Bernhard Hennen – Die Ordensburg (Elfenritter 1)

Die Elfenritter-Trilogie:
Band 1: _Die Ordensburg_ (Oktober 2007)
Band 2: Die Albenmark (März 2008)
Band 3: Das Fjordland

Seit Jahrzehnten kämpfen die Menschen des Fjordlands gegen die Heere der Tjuredkirche, die keinen Gott neben Tjured anerkennt und Heiden notfalls auch mit Feuer und Schwert bekehrt. Der schlimmste Gräuel in den Augen der Kirche ist jedoch das uralte Bündnis der Fjordländer mit den Albenvölkern, insbesondere den Elfen. Denn diese widernatürlichen Geschöpfe, die über grausame Magie gebieten, haben den ersten Heiligen der Tjuredkirche, den gesegneten Guillaume, in dem Dorf Aniscans, heute Sitz der Heptarchen, an einen Baum genagelt und getötet.

Zumindest glauben die Tjuredjünger daran. Die Wahrheit ist schon lange in einem Netz der Lügen und Täuschungen verloren gegangen. Der heilige Guillaume wurde von menschlichen Kriegern getötet, die Elfen Farodin und Nuramon versuchten vergeblich, ihn zu retten. Dabei hatte ihnen ihre Königin Emerelle ausdrücklich befohlen, Guillaume zu töten. Denn Guillaume war der Sohn eines Devanthar und der betrogenen Elfe Noroelle, eines Dämons und Feinds der Alben aus Urzeiten, den man schon lange besiegt glaubte. Guillaume selbst war aber nicht böse, er war ein frommer Wunderheiler. Seine Gabe heilte Menschen von tödlichen Krankheiten – aber verdorben durch seinen Devanthar-Vater, brachte jede Heilung Elfen in der Nähe den Tod.

Der gerissene Devanthar entkam, verdrehte die Tatsachen und machte sich das Vermächtnis des frommen Guillaume zueigen. Die an und für sich positive Tjuredkirche wurde von ihm korrumpiert und zu seinem Werkzeug gemacht. Die Hetze gegen Heiden und Albenvölker begann. Albenpfade aus der Albenmark in die Menschenwelt wurden durch Zerstörung oder Versiegelung der Albensterne (meistens Steinkreise) unbrauchbar gemacht. Mit großem Erfolg; die Heere der Tjuredkirche haben das Heidentum weit in den Norden zurückgedrängt, und nur noch das Fjordland leistet Widerstand. Doch kann das Fjordland gegen die grimmigsten Streiter Tjureds bestehen? Die Ordensritter sind stark im Glauben und stark im Kampf, insbesondere der neu gegründete Orden des Blutbaums, meist als die „Neue Ritterschaft“ bezeichnet, glänzt durch militärische Erfolge, und sein Primarch gewinnt innerhalb der Kirche an Macht, was für Neider in den eigenen Reihen sorgt, insbesondere beim älteren Orden des Aschenbaums und bei Charles, dem Verweser der umkämpfen Provinz Drusna.

Ein schwerer Schlag ereilt das Fjordland, als es der Komturin Lilianne de Droy gelingt, Prinzessin Gishild – letzte Überlebende der Königslinie des Nordlands, deren Urahn Mandred mit den Elfen vor fast einem Jahrtausend den Freundschaftspakt schloss – zu entführen. Gegen den Widerstand des Verwesers Charles bringt sie Gishild mit List und Täuschung nach Valloncour, der Ordensburg der Neuen Ritterschaft. Dort soll sie als Unterpfand für die geplante Entscheidungsschlacht gegen das Fjordland versteckt und vielleicht sogar zum wahren Glauben bekehrt werden.

Ihre Schwester Michelle rettet derweil den jungen Luc de Lanzac aus einem Pestdorf. Sie verteidigt sein Leben gegen die Unterstellung ihres Lanzenkameraden Honoré, ein Wechselbalg zu sein, da er als Einziger die Pest überlebt hat. Sie ist von Lucs Aufrichtigkeit und Treue beeindruckt, in ihr erwachen aber Zweifel, als er ihr das Leben rettet. Luc heilt sie von der Pest, mit der sie sich angesteckt hat – aber er hat zuvor der heidnischen Statue einer weißen Frau geopfert. Verfügt Luc wie der gesegnete Guillaume über heilende Hände oder ist es eine Gabe der Elfenteufel?

Trotz Zweifel wird Luc in den Orden aufgenommen. Nicht nur, weil er klug und treu ist. Die Komturin und der Primarch erkennen in ihm die Gabe Guillaumes und wissen als Teil der geheimen Bruderschaft innerhalb der Neuen Ritterschaft um ihre Bedeutung. Für sie ist er wichtiger als tausend Ritter, er und andere mit der Gabe Gesegnete sollen die Entscheidung im Kampf um das Fjordland bringen – und den Krieg in die Albenmark selbst tragen.

_Der Autor_

Bernhard Hennen (* 1966) studierte Germanistik, Geschichte und Vorderasiatische Altertumskunde. Er lebt mit seiner Familie in Krefeld. Er machte sich bereits mit seiner „Elfen“-Trilogie („Die Elfen“, „Elfenwinter“, „Elfenlicht“) einen Namen und stürmte mit ihr die Bestsellerlisten. Davor schrieb er DSA-Romane, unter anderem mit Wolfgang Hohlbein. Seine Spezialität ist die Kenntnis nordischer Mythologie, auf deren Grundlage er die Albenmark und ihre Völker erschuf, in die sich allerdings auch einige Kentauren verirrt haben. So sind seine Elfen aufgrund derselben Grundlage denen Tolkiens zwar ähnlich, aber doch anders und sehr differenziert dargestellt.

_Die Ordensritter_

Der besondere Kniff an der Fortsetzung der Elfen-Trilogie ist, dass ihr Ausgang bereits bekannt ist. In seinem ersten Roman „Die Elfen“ steckte Hennen bereits die Rahmenhandlung ab, und so dürfte den Lesern Gishild bereits als Königin des Fjordlands bekannt sein, ebenso der Ausgang der letzten Schlacht gegen die Tjuredkirche sowie weitere Hintergründe und Charaktere. Einsteiger sollten deshalb lieber mit der alten Trilogie beginnen, da sich sonst nicht alle Details der Geschichte erschließen.

Der Fokus liegt dieses Mal auf den Feinden des Fjordlands, der Tjuredkirche und ihren Ritterorden. Diese sind sehr von christlichen Kreuzfahrerorden wie den Johannitern (Aschenbaum) und den Templern (Neue Ritterschaft) inspiriert und legen dementsprechend auch ähnliche Verhaltensmuster an den Tag. Tief fromm, gebildet und gütig sollen sie sein, die besten Streiter Tjureds. Doch wenn es gegen die Heiden geht, regiert der Pragmatismus. Für die Vernichtung der Heiden kann man jeden Edelmut über Bord werfen und sogar unschuldige Kinder opfern.

Dieser Konflikt macht insbesondere Luc zu schaffen, der zudem auf besondere Anweisung des Primarchen in seiner Ausbildung bewusst getriezt wird, da man sich von ihm viel erhofft. Er ist vorzüglich in allen Dingen, die er tut, soll zum Außenseiter gemacht werden und mit seinem starken Glauben die störrische Gishild bekehren, die sich niemandem anvertraut. Ein gefährliches Spiel; es ist völlig offen, wer von den beiden wen bekehrt. Denn Luc ist nur so inbrünstig im Gebet, da er sich für einen Wechselbalg der Elfen hält … Er ist wohl doch eher ein „Elfenritter“; der Name der Trilogie wurde wohl bewusst dahin forciert, das Wort „Elfen“ zu enthalten, mit dem Hennen mittlerweile fast synonym in der deutschen Fantasy geworden ist.

Die Charakterisierung der Ordensritter ist Hennen besonders gut gelungen. Lilianne und Michelle sind glühende Anhänger Tjureds, wobei Michelle ein weicheres Herz hat als Lilianne, die als Mitglied der geheimen Bruderschaft keine Kompromisse macht. Der Gegensatz von Frömmigkeit und Grausamkeit und die daraus in jedem Ordensritter entstehenden Konflikte werden sehr überzeugend dargestellt. Vom übellaunigen Veteranen mit weichem Herzen bis hin zum Eiferer sind alle Schattierungen vertreten.

Die Ausbildung der Novizen in der Ordensburg Valloncour nimmt neben der Anfangs getrennt erzählten Jugend Gishilds und Lucs einen großen Teil des Buchs ein und gefiel mir besonders gut. Man erfährt viel über Traditionen der Neuen Ritterschaft und über die geheime Bruderschaft im Orden, die einiges, aber nicht die volle Wahrheit über den Devanthar zu kennen scheint. Die Ausbildung selbst ist sehr interessant dargestellt; sie zeigt die Methoden, wie aus Rittern eine Lanze von Kameraden geschmiedet wird, die als Gruppe sogar gegen die jahrhundertelang im Schwertkampf trainierten Elfenritter bestehen kann. Der Buhurt genannte Kampf der „Löwen“, „Drachen“, „Türme“ und ähnlich nach ihrem Wappenschild benannten Ausbildungsgruppen nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Der Kampf findet auf gespannten Ketten und Pfosten über einem Schlammloch statt und ist weitgehend regelfrei, er endet mit der Eroberung der gegnerischen Flagge. Dies erinnert aufgrund der Aufteilung in Schulen/Lanzen und einiger anderer Ähnlichkeiten ein bisschen an das Quiddich-Spiel in „Harry Potter“, von dem sich Hennen Inspiration geholt haben könnte.

Besonderen Reiz gewinnt das Buch aus den innerkirchlichen Rivalitäten. Der etwas sehr klischeehaft auf knabenhafte Mädchen mit kleinen Brüsten stehende Bruder Charles gönnt der Neuen Ritterschaft keinen Erfolg, er intrigiert erfolgreich auf dem kirchenpolitischen Parkett. Zudem findet er das in seinen Augen oft unmoralische und liederliche Verhalten der Komturin Lilliane anstößig, bewundert aber auch ihren Mut und ihre Tatkraft. Seine Doppelmoral bei hoher Frömmigkeit zeigt, dass auch innerhalb der Tjuredkirche der Glaube unterschiedlich ausgelegt wird, ebenso ist man gespaltener Meinung darüber, wie man den entscheidenden Sieg über die Alben erringen will. Dass eine seiner entzückenden, jungen und schüchternen Novizinnen mit wunderbar strahlenden Augen ihm schließlich ein Messer an die Kehle hält und sich als Elfe entpuppt, die ihm alles andere als Lustschreie entlockt, ist nur einer von vielen originellen Gags, mit denen Hennen nicht geizt.

_Fazit_

Die neue Perspektive aus der Sicht der elfenfeindlichen Tjuredkirche gefällt mir ausgesprochen gut, sie gibt den Elfenromanen Hennens wieder etwas mehr Biss und Abwechslung, der mir in den Folgebänden von „Die Elfen“ leider etwas verloren ging. Die Atmosphäre stimmt, die Charaktere können überzeugen, und der Plot um Luc und Gishild verspricht, obwohl das Ende der Trilogie quasi schon bekannt ist, viele interessante Verwicklungen.

Einige Kritikpunkte gibt es leider doch. Dass Luc und Gishild so schnell zueinander finden, bei vorheriger intensiver gegenseitiger Abneigung, ist mir doch etwas zu märchenhaft. Luc möchte ein strahlender Ritter sein und einer Prinzessin dienen, und Gishild offenbart sich ihm schließlich als Prinzessin des Fjordlands. Hier bin ich, deine Prinzessin! Oh je, das tut mir wirklich weh. Und dass ein hunderte von Jahren währendes Elfenleben während einer wichtigen geheimen Mission tief im Feindesland wegen eines Murmeltiereintopfs und eines plötzlichen Hungergefühls leider drastisch verkürzt wird, hat mich auch nicht gerade überzeugt. Das war zwar durchaus originell, da es einfach so dämlich ist, mir hat dieses Murmeltier dennoch übel im Magen gelegen!

„Die Ordensburg“ erreicht zwar nicht ganz die Güte von „Die Elfen“, hat aber einen höheren Unterhaltungsfaktor als die beiden Fortsetzungen der alten Trilogie, ist frischer und origineller und bietet viel Potenzial. Ich hoffe, dass Hennen dieses Niveau in den zwei Folgebänden halten kann. Er ist in so guter Schreiblaune, dass ich ihm sogar die miese Murmeltierepisode vergeben kann.

http://www.heyne.de
http://www.bernhard-hennen.de/

Die |Elfen|-Trilogie:
Band 1: [Die Elfen 2169
Band 2: [Elfenwinter 2185
Band 3: [Elfenlicht 3505