurde sie Opfer eines rassenpolitischen Mordes, der unter den Teppich gekehrt wurde, um das Pulverfass nicht zum Explodieren zu bringen?

Verschiedene Ungereimtheiten lassen Bosch stutzig werden und diese Theorie erst einmal anzweifeln. Zum einen hatte Becky Verloren, als sie starb, gerade eine Abtreibung hinter sich. Und warum sollte sie sich mit einem Rassisten einlassen? Was als Selbstmord inszeniert wurde, stellt sich als eine Art Hinrichtung heraus: Sie wurde zuvor gelähmt. Außerdem muss der Täter einen Helfer gehabt haben, um Becky jenen Berghang hochzutragen, auf dem ihre Leiche gefunden wurde. Von diesem Helfer ist keine Spur zu finden.

Als Bosch nachschaut, wer die Ermittlungen durchgeführt hat, stößt er auf einen Detective, der es weit gebracht hat, doch der andere, der die eigentliche Arbeit gemacht hatte, hat sich inzwischen das Leben genommen. Aus welchem Grund? Fühlte er sich schuldig? Bosch macht den Vater Becky Verlorens ausfindig: Robert Verloren, einst ein Restaurantbesitzer in Malibu, lebt seit Jahren unter den Obdachlosen von L.A., ein gebrochener Mann. Von ihm erfährt er, wer die Ermittlungen der beiden Detectives seinerzeit gestoppt hatte: Kein anderer als Irvin S. Irving himself.

Da erkennt Bosch, was für eine raffinierte Falle Irving für ihn und den Direktor aufgestellt hat. Aber Bosch kann den Spieß auch umdrehen …

_Mein Eindruck_

Michael Connelly ist mit „Vergessene Stimmen“ wieder ein sehr ordentlicher, im letzten Drittel actionreicher, packender Cop-Thriller gelungen. Das ist nach den weniger gelungenen Bosch-Romanen „City of Bones“ („Kein Engel so rein“) und „Lost Light“ („Letzte Warnung“) eine positive Überraschung.

Die gut vierhundert Seiten des neuesten Harry-Bosch-Krimis lassen nicht vermuten, dass hier eine ganze Menge Zündstoff abgehandelt wird. Das offensichtlichste Thema ist die verpfuschte Ermittlung im Mordfall Rebecca verloren im Jahre 1988. Aufgrund politischer Rücksichtnahme im Vorfeld der Rassenunruhen zog Irving den Stecker heraus und verpasste sowohl dem traumatisierten, empörten Vater als auch den zuständigen Mordermittlern einen Maulkorb. Die Reaktionen waren, mit einer Ausnahme, ziemlich drastisch. Und die LAPD-Dienstaufsicht schwieg dazu, was den Skandal noch vergrößert.

Doch Bosch betrachtet sich inzwischen als Sprecher für die Toter, also für Becky, und zieht seine Ermittlung mit, wie er hofft, zulässigen Mitteln durch. Leider kommt dabei jemand ums Leben. Das wird Bosch natürlich sofort angekreidet. Als er selbst in Lebensgefahr gerät, nimmt der Fall eine unerwartete Wendung.

Die Ermittlungsbeamten haben 1988 nämlich nicht alle Alibis auf korrekte Weise überprüft. Und so konnte es dem eigentlichen Täter gelingen, ungeschoren davonzukommen und mittlerweile andere Mädchen zu bedrohen. Was Connelly zeigt, ist die Art und Weise, wie die Polizei-Politik die Ermittlungen so beeinflusst, dass eine Aufklärung verhindert wird. Das wiederum führt zu neuen Opfern, solchen psychischer Art: Becky Eltern leiden auf völlig unterschiedliche Weise, die nicht nur Bosch erschüttert, sondern auch den Leser. Von Detective Green, der sich selbst tötete, ganz zu schweigen.

Doch Bosch ist auch nicht der rächende Superman, als der er jetzt erscheinen könnte. Die ganze Zeit, seitdem er Becky Verlorens Kinderzimmer gesehen hat, weiß er im Hinterkopf, dass er etwas Wichtiges übersehen hat. Aber was, um Himmels willen? Erst nachdem er die alten Fotos von 1988 mit aktuellen Fotos verglichen hat, fällt ihm das verräterische Detail auf. Reichlich spät. Doch das ist natürlich ein cleverer Trick des Autors und führt dazu, dass der Leser das Buch auf den folgenden Seiten nicht mehr aus der Hand legen kann. Und selbst noch nach dem Finale gibt es eine handfeste Überraschung für Bosch und Rider.

_Unterm Strich_

Sind die neuen Ermittlungsmethoden wie etwa DNS-Analyse und die Datentechnik wirklich in der Lage, ungeklärte Fälle einer Lösung näherzubringen? Jeder brave Bürger würde dies natürlich erhoffen, doch Michael Connelly zeigt in seinem Thriller, dass es keineswegs so optimal laufen muss. Was damals nämlich – etwa aus politischer Rücksichtnahme – verpfuscht wurde, zeitigt danach schwere Folgen und rächt sich auch noch heute. Leider sind die Versager von gestern die Bosse von heute. Und die Frage für Bosch & Co. besteht darin, ob man den Bossen so am Zeug flicken kann, dass sie keinen Schaden mehr anrichten können. Denn sie versuchen sich natürlich zu schützen.

Zunächst sah es auf den ersten Seiten nicht so aus, als wäre der neue Bosch-Krimi ein Reißer, aber dann wurde doch noch eine tolle Sache daraus. Man darf aber nicht vergessen, dass es dem Autor um viel mehr geht als nur darum, einen weiteren Serienkrimi abzuliefern. Er fordert dazu auf, Altlasten abzutragen und die Versager von damals, die heute Nieten in Nadelstreifen sind, abzusägen und endgültig in Rente zu schicken. Das ist eine ziemlich deutliche politische Botschaft. Möge sie nicht ungehört verhallen.

|Originaltitel: The Closers, 2005
Aus dem US-Englischen von Sepp Leeb|
http://www.heyne.de