Ursula Poznanski & Arno Strobel – Invisible

Nach dem fulminanten Beginn ihrer Reihe um die Ermittler Nina Salomon und Daniel Buchholz „Anonym“ legen Ursula Poznanski und Arno Strobel mit „Invisible“ nun nach. Die Erwartungen sind nach dem ersten Buch extrem hoch, aber das neue Buch bleibt kaum hinter den Erwartungen zurück.

Bereits der Beginn ist ein Paukenschlag: Ein angesehener Chirurg platzt in die OP seines Kollegen und rammt dem Patienten auf dem OP-Tisch ein Skalpell ins Herz. Anschließend schaut er verwundert auf die Waffe. Doch anschließend steht er sofort zu dem Mord: Der Patient habe ihn über Wochen belästigt und ihn bedroht. So habe er gar keine Wahl gehabt, als sich zu wehren. Es dauert nicht lange, bis der nächste Mord aus Hass gegen einen Stalker geschieht – und wieder steht der Täter sofort fest.

Man könnte also meinen, Nina Salomon und Daniel Buchholz haben nichts zu tun: Praktisch direkt neben dem Mordopfer findet sich immer auch direkt der Mörder, am besten noch mit der Tatwaffe in der Hand und einem Geständnis auf den Lippen. Und die Opfer und Täter scheinen in keiner Beziehung zueinander zu stehen. Wo also liegt die Verbindung? Was haben diese Menschen miteinander zu tun? Und wieso morden sie grundlos drauflos? Mörder und Opfer kannten sich in keinem der Fälle vorher – nur eine diffuse Bedrohung, meist per Mail gab es zuvor. So passiert es einem Täter, dass er glatt das falsche Opfer tötet.

Lange dauert es, bis Nina und Daniel auf die richtige Spur kommen: Alle Täter müssen manipuliert worden sein. Doch von wem? Und warum? Und wie um Himmels Willen? Und merkwürdigerweise benimmt sich auch Daniel immer komischer… was geht nur vor?
Unsichtbare Bedrohung

Der Fall in „Invisible“ liegt scheinbar glasklar auf der Hand: Jedem Opfer kann sofort der passende Mörder zugeordnet werden. Nur ist es stets ein Mörder, der aus dem blauen Dunst heraus ein unbekanntes Opfer tötet. Doch wie der Titel des Buches schon verrät – der eigentliche Täter befindet sich im Verborgenen und zieht dort seine Strippen. Die Zusammenhänge sind völlig unklar und offenbaren sich erst sehr, sehr langsam. Viel zu lange tappen Nina Salomon und Daniel Buchholz im Dunkeln, sodass es in diesem Buch viele Opfer gibt, die zum Teil grausig zu Tode kommen.

Erst als sie weit in die Vergangenheit gehen, finden sie die erste Verbindung, und können Puzzleteilchen für Puzzleteilchen ganz allmählich das gesamte Bild zusammen setzen. Was sich dann offenbart, ist eine mehr als traurige und tragische Geschichte, die einem beim Lesen einen kalten Schauer über den Rücken laufen lässt. Vor vielen Jahren ist eine schlimme Sache passiert, die das Leben einiger Menschen völlig auf den Kopf gestellt hat und schlussendlich in die Mordserie gemündet ist.

Den Autoren gelingt es, den Spannungsbogen immer weiter ansteigen zu lassen, da sei stets zum Mitraten animieren. Die Auflösung gelingt dann recht schlüssig, wobei ich die Maßnahmen der Beeinflussung doch recht weit hergeholt fand. Doch wer weiß, ob so etwas nicht doch möglich ist? Doch in diesem Umfang? Ich habe leise Zweifel.

Zwischenmenschliches

Wieder einmal reiben sich Nina Salomon und Daniel Buchholz aneinander. Aber Daniel benimmt sich neuerdings noch viel merkwürdiger als ohnehin schon. Zudem wächst ihm die Beziehung mit seiner Freundin völlig über den Kopf. Er hat überhaupt nicht verdaut, dass sie überraschend schwanger von ihm geworden ist. So sieht sich Daniel nun in der Pflicht, obwohl er sich eigentlich noch gar nicht an seine Freundin binden möchte und ihm die Beziehung schon viel zu eng ist. Die ganze Sache lässt sich auch äußerst merkwürdig an, und Nina hat sofort einen fiesen Verdacht (der Leser übrigens auch).

Daniel eckt in diesem Buch viel mehr an als noch im ersten Buch, aber auch die Kollegen sind ungewöhnlich aggressiv und angriffslustig, was speziell Nina zu spüren bekommt. Bei der Arbeit geht es ganz schön turbulent zu – wieso es viel turbulenter zugeht, als üblich, erfahren wir zum Schluss. Aber der aufmerksame Leser hat schon viel eher einen entsprechenden Verdacht.

Insgesamt war es mir dieses Mal etwas zu viel Zwischenmenschliches, sodass die Rahmenhandlung häufig viel mehr Raum eingenommen hat als der eigentliche Kriminalfall.

Auch das aktuelle Buch ist wieder aus wechselnden Perspektiven erzählt – mal aus Ninas Sicht, mal aus Daniels Sicht. Dieser stete Schwenk gelingt gut und sorgt für Abwechslung.

Der unsichtbare Täter

Auch das neue Buch von Ursula Poznanski und Arno Strobel ist rasend schnell durchgelesen, da man es kaum aus der Hand legen mag. Die Seiten blättern sich praktisch von alleine um, sodass man völlig in der Geschichte versinken kann. Lange versteht man die Zusammenhänge nicht, bekommt aber irgendwann auf der Hälfte eine Ahnung, was wohl vor sich gehen könnte. Die Auflösung ist nicht so hundertprozentig stimmig, aber der Auslöser des Ganzen wirklich gruselig. Das Buch lässt mich schon jetzt dem nächsten Buch der beiden Autoren entgegenfiebern – aber dann darf es bitte etwas weniger persönliches Drama sein.

Klappenbroschur: 368 Seiten
ISBN-13: 978-3805200158
www.rowohlt.de/verlage/wunderlich

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)