Marc Gruppe & Herman Cyril MacNeile – Das Musikzimmer. Die geheimen Fälle des Sherlock Holmes Folge 58

Zweifacher Mord in der Todesfalle

Vor etwa 40 Jahren wurde im Musikzimmer eines alten Herrenhauses, das jetzt von der Familie Crawsham bewohnt wird, ein schlimm zugerichteter Toter entdeckt. Seltsamerweise verschwand der Täter seinerzeit wie von Geisterhand, ohne ein Fenster oder eine Tür zu benutzen. Während Holmes spaßeshalber nach einer Lösung des lange verjährten Falles sucht, kommt ein weiterer Mann ums Leben, und zwar auf erschreckend ähnliche Weise … (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 14 Jahren.

Die Serie wurde mit dem „Blauen Karfunkel“ der Deutschen Sherlock Holmes-Gesellschaft ausgezeichnet.

Die Autoren

1) Herman Cyril McNeile (28. September 1888 – 14. August 1937), meist bekannt als Cyril McNeile der unter dem Namen „H. C. McNeile“ oder dem Pseudonym „Sapper“ veröffentlichte, war ein britischer Soldat und Schriftsteller der Nachkriegszeit. Er starb wahrscheinlich an den Spätfolgen eines Gasangriffs im Ersten Weltkrieg. Die Wikipedia bringt ihn an keiner Stelle in Zusammenhang mit Sherlock Holmes, was erstaunlich ist, denn McNeile schrieb in erster Linie Detektivgeschichten.

2) Sir Arthur Conan Doyle lebte von 1859 bis 1930 und gelangte mit seinen ca. 60 Erzählungen um den Meisterdetektiv Sherlock Holmes zu Weltruhm. Dabei begann der Mediziner, der eine eigene Praxis hatte, erst 1882 mit dem Schreiben, um sein Einkommen aufzubessern. Neben mystischen und parapsychologischen Themen griff er 1912 auch die Idee einer verschollenen Region (mit Dinosauriern und Urzeitmenschen) auf, die von der modernen Welt abgeschnitten ist: „The Lost World“ erwies sich enorm einflussreich und wurde schon 13 Jahre später von einem Trickspezialisten verfilmt. Schon 1913 ließ Doyle eine Fortsetzung unter dem Titel „The Poison Belt“ (dt. als „Im Giftstrom“, 1924) folgen.

3) Marc Gruppe ist der Autor, Produzent und Regisseur der erfolgreichen Hörspielreihe GRUSELKABINETT, die von Titania Medien produziert wird.

„Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs“

Folge 1: Im Schatten des Rippers
2: Spuk im Pfarrhaus
3: Das entwendete Fallbeil
4: Der Engel von Hampstead
5: Die Affenfrau
6: Spurlos verschwunden
7: Der Smaragd des Todes
8: Walpurgisnacht
9: Die Elfen von Cottingley
10: Der Vampir von Sussex / Das gefleckte Band / Der Fall Milverton / Der Teufelsfuß (Neuausgabe)
11: Das Zeichen der Vier (4/2014, Neuausgabe)
12: Ein Skandal in Böhmen (4/2014)
13: Der Bund der Rotschöpfe (5/14)
14: Eine Frage der Identität (9/14)
15: Das Rätsel von Boscombe Valley (10/14)
16: Der blaue Karfunkel
17: Die fünf Orangenkerne
18: Der Mann mit der entstellten Lippe
19: Der Daumen des Ingenieurs
20. Der adlige Junggeselle
21. Die Beryll-Krone
22. Das Haus bei den Blutbuchen
23. Silberblesse (6/16)
24. Das gelbe Gesicht (6/16)
25. Der Angestellte des Börsenmaklers (7/16)
26: Die „Gloria Scott“ (11/16)
27: Das Musgrave Ritual (12/16)
28: Eine Studie in Scharlachrot (2 CDs)
29: Die Junker von Reigate
30: Der bucklige Mann
31: Der Dauer-Patient
32: Der griechische Dolmetscher
33: Das graue Haus
34: Die quietschende Tür
35: Der Hund der Baskervilles (2 CDs)
36: Das unheimliche Pfarrhaus
37: Der verschwundene Kutscher
38: Das Haus mit den Zwingern
39: Eine Frage des Teers
40: Die dritte Botschaft
41: Mayerling (2 CDs)
42: Der Tote im Extra-Waggon
43: Der Zuträger
44: Der zweite Hund
45: Harry Price und der Fall Rosalie
46: Der Mann in Gelb
47: Das verlassene Haus
48: Der Gezeitenstrom
49: Das Grauen von Old Hall
50: Ludwig II. – Der Tod im Würmsee (2022)
51: Was das Feuer übrigließ
52: Der stille Tod
53: Der maskierte Tod
54: Tod eines Giftmischers
55: Geheimsache Styles Court
56: Der Mann im Speisewagen
57: Die vierte Flasche
58: Das Musikzimmer
59: Gottes Mühlen
60: Der zehnte Earl
61: Die Fußspuren auf der Treppe
62: Mr. Marburys Hände
63: Der Lumpensammler von Paris

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Sprecher und ihre Rollen:

Joachim Tennstedt: Sherlock Holmes
Detlef Bierstedt: Dr. John Watson
Hans Bayer: Sir John Crawsham
Arianne Borbach: Mary Crawsham
Martin May: David Crawsham
Ferdi Özten: Michael Crawsham
Uschi Hugo: Anne Horley
Marc Gruppe: Hausarzt

Die Macher

Regie führten die Produzenten Marc Gruppe und Stephan Bosenius. Die Aufnahmen fanden bei Titania Medien Studiobei Advertunes, bei AMI Productions, im Scenario Studio und in den Planet Earth Studios statt. Alle Illustrationen – im Booklet, auf der CD – trugen Ertugrul Edirne (Cover) und Firuz Askin bei.

Handlung

Holmes und Watson sind einer Einladung von Sir John Crawsham gefolgt, um sein erst vor zwei Monaten erworbenes und bezogenes Anwesen zu besuchen und quasi die Einweihung zu feiern. Zugegen sind Johns Bruder Mary, die den Haushalt führt, sowie ihr Söhne David und Michael. Anne Horley wird sich schon bald mit einem der beiden Brüder verloben.

Sir John, wiewohl körperlich etwas kleinwüchsig, ist doch ein großer Entertainer. Er weiß, seine Gesellschaft mit Geschichten aus alten Zeiten bestens zu unterhalten. So soll es beispielsweise einen Geheimgang geben, den seinerzeit König Charles I. (der später geköpft wurde) benutzt haben soll. Das war im 17. Jahrhundert, als Katholiken verfolgt wurden. Aber auch vor knapp 40 Jahren sei das Haus ein gefährliches Pflaster gewesen, versichert Sir John.

Das Musikzimmer

Denn damals habe der Hausverwalter Jobson die Leiche eines Mannes mitten im Musikzimmer im Obergeschoss gefunden, das von innen abgeschlossen gewesen sei. Der Mann starb offenbar an den schweren Gesichtsverletzungen, die er von seinem Mörder durch ein schweres Werkzeug erlitten haben musste.

Die Polizei konstruierte die Theorie eines Streits zwischen Einbrechern, die nach dem legendären Goldschatz im Haus suchten. Sie hatte nur einen Schönheitsfehler: Alle Fenster waren fest verschlossen. Wäre der Einbrecher Nr. 2 durch ein Fenster und über eine Leiter geflohen, hätte er dieses Fenster nicht fest verschließen können. Gibt es also dennoch einen Geheimgang?

Auf der Party etwas später vertraut David einem verwunderten Dr. Watson an, dass es um die Cableworks-Firma, die er zusammen mit Michael von seinem Vater Wilfred geerbt habe, gar nicht gut stehe. Dabei teile er sich alle Anteile noch mit seinem Onkel Sir John, dem Bruder seines verstorbenen Vaters. Es gebe also keinerlei Grund für Watsons Neid, vielmehr müsse man sich über Sir Johns Extravaganz wundern, der sich dieses Anwesen geleistet habe. David habe vor, diesbezüglich ein ernstes Wörtchen mit seinem Onkel zu reden.

Schreie in der Nacht

Watson, unser Chronist, wird nachts um halb eins von Rufen geweckt, die schließlich in Schreie der beiden Damen übergehen: Holmes gibt bereits erste Anweisungen, um die Polizei zu holen. Watson entdeckt im Musikzimmer einen am Boden liegenden Männerkörper. Wie zu seiner Bestürzung feststellt, handelt es sich um den netten David Crawsham. Sein Gesicht ist eingedrückt, seine Hand fast abgetrennt, und der schwere Kronleuchter, der das Musikzimmer zu erleuchten pflegte, hat ihn offenbar erschlagen. Die fatale Ähnlichkeit mit dem Todesfall von vor 40 Jahren ist nicht zu übersehen.

Indizien

Nachdem der Hausarzt die offizielle Todesursache – ein gerissenes Halteseil , der anschließende Leuchterfall und der Blutverlust – festgestellt hat, einigt man sich auf einen Unfall. Damit ist Holmes gar nicht einverstanden, doch er schweigt. Insgeheim vertraut er Watson einige sehr beunruhigende Verdachtsmomente an. Das Seil etwa war nicht etwa gerissen, sondern angeschnitten. Es war im Obergeschoss in Sir Johns Schlafzimmer an einem der bloßliegenden Dachbalken befestigt – und neu.

Außerdem wies Davids Leiche keine Blutlache auf, und das ist gemeinhin darauf zurückzuführen, dass sie bereits tot war, als der Leuchter sie traf: Eine Leiche kann nicht mehr bluten, oder? Als Mediziner kann Watson dies nur bestätigen. Und warum ging David überhaupt in das fatale Musikzimmer, wenn er doch seine Unterredung in Sir Johns Arbeitszimmer hatte? Er muss den Geheimgang und/oder das Gold gesucht haben. Watson leuchtet dies angesichts der Firmenprobleme durchaus ein. Holmes‘ zweite Theorie ist nur minimal andersartig. Als die Polizei eintrifft, weisen sich die Besucher aus, die Leiche wird abtransportiert, die Abreise findet in gedrückter Stimmung statt.

Gefahr

Michael Crawsham und Anne Horley haben sich miteinander verlobt, und Holmes wird erneut eingeladen. Später berichtet er wütend seinem Freund von dem nahezu fatalen Vorfall, der sich im Musikzimmer zutrug. Spaßeshalber suchten Michael und Anne anhand der Hinweise aus einem alten Gedicht nach jenem Geheimgang, den König Charles I benutzt haben soll. Sie fanden tatsächlich etwas in der Wandvertäfelung – und um ein Haar hätte es sie umgebracht, wenn nicht Holmes so schnell reagiert und sie zu Boden gerissen hätte…

Mein Eindruck

Die erste Leiche liegt in einem angesperrten Raum, der von innen verschlossen ist. Existiert der legendäre Geheimgang also wirklich? Der Hörer ist gut beraten, keiner der Geschichte, die Sir John zum Besten gibt, zu vertrauen. Dies ist ein Fall, in dem Irreführung zum Modus Operandi gehört. Denn genau genommen handelt es sich bei dem gesamten Haus um eine Todesfalle. Ihr Zweck zeugt von abgrundtiefer Perfidie.

Deshalb wirkt es auf den Hörer umso verstörender, dass sich selbst der Meisterdetektiv einwickeln und irreführen lässt. Selten hat man den Detektiv so kleinlaut und zweiflerisch erlebt wie in dieser Folge. Wenn man nicht genau wüsste, dass Holmes jeder Frauenbegleitung abhold ist, könnte man annehmen, dass er unter Liebeskummer leide und seine kleinen grauen Zellen anderweitig beschäftigt seien. Das ist selbstredend mitnichten der Fall. Der Charme der beiden anwesenden Damen lässt ihn offensichtlich kalt – im Rahmen der Höflichkeit.

Umso heftiger trifft ihn und Watson der unerwartete Tod von David Crawsham mitten in der Nacht. Wie er Watson anvertraut, kann mit der Theorie eines „Unfalls“ – das Halteseil des Leuchters soll gerissen sein, woraufhin das schwere Leuchtmittel auf das Opfer gefallen sei – etwas rein gar nicht stimmen. Erstens blutete die Leiche nicht. Zweitens traf das Mordinstrument das Opfer von vorn statt von oben. Drittens deutet nichts auf einen Streit wie bei Leiche Nr. 1 hin, denn David war allein und in sein Gesicht zeigte den Ausdruck von Überraschung. Woher rühren dann aber die Ähnlichkeiten zur Leiche Nr. 1 – falls sie überhaupt je existierte?

Durch seine Unentschlossenheit kann Holmes keinen Täter finden und bringt deshalb das potentielle dritte Opfer in Lebensgefahr. Wie und auf welche Weise dieser Anschlag vonstattengeht, darf auf keinen Fall verraten werden. Es bleibt auf jeden Fall spannend und dramatisch!

Die Inszenierung

Die Sprecher

Dr. Watson, gesprochen von Detlef Bierstedt, nimmt die Stelle des zweifelnden gesunden Menschenverstandes gegenüber Holmes ein, welcher ein getriebener Junkie der Vernunftarbeit zu sein scheint. Watson ist der Gemütsmensch, ein Jedermann mit dem Herz auf dem rechten Fleck, aber auch ein kenntnisreicher Mediziner. Außerdem fungiert er als Chronist, hat also Einfluss auf die Auswahl der hier präsentierten „geheimen“ Fälle des Meisterdetektivs.

Sherlock Holmes

Nicht so gut gefällt mir Joachim Tennstedt als Sherlock, denn was er in diese Figur hineinlegt, ist sehr sympathisch und humorvoll – so als würde ein strahlender John Malkovich völlig entspannt aufspielen. In dieser Episode lernen wir einen recht kleinmütigen Meisterdetektiv kennen, der an sich und seinem Vorgehen zweifelt. Indem er NICHT eingreift, bringt er einen Menschen in Lebensgefahr, und diesen Fauxpas kann er sich nicht verzeihen. Es kommt nicht oft vor, Holmes in solch verzweifelter Lage zu sehen.

Dr. Watson

Dr. John H(amish) Watson, 36, ist das genaue Gegenteil seines Freundes: jovial, höflich, frauenfreundlich und durchweg emotional, außerdem glücklich verheiratet. Leider sind seine logischen Schlüsse von dementsprechend unzulänglicher Qualität. Das war zu erwarten und dürfte keinen überraschen. Sobald eine schöne Frau auftritt, ist er von ihr hingerissen. Auch diesmal loben er und die männlichen Begleiter die Damen und ihren Sinn für Romantik. Nur diese Szene lockert die angespannte Stimmung und schließlich die Tragödie auf.

Nebenfiguren

Schon in den ersten fünf Minuten werden die Namen aller Mitwirkenden bzw. Anwesenden genannt. Da gilt es, für den Zuhörer, genau aufzupassen. Uschi Hugo ist als Anne Horley charmant wie eh und je, Arianne Borbach mit ihrer Alt-Stimme ist ebenfalls schon lange für Titania Medien tätig. Wenn sie über den Tod ihres Sohnes David klagt, so ist das durchaus anrührend. Dass Marc Gruppe in einer kleiner Nebenrolle als Hausarzt auftritt, gehört zu seinen gewohnten Cameo-Auftritten – und schont die Portokasse.

Neben Holmes und Watson gibt es drei bedeutende Männerrollen. Sir John ist sicherlich die markanteste Rolle, denn er ist der Geschichtenerzähler. Ich könnte mir gut James Cosmo aus „Game of Thrones“ (Kommandant der Nachtwache) in einer Verfilmung vorstellen. Martin May hat als David Crawsham eine eingehende Unterredung mit Watson, die sich als sehr aufschlussreich erweisen soll. Michael Crawsham spielt nur eine sehr kleine Rolle, was ich schade finde, denn Ferdi Özten hat sicher mehr Potential.

Geräusche

Eine große Vielfalt von Geräuschen verwöhnt das Ohr des Zuhörers. Der Eindruck einer real erlebten Szene entsteht in der Regel immer. Papierrascheln, klappernde Teetassen, gluckernder Tee, allenthalben knisterndes Kaminfeuer im Anwesen, allerdings kaum Naturgeräusche außer einem Gewitter im Hintergrund – all diese Samples setzt die Tonregie zur Genüge ein, um einer Szene eine Fülle von realistisch klingenden Geräuschen zu vermitteln. Diesmal überdeckt das Gewitter mit seinem Rumpeln fast die Zeilen der Dialoge. Das machte mich beim Zuhören nervös.

Die Musik

Das Intro, eine Art flott-dezente Teemusik, bildet den heiter-beschwingten Auftakt des Hörspiels und deutet die häusliche Idylle von Baker Street 221B an. Von einem Score im klassischen Sinn kann keine Rede mehr sein. Hintergrundmusik dient nur dazu, eine düstere oder angespannte Stimmung zu erzeugen, und zwar nur dort, wo sie gebraucht wird.

Hier steigert sich die Spannung rhythmisch von Höhepunkt zu Höhepunkt: Die Abfolge ist genau getaktet: erste Leiche, zweite Leiche, dritte Beinahe-Leiche! Wer wie ich eine Soundbar mit Subwoofer verwendet, hört die tiefen Bässe sofort, die Gefahr und Bedrohung signalisieren.

Das Booklet

Das Titelmotiv zeigt die Szene, in der die zweite Leiche im Musikzimmer liegt. Da aber kein einziges Musikinstrument zu sehen ist, aber dafür jede Menge uralte Möbel, müssen wir die Bezeichnung „Musikzimmer“ auf Treu und Glauben akzeptieren. Sofort fällt ins Auge, dass die Leiche weit neben dem Kronleuchter liegt, von dem sie erschlagen worden sein soll. Das Gesicht und Hand frei von Blut sind, stimmt nicht mir der Schilderung des Opfers überein. Wollte der Illustrator die Nerven des Betrachters schonen?

Im Booklet sind die Titel des GRUSELKABINETTS und der HOLMES-Reihe verzeichnet. Die letzte Seite zählt sämtliche Mitwirkenden auf. Die CD und der Einleger sind mit den Sherlock-Holmes-Motiven versehen, die die Reihe von Anfang an begleitet haben.

Unterm Strich

Dieser Fall ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich: Holmes erkennt den wahren Täter zu spät und erst in letzter Sekunde einen weiteren Mord verhindern. Zweitens unterschätzt er die Dimension des Falls: Das Haus ist eine Todesfalle. Und drittens gelingt es ihm nicht, den Täter der Gerechtigkeit zuzuführen.

Nichtsdestotrotz sind die Rätsel, die die zwei erstens Todesfälle stellen, fesselnd genug, um die Aufmerksamkeit des Hörers zu gewährleisten. Im ersten Drittel geht alles noch harmlos zu, wie es scheint, doch niemand (außer dem Täter) ahnt, welche Tragödie über die kleine Gesellschaft hereinbrechen wird. Noch weniger ahnt jemand voraus, dass es noch einen dritten Todesfall geben soll. Erst Holmes‘ beherztes Eingreifen verhindert das Schlimmste.

Wie also kann sich ein Haus als Todesfalle erweisen? Denken wir an das fulminante Finale des James-Bond-Abenteuers „Skyfall“. Dort gibt es im gleichnamigen schottischen Haus ein sogenanntes Pfaffenloch. Es erlaubte den katholischen „Pfaffen“ die Flucht, wenn Soldaten der protestantischen Obrigkeit zur Durchsuchung kamen. Nun wissen die Crawshams wohl nicht davon, aber dem Hörer erscheint die Idee eines uralten Geheimgangs, der Katholiken wie König Charles I, ein Stuart, schützen sollte, plausibel. Auch den Besuchern im alten Heim der Crawshams.

Zudem gibt es einen ebenso legendären Köder: den mutmaßlichen Goldschatz. Beide zusammen verlocken die Erben der Crawshams zur Suche in den Wänden. Ein Gedicht – das nie zitiert wird – von zweifelhafter Herkunft (aus Sir Johns Bibliothek) soll den Schatzsuchern den Weg weisen. Der so erlangte Fund erweist sich für Menschen von normaler Körpergröße als höchst verhängnisvoll…

Wenn man so will, hat der Täter die Begeisterung der Viktorianer für ihre legendäre Vergangenheit ausgenutzt, um sie auf die fatale Spur zu locken, die ihnen den Garaus machen soll. Man kann den Fall auch als eine Art Psychogramm lesen, sollte dabei aber die ökonomische Realität nicht aus dem Blick verlieren.

Das Hörspiel

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und bekannte Stimmen von Synchronsprechern und Theaterschauspielern einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis, das man sich mehrmals anhören sollte, um auch die Feinheiten mitzubekommen. Insbesondere der genaue Ablauf der drei Mordtaten ist vielleicht erst nach zwei- oder dreimaligen Hören der Schilderung durch Holmes vollständig nachvollziehbar. Richtig frustrierend ist hingegen, dass dem Sinn für Gerechtigkeit diesmal nicht Genüge getan wird: Der Mörder ist unantastbar.

Die Sprecherriege für diese HOLMES-Reihe ist höchst kompetent und renommiert zu nennen, handelt es sich doch um die deutschen Stimmen von Hollywoodstars wie John Malkovich (Tennstedt) und George Clooney (Bierstedt), auch Martin May, Uschi Hugo und Arianne Borbach sind mir als Synchronsprecherinnen vertraut. Lediglich in der Anfangsszene werden die Stimmen vom ständigen Rumpeln eines Gewitters beeinträchtigt.

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für spannende Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert, und die Stimmen der Hollywoodstars Clooney und Malkovich vermitteln das richtige Kino-Feeling.

CD: 68 Minuten.
ISBN-13: 9783785785928

www.titania-medien.de

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