Peter F. Hamilton – Fehlfunktion (Armageddon-Zyklus 02)

Es ist das Jahr 2600. Die Menschheit entdeckt endlich ihr ganzes Potential. Hunderte von Kolonien, verstreut über die ganze Galaxis, bieten eine Unzahl unterschiedlichster Kulturen und unermesslichen Reichtum. Gentechnik hat die Grenzen der Natur gesprengt. Der Handel blüht und die Konföderation sorgt für Frieden und Sicherheit. Ein goldenes Zeitalter ist angebrochen. Doch etwas ist schiefgelaufen. Auf einem kleinen, unscheinbaren Planeten trifft ein Mensch unvermittelt auf ein vollkommen nichtmenschliches Wesen – und löst die Apokalypse aus: eine Macht, die all unsere Ängste wahr werden lässt … Endlich liegt der Armageddon-Zyklus von Science-Fiction-Großmeister Peter F. Hamilton in komplett neuer Ausstattung vor. (Verlagsinfo zur Neuausgabe anno 2017)

Band 2: „Die Besessenen breiten sich scheinbar unaufhaltsam über Lalonde aus. Die Konföderation entsendet eine Flotte, um ihnen Einhalt zu gebieten. Kann sie verhindern, dass der Planet aus dem Universum entführt wird? Gleichzeitig wird eine skrupellose Frau nach langer Zeit im Exil wieder aktiv, um uralte Rachepläne zu verfolgen. Wenn es ihr gelingt, den Geheimdiensten zu entkommen, droht dem gesamten Universum größte Gefahr …“ (Verlagsinfo)

Der Autor

Peter F. Hamilton, am 2. März 1960 im kleinsten englischen Verwaltungsbezirk Rutland geboren, wo er heute noch lebt, ist ein Senkrechtstarter im Feld der Science-Fiction. Erst ab 1987, als er eigentlich am Fließband arbeitete, musste er sich nach einem Broterwerb umsehen, den er von zu Hause verrichten konnte, damit er seine erkrankte Mutter pflegen konnte. Bereits 1989 verkaufte er seine erste Story „Death Day“ und kündigte seinen ersten Roman an: „Mindstar Rising“. Der erschien denn auch 1993 bei |Pan Books|: „Mindstar: Die Spinne im Netz“ (1998). Es war der erste Band der „Mindstar“-Trilogie, in der 1994 „A Quantum Murder“ und 1995 „The Nano Flower“ (beide 1999 bei |Bastei Lübbe| erschienen) folgten.

Seinen wirklichen Durchbruch erzielte Hamilton mit seiner Space-Opera-Trilogie „Night’s Dawn“ – deutsch als „Armageddon-Zyklus“ ab 1999 veröffentlicht. Er wird heute als wichtiger Neuerer dieses Subgenres betrachtet. Danach folgte bislang der Actionroman „Fallen Dragon“, der bei uns als in zwei Bänden als „Der Drachentempel: Sternenträume“ und „Der Drachentempel: Drachenfeuer“ erschien. „Der Dieb der Zeit“ ist also in thematischer Hinsicht ein Ausreißer. Den hatte sich Hamilton vertraglich ausbedungen. Zu seinem Vorteil. „Dieb der Zeit“ belegt, dass Hamilton mehr kann als einen Actionromanwälzer nach dem anderen zu produzieren.

Offizielle Homepage des Autors:http://www.peterfhamilton.co.uk/

Der Armageddon-Zyklus (Night’s Dawn Trilogy)

Vol. 1: The Reality Dysfunction, 1996

Band 1: Die unbekannte Macht, Bastei Lübbe, 1999, ISBN 3-404-23221-6
Band 2: Fehlfunktion, Bastei Lübbe, 1999, ISBN 3-404-23222-4

Vol. 2: The Neutronium Alchemist, 1997

Band 3: Seelen-Gesänge, Bastei Lübbe, 2000, ISBN 3-404-23227-5
Band 4: Der Neutronium-Alchimist, Bastei Lübbe, 2000, ISBN 3-404-23228-3

Vol. 3: The Naked God, 1999

Band 5: Die Besessenen, Bastei Lübbe, 2001, ISBN 3-404-23233-X
Band 6: Der nackte Gott, Bastei Lübbe, 2001, ISBN 3-404-23234-8

Die Commonwealth-Saga bei BUCHWURM

Vol. 1: Pandora’s Star, 2004

Band 1: Der Stern der Pandora, Bastei Lübbe, 2006, ISBN 3-404-23290-9
Band 2: Die Boten des Unheils, Bastei Lübbe, 2006, ISBN 3-404-23293-3

Vol. 2: Judas Unchained, 2005

Band 3: Der entfesselte Judas, Bastei Lübbe, 2006, ISBN 3-404-23330-1
Band 4: Die dunkle Festung, Bastei Lübbe, 2007, ISBN 3-404-23304-2

Handlung

Nach dem Ausbruch des „Energievirus“ auf der Kolonistenwelt Lalonde stellt die Lalonde-Entwicklungsgesellschaft (LEG) aufgrund eines erschreckenden Reporterberichts eine Söldnerflotte auf, die die Gefahr eindämmen, wenn nicht sogar beseitigen soll. Zunächst geht man davon aus, dass die Kolonisten „sequestriert“ worden seien, dass also ihr Bewusstsein übernommen wurde. Das ist nicht zutreffend, wie gefangene Lalonder zeigen: Sie sind von den ehemaligen Geistern der Toten besessen, die aus dem Jenseits zurückgekehrt sind. Die Rückkehr hat offenbar ein Fremdwesen ermöglicht. Den Besessenen liegt daran, möglichst viele Menschen zu übernehmen, damit den toten Geistern ein neuer Körper zur Verfügung steht.

Eine widersprüchliche Information versetzt hingegen die Edeniten in Aufregung: Der abtrünnige Edenit Laton soll Lalonde in seiner Macht haben und auf eine andere Welt übergewechselt sein. Wahr ist zumindest, dass Laton ein anderes Habitat besucht hat, doch dort hat er die Besessenen, die von Lalonde entkommen sind, vernichtet. Der angeblich Abtrünnige ist also auf die Seite der Edeniten gewechselt.

Calvert

Auch Joshua Calvert, die Hauptfigur des Zyklus, befindet sich in der Söldnerflotte; eigentlich nur, um ein Geschäft zu machen. Das ist aber leider nicht durchführbar. Er setzt einen Landetrupp mit der Reporterin Kelly ab und muss zusehen, dass er aus dem Lalonde-Orbit verschwindet. Leichter gesagt als getan: Die Besessenen haben die Landefähren der Söldner erobert und machen sich daran, die Raumschiffe selbst zu übernehmen.

Die Kriegsmarine

Zu diesem kritischen Zeitpunkt trifft die Navy der Konföderation ein. Sie nimmt zwar Joshuas Schiff in Arrest, doch sofort werden die Schlachtschiffe von übernommenen Söldnerschiffen angegriffen. Nach einer verlustreichen Raumschlacht muss sich die Navy zurückziehen und verlässt das System. Auch Joshua macht sich aus dem Staub, verfolgt von zwei Söldnerschiffen, die es auf ihn abgesehen haben.

Der spannende Rest der Handlung soll hier nicht verraten werden. Aber es gibt zahlreiche verblüffende und faszinierende Momente, so etwa Joshuas Husarenstücke, aber auch das Treffen mit den Tyrathca-Aliens auf Lalonde. Schließlich folgt noch das obligatorische Rennen gegen die Zeit, um 29 Kinder von Lalonde zu retten. Hier kommen Battletech-Spezialeffekte en gros zum Einsatz…

Mein Eindruck

Im Mittelpunkt dieses zweiten Bandes (d.h. der 2. Hälfte des ersten ORIGINAL-Bandes) steht das Konzept der Besessenen. Zuvor wusste der Leser ja nicht, worauf die Gefahr für die Menschheit beruht. Doch die Übernahme von lebenden Menschen durch die Geister von Toten ist denkbar gruselig. Es erinnert an die Idee hinter dem Film „Being John Malkovich„: Der Körper ist nur ein Gefäß für ein oder mehrere Seelen.

Dass diese Übernahme häufig schmerzhaft und ungerecht ist, aber manchmal auch ein freundliches Gesicht vorweisen kann, belegt der Fall von Shaun Wallace, dem die Reporterin Kelly auf Lalonde begegnet. Shaun ist körperlich ein Holzfällertyp, stammt aber aus dem Nordirland Anfang des 20. Jahrhundert (1916 erkämpfte die Republik Irland ihre Unabhängigkeit). Er hat es ausnahmsweise nicht auf die Übernahme von Kellys Seele abgesehen und verbreitet vielmehr einen goldigen Charme.

Und die Besessenheit muss nicht endgültig sein. Quinn Dexter etwa, der Anführer der ursprünglichen Rebellen und eines der ersten Opfer des Fremdwesens, wurde übernommen, kann sich aber auf dem idyllischen Planeten Norfolk, der von den Besessenen erobert wird, aus der Gefangenschaft seiner Seele befreien. Für die armen Norfolker darf man das Schlimmste befürchten.

Die Laymil

Der Titel „(Realitäts-) Fehlfunktion“ rührt aus den Aufzeichnungen der Laymil-Aliens im Tranquility-Sektor her. Die verschwundenen Laymil hatten Ruinen hinterlassen, in denen u.a. Joshua Calvert nach Schätzen suchte – und fündig geworden war. Sein Fundstück ist nunmehr entschlüsselt: Die Laymils erzählen vom Auftauchen einer Realitätsstörung. Möglicherweise handelt es sich um das gleiche Phänomen wie auf Lalonde, mehrere tausend Jahre später. Der Autor wird uns hoffentlich noch mehr darüber verraten. Denn dies könnte der einzige Weg sein, um die Bedrohung, der sich die gesamte Menschheit gegenübersieht, abzuwenden.

Ach ja: Auch Dr. Alkad Mzu, die 60 Jahre auf Tranqulity unter Hausarrest stand, gelingt die Flucht: eine der spektakulärsten und witzigsten Szenen des gesamten Buches. Hier sehen die trainierten und hochgerüsteten Geheimdienstler gar nicht gut aus.

Unterm Strich

„Fehlfunktion“ ist ein komplexer Roman voller Spannung und Action, der an sehr vielen Schauplätzen spielt. Diese eher vordergründigen Effekte halten sich die Waage mit mehreren eingehenden Personenporträts, die durchaus ebenfalls interessant sind. Da sind junge, soeben schwanger gewordene Erbinnen, entschlossene Administratorinnen, junge Nachfolger voll Hass auf ihren Erzeuger und viele andere, meist junge Figuren, die das ebenfalls überwiegend jugendliche Publikum interessieren dürften.

Auch der nächste Band dürfte noch keine Abwendung der Invasion durch die Toten, geschweige denn die Lösung des Problems bringen. Es bleibt also spannend.

Taschenbuch: 796 Seiten.
O-Titel: The Reality Dysfunction, Part II
Aus dem Englischen von Axel Merz.
ISBN-13: 978-3492281423

www.piper.de

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