Gregory Benford – Durchs Meer der Sonnen (Contact-Zyklus 2)

Fünfzehn Jahre lang ist das Raumschiff „Lancer“ bereits unterwegs, um den Ursprung rätselhafter außerirdischer Signale ausfindig zu machen. An Bord bemühen sich Hunderte von Wissenschaftlern, das Puzzle zusammenzusetzen, das sich aus den eingehenden Daten ergibt – unter ihnen ein Mann, dessen Sinneswahrnehmung durch die Signale auf groteske Art und Weise verändert wurde. Niemand will mit ihm etwas zu tun haben, doch als die „Lancer“ plötzlich angegriffen wird, ist er die letzte Hoffnung… (Verlagsinfo)

Der Autor

Mit diesem Roman setzte der 1941 geborene Physikprofessor 1977 seinen CONTACT-Zyklus fort, den er 1977 mit „Im Meer der Nacht“ begann. Den Zyklus hat er fortgesetzt mit den übersetzten Bänden „Himmelsfluss“ (1987) und „Lichtgezeiten“ (1989, dt. 1994). Zwei weitere Bände schließen den Zyklus ab: „Im Herzen der Galaxis“ und „In leuchtender Unendlichkeit“ (letztere 2000 bei Heyne veröffentlicht).

Der CONTACT-Zyklus:

1) Im Meer der Nacht (1977)
2) Durchs Meer der Sonnen
3) Himmelsfluss (1987)
4) Lichtgezeiten (1989)
5) Im Herzen der Galaxis (1994)
6) In leuchtender Unendlichkeit (1995)

Vorgeschichte

Anno 1997 registrieren die Astronomen auf dem Kleinplaneten Ikarus, den sie seit 1949 kennen, einen rätselhaften Gasausbruch, die ihn auf Kollisionskurs zur Erde bringt. Astronauten sollen ihn 1999 mit H-Bomben sprengen, um die Gefahr abzuwenden. Doch sie machen die Entdeckung, dass es sich um ein getarntes, automatisch gesteuertes Raumschiff handelt. Nigel Walmsley, NASA-Astronaut, findet das Alien-Schiff im Mondkrater Mare Marginis. Im Augenblick der Sprengung setzt das Alien-Schiff einen Hilferuf ab – an wen? 15 Jahre später taucht ein Robotspäher im Sonnensystem auf…

Handlung

Nigel Walmsley befindet sich anno 2056 nach 15 Jahren interstellarem Raumflug an Bord des Raumschiffs „Lancer“. Er weiß nicht, was er hier soll, aber er ist ein Held, und als solcher renommiert man gern mit ihm. Außerdem haben die Psychologen herausgefunden, dass der Bordcomputer des „Marginis“-Schiffs etwas mit seinem Gehirn angestellt hat: Es ist viel leistungsfähiger als das durchschnittliche Gehirn. Leider hält der Rest seines Körpers nicht mit: Er muss regelmäßig Checkups und Blutwäschen über sich ergehen lassen. Seine japanische Freundin Nikka, die bei der Ikarus-Sache dabei war, unterstützt ihn nach Kräften. Mit der Biologin Carlotta ist das Liebestrio komplett.

Auf Isis

Auf dieser soliden seelischen Grundlage ist Nigel bereit, sich mit der Welt zu beschäftigen, die vor der „Lancer“ auftaucht. Es handelt sich im Grunde um eine unbedeutende Sonne der M-Klasse, aber von hier kommen seit 2021 rätselhafte Radiosendungen. Es sind nur Bruchstücke, und eines davon klang wie das englische Wort „Nil“. Daher wird die Sonne Ra genannt und ihr Planet Isis.

Beim Näherkommen müssen die Hunderte von Wissenschaftlern an Bord leider feststellen, dass es Isis böse erwischt hat. Überall speien Vulkane Lavaströme und giftigen Schwefel, ein Ringvulkan namens „Auge“ entfesselt regelmäßig rasende Stürme aus giftigen Elementen. Kurzum: Diese Welt sieht wenig vielversprechend aus. Aber wer sendet dann permanent?

Nigel beschäftigt sich zwar intensiv mit den Fundsendungen und findet auch heraus, dass es sich um eine Radio-Show aus dem Jahr 1956 handelt, doch das kann einen direkten Besuch auf der Oberfläche nicht ersetzen. Er setzt sich gegen die Opposition durch, die ihm auf der Managerebene entgegensteht, insbesondere gegen den Leitenden Manager Ted Landon, der den Ehrgeiz hat, Kapitän zu werden. In einem metallenen Anzug, einem „Gehzeug“, schaut er sich auf der Oberfläche.

Die Überraschung ist perfekt: Hier bewegen sich Höhlenbewohner, die vor allem aus Metall bestehen sich per Funk verständigen und im Mikrowellenbereich „sehen“. Sie formen die Funksignalquellen, als hätten sie eine besondere Botschaft. Mit seiner erweiterten Sinneswahrnehmung und erhöhten Denkgeschwindigkeit dekodiert Nigel die „Gesänge“ der EMs, wie er sie nennt: elektromagnetische Organismen. Sie singen von der Zeit vor etwa einer Million Jahren, als der Asteroidenregen begann, der die einst schöne, feuchte, grüne Isis in diesen Höllenpfuhl verwandelte. Doch das Bombardement war kein Zufall, sondern ein kriegerischer Akt….

Auf der Jagd

In einer Jagdexpedition gelingt es den Exobiologen, einen EM einzufangen, zu betäuben und an Bord zu bringen, um ihn zu sezieren. Doch was da wie tot auf dem Seziertisch liegt, erwacht plötzlich wieder zum Leben und tötet mit seinem elektromagnetischen Puls zwei Forscher. Der EM wird außer Gefecht gesetzt und untersucht. Es stellt sich heraus, dass sein Körper im Grunde eine lebende Batterie darstellt. Für deren Bestandteile ist er ständig auf Nahrungssuche, doch die Nahrung besteht aus Metallen und ähnlichen Chemikalien. So kann also das Leben auch aussehen, denkt Nigel. Man kann es nicht direkt organisch nennen, aber es ist zweifellos intelligent.

Wächter

Die Meldungen, die die „Lancer“ von der Erde über die nach allen Exoplaneten ausgesandten Sonden erhält, sind teils enttäuschend, teils warnend: Mehr als eine Sonde ist spurlos verschwunden, eine wurde zerstört und andere befinden sich gerade im Anflug. Aber überall finden die Sonden Monde über den bewohnbaren Welten. Nigel muss daran denken, wie seinerzeit eine Robotsonde nach dem Alien-Raumschiff Ausschau hielt. Seit 2046 wissen die Menschen über Maschinen-Intelligenzen Bescheid, die sie „Wächter“ nennen. Aber worin besteht ihr Zweck?

Die „Lancer“ fliegt weiter zur nächsten Welt: Ross 128. Noch mehr schlechte Nachrichten von Terra: Eine Invasion hat 2047 begonnen, in deren Verlauf Alien-Organismen, die man Schwärmer nennt, aus dem Ozean heraus Schiffe angreifen. Bis 2061 beherrschen die Schwärmer die Meere total und gehen an Land; nun tauchen Raumschiffe in der Erdumlaufbahn auf. (siehe dazu die Novelle „Schwärmer – Skimmer“). Diese Botschaften erhält die „Lancer“ erst so spät, weil sie sich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegt hat und sich die Zeit gedehnt hat.

Ross128

Über dem Planeten der Sonne Ross 128 zieht ein vereister Mond seine einsame Bahn. Nigel beschleicht ein sehr mulmiges Gefühl: Könnte sich in diesem Mond ein Wächter verbergen? Inzwischen ist er sehr alt und gebrechlich, und Ted Landon hat ihn praktisch kaltgestellt, obendrein hat sich Carlotta in einen Carlos verwandeln lassen. Das Leben ist voller Überraschungen, doch auch Nigel hat noch ein Ass im Ärmel: Mit Nikkas Hilfe und der „Überredung“ Carlos‘ erkundet er den arktischen Ozean auf diesem Mond, der wegen seiner Pockennarben flapsig „Pocks“ genannt wird. Seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten sich. Die „Lancer“ ist akut bedroht und ahnt nichts von der Gefahr…

Die ERDE. Exkursionen in das Jahr 2016

1) Die Invasion

Die Erde sieht sich seit 2027 einer außerirdischen Invasion der besonderen Art ausgesetzt. Die Aliens kommen nicht aufs Land, sondern breiten sich in den Ozeanen aus. Dort greifen sie zunächst nur Fischkutter an, deren Verschwinden niemanden aufregt. Doch als die ersten Handelsschiffe erst SOS senden und dann von den Radarschirmen verschwinden, breitet sich Sorge aus. Man beginnt, die Wesen „Schwärmer“ zu nennen, weil sie nur noch in Schwärmen auftreten, wenn sie ein Schiff überfallen, mit quallenartigen Nesselsträngen umschlingen und sich durch die Stahlhülle nagen. Während das Schiff untergeht, springen die Menschen über Bord, wo sie schnell willkommene Beute der Schwärmer werden. Als selbst Riesentanker Beute der Aliens werden, kommt alle Schifffahrt zum Erliegen, was eine schwere Wirtschaftskrise auslöst.

2) Überlebende

Kaum noch traut sich aufs Meer hinaus, doch Warren ist Maschinist und wagt sich an Bord der „Manamix“, deren Stahlplatten extra verstärkt worden sind. Von Japan aus geht die Fahrt in den Pazifik Richtung Hawaii. Der Überfall der Schwärmer folgt schnell und effektiv: Nach einer halben Stunde sinkt das Schiff. Warren stellt sich im Wasser, was ihn rettet, bis er ein Rettungsboot erreicht. Es erweist sich als leckgeschlagen. Er nimmt eine der Journalistinnen auf, und Rosa erweist sich als nützlich beim Bau eines Floßes, mit denen sie sich davonmachen können.

Schon nach wenigen Tagen ist der aus dem Rettungsboot geborgene Wasservorrat verbraucht, was Rosa zur Verzweiflung treibt und Warren umso mehr zwingt, seinen trägen Grips anzustrengen. Mit Verdunstung gelingt es ihm, pro Tag einen Schluck Süßwasser zu erzeugen. Rosa lästert, was für ein lausiger Seemann er doch sei. Aber die Schwärmer haben ihn nicht vergessen. Warren erkennt seine Chance: Während Rosa sein Hemd wie eine Muleta als Köder schwenkt, feuert er auf den emportauchenden Schwärmer einen Pfeil ab, dessen Spitze aus einem Nagel besteht. Das Tier an Bord zu hieven und mit dem Messer abzustechen, ist eins. Sofort fängt er die gelbe Flüssigkeit, die hervorquillt, in einer Dose auf – die ihm Rosa prompt aus der Hand schlägt. Sie hält so etwas für eklig. Warren schlägt sie nieder und trinkt weiter. Schließlich schließt sie sich seinem Beispiel an.

3) Schneller / Skimmer

Viele Tage unter sengender Sonne später taucht eine andere Art von Aliens auf, die Warren schon mal beobachtet hat: Schneller. (im Original: Skimmer = Scherenschnabel) Sie springen aus der Wasseroberfläche, segeln mit ausgebreiteten Vorder- und Hinterflossen übers Meer und tauchen wieder ein. Womit Warren nicht gerechnet: Sie überbringen ihm Botschaften. Das Material ist unzerstörbar und der Text schwer zu entziffern, als wäre es ein Geheimcode. Doch Warren kann deutsche, englische und japanische Wörter erkennen. Immer wieder wird er nach WSW (West-Süd-West) gewiesen, ein Kreis aus Steinen wird erwähnt und eine Warnung ausgesprochen.

4) Chinesen

Eine Insel taucht auf, an deren weißen Stränden sich seltsame Wesen wälzen. Rosa schlägt seine Warnung in den Wind, schnappt sich ein Brett und surft über das Riff, das die Lagune schützt. Während er weitersegelt, hört er sie aufschreien. Mehr Botschaften von den Schnellern, dann endlich wieder eine Insel: Hier lebt der ebenfalls schiffbrüchige Chinese Gijan. Gijan ist ein gewöhnungsbedürftiger Zeitgenosse: Er versteht kein Englisch, betäubt Fische mit Pistolenschüssen, verzehrt seine Beute aber roh, weil er offenbar nicht versteht, Feuer zu machen. Warren schafft es, sowohl Feuer zu machen, als auch eine Wasserdestille in Gang zu bringen. Einzige Sorge: Die Kokosnüsse werden höchstens einen Monat reichen.

5) Das Buch Genesis

Die Schneller kennen die Insel und haben Warren schnell gefunden. Sie beginnen, mit ihm Botschaften auszutauschen. Nach ein paar Wochen ist er in der Lage, ihre komplette „Genesis“ niederzuschreiben, wonach die Schwärmer die entartete jüngere Generation der Schneller darstellt. An diesem Punkt zeigt Gijan endlich sein wahres Gesicht. Als Warren erneut zum Fischen hinausfahren will, hebt er die Pistole und sagt in deutlichem Englisch: „Das wird nicht nötig sein.“

Über seinem Kopf hört Warren, wie sich das unheilvolle Dröhnen von Flugzeugmotoren seiner Insel nähert…

Mein Eindruck

Dieser oberflächliche Handlungsabriss entwirft die Grundlage für eine Vielfalt von Konflikten, in denen die Menschheit und die „Lancer“-Wissenschaftler verwickelt werden. Es sieht ganz danach aus, liest Walmsley, als würde die Erde unter der doppelten Invasion der Schwärmer und der Roboter von den Raumschiffen zusammenbrechen und jeden Widerstand aufgeben. Nur die Skimmer, mit denen sich Warren angefreundet hat, und die wenigen Überlebenden scheinen den Invasionen etwas entgegensetzen zu können. Wie weit ihr Widerstandskampf Erfolg hat, muss der dritte Band „Himmelsfluss“ erzählen. Wer die entsprechende Chronologie in Band 6 vorher schon liest, ist ein Schummler.

In jedem Band des CONTACT-Zyklus geht es um die Konflikte, die mit dem Kontakt zwischen organischem und anorganischem Leben verbunden sind. Werden die Maschinenintelligenzen den Menschen ablösen, fragt sich Walmsley bang. Doch auf der Odyssee der „Lancer“ findet er Hinweise, dass das organische Leben Wege gefunden hat, sich den Vernichtungsangriffen durch die Mechanischen zu entziehen. Die Tiefsee des Pocks-Mondes ist ein Zufluchtsort, in dessen Kuppel sich die Isis-Überlebenden verborgen halten. Sie werden von einem Wächter der Mechanischen belauert, der scheinbar tot abwartet, ob sich etwa intelligentes Leben hervorwagt – das es auszutilgen gilt.

Doch auf Isis, der Höllenwelt, hat Nigel eine weitere Methode vorgefunden, wie sich organisches Leben der Vernichtung entziehen kann: Indem sich die Isis-Eingeborenen selbst einer raschen Evolution binnen einer Million Jahren unterzogen, haben sie sich derart gut getarnt, dass keine Mechano-Wächter sie mehr angreifen. Sie sind lebende Batterien, eingehüllt in Metallpanzer, ausgestattet mit Augen, die im Mikrowellenbereich „Sehen“, und auf dem Gigahertz-Band funken, bis ihre „Gesänge“ die Erde erreichen. Sie liefern Nigel ein Buch Genesis, so wie Warren es von den Schnellern erhält. Beide Dokumente berichten von Überleben durch Verwandlung.

Der Aufbau des Buches

Wie schon an dem Auftaktband „Im Meer der Nacht“ zu beobachten (siehe meinen Bericht), sah sich der Autor genötigt, zwei Handlungsstränge parallel zu führen: die Geschehnisse auf der „Lancer“ anno 2056ff und die auf der Erde im Jahr 2061. Das Ergebnis ist die Integration der Novelle „Schwärmer – Skimmer“ aus dem Jahr 1981, die unter dem Titel „Schwärmer – Schneller“ in dem Band „Die schönsten Science Fiction Stories 2“ bei Heyne veröffentlicht wurde.

In Teilstücken von 20-30 Seiten entführt sie den Leser in ein Robinson-Crusoe-Szenario, das am Schluss unvermittelt in ein Holocaust-Szenario umschlägt: die Atomächte wollen das Geheimnis der Schwärmer jede für sich haben. Um die sich anbahnende Gefahr zu schildern, habe ich die Handlung der Novelle etwas detaillierter nacherzählt.

Des Helden Privatleben

Damit der Leser an den Erfahrungen und Erkenntnissen des Helden teilhaben kann, muss ihn der Autor ins Herz dieser Hauptfigur blicken lassen. Nigel Walmsley ist kein Standardmensch mehr, sondern mit erweiterten Fähigkeiten ausgestattet. Er sieht die gefährliche Entwicklung auf Isis ebenso voraus, wie die auf dem Mond Pocks. Das macht die Beschäftigung so interessant.

Aber er ist natürlich auch ein sehr alter Mann. Während er deswegen dauernd unterschätzt und kritisiert wird, findet er in Nikka und der Freundin Carlotta/Carlos Unterstützung, um die Beschränkungen, die ihm Ted Landon auferlegt, zu unterlaufen, zu umgehen und außer Kraft zu setzen. Im letzten Viertel ersteht Nigel sogar quasi von den Toten auf, denn Landon hat ihm alle Sinneswahrnehmungen genommen – ganz schön fies.

Humor

Nigels Erleben und Widerstand ist aber auch eine ständige Quelle der Erheiterung für den Leser. Aber was 1984 noch als innovativ oder „abartig“ galt, ist heute gang und gäbe: Geschlechtsumwandlung beispielsweise. Dieser Vorgang war aber schon damals in der Science Fiction nichts Neues mehr, denn Altmeister Robert A. Heinlein hatte in seinem Alterswerk (spätestens ab „Die Zahl des Tiers“ und in der Story „By His Bootstraps“) Geschlechtsumwandlungen als normalen Vorgang geschildert – mit recht grotesken Folgen. Diese Folgen bekommt Nigel nun am eigenen Leib zu spüren, mit recht witzigen Aspekten und Bemerkungen.

Die Übersetzung

Der Übersetzer Gottfried Feidel hat sich wirklich angestrengt, aus dem Technokraten- und Physiker-Englisch der Vorlage eine gut lesbare, deutsch klingende Erzählung zu gestalten. Besonders die Dialoge aus den Kommunikationskanälen (die FETT gedruckt sind und keine Endpunkte aufweisen) sind in schöner Umgangssprache wiedergegeben. Ausrufe wie „Jesmarijosef!“ (sic) verraten eine süddeutsche Herkunft des Übersetzers.

Zum Glück muss man lange suchen, bis man auf Fehler und Zweifelsfälle stößt – hier war offenbar ein Korrektor am Werk. (Ich habe natürlich die Schwärmer-Novelle nicht noch einmal gelesen, so dass sich hier unentdeckte Fehler finden lassen könnten.)

S. 118: „bot er den beiden F[r]auen die Möglichkeit…“ Das R fehlt.

S. 277: „berüh[r]te die Tafel wie von ungefähr…“ Das R fehlt schon wieder.

S. 308: Hier scheint eine unbemerkte Verwechslung vorzuliegen!

„War es vielleicht dieser Umstand, der die beiden Wächter auf den Gedanken gebracht hatte, die Wächter als eine protomechanische Gesellschaft zu betrachten?“ Der Satz ergibt wenig Sinn, denn die Wächter denken als Maschinenintelligenzen nicht über sich selbst nach, sondern über die Lebensformen, die sie bewachen. Das sind in diesem Fall die auf Isis dominanten EMs. Ersetzt man das 2. Wort „Wächter“ durch „EMs“, ergibt der Satz einen Sinn. Siehe dazu meine obigen Ausführungen.

S. 377: „Ab[e]gesehen von…“ Das E ist überflüssig.

S. 379: Schon wieder eine Verwechslung.
>>“Es wird jetzt alles besser werden“, sagte sie impulsiv. „Ich bin sicher, dass ich es geschafft habe.“
Woraufhin Nikka antwortet: „Ja“, sagte sie und legte die Arme um ihn, „ja, natürlich.“
(Woraufhin er denkt:) Er sah dass sie nicht so recht daran glaubte. <<
In diesem Dialog ergibt das erste „sie“ erst dann einen Sinn, wenn man es durch „er“ ersetzt.

S. 458: Schlechter Still und falsche Wörter finden sich in diesem Satz: „wie seinerzeit im vorgeschriebenen Afrika, aus dem seinerzeit die Primaten hervorgingen.“ Mal vom doppelten „seinerzeit“ abgesehen, so dürfte „vorgeschriebenen Afrika“ erst dann einen Sinn ergeben, wenn man es – angesichts der Primaten – zu einem „vorgeschichtlichen Afrika“ macht.

S. 466: „Seine Stimme[r] versagte…“ Das R ist hier überflüssig.

BONUS

Dieser Band enthält – zumindest in der Erstauflage von 1985 – eine wertvolle und nützliche Sternenkarte, auf der die im Text erwähnten Sterne und ihre Exoplaneten eingetragen sind: Es sind die erdnächsten Sterne, so etwa Alpha Centauri, Tau Ceti und Prokyon, bis hin zu Epsilon Eridani. In den letzten 30 Jahren wurde aber hunderte, wenn nicht sogar tausende von Exoplaneten entdeckt, die hier nicht erfasst sind.

Anders als in der Erstauflage von „Im Meer der Nacht“ enthält die hier besprochene Erstauflage von „Durchs Meer der Sonnen“ keine Illustrationen.

Unterm Strich

Dieser zweite Band des sechsbändigen CONTACT-Zyklus bringt die Serie der Ereignisse auf Erde und „Lancer“ richtig gut voran. Während die von Nigel erzählten Geschehnisse auf der „Lancer“, auf Isis und Pocks mitunter hohe Ansprüche an den naturwissenschaftlichen Wissensstand des Lesers stellen, wirken die von Warren, dem Seemann, erzählten Passagen, die auf der Erde des Jahres 2061 spielen, wie wahre Verschnaufpausen. Wer „Robinson Crusoe“ oder „Die Schatzinsel“ gelesen hat, kommt hier gut klar. Dennoch sind sie spannend, denn sie bieten dem Leser ein kognitives Rätsel: Was verbirgt sich hinter der Invasion der Schwärmer?

Man bekommt also ein gut konstruiertes, aber recht unterschiedliches Buch geboten. Nach einer Weile merkt man aber, dass Warren und Nigel ein sehr ähnliches Schicksal teilen: Während Nigel dem Rätsel der Wächter auf den Grund gehen will, lernt Warren auf der Erde, zwischen den menschenfeindlichen Schwärmern und den freundlichen Schnellern / Skimmern zu unterscheiden. Beide schauen in die Vergangenheit, um die nahe Zukunft erkennen zu können.

Wer jemals fremde Welten erkunden wollte, kommt mit Nigel auf seine Kosten. Aber er ist kein Superheld, sondern ein alter Mann, den fast alle hassen und kaltstellen wollen. Doch während Nigel allen ein Schnippchen schlägt, wird den hochmütigen Besserwissern ihr vorschnelles Handeln zum Verhängnis.

Die Übersetzung hat mir gut gefallen, außer an den Stellen, an denen Sprecher verwechselt werden – siehe oben. Das führt zu Punktabzug. Ob diese Fehler in späteren Auflagen beseitigt wurden, wage ich zu bezweifeln.

Taschenbuch: 480 Seiten
Info: Across the Sea of Suns, 1984
Aus dem US-Englischen übertragen von Gottfried Feidel
www.heyne.de

Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)