Edith Nesbit – Die Macht der Dunkelheit (Gruselkabinett Folge 74)

Untote Vergangenheit: Die Nemesis aus dem Dunkel

In einer ländlich gelegenen Kirche befinden sich die prunkvollen Grabstellen zweier grausamer und bösartiger Ritter. Die Einheimischen fürchten die mit lebensgroßen Marmorstatuen versehenen Sarkophage und meiden das Gotteshaus. Dies weckt die Neugier eines jungen Paars von außerhalb. Sie ahnen nicht, dass sie mit dem Feuer spielen … (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörspiel ab 14 Jahren.

Die Autorin

Edith Nesbit (1858-1924) war eine englische Autorin, deren Werke für Kinder im englischen Original unter dem „geschlechtslosen“ Namen E. Nesbit veröffentlicht wurden. Sie verfasste über 40 Kinderbücher. Einige davon wurden später verfilmt. (Wikipedia) Das Hörspiel setzt ihre Erzählungen „The Power of Darkness“ (VÖ 2006) und „Man-Size in Marble“ um.

Werkverzeichnis auf Wikipedia:
* Die Schatzsucher (The Story of the Treasure Seekers; Bastable-Trilogie 1; 1899)
* Der Club der guten Taten (The Would-Be-Goods; Bastable-Trilogie 2; 1901)
* Das rote Haus / Die lustige Ehe (The Red House; 1902)
* Fünf Kinder und zehn Wünsche / Der Sandelf (Five Children and It, Psamead-Trilogie 1; 1902)
* Der Phönix und der Teppich / Feuervogel und Zauberteppich (The Phoenix and the Carpet; Psamead-Trilogie 2; 1904)
* New Treasure Seekers (Bastable-Trilogie 3; 1904)
* Die Eisenbahnkinder ( The Railway Children; 1905)
* The Story of the Amulet (Psamead-Trilogie 3; 1906)
* Das verzauberte Schloß (Enchanted Castle; 1907)
* Die Kinder von Arden (House of Arden; 1908)
* Der Traum von Arden (Harding’s Luck; 1909)
* Die verzauberte Stadt (Magic City; 1910)
* Meereszauber (Wet Magic; 1913)

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Rollen und ihre Sprecher:

Laura: Brigitte Kollecker-Frank
Jack: Wolfgang Rüter
Mrs Dorman: Beatrice Richter
Dr. Kelly: Rolf Berg
Rose: Julia Stoepel
Edward: Bene Gutjan
Vincent: Tim Schwarzmaier
Hausmutter: Marion Hartmann
Schaffner: Wolfgang Welter
Junge Maler: Marc Oliver Schulze, Marc Gruppe und Stephan Bosenius

Regie führten die Produzenten Marc Gruppe und Stephan Bosenius. Die Aufnahmen fanden im Titania Medien Studio und im Fluxx Tonstudio statt. Die Illustrationen trug Ertugrul Edirne bei.

Handlung

Im Sommer 1924 gehen Jack, der Maler, und seine Frau Laura, eine Autorin von Gruselgeschichten, über den Strand der Küste. Ach, wie schön wäre doch das Leben auf dem Lande, meint Laura, und dort könne sie auch mehr schreiben als in der hektischen großstadt London. Beide nagen praktisch am Hungertuch, und so stellt sich die Frage nach der wirtschaftlichen Sicherheit. Es dürfte höchstens ein kleines Cottage sein, und sie würden es allenfalls mieten.

In Kent findet sie das „perfekte“ Cottage, aber leider steht es nur zum Verkauf, nicht zur Miete. Außerdem sieht es etwas verfallen aus und müsste renoviert werden, findet Jack, das könnte teuer werden. Aber sie überredet ihren Männe, so dass sie wenige Wochen später einziehen. In Mrs Dorman vom Ort finden sie ihre perfekte „Perle“: die Haushälterin und Köchin. Denn Lauras Kochkünste sind berüchtigt.

Im Oktober sind sie gerade in einer äußerst kreativen Phase, als die Nachricht, Mrs Dorman wolle kündigen, wie eine Bombe einschlägt. Angeblich will sie fort, um ihre Nichte zu pflegen, aber das tut sie ja schon seit Wochen. Was ist der wahre Grund, will Jack wissen. Zur Ablenkung von diesem Problem geht das Paar spazieren und stößt im typisch Kentischen Nebel auf eine alte Kapelle, deren Tür unverschlossen ist.

Drinnen ist es dunkel, denn es brennen keine Kerzen. Im Schein ihrer Streichhölzer können sie erkennen, dass es sich um ein Mausoleum zu handeln scheint. Da stehen zwei Sarkophage mit den Skulpturen zweier liegender Ritter in Rüstung. Merkwürdig, dass keinerlei Namen eingeritzt sind, sondern nur ein Wappen. Der Marmor der Skulpturen glitzert kalt, und Laura bekommt Angst vor den „bösen“ Augen der Männer. Jack hat jedoch keinen Schauder verspürt und wundert sich leicht amüsiert, dass sich eine Autorin von Gruselgeschichten so leicht ängstigen lässt. Er schlägt ihr vor, eine Geschichte darüber zu schreiben. Sie meint nur ernst, die Kapelle sei ein Ort des Bösen.

Am Abend liest sie ihm die neue Geschichte, die sie geschrieben hat. Ihr Titel lautet „Die macht der Dunkelheit“ und handelt von zwei Rivalen in einem Liebesdreieck, die eine Wette darüber abschließen, wer es länger im stockdunklen Wachsfigurenkabinett von Madame Tussaud aushält, wenn alle anderen schon gegangen sind. Die neue Geschichte gefällt Jack sehr. Er genehmigt sich ein Zigarettenpäuschen und geht vor die Tür hinaus auf den Kiesweg.

Immer dieser kalte Nebel… Eine unheimliche Stimme lässt ihn zusammenfahren. Aber es ist nur Dr. Kelly, der ebenfalls zugezogene Arzt, der sich ein Späßchen erlaubt. Ihm gegenüber kommt Jack auf die beiden Ritter in der Kapelle zu sprechen. So erfährt er, was es mit ihnen auf sich hat. Nachdem die beiden Kreuzritter aus dem Morgenland zurückgekehrt waren, errichteten sie in ihrer Grafschaft eine Schreckensherrschaft. Bis eines Nachts die Blitze eines Gewitters ihr Haus entzündeten und es bis auf die Grundmauern niederbrannte. Die Sarkophage wurden angefertigt und seitdem sind die beiden verschwunden. Aber wenn man jemand auf diese Ritter anspricht, erhält man nie eine Antwort. Irgendwie scheinen sie tabu zu sein.

Deshalb stellt Jack diesmal seine Haushälterin ernsthaft zur Rede. In höchster Bedrängnis gibt sie zu, dass die Ritter für viel Blutvergießen gesorgt hätten. Aber was noch mehr ist: Sie pflegen an jedem 30. Oktober um Schlag elf Uhr nachts zurückzukehren. Wer ihren Weg kreuze, werde es bereuen. Deshalb werde sie Stunden vor diesem Zeitpunkt verschwunden sein. Die Vorbesitzerin von Jacks Haus hat ihr Haus immer schon einen Monat vor diesem Zeitpunkt verlassen.

Jack sagt Laura nichts von dem, was er erfahren hat, und so kommt der 30. Oktober heran, ohne dass sie etwas ahnt. Mrs Dorman verabschiedet – in den verdienten Urlaub, wie Laura glaubt. Die warnt Jack bereits vor ihren Kochkünsten. Der Abend kommt mit einem blutroten Sonnenuntergang, und wieder kommt der kalte Nebel von den Marschen an Land. Laura spürt, dass es etwas in der Luft liegt, eine Ahnung von nahendem Unheil.

Nach dieser Nacht wird für Jack nichts mehr so sein, wie es war …

Mein Eindruck

Nun, die Moral von der Geschicht‘ lautet recht simpel: „Wer die Vergangenheit ignoriert und nicht hierher gehört, der muss mit dem Schlimmsten rechnen.“ Weil sich die zugezogenen Städter etwas hochnäsig und aufgeklärt verhalten, schlagen sie alle Warnungen der Einheimischen in den Wind. Die Strafe folgt auf dem Fuß: Laura muss ihre Lektion mit dem Leben bezahlen.

Nun, dies ist keineswegs die erste Horror-Story, in der sich die Vergangenheit rächt. Interessant ist an diesem Standardthema diesmal vor allem, wer für die Verbrechen in der Vergangenheit verantwortlich war. Es waren zwei Kreuzritter, die, entgegen ihrem religiösen Gelübde, sich sehr unchristlich aufführten, sobald sie wieder in die Heimat zurückgekehrt waren. Und Blutvergießen, das weiß jeder Horrorleser, muss stets gesühnt werden.

Die Einheimischen wissen, dass eine höhere Instanz die beiden Ritter gestraft hat, nicht nur indem sie ihr Haus niederbrannte, sondern auch durch das Untotsein. Die ruhelosen Gespenster kehren zu Halloween (das hier nicht am 31., sondern schon am 30.10. stattfindet) zurück in unsere Welt verrichten das, was sie schon zu Lebzeiten nicht lassen konten: Blutvergießen.

Jack und Laura sind selbst schuld: Sie hätten ess zu dieser Zeit wie ihre Haushälterin machen müssen und dem Unglück aus dem Weg gehen. Laura, die Gruselschriftstellerin, hat wenigstens ein Gespür für das Böse, doch ihr Mann, ein richtiger Bruder Leichtfuß, verfügt nicht über diesen sechsten Sinn. Erst als alles zu spät ist, zählt er zwei und zwei zusammen und fühlt sich alarmiert. Auch Dr. Kelly ist wie Jack und keinerlei Hilfe. Er vertritt praktisch den Hörer: Alles muss man ihm erklären und bis zur bitteren Erkenntnis glaubt er nichts.

Die Binnenhandlung

Laura liest ihrem Jack die erste Fassung ihrer neuen Gruselgeschichte „Die Macht der Dunkelheit“ vor und bereitet ihn (uns somit auch uns) auf das Grauen an Halloween vor. Nun sollte man erwarten können, dass diese titelgebende Geschichte in Zusammenhang mit der Rahmenhandlung um die beiden Gespensterritter steht. Diesen Zusammenhang zu sehen, ist indes nicht so einfach.

Das erste Generalthema ist die Dunkelheit oder vielmehr die Angst vor ihr: Ist diese Angst berechtigt oder nicht? In beiden Geschichten geht es darum, diese Lektion zu lernen. Laura ahnt, dass in der Dunkelheit der Kapelle das Böse lauert, doch Jack unterstützt sie darin nicht – und muss ein hohes Lehrgeld bezahlen. In Lauras neuer Erzählung geht es ebenfalls um einen Preis: Wer die Wette gewinnt, eine Nacht im stockfinsteren Wachsfigurenkabinett zu überstehen, gewinnt.

Vincent, Edwards Rivale um die Hand der schönen Rose, eines Pariser Malermodells, zählt darauf, dass die Lebensechtheit der Wachsfiguren Edward zusätzlich zur Dunkelheit abschrecken werde. Das sieht man die geköpfte Marie Antoinette unter der Guillotine, den im Bad gemeuchelten Revolutionär Marat und dergleichen weitere Nettigkeiten. Na, wenn das nicht für schlaflose Stunden sorgt, hofft Vincent. Doch am Schluss ist er der Dumme, als ihn eine der „Wachsfiguren“ mit seinem Namen anspricht! Er verfällt dem Wahnsinn.

Scheinleben

Das zweite Generalthema ist das Scheinleben. Der Anschein von Leben ist sowohl den Wachsfiguren des Musée Grévin als auch den Skulpturen der toten Ritter in ihrem dunklen Mausoleum verliehen. Aber gemäß Lovecraft gilt der Satz:“Das ist nicht tot, was ewig liegt.“ Und die beiden Ritter werden regelmäßig dann lebendig, wenn die Grenze zwischen dem Reich der Lebenden und dem Toten an Halloween durchlässig wird. Hier zeigt sich der alte keltische Glaube an die Samhain-Magie, die zur herbstlichen Tagundnachtgleiche wirke (genauso wie auch heidnischer Glaube an Hexen und Geister in der Walpurgisnacht überlebt hat, die in der Nähe der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche liegt).

Über Kunst

Die Autorin Edith Nesbit hebt in beiden Geschichten die Grenze bzw. Unterscheidung zwischen tot und lebendig bzw. vergangen und aktuell auf. Das erlaubt es ihr, neue Beziehungen zwischen den Figuren herzustellen und ihnen neue Bedeutung zu verleihen. Für das Künstlerpaar wird die blutige Vergangenheit ihrer neuen Heimat, die sie geflissentlich ignoriert haben, auf verhängnisvolle Weise lebendig.

Was sagt dies über ihre Kunst aus? Laura hat den Draht zum Bösen, wie ihre Geschichte beweist, Jack hingegen nicht. Ist die darstellende Kunst deswegen minderwertiger? Sicher nicht die alten Skulpturen. Vielleicht wollte die Autorin die Kunst der wilden Zwanziger kritisieren: ein Tanz auf dem Vulkan, der schon das Unheil leugnet, das die dreißiger und vierziger Jahre bringen werden, denn diese Ära verdrängt die Schrecken des gerade erst vergangenen Ersten Weltkriegs.

Der Preis

Dass dieser Tanz auf dem Vulkan den Anschein von Scheinleben haben kann, liegt auf der Hand. Figuren wie Jack und Dr. Kelly leugnen die Gefahr, denn für sie bleibt Totes für immer tot. Nicht für eine Künstlerin, die mit Symbolen hantiert, wie Laura es tut. In ihrem Wachsfigurenkabinett wird die Französische Revolution wieder lebendig und damit einhergehend deren schrecklichste Szenen (Guillotine, Marats Ermordung).

„Sie leben!“ ruft Vincent voll Entsetzen. Und genau das tun auch die untoten Ritter. Das Grauen ihrer Bluttaten korrespondiert auf der symbolischen Ebene mit dem der Revolution. Und in jedem Fall fordert das Grauen, nicht geleugnet zu werden. Denn der Preis dafür ist hoch: mal das Leben, mal die geistige Gesundheit. Es ist, als hätte Laura ihr eigenes Ende vorhergesehen … Und das ist nun wirklich gruselig.

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Sprecher

Die Sprecher von Lauara und Jack, dem Ich-Erzähler, schaffen es, einen Eindruck von der Harmonie zu vermitteln, die zwischen den beiden Ehepartnern herrscht. Mehr als einmal gelingt es ihnen, Komik und Humor ausgezeichnet zu vermitteln, so dass ich mich mehr als einmal amüsiert habe. Wenn Laura selbstironisch mit ihren Kochkünsten droht, sollte Jack eigentlich Reißaus nehmen.

Diese Komik lässt das sich nebelhaft anschleichende Unheil als umso härteren Kontrast erscheinen, die eheliche Harmonie erklärt aber auch, warum Jack seiner Frau den wahren Grund nicht zumuten will, aus dem die Haushälterin „Urlaub“ nimmt. Diese Lüge wird sich bitter rächen. Dr. Kelly ist auf einer Wellenlänge mit Jack und wahrlich keine Hilfe.

In der Binnenhandlung haben wir es ebenfalls mit einem Pärchen zu tun. Schon im Internat, als 17-jährige, ist es Edward, der sich vor der Dunkelheit und dem drohenden Erscheinen des Gespensts einer Nonne zu Vincent flüchtet. Das Wissen um diese Angst ist der Grund für Vincents Erwartung, dass Edward es im finsteren Wachsfigurenkabinett nicht aushalten werde. Vincent ist hinterhältig, die Boshaftigkeit und Eifersucht in Menschengestalt. Dass er am Ende der Dumme ist, wirkt sehr ironisch. Rose und Edward laufen in den Hafen der Ehe ein, und es ist, würden sie in Jack und Laura Wiederauferstehung feiern.

Alle Sprecher machten auf mich einen kompetenten Eindruck, insbesondere Brigitte Kollecker-Frank als Laura und Wolfgang Rüter als Jack. Den Part des Vincent zu sprechen, war indes die schwierigste Rolle, denn Vincent muss sich gegenüber seinem Freund verstellen und seine Eifersucht verbergen. Tim Schwarzmaier zeigt hier eine beeindruckende Leistung.

Geräusche

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem realistischen Spielfilm erwarten würde, und die Geräuschkulisse wird in manchen Szenen dicht und realistisch aufgebaut. Die anfängliche Szene an der Meeresküste von Kent ist von Möwen, Brandung und Schritten im Sand begleitet. Warum Jack aber so keucht, wollte mir nicht einleuchten: Ist die Lunge des Städters etwa verstopft?

Das Idyll kontrastiert mit der unheimlichen Szene in der Kapelle, in der die Abbilder der toten Ritter liegen. Dieser ort wird dreimal besucht – und jedes Mal ist er in wichtigen Details verändert. Der Hörer sollte darauf ebenso achten wie auf die sehr tiefen Bässe, die Unheil ankündigen.

Die Klänge in der Pariser Binnhandlung sind anfänglich heiter und fröhlich, als ein Zug mit allen dazugehörigen Geräuschen und unter begleitendem Applaus abfährt. Doch die Stimmung soll sich schon bald ändern, als sich die Szene in das Wachsfigurenkabinett verlagert. Streichhölzer werden eines nach dem anderen angezündet, bis das Grauen zuschlägt und die Szene in Schreien endet.

Musik

Die Musik entspricht der eines Scores für einen klassischen Spielfilm, also nicht zwangsläufig für einen Horrorstreifen. Klassische Instrumente wie Violine, Cello und Kontrabass werden manchmal von elektronisch erzeugten Effekten ergänzt. Der mal flotte, mal langsame Swing der Roaring Twenties steht in unbehaglichen Gegensatz zu der traurigen Piano-Musik, die am Anfang Trauer und Leid ausdrückt, und zu den unheimlichen Klängen, die an Halloween zu hören sind.

Im Pariser Kapitel erklingt ein Akkordeon, wie es Paris charakterisiert. Zwischen den beiden Epochen liegen nur rund 25 Jahre und doch eine ganze Welt im Hinblick auf die Befindlichkeit der Akteure. Im Hintergrund des Wachsfigurenkabinetts erklingt eine Art Jahrmarktsmusik. Merke: Hier gibt es Sensationen zu sehen!

Musik, Geräusche und Stimmen wurden so fein aufeinander abgestimmt, dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Dabei stehen die Dialoge natürlich immer im Vordergrund, damit der Hörer jede Silbe genau hören kann. An keiner Stelle wird der Dialog irgendwie verdeckt.

Das Booklet

Im Booklet sind die Titel des GRUSELKABINETTS verzeichnet sowie Werbung für Firu Askin zu finden. Die letzte Seite zählt sämtliche Mitwirkenden auf. Ein zweites Booklet listet sämtliche Titel von Titania Medien auf, und zwar auch alle Neuerscheinungen bis Mai 2012.

Hinweise auf die nächsten Hörspiele:

Nr. 74: E. Nesbit: Die Macht der Dunkelheit (04/12)
Nr. 75: Mary Fortune: Weiß (04/12)
Nr. 76: Bram Stoker: Das Teufelsloch (05/12)
Nr. 77: R. E. Howard: Das Feuer von Asshurbanipal (05/12)

Herbst 2013:

Nr. 78: Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle
Nr. 79: Lodoiska (nach Levent und Mayr)
Nr. 80+81: Lewis: Der Mönch 1+2
Nr. 82: Der Zombie
Nr. 83: Heimgesucht

Unterm Strich

Das Hörspiel weist, wie oben angedeutet, ein Geflecht von Beziehungen zwischen der Rahmen- und Binnenhandlung auf, das neue Bedeutungen erlaubt, die sich aus den Übereinstimmungen ergeben. Das erste Generalthema ist die Dunkelheit, die mal akzeptiert (Laura, Edward), mal geleugnet (Jack, Vincent) wird. Die Dunkelheit besteht nicht nur aus der Abwesenheit von Licht, sondern aus der fortdauernden Erinnerung an die Gräuel, die am jeweiligen Ort begangen wurden. In Kent waren es die Bluttaten der Ritter, in Paris die Französische Revolution. In beiden Fällen geht es um Herrschaft, leid und Vergeltung.

Das zweite Generalthema besteht im Scheinleben. Die Wachsfiguren erwachen in den Augen des entsetzten Vincent ebenso zu neuem Leben, wie es die beiden Ritter in ihrem Mausoleum in den Augen von Jack tun. Scheinleben ist nur eine andere Form der Weiterexistenz der Vergangenheit, die die Lebenden an sie erinnern soll.

Aber auch die Wilden Zwanziger führen eine Scheinexistenz, nämlich die zwischen zwei Weltkriegen. Welche Rolle kommt dabei der Kunst zu, fragt die Autorin. Sie lässt Laura als Alter Ego auftreten und mit der titelgebenden Erzählung Antwort erteilen: Wem gegeben ist, das Böse in der Dunkelheit zu spüren, der sollte diejenigen davor warnen, die dieses Gespür nicht haben – oder verleugnen.

Das Hörspiel:

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und bekannte Stimmen von Synchronsprechern und Theaterschauspielern einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis, das man sich mehrmals anhören sollte, um auch die Feinheiten mitzubekommen. Besonders gut gefielen mir jeweils die beiden zentralen Figuren. Jack und Laura bzw. ihre Sprecher erzeugen Komik und unbeschwerten Humor. Diese Harmonie ist in der Freundschaft der beiden Rivalen um Roses Hand gespiegelt. Beide Beziehungen enden nicht gut, und wie diese Korrespondenz herbeigeführt wird, verrät die Kunst des Drehbuchautors, der die beiden separaten Erzählungen zusammengeführt hat.

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert, und die Stimmen der Hollywoodstars vermitteln das richtige Kino-Feeling.

Wer jedoch mit Dramatik und Romantik absolut nichts am Hut hat, sich aber trotzdem zünftig gruseln will, der sollte zu härterer Kost greifen. Die Hörbücher der „Necroscope“-Reihe von Brian Lumley dürften dem Hörer eine ausreichend starke Dosis verabreichen. Leider hat LPL diese Reihe schon längst endgültig eingestellt.

Audio-CD mit ca. 74 Minuten Spieldauer
ISBN-13: 9783785748138

www.titania-medien.de