H.H. Ewers & Leonard Langheinrich-Anthos – Der Student von Prag (Gruselkabinett Folge 175)


Der Teufelspakt eines Spielers

Prag 1820. Der lebenshungrige Student Balduin träumt von seinem gesellschaftlichen Aufstieg und einer Liaison mit der Komtesse Margit. Auf das Angebot des ominösen Scapinelli, ihm hunderttausend Gulden gegen einen Gegenstand in Balduins Studierstube zu überlassen, geht dieser leichten Herzens ein. Zu spät merkt Balduin, dass er dem Teufel persönlich sein Spiegelbild verkauft hat, und dieses jetzt ein todbringendes Eigenleben führt… (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 14 Jahren. Die Reihe Gruselkabinett wurde bereits mit dem HörKules, dem Hörspiel-Award, dem Vincent-Preis, dem Nyctalus, dem Ohrkanus und dem Deutschen Phantastik-Preis ausgezeichnet.

Die Autoren

Hanns Heinz Ewers (1871-1943) begann ab 1901 zu veröffentlichen, zunächst Gedichte, dann Erzählungen, schließlich drei Romane, die ihn berühmt machten: „Der Zauberlehrling“ (1907), „Alraune“ (1911) und „Vampir“ (1921). Der mittlere Band dieser Frank-Braun-Trilogie, „Alraune“, wurde bis 1952 nicht weniger als fünf Mal verfilmt: erotisch, magisch, verführerisch. 1911 wurde der Roman sogleich von der Kirche verboten und infolgedessen umso populärer:

Doch alle drei Frank-Braun-Romane, so die „Encyclopedia of Fantasy“, propagieren die Minderwertigkeit der nicht-teutonischen Rassen. Das ist wenig sympathisch. Ewers war Mitglied der NSdAP, wurde aber als Judensympathisant denunziert, so dass er vor Ausbruch des 2. Weltkriegs emigrieren musste. Er starb 1943 in den USA.

Der Text von „Der Student von Prag“ folgt der Erzählung von Leonard Langheinrich-Anthos (1890-1944) und dem Film von Hanns Heinz Ewers (1871-1943). (Verlagsinfo) Mehr Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Student_von_Prag_(1913).

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Rollen und ihre Sprecher:

Balduin/Spiegelbild: Tim Schwarzmaier
Komtesse Margit: Sigrid Burkholder
Lyduschka: Janina Sachau
Scapinelli: Willi Röbke
Graf Schwarzenberg: Horst Naumann
Baron Waldis Schwarzenberg: Nicolas König
Von Dahl: Patrick Bach
Zavrel: Jonas Minthe
Fax: Bernd Kreibich
Bozena: Beate Gerlach
Diener: Marc Gruppe
Kapellenbesucher: Dana Fischer, Silke Horvath, Marc Gruppe
Erzähler: Peter Weis.

Die Macher

Regie führten die Produzenten Marc Gruppe und Stephan Bosenius. Die Aufnahmen fanden bei Titania Medien Studio, im scenario tonstudio, bei Advertunes und in den Planet Earth Studios statt. Die Illustration trug Ralf Nievelstein bei.

Handlung

Auf dem Grabstein steht „Balduin, der beste Fechter von Prag“ und seine Lebensdaten: 1798 bis 1820. Der Besucher erinnert sich…

Balduin ist ein armer, aber ehrgeiziger Student. Im Labyrinth der Gassen in der Altstadt trinkt er mit seinen Kumpanen gerne mal einen über den Durst. Im schönen Monat Mai kümmern sich die Wirtin Bozena und die junge Lyduschka um den Nachschub an durstlöschenden Alkoholika. Von Dahl baggert die junge Frau an, doch sie beißt ihm in den Arm, bis Balduin sie beschützt. Von Dahl geht, aber Lyduschka bleibt, denn sie liebt ihn. Schade, dass er wieder mal Trübsal bläst, weil er so hohe Schulden hat.

Erste Begegnung

Da hält eine Kutsche vor dem Wirtshaus, ein seltsamer, aber reich gekleideter Mann steigt aus. Das Männlein trägt einen Zylinderhut und führt einen Krückstock mit einem sonderbaren Knauf. Es ist der Wucherer Scapinelli, sagt die Wirtin Bozena, denn sie hat ihn gleich erkannt. Der Fremde macht sich an Balduin heran, dem er ein Angebot macht, um ihn aufzuheitern. Aber was hat Scapinelli schon anzubieten? Es käme auf eine Demonstration an, meint Balduin.

Der Rivale

Gesagt, getan. Der Alte nimmt Balduin mit auf eine Kutschfahrt in die Wälder, die dem Grafen Schwarzenberg gehören. Dort findet gerade eine Eberjagd statt, und Hörner erklingen. Da reitet auch Komtesse Margit, die einmal den Reichtum des Grafen erben wird. Nach ihr steht Balduins Sinn. Als ihr das Pferd durchgeht, greift er hilfreich ein und heimst reichlich Dank ein. Nur Margits Verlobter, Baron Waldis Schwarzenberg, ist nicht begeistert. Zum Abschied erhält Balduin eine Einladung aufs Schloss und ein Medaillon von der Komtesse. Doch auch bei diesem Besuch wird Balduin von Waldis ausgestochen, der einen viel größeren Blumenstrauß aufbietet, um Margit zu beeindrucken.

Der Verkauf

Balduin ist frustriert, und so hat Scapinelli bei seinem nächsten Besuch leichtes Spiel. Beide stellen sich vor einen großen Spiegel, und darin zeigt sich ein viel attraktiverer Balduin. Scapinelli bietet ihm 100.000 Gulden, beispielsweise für das Spiegelbild. Was man mit dieser Summe alles anstellen könnte! Der Alte hat den Vertrag, der mit roter Tinte unterzeichnet werden muss, schon fix und fertig mitgebracht. Gleich darauf klingeln die Münzen in einem Beutel, den er Balduin reicht. Der Alte beschwört das Spiegelbild, das fortan nur auf ihn hört. „Steig heraus!“, befiehlt er, und das Spiegelbild steigt aus dem Spiegel und folgt dem Alten die Treppe hinunter. Balduin starrt den ungewohnt leeren Spiegel an, und er schaudert. Doch er sagt sich: „Weg mit der Vergangenheit!“

Feiern mit Hindernissen

Balduin legt sich ein feudales Stadtschloss zu, um darin mit Lyduschka zu leben und dort seine Freunde Fax und von Dahl mit seinem Prunk zu beeindrucken. Auf dem Fest des Statthalters sieht er den Grafen und Margit wieder, doch ein großer Spiegel hindert ihn daran, sich zu ihnen zu gesellen: Seine Andersartigkeit würde sofort auffallen. Aber Margit ist ihm immer noch zugetan und vereinbart ein heimliches Stelldichein. Doch in der Mondnacht erblickt er zum ersten Mal seinen Doppelgänger: sein Spiegelbild. Es erfüllt ihn mit Schrecken, besonders als es einfach in eine Wand geht und darin verschwindet.

Die Zigeunerin schleicht Balduin und Margit bei ihrem Rendezvous hinterher bis ins Schloss. Dort werden die beiden Verliebten von Waldis getadelt, und Margit muss allein auf ihr Zimmer. In ihrer Hand hält sie eine Einladung von Balduin. Als sie sich auf dem uralten jüdischen Friedhof unter den Trauerweiden treffen, erspäht Balduin den Blick eines Beobachters. Als er fortgeht um nachzuschauen, stellt sich sein Doppelgänger kurz Margit vor, die erschauert. Als Balduin zurückkehrt, fürchtet sie sich ein wenig vor ihm.

Intrige

Am nächsten Tag bringt Lyduschka das, was sie gestohlen hat, zu Baron Waldis: eine Anstecknadel, eine Einladung, ein Tuch. Dass Margit , seine Verlobte, eine Affäre hat, ist offensichtlich. Als er Balduin das nächste Mal begegnet, peitscht er ihm wütend ins Gesicht und fordert ihm zum Duell. Waldis unterrichtet den Grafen davon, doch der wendet sich an Balduin: „Verschont das Leben des Barons!“, denn er weiß, dass Balduin der beste Fechter der Stadt ist. Balduin verspricht es, doch er hat nicht mit seinem Doppelgänger gerechnet.

Balduin kommt wegen eines gebrochenen Kutschenrades zu spät zum Duell und findet seinen Duellgegner bereits getötet. Entgegen seiner Zusage trat Balduins Spiegelbild für ihn an und war siegreich. Durch diesen Wortbruch entehrt, verliert Balduin Margits Liebe, seine gesellschaftliche Achtung und wird gemieden. Die Uni relegiert ihn, denn Duelle sind verboten. Nur in den sinnlichen Armen Lyduschkas, die ihn nun dank ihrer Intrige ganz für sich hat, findet er Vergessen.

Doch als er bei ihr Margits Medaillon entdeckt, wird er wütend. Das macht ihr nichts, und als sie sich nackt vor dem Spiegel im Schlafzimmer dreht, trägt sie das Symbol seiner verlorenen Liebe. Als er sich auf sie stürzt, ist sein Spiegelbild nicht zu sehen! Die Zigeunerin bekreuzigt sich und nennt ihn einen Diener des Teufels.

Höllenfahrt

Indes ist sein Spiegelbild noch längst fertig mit ihm. Er wird von seinem „anderen Ich“ verfolgt, verliert im Kartenspiel gegen ihn und wird schließlich nachts zu einer Kapelle geführt. Dies muss bestimmt ein Traum sein, denkt Balduin, aber die alte Kapelle mit dem eisernen Tor und den gewundenen Säulen wirkt sehr real. Sie ist innen größer als außen und hier sieht er, dass eine Sektengruppe ein blutiges Ritual vorbereitet: Eine Ziege soll geopfert werden. Der Sektenführer ist Scapinelli selbst. Er bricht einer Taube, dem Symbol des Gottespaktes, das Genick. Er erblickt Margit, wie sie traurig am Chorgestühl steht. Jemand packt sie und führt sie in die orgiastische Gruppe. Als Balduin aus der Kapelle taumelt, verschwindet das Gebäude.

Ein letztes Duell

Er eilt zu Margit, um sie heimlich im Schloss zu besuchen. Es erzählt ihr seine Geschichte, um sie für sich zurückzugewinnen, doch der Andere pfuscht ihm auch diesmal ins Handwerk. Margit verstummt – für immer. Zurück in seinem Domizil setzt er sein Testament auf und wartet auf den Anderen. Er schießt schließlich in seiner Verzweiflung auf seinen Doppelgänger, doch das Blut, das fließt, ist sein eigenes…

Mein Eindruck

Man merkt, dass der Autor von den Symbolisten Charles Baudelaire und Theophile Gautier sowie von Joris Huysmans beeinflusst war. Der Einfluss der deutschen Romantik ist aber ebenso deutlich zu sehen. E.T.A. Hoffmann ließ in seinem Roman „Die Elixiere des Teufels“ seinen Bruder Medardus einen Doppelgänger bekämpfen. Und Adalbert von Chamisso ist bis heute am bekanntesten für seinen schmal Roman, der das sonderbare Schicksal des Peter Schlemihl schildert, der dem Teufel seinen Schatten verkauft hat.

(Es gibt dazu ein erschwingliches Reclam-Heft, das sich bestens für den Deutschunterricht eignet. Hoffmanns Roman ist hingegen ein ganz anderes Kaliber und wenig für Jugendliche geeignet – er ist eine Abwandlung des Schauerromans „Der Mönch“ von Lewis. Vom „Mönch“ gibt es eine mitreißende Hörspielinszenierung bei Titania Medien.)

Der Stoff der vorliegenden Geschichte hat eine kuriose Entstehungsgeschichte erlebt, die man am besten in der Wikipedia nachliest. Der Name des Studenten Balduin ist eine Hommage von Hanns Heinz Ewers an seinen bereits 1905 verstorbenen Freund, den Schriftsteller Balduin Möllhausen. Bereits 1914 wurde die erste Verfilmung von „Der Student von Prag“ (1913) in der Regie von Emil Albes unter dem Titel „Der andere – Student von Prag“ parodiert.

Die Geschichte wurde 1926 von Henrik Galeen unter Mitarbeit von Ewers als Stummfilm (mit Conrad Veidt in der Hauptrolle) und 1935 unautorisiert von Arthur Robison als Tonfilm neu verfilmt. Auf Basis der Verfilmungen von 1913 und 1926 wurde der Stoff von Leonard Langheinrich-Anthos als Erzählung und von Heinrich Noeren als Musikdrama bearbeitet, beides 1930 von Ewers herausgegeben. Man sieht also, dass die Genese rund 20 Jahre gedauert hat, bis sie die im Hörspiel gebotene Form erreichte.

Die Elemente der Romantik werden hier durch die Mittel des Expressionismus ins Extreme getrieben. Balduin geht, wie schon Peter Schlemihl und ein gewisser Johann Faust, einen Pakt mit dem Teufel ein. Mit dem Teufelsgold gelingt ihm zwar der Aufstieg und eine Affäre mit der geliebten Margit, doch er hat zwei Faktoren übersehen: Sein Spiegelbild-Doppelgänger kann durch Wände gehen und Lyduschka fädelt erfolgreich eine Intrige ein, um die Rivalin Margit auszustechen und selbst in Balduins Bett zu gelangen. Nun ist die unheilige Dreifaltigkeit vollständig: der Teufel, der Doppelgänger und das Inbild der Lust.

Gruseliger Höhepunkt der Handlung ist folgerichtig Balduins Höllenfahrt. Mitansehen zu müssen, wie Scapinelli, der Teufel, Margit verführt und zum Teil einer Orgie macht, in der sie missbraucht wird, bricht Balduins letzten Widerstand. Er will den Widersacher töten, doch er hat eines nicht bedacht: Der Doppelgänger – das ist er selbst. Spätestens an diesem Punkt wird klar, dass diese Geschichte auch viel mit Stevensons Story „Dr. Jekyll and Mister Hyde“ zu tun hat.

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Sprecher

Balduin bzw. dessen unheimliches Spiegelbild werden von Tim Schwarzmaier, wobei es ihm gelingt, aus Balduin mal den Naiven, dann der Frechen und schließlich den Verzweifelten zu gestalten, aus dem Spiegelbild aber stets etwas ganz anderes. Es röchelt tierhaft, geht stets einher mit unheimlicher Musik und tut Dinge, die der „brave“ Balduin nie getan hätte (wirklich?).

Sigrid Burkholder spricht die holde Komtesse Margit, die aber nächtlichen Stelldicheins gar nicht so abhold ist, wie man meinen würde. Janina Sachau stellt die lüsterne, verschlagene Zigeunerin (Roma oder Sinti wird nie geklärt) dar. Sie ist es, die Balduin als Teufelsdiener entlarvt.

Der teuflische Wucherer Scapinelli wird von Willi Röbke kongenial, aber nie übertrieben gesprochen. Graf Schwarzenberg ist die Rechtschaffenheit in Person, wenn er von Horst Naumann gesprochen wird.
Nicolas König spricht den nicht ganz rechtschaffenen, sondern ziemlich ehrpusseligen Baron Waldis Schwarzenberg, den ein wenig ehrenvolles Schicksal ereilt.

Patrick Bach, Jonas Minthe und Bernd Kreibich sprechen Balduins drei Studienfreunde Von Dahl, Zavrel und Fax. Sie haben mit der Handlung nichts zu tun, sondern illustrieren Balduins Veränderung. Die tschechische Wirtin Bozena wird von Beate Gerlach mit recht tiefer Stimme gesprochen. Aus ihr spricht Erfahrung – und Vorahnung. Lyduschka ist eine ihrer sexy Kellnerinnen.

Geräusche

Eine große Vielfalt von Geräuschen verwöhnt das Ohr des Zuhörers. Der Eindruck einer real erlebten Szene entsteht in der Regel immer. Kaminfeuer, Tassen und Flaschen, Kutschengeräusche, Hufgetrappel, nächtliche Naturgeräusche, Kirchenglocken – all diese Samples setzt die Tonregie zur Genüge ein, um einer Szene eine Fülle von realistisch klingenden Geräuschen in Interieurs wie Exterieurs zu vermitteln.

Die Musik

Von einem Score im klassischen Sinn kann keine Rede mehr sein. Hintergrundmusik dient nur dazu, eine düstere oder angespannte Stimmung zu erzeugen, und zwar nur dort, wo sie gebraucht wird. Ein schönes Beispiel ist die Ballszene im Schloss, die mit barocker Musik – anno 1820?! – einsetzt und alsbald aus dem Ruder läuft.

Mit der sich entwickelnden Handlung steigert sich die romantisch-bizarre Stimmung kontrastreich von Szene zu Szene, bis sie nach dem tödlichen Duell und Balduins Enttarnung als Teufelsdiener in einem gruseligen Hexensabbat in der Kapelle gipfelt. Danach kann es nur noch ein blutiges Finale geben, in dem ein folgenschwerer Schuss fällt.

Die Moldau

Dass die gesamte Handlung von Smetanas Sinfonie „Die Moldau“ eingerahmt wird, möchte ich dem Leser nicht vorenthalten. Die bekannten Kadenzen des Klassikers versetzen den Hörer sogleich an den passenden Schauplatz, nämlich die alte Kaiserstadt Prag (hier trieb nicht nur der Golem sein Unwesen, sondern Kaiser Rudolf experimentierte mit allerlei verbotenen Dingen).

Wer den im Stück erwähnten jüdischen Friedhof nicht selbst mit eigenen Augen gesehen hat, der war nie in Prag. Dieses Fleckchen Erde ist der passende Schauplatz für die Eingangsszene und das Ende, als Scapinelli lachend die mahnende Grabinschrift zitiert:

„Bete für sein Seelenheil, Wanderer! Mit dem Bösen hat er gespielt, und er verlor sein Spiel.“

Das Booklet

Das Titelmotiv von Ralf Nievelstein zeigt drei Hauptmotive der Erzählung, nämlich die titelgebende Figur, ihr Spiegelbild und im grünlichen Hintergrund der Teufel in Gestalt des Scapinelli. Die Grenzüberschreitung findet sich in der Hand des Spiegelbilds, die den Rahmen des „Spiegels“ ergreift und so die Ebene, in der Balduin existiert, erreicht.

Im Booklet sind die zahlreichen Titel des GRUSELKABINETTS ab Herbst 2022 verzeichnet. Die letzte Seite zählt sämtliche Mitwirkenden auf.

Folge 176: Das Lächeln des Toten
177: Furia Infernalis
178: Das unheimliche Turmzimmer
179: Der Fall Medhans Lea – Flaxman Low 3
180: Das unbewohnte Haus
181: Das gefährlichste Spiel der Welt
182: Sarahs Grabmal
183: Die andere Seite
184: Das Haar der Sklavin

Unterm Strich

Schon wieder ein Teufelspakt, der schiefgeht! Wenn man aber auch naiv und arrogant an die knifflige Sache herangeht wie Balduin, hat man es nicht besser verdient. Wie lautet die alte Redensart: „Wer mit dem Teufel Suppe essen will, sollte einen sehr langen Löffel mitbringen.“ Oder so ähnlich. Doch der Ausgangs des Spiels, auf das sich der „beste Fechter der Stadt“ einlässt, steht nicht von vornherein fest. Schließlich kann sich Balduin seiner Haut erwehren, bietet einem Baron Paroli, umgarnt eine edle Komtesse und ergattert einen feudalen Palast. Er hat es „geschafft“, oder?

In guter romantischer Tradition gilt jedoch materieller Reichtum und sozialer Status rein gar nichts, solange es mit dem Herzen nicht zum Besten bestellt ist. Der Andere führt Balduin die eigene Bösartigkeit vor und führt ihn geradewegs mit auf eine Höllenfahrt. Die ist zwar ein Traumbild, illustriert aber genau Balduins schlimmste Befürchtungen: die Verdammnis der Liebsten in den Fängen des Teufels. Das Ende ist recht vorhersehbar, denn im letzten Duell seines Lebens muss Balduin doch den Anderen erledigen können, oder? Falsch gedacht.

Wie in vielen romantischen Erzählungen wie etwa „Das kalte Herz“ spielen Dingsymbole ein wichtige Rolle, und es lohnt sich, den verschlungenen Pfaden zu folgen, in denen sich Liebespfänder wie das Medaillon und die Anstecknadel von Hand zu Hand bewegen. Sie werden je nach Besitzer missbraucht. Die Zigeunerin scheint sich damit am besten auszukennen, so als ob sie wüsste, wie solche Liebesmagie am besten wirkt. In der Kapelle wird Blutzauber eingesetzt, um dem Herrn der Hölle durch entsprechende Opfer – Ziege, Taube, Jungfrau – die eigene Dienstbarkeit zu signalisieren. Wer dabei an den „Mönch“ von Matthew Lewis (ein Titania-Hörspiel) denkt, ist auf der richtigen Spur.

Das Hörspiel

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und bekannte Stimmen von Synchronsprechern und Theaterschauspielern einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis, das man sich mehrmals anhören sollte, um auch die Feinheiten mitzubekommen. Insbesondere der Weg, den die Liebessymbole nehmen, ist nicht ganz einfach zu verfolgen. Erotische Szenen gibt es leider nur mit Lyduschka, Margit bleibt unangetastet – vorerst. Am unheimlichsten sind sicherlich die unvorhersehbaren Auftritte des Doppelgängers (siehe die Titelillustration), der alle Versprechen und hehren Absichten Balduins zunichtemacht.

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für spannende Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert, und die Stimmen der Hollywoodstars vermitteln etwas Kino-Feeling. Auf den belehrenden Epilog hätte ich gut verzichten können, nicht aber auf die furiose Höllenfahrt.

CD: 89 Minuten
ISBN-13: 9783785783856

www.titania-medien.de

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