Mark Brandis – Triton Passage (Folge 23)

Tarantino-Feeling: Action um die Mutantin

2133: Mark Brandis ist seit 240 Tagen als Gastpilot auf einem neuen Schiff unter dem Kommando von Cmdr. Elmar Busch. Statt eines Testfluges verharrt die EXPLORATOR jedoch regungslos im Weltraum, um den möglicherweise bevorstehenden Ausbruch des Sterns Eta Carinae in eine Hypernova zu beobachten. Eine ereignislose Schicht löst die andere ab. Als Mark Brandis durch VEGA-Direktor John Harris von einem gestrandeten Republikenschiff im Orbit des Planeten Neptun erfährt, gerät er in ein moralisches Dilemma – denn der offizielle Befehl ist unmissverständlich: Um keinen Preis darf das Schiff die Beobachtungsposition verlassen! (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörspiel ab 12 Jahren.

Der Autor

Nikolai von Michalewsky (1931-2000) war bereits Kaffeepflanzer, Industriepolizist, Taucher und Journalist gewesen, als sein erster Roman 1958 veröffentlicht wurde. Am bekanntesten wurde er ab 1970 mit den Mark-Brandis-Büchern, der bis heute (nach Perry Rhodan) mit 31 Bänden erfolgreichsten deutschsprachigen SF-Reihe.

Seine konsequente Vorgehensweise, Probleme der Gegenwart im Kontext der Zukunft zu behandeln, trug Michalewskys Serie eine treue Leserschaft und hohe Auflagenzahlen ein. Seine besondere Zuneigung galt besonders dem Hörspiel. Er gehörte zu den meistbeschäftigten Kriminalhörspiel- und Schulfunkautoren Deutschlands. (Verlagsinfo)

Bisher erschienen (Gesamt-Titel ohne Teile)

1) Bordbuch Delta
2) Verrat auf der Venus
3) Unternehmen Delphin
4) Aufstand der Roboter
5) Testakte Kolibri
6) Vorstoß zum Uranus
7) Raumsonde Epsilon
8) Die Vollstrecker
9) Pilgrim 2000
10) Alarm für die Erde
11) Sirius-Patrouille
12) Lautlose Bombe
13) Triton-Passage
14) Blindflug zur Schlange
15) Raumposition Oberon

Die Sprecher/Die Inszenierung

Rollen und Sprecher:
Cmdr. Mark Brandis: Michael Lott
Bordsystem CORA: Mira Christine Mühlenhof
Cmdr. Elmar Busch: Roman Kretschmer
Dr. Rebecca Levy: Claudia Urbschat-Mingues
John Harris: Gerhart Hinze
Cpt. Chen: Nao Tokuhashi
Prolog: Wolf Frass
Lt. Catalina Minulescu: Anastasia Conze
Lt. Roland Wagner: Urs Remond
Tuva Eidsvag: Bettina Zech
Magnus Sauerlein: Stefan Peters
Wang Yao: Hongyu Zhu
Ruth O’Hara: Dorothea Anna Hagena
Dr. Egon Mildrich: Rüdiger Evers
sowie Hartmut Breuer, Anne Elsen, Isabel Grünewald, Henning Schäfer.

Nach Motiven des Romans „Triton Passage“ von Nikolai von Michalewsky
Die Macher und Regisseure sind Interplanar.de:
Joachim-C. Redeker: Sounddesign und Musik
Redeker und Balthasar von Weymarn: Produktion, Regie und Schnitt

Jochim-C. Redeker, geboren 1970, lebt seit 1992 in Hannover. Gelernt hat er das Produzieren in der SAE Frankfurt, seither arbeitet er als Tonmeister für Antenne Niedersachsen. An zwei Virtual Reality Projekten hat er als Sounddesigner gearbeitet. Er gibt Audio- und Hörspielseminare und arbeitet als Werbetexter und Werbesprecher für zahlreiche Unternehmen sowie für Kino- und Radiowerbung. Musikalisch betreut er neben seinen eigenen Projekten auch Jingle- und Imageproduktionen. Bereits 1988 brachte ihm eine frühe Hörspielarbeit mit Balthasar den Sonderpreis der Jury für akustische Qualität beim Maxell Momentaufnahmen Wettbewerb ein.

Balthasar von Weymarn, geboren 1968, lebt seit 2006 im Taunus bei Frankfurt. Ausgebildeter Dramaturg und Filmproduzent (Filmstudium Hamburg); arbeitet auch als Skriptdoktor, -autor und Ghostwriter für Unternehmen wie Bavaria Film, Odeon Pictures, Tandem Communications, Storyline Entertainment u.a.

Das Hörspielmanuskript schrieb Balthasar v. Weymarn nach dem gleichnamigen Roman von Nikolai von Michalewsky. Aufnahme: Tommi Schneefuß, Sven-Michael Bluhm, Thomas Weichler
Produktion, Regie und Schnitt: Jochim-C. Redeker & Balthasar von Weymarn.

Hintergrund und Vorgeschichte

Die Mark Brandis – Hörspielreihe begann 2005-2007 mit Bordbuch Delta VII. Inhaltlich unterscheidet sie sich in einigen wichtigen Punkten von den Büchern.

* Die Geschichten sind um 50 Jahre in die Zukunft verlegt, die Saga beginnt also 2119;
* Die Kürzel EAAU und VOR sind zu „die Union“ und „die Republiken“ geworden;

EAAU: Die Europäisch-Amerikanisch-Afrikanische Union (EAAU) ist ein transkontinentaler Staatenverbund und wurde als Zusammenschluss der drei Kontinente Europa, Amerika und Afrika ca. 1999 gegründet – ihr assoziiert ist Australien. Während Europa der Kontinent ist, der über die längste Tradition verfügt, haben sich Afrika und Amerika zu den industriell bedeutendsten Kontinenten entwickelt.
Flagge: ein Ring goldener Planeten um drei kleeblattartig angeordnete grüne Kontinente auf weißem Grund.
Hauptstadt: Metropolis

VOR: Die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR) sind ein transkontinentaler Staatenverbund und umfassen zwischen Ural und der Pazifikküste die asiatischen Staaten einschließlich Ozeaniens.
Flagge: zwei gekreuzte Mongolenschwerter vor einer gelb-roten Sonne.
Hauptstadt: Peking

VEGA

Die Strategische Raumflotte (SR) lagerte 2106 ihre Entwicklungsabteilung auf die Venus aus. Die zuständige Agentur ist die VEGA, kurz für Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik, mit immerhin 8000 Mitarbeitern. Direktor der VEGA ist seit 2122 der ehemalige Major (SR) und Commander (VEGA) John Harris. Die Routen der Testflüge für die Neuentwicklungen sind streng geheim, da die Prototypen als begehrte Beute sowohl für die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR) und die Europäisch-Amerikanisch-Afrikanische Union (EAAU), aber auch für Raumpiraten gelten. Offiziell gilt die VEGA als neutral, aber ihre Auftraggeber waren bislang immer die SR und die Raumfahrtbehörde der Union.

Handlung

Mark Brandis schreibt das Jahr 2133 – und den 241. Tag seiner Reise auf der EXPLORATOR in der Nähe des Planeten Neptun. Noch 19 Tage bis zur Ablösung. Er schreibt seiner Frau Ruth O’Hara, dass sein Schiff und noch drei andere mit Sensorenscharen auf den Ausbruch der Hypernova Eta Carinae warten, um ihren Partikelausbruch zu messen. Bislang herrscht in diesem Raumsektor allerdings nur tote Hose.

Da kommt ein Notruf von VEGA-Direktor John Harris, den Barndis schon seit vielen Jahren kennt. Harris sagt, ein Schiff der Republiken sei kurz davor, in die Atmosphäre des Neptun abzustürzen. An Bord der „Han Wu Ti“ sei auch ein Kind. Ob Harris bitte dorthin fliegen und die Überlebenden retten könnte? Er habe allenfalls fünf Tage Zeit. Das wird allerdings knapp. Für diese Zeit würde Brandis das Kommando über die EXPLORATOR erhalten.

Wenig später meldet sich die „Han Wu Ti“. Die Kommandantin ist sehr dankbar für seine Hilfe und bittet ihn, die E-Briefe der Besatzung zu übermitteln. Sie kann aber auch nicht erklären, warum Peking ihrem Schiff nicht helfen will. Aber sie erwähnt, dass ein Kind mit einer Ausnahmegenehmigung an Bord sei. Das muss ein ganz besonderes Kind sein, denkt sich Brandis. Selbstverständlich sagt Brandis Hilfe zu. An Bord hat es bereits 17 Tote gegeben; sie starben an Unterkühlung und Sauerstoffmangel.

Noch 102 Stunden bis zum Neptun. Als die EXPLORATOR eintrifft, bleiben noch davon noch neun Stunden übrig. Brandis und Lt. Wagner gehen in Raumanzügen an Bord. Die Lage an Bord der „Han Wu-Ti“ ist übel: saukalt und nahezu sauerstofflos. Dennoch finden sie das Kind lebend vor. Ein Wunder – oder steckt mehr dahinter? Alle anderen Besatzungsmitglieder sind tot.

Die EXPLORATOR soll einen Notstart hinlegen, doch da fallen ihre Triebwerke und die Hauptsteuerkonsole aus. Sofort macht sich die Anziehungskraft des riesigen Gasplaneten Neptun bemerkbar. Nun droht auch Marks eigenes Schiff abzustürzen. Er muss sich dringend etwas einfallen lassen. Da bekommt er unerwartete Hilfe von dem geretteten Kind, das über ganz besondere Fähigkeiten verfügt…

Mein Eindruck

Diese Episode besteht aus zwei Teilen, die grundverschieden sind. Das ist wohl der Grund, warum die Laufzeit fast 80 Minuten erreicht. Im ersten Teil retten Brandis und sein Team die einzige Überlebende der HAN WU TI, ein Mädchen namens Tuva, das von Svalbard stammt. Svalbard ist hierzulande besser unter dem Namen „Spitzbergen“ bekannt. Was so besonders an Tuva sein soll, stellt sich erst im zweiten Teil heraus.

Nachdem die Rückkehr vom Neptun zu dessen Mond Triton mit Ach und Krach mit dem letzten Molekül Sauerstoff – alle Crewmitglieder ächzen und röcheln aus dem letzten Loch – bewerkstelligt worden ist, machen Brandis und Tuva auf dem Mond Station in einem Hotel. Das angeblich sicher ist. Denn offenbar sind die VOR-Republiken sehr an der Rückkehr des Mädchens interessiert. Aber nicht nur Politiker wollen sie haben, sondern auch VOR-Killer.

Die Szene, wie die Killer ins Hotelzimmer eindringen und darin alles nach den beiden Gästen absuchen, gehört zu den spannendsten der Serie – eine echte Tarantino-Szene, wie sie so ähnlich auch in „Kill Bill vol. 1“ vorkommt. Wie die beiden es schaffen, sich vor den Spürgeräten der Killer zu verbergen, ist eine pfiffige Idee und darf hier auf keinen Fall verraten werden. Aber sie strapaziert schon ein wenig den Glauben an die Plausibilität des Geschehens, das muss man auch sehen. Das Gleiche gilt für die übernatürliche Fähigkeit des Mädchen …

Sehr ungewöhnlich ist auch das Duett, das Tuva Eidsvag, die die japanische Flöte spielt, und Mark Brandis, der die akustische Gitarre meistert, zum Besten geben. Die erste Improvisation ist eine einfache Grundkadenz von Akkorden in Moll, das zweite Stück dreht sich um eine Figur der Flöte. Das Motto, das uns hier vermittelt wird, lautet: East meets West, und zwar in Frieden. Na, ich bezweifle, dass Mark davon seiner Angetrauten Ruth bei ihrem nächsten Stelldichein erzählen wird.

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Sprecher

Die Sprecher erfüllen ihre Aufgabe zu meiner Zufriedenheit. Es handelt sich um die immer wieder in der Serie auftauchenden Hauptfiguren wie der Titelheld (Michael Lott), seine Frau (D. A. Hagena), sein humorvoller Freund Grischa Romen (D. Nathan) – der erst im nächsten Abenteuer wieder mit von der Partie ist.

Der Promifaktor ist ziemlich niedrig. Nur Gerhart Hinze (John Harris) und Claudia Urbschat-Mingues, einer Hollywood-Stimme, verdecken die Tatsache, dass die Sprecherriege hauptsächlich aus mir völlig unbekannten Sprechern besteht. Commander Elmar Busch, gesprochen von Roman Kretschmer, und Lt. Roland Wagner, gesprochen von Urs Remond, sind typische Nobodys.

Positiv habe ich jedoch vermerkt, dass die Chinesen von echten chinesischen Sprechern dargestellt werden. Die Figur Wang Yao wird von Hongyu Zhu gesprochen – der Akzent ist unverkennbar. Gleiches gilt für den Sprecher Nao Tokuhashi. Sprecher wie diese belegen den Anspruch der Serie, eine internationale Gemeinschaft der nahen Zukunft abzubilden.

Wie immer in der Serie spielen durch Tonfilter verzerrte Stimmen eine dominante Rolle. Diese Filter sind sehr vielfältig. Besonders die Stimmen im Raumanzug, den Brandis und Co. im Schiff und auf einer Bodenexpedition tragen, sind stark beeinträchtigt und weisen ein ganz anderes Timbre auf als etwa Stimmen in Innenräumen. Das Extrem dieser Filter muss der Hörer allerdings auch in kauf nehmen: Wenn den Figuren der Sauerstoff „ausgeht“, beginnen die Sprecher zu ächzen und zu röcheln. Das ist zwar realistisch, aber nicht besonders ästhetisch.

Geräusche

Die Geräuschkulisse erstaunt den Hörer mit einer Vielzahl mehr oder weniger futuristischer Töne, so etwa Triebwerke oder Luken und Schleusen. Doch wenn man ein Fan von SF-Fernsehserien und Games ist, dann dürfte einen dies nicht gerade umhauen, sondern eher ganz normal vorkommen. Vor allem das Dröhnen, Zischen und Jaulen von Düsen, Schleusen und Schotts ist regelmäßig zu hören, was ja auch naheliegt. Diesmal setzt Lt. Wagner einen Schweißbrenner ein. Die VOR-Killer setzen diverse Scanner ein, die fiepen und sonstige Geräusche von sich geben.

Der gute Sound trägt dazu bei, den Hörer direkt ins Geschehen hineinzuversetzen, und das kann man von den wenigsten SF-Fernsehserien behaupten. Auch das Design von verzerrten Meldungen ist ähnlich professionell gehandhabt. Ein Satz kann mittendrin seine Klangcharakteristik ändern – faszinierend.

Musik

Ja, es gibt durchaus Musik in diesem rasant inszenierten Hörspiel. Neben dem Dialog und den zahllosen Sounds bleibt auf der Tonspur auch ein wenig Platz für Musik. Sie ist wie zu erwarten recht dynamisch und flott, aber nicht zu militärisch – ganz besonders im Intro und in den Intermezzi. Selten ist die Musik mal im Hintergrund zu hören, denn der Dialog soll nicht überdeckt werden. Die Musik erweist sich als eminent wichtig, um Stimmung zu erzeugen und den Übergang zwischen Szenen zu signalisieren.

Der Beitrag, den das Duett zwischen Tuva und Mark bildet, wurde oben bereits eingehend beschrieben. Deshalb gehe ich hier nicht noch einmal darauf. Das Thema wird aber vom Orchester übernommen und vertieft. Eine feine Idylle entsteht, die jäh von der Killertruppe unterbrochen wird.

Das Booklet

Das Booklet enthält eine Aufstellung der bereits veröffentlichten Folgen, interessante Infos zum Planeten Neptun und drei Begriffserklärungen zum Hörspiel: Eta Carinae, eine Supersonneim Carina-Nebel; Hypernova, die Explosion eines extrem massereichen Sterns wie Eta Carinae; und „Jian Fucong“, die Sondereinsatztruppe der VOR-Republiken, die es auf Tuva abgesehen hat. Zusätzlich werden noch die Sprecher und ihre Rollen aufgeführt sowie die Technik-Credits. Der übliche Verweis auf die Buchfassungen, die bei Wurdack verlegt werden, fehlt.

Unterm Strich

Die glückliche Rettung eines jugendlichen Mädchens mit besonderen Fähigkeiten kostet Mark Brandis und seine Besatzung um ein Haar das Leben. Aber wie so häufig spielen Tüchtigkeit und Glück eine wichtige Rolle, um auch diese Gefahr bestehen zu können. Ein musikalisches Duett, das als Intermezzo Harmonie und Frieden verkörpert, wird rüde unterbrochen vom Eindringen einer Killertruppe, die mich sofort an Tarantinos Film „Kill Bill vol. 1“ gemahnt hat (nämlich die blutige Comic-Sequenz).

Mutant

Das Mädchen, das sich zusammen mit Mark versteckt, ist nämlich offenbar das Ergebnis eines genetischen Programms oder Experiments. Die einzige plausible Erklärung für den Versuch, diese Person zu eliminieren, lautet, dass jede Information über dieses Programm unterdrückt werden soll. Denn schon das Bekanntwerden einer Möglichkeit, verzögerungslose Kommunikation zu beherrschen, würde die Welt, wie das 2133 sie kennt, aus den Fugen geraten lassen.

Ansible & Co.

Verzögerungslose Kommunikation ist ein alter Traum der Zukunftsliteratur und wurde schon vielfach umgesetzt. Der ernsthafteste Versuch, dies mit technischen statt biologischen Mitteln (wie bei Tuva) zu bewerkstelligen, ist bei Ursula K. Le Guin nachzulesen. Ihr „Ansible“-Gerät ist das Mittel, das die alliierten Welten der Ekumen-Gemeinschaft zusammenhält. Witzigerweise versucht Siemens gerade, eine Technologie namens „Ansible“ auf den Markt zu bringen, ohne die Schöpferin des Begriffs „Ansible“ um Erlaubnis gefragt zu haben. Nach dem Motto: „Wir können’s ja mal versuchen; wird schon keiner merken, wo wir geklaut haben.“ Falsch gedacht.

1 Audio-CD
Spieldauer: 78:13 Min.
Tracks: 10
Empfohlen ab 12 Jahren
UPC: 0602537169382

www.folgenreich.de
www.markbrandis.de
www.interplanar.de

Der Autor vergibt: (5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)