Michel Gall – Erotische Träumereien um Odysseus

Liebesabenteuer zwischen Kalypso, Kirke und Nausikaa

Odysseus, der unsterbliche Abenteurer, ist auch ein Meister im Umgang mit Frauen – voller Hingabe und Phantasie, doch behält er immer die Oberhand. Hier erzählt Michel Gall, der Bestseller-Autor, von den erfreulicheren Fährnissen und Listen des großen Odysseus. Seine Abenteuer machen sogar dem Zyklopen Angst.

Der Homer-Held liebt Frau und Tochter von König Äolos Tag und Nacht auf die vielfältigste Art und Weise. Als er nach einem Monat immer noch vom Leder zeiht, schickt ihn der gelangweilte und besorgte König lieber fort. Auch die Sirenen haben nichts zu singen – Odysseus kann es ständig bringen. Und Gattin Penelope, deren Treue auf harte Proben gestellt wird, darf erst recht stolz auf ihren Griechen sein. Der Heimkehrer hat seine probaten – und erprobten – Mittel, jeden Widersacher aus dem Feld zu schlagen… (korrigierte Verlagsinfo)

Der Autor

Michel Gall ist mehrfach als Autor erotischer Romane hervorgetreten, einmal hat er das Pseudonym „Humphrey Richardson“ verwendet. „Gall war 15 Jahre lang Chefreporter bei PARIS MATCH, arbeitete für ‚TIME-Life‘, war stellvertretender Chefredakteur von ‚MARIE CLAIRE‘ und ist in der Werbung tätig.

Schon mit 19 Jahren schrieb er über das Liebesleben von Robinson Crusoe, später folgten die erotischen Träumereien um Odysseus, um Adam und Eva und um Eros und Psyche. Er ist mit einer Frau aus der Filmbranche verheiratet. Das Schreiben ist sein größtes Hobby. In seinem Sommerhaus in Südfrankreich hat er zahlreiche Schreibmaschinen aufgestellt, in denen ständig beschriebene Blätter eingespannt sind.“ (bearbeitete Verlagsinfo)

Die Altersangabe des Knaur-Verlags kann stimmen: 1983 sei Gall 50 Jahre alt gewesen. Rechnet man vom Jahr 1963 der ersten Veröffentlichung (Crusoe, s.u.) 19 Jahre zurück, kommt man auf 1944.

Weitere Werke

Erotische Träumereien um Eros und Psyche (198)
Erotische Träumereien um Adam und Eva (1975 und 2000)
Der andere Robinson (O-Ausgabe 1963; dt. 1982)
Adieu donc, belle Eugénie (1): La Cavalière de Camerone (1983)
Le maître des saveurs – La vie d‘ Auguste Escoffier (2001)
Die Odyssee. Sonderausgabe (1995, Mitwirkung)

Die Abenteuer

Zu Beginn ruft der Autor die Muse der Erotik, Tochter der Götter, um Beistand an, wenn er von den zahlreichen Abenteuern des listenreichen Odysseus erzählt.

Kalypso

Nach dem Ende des Trojanischen Krieges hat sich Odysseus auf den Heimweg nach Ithaka gemacht, wo er König ist und seine Frau Penelope auf seine Rückkehr wartet. Doch er hat sich den Zorn des Poseidon zugezogen, und ein Sturm hat ihn auf die Insel der schönen Nymphe Kalypso verschlagen. Selbst eine Tochter der Götter, hält sie ihn mit der Magie ihrer „7000 Schamhaarlocken“ fest und erfreut sich an seinem ungewöhnlich langen Liebesinstrument Sieben Jahre lang verrichtet er allnächtlich seine Pflicht in ihrem Nachtlager und befriedigt ihre unersättlichen Gelüste. Nicht dass es ihm etwas ausmachen würde.

So auch diese Nacht. Doch wie soll schon wieder acht Stunden lang durchhalten? Wie so oft kommt ihm ein Einfall, wie er standhaft bleiben kann, ohne zu kommen: Er lässt seine Phantasie entsprechend lustreiche Szenarien ersinnen. Am Ende der Nacht, nachdem sie ihn hat kommen lassen, lobt sie ihn. Sie selbst verfügt über die nötige Magie, um eine Empfängnis zu verhindern.

Der Duft von Odysseus‘ Sperma steigt bis zum Olymp hinauf, wo er Athene und Zeus in die Nase steigt. Athene ist schon lange in ihren Schützling und seine Potenz verliebt, warum soll also nur eine schnöde Nymphe sich seiner erfreuen? Sie beschwert sich bei ihrem Erzeuger Zeus, der insgeheim längst scharf auf Kalypso und daher mit Athenes Forderung völlig einverstanden ist: Die Nymphe soll Odysseus ziehen lassen. Zumal ja eine Ehefrau auf ihn wartet. Götterbote Hermes, der mit dem goldenen Hosenlatz, überbringt der Nymphe den Befehl des Göttervaters. Kalypso kann sich nicht weigern, will sie nicht mächtig Ärger bekommen.

Leukothea alias Ino

Zum Abschied gewährt die Nymphe ihrem Liebhaber noch einen kräftigen Deep Throat Blowjob, an den er sich noch lange erinnern soll. Dann setzt er Segeln und wagt sich in seinem Floß auf die blauen Flut hinaus. Siebzehn Tage hat er Glück und nähert sich bereits dem Land der Phäaken, da wird er von Poseidon, der Erderschütterer, erspäht. Der impotente Meeresgott ist seit jeher neidisch auf den abenteuerlustigen Schwanzträger und überhäuft ihn mit Sturm und Wogen. Odysseus droht elend zu ersaufen.

Doch Leukothea, die in eine Unsterbliche verwandelte Zeus-Liebschaft Ino, erspäht vom Meeresgrund das mächtige Liebeswerkzeug dieses Seefahrers und kommt auf dumme Gedanken. Sie verwandelt sich in eine Venusmuschel, steigt auf und heftet sich die letzten Balken des zerfallenden Floßes, an die sich der Seefahrer klammert. Sie macht ihm einen unanständigen Ratschlag, der ihm sofort einleuchtet. Mit seinem Schwanz im feuchten Innern der Muschel, rudert er mit seinem linken Arm durch die Wellen.

Doch das angenehme Muschelinnere lässt seinen Schwengel zur Größe eines Pottwals wachsen, deshalb gibt es kein Entkommen aus der Muschelklemme mehr, als eine Flaute eintritt. Wie mit Segel und Steuerruder treibt der Held über grundlose Wogen, bis ein Eiland in Sicht kommt. Poseidons Element droht ihn an die Klippen des Eilands der Phäaken zu schmettern, wäre da nicht die liebe Athene, die Odysseus nicht nur rettende Gedanken, sondern eine rettende Strömung schenkt, welche ihn an die Mündung eines klaren Flusses trägt. In die Kuhle unter zwei schattigen Olivenbäume gebettet, von weichem Laub bedeckt, schläft der Unsterbliche einen erholsamen Schlaf.

Nausikaa

Die Phäaken haben einen König namens Alkinoos, und zusammen mit seiner Frau Arete hat er eine Schar wackerer Söhne und eine wunderschöne Tochter. Doch Nausikaa ist noch Jungfrau, also muss sie erst von Athene, die die Gestalt einer Freundin annimmt, über die Organe der Liebe aufgeklärt werden. Keiner würden Anblick von Athenes tiefer Spalte unter dem ungewöhnlichen blaugrünen Vlies vergessen.

Nausikaa bekommt einen hilfreichen Gedanken eingegeben – von wem wohl? Am nächsten Morgen bietet sie ihrem Vater an, die Bettwäsche, die ihre Brüder nächtens ausgiebig befleckt haben, im Fluss zu waschen. Mädge und Eselskarren bekommt sie gestellt. Nach vollbrachter Wascharbeit kühlen die Prinzessin und ihre Mägde ihre jungen Astralleiber im Fluss und spielen Ball. Das Lachen weckt den hehren Helden, dessen Johannes sogleich den roten Kopf hebt. Der Duft der Damen ist weithin zu erschnuppern. Athene gibt ihm ein, das edle Wild nicht zu verschrecken.

So kommt es, dass die neugierige Nausikaa ihren Mägden befiehlt, den Helden zu speisen und zu tränken. Gesagt, getan. Der stattliche Fremde spürt seine Lebensgeister – und noch etwas anderes – erwachen. Sobald sie ihre Mägde fortgeschickt hat, teilt die Dreizehnjährige mit dem Helden das Lager. Sie mag wohl hundert Mal gekommen sein, als die Strahlen des Helios ihre feine Nase kitzeln. Sie muss zurück in den Palast! Doch damit keine üble Nachrede entsteht, muss ihr Lover ihr separat folgen. Er aber soll später auf anderem Weg in den Palast gelangen, um ihre Mutter Arete zu umgarnen und zu lieben. So geschieht es, zumal Odysseus nichts dagegen einzuwenden hat, die durchaus knackige 26-jährige Arete zu lieben.

Als er vor der Königin kniet und bereits ihre schlanken Schenkel umklammert,, erwacht zum Leidwesen der Anwesenden der König höchstselbst aus seinem Stupor. Er hat offenbar vom Saufen genug und will jetzt die Lebensgeschichte dieses Fremden hören. Der Sohn des Laertes kann sich nicht weigern, ohne Verdacht zu erregen, und als sich die süße Nausikaa zu ihnen gesellt, hält er seine Silberzunge nicht mehr im Zaum.

Die Lotosesserinnen

Odysseus und seine Männer hat es auf ein sehr seltsames Eiland verschlagen. Auf der Suche nach einer Quelle stoßen er und zwei seiner Männer auf ein Mädchen, das nackt und entspannt im Schatten der Bäume liegt, aber keinen Ton sagt. Nun, eine solche Einladung kann man nicht ausschlagen. Doch so sehr sich Odysseus auch anstrengt, der Geist des Mädchens erwacht nicht. Von der duftenden Masse in der Schale neben dem Mädchen kostet er nicht.

Seinen Begleitern ergeht es nicht anders, doch sie kosten von der Masse, der Frucht des Lotos. Am Abend sind noch viele weitere Mädchen beglückt worden, als wäre sie Blüten und die Männer Bienen. Doch etwas ist passiert: Am Abend sind auch die Lover dieser Blumen Junkies geworden, und man muss sie mit Gewalt unter Deck anketten, als die Auswirkungen des Entzugs sie in ihren Klauen halten.

Die Einäugigen

Der Seefahrer und seine Gefährten gelangen ins Land der Zyklopen. Diese sind der Auffassung, dass ihr Hinterausgang, das bronzene Auge, der Anbetung der Sonne dienen sollte und recken ihr Hinterteil den lieben langen Tag dem Himmel entgegen. Kein Wunder, dass sie von anderen Leuten das gleiche Benehmen erwarten. Ihr Anführer, der Schafhirte Polyphem, entdeckt die Eindringlinge in seiner Höhle und testet sie auch gleich. Einen nach dem anderen steckt er in sein bronzenes Auge, dass den anderen angst und bange wird.

Am anderen Morgen sind vier seiner Gefährten elend erstickt, und Odysseus trauert. Er kann nicht entkommen, denn der Riese wälzt jedes Mal einen riesigen Stein von den Eingang seiner Höhle, wenn er kommt und wenn er geht. Soll sich das Trauerspiel am zweiten Abend wiederholen? Auf eine Eingebung hin fällt der Held einen nahen Olivenbaum und lässt zwei Pfähle anfertigen, einen, der wie ein Phallus geformt ist, und einen, der angespitzt ist und versteckt wird.

Als Polyphem zurückkehrt, sieht er den herrlichen Phallus, doch er kennt die Schläue der Menschen und nimmt Abstand davon, ihn sich sofort ins Bronzeauge zu stoßen. Nun bringt Odysseus zwei Geheimwaffen zum Einsatz: Er macht den Riesen mit seinem besten Wein betrunken und verleitet ihn dazu, den zweiten Pfahl zu benutzen. Dessen Spitze wird mit Feuer erhitzt und gehärtet, bevor die Männer sie in das Bronzeauge stoßen. Was für ein Lärm sich sich nun erhebt!

Bei Äolos

Nachdem Odysseus mit Männern und Boot heil dem Zyklopen entronnen ist, nährt er sich dem Eiland des Äolos. Hier erfährt er vom König Gastfreundschaft, allerdings nur unter der Bedingung, dass er dem König noch etwas Neues in Sachen Liebe zeigt. Zuerst tritt die schöne Königin als Demonstrationsobjekt auf, doch als Odysseus auf die althergebrachte Tour zu Werke geht, gähnt der König gelangweilt und lässt seine erste Tochter und schließlich die restlichen fünf Töchter herbeirufen. Sieben Frauen – Odysseus kommt ins Schwitzen.

Als Äolos immer noch gelangweilt ist, stellt der Besucher eine kühne Bedingung: Er, Odysseus, können mit seinen Männern so lange bleiben, bis er zum Höhepunkt gekommen sei. Einen Monat später ist es der König leid, seine sieben Frauen von diesem Fremden verschleißen zu lassen, von den Dienerinnen und Köchinnen, an denen sich die Matrosen gütlich tun, ganz zu schweigen. Zum Abschied übergibt ihm einen Schlauch mit eingesperrten Wind, denn Äolos ist, wie jeder weiß, Hüter der Winde.

Im Haus der Kirke

Erschöpft nähert sich Odysseus mit seinen Leuten bereits dem heimatlichen Ithaka, als er sich allzu eng an den Schlauch schmiegt – und dieser platzt auf, um alle eingesperrten Winde zu entlassen. Im Handumdrehen entschwindet Ithaka. Die nächste Insel Aiaia sieht verlockend aus, doch diesmal Odysseus nicht mit. Seine Geilheit bringe sie immer nur in Schwierigkeiten. Und weil Eurylochos sich bei Äolos‘ Dienerinnen eine Geschlechtskrankheit eingefangen hat, muss auch er draußen bleiben, als die Matrosen das Haus der Kirke betreten.

Die rothaarige Zauberin hat den verlockendsten Körper, den sie je gesehen haben, und kredenzt den Wein höchstpersönlich und textilfrei. Doch sobald das Gift ihre Lippen benetzt, verwandeln sie sich in Affen, Ziegen, Elefanten und Schweine. Von diesem Ereignis berichtet Eurylochos den Gefährten, die auf dem Schiff zurückgeblieben sind. Seine Schilderung der göttlichen Kirke versetzt Odysseus wieder in feurige Geilheit und angetan mit zwei Schwerter, eines aus Fleisch, strebt er dem Haus der Kirke zu. Doch bevor er dort anlangt, versperrt ihm Götterbote Hermes den Weg. Er gibt dem Sohn des Laertes ein Gegenmittel und einen unverzichtbaren Rat, damit ihn die Zauberin nicht überlistet…

Im Totenreich

Die nymphomane Nymphe hat Odysseus darauf vorbereitet, ins Totenreich segeln zu müssen. Dort begegnet er dem blinden Seher Teiresias, dem er ein ganz besonderes Geschenk übergibt: Tafeln aus Elfenbein, die alle mögliche Stellungen darstellen, die man sich nur vorstellen kann. Teiresias‘ Finger wandern über dieses Wunderwerk, dankbar sagt er ihm die Zukunft voraus: „Lasst bloß die Töchter des Helios in Ruhe! Sonst wird es euch schlecht ergehen!“ Im Hades trifft Odysseus auch seine geehrte Mutter Antikleia. Sie rät ihm, rasch heimzukehren zur treuen Penelope und ihrem Sohn Telemachos.

Die Sirenen

Bei der Rückkehr aus dem gruseligen Totenreich zur Insel der göttlichen Kirke erhalten Odysseus und seinen Mann nicht nur Liebkosungen und Proviant, sondern auch weiteren Rat. Denn nun müssen sie auch die Sirenen und zwei Ungeheuer namens Skylla und Charybdis überstehen. Die Begegnung mit den Sirenen übersteht Odysseus auf die allseits bekannte Weise mit Bienenwachs in den Ohren seiner Männer und an den Mast gebunden ungeschützt. Die fischschwänzigen Weiber singen ein gar verlockendes Lied, doch nur der wackere Seefahrer kennt ihr Geheimnis, denn Kirke hat es ihm verraten: Unter jeder großen Schuppe ihres Leibe verbergen diese Nereiden ein Loch der Lust, und wer sie alle erkunden will, vergisst seinen Namen und die Zeit, bis er verhungert.

Skylla und Charybdis

Skylla erweist sich als Krake, der in seiner Höhle lauert und Tentakel auswirft, die Seeleute nicht nur packen, sondern mit ihren Saugnäpfen auch noch den After knutschen. Kein Wunder, dass man davon die Syphilis kriegt! Charybdis ist nahezu ebenso schlimm, denn alle drei Stunden entlässt dieser Strudel sein Monatsblut und zwar literweise, saugt es als Strudel wieder ein und lässt es wieder ausströmen, bis in Ewigkeit. Kein Wunder, dass man aus diesem Vortex nicht mehr herauskommt!

Die Töchter der Sonne

Sie haben alle Fährnisse überstanden, als die Seeleute endlich die liebliche Insel der Töchter der Sonne erreichen. Die Töchter sind allesamt unschuldig und räkeln sich zur Stunde der Mittagsruhe unter schatten Ölbäumen. Odysseus‘ Männer sind nicht mehr zu halten, ihm bleibt nichts anderes übrig, als sie auf die verlockenden Mädchen loszulassen. Stunden später sind alle endlich gesättigt. Doch die Mädchen wollen mit an Bord, um dort weiter der Liebe zu huldigen. Leider machen sie dort Bekanntschaft mit der Syphilis, die sie Skylla zu verdanken haben.

Helios, der erzürnte Gott der Sonne, beschwert sich lautstark beim Göttervater und erhält recht. Ein mächtiger Sturm zerschmettert das Boot, das vergeblich in einer Grotte Schutz gesucht hat, und Odysseus klammert sich an einen Balken. Dann wird er an die Insel der Nymphe Kalypso getrieben. Der Rest ist bekannt.

Arete und Nausikaa

Damit er nach Hause segeln kann, stellt ihm König Alkinoos, der von seinen Erzählungen sehr beeindruckt ist, ein Schiff mit 30 Ruderern zur Verfügung. Kaum ist er an Bord gegangen und hat sich schlafen gelegt, als er eine Berührung verspürt. Ist es ein Traum? Diese Schenkel, diese Brüste, die Lippen, er kennt sie doch: Nausikaa! Doch kaum hat er sie in die Arme geschlossen, als eine strenge Frauenstimme hinter ihm erklingt: Es ist Arete, die Mutter Nausikaas.

Die Königin zeiht ihn der Undankbarkeit und, da er in den lüsternen Armen eines Weibes liegt, der Untreue. Da sieht sie, um wen es sich bei dem lüsternen Weib handelt: ihre eigene Tochter. Hat er sie vergewaltigt, genötigt gar? Odysseus kommt kaum zu Wort, daher muss Nausikaa ihn verteidigen. Arete schnaubt dennoch frustriert vor Zorn. Da macht ihr Odysseus einen Vorschlag zur Güte: Wozu die Kraft und Geilheit 30 kräftiger Ruderer vergeuden? Die Königin, gerade mal 26, hat noch genügend Kraft in den eigenen Lenden, um es mit 30 Ruderern aufnehmen zu können. Nausikaa aber erfreut der kräftigen Stöße des Königs von Ithaka.

Athene

Endlich in Ithaka! Doch kaum erklimmt er den Küstenhang, stellt sich ihm eine Kriegerin in schimmernder Rüstung entgegen. Was sie wolle, fragt er sie und bekommt eine erstaunliche Antwort: „Dich!“ Wie jetzt? Ist sie etwa kein Kerl? Mitnichten, wie sich erweist, als sie ihren Panzer und die Beinschienen abwirft: Es ist Athene in der Pracht ihrer Jugend – und mit blaugrünem Schamhaar. Es ist Zeit für eine Liebesstunde (oder zwei) mit seiner Beschützerin. Zum Abschied gibt sie ihm nicht nur Rat zur tat, sondern verleiht ihm auch die Gestalt eines Bettelgreises.

Penelope

Der königliche Hof der „seidenen Frau“ ist belagert von einem Dutzend Freiern, bei denen die untreuen Mägde der Königin allnächtlich liegen. Doch zuerst spricht der Bettelgreis mit seinem Schweinehirten Eumäos, dann mit seinem Sohn Telemach, den er verkennt und schließlich mit seiner früheren Amme Eurykleia, die ihn als erste als das erkennt, wer und was er ist. Athene war inzwischen so freundlich, ihm eine männlich-kräftige Gestalt zu verleihen, aber das Greisengesicht zu belassen. Auf diese Weise ermannt und getarnt, erzählt er der Königin selbst, wer er sei, nämlich Aithon aus Kreta, und wie er Odysseus gekannt habe. Der Königin kommen die Erinnerungen an bestimmte Details wie jene Spange ihres Gatten, ihre Schenkel werden feucht.

Erst dann ist der Alte bereit, es mit den Freiern aufzunehmen. Es ist Penelope selbst, die einer göttlichen Eingebung folgend, den Bogen des Königs hervorholt und demjenigen, der ihn mit seinem Glied spannen können, ihre Hand verspricht. Doch es gibt nur einen, der dieses Kunststück vollbringen kann…

Mein Eindruck

Der Leser ist gut beraten, sich die Abenteuer des Helden in Erinnerung zu rufen, wie sie etwa von Kirk Douglas dargestellt wurden. Leider werden diese farbenprächtigen Männerabenteuer heute nur noch selten gezeigt, weil sie den Machismo des Heldenkinos transportieren – und weil Frauen meist nur Beute oder Hexe sind. Ganz anders hier bei Galls „Träumereien“. Frauen sind ebenso Täter wie Geliebte. Dies trifft sowohl auf die Göttin Athene, auf die Nymphe Kalypso und sogar schon auf die erst dreizehnjährige Nausikaa zu.

Letztere müsste dem Buch eigentlich einen zweifelhaften Platz auf dem deutschen Index einbringen. Dieser lässt keine Darstellungen von Sex mit Minderjährigen zu, was man immer noch am Verbot von Jose Pierres Roman „Die Strandnymphe“ ablesen kann. Die Titelfigur ist dabei immerhin schon 16 Jahre alt. Doch was kann man schon gegen Klassiker wie „Die Odyssee“ tun? Nausikaa bleibt drin. Und sie besteht in der Geschichte auf ihrem Recht, Sex mit diesem Fremden haben zu dürfen.

Erstens waren die Mädels vor 3000 Jahren mit zwölf Jahren geschlechtsreif und somit heiratsfähig, zweitens gab es bereits das Tabu des Inzests, das eine Frau dazu anhielt, ihren Liebespartner außerhalb der Familie, ja, des eigenen Landes zu suchen. Die Folge von Inzucht waren bestens bekannt: schwache Nachkommen, die nur geringe Überlebenschancen besaßen. Ein warnendes Beispiel sind in der Neuzeit die letzten Habsburger in Spanien gewesen. Mädels mussten sich vor 3000 Jahren beeilen, einen Mann abzukriegen, denn sie starben spätestens mit 40 Jahren, meist an Krankheiten, Altersschwäche oder durch die allfälligen Kriege zwischen Stadtstaaten und Inselstaaten. (Die „Ilias“ erwähnt dergleichen nur am Rande.)

Wer nichts gegen Machismo und dessen Verherrlichung männlicher Potenz und körperlicher Attribute hat, der kommt hier voll auf seine Kosten. Allerdings sind dies „tall tales“, die übertrieben und ausgeschmückt sind, damit sie der Unterhaltung der Leser dienen. Damals gab es nur Zuhörer, und die waren noch anspruchsvoller als heutige Leser. Geschichten von Ungeheuern, seltsamen „Töchtern der Sonne“, gefährlichen Sirenen mit löchrigen Fischschwänzen und allfällige Göttinnen und Nymphen regten die männliche Phantasie ordentlich an.

Kirke, die Gute

Dieses Buch bildet für mich das erste Mal, dass Kirke gut wegkommt. Sonst wird sie ja immer als schlimme, hinterhältige Zauberin dargestellt, die ein Vergnügen daran findet, stolze Mannsbilder in niedrige Schweine zu verwandeln und sie dergestalt zu demütigen. Nicht so die vorliegende Kirke. Sie verwandelt die Seeleute auch in Affen, Ziegen und Elefanten, damit sie ihren Spaß hat. Doch eigentlich sehnt sich die „nymphomane Nymphe“ nach einem rechten Kerl wie Odysseus. Der überlistet sie nicht nur, sondern „überzeugt“ sie schließlich von seinen Mannesqualität, die sie mit Freuden genießt. Insofern lobt sie also Intelligenz in einem Mann, bestraft aber tumbe Geilheit. Sie revanchiert sich bei ihrem Bezwinger mit Geschenken an die Toten sowie mit Ratschlägen, wie man Sirenen sowie Skylla und Charybdis überwindet.

Skylla und Charybdis

Diese beiden Gefahren sind bei Michel Gall von ganz besonderer Natur, die sie umstritten macht. Skylla überträgt die Geschlechtskrankheit Syphilis. Noch einen Grad schlimmer erscheint Charybdis, denn sie verströmt Monatsblut, das offenbar ganz besonders gefährlich für Männer. Wenn sie ihr Blut wieder einsaugt und ein Mann befindet sich in diesem Strudel, ist er verloren. Das ist natürlich alles andere als politisch korrekt, spiegelt aber uralten Aberglauben wider. Das Blut einer Frau versetzt einen Manner immer noch in Angst und Schrecken, ganz besonders „da unten“.

Manns-Bilder

Die Bilder von den Männern, die in diesen Geschichten auftreten, sind spärlich. Odysseus_ Gefährten sind einfache Leute, die jede sich bietende Gelegenheit wahrnehmen, eine Frau flachzulegen, ungeachtet des bekannten Risikos, etwa bei Kirke. Das ist aber noch besser als das Bild, das König Äolos abgibt: Er kennt keine Tabus, wenn es um die Benutzung seiner Frau und der Töchter geht. Dieser absolute Herrscher kennt nur eine Grenze für seine Macht: Langeweile. Außerdem wird seiner wichtigste natürliche Ressource von den fremden Gästen geradezu verschlissen und verwöhnt: die Frauen. Das muss ein Ende haben, damit wieder „normale“ Zustände hergestellt werden können.

Wie anders hingegen tritt der Titelheld auf. Er ist nicht nur listenreicher, wenn’s drauf ankommt – siehe die Polyphem-Episode -, sondern auch mit gesundem Menschenverstand ausgestattet. Stets achtet er den Willen der Götter und seiner Mutter, respektiert auch den Willen seiner Seeleute, wenn’s sein muss – und wenn’s um die Frauen geht, respektiert er deren Wünschen allen voran die der unersättlichen Nymphe Kalypso. Auf einen so ungewöhnlichen Mann sind sogar Göttinnen scharf. Athene, seine Beschützerin, lässt sich schließlich auch mal in Naturalien für ihre Dienste bezahlen. Ihr Widersacher ist bezeichnenderweise impotent: der Meeresgott Poseidon.

Die Übersetzung

Angeblich handelt es sich hierbei um eine „Originalausgabe“, siehe das Cover. Aber warum musste dann die Star Agency als Übersetzer einspringen? Der Autor des Klappentextes kannte zudem offensichtlich nicht den Buchinhalt, sondern ersetzt kurzerhand König Äolos durch Polyphem.

S. 11: „seine stracke Männlichkeit“: Die Star Agency verwendet gerne Dialekt-Vokabeln, die woanders missverstanden werden könnten.
Hier lautet die Bedeutung offenbar: „gerade, straff, steif“, wie in „schnurstracks“:
1. „auf dem kürzesten, schnellsten Wege; geradewegs“ wie in „sie soll nach der Schule schnurstracks nach Hause gehen“, und
2. ohne Umschweife, prompt; geradewegs, wie in „schnurstracks erklärte sie ihre Kündigung“.

S. 29: „nouvelle cuisine“: Da spricht der Franzose!

S. 60: „in dem flotzigen Loch“: siehe oben zu S. 11. Bedeutung.

S. 79: „in der schmutzigsten aller Su[h]len zu wälzen…“: Das H fehlt. Eine Suhle ist eine Art Schlammloch.

S. 129: „ihre Augen werden groß wei (!) Backöfen“. Es sollte „wie Backöfen“ heißen.

Unterm Strich

Sonne macht geil, griechische Sonne macht noch geiler. Und warum auch nicht: Sonne erzeugt Vitamin D, und Vitamin D ist das Beste, das es für die „Kinder der Sonne“ gibt, frei Haus und ganz umsonst. Die so erzeugte Geilheit veranlasst sowohl Männlein wie Weiblein zu regem Treiben. Wehe dem, der kein „Kind der Sonne“ ist. Dazu gehören die Einäugigen, die die Sonne mit verkehrten Körperteil ehren, nämlich mit dem Hintern und ihrem Bronzeauge.

Unmenschlich sind auch die Sirenen und die Monster Skylla und Charybdis, die die Schrecken der Geschlechtskrankheiten und des Monatsblutes verkörpern. Allenthalben müssen sich wackere Männer vor Gift und Drogen in Acht nehmen, so etwa bei der Zauberin Kirke und den Lotosesserinnen. Apropos Kirke: Hier fand ich das erste positiv gezeichnete Porträt der Zauberin göttlicher Abkunft. Recht ironisch wirkt daher der Rat des Götterboten Hermes (ja, der mit der goldenen Latzhose), um die halbgöttliche Zauberin mit ihren eigenen Waffen zu schlagen und sie zu überlisten.

Wie auch immer, die Einfälle des französischen Autors sorgen in den kurzen Kapiteln stets für gute Unterhaltung, sowohl bei männlichen wie weiblichen Lesern.

Die nord- oder süddeutschen Vokabeln des unbekannten Übersetzern sind allerdings gewöhnungsbedürftig.

Taschenbuch: 140 Seiten.
O-Titel: Une Odyssee Erotique, 1981
Aus dem Französischen von Star Agency.
ISBN-13: 9783426025086

https://www.droemer-knaur.de/

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