William Avon – Arabella’s Revenge (The Girlspell 3)

Geniale S&M-Apparate als Instrumente der Rache

In einem alternativen England der 1930er Jahre ist die Leibeigenschaft weitverbreitet. Großgrundbesitzer dürfen „Ausländerinnen“ wie die drei Abenteuerinnen, die es dorthin verschlagen hat, ohne Federlesens in ihre Dienste nehmen. Zu diesen gehört der Besitzer von Markham Hall, ein ergrauter, aber topfitter Major. Er nimmt die Polizistin Melanie Kingston in sein Team von Ponymädchen auf, während die Einbrecherin Amber Jones im Knast und am Pranger landet. Am schlimmsten ergeht es der üppigen Susan Drake, die in die Hände der grausamen Gutsherrennichte Arabella Westlake fällt.

Im zweiten Band wendete sich das Schicksal der drei Frauen in sein Gegenteil. Während Arabella Westlake am Schluss tief gedemütigt wird, verschlägt es das Trio zurück in seine eigene Welt. Nun, im dritten Band, sinnt Arabella Westlake auf blutige Rache. Doch sie hat nicht mit den Intrigen ihrer Widersacherin gerechnet.

Der Autor

„William Avon“ ist wahrscheinlich ein vom Verlag vergebenes Pseudonym, ein „house name“. Er hat auch „Slaves of the Girlspell“ geschrieben. Natürlich kann ein Autor mehrere „house names“ führen. So taten es bereits Isaac Asimov, Robert Heinlein, die beiden Kuttners und Robert Silverberg (der ja auch mal Erotica schrieb).

Die Girlspell-Reihe:

1) The Girlspell
2) Slaves of the Girlspell
3) Arabella’s Revenge

Handlung

Rückblick

Drei junge Frauen werden durch den Inhalt einer mysteriösen orientalischen Schatulle in eine andere Welt versetzt. Es ist zwar immer noch das südliche England um 1930, aber hier herrschen Großgrundbesitzer mit Gesetzen, die es ihnen erlauben, „Streuner“ aus dem „Ausland“ in Leibeigenschaft zu nehmen. So widerfährt es der Polizistin Melanie Kingston, während die Einbrecherin Amber Jones im Knast und am Pranger landet. Am schlimmsten ergeht es der üppigen Susan, die in die Hände der grausamen Gutsherrentochter Arabella Westlake fällt.

Am Ballabend wird auf Markham Hall eine fulminante Überraschung serviert: Lady Arabella Westlake, die Nichte des Hausherrn, als Ganzkörpertorte! Eigentlich sollte ihnen die dunkelhätuge Schönheit Melanie Kingston serviert werden, doch irgendwie hatten es maskierte Banditen geschafft, Sue Drake aus Arabellas Klauen zu befreien und stattdessen Arabella zu entführen und zu demütigen.

Die Lehrerin Miss Newcombe, die die jungen Banditen dazu angestiftet hat, hat sich als alles andere denn als eine Lehrerin entpuppt: Sie ist eine Grenzgängerin zwischen unserer Welt und der von Markham Hall. Und nun? Werden die drei Mädels aus unserer Welt, deren Martyrium in der Parallelwelt so spannend geschildert wurde, ihr Ticket zurück in die Welt von Markham Hall bekommen?

Haupthandlung

Miss Jane Newcombe hat schon wieder einen Plan ausgeheckt. An der Schule von Shaftwell bietet sie an, dem Rektor der in Finanznöten steckenden Privatschule, aus der Klemme zu helfen, wenn er mehrere Sklavinnen einstellt, an denen den männlichen Zöglingen die korrekte Handhabung von weiblichen Leibeigenen beigebracht werden kann. Und da sie die Kosten übernimmt, braucht der Rektor nur noch die Zustimmung der Eltern der fraglichen Zöglinge, um das Projekt im bald beginnenden Schuljahr zu starten.

Zu Miss Newcombes ersten „Demonstrationsobjekten“ gehört die zurückgebrachte Amber Jones, also der Einbrecherin. Amber soll eine renitente, entflohene und wieder eingefangene Leibeigene spielen. Die Zöglinge bereiten sie mit großer Vorfreude auf ihren Aufenthalt am College vor. Ambers Geliebte Sue Drake soll bald nachkommen. Wie immer ist für Miss Newcombe der Übergang von unserer Welt in ihre eigene ein Klacks: Die Magie der erotischen Objekte in ihrer Schatulle besorgt den Rest.

Doch die besten Pläne können schiefgehen, wenn das Böse es will. Während die Lehrerin an der Schule einen revolutionären Lehrkurs plant und der Besitzer von Markham Hall einen glorreichen Sieg beim Ponymädchen-Rennen vorbereitet, sinnt Arabella Westlake auf bittere Rache. Sie hat die Schmach nie vergessen, die sie damals beim Ballabend erleiden musste. Nun spannt sie ihre Komplizin Belinda Jenkins ein, um herauszufinden, wer sie damals verraten hat. War es diese kleine nachgiebige Jemima, die sie für ihre Anhängerin hielt? Oder war es etwa Sue Drake selbst, ihre Gefangene?

Noch ahnen Arabella und Belinda nicht, wer ihre wahre Widersacherin ist. Doch es ist nur eine Frage Zeit…

Mein Eindruck

Wieder einmal besteht das Geschehen hauptsächlich aus Szenen, in denen S&M-Freunde auf ihre Kosten kommen. In den bisherigen zwei Bänden bestand die Art und Weise, wie Sklavinnen und Gebieter miteinander interagieren, aus wenig komplizierten Konstellationen. Dies ändert sich im dritten Band auf gravierende Weise.

Jetzt werden ein ums andere Mal Gerätschaften eingesetzt, die die weiblichen Opfer – meist zu deren großem Vergnügen – in eine Vielzahl von entblößenden Stellungen zwingen. Riemen, Knebel, Räder, Hebel, Trittbretter – alle Arten von mechanischen Bauteilen werden auf mehr oder weniger einfallsreiche Weise kombiniert. Sogar ein mannshohes Hamsterrad fehlt nicht. Dies war also noch das gute alte England vor der totalen Mechanisierung.

Der erste Höhepunkt in der Präsentationen dieser Apparate, die an Fantasiegerätschaften um 1900 erinnern, ist die Lehrstunde, die Miss Newcombe der Jungenklasse von Cranbroough College erteilt. Eine junge Frau ist auf eine Weise in einen Apparat gespannt, dass der Phantasie nichts überlassen, was Form und Farbe des weiblichen Unterleibs anbetrifft. Natürlich müssen sich die Jungs nach der Lehrstunde artig bei der jungen Frau, die ihnen als Demonstrationsobjekt gedient, bedanken.

Finale der Vergeltung

Der zweite Höhepunkt ist natürlich das Finale. Arabella hat zwei starke Zimmerleute engagiert, um ein Gerüst von teuflischer Genialität zu errichten. Es ist umfangreich genug, um ihre vier weiblichen Opfer festzuhalten, zu denen endlich auch Jane Newcombe zählt. In einer Anwandlung von „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ kommen wieder einmal stachlige Stechpalmenzweige zum Einsatz, wie sie Arabella an jenem Ballabend selbst ertragen musste.

Doch für jede Schurkin kommt einmal die Stunde der Abrechnung. Melanie Kingston, die Polizistin mit der Rennpony-Erfahrung, spielt dabei eine zentrale Rolle als Hand des Schicksals und der Vergeltung. Doch der Sieg wäre nicht ihrer gewesen, gäbe es nicht die starken Männer, die ihr schließlich zu Hilfe eilen. Dazu gehören der Major, der immerhin zwei freie Frauen unter Arabellas Opfer zu beklagen hat, und die fünf Schüler, die zu allem entschlossen sind, um ihre Sklavinnen zu verteidigen.

Unterm Strich

Der Roman liest sich so schnell und anschaulich wie ein Filmdrehbuch. Ich habe ihn in zwei Tagen fertiggelesen, und ich bin sicher, es ginge sogar noch schneller. Die Schauplätze aus dem ländlichen England, das fast schon an das Auenland erinnert (wären da nicht gewisse Nuditäten), sind anschaulich geschildert und wechseln einander ab, so dass nie Langeweile aufkommt und der Leser neugierig bleibt, wie es weitergeht. Es muss immer was passieren.

Doch der Roman auch ein paar Schwächen. Der leser sollte möglichst bereits die Vorgängerbände gelesen haben. Er schildert zudem fast alle Figuren (bis auf Newcombe) nicht als runde Personen mit einer Geschichte, sondern nur als Handlungsträger, die eine Rolle zu spielen haben.

Was fehlt, ist eine tiefergehende Geschichte. Was dem am nächsten kommt, ist Jane Newcombes Erzählung davon, wie es kam, dass sie überhaupt zwischen den beiden Parallelwelten wandern kann. Wie konnte es passieren, dass sie die magische Schatulle fand und warum suchte sie sie überhaupt? Wir erfahren, dass sie Opfer einer doppelten Entführung geworden ist: Ihre beste Freundin Chloe wurden von Besitzern einer solchen magischen Schatulle in eine Parallelwelt entführt. Sie selbst konnte sie jedoch befreien, untertauchen und die Suche nach Chloe aufnehmen. Dabei stieß sie auf eine dieser Schatullen.

Das Besondere an dem Inhalt dieser Schatullen: Sie sind nur von Frauen zu öffnen und ihr Inhalt nur von bestimmten Angehörigen des weiblichen Geschlechts zu verwenden. Nämlich von solchen, die noch keine zu enge Bindung an die jeweils aktuelle Realität entwickelt haben, etwa durch Kinder, einen Lebenspartner und so weiter. So lässt sich erklären, warum junge Single-Frauen der Magie der Schatullen zum Opfer fallen und immer wieder als „Ausländerinnen“ in der Umgebung von Shaftwell und Markham Hall auftauchen.

Was auf den ersten Blick ein wenig naiv klingt, ergibt einen Sinn, wenn man bedenkt, dass junge Single-Frauen auf der Suche nach sich selbst sind, insbesondere in Sachen Sex und Eros. Das gilt nicht nur für Jane Newcombe und die drei Heldinnen des ersten Bandes (Melanie, Sue und Amber), sondern letzten Endes auch für Arabella Westlake. Dass sie ihre Bestimmung in einer BDSM-Beziehung finden, liegt ja wohl angesichts des Inhalts dieses Buches und seines Publikum nahe.

Die erotischen Schilderungen sind eindeutig für S&M-Anhänger gedacht. Wer also „Die Geschichte der O“ mochte, der kommt hier voll auf seine Kosten. Zwar fehlt die philosophische Tiefe und die Komplexität eines Einzelschicksals wie in der „O“, doch dafür passiert ständig etwas, und die Spannung wächst – ähnlich wie in „50 Shades of Grey“. Die Erlebnisperspektive ist wie bei der O fast immer die der Frau, was ich auch sehr interessant und sehr rücksichtsvoll fand. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich bei „William Avon“ in Wahrheit um eine weibliche Autorin handelt.

Das Englischniveau

Der Schwierigkeitsgrad, den der Englischleser zu bewältigen hat, ist erfreulich niedrig. Das Vokabular ist in der Regel einfach, kann sich aber bei der Beschreibung der vielen Apparate als Stolperstein erweisen. Dann hilft hoffentlich ein Wörterbuch aus. Die Sätze sind kurz, die Kapitel ebenfalls. So kommt der Leser schnell voran und hat das Buch sicherlich in ein bis zwei Tagen bewältigt.

Was ich jedoch ärgerlich fand, waren die zahlreichen fehlenden Wörter im Text. Immer wieder fehlt ein „a“, ein „the“ und dergleichen. Offenbar hat die Textdatei erheblich gelitten, als sie aus der Parallelwelt von 1936 in unsere Zeit geschmuggelt wurde. Ich habe aber keine Mühe, die Lücken mit Hilfe von statistischer Wahrscheinlichkeitsrechnung zu füllen.

Hinweise

Am Schluss dieses ersten Bandes bleiben viele Fragen offen. Die Fundamente sind gelegt, doch die Weiterführung aller Handlungsfäden steht noch aus. Diese folgt in der Fortsetzung „Slaves of the Girlspell“. Meines Wissens wurde die Trilogie noch nicht übersetzt.

Taschenbuch: 226 Seiten
Originaltitel: Arabella’s Revenge (The Girlspell 3)
Sprache: Englisch
ISBN-13: 978-1908593290

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Leider ist der englische Verlag Silver Moon Books inzwischen aufgelöst worden. Offenbar gehört Silver Moon inzwischen zu Cambridge House Publishing Limited in Nottingham. Interessenten finden das Buch im Gebrauchthandel.