Hal Clement – Der Feuerzyklus

Für große Jungs: Planeten- und Astronomie-Abenteuer

Alle 830 Sonnenumläufe (Jahre) sorgt die exzentrische Umlaufbahn von Abyormens Sonne um eine andere Sonne dafür, dass sich Abyormen unglaublich erhitzt: Alles Wasser verdampft und giftige Stickoxide bringenn alle vorhandenen Lebewesen um. Doch etwas überlebt dennoch.

Auf diesen ungewöhnlichen Zyklus und die Voraussetzungen für das Überleben gewisser intelligenter Lebewensformen stößt der junge Pilotenkadett Kruger, als er auf Abyormen strandet und sich mit einem einheimischen Piloten, der ebenfalls gestrandet ist, anfreundet. Zusammen entdecken sie die unglaubliche Wahrheit über den Feuerzyklus – und einen Weg, die Flamme der Intelligenz über den Abgrund der Vernichtung weiterzutragen.

Der Autor

Harry Clement Stubbs, genannt Hal Clement, wurde 1922 in Somervolle, Massachusetts, geboren. Er studierte Chemie, Astronomie und Erziehungswissenschaften. Im Weltkrieg flog er einen Bomber in 33 Feindeinsätzen. Danach wurde er Lehrer und Technischer Instrukteur. Schreiben war für den langjährigen Pfadfinderführer stets ein Hobby, doch damit gelangte er zu größerem Ansehen als mancher Profi-Autor.

Seine erste Story war 1942 „Proof“ in „Astounding Stories“. Hier erschienen alle seine Beiträge, denn er integrierte seinen naturwissenschaftlichen Hintergrund und die wissenschaftliche Methode in seine Geschichten. 1949 bis 1953 war seine beste Zeit, denn drei Fortsetzungsromane wurden in Astounding abgedruckt: „Needle“ (1949, „Die Nadelsuche“ und „Das Nadelöhr“, 1983) ist ein SF-Detektivroman, „Iceworld“ (1951, „Eiswelt“, 1983) schildert einen Alien-Einsatz auf einer gefährlichen Eiswelt, die sich als unsere Welt entpuppt; und „Mission of Gravity“ (1953), das seinen Ruhm begründete: Auf einer Welt mit Superschwerkraft muss eine wertvolle Sonde geborgen werden.

Weitere gute Romane sind „Cycle of Fire“ (1957, „Der Feuerzyklus“), „Close to Critical“ (1958, „Botschafter von den Sternen“) und „Star Light“ (1971, „Stützpunkt auf Dhrawn“), die ähnliche Handlungsverläufe aufweisen, aber die Klasse von „Mission Schwerkraft“ (zuletzt in „Schwere Welten“ bei Heyne) nicht erreichen können: Erdlinge geraten auf Fremdwelten in Schwierigkeiten, aus denen ihnen fremde Lebensformen heraushelfen müssen.

Handlung

Auf der Welt Abyormen sucht Nils Kruger, der gestrandete Pilotenkadett des Raumschiffs „Alphard“, auf dem Boden nach dem einheimischen Kurier, der mit seinem Segelflugzeug in der Lavaregion abgestürzt ist. Dieser Planet wird von gleich zwei Sonnen aufgeheizt, einem roten Zwerg und einem blauen Riesen. Nach Tagen der Verfolgung findet der Junge endlich Dar Lang Ahn unter einem Felsen, der ihn vor der sengenden Hitze in der Lavawüste schützt. Doch vergebens: Dar ist kurz vor dem Verdursten.

Kruger wundert sich: Weiß der Einhemische denn nicht, dass in all den Kakteen, die ringsum, gedeihen, Wasser in Hülle und Fülle gespeichert ist? Er kommt zu dem irrigen Schluss, dass Dar nicht von dieser Welt stammt. Dar seinerseits glaubt, dass der Riese ein Einheimischer sein müsse. Der 16-jährige Kruger und gibt dem nur etwa 130 Zentimeter großen reptilartigen Kurier – er trägt immer noch Bücher bei sich – zu trinken und beginnt, seine Sprache zu lernen.

Zusammen machen sie sich auf den 2000 Kilometer langen Weg zu Dars Bestimmungsort im Norden des Planeten. Dort soll es tatsächlich Eisflächen geben, so unglaublich dies Kruger angesichts der tropischen Hitze erscheint, durch die sie gerade stolpern. Er rettet Dar das Leben, als er ihn vor dem Sturz in einen Schlammgeysir bewahrt, ähnlich jenem, in den er vor Monaten fiel und wo ihn die Besatzung des Raumschiffs verlorengab.

Sie gelangen in eine Stadt am Meer. Nur dass diese Stadt weder von Dars Volks noch von Krugers Expedition gebaut wurde. Etwa fünfzig Leute, die genauso aussehen wie Dar, nehmen diesen zu seinem Erstaunen fest und führen sie zu ihren Lehrern. Diese Lehrer sind nie zu sehen, stellen aber penetrante Fragen. Sie sind über Krugers Fähigkeit, Feuer zu machen, sehr erstaunt. Zudem fragen sie ihn, wann er sterben werde – so als gäbe es eine festgelegte Zeit fürs Sterben. Dar kennt diese Frist, denn er lebt bereits 800 Jahre (Sonnenumläufe) und hat nur noch 30 vor sich – jedermann wird zu jener zeit sterben, erfährt Kruger. Doch was könnte so verheerend sein, dass alles Leben außer den Lehrern auf Abyormen erlischt?

Nachdem sie das verlassene Kraftwerk der untergegangenen Stadt entdeckt haben, machen sich Dar und Kruger ohne Dars Bücher auf den Weg nach Kwarr, Dars Heimatstadt. Ein Segelflugzeug entdeckt sie, und nachdem sie ein Katapult gebaut haben, landet ein großer Segler, der sie mitnimmt, weil er vom Katapult gestartet werden kann. Vielleicht findet Kruger in den Eishöhlen von Kwarr endlich bei Dars Lehrern die Antworten auf seine drängenden Fragen. Es bleiben Dar nur noch 14 von den 830 Jahren Frist…

Mein Eindruck

Damit endet praktisch der erste Teil des Romans. Im zweiten taucht die „Alphard“ wieder auf, womit die wissenschaftliche Untersuchung des Planeten Abyormen beginnen kann. Weil Dar endlich die wissenschaftliche Methode der Menschen kennenlernt, ist er in der Lage, die überraschende Befunde aus den Disziplinen Astronomie, Biologie, Geologie, Archäologie, Physik und vielen mehr zusammenzutragen. Doch mit der Auswertung und vor allem Deutung der Ergebnisse haben nicht nur die beiden Gefährten ihr Problem, sondern auch der Kommandant.

Genozid?!

Es sieht nämlich ganz danach aus, als könnte gewisse Formen von Dars Spezies das Großjahr von 830 Sonnenumläufen überleben. Was wenn es ihnen gelänge, aus den Dar vermittelten und in seinen Bücher niedergelegten Informationen eines Tages eine Raumflotte zu bauen und die Welten der Menschen zu besiedeln? Offenbar ist Dars Spezies sehr widerstandsfähig. Würde sie die Menschen dann nicht verdrängen? Kommandant Burke sieht sich gezwungen, Dar die Rückkehr zu seinem Volk zu verwehren, so zum großen Verdruss von Kruger.

Das vorbestimmte Ende

Doch da zum Glück noch der Astronom ein Wörtchen mitzureden. Die exzentrische Umlaufbahn von Abyormens Sonne Theer, die sich immer enger an den neuen Zentralstern Arren anlehnt, wird in einer halben bis einer Million Jahren dazu führen, dass alles Leben auf Abyormen durch Überhitzung vernichtet wird und Theer selbst in das Innere Arrens stürzt. Das bedeutet, dass es Völkermord wäre, Dars Spezies mitsamt den zwei verschiedenen Arten von Lehrern ihrem Schicksal zu überlassen.

Kein ewiges Leben

Im letzten Teil (es gibt keine formale Unterteilung in Großabschnitte außer in Kapitel) diskutieren die maßgeblichen Mitglieder der Expedition, Kruger und Dar mit den verschiedenen Lehrern. Und Krugers Plan, wie er Dar vor dem Tod bewahren könnte, wird von Dar selbst entdeckt und vereitelt. Dar, so traurig es auch ist, will zum vorbestimmten Zeitpunkt sterben. Doch sein Wissen soll von Kruger an künftige Generationen weitergegeben werden. Der Schluss ist also sehr bewegend.

Die Übersetzung

Ständig verwendet der Übersetzer wie der Autor selbst das Wort „Radio“ anstelle von „Funk“. In deutscher Umgangssprache bedeutet „Radio“ jedoch „Funkempfänger“ und nicht etwa „Funkgerät“.

Seite 38: „eine Unterkunft, dessen Dach…“: richtig wäre „deren Dach“.
Seite 75: „Ich bin hinter dir, Robin Hood.“ Rat mal, wer da spricht! Das sagt nicht Kruger, sondern Dar, der Alien!
Seite 175: offensichtlich fand an dieser Stelle eine Kürzung statt, denn von allgemeinen Ausführungen wechselt der Text unvermittelt zu einer konkreten Szene mit Dialog.

Unterm Strich

Der wenig anspruchsvolle Roman beginnt erst wie ein Planetenabenteuer von Jack Vance und richtet sich wie der ganze Roman an Jungen ab zwölf Jahren, die fremde Welten entdecken wollen. Es ist eine Weiterführung von Reiseabenteuern à la Karl May, mit allerlei Exotik, Missverständnissen und natürlich Gefahren. Innere Konflikte werden angedeutet, aber niemals ausgespielt. Das passiert erst im zweiten teil.

Denn allmählich nehmen die technischen (Elektrizität in der Stadt am Meer, Maschinen im Krater) und wissenschaftlichen Entdeckungen (der Mittelteil auf der „Alphard“) ständig zu, so dass die Abenteuerlust des jungen Leser auf eine harte Probe gestellt wird. Dieser Teil ist eher für Schulabsolventen geeignet, für Jungs um die Fünfzehn oder Sechzehn. (Sorry, Mädchen kommen im ganzen Buch nicht vor.)

Den Höhepunkt dieses Mittelteils bildet die Auseinandersetzung zwischen Kadett Kruger und Kommandant Burke, die selbstverständlich wie erwartet endet: Kruger muss sich unterordnen. Den Ausweg bietet der namenlose Astronom an, in dem wir ohne weiteres ein Alter Ego des Autors vermuten dürfen: Es wäre ein Verbrechen, Dars Rasse ihrem Schicksal zu überlassen. Daraus spricht die Doktrin der amerikanischen Nation, wonach es die Pflicht ihrer Angehörigen ist, anderen Menschen bzw. Wesen in Not zu helfen, notfalls auch, sie zu befreien, so etwa im 2. Weltkrieg.

Etwas frustrierend wirkt auch, dass der titelgebende Feuerzyklus zwar entdeckt wird, aber nicht beginnt. Wer also auf eine kosmische Katastrophe mit entsprechenden Spezialeffekten hofft, wird schwer enttäuscht. Und wer kein astronomisches Rüstzeug mit entsprechendem Fachjargon verfügt, dürfte hier vollends verloren sein.

Eine reizvolle Auflockerung würden hier Illustrationen bieten. Doch diese findet man leider nur im Wiederabdruck des Romans in dem Sammelband „Aufbruch in die Galaxis“ (Heyne 1983).

Taschenbuch: 157 Seiten
Originaltitel: Cycle of Fire, 1957;
Aus dem Englischen von Heinz Nagel
ISBN-13: 9783453303478

www.heyne.de

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