Jonathan Stroud – Das grauenvolle Grab (Lockwood & Co. 5)

Lockwood & Co.

Band 1: Die seufzende Wendeltreppe“
Band 2: Der wispernde Schädel“
Band 3: Die raunende Maske“
Band 4:  „Das flammende Phantom“
Band 5: „„Das grauenvolle Grab““

Nachdem Lockwood & Co. die geheimen Machenschaften der Firma Rotwell aufgedeckt haben, sind sie ins Visier von Penelope Fittes geraten. Dass Lockwood einen Zusammenschluss seiner Agentur mit Fittes abgelehnt hat, hat Penelope gar nicht gefallen. Und Lockwood und seine Freunde, zu denen seit den letzten Ereignissen auch ihr einstiger Erzrivale Quill Kipps gehört, glauben keinen Moment lang, es ginge der mächtigen Frau dabei lediglich um unliebsame Konkurrenz!
Allerdings schützt Miss Fittes ihre Geheimnisse gut! Doch um das Rätsel der Geisterplage zu lösen, sind die jungen Leute bereit, bis zum Äußersten zu gehen …!

Obwohl das Buch gleich mal mit einem Paukenschlag beginnt, einem Einbruch in Marissa Fittes Gruft, dauert es ein wenig, bis das Duell tatsächlich Fahrt aufnimmt. Denn nach den dramatischen Ereignissen in der Gruft bekommen Lockwood & Co. erst einmal einen anderen Auftrag, der eher Entwicklung der Charaktere dient als der Lösung des Rätsels.

Im Laufe dieses Zwischenauftrags wird deutlich, dass sich diesbezüglich einiges getan hat.

Das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf Lucy, denn aus ihrer Sicht wird ja erzählt. So stellt der Leser fest, dass Lucy allmählich besser mit Holly auskommt. Sie ist inzwischen bereit, positive Eigenschaften an Holly anzuerkennen, zum Beispiel deren Professionalität. Auch Hollys Pefektionismus scheint sie immer weniger zu stören.

Auch ihr Verhältnis zum sprechenden Schädel verändert sich ein wenig. Noch immer findet sie das Gequassel des Schädels lästig, vor allem, weil er ihr immer öfter Dinge sagt, die sie nicht hören will, weil sie fürchtet, er könnte Recht haben. Das gilt vor allem für ihr Verhältnis zu Lockwood. Aber gleichzeitig scheint sie dem Schädel zunehmend zu vertrauen. Dass sie seine frühere Gestalt gesehen hat, scheint dabei eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen.

Um Lockwood schließlich macht sie sich zunehmend Sorgen, weil sie befürchtet, sein Draufgängertum könnte Ausdruck einer Todessehnsucht sein.

Lockwood seinerseits ist Lucy gegenüber inzwischen erstaunlich aufgetaut, er vertraut ihr persönliche Dinge an, die er Holly und George nicht erzählt. Und obwohl die beiden regelmäßig unterbrochen werden, ist offensichtlich, dass Lucy für Lockwood mehr ist als nur eine Kollegin oder sogar gute Freundin.

Selbst Flo Bones ist für eine Überraschung gut, und sei es auch nur eine Erzählung innerhalb der Geschichte.

Das alles ist mit viel Fingerspitzengefühl erzählt, ohne Übertreibung oder Kitsch und ohne Überstürzung.

So, und jetzt, wo der Bezeihungskram mit all seinen Entwicklungen und Veränderungen geklärt wäre, kann es ja endlich losgehen. Das tut es auch. Mit denselben Pauken und Trompeten, mit denen es im ersten Kapitel angefangen hat, zieht sich das Duell, ohne nachzulassen, durch das ganze restliche Buch bis zum Showdown.

Einiges wirkt dabei außerordentlich skurril, wie zum Beispiel der Kampf in St.James, anderes ist pure Action, wie der Überfall auf die Portland Row 35. Aber wie auch immer Jonathan Stroud seine Geschichte erzählt, ob humorvoll, spannend oder gruselig, ein Zahnrädchen greift nahtlos ins andere. Die Achterbahnfahrt kommt wie in einem Guss daher, ohne logische Brüche oder Stolperstellen, und die Spannungsschraube dreht sich mit jeder Seite, die man umblättert.

Der Showdown ist dann erwartungsgemäß von ein paar Antworten begleitet, die der Leser schon lange haben wollte. Gleichzeitig aber stellen sich ein paar neue Fragen, zu denen es keine Antworten gibt. Und obwohl das Rätsel um die Ursachen der Geisterplage nun gelöst ist, ist dieselbe deshalb noch lange nicht beseitigt. Es wäre also durchaus möglich, dass den Leser noch weitere Geschichten über Lockwood & Co. erwarten.

Bleibt zu sagen, dass ich persönlich entgegen meiner sonstigen Gewohnheit auf eine Fortsetzung hoffe. Eigentlich soll man ja aufhören, wenn‘s am Schönsten ist, und da die Lösung des Geisterrätsels unbestreitbar einen Höhepunkt innerhalb des roten Fadens darstellt, wäre es tatsächlich eine geeignete Stelle, um die Geschichte endgültig abzuschließen. Andererseits sind wie gesagt noch so viele Fragen offen, so viele Fäden lose, dass es doch ein recht unbefriedigender Abschluss des Zyklus wäre, wäre er hier tatsächlich zu Ende.

Ich könnte durchaus ohne eine Antwort auf die Frage leben, ob Lucy und Lockwood nun letztlich ein Paar werden oder nicht; oder was nun mit den Mitgliedern der Orpheus-Gesellschaft geschieht. Aber zum Beispiel die Fragen, wer genau der sprechende Schädel in seinem früheren Leben mal war, was ihn zu einem so mächtigen Geist gemacht hat, und was nach Lucys spektakulärer Aktion aus ihm geworden ist, die möchte ich schon gern beantwortet haben, ebenso, wie es nun mit den Bemühungen zur Beendigung der Geisterplage weitergeht. Abgesehen davon habe ich die Bücher auch um der Figuren willen gern gelesen, die mit ihren Schrullen und Macken die Geschichte auch über die ruhigeren Passagen hinweg problemlos getragen haben. Ich bin jederzeit offen für weitere Überraschungen wie die unerwarteten Informationen über Flo Bones.

Jonathan Stroud ist Brite und schrieb schon als Kind Geschichten. Nach einem Universitätsabschluß in Englischer Literatur arbeitete er zunächst als Lektor und schrieb nebenher weiter. Inzwischen ist er seit zwölf Jahren hauptberuflich Schriftsteller. Sein größter Erfolg bisher war seine Serie Bartimäus, außerdem stammen aus seiner Feder „Die Eisfestung“, „Valley – Tal der Wächter“, „Spur ins Schattenland“ und weitere. Zu Lockwood & Co. gibt es außer den inzwischen fünf Bänden des Zyklus unter dem Titel „The Dagger in the Desk“ noch ein zusätzliches Abenteuer als Kurzgeschichte, allerdings nur als E-book und auf Englisch.

Gebundene Ausgabe: 512 Seiten
Originaltitel: The Empty Grave
Deutsch von Katharina Orgaß und Gerald Jung
ISBN-13: 978-3570174623

www.jonathanstroud.com
www.randomhouse.de/cbj

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