Dirk van den Boom – Tentakelgott

Die Sänger sind nicht mehr. Die Tentakel verwandeln sich in Zombies. Die Menschen der Erde befreien sich aus dem jahrhundertelangen Joch und gehen einer neuen Zukunft entgegen. Exilanten suchen nach einem anderen Sinn ihrer Existenz. Verschüttete klettern aus den Trümmern und finden ein neues Leben. Und es bleiben Fragen, die ungeklärt sind, Zusammenhänge, die aufgedeckt werden müssen und Rollen, die neu zu definieren sind.

Wer herrscht über wen? Wer versucht, das Rad der Zeit zurückzudrehen? Wer findet eine neue Bestimmung – und wer scheitert an dieser? Die Dämmerung des Tentakelreiches bricht an, und in ihr versuchen alle, ihre Existenz neu zu ordnen, und nicht alle tun dies freiwillig. Vor allem für einen stellt sich die Frage, wohin die Reise jetzt geht – und ob er noch ein letztes Mal etwas anderes sein wird als Tentakelkaiser oder Tentakelgott.
(Verlagsinfo)

Finale für die Tentakel. Oder?

Im vorangegangenen Roman „Tentakelkaiser“ ereignet sich – neben anderen Richtung weisenden Aspekten – der Ausbruch einer Seuche auf der Erde. Die nur die Tentakel betrifft und sich so schnell ausbreitet, dass jede Reaktion zu spät kommt. Dass die pflanzlichen Wissenschaftler dem Wesen der Seuche nicht auf die Spur kommen, trägt natürlich seines zur unkontrollierbaren Verbreitung bei. Freiheit für die Erde! Das war zumindest der erste Eindruck.

Nun, im abschließenden Band der Geschichte, besteht für Dirk van den Boom die dringende Notwendigkeit, all die ausgelegten Fäden und Handlungsstränge zusammen zu führen und ein Ergebnis zu präsentieren. Die Geschichte, die seit dem vierten Roman „Tentakelwacht“ in ihrer Komplexität beständig expandierte und mit Band sechs „Tentakelfürst“ einen Höhepunkt erreichte, schien sich gleich den Bombensplittern nach einer Explosion im Universum auszubreiten, so dass kein fokussiertes Ende in Sicht geriet. Van den Boom, der sich im Fandom gerne als chaotisch arbeitenden Autor darstellt, zeigt mit diesem Roman allerdings seine Fähigkeit, den Überblick zu behalten und aus einer höchst umfangreichen Geschichte eine Parabel zu erzeugen. Mathematisch betrachtet.

Inhaltlich finden wir die bekannten Baustellen vor: Das Raumschiff „Vengeance“, das die Reste der geflüchteten Menschheit beherbergt und sich letztlich auf einen eher sinnlosen Rachefeldzug begeben hatte; die Bewohner des Bunkers, die sich nun, nach Ausbruch der Tentakelseuche, um einen Überblick auf der Erde bemühen; die körperlose Existenz des ehemaligen Straßenhackers Slap, seines Zeichens inzwischen Tentakelkaiser mit dem Ziel, der bestialischen Expansion der Tentakel ein Ende zu setzen.

In bewährter Manier springt van den Boom in jedem Kapitel an einen anderen Schauplatz, jetzt sogar um einen vierten erweitert, dessen über die Erzeugung eines gewissen Lokalkolorit hinaus gehende Bedeutung erst im späten Verlauf des Romans zu Tage tritt. Hier ergeht sich der Autor für seine Verhältnisse beinahe dezent in primitiven Machtfantasien, wobei man retrospektiv erkennt, wie gut dies zu verschiedenen Phasen der Tentakelromane passt – und nicht zuletzt natürlich zum Aufbau und zur Auflösung dieses letzten Romans entscheidend beiträgt. Ohne zuviel vorweg zu nehmen lässt sich in diesem Zusammenhang nur sagen, dass sich die Konsequenz mit Erreichen einer bestimmten Passage anbahnte, in ihrer Gesamtheit allerdings wirklich erst schlussendlich zeigte. Überzeugend!

Van den Boom selbst deutet im Nachwort darauf hin, dass es einen erzählerischen Spiegel über die gesamte Reihe gibt, der sich mit der Entwicklung seiner Protagonisten befasst. Man kann sogar noch weiter gehen und die Geschichte grob in drei Phasen aufteilen, die sich nicht nur inhaltlich und der Charakterentwicklung bedienen, sondern auch im Stil wiederzufinden sind. Die ursprüngliche Trilogie erzählt eine klassische Geschichte nach dem Vorbild der Military Sciencefiction, eines Subgenres, das sich an seiner Bezeichnung selbst erklärt. Die zweite Trilogie begann deutlich ironischer, driftete mit ihrem „Slap“-Stick zeitweise beinahe in die Absurdität ab, fing sich jedoch spätestens mit Band 6, dessen Komplexität für den Autor offenbar ein Maximum erreicht hatte, reduzierte er dies in der letzten Trilogie doch beträchtlich. Hier nun klingt insgesamt ein erwachsener Tonfall durch, wobei es natürlich mitnichten an Auswüchsen boomschen Humors mangelt. Trotzdem zeigt er hier, dass man sogar in Deutschland mit Military SF ernsthafte Literatur schreiben kann, ohne auf Tentakelsex verzichten zu müssen.

Insgesamt bietet dieser Roman neben der typischen rasanten Unterhaltung einen glaubwürdigen Abschluss der Romanreihe, mit der Dirk van den Boom die Serienarbeit verließ. Um eigenständige Werke zu entwickeln. Ein langjähriges Projekt endet nunmehr, aber man darf sicher erwarten, dass der Autor bereits die nächsten Gliedmaßen im Feuer hat – wenn es auch keine Tentakel mehr sind.

Taschenbuch, 280 Seiten
Originalausgabe

ISBN: 9783864025433
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Über den Autor

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