Alle Beiträge von Michael Matzer

Lebt in der Nähe von Stuttgart. Journalist und Buchautor.

Der Schöpfer der Regendrachen

_Buchwurm.info:_ Wie geht es Ihnen? Wo sind Sie? Was machen Sie gerade?

_Karsten Kruschel:_ Abgesehen von einer Bandscheibe unter Fluchtverdacht geht es mir gut. Ich sitze in meinem Arbeitszimmer zu Hause vor dem iMac und will grade die Ideen ins neue Buchmanuskript einarbeiten, die mir im Wartezimmer der Röntgenabteilung gekommen sind.

_Buchwurm.info:_ Aus Ihrer Biografie (s.u.) ist zu erfahren, dass Sie schon früh zum Schreiben kamen, aber auch im Kabarett mitwirkten. Hing das eine mit dem anderen zusammen? Tut es das heute noch?

_Karsten Kruschel:_ Das Kabarett hatte mit dem Schreiben nichts zu tun. Allerdings ertappe ich mich beim Überarbeiten manchmal dabei, daß ich dem einen oder anderen wirklich dusseligen Witz beim Schreiben nicht widerstehen konnte. Das wird dann meist gestrichen. Spätestens beim Lektorat.

_Buchwurm.info:_ Was macht Ihnen am Erzählen den meisten Spaß?

_Karsten Kruschel:_ Das wunderbare Gefühl, wenn „es schreibt“: Wenn die Geschichte begonnen hat, sich selbst nach ihren eigenen, inneren Gesetzen weiterzuentwickeln, und ich als Autor staunend vor dem Ergebnis sitze. Natürlich hab ich anfangs einen Plan, aber an den halten sich die Figuren oft nicht. Es ist schon vorgekommen, daß ich einen Abschnitt schrieb und am nächsten Tag überrascht war, daß eine meiner Lieblingsfiguren dabei ins Gras beißen mußte. Wenn ich feststelle, daß das für die Geschichte gut ist, bleibt es auch dabei.

_Buchwurm.info:_ Sie sind durch Ihre Doktorarbeit und Rezensionen ein Kenner der ost- wie auch westdeutschen Science Fiction geworden. Ist Ihnen der literaturhistorische Hintergrund bewusst, wenn Sie schreiben oder ein Buch veröffentlichen?

_Karsten Kruschel:_ Das muß man trennen. Wenn ich schreibe (wenn „es schreibt“), ist mir die ganze Literaturgeschichte piepegal, und auch, ob jemand schon mal dieselbe Idee hatte. Was unbewußt alles mitspielt, kann ich nicht sagen.

Wenn ich überarbeite – und das ist der weitaus größte Teil des Schreibens –, ist das alles natürlich da. Da werden Sachen, die als unbewußtes Echo von Gelesenem in den Text gerutscht sind, rigoros gestrichen, oder sie werden in etwas Eigenes umgeformt, adaptiert, eingehegt.

Bei meinem Beitrag zur David-Bowie-Anthologie „Hinterland“ beispielsweise war mir schon klar, daß das Thema bereits bei Harrison vorkam, aber die Art, wie ich es verarbeitet habe, macht es zu etwas Eigenem. Das haben die Leser dann auch so gesehen.

_Buchwurm.info:_ Wer sind Ihre Lieblingsautoren und welche Ihre Lieblingsbücher in SF und Phantastik?

_Karsten Kruschel:_ Unter den Autoren natürlich Bradbury, außerdem Lem und die Strugazkis, Cordwainer Smith und James Tiptree jr., Wolfgang Jeschke und Iain Banks, J.G. Ballard, Jonathan Carroll und David R. Bunch, die Steinmüllers und die Brauns.

Bücher: Alle paar Jahre lese ich im Sommer hintereinanderweg erst den „Hobbit“ und dann den „Herrn der Ringe“. Dann fallen mir spontan ein (obengenannte Autoren ausgeschlossen): „Helliconia“ (von Brian W. Aldiss), „Die Jahre des schwarzen Todes“ (von Connie Willis), „Darwinia“ (von Robert Charles Wilson), „Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest“ (von John D. MacDonald), „Ein Feuer auf der Tiefe“ (von Vernor Vinge), „Drachenpiloten“ (von Keith Roberts)…

_Buchwurm.info:_ Ihr in zwei Teile aufgespaltener Roman VILM hat Auszeichnungen und viel Anerkennung erfahren. Freut Sie das? Und was an dieser Anerkennung am meisten?

_Karsten Kruschel:_ Nicht übertreiben. EINE Auszeichnung hat er bekommen: Den Deutschen Science Fiction Preis.

Und natürlich freut mich das. Ich habe mich auch über den dritten Platz beim Kurd-Laßwitz-Preis gefreut – da landet ein Debütroman selten so weit vorne.

Beim DSFP finde ich gut, daß dieser Preis von einer Jury vergeben wird, in der wirklich jeder Juror jedes nominierte Buch liest und in der über die Kandidaten diskutiert wird.

_Buchwurm.info:_ Wollten Sie mit VILM die Evolution einer neuen Gesellschaft schildern, einer Gesellschaft, die von ihrer Umwelt und ihrer Geschichte determiniert wird?

_Karsten Kruschel:_ Die ersten Kapitel entstanden u. a. aus dem Versuch,

a) einer als erstarrt und verkrustet empfundenen Gesellschaft eine vorzuhalten, in der ganz im Gegenteil sich ständig was bewegt und entwickelt; und

b) einer obrigkeitshörigen und obrigkeitsbestimmten Gesellschaft eine vorzuhalten, die prima ohne Obrigkeit auskommt.

Danach hat „es sich geschrieben“…

_Buchwurm.info:_ Wie wichtig sind Ihnen Ihre Figuren? Warum?

_Karsten Kruschel:_ Sehr. Die Figuren sind es, die den Leser in die Geschichte ziehen. Wenn ich einer Figur Leben einhauchen konnte, dann funktionert das auch. Übers Internet haben mir Leser geschrieben, daß sie immer noch mit Eliza mitleiden, weil das mit ihrer Pflaumenpflanzung nichts geworden ist (im letzten Kapitel von „Vilm. Der Regenplanet“) und daß sie immer noch Lafayette hinterhertrauert. Oder daß Leser auch beim zweiten Lesen vor Zorn beben, wenn sie das siebente Kapitel von „Vilm. Die Eingeborenen“ durchhaben. Ja, ich war beim Schreiben auch überrascht, daß Tom die Sache nicht überlebt.

_Buchwurm.info:_ Holen Sie auch andere Meinungen ein, bevor Sie ein Manuskript abgeben? Wie wichtig ist das?

_Karsten Kruschel:_ Gelegentlich liest meine Frau einen unveröffentlichten Text, oder jemand aus meinem Freundeskreis. Wichtig ist, daß ich den Text so lange liegenlasse, bis ich ihn als Fremder lesen kann. Dann geht das Überarbeiten los… Und dann ist da ja noch Heidrun Jänchen, die als Lektorin sehr genau hinschaut und mir schon mal vorrechnet, warum dies oder das nicht stimmen kann.

_Buchwurm.info:_ Recherchieren Sie für bestimmte Bücher? Nutzen Sie dazu Bibliotheken, das Internet oder gar Profis (so wie Peter Prange)?

_Kruschel:_ Wer ist Peter Prange? Hab ich was verpaßt? Firefox an… Kurze Parallel-Recherche im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek und bei Wikipedia. Aha, „Das Bernstein-Amulett“… So mach ich das; sitze aber auch oft im Lesesaal der Stadtbibliothek von Leipzig.

_Buchwurm.info:_ Würden Sie gerne mehr Bücher verkaufen? Sie haben ja schon die 4. Auflage von VILM verkauft.

_Karsten Kruschel:_ Um ausschließlich von der Belletristik leben zu können, müßten es schon noch ein paar mehr sein.

_Buchwurm.info:_ Welche Bedeutung kommt dabei dem jeweiligen Verlag zu, in Ihrem Fall Wurdack?

_Karsten Kruschel:_ Große Bedeutung. Ernst Wurdack sorgt dafür, daß die Texte ordentlich lektoriert werden; sie werden deutlich besser dadurch. Das Manuskript von Vilm ist z. B. um fast hundert Druckseiten erleichtert worden.

Der Wurdack-Verlag sorgt letzten Endes auch dafür, daß Leser überhaupt an ein Buch kommen, listet es bei Amazon und bei Libri und bei buch.de und so weiter. Außerdem ist Ernst Wurdack Grafiker und setzt den Text in einem ordentlichen, gut lesbaren Layout, in dem die Buchstaben Platz zum Atmen haben (andere kleine Verlage füllen dagegen Seiten mit Ameisengewimmel). Und Ernst Wurdack läßt mich beim Cover mitreden. Beim neuen Roman („Galdäa“) hat er sogar die Abdruckrechte für mein Wunschmotiv aus Polen herbeigeschafft.

_Buchwurm.info:_ Sie werden im April VILM 3 veröffentlichen, das den Titel „Galdäa. Der ungeschlagene Krieg“ trägt. Bitte sagen Sie uns, worum es darin geht. Werden wir bekannten Figuren aus VILM 1+2 wiederbegegnen?

_Karsten Kruschel:_ Der neue Roman ist keine direkte Fortsetzung von Vilm, deswegen kommen keine bereits bekannten Figuren vor. Er handelt allerdings im selben Universum und bietet, eingepackt in eine Thriller-Handlung, Besuche auf Atibon Legba und einer Weltenkreuzerwerft sowie noch mehr Goldene und Karnesen. Insofern beantwortet er einige Fragen, die bisher offen geblieben waren.

Den Klappentext kann man bei Amazon nachlesen:
„Wir wollen diesen Krieg beenden. Das kann nur auf zwei Weisen geschehen. Entweder durch die völlige Harmonie der Beteiligten oder die totale Vernichtung einer der Parteien.“ – Tara SKhanayilhkdha Vuvlel TArastoydt, galdäische Konsulin auf Penta V.

Dabei behauptet die offizielle Geschichtsschreibung, die Sicherheit sei schon vor Jahrzehnten wieder hergestellt worden. Allerdings geraten die Dinge in Bewegung, als ein Datenchaos die offiziellen Stellen lahmlegt und Michael Sanderstorm einer unglaublichen Verschwörung auf die Spur kommt.

„Vielleicht ist die Einmischung der Goldenen Bruderschaft ein Akt der Verzweiflung und die die Maden wollen damit nur ihre Pfründe erhalten? Wie gewaltig ist eigentlich das Wespennest, in das wir da gestochen haben?“

Eine schwielige Hand packte seinen Nacken und schob ihn zu seinen Instrumenten und Rechnern hinüber. Eine leidenschaftslose, unbarmherzige Melodie, Verzweiflung und Sehnsucht, süß und scharf, unwiderstehlich, wenn jemand sie spielt, der am Rand eines glassplittergespickten Abgrunds steht.“

Kleine Abschweifung: Die Numerierung ist leider ein bißchen verwirrend geworden. Bei den ersten Galdäa-Ankündigungen stand „Dritter Roman aus dem Vilm-Kosmos“. Daraus wurde dann irgendwo als jetzige Bezeichnung „Vilm 03“ gebastelt, die sich im Internet, bei Distributoren und in Bibliothekskatalogen blitzartig ausgebreitet hat wie Tinte auf Löschpapier. Deswegen lasse ich es jetzt auch so. Viel zu aufwendig, diese Explosionswolke wieder in ihre Dynamitstange zurückzukriegen.

_Buchwurm.info:_ Woran arbeiten Sie gerade? Welche Pläne haben Sie?

_Kruschel:_ Ich schreibe gerade an dem tatsächlichen dritten Band über den Planeten des ewigen Regens – „Vilm. Das Dickicht“ (so der Arbeitstitel). Bis jetzt kommen Will, Eliza, Pak-46-erg und einige andere alte Bekannte vor…

„Emotio“ ist der Titel der nächsten Wurdack-Anthologie, die im Herbst 2011 erscheinen soll. Sie wird, wenn alles gutgeht, meine Geschichte „Violets Verlies“ enthalten.

Zu den Plänen: Eine Hörbuch-Version von Vilm, weitere Romane aus demselben Kosmos, ein in der Gegenwart handelnder Thriller phantastischer Natur, mehrere längere Erzählungen – und ein unveröffentlichtes Kinderbuch, das gerne zwischen zwei Buchdeckel möchte.

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_Biografie_

Karsten Kruschel wuchs in Magdeburg auf, wo er auch Bühnenerfahrung als Kabarettist sammelte – erst mit den Kritiküßchen des legendären Erich Hengstmann, dann mit den Pfeffis des nicht minder legendären Günter Kulbe. Größter Erfolg: Der Titel „Hervorragendes Volkskunstkollektiv“. Erste Veröffentlichungen mit dreizehn (oder so) in der Pionierzeitung „Trommel“, die heute glücklicherweise kaum mehr auffindbar sind. Mitglied im „Zirkel schreibender Arbeiter“ und aktiv in der FDJ-Poetenbewegung; mehrfach Teilnehmer beim Poetenseminar in Schwerin.

In Klein Wanzleben machte Kruschel eine Facharbeiterlehre und begann 1979 ein Studium der Pflanzenproduktion in Halle/Saale, das er nach einem Semester abbrach. Er arbeitete danach als Hilfspfleger in einer Magdeburger Nervenklinik, erste Erzählungen erschienen im Magazin „Neues Leben“. 1980 bis 1984 studierte er in Magdeburg Pädagogik mit der Fachrichtung Deutsch und Geschichte. Während dieser Zeit begann er damit, Rezensionen zu verfassen, die zuerst in der Volksstimme Magdeburg, später auch in anderen Publikationen erschienen. Studienabschluß mit einer Diplomarbeit über die Science-Fiction-Literatur in der DDR.

Kruschel arbeitete ab 1984 als Lehrer in Leipzig-Grünau und absolvierte – kurz ehe er aus Altersgründen dem Wehrkreiskommando entgleiten konnte – den Grundwehrdienst in Eilenburg und Dresden (als Stabssoldat, Lazarettinsasse, Funker, Kfz-Lagerist, Wachsoldat, Küchenlagerist, Pförtner). Die übliche Beförderung zum Gefreiten gegen Ende dieser bewegten Zeit fand wegen fortgesetzter Renitenz nicht statt. 1985 war das erste eigene Werk erschienen, eine Erzählung.

1987 ging Kruschel nach einem kurzen Lehrer-Zwischenspiel (wieder Grünau) als wissenschaftlicher Assistent an die Pädagogische Hochschule Leipzig, wo er mit einer Arbeit über die Science-Fiction-Literatur der DDR promovierte.

Nach dem „Wende“ genannten Ereignis – vermutlich nicht durch seinen 1989 veröffentlichten Band mit Erzählungen verursacht – kam ihm zusammen mit der DDR auch die Hochschule abhanden. Er arbeitete als Projektleiter am „Institut für Bildungsreform und Medienerziehung“ und mehr als ein Jahrzehnt als Chefredakteur einer Baufachzeitschrift in Leipzig. Er hatte eine Zeitlang eine Wohnung in der Berliner Eilenburger Straße und einen Job als Public-Relations-Berater, dann schlug er sich einige Jahre in verschiedenen Call-Centern durch, ehe er sich 2010 als Redakteur und Autor selbständig machte.

Seit seiner Kindheit schreibt Kruschel Prosa und Lyrik, später auch Essays und Literaturkritiken (Volksstimme, Leipziger Volkszeitung, Science Fiction Times, Das Heyne Science Fiction Jahr) sowie Beiträge für Nachschlagewerke und Lexika.
2009 erschienen die beiden Romane „Vilm. Der Regenplanet“ und „Vilm. Die Eingeborenen“ im Wurdack-Verlag. Das Buch wurde vom Internetportal phantastik-couch.de zum „Buch des Monats“ erklärt, für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert und 2010 mit dem Deutschen Science Fiction Preis als bester Roman des Jahres ausgezeichnet; eine Leseprobe ist als Lesung von Rena Larf (mp3, 28 Min., 40 MB) und als PDF-Download verfügbar.

Ein neuer Roman „Galdäa. Der ungeschlagene Krieg“ ist für das 1. Quartal 2011 angekündigt.

_Bibliographie (aus der Wikipedia)_

|Eigenständige Publikationen|

* Raumsprünge, Erzählung (illustriert von Karl Fischer), Neues Leben, Berlin 1985
* Das kleinere Weltall, Science-Fiction-Erzählungen (illustriert von Dieter Heidenreich), Das Neue Berlin, Berlin 1989, ISBN 978-3-360-00245-7
* Bildschirm im Gegenlicht, Texte zur Medienerziehung, 1992 (mit Ralf Hickethier).
* Spielwelten zwischen Wunschbild und Warnbild. Utopisches und Dystopisches in der SF-Literatur der DDR in den achtziger Jahren, Sachbuch, edfc, 1995, ISBN 3-924443-77-7
* Vilm. Der Regenplanet, Roman, Wurdack, Juni 2009, ISBN 978-3938065-36-5
* Vilm. Die Eingeborenen, Roman, Wurdack, 2009, ISBN 978-3-938065-54-9

|Kurzgeschichten und Erzählungen (Auswahl)|

* Aussage des Assistenten, Neues Leben, 1979.
* Theorie der Kugelblitze, Neues Leben, 1979.
* Schach mit Otto, in „Aus dem Tagebuch einer Ameise“, hrsg. von Michael Szameit, 1985.
* … und stets das Vernünftigste tun, in „Lichtjahr 5“, hrsg. von Erik Simon, 1988. ISBN 3-360-00052-8
* Ein Fall von nächtlicher Lebensweise, in „Der lange Weg zum blauen Stern“, hrsg. von Michael Szameit, 1990. ISBN 3-355-01019-7
* Großartige Party, wirklich großartig, in „Johann Sebastian Bach Memorial Barbecue“, hrsg. von Wolfgang Jeschke. 1990. ISBN 3-453-04279-4
* Herrliche Zeiten, in „Alexanders langes Leben, Stalins früher Tod“, hrsg. von Erik Simon, 1999. ISBN 3-453-14912-2
* Regendrachen sterben, wenn die Sonne scheint, in „Lichtjahr 7“, hrsg. von Erik Simon, 1999. ISBN 3-00-005005-1
* Barnabas oder Die Vorzüge kleiner Welten, in „Lotus Effekt“, hrsg. von Heidrun Jänchen und Armin Rößler, 2009. ISBN 3-938065-32-X
* Ende der Jagdsaison auf Orange, in „Die Audienz“, hrsg. von Heidrun Jänchen und Armin Rößler, 2010. ISBN 978-3-938065-62-4
* Vierte und Erste Sinfonie, oder: Müllerbrot, in „Hinterland. 20 Erzählungen, inspiriert von der Musik David Bowies“, hrsg. von Karla Schmidt, 2010. ISBN 978-3-938065-69-3

Michelle Paver – Seelenwächter (Chronik der dunklen Wälder 6)

Chronik der dunklen Wälder:

Band 1: „Wolfsbruder“
Band 2: „Seelenwanderer“ auch „Torak – Wanderer zwischen den Welten“
Band 3: „Seelenesser“
Band 4: „Schamanenfluch“
Band 5: „Blutsbruder“
Band 6: „Seelenwächter“

_Auf dem Berg der Geister: Halloween plus Walpurgisnacht_

Die Wälder vor 6000 Jahren erstrecken sich von einem Ende der Welt zum anderen, voller lebendiger Seelen – außer einer … Der 13-jährige Torak, seine Freundin Renn und ein junger Wolf haben die Welt von einem gefährlichen Dämon befreit und auf den Inseln des Robbenclans einen Seelenesser, einen bösen Schmananen, getötet. Doch dann geriet Torak in die Hände der Seelenesser, die ihm ihr Zeichen einbrannten.

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Parker, Robert B. – Night and Day (Jesse Stone 8)

_Römische Sitten in Paradise: Der Night Hawk geht um_

Ein Spanner macht Paradise unsicher, und Chief Jesse Stone bekommt von ihm sogar nette Briefe. Sie sind allerdings insofern beunruhigend, als der Spanner besessen von seiner Tätigkeit ist und ahnt, dass er bald etwas Schlimmes tun wird. Dann kommt die Meldung vom ersten Hausfriedensbruch, der bald drei weitere folgen. Stone ordnet an, den Swinger-Klub von Paradise mal genauer unter die Lupe zu nehmen …

Eine deutsche Übersetzung liegt noch nicht vor.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) _“Night and Day“_
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) [„Spare Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6852

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
[„Hundred Dollar Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6838
[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
[„Bad Business“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6840
[„Back Story“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6842
[„Painted Ladies“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6843
[„Cold Service“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6844
[„The Professional“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6866
[„Playmates“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6867
„Hugger Mugger“, „Small Vices“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Dieser Sommer fängt ganz harmlos an. Chief Jesse Stone wird in die Oberschule gerufen. Empörte Eltern der Schülerinnen verlangen von ihm aufgebracht, die Rektorin Betsy Ingersoll auf der Stelle zu verhaften. Diese ist allerdings nicht zu sprechen, hat sich eingesperrt. Was könnte nur passiert sein, fragt sich der Polizeichef. Blut ist jedenfalls keines zu sehen. Also ruft er die Eltern und ihre Töchter – es sind ja keine Jungs betroffen – in die Aula.

|Die Panty-Patrouille|

Erst hier stellt sich heraus, dass Betsy offenbar Sittenpolizei gespielt und alle 13-jährigen Mädchen in der Umkleide auf Höschen kontrolliert hat. Wer nur ein Bikini-Höschen anhatte oder gar – Gott bewahr! – einen String-Tanga, der wurde nach Hause geschickt. Da die Verletzung der Intimsphäre der Mädchen jedoch nach den Gesetzen des Bundesstaates Massachusetts kein strafbarer Tatbestand ist, kann Jesse niemanden verhaften und einbuchten. Ein Gespräch mit Betsy Ingersoll ist unergiebig, denn erstens ist der mächtige Anwalt des Staates ihr Mann und zweitens lässt er sie gar nicht zu Wort kommen. Sogar der Bezirksstaatsanwalt droht Jesse, die Finger von Betsy Ingersoll zu lassen. Er denkt gar nicht dran.

|Die Swinger|

Etwas weniger harmlos ist das, was ihm die 13-jährige Missy Clark erzählt, die auch in der Elternversammlung saß: Ihre Eltern gehörten einem Swinger-Klub in Paradise an und würden ihre Treffen auch mal im Hause der Clarks abhalten. Sie ekle sich vor der Orgie und ihren lüsternen Geräuschen immer, sagt Missy, und ihr achtjähriger Bruder mache völlig verstört ins Bett. Jesse verspricht Missy hoch und heilig, etwas für sie zu tun. Vielleicht holt er als Nächstes den Mond vom Himmel? Denn auch gegen das Swingen gibt es kein Gesetz.

|Der Night Hawk|

Das ist aber noch gar nichts gegen die Meldungen von aufgeregten Einwohnern, dass ein Spanner vor ihrem Schlafzimmerfenster aufgetaucht sei – mit einem Fernglas, ganz in Schwarz gekleidet, mit einer Kamera bewaffnet. Auch gegen Voyeurismus an sich gibt es keinen Paragraphen, weiß Jesse, aber wenigstens kann er eine kleine Patrouille aussenden – mit wenig Aussicht auf Erfolg.

In dem ersten Brief, den ihm der „Night Hawk“ (Nachtfalke) schickt, klingt der Bursche noch recht annehmbar und vernünftig. Er ist stolz auf seinen Taten und glaubt, dass ihn ein Dorfdepp wie Stone niemals fangen werde. Na, da sollte man aber nicht drauf wetten! Allerdings sind die nächsten Taten des Night Hawk weitaus rechtsrelevanter: Er begeht eindeutig Hausfriedensbruch, als er am hellichten Tag Häuser von Hausfrauen betritt und diese maskiert, mit vorgehaltener Waffe und gezückter Kamera zwingt, sich vor auszuziehen und fotografieren zu lassen.

Ein weiterer Brief des Spanners verrät Jesse, dass der Kerl auf der Suche nach dem „Geheimnis der Frauen“ sei. Wollen wir das nicht alle kennen, fragt sich Jesse – zumindest wir Männer. Seltsamerweise scheint die Obsession des Spanners durch keine noch so schöne Eroberung gestillt werden zu können. Brief: „Ich kann nicht aufhören, denn Mr. Obsession verlangt von mir, immer weiterzumachen und mehr Reiz herauszuholen.“ Die Serie reißt erst ab, als Gloria, die resolute Hausfrau, den Spanner kurzerhand erbost rauswirft. Wie wird der Peeping Tom auf diese Abfuhr reagieren, fragt sich Jesse besorgt. Wird er den Schritt zur Gewalt machen, um zu bekommen, was er braucht?

Jesse setzt seine Mitarbeiter Molly Crane und Suit Simpson auf die Swinger von Paradise an. Vielleicht gibt es einen Teilnehmer an deren Treffen, der einfach zusehen möchte? Das Ergebnis dieser Untersuchung ist eindeutiger als gedacht: Es gibt nur einen Namen als Verdächtigen. Jesse teilt seine kleine Truppe von gerade mal zwölf Leuten für eine Überwachung, die teils offen, teils verdeckt erfolgen soll. Wieso denn offen, fragen sich Molly und Suit. Tja, das bleibt Jesses Geheimnis.

Da kommt die Meldung, dass der Spanner eingebrochen sei und eine Frau gefesselt habe. Die Anzeige kommt ausgerechnet von Betsy Ingersoll. Beim Namen der Höschen-Kontrolleurin wird Jesse misstrauisch …

_Mein Eindruck_

Obsessionen sind bekanntlich verboten, solange sie nicht in Gewalt und die Verletzung von Persönlichkeitsrechten (Promi-Bilder abdrucken, ohne zu blechen – pfui!) ausarten. Deshalb sind Frauentausch, Voyeurismus und Höschenkontrollen auch keineswegs mit Paragraphen bewehrt, sondern lediglich „nicht gern gesehen“. Ist das wirklich so? Parkers Roman lediglich eine andere Beurteilung nahe. Vielleicht sind diese Dinge nämlich Symptome für das, was mit der westlichen Gesellschaft nicht stimmt.

|Obsessionen|

Und in der Tat stößt Jesse, wiewohl nicht der oberste Moralwächter, schon bald auf besorgniserregende Missstände in den Familien und Beziehungen der Betroffenen. Missy Clark und ihr bettnässender Bruder sind nur die Spitze des Eisberges. Die Ehe ihrer swingenden Eltern ist eine Farce und wird demnächst auseinanderbrechen. Mr. Clark hat das Swingen nur als Vorwand benutzt, um seiner Sex-Obsession nachzugeben.

Wenig anders verhält es sich mit den Eheleuten Ingersoll: Er, der erfolgreiche Star-Anwalt, ist besessen von seiner Tätigkeit als Schürzenjäger. Seine Frau, die überbesorgte Rektorin, weiß um seine permanente Untreue, nimmt sie aber hin – bis Jesse Stone mit impertinenten Fragen auftaucht. Der Polizist hat, zur immensen Empörung des Anwalts, den Nerv, an der Anzeige seiner Frau gegen den Night Hawk zu zweifeln. Dabei hat er sich nicht mal das interessante Foto angesehen, dass der Spanner angeblich von seiner nackten Frau gemacht hat …

„Die Wahrheit wird euch freimachen“, war schon seit jeher der Wahlspruch Jesses – den er aber nie geäußert, sondern stets nur gelebt hat. Er selbst erkennt an sich und seiner Exfrau Jenn jede Menge Obsessionen. Er ist besessen von ihr, ihrer Nähe und dem unvergleichlichen Sex – aber keineswegs von ihrer permanenten Untreue. Sie ist besessen davon, sie den Weg nach oben zu schlafen. Auch jetzt ist sie wieder einem Produzenten – wie schon vor zwölf Jahren in L.A. – gefolgt, um eine Stufenleiter nach oben zu klettern. Als der Typ sie fallenlässt, weil seine Pläne scheitern, jammert sie, dass sie zu Jesse zurück will.

Nach mehreren Gesprächen mit seinem Therapeuten Dix (in den TV-Filmen wunderbar lakonisch vom William „Familiengrab“ Sadler dargestellt) merkt Jesse, dass er Jenn lediglich als Absicherung, als Sicherheitsnetz, als Backup dient – um von dieser Basis den nächsten Anlauf zu nehmen, um untreu sein zu können. Doch diesmal ist sie zu weit gegangen, findet Jesse. Er hat nämlich in der Bostoner Privatdetektivin Sunny Randall (ebenfalls ein Geschöpf Parkers), eine kluge und hilfreiche Partnerin im Privaten wie im Beruflichen, gefunden.

|Der Night Hawk|

Und dann wäre da ja noch der Night Hawk. Was treibt ihn an? Er ist ein interessanter Fall von Mr. Jekyll und Mr. Hyde: Im Alltag ein Normalo, nachts der Night Hawk. Dass er höchst gebildet ist, verrät schon der brieflich formulierte Ausdruck „cri de coeur“. Welcher Spanne würde schon französisch ausdrücken, was ihn im Herzen plagt? Nur ein Akademiker. Und sobald Jesse den Namen des Verdächtigen hat, ist der Weg zur Uni nicht weit, wo die werte Gattin an einer Doktorarbeit schreibt. Wie sich herausstellt, ist sie gefühlskalt und egozentrisch. Sie denkt nur an ihren in Gefahr geratenen guten Ruf – und dass ihr jetzt durch diese „Störung“ die Zeit fürs Diss-Schreiben gestohlen wird. Wie es ihrem werten Gatten dabei geht, eines Sexverbrechens verdächtig zu werden, interessiert sie nicht die Bohne.

Der Autor deutet stets an, dass Obsessionen lediglich unterbewusste Reaktionen auf den Mangel an Respekt, Zuwendung und Wärme sind. Von Sex besessen zu sein, ist genau die Folge davon. Und als Erstes bekommen es die wehrlosen Kinder zu spüren. Kinder wie Missy und ihr Bruder. Aber auch die Frauen, die, um ihre Ehe zu retten, fast alles mitmachen, das Swingen inklusive. Das bedeutet aber nicht, dass es im Swinger Klub nicht auch Überzeugungstäterin gäbe. „Sind unsere Ehen nicht freier und beständiger?“ fragen sie Jesse, der weit davon ist, sie zu verurteilen.

|Showdown|

Die bange Frage, die der Night Hawk selbst in einem seiner Briefe aufwirft, ist die, ob ihn Mr. Obsession (Mr. O) überwältigen und er zum Mittel der Gewalt greifen wird. Durch den Ermittlungsdruck, den Jesse aufgebaut hat, zwingt er den Night Hawk zu einem letzten Schritt, um Jesse zu demütigen: Der Spanner muss eine Frau heimsuchen, die Jesse „am nächsten“ steht. Wer könnte dies wohl sein? Als das klar ist, trifft Jesse mit dem Köder Vorbereitungen, um dem Night Hawk eine tod-sichere Falle zu stellen …

_Unterm Strich_

Diesen Roman zu lesen, war ein pures Vergnügen. Das Garn, das Parker auf seine unnachahmliche Art spinnt, setzt dabei überhaupt nicht auf Action oder knallharte Ermittlungsmethoden, sondern entpuppt sich zum Erstaunen des Lesers zunehmend als Social Engineering. Das bedeutet, dass es genauso wichtig ist, die Psychologie zu nutzen wie die üblichen Ermittlungsmethoden.

Jesse Stone, durch seinen Therapeuten Dix gewitzt, setzt subtile Mittel ein, um hier ein wenig Druck auszuüben und dort ein paar Andeutungen fallenzulassen. Aber er braucht natürlich da, wo handfeste Beweise fehlen – das ist die Regel – vor allem Aussagen und Geständnisse.

|Der Peeping Tom|

Das klappt auch ganz hervorragend, um die meisten Rätsel zu lösen, doch es gibt natürlich kaum ein Mittel, um den Night Hawk, der ja seiner speziellen Besessenheit nicht entkommt, zur Aufgabe zu bewegen. Dabei muss man sich als Leser schon fragen, worin denn der spezielle Reiz von Hausfriedensbruch und Voyeurismus bestehen soll. Auch Jesse fragt sich zusammen mit der feinfühligen Molly Crane, ob der Kick nicht vielmehr im Machtgefühl besteht, das der Night Hawk sich durch das Bedrohen und Abknipsen des Opfers verschafft – der Fotoschuss als symbolische Tötung? Warum nicht gar? Diese Handlungsweise ist vielleicht nur eine Art, es seiner gefühlskalten, egozentrischen Frau heimzuzahlen – eine Übertragung des Wunsches nach Vergeltung.

|Die Lehre|

Der Night Hawk ist ein Spiegel, in dem sich Jesse selbst erblickt. Er spricht mit seinem Therapeuten darüber und mit Sunny Randall, die selbst eine ausgezeichnete Therapeutin konsultiert: Susan Silverman, die Gefährtin der Hauptfigur aus fast allen „Spenser“-Krimis Parkers. (Zusehends verschränken sich die fiktionalen Universen Parkers.) Diese Spiegelsicht Jesses ermöglicht ihm die Selbsterkenntnis, dass er von seiner Ex nur ausgenutzt worden ist. Diese Erkenntnis haben bislang seine Schuldgefühle ihr gegenüber verhindert. Jetzt befreit er sich davon. Ganz im Gegensatz zum Night Hawk: Den kann nur der Tod befreien.

|Bonus|

Für den fleißigen „Parker“-Leser (wie mich) hält dieser Band einige Schmankerln bereit, so etwa den wiederkehrenden Hinweis Stones, dass seine Mitarbeiterin, die brav verheiratete Mutter Molly Crane, es einmal mit einem gewissen Apachen getrieben habe. Der Hinweis gilt Crow, dem bemerkenswerten Apachen in „Trouble in Paradise“ und „Stranger in Paradise“ (das „Night & Day“ vorausgegangen ist). Sogar Spike, der bärenartige Freund Sunny Randalls, spielt eine Rolle in Jesses Plänen: Spike eröffnet ein neues Restaurant in Paradise – und eignet sich bestens zur Einschüchterung renitenter Ehemänner.

|Taschenbuch: 307 Seiten
ISBN-13: 978-0425232996|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836

Parker, Robert B. – Thin Air – Ein Spenser-Krimi

_Unter Räubern: Jungfer in Not befreit sich im Do-it-yourself-Verfahren_

Die junge Frau des Bostoner Cops Frank Belson ist spurlos verschwunden und Privatdetektiv Spenser soll sie finden. Seine Ermittlungen führen ihn bis nach Los Angeles und wieder zurück ins verregnete Massachusetts, in eine aufgegebene Industriestadt namens Proctor, vom lieben Gott verlassen, von irischen Cops verkehrsgeregelt und von zwei rivalisierenden Latino-Gangs beherrscht. Hier irgendwo könnte Lisa St. Claire, Belsons Gattin, über deren Vergangenheit so wenig bekannt ist, stecken. Oder auch nicht.

Titel der Übersetzung: „Brutale Wahrheit“ (1996 bei Rowohlt).

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) [„Spare Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6852

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
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[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
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[„Playmates“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6867
„Hugger Mugger“, „Small Vices“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Frank Belson ist ein Inspektor der Bostoner Mordkommission, mit dem Privatdetektiv Spenser schon seit 20 Jahren zusammenarbeitet. Als Belson ihm also sagt, dass seine junge Frau Lisa St. Clair verschwunden sei, macht sich Spenser Gedanken: Er war ihr Brautführer bei der Hochzeit. Frank will Lisa, seine zweite Frau, jedoch erst einmal alleine suchen.

Sorgen macht sich Spenser jedoch, als Belson mit drei Einschüssen im Rücken im Krankenhaus landet, und zwar auf der Intensivstation. Offenbar hat jemand etwas gegen Belsons Schnüffelei einzuwenden. Sein Freund beauftragt ihn explizit damit, mit der Suche fortzufahren. Leichter gesagt als getan, denn Frank weiß über seine junge praktisch nichts, außer dass sie als Radio-DJ gearbeitet hat – Prinzip Tabula rasa.

Ist Lisa entführt worden? In ihrer Wohnung fehlt zumindest die Handtasche, ebenso ihr Adressbuch. Auf dem Anrufbeantworter sind vier Nachrichten, darunter von einem Arzt, einem College, einer Freundin und einem fremden Mann. Im College hört Spenser erstmals von Lisas abgelegtem Freund Luis Deleon und von Lisas Freundin, dass Lisa mit Luis geschlafen haben muss, bevor sie Frank Belson heiratete. Aber woher stammt dieser Luis?

Captain Quirk von der Mordkommission, Franks Chef, hat die Fakten: Luis Deleon ist ein ganz schwerer Junge, der schon mehrere Male vor Gericht stand, u. a. wegen Vergewaltigung, aber seltsamerweise nie verurteilt wurde – die Zeugen zogen stets ihre Aussage zurück. Luis scheint mit seiner Hispano-Gang die eine Hälfte der heruntergekommenen Industriestadt Proctor zu beherrschen, während ein Typ namens Freddie Santiago die andere Hälfte sowie den Bürgermeister und die Polizei beherrscht. Luis wird nachgesagt, so Quirk, er zeige Anzeichen von paranoider Schizophrenie – ein netter Bursche …

Quirk weiß auch, wer Lisa St. Clair in Wahrheit ist: Abgesehen davon, dass es für ihre Jahre vor 1990 keine Einträge gibt, heißt sie offenbar Angela Richard und stammt aus Los Angeles, wo sie einem zweifelhaften Beruf nachging: Als Prostituierte und Pornodarstellerin. Soll Spenser das seinem Freund berichten? Besser nicht.

Zusammen mit seiner Freundin Susan Silverman, der Psychotherapeutin, fliegt Spenser nach L.A., um mit seinem Kontaktmann Samuelson vom LAPD zu sprechen. Und um Chollo zu kontaktieren, den spanisch sprechenden Killer, der ihm schon mehrfach beigestanden hat. Zusammen können sie es vielleicht wagen, Luis Deleons Hauptquartier in Angriff zu nehmen, um die dort vermutete Lisa herauszuholen. Aber sie werden Hilfe brauchen. Illegale Hilfe …

_Mein Eindruck_

Zunächst dachte ich – ähnlich wie einer der Kritiker – die Handlung dieses „Spenser“-Krimis würde den üblichen Verlauf nehmen: Eine Dame zweifelhaften Rufes verschwindet, Spenser muss sie unter großen Mühen finden und stößt auf unappetitliche Details; aber natürlich muss er sie vor sich selbst retten, weil sie sich mit einem Mann zweifelhaften Rufes eingelassen hat. So lief das schon in der „April Kyle“-Trilogie („Ceremony“, „Taming a Sea-Horse“ und „Hundred-Dollar Baby“) sowie in „Stardust“.

Auch die andere Hälfte des Plots meinte ich bereits zur Genüge zu kennen, nämlich die Belagerung und Erstürmung der „Festung“ eines Verbrechers, ähnlich wie in „Cold Service“ (das allerdings erst zehn Jahre später veröffentlicht wurde). Dabei bieten Spenser und seine jeweilige Gefährte, sei es Hawk, sei es Chollo, auch die Hilfe anderer Elemente wie etwa Polizisten oder gegnerische Verbrecher auf.

Um die Wahrheit endlich zu verraten: Ganz so läuft es diesmal in „Thin Air“ nicht, aber der Plot ist nicht weit davon entfernt. Die Burg wird belagert, um die „Jungfer in Not“ vor Blaubart zu retten. Doch die Jungfer ist längst keine mehr, und der Blaubart entpuppt sich als etwas anderes. Aber Spenser und Chollo erstürmen die Burg mit einem Trick und einer Ablenkung dennoch. Gerade noch rechtzeitig, bevor das Gebäude in sich zusammenbricht.

|Selbstherapie|

Das Besondere an der weiblichen Hauptfigur in „Thin Air“: Lisa St. Clair alias Angela Richard hat in Kalifornien eine Psychotherapie durchlaufen und sich selbst viel besser kennengelernt. Sie war auf dem Weg der Selbstverbesserung, um nicht auf den Strich gehen und Pornos drehen zu müssen. Sie heiratete sogar einen Cop, um aus dem Sumpf der Halbwelt herauszukommen. Nun hat diese sie wieder zurückgeholt, in Gestalt von Luis Deleon. Als geschulte Therapierte ist Lisa jedoch in der Lage, Luis‘ Psyche und Motive zu durchschauen. Und Luis hat eine Therapie offenbar dringend nötig …

|Das Leben als Film|

Lisas Erlebnisse in dem Gefängnis, in das Luis sie in seiner „Burg“ steckt, machen fast ein Drittel des Romans aus und sind kursiv gesetzt, also leicht zu erkennen. Ihr Blick ist subjektiv und dieser fällt auf das Auffälligste, was ihr Zimmer vorzuweisen hat: Bildschirme! Und auf jedem der Bildschirme sind die Filmszenen zu sehen, die Luis mit ihr in der Hauptrolle gedreht hat, selbst jene, als sie gefesselt und geknebelt im Lieferwagen ihres Entführers lag.

Nun geht Luis noch einen Schritt weiter und inszeniert sein und Lisas Zusammenleben als Filmromanze à la Hollywood. Er steckt sie in Südstaatenkostüme, um als Galan auftreten zu können. Er tritt als reicher mexikanischer Rancher auf – er ist ja Latino (eigentlich Puertoricaner). Fehlt nur noch, dass sie die Jane für seinen Tarzan spielen soll. Der Haken, sagt sie ihm, bei diesen Inszenierungen: Sie liebt ihn nicht, findet diese verlogene Maskerade zum Kotzen und will nach Hause!

|Schocktherapie|

Es kommt endlich, nach einer versuchten Vergewaltigung, zu einem Austausch von Geständnissen. Mit ihrem geschulten Blick erkennt Lisa die Wahrheit in Luis: Er überträgt einfach die Gefühle, die er für seine geliebte MUTTER hegte (und die an einer Überdosis starb), auf Lisa, ohne die Eigenständigkeit Lisas auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Der Haken an Luis‘ Verehrung für Mutter und Lisa: Beide waren Huren und alles andere als die Engel, für die er sie immer noch hält. Also muss sie etwas dagegen unternehmen …

|Der tägliche Rassismus|

Das vierte Element ist eindeutig Rassismus. Spenser stößt nicht nur in Proctor auf Schritt und Tritt auf das „Dilemma Amerikas“, wie der Autor es nennt: Dass die USA den Freiheitssuchenden eine Zufluchtsstätte bieten wollen, aber nicht verstehen, die unterschiedlichen Völkerschaften friedlich miteinander leben zu lassen. Im Gegenteil: Anglos und Latinos tun alles, um die Abgrenzung aufrechtzuerhalten, wobei die Sprachbarriere natürlich sehr hilfreich ist. Lisa hat diese Barriere überschritten und befindet sich nun quasi in Feindesland – in einem hispanischen Teil von Proctor, wo die Latinos am abweisendsten und stolzesten sind, sogar gegen ihre eigenen „Brüder“.

Freddie Santiago erklärt es Spenser: So etwas wie „die Altinos“ gibt es gar nicht. Schließlich kommen diese Menschen aus völlig unterschiedlichen Ländern, aus Puerto Rico oder Guatemala, aus Mexiko oder Kolumbien usw. Wie sollen sie da jemals zu einer Volksgruppe verschmelzen können? Da könnte man ja gleich verlangen, dass sich England und Norwegen zusammenschließen!

_Unterm Strich_

„Spenser“-Krimi Nr. 22 verbindet die bekannte Elemente Suche, Ermittlung, Action und menschliches Drama in neuer Variation. Statt die jammernde Jungfer in Not zu spielen, rettet sich die entführte Polizistengattin vor dem Blaubart selbst. Nicht etwa durch handfeste Prügeleien, sondern durch ein Gespräch, in dem sie durch psychologische Einsicht in ihren Entführer dessen grundlegenden Fehler erkennt und zur Sprache bringt. Mit anderen Worten: Sie therapiert ihn und rettet sich selbst aus der Patsche. Die handfeste Action, also den nötigen Rest, erledigen dann zu ihrer Zufriedenheit Spenser und Chollo. Doch Luis, den Entführer, erwartet ein weitaus traurigeres Schicksal als die Entführte.

Neben den Standardelementen wie Elementen und Action erwartet den Leser als eine unerwartete Zutat: Ungefähr ein Drittel des Romans wird von Lisas Erlebnissen bestritten, die in Kursivschrift gesetzt und somit von deutlich anderer Natur sind als Spensers Erlebnisse. Erst durch die Ergänzung der Informationen aus Lisas Erleben und Spensers Ermittlungsergebnissen ergibt sich ein vollständiges Bild von Lisas Leben. Der amerikanische Traum – sieht er wirklich so aus?

Ich habe für diesen Krimi zwei Tage mehr als sonst (einen Tag) gebraucht. Mit erschien das Thema nämlich zu abgedroschen und die Lösung des Konfliktes als zu lange hinausgezögert. Doch dann entpuppte sich Lisas Erzählstrang als weitaus aufregender und interessanter als erwartet. Sie ist weitaus aktiver, als das Klischee vom Gangsterweibchen es verlangt. Dem Autor gelingt es zudem, in uns Mitgefühl für den Entführer Luis zu wecken. Und der Showdown um Luis‘ Burg ist ebenfalls vom Feinsten.

|Taschenbuch: 293 Seiten
ISBN-13: 978-0425152904|
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_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
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Parker, Robert B. – Professional, The – Ein Spenser-Krimi

_Mittelgut: der Detektiv gegen den Gigolo_

Als ein Gigolo zum Erpresser wird, wenden sich vier Frauen der oberen Zehntausend von Boston an Privatdetektiv Spenser, um den Mann zu stoppen. Leichter gesagt als getan, wie sich herausstellt. Noch dazu, wenn eine der Damen einen ganz anderen Plan dabei verfolgt. Und der Gatte dieser Dame scheint den Gigolo selbst fertigmachen zu wollen. Spenser muss den Mann wohl selbst dazu überreden aufzuhören …

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) [„Spare Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6852

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
[„Hundred Dollar Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6838
[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
[„Bad Business“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6840
[„Back Story“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6842
[„Painted Ladies“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6843
[„Cold Service“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6844
„Hugger Mugger“, „Small Vices“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Über eine Anwältin wenden sich vier junge Gattinnen von reichen Männern an Spenser. Die Angelegenheit ist höchst delikat und erfordert höchste Diskretion. Sollte etwas davon an die Öffentlichkeit dringen, wären die Karrieren der Gatten der Damen gefährdet, und sie selbst stehen natürlich für eine Zeugenaussage oder Anzeige bei der Polizei zur Verfügung. Kompliziert, gibt Spenser zu.

Um was geht es überhaupt, fragt er die vier Grazien. Sie haben alle mit dem gleichen Liebhaber geschlafen, einem überaus gutaussehenden Kerl, der sich Gary Eisenhower nennt. Zunächst ohne Bezahlung, doch kürzlich habe er angefangen, sie alle zu erpressen. Mit Ton- und Videoaufzeichnungen, die er veröffentlichen oder an die Gatten schicken könnte. Seine Geldforderung ist nicht von Pappe: 25.000 Dollar pro Monat. Nicht viel für wirkliche Reiche, aber wenn die Dame nicht selbst darüber verfügen kann, dann wird das zum Problem – der Gatte darf ja nichts merken.

Also muss der amouröse Erpresser gestoppt werden. Soll Spenser ihm gut zureden, ihn zusammenschlagen oder gar töten? Die Damen scheinen wenig von den Gesetzen zu halten und würde auch Mord in kauf nehmen. Bevor es dazu kommt, will Spenser den Erpresser selbst unter die Lupe nehmen. Da er weder korrekte Telefonnummer noch eine Adresse des Erpressers hat, schreibt er sich im Fitness-Club ein, den alle Damen frequentierten. Bingo, wenige Wochen später taucht ein passender Typ auf.

Eisenhower nennt sich auch E. Herzog und lebt in einem Wohnblock, zu dem er ihm leicht folgen kann, nachdem Eisenhower ihn, Spenser, beschatten wollte. Und Eisenhower hat in keinster Weise die Absicht, mit seinem Treiben aufzuhören. Warum auch? Es läuft alles wie geschmiert und keiner kann ihm am Zeug flicken. Aber Spenser bekommt Besuch von einem Schläger namens Boo und einem Mietkiller namens Zel: Sie wollen wissen, was Spenser wegen Beth Jackson neugierig gemacht hat, der Frau ihres Auftraggebers Chet Jackson. Spenser kann sie von seinen lauteren Absichten überzeugen.

Chet Jackson ist nicht überrascht darüber, dass seine Frau fremdgeht. Anderseits kann er sie auch nicht davon abhalten, ohne die Ehe zu gefährden. Und an die Polizei will er sich auch nicht wenden, denn offenbar sind seine Geschäfte weit jenseits von „koscher“. Das zwingt Spenser dazu, eine härtere Gangart einzuschlagen: Er bittet den Gangsterboss Tony Marcus um einen Gefallen.

Marcus droht Jackson damit, seine Geschäfte in Boston zu beenden, sollte er nicht seine Frau zurückpfeifen. Jackson denkt, Zel und Boo würden ihm was nützen, doch ein rechter Haken von Spenser setzt den Schläger außer Gefecht. Und Zel, der Shooter, wird von Marcus’ eigenen Schützen in Schach gehalten. Jackson muss klein beigeben. Aber wird ihm seine Frau gehorchen?

Wenige Tage später findet man die Leiche Jacksons tot in seinem Parkhaus. Beth Jackson hat jedoch ein hervorragendes Alibi: Sie befand sich zur Tatzeit bei Spenser, um ihm eine Morddrohung zu zeigen und ihn um Schutz zu bitten. Jetzt aber, nach der Tat, will sie von Spenser plötzlich nichts mehr wissen. Das gibt dem Detektiv sehr zu denken. Und Beth Jackson vögelt ihren Gigolo munter weiter, nachdem sie die 80 Millionen ihres Mannes geerbt hat.

Doch dann taucht die nächste Leiche auf …

_Mein Eindruck_

In seinen letzten „Spenser“-Krimis vor seinem Tod im Januar 2010 beschäftigte sich der Autor verstärkt mit Verbrechen, die auf Abweichungen vom „normalen“ Verhalten basieren – er selbst würde solche Festlegungen niemals treffen. Nicht zufällig sind diese Abweichungen Auswüchse des modernen Lebens seit dem 20. Jahrhundert.

Auf der einen Seite leben junge Frauen an der Seite von älteren oder gar schwulen Männern, verschaffen sich aber geduldete sexuelle Vergnügungen in den Armen eines Gigolos wie „Gary Eisenhower“ alias Gary Pappas. Diese Frauen sind keineswegs zu bedauern oder gar zu bemitleiden. Sie verwöhnen ihren Lover auch gerne mit Zuwendungen, jedenfalls solange wie er sie nicht erpresst.

Der Gigolo wiederum findet überhaupt nichts dabei, die Früchte von den Bäumen anderer Leute zu pflücken. Er würde es nicht mal Mundraub nennen, sondern er nimmt lediglich das, was sich ihm in Hülle und Fülle darbietet, ohne auch nur über Gefühle und dergleichen nachzudenken. Gary Eisenhower ist rund um die Uhr beschäftigt, wie Spenser durch Observation feststellen kann. Estelle, eine Trainerin im Fitness Clubs, treibt ihm die „Klientinnen“ sozusagen zu, und das schon zehn Jahre lang: Eine lukrative Partnerschaft, um die reichen Schnepfen auszunehmen.

Selbst noch dann, als Spenser den hoffnungslosen Fall längst abgegeben hat, verfolgt er die Schicksal von Eisenhower, Estelle und Beth Jackson. Es ist sein absurd wirkender Versuch, eine unkorrigierbare Sache zu korrigieren, mit unzulänglichen Mitteln. Denn er ist weder Papst noch Präsident, weder Polizist noch Richter. Erst als die Leichen auftauchen, kann er auf die Unterstützung der Cops rechnen, besonders auf Quirk, den Leiter der Mordkommission.

Was ihm am meisten zu schaffen macht, ist die Verlogenheit und Heuchelei der reichen Klasse. Die erpressten Damen und gatten wollen keinesfalls Öffentlichkeit, weil sie die Bloßstellung fürchten. Dabei gibt es einen positiven Fall, wie gerade durch die Öffentlichmachung von Eisenhowers Treiben das Verbrechen beendet und das Opfer aus seinen Klauen befreit werden konnte: Die Rektorin eines kleinen Colleges tat dies selbst. Spenser und seine Freundin Susan Silverman sind von Clarise Richardson immens beeindruckt. Sie nahm das Ende ihrer Karriere und die öffentliche Ächtung in Kauf, um sich selbst zu befreien und ihre Ehe zu retten.

Doch solches Vorgehen kommt für Beth Jackson, die Millionenerbin, nicht in Frage. Sie hat als echte Goldgräberin Erfolg auf der ganzen Linie: Das Geld ihres Gatten, die Freiheit der Witwe (obwohl sie natürlich Trauer heuchelt) und noch dazu den Spaß im Bett ihres Lovers Eisenhowers. Könnte es besser laufen? Und doch wird ihr genau dies zum Verhängnis, denn sie hat nicht damit gerechnet, dass sie jemand einen Gefallen für die Drecksarbeit schuldet, die er für sie erledigt hat. Gefühllosigkeit und Verantwortungslosigkeit werden der „treulosen Tomate“ zum Verhängnis …

_Unterm Strich_

„The Professional“ (gemeint ist wohl der Gigolo) ist einer der ersten Parker-Krimis, die ich nicht in einem Sitz durchlesen konnte. Die Handlung ausgebreitet über fast ein halbes Jahr, zieht sich nicht nur in die Länge, sondern dreht auch – zunächst jedenfalls – um ein fast vernachlässigbares Verbrechen: das Erpressen untreuer Ehefrauen. Eine fast schon absurde Szene ist jene in Chet Jacksons Büro, als ein Gangsterboss von Jackson verlangt, die Untreue seiner Ehefrau zu beenden, wolle er weiterhin im Geschäft bleiben.

Hat sich Spenser jetzt selbst zum Moralapostel ernannt, fragte ich mich. Doch dann tauchen doch noch die leichen auf, und Spenser erledigt seine Arbeit: Er schnüffelt in der Vergangenheit von Beth Jackson nach. Sie kommt aus einem Kaff im Nirgendwo, wie so viele der Schauspielerinnen in den „Spenser“-Krimis – mehr Schein als Sein, gewissenlos, aber zielbewusst. Es ist im Grunde nur eine Frage der Zeit, weiß der „Spenser“-Kenner, bis ihr diese Skrupellosigkeit das Genick brechen wird. Nicht immer obsiegt die Gerechtigkeit in den Krimis, allenfalls der poetischen Gerechtigkeit wird Genüge getan.

Insgesamt also nicht der flotteste „Spenser“-Krimi, aber ein reifes Alterswerk. Dennoch ragt selbst ein mittelguter Parker immer noch weit über die Masse der Krimiliteratur weltweit hinaus.

|Taschenbuch: 289 Seiten
ISBN-13: 978-1849162234|
[Verlagshomepage]http://www.quercusbooks.co.uk

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
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Parker, Robert B. – Playmates – Ein Spenser-Krimi

_Ungewöhnliche Lösung für manipulierte Spiele(r)_

Der Bostoner Privatdetektiv Spenser wird von der Leitung der Taft University gebeten, der Anschuldigung auf den Grund zu gehen, dass die Spiele des erfolgreichen und renommierten Basketball-Teams der Uni manipuliert seien. Schon bald bestätigt sich dieser Verdacht. Allerdings taucht auch ein New Yorker Gangster auf, der Spenser nahelegt, diese Erkenntnis nicht weiterzugeben – wenn ihm sein Leben lieb ist. Was tun?

Deutscher Titel: „Spießgesellen“ (bei Ullstein, 1990).

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) [„Spare Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6852

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
[„Hundred Dollar Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6838
[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
[„Bad Business“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6840
[„Back Story“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6842
[„Painted Ladies“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6843
[„Cold Service“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6844
„Hugger Mugger“, „Small Vices“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Die Leitung der Taft University nahe Boston bittet Spenser, der in der Studentenzeitung geäußerten Anschuldigung nachzugehen, dass die Spiele des renommierten Basketball-Teams manipuliert seien. Zunächst schaut sich Spenser das Team an, das sich unter dem Trainer Dixie Dunham anschickt, die Liga zu gewinnen. Dunham will nichts von diesem Verdacht wissen und warnt nicht nur Spenser vor voreiligen Schlüssen, sondern auch seine Spieler davor, mit dem Schnüffler zu reden.

Unerschrocken spricht Spenser mit dem besten Mann des Teams, einem hochaufgeschossenen Schwarzen namens Dwayne Woodcott. Der spricht mit einem New Yorker Akzent, ist seit vier Jahren mit einem Stipendium an der Uni und bekommt Zensuren zwischen Zwei minus und Drei plus. Swayne lässt sich das Maul nicht verbieten, aber auch er warnt Spenser-unmissverständlich vor Andeutungen, die Spiele der Mannschaft könnten verschoben sein. Das macht Spenser erst recht stutzig.

Von dem Buchmacher Lenny bekommt er eine Liste von sechs Spielen, deren Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprachen. Mit einem Experten vom Fach schaut er sich die Videos dieser sechs Spiele an. Der Befund ist eindeutig: Dwayne hat das Spielergebnis jedesmal beeinträchtigt, meist dadurch, dass er seine Mitspieler ihre Punkte nicht machen ließ. Und sein Teamkollege sieht ebenfalls verdächtig aus.

Konfrontiert mit diesem Befund, wird Dwayne wütend und droht Spenser, der jedoch ebenfalls kampfgeübt ist. Bei dieser Begegnung findet Spenser heraus, dass Dwayne nicht einmal lesen kann. Woher bekommt er also seine guten Noten? Und seine Freundin Chantel muss ihm alles vorlesen und erklären. Spensers Freundin, die Psyschologin Susan Silverman, legt ihm nahe, Verständnis für den angehenden Basketball-Star aufzubringen: Er komme schließlich aus dem miesesten Ghetto von ganz New York.

Spenser hat sich noch nicht entschlossen, zur Uni-Leitung zu gehen, die ihn schließlich ja bezahlt, als ein interessanter Typ mit Rolex und Goldkettchen in sein Büro marschiert kommt. Bobby Deegan will über Dwayne sprechen. Fein. Spenser soll keine schlafenden Hunde wecken und die Finger davon lassen, dann bekommt er auch eine hübsche Belohnung. Wenn er das jedoch nicht tut, kann er sich bald die Radieschen von unten betrachten. Spenser liebt klare Alternativen.

Aber er will den potenziellen Großverdiener Dwayne auch nicht reinreiten, wenns nicht sein muss. Dessen Freundin Chantel liebt ihn wirklich und will mit ihm eine Familie in L.A. gründen. Wozu den jungen Mann zurück ins Ghetto schicken und die Uni bloßstellen? Vielleicht gibt es einen anderen Weg. Spenser beginnt mit Dwaynes Uni-Betreuerin, Dr. Madeleine Roth. Zu seinem Erstaunen und Verdruss behauptet sie abweisend, keine Ahnung von Dwaynes Analphabetismus zu haben. Später überprüft Spenser ihren Hintergrund und stößt auf einen interessanten Kontakt …

Zuvor kommt aber sein bester Kumpel Hawk zu ihm, um ihm mitzuteilen, dass Bobby Deegan ihn, Hawk, anheuern wollte, um Spenser umzulegen. Na, wenn das nicht eine hohe Ehre ist. Hawk lehnte dankend fünf Riesen ab. Es ist also davon auszugehen, dass Deegan andere Killer anheuern wird. Aber wer hat Deegan überhaupt den Tipp gegeben, sich an Hawk zu wenden? Sie stoßen auf den Namen eines alten Bekannten: Gerry Broz, der Sohn eines Gangsters, mit dem sie schon mehrfach zu tun hatten …

_Mein Eindruck_

Ja, wenn es um Millionen im Profisport geht, hört der Spaß auf: Ein Menschenleben ist dann noch einen Dreck wert, besonders wenn sich die Hintermänner in Sicherheit bringen wollen. So ergeht es auch Dwayne und seinem Komplizen Davis. Nachdem Spenser und Hawk Deegan durch Bloßstellung unter Druck gesetzt haben, kennt der Gangster keine Grenzen der Gewalt mehr. Nur durch Hawks Eingreifen können Deegans Killer abgewehrt werden, doch Davis muss ins Gras beißen.

Als Krimi ist diese Geschichte insofern ziemlich ungewöhnlich, als der Handlanger Deegans, Dwayne Woodcock, von Ermittler Spenser in Schutz genommen wird. Der Schnüffler könnte es sich ja einfach machen und Dwayne seinen Auftraggebern, der Unileitung, ausliefern – und nach ihm die Sintflut. Stattdessen verhält er sich sehr ungewöhnlich und zerstört in mühseliger Kleinarbeit das Band der Abhängigkeit zwischen dem Spieler und seinem Manager Deegan.

Dazu konfrontiert er Dwayne und Chantel mit Deegan und dessen Geliebter und Komplizin (man kann sich denken, um wen es sich handelt). Spenser hat seine Freundin Susan Silverman als psychologische Beraterin bei sich, um dieses Band zwischen Dwayne und Deegan zu zerschneiden. Als Deegan beginnt, Chantel zu beleidigen, wird selbst Dwayne stutzig und begehrt auf.

Aber warum lässt sich Dwayne überhaupt von so einem durchsichtigen Windbeutel wie Deegan verführen und korrumpieren, fragen sich Spenser und Susan. Vor allem, wo doch Dwayne in dem taffen Brooklyn aufgewachsen ist und öfters mal mit harten Typen wie Deegan zu tun hatte. Der Grund ist einerseits, dass Deegan einen auf gebildet und vornehm macht, was ihm ein gewisse freundliche Autorität verleiht. Der andere Grund: Der schwarze Dwayne blickt zu Deegan, dem Weißen, auf, weil er es nicht anders kennt. Es spielt auch ein rassistischer Aspekt eine Rolle.

Auch die Art und Weise, wie Spenser sich Deegans entledigt, ist ziemlich ungewöhnlich. Denn es gibt keinen blutigen Shoutout auf irgendeiner Wiese oder in einem verlassenen Schuppen, wie dies andere Autoren praktizieren. Stattdessen spannt Spenser die Strafverfolgungsbehörden von New York, Boston und dem Bund (FBI) ein, die sich schon lange für Deegan interessieren. Und so muss Deegan nicht ins Gras beißen, sondern verschwindet im Zeugenschutzprogramm der Feds – für wie lange, weiß keiner, denn schließlich hat auch die Mafia einen langen Arm …

_Unterm Strich_

„Playmates“ ist ein doppeldeutiger Titel, der sowohl „Spielgefährten“ als auch „Spießgesellen“ (und für manche auch PLAYBOY-Bunnys) bedeutet. Parker wirft in seinem Krimi ein Schlaglicht auf die Mauscheleien im hochdotierten Profisport bzw. in dessen Vorstufe, dem College-Sport. So wie bei uns Bundesligaspiele verschoben werden (das Thema ist gerade heiß), so können auch in den USA Basketballspiele manipuliert werden. Und wer sich den Jahresverdienst von Dirk Nowitzki anschaut, weiß, dass hier um hohe Summen gepokert wird. Es geht um keine Kavaliersdelikte, schon gar nicht, wenn eine Uni den guten Ruf zu verlieren hat.

Jeder andere Ermittler (außer vielleicht Maigret und Montalbano) würde den Schummler dingfest machen und seinem Schicksal überlassen. Doch Spenser sieht Dwayne als Opfer finsterer Machenschaften und will ihn nicht nur befreien, sondern auch diese Hintermänner den behörden übergeben. Gerade diese Befreiung gestaltet sich unvermutet schwierig, denn der Spieler will sich unbedingt weiter ausbeuten lassen – er hängt einem Traum vom Ruhm aus der Hand des weißen Mannes an.

Während die Ermittlung erfreulich unerwartete Haken schlägt, wartet dieser frühe „Spenser“-Krimi (Nummer 16 von 39) mit einer Menge Action auf. Diese spielt sich leider meist offscreen ab, trägt aber mit zur erheblichen Spannung bei. Auch die Gegenüberstellung bei Deegan ist von einer beträchtlichen Spannung gekennzeichnet, doch sie erweist sich vor allem als psychologisch begründet. Mögen andere Autoren wilde Schießereien inszenieren – Spenser hält seine Weste (meist) sauber. Und so kommen auch Humor und Erotik stets zu ihrem Recht.

|Taschenbuch: 257 Seiten
ISBN-13: 978-0425120019|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836

Parker, Robert B. – Spare Change – Ein Sunny-Randall-Krimi

_Ay, caramba! Spiel um Mord und Spaß_

Vor 20 Jahren ermittelte der Vater der Bostoner Privatdetektivin Sunny Randall gegen einen Serienmörder, der von den Zeitungen als „Kleingeld-Möder“ bezeichnet wurde: The Spare Change Killer. Nun haben sich wieder zwei solcher Morde ereignet. Phil Randall wird von den Bostoner Polizeibehörden als Berater hinzugezogen, und er bittet seine Tochter, ihm zu helfen. Wird es ihnen endlich gelingen, den Killer zu schnappen?

Dieser Roman wurde meines Wissens nach bislang noch nicht übersetzt.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) [„Spare Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6852

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
[„Hundred Dollar Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6838
[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
[„Bad Business“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6840
[„Back Story“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6842
[„Painted Ladies“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6843
[„Cold Service“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6844
„Hugger Mugger“, „Small Vices“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Die Bostoner Privatdetektivin ist geschmeichelt und aufgeregt, als ihr Vater, ein ehemaliger Polizeicaptain, sie bittet, ihm dabei zu helfen, einen Serienmörder zu fangen. Dieser Spare-Change-Mörder trieb bereits vor 20 Jahren sein Unwesen in der Stadt. Und obwohl der Unbekannte dem Cop eine Reihe von Briefen schrieb, als wäre er sein bester Kumpel, gelang es Phil Randall nicht, den Kerl dingfest zu machen. Eine Reihe von Menschen starben, bis der Unbekannte aufhörte.

Jetzt hat er – oder nur sein Nachahmer? – wieder angefangen zu töten. Phil Randall berät die höchsten Polizeikreise, die mit einer Task Force die Ermittlung betreiben. Nach einem ersten Opfer, einem jungen Mann, hat es nun einen 55-jährigen Homosexuellen namens Eugene Nevins erwischt. Der Lebenspartner von Nevins findet keinerlei Anhaltspunkte, die Eugene zu einem Opfer gemacht hätten.

Sunny überlegt, was die erneut zugeschickten Briefe an Phil Randall und was das Kleingeld zu bedeuten haben. Der Täter ist sehr selbstsicher. Will er etwa gefangen werden und fordert ihren Vater heraus? Ihr Vater steht in allen Zeitungen, und sie ebenso. Als der dritte Mord passiert, hat die Polizei Glück: Es passiert mitten im Park, der sofort abgesperrt wird: Alle Passanten, die man innerhalb der Parkgrenzen angetroffen hat, werden registriert. Und die Tatwaffe liegt in einem Blumenbeet: Sie ist identisch mit derjenigen Waffe, die bei den vorhergehenden Morden benutzt wurde.

Alle in Frage kommenden Registrierten werden von den Cops interviewt; es sind über dreißig. Als den Finanzberater Bob Johnson an der Reihe ist, fällt er Sunny und Phil Randall sofort durch seine leutselige Art auf. Sunny will ihn verhören, und tatsächlich: Der Typ fährt total auf sie ab. Er weiß erstaunlich viel über den Spare-Change-Killer, auch über die Mordserie vor 20 Jahren, und er produziert sich nicht nur vor Sunny: Er genießt es auch, sie herauszufordern.

Ihre weibliche Intuition sagt Sunny: Er ist es. Dumm nur, dass sie ihn nicht festnageln können. Also muss man ihn beschatten und durchleuchten. Doch der Polizeichef hat zu wenig Leute, um Bob Johnson rund um die Uhr zu beschatten: Er schüttelt seine Verfolger immer wieder ab.

Sunny bricht bei Johnson ein und fotografiert nicht nur sein Adressbuch, sondern auch das Foto einer jungen Frau, das im Schlafzimmer auf einem Ehrenplatz steht. Während die Cops sämtliche Adressen abklappern, macht sich Sunny mit Johnsons Familiengeschichte vertraut: Sein Vater war Professor an der Taft University, einer der Elite-Unis im Land. Merkwürdig findet Sunnys Daddy, dass Johnson senior genau dann an einer Herzattacke starb, als die erste Mordserie des Spare Change Killers aufhörte. Sunny glaubt nicht an Zufälle. Zusammen geht sie diesem verdächtigen Todesfall auf den Grund.

Zugleich trifft sie sich mit Bob Johnson auf einen Drink. Vorsichtshalber hat sie den Treff in die Bar ihres besten Freundes Spike gelegt. Johnson zeigt sich nicht nur aufregt über das Treffen und lädt sie gleich zu sich ein – er ist auch bestens informiert über die Fortschritte der Polizei. Und er will alles wissen, was Sunny und die Cops herausgefunden haben. Leider ist er zu vorsichtig und haut wieder ab.

Sunnys Vater und ihr Exmann sind gar nicht sicher, ob sie sich über Sunnys Vorgehen freuen sollen. Der Mörder ist schließlich gefährlich. Und er macht weiter: Es gibt eine Serie von drei weiblichen Opfern. Ihr gemeinsames Merkmal: Sie sehen alle Sunny äußerst ähnlich. Soll Sunny wirklich weitermachen? Denn es ist klar, dass auch sie im Visier des Täters ist. Aber was, wenn Johnson unschuldig ist? Und was treibt den Verdächtigen überhaupt an? Sunny muss weitermachen und nach der jungen Frau auf dem Foto suchen …

_Mein Eindruck_

Es ist ja ziemlich ungewöhnlich, dass ein Mörder mit der Ermittlerin anbandelt, aber auch nicht das erste Mal. Außergewöhnlicher ist hingegen, dass diese Ermittlerin das ganz genau weiß, statt sich hinters Licht führen zu lassen. Und dass sie in kauf nimmt, dabei gekidnappt oder getötet zu werden. Das verleiht der ganzen Geschichte einen erhöhten Nervenkitzel.

Da die Lösung aller Rätsel erst in der allerletzten Szene erfolgt, sind wir gespannt, welchen Hintergrund der mutmaßliche Mörder Bob Johnson aufweist. Sein Job als Finanzberater scheint nur eine Fassade zu sein: An den Tagen, an denen der Spare Change Killer zuschlägt, sind in seinem Kalender keine Termine eingetragen … Aber warum ist Johnson ohne menschliche Bindung – und überhaupt: Wer ist dieser Chico Zarilla, der als letzter Name in seinem Adressbuch steht?

Sunnys Besuch bei der jungen Frau auf dem Schlafzimmer-Foto ist höchst aufschlussreich: Sie war einmal Johnsons Freundin. Doch sie gab ihm zugunsten eines anderen den Laufpass, denn Bob war sehr schüchtern und gehemmt. Das Gespräch ist erstaunlich offen, bis in die intimsten Details. Dies dürfte nur unter Frauen möglich sein.

Doch wer ist Chico Zarilla? Sunny und ihr Vater stoßen auf diesen Namen, als sie dem angeblichen Herzanfall von Johnson senior nachforschen. Dessen Sekretärin sah nämlich Blut auf der Leiche. Und hätte schon mal von einem Herzinfarkt gehört, bei dem das Opfer blutete? Eben. Es handelt sich um einen klassischen Fall von Vertuschung durch die Uni-Leitung, und als sie den damaligen Campus-Sicherheitschef befragen, präsentiert dieser ihnen nicht nur die Tatwaffe bei Johnsons Selbstmord, sondern auch den Abschiedsbrief. Darauf steht nur: „ADIOS; CHICO ZARILLA“. Sehr merkwürdig.

Wie sich in Johnsons Zweitwohnung, dem Wohnsitz von „Chico Zarilla“, herausstellt, war der mexikanische Bandit die zweite Persönlichkeit von sowohl Johnson senior als auch von Johnson junior. Da er keine Erfüllung in der Liebe fand, tötete er als Ausgleich, um das Gefühl der Macht über die Menschen zu genießen: „Das macht Spaß“, sagt der Killer. Bis er sich in Sunny Randall verliebt …

Einer der besten Spannungshöhepunkte der ganzen „Sunny Randall“-Reihe – dies ist der letzte Band – findet sich hier als Abschluss der nervenaufreibenden Liebelei zwischen dem Mörder und der Ermittlerin. Der Schauplatz ist – wieder einmal – bei Sunnys Freund Spike im Restaurant. Als Johnson kapiert, was gespielt wird, nimmt er Sunny als Geisel. Doch ihr Vater, stets vor Ort, spielt nicht nach Johnsons Regeln …

|Väter & Söhne, Väter & Töchter|

So wie der Autor die Wechselwirkung zwischen der Erfüllung bzw. Nichterfüllung in der Liebe und dem Bedürfnis nach ausgleichender Macht auf subtile Weise darstellt, so einfallsreich stellt er auch das Beziehungsgeflecht zwischen Vätern und Söhnen sowie Vätern und Töchtern dar.

Im Fall der beiden Johnsons eifert der Junior seinem Vater nach, aber auf der Schiene des Verbrechens. Mrs Johnson ist eine frustrierte, abweisende Person, keine liebende Mutter. Im Falle der drei Randall-Frauen – Mutter, Elizabeth und Sunny – wetteifern sie alle um Vaters Gunst. Doch er gibt sie ihnen uneingeschränkt und bedingungslos, statt ihnen gegenüber durch die Drohung von Liebesentzug kontrollieren zu wollen.

Die drei Frauen sind mit faszinierenden Porträts versehen worden. Mutter Randall ist in vielen Dingen auf die Hilfe ihres Mannes angewiesen (aber sie und er würden dies niemals zugeben), eine Bourbon-Trinkerin und lausige Köchin. Elizabeth ahmt ihre Mutter nach, denn eine Frau ist ohne Mann nur eine halbe Person. Doch der neue Verlobte stellt sich Sunny gegenüber als selbstverliebter Theoretiker mit faschistischem Gedankengut dar – ein Literaturprofessor, um Himmels willen!

Sunny selbst setzt auf Erfahrung als Wert, genau wie ihr Vater. Doch auch sie benötigt eine Therapie, um sich mit Richie, der seine Frau verlassen hat, wieder eine Zuklunft aufzubauen. Auch wenn sie ihren Vater liebt und mit ihm eng zusammenarbeitet, erhebt sich im Finale die Frage, wie sie damit umgeht, dass er bei ihrer Geiselnahme nicht den Forderungen des Geiselnehmers nachgibt, sondern lieber Sunnys Tod in kauf nimmt?

_Unterm Strich_

In „Spare Change“ überzeugte mich der Autor restlos mit seiner These, dass Verbrecher in der Keimzelle der Gesellschaft entstehen, in der Familie. Ein Sohn eifert seinem Vater aus frustrierter Liebe nach, wird dabei ein anderer, eine Traumfigur, nur um dann beim wahllosen Töten ein Machtgefühl erleben zu können. Doch dann kommt diese hübsche Ermittlerin namens Sunny und wird für ihn zu einer Honigfalle …

|Showdown|

Den privaten Szenarien steht das berufliche Umfeld der Cops gegenüber, in dem sich Sunny bewegt. Ihr Vater war ein Cop und er ist es wieder, um den alten Fall des Spare-Change-Killers aufzuklären. Im Showdown kommen diese beiden Felder von Sunnys Existenz zu einer kritischen Kollision: Als sie zur Geisel genommen wird, stellt sich ihr die bange Frage, ob sie zu einem in Panik geratenen Nervenbündel wird, als ihr Vater auf sie zielt – oder ob sie die Nerven behält und ihrem Daddy vertraut. Das ist einfach meisterlich zusammen-, herbei- und ausgeführt. Erst nach dem Abschluss kann der Leser erleichtert aufatmen.

|Ausblick|

Es ist wirklich schade, dass es keine weiteren „Sunny Randall“-Krimis geben wird. Es folgen zwar im Januar und Mai noch zwei Romane posthum, doch soweit ich sehen kann, sind die Hauptfiguren dabei Spenser („Sixkill“) und Jesse Stone („Split Image“). Zu gegebener Zeit werden meine Berichte dazu folgen.

|Taschenbuch: 323 Seiten
ISBN-13: 978-0425221921|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836

Mark Haddon – Boom!

Spadwetsch! Die Aliens sind unter uns

Das ziemlich eintönige Leben des 13-jährigen Jim ändert sich schlagartig, als er und sein Freund Charlie einer mysteriösen Verschwörung auf die Spur kommen. Warum reden die Lehrer in einer Geheimsprache miteinander? Als Jim und Charlie ihnen folgen, landen sie plötzlich in einer fremden Galaxie, auf dem Planeten Plonk. Und damit beginnt das Abenteuer: Denn sie müssen nicht nur ihre Lehrer retten, sondern die ganze Welt … (Verlagsinfo)

Der Autor

Mark Haddon – Boom! weiterlesen

Parker, Robert B. – Back Story – Ein Spenser-Krimi

_Zeitkritik: der Fluch der Hippies_

Die Freundin von Spensers Ziehsohn Paul Giacomin bittet den Privatdetektiv um Aufklärung, wer für den Mord an ihrer Mutter Emily Gordon verantwortlich. Emily wurde bei einem Banküberfall erschossen – vor 28 Jahren! Für sechs Donuts übernimmt Spenser den Fall. Doch als sowohl das FBI als auch ein Gangster ihn an der Ermittlung hindern wollen, weiß er, dass viel mehr dahinter stecken muss …

Der Titel der deutschen Übersetzung lautet: „Alte Wunden“.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
[„Hundred Dollar Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6838
[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Die Schauspielerin Daryl Gordon nennt sich Daryl Silver, als sie mit Spensers Ziehsohn Paul Giacomin, der jetzt Regisseur am Theater ist, zu Spensers Bürotür hereinspaziert. Sie hat sechs Krispy Kreme Donuts mitgebracht – Geschenk oder Bezahlung? Letzteres, wie sich herausstellt: Der Privatermittler soll herausfinden, wer Daryls Mutter Emily auf dem Gewissen hat – nach 28 Jahren!

Emily Gordon war ein Mitglied der Hippie-Generation, wie es Daryls Vater Barry heute noch ist – in San Diego. Doch Emily geriet irgendwie von der sonnigen Westküste ins neblige Boston. Dort wollte sie auf einer Bank Reiseschecks einlösen. Sie geriet in einen Banküberfall, der von der radikalen Dread Scott Brigade verübt wurde, und wurde erschossen. Spenser bohrt mehrfach nach: Emily Gordon hatte einen schwarzen Freund namens Leon Horton alias „Coyote“. Und der Anführer der Dread Scott Brigade, Abner Fancy, nannte sich Shaka, nach dem Häuptling Shaka Zulu. Es waren die Tage der Revolution.

Die Cops haben den Fall bis heute nicht gelöst. Trotz Überwachungsfotos und Zeugenaussagen. Bemerkenswert. Ein Vermerk in der Akte macht Spenser stutzig: Eine Ermittlungsakte vom FBI sollte unterwegs sein, traf aber nie ein. Er spricht mit dem FBI-Stationsleiter vor Ort, SAC Nathan Epstein, der das Fehlen der Akte auch sonderbar findet. Doch eine Andeutung macht auf Spenser Eindruck: Entweder haben die FBI-Leute mit den Akten geschlampt – sie sind nicht bekannt dafür – oder es handelt sich um eine Vertuschungsaktion der Bundespolizei.

Als zwei Typen in Spensers Büro auf ihn warten und sagen, sie seien von der Regierung, verlangen sie, er solle seine Schnüffelei einstellen. Offenbar ist er jemandem auf die Zehen getreten. Sie sollen sich verpissen. Aber dann taucht eine ernstzunehmendere Figur auf: „Harvey“ ist offensichtlich ein professioneller Killer. Und wie Spenser von Vinnie Morris und Hawk erfährt, arbeitet „Harvey“ für den Bostoner Gangster Sonny Aronofsky. Als Spenser diesen Typen besucht, schreit der ihn an, er solle die Finger von seiner „Familie“ lassen. Familie?

Jedenfalls findet Spenser es bemerkenswert, dass sowohl FBI als auch Gangster alles tun, um ihn vom Fall Emily Gordon abzuhalten. Als er den pensionierten FBI-Ermittlungsleiter von damals besucht, stellen ihm einige Killer eine Falle. Spenser entkommt mit knapper Not, doch wird ihm klar, dass an dieser Sache viel mehr dran ist, als er gedacht hat. Er tut sich mit seinem besten Freund Hawk zusammen, damit der seinen Hintern deckt.

Eine weise Maßnahme, wie sich schon bald erweist …

_Mein Eindruck_

Diese Story versetzt den Leser in die Zeit der ausgehenden Hippie-Ära und der radikalen Studentenbewegungen. Beide werden im Rückblick und in ihren Auswirkungen äußerst negativ bewertet. Dabei ist der Autor keineswegs besonders genau und legt auch keine besondere Sachkenntnis an den Tag. Er setzt das Wissen um die acht Jahre zwischen 1966 (der wahre „Summer of Love“) und dem Jahre 1974, nach Watergate, Studentenrevolution und Rassenunruhen, als bekannt voraus. Es hieße, Eulen nach Athen zu tragen, würde er die Fakten hier nochmals wiederholen.

Außerdem geht es zwar um die Bewältigung dieser Ära, aber auch um die Auseinandersetzung mit der Behandlung jener Ereignisse durch die Behörden. Im Fall des Bankraubs stellt sich heraus, dass das FBI einen sehr guten Grund hatte, um die ganze Sache zu vertuschen: Einer ihrer Informanten war der Fahrer des Fluchtfahrzeugs. Das durfte keinesfalls bekannt werden. Als Folge davon schloss das FBI einen Schutzpakt mit dem Informanten. Als dieser sich zum Drogengangster mauserte, konnte ihm kein Richter und kein Cop am Zeug flicken: Das FBI hielt die Hand über ihn. Bis Spenser kommt.

Aber nicht nur die Agenten der Bundespolizei wollen ihn deshalb um die Ecke bringen, sondern auch ein Gangster namens Sonny Karnofsky. Die Hintergründe sind Spenser und seinem Kumpan Hawk bis zum Finale unbekannt, doch sie machen Spenser das Leben sauer, und sogar Susan muss beschützt werden.

Doch Sarnofsky wohnt in Paradise, einem schick gewordenen Fischerdörfchen nördlich von Boston. Hier ist Jesse Stone der Polizeichef. Und sobald Stone einmal von Spenser und seinen Leuten bei der Staatspolizei (Healy) in die Sache eingeweiht worden ist, erweist er sich als äußerst hilfreich. Denn ihm ist die Anwesenheit eines Gangsters in seinem Städtchen ebenfalls schon lange ein Dorn im Auge. Also hilft er Spenser mit Informationen aus seiner Überwachungstätigkeit. Spenser hat Hochachtung vor dem Mann: „not a smalltown shitkicker“ lautet sein höchstes Lob.

Und so kommt es, dass Spenser endlich die beste Freundin von Emily Gordon ausfindig macht. Und auch den Grund, warum Karnofsky überhaupt von „Familie“ sprach, als Spenser ihn auf Emily ansprach. Und dabei treten die Folgen der sexuellen Freizügigkeit unter den Hippies wieder mal sehr deutlich zutage. Und auch die Gründe, warum Emily Gordon an jenem Tag in der Bank erschossen wurde.

_Unterm Strich_

Ich fand diesen „Spenser“-Krimi zwar recht spannend, aber wenig unterhaltsam. „Bad Business“ war wesentlich unterhaltsamer und lustiger, ein Thriller wie „Trouble in Paradise“ actionreicher. „Back Story“ weist zwar ein interessantes Sujet auf, doch der Autor macht zu wenig daraus. Die Kollaboration von FBI und Verbrechern auf der Ebene von Spitzeln ist sattsam bekannt und vielfach von Autoren aufgegriffen worden. (Erst gestern kam die Meldung, fünf deutsche Polizeibeamte hätten den Hell’s Angels Informationen zugesteckt.)

Die Konfrontation Spensers mit dem alten FBI und den Verbrechern sorgt zwar für jede Menge Actionszenen, doch wenn es um Wissen über die Hippies, die Studentenrevolte und die Rassenunruhen in den USA geht, liefert der Autor nichts an Hintergrundinformationen. Die muss der deutsche Leser gefälligst selbst mitbringen, oder er ist reichlich verwirrt. Es wäre recht empfehlenswert, sich über jene bewegte Zeit zu informieren. Dass die Vergangenheit nämlich keineswegs tot ist, zeigen unter anderem die Aufhebung des Strafbefehls gegen DOORS-Sänger Jim Morrison nach rund 40 Jahren und die Weiterverfolgung von Roman Polanski durch US-Gerichte, ebenfalls nach fast 40 Jahren.

Bemerkenswert ist dieser „Spenser“-Krimi auch durch den Auftritt von Jesse Stone, dem Polizeichef von Paradise. Stone stellt die Zentralfigur zahlreicher weiterer Krimis von Robert B. Parker dar, und ich habe über ein halbes Dutzend davon bereits vorgestellt. Wie stets sorgen zahlreiche Anspielungen auf Literatur und Film für Erheiterung und ironische Seitenhiebe. So ist zumindest für Amüsement gesorgt. Dies ist beileibe kein langweiliger Roman. Aber der deutsche Leser muss sein Scherflein beitragen, um seine Tiefe zu würdigen.

|Taschenbuch: 291 Seiten
ISBN-13: 978-0399149771|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836

Parker, Robert B. – Painted Ladies – Ein Spenser-Krimi

_Kunst killt – Spenser auch_

Privatdetektiv Spenser wird von einem Kunstprofessor als Leibwächter angeheuert, der Lösegeld für ein gestohlenes Gemälde übergeben will. Kurz nach der Übergabe des Lösegeldes explodiert ein Paket, das der Professor trägt, und zerfetzt ihn. Spenser betrachtet es als seine Pflicht, die für den Mord Verantwortlichen ausfindig zu machen. Doch jemand hat mächtig etwas dagegen und verübt zwei Anschläge auf ihn … So viel Blut nur für ein Gemälde, wundert sich Spenser.

Dieser Roman wurde noch nicht übersetzt.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
[„Hundred Dollar Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6838
[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Der Kunstprofessor Ashton Prince heuert Spenser an, um ihm dabei zu helfen, ein berühmtes gestohlenes Gemälde wiederzubeschaffen: einen alten holländischen Meister. Die Diebe fordern ein Lösegeld und Prince soll es übergeben. Spenser spielt bei der Übergabe praktisch nur den Leibwächter. Weil das nach einem einfachen Job aussieht, willigt er sofort ein.

Die Übergabe findet auf einer Autobahnbrücke statt. Weil Spenser darunter parken und nicht mitgehen soll, sieht er nicht, wie der Professor den Geldkoffer übergibt, auch nicht, an wen. Erst als Prince mit einem kleinformatigen, flachen Paket zurückkehrt, das das Gemälde sein könnte, sieht er ihn wieder. Da explodiert das Paket und zerfetzt den Mann. Spenser ist sauer: Er hat in seiner Aufgabe versagt, den Mann zu schützen. Deshalb betrachtet er es nun als seine Pflicht, dem Mord auf den Grund zu gehen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Das Bild gehörte dem Hammond-Museum in Boston. Doch weder deren Präsident noch sein Anwalt Morton Lloyd wollen irgendwelche Auskünfte erteilen. Und in der Versicherung der Uni arbeitet eine ehemalige FBI-Mitarbeiterin namens Winifred Minor. Auch sie hält sich bedeckt. Doch was für ein Zufall: Ihre Tochter Melissa studiert an der Waltham Universität, an der Ashton Prince lehrte. Und wie Melissas Kommilitoninnen tuscheln, war sie seine Geliebte. Ein paar Zufälle zu viel für Spensers Geschmack.

Die Frau des Professors, eine Dichterin, informiert ihn, dass Ashton Prince nicht der richtige Name des Professors war, sondern vielmehr Ascher Prinz lautete. Der Schürzenjäger des Waltham College war Jude, aber er schämte sich dieser Herkunft. Sein Vater Amos Prinz kam ins KZ Auschwitz. Dafür war Prince eine Koryphäe in Sachen alte holländische Meister und Fälschungen. Von einem Professor in New York City erfährt Spenser, dass Prince völlig unterbezahlt und überbeschäftigt war. Er hätte eine bessere Stellung haben können, warum blieb er dann an einem Provinz-College?

|Die Geschichte des Gemäldes|

Der New Yorker Professor erzählt Spenser die Geschichte des Gemäldes (und wie sich später herausstellt, hat Prince darüber seine Doktorarbeit geschrieben). Der holländische Maler Frans Hermenszoon starb mit 27 im 17. Jahrhundert und kreierte lediglich acht Bilder, wovon „Die Dame mit dem Fink“ das einzige war, das überlebte. Dementsprechend unersetzbar und wertvoll ist es. Nach zwei Jahrhunderten im Besitz der Familie wurde es an den Amsterdamer Kunsthändler Judah Herzberg verkauft.

Doch nach weiteren zwei Jahrhunderten wurden Herzberg und seine Familie 1940 von den Nazis deportiert und ins KZ Auschwitz gebracht, wo alle bis auf den neunjährigen Sohn Isaac umgebracht wurden. Er verschwand mit einem Freund namens Amos Prinz, dem Vater von Ascher Prinz alias Ashton Prince. Die Nazis hatten die reichhaltige Herzberg-Sammlung konfisziert. Aber die beiden holten das Bild aus seinem Versteck im Herzberg-Haus und verkauften es für einen Appel und ein Ei an einen unbekannten Kunsthändler in Rotterdam. Ende der vierziger Jahre tauchte es im Hammond Museum auf. Aber warum ausgerechnet dort?

|Anschlag|

Er lässt Staatsanwältin Rita Fiore Erkundigungen über Morton Lloyd einziehen. Etwas ist faul an diesem Mann, denn Lloyd war es, der Prince den Kontakt mit dem Hammond Museum vermittelte, um das gestohlene Bild wiederzubeschaffen – und so in Lebensgefahr brachte.

Spensers Nachdenken wird erheblich gestört, als zwei bewaffnete Söldner in seinem Büro auf ihn lauern. Nur sein treuer Hund Pearl warnt ihn vor den Eindringlingen. Nach einem Erkundungsgang schließt Spenser seine Bürotür vorsichtig auf, ohne einzutreten, und legt sich flach auf den Korridor davor.

Wie erwartet stürmen die Killer um sich schießend auf den Gang heraus, wo Spenser sie mit gezielten Schüssen ausschalten kann. Dass beide die gleiche eintätowierte KZ-Häftlingsnummer tragen, ist nicht gerade alltäglicher Anblick. Captain Healy von der Staatspolizei findet heraus, dass sie aus Holland kommen, der Heimat von Prinz und Herzberg – und des Bildes. Und die Häftlingsnummer war die, welche Judah Herzberg in Auschwitz tragen musste …

Der Mordanschlag involviert natürlich die Bostoner Polizei, doch Frank Belson macht ebensowenig Schwierigkeiten wie Healy oder Belsons Chef Quirk. Allerdings bleibt es nicht bei diesem ersten Anschlag. Fortan lebt Spenser gefährlich – und seine Freundin Susan ebenfalls …

_Mein Eindruck_

Der Kunstmarkt ist auch nicht mehr das, was er mal war. Zumindest der für die Beutekunst, um die es im vorliegenden „Spenser“-Krimi geht. Denn das Bild „Dame mit Fink“ wurde von den Nazis geraubt und nach dem Krieg erst verkauft und dann den Amis übergeben. Oder auch nicht, aber mehr darf nicht verraten werden. In der Tat bleiben die Umstände der Verwicklungen von Ashton Prince, Ariel Herzberg und Anwalt Lloyd bis fast zum Finale im Dunkeln. Deshalb ist mal wieder gute alte Detektivarbeit angesagt, und Spenser erledigt sie wie stets mit großer Geduld und Hartnäckigkeit.

Dass sich ein amerikanischer Krimiautor überhaupt einmal mit dem Kunstmarkt beschäftigt, finde ich ja schon lobens- und bemerkenswert. Doch wenn Parker dies tut, weiß man, darf man etwas Besonderes erwarten darf. Nämlich nicht nur fundiertes Sachwissen, sondern auch ein menschliches Drama, das zunächst hinter dem Thema steht, dann aber im Finale den Ausschlag gibt. Schließlich drehen sich alle Geschichten, die es zu erzählen wert sind, nicht um Sachen, sondern um Menschen.

Der Roman ist für einen von Parker ungewöhnlich ernst und tragisch. Zwar versuchen Spenser und Hawk wie immer, sie gegenseitig aufzuziehen, aber die Anschläge auf Spenser und die weiteren Leichen lassen auch Spenser das Lachen vergehen. Vielleicht liegt der Ernst des Tons daran, dass der Holocaust an den Juden, also die Konzentrationslager, ein zu ernstes und düsteres Element sind, als dass der Autor auf einer heiteren Note weitererzählen könnte. Zumal es bei der Beutekunst nicht nur um Menschenleben und Schicksale, sondern auch um viel Geld geht.

Die Figuren in diesem Roman verhalten sich nicht immer so, wie es sich Otto Normalbürger wünscht oder wenigstens vorstellt. Der Kunstsachverständige ist ein Betrüger, der Anwalt ein Schwindler und der Beutekunstjäger ein gemeiner Dieb. Aber auch die Ermittler haben keine weiße Weste. Winifred Minor war beim FBI, verliebte sich aber in den Kunstdieb – und ließ ihn nicht nur laufen, sondern half ihm sogar. Nicht ganz das Verhalten, das sich Edgar Hoover gewünscht hätte. Der Autor scheint sein Menschenbild weiterentwickelt zu haben: Es ist multidimensionaler geworden und lässt mehr Möglichkeiten als früher zu.

_Unterm Strich_

Wie so oft fängt Spensers neuer Fall ganz einfach an, entwickelt sich dann aber rasant zu einer Angelegenheit auf Leben und Tod. Kunst killt, im wahrsten Sinne des Wortes. Während Spenser noch den Hintergrund seines Klienten prüft, ist der Gegner schon zwei Schritte weiter. Und als sich immer weitere Merkwürdigkeiten eröffnen, kristallisiert sich mit schauriger Gewissheit heraus, was der unbekannte Mörder wirklich vorhat – und dass Spenser dies unbedingt verhindern muss.

Der einzige Grund, warum ich einen Punkt abziehe, ist der langsame Mittelteil und die Kompliziertheit des Plots. Diese Wertung ist jedoch höchst subjektiv, denn für manch anderen Leser liegt wahrscheinlich genau in dieser Unvorhersehbarkeit der Reiz eines guten Krimis. Also, jedem das Seine.

|Taschenbuch: 290 Seiten
ISBN-13: 978-1849161329|
[www.quercusbooks.co.uk]http://www.quercusbooks.co.uk

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
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Parker, Robert B. – Bad Business – Ein Spenser-Krimi

_Der Sex-Guru und das Kapital_

Als die Gattin einer Managers Spenser darum bittet, ihren Mann wegen Untreue zu beschatten, ahnt der Privatdetektiv noch nicht, auf welches Schlangennest aus Betrug, Sex und Mord er stoßen wird. Er braucht jede Hilfe seiner Freunde, um diesen Fall zu bewältigen …

Dieser Roman wurde noch nicht übersetzt.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
[„Hundred Dollar Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6838
[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Eine Frau tritt in Spensers Büro und beauftragt ihn damit, ihren Mann zu beschatten, weil sie glaubt, er sei ihr untreu. Spenser bittet sie, mal ihren Namen zu verraten, damit er weiß, wen er überhaupt beschatten soll. Widerwillig gibt sie dieses Staatsgeheimnis preis: Marlene Rowley. Er soll Trenton Rowley beschatten, den Finanzchef der Firma Kinergy in Waltham. Das Unternehmen handle mit Energiekapazitäten und sei sehr aufstrebend. Ach ja, noch eine Kleinigkeit: Die Bezahlung erfolge nur über ihren Anwalt. Spenser nimmt auch dies gelassen hin.

Dem Manager Trenton Rowley zu folgen, erweist sich als einfach. Nach Büroschluss um 19:00 Uhr düst der Manager nicht etwa nach Hause zu Heim und Herd, sondern in das Nobelhotel Hyatt, um dort eine Frau zu treffen, die bereits auf ihn wartet. Nach drei Stunden erscheint er wieder, mit einer Blondine am Arm. Gerade als Spenser den beiden folgen will, wird er von einem Mann angesprochen: „Folgen Sie dem Mann? Ich folge der Blondine.“

Der Typ ist ebenfalls Privatdetektiv. Elmer O’Neill wurde angeblich von Ellen Eisens Mann engagiert. Na, fein: Spenser und Elmer teilen sich die Arbeit und die Erkenntnisse. Doch das ist noch nicht alles: Als Spenser mal Marlene folgt, stößt er auf einen weiteren Detektiv. Dieser wurde ebenfalls von einem Mann engagiert. Das ist ja der reinste Ringelpietz mit Anfassen, findet Spenser. Was steckt dahinter?

Regel Nr. 1: Wenn man im Zweifel ist, sollte man alle Beteiligten befragen. Ellen Eisen ist die Erste. Ellen ist (noch?) mit Bernie Eisen verheiratet, einem Kollegen von Trenton Rowley, der ebenfalls im Vorstand arbeitet. Sie hat einen „Berater in Dingen des Herzens“ namens Darrin O’Mara dabei, den Spenser als TV- und Rundfunkratgeber kennt. Wie sich herausstellt, propagiert O’Mara die „höfische Liebe“ des Mittelalters, die nichts weiter besagt, als dass die Ehe ein Gefängnis sei, aus dem es durch andere Liebschaften auszubrechen gelte. Nur so könne man der Herzensdame seine Zuneigung zeigen. Zwar hält Spenser dies für ausgemachten Blödsinn, doch Ellen weist ihm die Tür, als er sie dafür kritisiert, daran zu glauben.

Spenser wartet abends vor dem Firmengebäude von Kinergy darauf, dass Rowley endlich Feierabend macht. Es wird später und später. Schließlich reißt ihm der Geduldsfaden und er wendet sich an den Wachmann am Eingang: Er sei Johnny Weismuller und wollte Trenton Rowley sprechen. Nach einer Weile tauchen jedoch statt des erhofften Mannes zwei Streifenwagen auf und halten Spenser erst einmal fest. Eine Ambulanz trifft ein – kein gutes Zeichen. Schließlich taucht sogar Captain Healy von der Staatspolizei von Massachusetts auf. Der alte Bekannte Spensers klärt ihn auf, was dieser Auflauf soll: Rowley wurde mit drei Einschüssen tot aufgefunden. Ein Verbrechen aus Leidenschaft?, sinnieren die beiden. Oder steckt mehr dahinter?

Als Spenser Bernie Eisen erstmals kennenlernen will, um ihn über Rowley zu befragen, begrüßt ihn erst einmal der Sicherheitschef von Kinergy, Gavin. Der führt ihn in ein karges Büro. Als sich auch Eisen dazusetzt, ist Spenser sehr vorsichtig. Allein schon die Frage, ob Rowley ein Verhältnis mit Eisens Frau habe, führt zum Abbruch des Gesprächs. Spenser muss unverrichteter Dinge zurück. Doch er kann zumindest die anderen beiden Detektive nach ihren Erkenntnissen fragen. Dabei stellt sich heraus, dass sie nicht wie angenommen, von den Ehemännern beauftragt wurden, sondern der Beschreibung nach von Sicherheitschef Gavin. Warum sollte Gavin seinen eigenen Managern nachspionieren?

Um allem die Krone aufzusetzen, macht Gavin Spenser ein fürstliches Angebot: Eine Sinekure in der tiefsten Provinz – viel Geld fürs Nichtstun. Spenser lehnt dankend ab. Dann taucht schließlich sogar der Vorstandschef Bob Cooper – „nenn mich Coop“ – auf und macht ihm ein lukratives Angebot: Sicherheitsberater bei Kinergy. Spenser lehnt wieder ab, denn er hat ja schon einen Klienten (Mrs Rowley).

Aber als auch Gavin tot aufgefunden wird – Suizid? – , ahnt Spenser, dass das nächste Opfer bei Kinergy nicht lange auf sich warten lassen wird. Es sei denn, er unternimmt schnellstens etwas dagegen. Zusammen mit Hawk, seinem besten Freund, beginnt er, den unsichtbaren Gegner aufzuscheuchen, wer auch immer es sein mag …

_Mein Eindruck_

Selten habe ich in der Reihe der Spenser-Krimis einen so spannenden, erotischen und lustigen Roman gelesen. Vordergründig scheint es um Liebeshändel zu gehen, doch in Wahrheit geht es um eine Firmenübernahme. Dreiecksgeschichten sind Standardware in Krimis, und Ermittlungen in Scheidungsfällen sind das Brot-und-Butter-Geschäft der Privatschnüffler. Allerdings entpuppen sich die Schäferstündchen als etwas anderes: Sie wurden vom Sex-Guru höchstpersönlich arrangiert! Also ist der Seitensprung gar nicht so schlimm, oder?

|Minne und dergleichen|

Als ehemaliger Literaturprofessor kennt sich der Autor natürlich auch mit den provenzalischen Troubadouren und deutschen Minnesängern aus. Die höfische Liebe, auch „Minne“ genannt, wurde im 14. Jahrhundert in Aquitanien erfunden (vgl. dazu A. Ballhaus: „Liebe und Sex im Mittelalter“, dt. bei Lübbe, 2009). Manche ihrer Vorstellungen wirken seltsamerweise bis heute nach, so etwa die Idee, dass romantische Liebe zur „edlen Dame“ bzw. „Gentleman“ genügen würde, um eine Ehe zu begründen. Über Minne und dergleichen kann Spenser nur lachen, denn seine Beziehung zu Susan ist auf etwas ganz anderes gegründet: auf sexuelle Anziehung. Ellen Eisen und Marlene Rowley scheint es an sexueller Erfüllung jedoch eindeutig zu mangeln.

|Der Liebesguru|

Immer wieder stolpert der Schnüffler über den Sex-Guru Darrin O’Mara. Dieser hält Liebesseminare ab, und Spenser lässt seinen Kumpel Hawk seine Freundin Cecile in eines dieser Seminare einschleusen. Das Ergebnis ist ganz erstaunlich und hat reichlich wenig mit höfischer Liebe zu tun. Der Herzensberater könnte sich genauso gut Zuhälter für Kinergy nennen. Und er hat einen zwielichtigen Helfer mit unbekannten Aufgaben.

|Firma mit doppeltem Boden|

Kinergy ist eine aufstrebende Firma, wie es heißt. Der Vorstandschef Bob Cooper ist ein jovialer Bursche, der sich bei jedem anbiedert. Aber Spenser lässt sich nicht einwickeln: Das ist einfach nur Geschäftsstrategie, wie sie in jeder amerikanischen Firma zum guten Ton gehört. Spenser beginnt nach dem zweiten Mord hinter die Fassade zu blicken, als sich ihm eine junge „Geschäftsentwicklerin“ anvertraut: Mit den Finanzen der Firma könnte es nicht zum Besten stehen. In wenigen Tagen könnte sie pleite sein.

Spenser ist nun aber der Letzte, der sich mit Buchhaltung auskennt. Er kennt aber wie jeder gute Amateur Leute, die die besten auf ihrem Gebiet sind. Marty Siegel ist so einer, und er findet mit Hilfe der jungen Managerin und Einwilligung von Bob Cooper heraus, was mit den Bilanzen von Kinergy nicht stimmt: Finanzchef Rowley und sein Kumpel Bernie Eisen haben einen großen Finanztrick namens Special Purpose Entity (SPE) abgezogen, der zwar ihre Börsennotierung schönte, aber dafür sorgte, dass sie sich ihre Taschen füllen konnten: Es war eine gigantische Luftblase, denn das Vermögen der Firma stand nur auf dem Papier. Von Cash keine Spur.

|Showtime|

Soweit, so schön, Aber, woher kommen denn nun die Leichen, fragt sich Spenser. SPEs bringen keine Leute um, schon gar keine Finanzchefs. Spenser greift mit seinem Kumpel Hawk auf die beste Tugend des Schnüfflers zurück: geduldig beobachten. In welchem Zusammenhang der Liebesguru Darrin O’Mara zu Bob Cooper steht, wissen sie bereits, aber was soll Darrins Heimlichtuerei mit den Damen? In klassischer Manier entdecken die beiden Beschatter die naheliegende Wahrheit und führen eine Gegenüberstellung der wichtigsten Figuren im verzwickten Spiel herbei. Denn wo es an Beweisen mangelt, müssen Geständnisse die Wahrheit ans Licht bringen.

Die Wahrheit ist jedoch derart hässlich, dass schon bald der Adrenalinpegel ins Unerträgliche steigt und es zu emotionalen Explosionen kommen muss …

_Unterm Strich_

Ich habe diesen Krimi an nur einem Abend gelesen. Er ist nicht nur spannend und actionreich, sondern auch äußerst lustig. Die Sache mit der höfischen Liebe ist von Anfang ein verdächtiges Konstrukt, dass wir sofort einen Vorwand für sexuelle Aktivitäten vermuten. Wunderbar, wie Spenser und Hawk die Wahrheit ans Licht bringen – mit einem unwahrscheinlichen Kandidaten im Rampenlicht.

Und dann noch die Sache mit den drei Detektiven, die sich gegenseitig auf die Füße treten. Herrlich! Wunderbar die Szene, wie sich Marlene Rowley im Rekordtempo besäuft und in den Geisteszustand eines Kleinkindes zurückverfällt: „Hab Pipi macht“, meldet sie schließlich stolz ihre Verrichtung. Spenser weiß nicht, ob er lachen oder weinen soll. (In dem „Jesse Stone“-Krimi „Death in Paradise“, der längst nicht so lustig ist, gibt es eine ähnliche Szene mit einem Schriftsteller: Sein Kopf fällt ins Essen. Unterschwellig warnt der Autor seine Leser mehrfach vor den Gefahren der Alkoholsucht.)

Von großem Sachverstand zeugen die Kapitel, die der Autor dem Finanztrick der Special Purpose Entitys (SPEs) widmet. Spenser bedingt sich aus, was auch wir wünschen würden: Übervereinfachung. Tatsächlich erklärt der „weltbeste Wirtschaftsprüfer“ Marty Siegel diese komplexe Sache mit Worten, die jeder verstehen kann. Und wie schon in „Widow’s Walk“ wird aus einer unscheinbaren Finanzinstitution bzw. -abteilung ein Monster, das ohne Weiteres sein Scherflein zum Börsencrash von 2008 beigetragen haben könnte. Und zwar völlig legal.

Natürlich darf in einem „Spenser“-Krimi die Action nicht zu kurz kommen. Doch darüber darf hier nichts verraten werden. Alles in allem ein perfekter Beitrag zur „Spenser“-Reihe.

|Taschenbuch: 310 Seiten
ISBN-13: 978-0399151453|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836

Ludlum, Robert – Das Osterman-Wochenende

_Mittelmäßiger und überholter Cold War Thriller_

Als John Tanner vom CIA darüber informiert wird, dass seine drei besten Freunde Tremayne, Osterman und Cardone Mitglieder einer vom KGB gesteuerten Spionageorganisation seien, gerät sein Leben aus den Fugen, Alles erscheint im Zwielicht. Im bevorstehenden Treffen am Wochenende, wenn die Ostermans aus L.A. nach New Jersey kommen, soll Tanner als der Agent der CIA fungieren. Und als wäre dies nicht genug, macht die CIA seine drei Freunde durch gezielte Kontakte hypernervös. Es wird diesmal ein sehr explosives Wochenende …

_Der Autor_

Robert Ludlum wurde 1927 in New York City geboren. Nach dem II. Weltkrieg begann er eine Karriere als Schauspieler, die er verfolgte, bis er vierzig wurde, also bis 1967. Er studierte Kunstgeschichte und fing mit dem Schreiben an. 1971 schießt sein erster Thriller „Das Scarlatti-Erbe“, an dem er 18 Monate schrieb, an die Spitze der Bestsellerlisten. Als ähnlich erfolgreich erwiesen sich auch alle weiteren Romane, so etwa „Das Osterman-Wochenende“ (verfilmt), „Die Scorpio-Illusion“ oder „Der Ikarus-Plan“.

Seine Erfahrung als Schauspieler kam ihm zugute: „Man lernt, wie man die Aufmerksamkeit des Publikums behält.“ Seine Bücher wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt und erreichten eine Auflage von mehr als 280 Millionen Exemplaren (Verlagsangabe von Heyne). Zuletzt wurden die drei legendären „Bourne“-Thriller mit Matt Damon höchst erfolgreich verfilmt. Ludlum lebte bis zu seinem Tod am 12. März 2001 mit seiner Frau Mary und seinen Kinder in Florida und Connecticut.

Mehrere Autoren schreiben an den Serien, die Ludlum schuf, weiter. Derzeit befinden sich die Verfilmungen zu „The Matarese Circle“/“Der Matarese-Bund“ (mit Denzel Washington) und „The Chancellor Manuscript“/“Das Kastler-Manuskript“ (mit Leonardo DiCaprio) in der Produktion. Außerdem gibt es seit 2008 das Videospiel „Robert Ludlum’s: Das Bourne-Komplott“ für PlayStation 3 und Xbox360.

1) „Die Bourne-Identität“
2) „Das Bourne-Imperium“
3) „Das Bourne-Ultimatum“
4) [„Das Bourne-Vermächtnis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5355 (von Eric Lustbader)
5) [„Der Bourne-Betrug“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5537 (von Eric Lustbader)
6) [„Das Bourne-Attentat“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6125 (von Eric Lustbader, 2008)
7) „Die Bourne-Intrige“ (von Eric Lustbader, Veröffentlichung 2009)
8) „The Bourne Objective“ (von Eric Lustbader, Veröffentlichung 2010)

Weitere Reihen: „Der Matarese-Bund“ (zwei Bände); die „Covert ONE“-Reihe (von Ko-Autoren verfasst, die auf unveröffentlichtes Material Ludlums zurückgreifen; bislang sieben Bände, davon wurde „Der Hades-Faktor“ 2006 mit Anjelica Huston, Mira Sorvino, Colm Meaney & Stephen Dorff verfilmt).

_Handlung_

|Sonntagnachmittag|

In Saddle Valley, einem verschlafenen Villenvorort in New Jersey, 25 km von Manhattan entfernt, verläuft die Zeit am Sonntagnachmittag träge. Aber vier Familien registrieren die verstärkte Präsenz von Streifenwagen der Cops. Manche der Familienväter machen sich Gedanken:

1) Richard Tremayne, der Anwalt für Firmenübernahmen, lebt in einem Haifischbecken;
2) Joe Cardione, vormals Cardione, ist Investmentmakler für italienische „Freunde“, die Kontakte zur Unterwelt haben;
3) John Tanner, Nachrichtenchef des Senders Standard Mutual, der seiner Konkurrenz meilenweit voraus ist.

Sie alle freuen sich auf das kommende Wochenende, wenn die Ostermans, Bernie und Leila, aus L.A. einfliegen und sie alle mit ihren Familien eine Party feiern werden.

|Montag|

Unter einem fadenscheinigen Vorwand, der ihm gleich als merkwürdig auffällt, fordert die FCC, die Bundesnachrichtenkommission für die Senderkontrolle, John Tanner auf, drei Schriftstücke vorzulegen – und zwar dalli, noch heute. Oder man entzieht ihm die Sendelizenz. Wütend fliegt Tanner in die Bundeshauptstadt.

Doch statt des erwarteten FCC-Beamten empfängt ihn in leeren Büros ein Agent der Central Intelligence Agency. Dieser Laurence Fassett hat die Rückendeckung des Weißen Hauses. Und er ist fair genug, Tanner die Wahl zu lassen, ob er die Informationen, die ihm jetzt gebe, glauben wolle oder nicht. Es gibt drei Stufen der Offenlegung, die dritte ist unterschriftspflichtig und mit persönlicher Haftung verbunden.

Was Tanner zu hören bekommt, ist unfassbar: Ein Netzwerk von Agenten, die vom KGB gesteuert werden, soll binnen vier Wochen losschlagen, um in einer Welle von Erpressungen die Wirtschaft des Landes in die Knie zu zwingen. Das Netzwerk namens „Omega“ bestehe in Saddle Valley aus den beiden Nachbarn Tanners, Tremayne und Cardone sowie aus den beiden Ostermans. Diese Namen erfährt Tanner erst auf Stufe drei – ein Zurückgehen zu Unschuld und Unwissenheit ist nicht mehr möglich.

Fassett bittet Tanner, als Agent der CIA am kommenden Zusammentreffen der Omega-Organisation teilzunehmen: dem alljährlich stattfindenden Osterman-Wochenende. Aus Angst um seine Familie, aber auch um seine Existenz bei seiner Firma sagt Tanner zu, weniger also, weil er ein Patriot wäre. Dafür ist sein Unglaube noch zu groß. Fassett warnt ihn vor, dass die drei Omega-Leute durch Anrufe und andere Kontakte vor Tanner gewarnt würden, beruhigt ihn aber zugleich, dass Tanner und seine Familie völlig außer Gefahr seien. Nur 50 Meter entfernt seien CIA-Agenten in Bereitschaft: eben jene auffälligen Streifenpolizisten vom Vortag. Mit wackligen Beinen kehrt Tanner zu seiner Familie zurück.

|Dienstag bis Freitag|

Tremayne, Osterman und Cardone erhalten die angekündigten Botschaften, die sie vor Tanner warnen. Aber was hat Tanner vor? Was weiß er? Weiß er von der Sache mit Zurich?

|Mittwoch|

Tanner findet seine Familie nicht zu Hause vor. Statt dessen hängt ein unangenehmer Geruch nach Gas in seiner Garage. Wo können sie nur sein? Nach einer hektischen Suche im Hause rast er los, denn er will nicht mehr auf Fassetts Hilfe zählen. Als er Alice und seine zwei Kinder an einem verlassenen Bahnhof wiederfindet, erwachen sie gerade aus ihrer Betäubung.

Was soll diese Botschaft bedeuten und wer hat sie gesendet? Je mehr Tanner darüber nachdenkt, desto mehr zweifelt er an Fassett und der Kompetenz von dessen Leuten. Denn dieser Übergriff auf seine Familie, hätten diese auf jeden Fall verhindern müssen. Doch Fassett hat andere Sorgen: Einer seiner Männer wurde erschossen. Omega muss Tanner bereits ganz nah sein …

_Mein Eindruck_

Wie auch in den „Jason Bourne“-Thrillern ist der Agent bzw. der Komplize des Spions immer auch ein Schauspieler. Und mit diesem Metier kennt sich der Autor bestens aus. John Tanner ist ein solcher Agentenkomplize, und er spielt seine Akteursrolle recht gut. Allerdings hat er seine Probleme, besonders wenn er mit Alice spricht, seiner Frau und engsten Vertrauten. Aber er hat keine Probleme zu lügen, wenn er mit Cardone, Tremayne und Osterman bzw. deren Frauen spricht.

Tanners neues Doppelleben wird allerdings auf mehrere harte Proben gestellt, und das macht die Spannung dieses Romans aus. Zuerst die Entführung und Betäubung seiner Familie, dann Fassetts ermordeter Kollege, schließlich der tote und geköpfte Hund in Tanners eigenem Badezimmer – da können einem schon die Nerven durchgehen. Aber das ist noch gar nichts, als sich die Tanners und Ostermans in seinem Keller verschanzen müssen, um einen Feuerüberfall zu überstehen!

Immer wieder wird Tanners Haus beschossen, es gibt Attacken auf der Straße – wo ist Fassetts Truppe, wenn man sie braucht?! Doch da liegt eben der Hund begraben. Kann Tanner Fassett wirklich trauen? Als er im CIA-Hauptquartier anruft, weiß man dort nichts von einem Fassett, der für sie arbeiten soll. Hat Fassett Tanner hinters Licht geführt und ist in Wahrheit etwas ganz anderes? Und kann Tanner dem lokalen Polizeichef trauen, von dem Fassetts Mann Jenkins behauptet, er sei nicht in die Omega-Sache eingewiesen?

Wie üblich ist der Held umstellt von zwielichtigen Figuren, auf deren Loyalität er sich nur bedingt verlassen kann – sie könnten alle ebenso schauspielern wie er selbst. Natürlich nicht die eigene Frau oder die eigenen Kinder, aber der Rest. Und dieser Rest ist verdammt groß: Es wird keine weiteren Osterman-Wochenenden mehr geben. Denn nun herrscht ringsum Omega.

|Die Übersetzung|

Heinz Nagel hat diesen Roman ins Deutsche übertragen. Der Text ist leicht verständlich und die deutschen Entsprechungen erscheinen mir durchaus korrekt. Allerdings ging man in den siebziger Jahren bei der Eindeutschung wesentlich weiter als heutzutage, sodass sich weniger ursprünglich englische Bezeichnungen und Namen finden.

Die Druckfehler, die sich seinerzeit in vielen Heyne-Taschenbüchern fanden, sind auch hier zu finden, und nicht zu knapp, aber sie stören den Lesefluss nicht.

_Unterm Strich_

Ich brauchte mehrere Tage für diesen Thriller, der für Ludlum-Verhältnisse recht kurz ist. Allein schon das Setting, das in einem Nobelvorort angesiedelt ist, macht es schwer, sich mit den Figuren zu identifizieren. Dies sind keine Durchschnittsbürger mit Durchschnittssorgen, sondern die wirtschaftliche und bewusstseinsbildende Elite der Vereinigten Staaten. Und nun kommt Omega daher und will sie untergraben, um die USA vom Thron zu stürzen.

Wir befinden uns also wieder mitten im Kalten Krieg, und Omega ist ebenso gesichtslos oder austauschbar wie die Protagonisten. Deshalb erinnert der Plot so sehr an die „Jason Bourne“-Thriller: Es ist eine Schattenwelt, in der jede Identität unsicher ist. Wohl dem also, der der beste und am besten täuschende Schauspieler unter Schauspielern ist. Wird Tanner, der aufrechte Nachrichtenmann, den Test bestehen? Na, und ob, denn sein Job ist es, den Lügen grundsätzlich zu misstrauen und Alternativen in Betracht zu ziehen, die zunächst undenkbar erscheinen.

Leider hat Tanner ein Handicap: Er ist weder ein Mann der Waffe noch der Action. Das macht ihn für heutige Ludlum-Leser wenig geeignet, die so etwas wie einen Prototypen von Jason Bourne erwarten. Selbst im Keller, als er mit seinen Lieben belagert wird, steht ihm keine Feuerwaffe zur Verfügung – heutzutage ein unwahrscheinliches Charakteristikum, denn die Amis sind bis an die Zähne bewaffnet. Tanners Stärke ist das Nachdenken und Kombinieren. Das ist zwar letzten Endes erfolgreich, allerdings wenig unterhaltsam. Dementsprechend zäh kann sich die Lektüre gestalten.

|Taschenbuch: 316 Seiten
Originaltitel: The Osterman Weekend (1972)
Aus dem US-Englischen von Heinz Nagel
ISBN-13: 978-3453012653|

_Robert Ludlum bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Paris-Option“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1068
[„Die Ambler-Warnung“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3493

Parker, Robert B. – Hundred-Dollar Baby – Ein Spenser-Krimi

_Die Hure als Manager: April Kyles Traum und Ende_

April Kyle, vor 20 Jahren ein Schützling Spensers, bittet den Privatdetektiv erneut um Hilfe. Sie habe in Boston ein Nobelbordell aufgemacht und nun versuche jemand, sie aus dem Geschäft zu drängen, mit brutalen Methoden. Nachdem er ihr Schutz zur Verfügung gestellt hat, kommt Spenser die ganze Sache etwas merkwürdig vor. Er beginnt, in New York City Nachforschungen anzustellen und wird schon bald bei zwielichtigen Gestalten fündig …

Einfallsreicher deutscher Titel: „Hundert Dollar Baby“.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Vor zwanzig Jahren war April Kyle eine 15-jährige Hure, die Spenser unter seine Fittiche nahm und in New York bei der Puffmutter Mrs Utley zurückließ (in „Taming a Sea-Horse / Wer zähmt April Kyle?“, 1986). Nun steht sie wieder vor ihm, eine elegante Erscheinung und erotisch bis zum Gehtnichtmehr. Deshalb fällt es ihr leicht, den erbetenen Schutz von ihm zu erhalten. Jemand versuche, sie abzuzocken und um ihren Anteil vom Verdienst ihres Nobelbordells zu bringen. Zwei Kerle hätten bereits die Kunden vertrieben.

Spenser bekommt von den nächsten beiden Störenfrieden schnell heraus, dass ein Typ namens Ollie DeMars sie geschickt hat. Dieser Boss von ein paar Schlägertypen will aber nicht sagen, wer ihm den Auftrag dafür gegeben hat. Wenigstens sorgen Spensers Kumpel Hawk und Tedy Sap (siehe „Potshot“) dafür, dass April nicht mehr belästigt wird. Sie behauptet, ihr Bordell sei die Dependance von Mrs. Utley, doch als Spenser dort anruft, erfährt er, dass Aprils Laden kaum etwas abwirft; die Kosten seien einfach zu hoch. Wieso wird sie also trotzdem belästigt und was erwartet sich der Hintermann davon? Etwas ist hier oberfaul.

Nachdem April nichts dazu sagen will und Spenser seinen Schutz abgezogen hat, schnüffelt er mal in New York herum. Von Mrs. Utley, Aprils früherer Chefin, erhält er eine Liste von Aprils Stammkunden. Ein gewisser Lionel Farnsworth fällt ihm auf. Und Detective Eugene Coretti (aus „Small Vices“) erzählt ihm über diesen Typen, dass er 1998 im Allenwood-Gefängnis einsaß, wegen Betrug. Und wer hätte das gedacht? Auch Ollie DeMars saß dort zur gleichen Zeit ein. Steckt also Farnsworth hinter den Übergriffen?

Doch es steckt noch viel mehr dahinter, denn bislang hat Spenser nur an der Oberfläche gekratzt …

_Mein Eindruck_

„Hundred Dollar Baby“ ist der letzte Band der „April Kyle“-Trilogie in Parkers Werk und wohl auch der traurigste. Den zweiten Band mit dem Titel „Taming a Sea-Horse“ von 1986 habe ich soeben gelesen und war sehr davon angetan. Doch welchen Titel der erste Band trägt, muss ich erst noch herausfinden. Ein guter Kandidat ist „Ceremony“ von 1982, das den vielsagenden deutschen Titel „Einen Dollar für die Unschuld“ trägt. (Diese Vermutung hat sich inzwischen bestätigt.)

April ist so etwas wie Spensers Adoptivtochter und keinesfalls seine Gegelegenheitshure. Mit Susan Silverman ist er bereits in festen Händen und setzt diese Beziehung niemals auf Spiel. Er musste die Entführte ja selbst einmal „In „A Catskill Eagle“ unter Lebensgefahr befreien. Wenn jetzt also in „Hundred Dolalr Baby“ die reife Frau Appril Kyle ihm gegenüber ihre Macht als Frau auszuspielen versucht (ähnlich wie Jesse Stones Exfrau Jenn), dann beißt sie auf Granit. Und diese Zurückweisung nimmt sie nicht gnädig auf. Dummerweise fragt sie ausgerechnet Spensers besten Freund Hawk, ob er Spenser für sie umlegen würde. Die Frau hat Nerven.

April hat sich selbständig gemacht und will mit einem Typen, von dem sie glaubt, dass er sie liebe, eine rein weiblich geführte Bordellkette aufziehen. Ähnliches hatte ja schon Perry Lehman in „Taming a Sea-Horse“ demonstriert. Leider entpuppt sich Lionel Farnham als ein windiger Bursche, der sie lieber um ihr Geld erleichtert, als sie zu unterstützen. In einem letzten Versuch, ihren Lebenstraum zu retten, wendet sich April an den Mob, das organisierte Verbrechen. Damit hat sie sich selbst verraten, wie Spenser findet.

Spenser bemüht sich aus Menschenliebe weiterhin, April vor dem Abrutschen in die Klauen der Mafia zu retten, doch sie legt genau diese Liebe als Egoismus aus: Spenser Präsenz schade ihr nur, klagt sie ihn an. Aber das ist eben ihr Problem: Wenn sie sich auf die Seite der Illegalität stellt und dann auch noch mit der Mafia einlässt, kann sie nicht mit Spensers Zustimmung und Unterstützung rechnen. Er braucht gar nichts weiter zu tun, als mal mit der New Yorker Mafia ein paar Takte Tacheles zu reden, um dafür zu sorgen, dass man April Kyle und ihren Macker mit kritischen Augen betrachtet. Schließlich geht es um Investitionen. April wird ausgebootet.

Nicht einmal Spenser hätte sich die schlimmen Folgen dieser Wendung der Ereignisse auszumalen gewagt. Und den Leser trifft die Konsequenz, die April zieht, noch viel unerwarteter und härter. Es ist von tragischer Ironie, dass eine Prostituierte ihr Leben selbst bestimmen und selbständige Unternehmerin werden will. Doch die Mittel, um diesen Lebenstraum zu verwirklichen, holt sie sich bei Männern, die sie sofort ausnutzen. Es ist diese seltsame Zwiespältigkeit, die Spenser am meisten zu schaffen macht. Zum Glück hat er in Dr. Susan Silverman eine tiefblickende Psychlogin, die ihm diesen Widerspruch erklären kann. Für April kommt jede Hilfe zu spät.

_Unterm Strich_

Dieser letzte Teil der „April Kyle“-Trilogie war mir ein wenig zu relaxt im Mittelteil, um wirklich spannend zu bleiben. Aber das erste und das letzte Drittel entschädigten mich durch spannende Konfrontationen, etwas Action und die finale Konfrontation mit Mafia und April Kyle. Der Kitt, der die Handlung zusammenhält, ist ein typisches Rätsel, das es zu lösen gilt: Was hat April wirklich mit ihrer Bordellkette vor, wer sind die wahren Angreifer und mit wem lässt sich ihr Lover, dieser windige Lionel Wer-auch-immer, ein?

Der Mittelteil besteht zwar auf realistische Weise aus Überwachung, dem bekannten Stake-out-Motiv, aber da rein gar nichts passiert außer sarkastischen Dialogen, ist das nicht sonderlich befriedigend. Es hilft wahrscheinlich, dass der Leser bereits die beiden ersten Teile kennt und dadurch ein menschliches Interesse an der ausgebeuteten Hure April Kyle auf- bzw. mitbringt.

Aber wer diesen Vorteil nicht hat, tut sich etwas schwerer mit der Langsamkeit des Plots. So erging es jedenfalls mir. Vielleicht hätte der Autor auch mal das Milieu wechseln sollen, statt immer nur die Prostitution zu beackern – selbst wenn diese sich binnen 20 Jahren ganz erheblich verändert hat. „Taming a Sea-Horse / Wer zähmt April Kyle?“ (siehe meinen Bericht dazu) ist, wie ich finde, das spannendere und lustigere Buch von den beiden.

|Taschenbuch: 308 Seiten
ISBN-13: 978-0425217559|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836

Parker, Robert B. – Taming a Sea-Horse – Ein Spenser-Krimi

_Der Sklavenhandel und die Macht des Schnüfflers_

Privatdetektiv Spenser sucht eine junge Prostituierte namens April Kyle. Doch kaum hat er sie in New York City gefunden, verschwindet sie bereits wieder spurlos. Ihr Zuhälter hat Angst davor, mit Spenser gesehen zu werden und weist Spuren eines Kampfes auf. Mit wem? Und eine von dessen Huren, mit der Spenser einen Tag lang verbracht hat, wird ermordet aufgefunden. Nachdem alle Stricke gerissen sind, bleibt Spenser nichts anderes übrig, als die Spur dieser jungen Frau aufzunehmen, in Portland, Maine …

Der Titel der deutschen Übersetzung lautet: „Wer zähmt April Kyle?“ Dieser Titel ist völlig irreführend, denn bis auf zwei kurze Szenen spielt April Kyle für die Handlung überhaupt keine Rolle.

Der Originaltitel geht auf ein Gedicht des Engländers Robert Browning zurück. Man darf nicht vergessen, dass der Autor mehrere Jahre Dozent für Amerikanische Literatur war. Allenthalben tauchen auch in diesem Roman literarische Referenzen auf, so etwa zu Nathaniel Hawthorne, einem frühen Pionier der Schauerliteratur.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Spenser hat April Kyle wie eine Tochter aufgezogen, nachdem er die junge Prostituierte in einem früheren Fall aufgelesen und zur New Yorker Puffmutter Patricia Utley gebracht hat. Diese nahm das verwahrloste Straßenmädchen unter ihre Fittiche und machte fast eine Lady aus ihr, natürlich ebenfalls im Puff. Jetzt ruft Mrs Utley Spenser an: April habe ihr Haus verlassen und sich einem Edelnuttenring namens Tiger Lillies angeschlossen. Aber warum?

Sobald er April endlich ausfindig gemacht hat, lädt Spenser April zum Essen ein. Sie hat sich in einen Kerl namens Robert Rambaux verliebt, der Musik studiere. Doch als Spenser den schwarzen Stutzer in Augenschein nimmt, schreit alles an dem Typ: Zuhälter! Die Andeutung, dass Rambaux kein geeigneter Umgang für sie sei, lässt April aufspringen und abhauen. Und ihr Zuhälter warnt Spenser mit einem Rasiermesser, sich von ihr fernzuhalten. Ist das die feinsinnige Art eines Musikstudenten?

Er beobachtet Rambaux und stellt fest, dass der Kerl einen ganzen Stall voller Huren laufen hat, und April hat er lediglich an ein edleres Etablissement vermittelt. Die dort verbrauchten Huren, so erklärt es Mrs Utley, nimmt er dann wieder zurück und schickt sie auf den Straßenstrich. Spenser gabelt eines der Mädchen auf; sie nennt sich Ginger. Nachdem er sich einen Tag lang um sie gekümmert hat – gegen Bares natürlich – bricht sie zusammen und erzählt ihm, wer sie wirklich ist: die zwei Jahre lang von ihrem Vater missbrauchte Tochter von Vern Buckey, dem „härtesten Kerl in Lindell, Maine“. Der Kerl habe sie an ein Bordel in Portland, Maine, verhökert. Spenser gibt ihr Geld und sie geht wieder.

Doch jemand hat Ramaux gedroht, nachdem Spenser auftauchte. Rambauxs Visage wurde poliert und er hat schreckliche Angst, mit dem Detektiv zusammen gesehen zu werden, während er ihn mit einer Pistole zu Gehen zwingt. Unverrichteter Dinge kehrt Spenser heim, nicht ihne Mrs Utley eine Rechnung zu schicken. Nach einem Wiedersehen mit seiner Freundin Dr. Susan Silverman taucht der Polizist Frank Belson auf: Ein Anruf von Detective Corsetti aus New York City – Ginger wurde ermordet aufgefunden, mit Spenser Visitenkarte in der Jacke. Das tut Spenser wirklich leid.

Die einzige gangbare Spur führt nach Lindel und Portland, Maine, zu Gingers Vater und dem Bordell, an das er seine Tochter verkauft haben soll. Doch Vern Buckey wurde von ihr nicht ohne Grund der „härteste Kerl von Lindell“ genannt. Allein schon die Absicht, die er gegenüber einer Frau dort äußert, Buckey treffen zu wollen, löst einen Lachanfall samt Raucherhusten aus. Vern Buckey mag es nicht, wenn man nach ihm fragt. Und er macht jeden platt, der ihm blöd kommt. Somit hat sich Spenser für eine Runde Catchen qualifiziert. Dennoch tritt er Vern Buckey unter die Augen. Und die ganze Stadt wartet draußen vor der Bowling-Halle, ob es Spenser wieder lebend herausschafft …

_Mein Eindruck_

Spenser folgt der Spur Ginger Buckeys. Sie führt ihn mit Hilfe verschiedenster Auskünfte bis zum Betreiber einer Kette von Nobelbordellen, die dem Yuppie sein Selbstwertgefühl aufmöbeln sollen. Sogar die Leibwächter von Perry Lehman sind Schwarze, sein Marketing macht natürlich eine Frau. Auch hier hat Ginger gearbeitet, um sich das Trinkgeld ihrer Freier zu verdienen.

Doch wer sind die Leute, die Perry Lehman das Geld geben, um seine Kette zu expandieren? Diese Leute stecken wahrscheinlich hinter dem verschwinden April Kyles und dem Mobbing von Richard Rambaux. Als Spenser den Leiter des Hurengewerbes in Boston, Tony Marcus, fragt, sagt dieser nur, dass es Leute sind, mit denen er sich nicht anlegen kann. Also muss es wohl der Mob sein, das organisierte Verbrechen.

Wenn aber der Mob bei Perry Lehman abkassiert, wer wäscht dann dieses illegale Geld? Nach einem kurzen Abstecher in die Karibik (zu einem weiteren Crown Prince Klub) und ein paar Druck machenden Aktionen gegen Lehman erfährt Spenser endlich den Namen und die Position: es ist natürlich ein Banker. Und kein unwichtiger: Seine Bank ist die Nr. 18 in den Vereinigten Staaten.

Und so schließt sich der Kreis. Die Ausbeutung junger Frauen wird vom organisierten Verbrechen in großem Maßstab betrieben. Diese Erkenntnis verwundert nicht gerade, denn der Mob hatte seine Finger schon immer in der Prostitution drin. Was aber der eigentliche Schock ist, findet Spenser am Schluss heraus: Ein angeblich wohlanständiger Banker mit weißer Weste finanziert diese Ausbeutung durch Geldwäsche.

Und er wird wahrscheinlich nicht nur vom Mob gestützt, sondern auch von „Freunden“ mit dem richtigen politischen Einfluss. Dass der Banker obendrein „gewisse Bedürfnisse“ mit jungen Frauen wie Ginger Buckey befriedigt hat, dürfte ebenfalls nicht verwundern. Eine Hand wäscht die andere. Die Verlierer sind die Frauen, die „weißen Sklaven“ Amerikas. (Was nicht heißt, dass es nicht auch Asiatinnen usw. in diesem Gewerbe gibt.)

Wie so oft führt also allein Spensers zudringliche Schnüffelei dazu, einen wichtigen Mann im Hintergrund bloßstellen zu können. Dass Spenser zusammen mit Hawk einige Einschüchterungsversuche und womöglich auch einen Anschlag abwehren muss, versteht sich von selbst. Diese Männer bzw. ihre Besitzer haben ihre Verteidigungslinien. Es ist wie im Schach (das Spenser nicht beherrscht): Wer an den König herankommen will, muss erst die Bauern, dann die Springer und Türme überwinden.

Und wenn es dann endlich zu einem „Schach dem König!“ gekommen ist, kann Spenser verhandeln. Quid pro quo. Er bekomt April Kyle, wenn er den Banker laufen lässt und seinen Namen nicht bei Polizei und Presse an die große Glocke hängt. Das ist ein gewichtiges Argument für die Vertreter des Mob, die ihren „König“ beschützen. Den Mörder von Ginger Buckey bekommt er nicht, denn der ist bereits liquidiert – als Warnung an alle anderen.

Aber dass April nach drei Jahren Sexarbeit zu Spenser zurückkehren kann, ist kein geringer Lohn. Sie hat Furchtbares durchgemacht. Auch zwanzig Jahre danach, in „Hundred Dollar Baby“, ist sie ihm noch dankbar – bis zu einem gewissen Grad. „Taming a Sea-Horse“ und „Hundred Dollar Baby“ sind die Bände 2 und 3 der April-Kyle-Trilogie. Wie der erste Band heißt, muss ich erst noch herausfinden.

_Unterm Strich_

In seiner unnachahmlich lässigen Art löst Spenser auch diesen kniffligen Fall. Der Erzzählstil ist eindeutig an Raymond Chandler orientiert, den der Autor durch einen „Philip Marlowe“-Krimi und eine Vervollständigung einer „Chandler“-Vorlage bereits auf bemerkenswerte Weise geehrt hat. Spenser ist ein aufrechter Kerl, genau wie Marlowe, und er hat ein Herz für die Underdogs, ganz besonders für Frauen. Da er April Kyle schon einmal gerettet hat (ich finde noch heraus, in welchem Roman), liegt ihm ihr Schicksal am Herzen.

Aber die Mühe, sie vor dem physischen Tod oder wenigstens vor dem seelischen Exitus zu bewahren, führt Spenser erneut auf Konfrontationskurs mit jenen Dunkelmännern, die die Ausbeutung von Frauen durch Prostitution und Pornos als Geschäft betreiben. Das Besondere an diesem Fall: Die junge Ginger Buckey, eine Schicksalsgenossin Aprils, wurde von ihrem Vater missbraucht und dann in die „weiße Sklaverei“ verkauft – gegen einen sogenannten „Finderlohn“, der natürlich nicht steuerbelastet ist.

Der Menschen verachtende Zynismus dieses Geschäfts reicht über sämtliche Ebenen der männlichen Hierarchie bis – und das ist die zweite Besonderheit – hinauf auf Bankenebene. Es wäre ja auch ein kleines Wudner, wenn eine Bank nicht an diesem Riesengeschäft, der Menschen aussaugt und wieder ausspuckt, mitverdienen würde, nämlich durch Geldwäsche und „persönliche Gefälligkeiten“ (dreimal darf man raten, was damit gemeint ist).

Dass sich Spenser mit dem Mob, dem organisierten Verbrechen, anlegt, hat er nur seinen beiden Freunden Hawk, der mit Artillerie aufkreuzt, und Susan Silverman, die ihn mit wertvollen Einsichten aufmuntert, zu verdanken. Diese beiden Figuren (und etliche weitere) machen die „Spenser“-Krimis so einzigartig: Intelligenz, Humor, Kraft, jede Menge Erotik und psychologische Einsicht.

Aber um seinen Leserkreis auszuweiten, erfand Parker mit Sunny Randall eine weibliche Variante und mit Polizeichef Jesse Stone einen Mann für Fälle auf dem Land und für die ganze Familie. Jede der drei Hauptfiguren hat eine eigene Geschichte, die ihr Profil verleiht. Jesse Stone spricht mich am meisten an, denn er ist mit Abstand die komplexeste Figur dieses Trios. Und seine Verfilmungen sind zudem die besten.

|Taschenbuch: 313 Seiten
ISBN-13: 978-0440188414
[Verlagshomepage]http://bantam-dell.atrandom.com

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836

Parker, Robert B. – Gunman\’s Rhapsody

_Tombstone: eine Innenansicht der Legende Wyatt Earp_

Dieser Western über historisch verbürgte Ereignisse in den 1880er Jahren in Tombstone, Arizona, schildert den entscheidenden Abschnitt im Leben der legendären Hauptfigur Wyatt Earp. Die Krise gipfelt unter anderem in der berühmten und vielfach verfilmten Schießerei am O.K. Corral. Doch nur durch einen erzählerischen Kniff verstehen wir auch, wie es dazu kommen konnte. Schuld war (wie schon in Troja) der Streit um eine Frau …

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Wyatt Earp hat die Schnauze voll vom Büffelabknallen. Er mag das Schießen und er mag das Leben in den Camps der Büffeljäger von Kansas, aber der Gestank des in der Sonne verrottenden Fleisches der Kadaver vertreibt selbst die Huren. Also verkauft er sein Büffelgewehr und zieht weiter nach Dodge City. Als Sheriff vertreibt er so manchen Revolverhelden und erblickt Josie Marcus, eine Tänzerin in einer Vaudeville-Show. Leider ist sie am gleichen Abend weitergezogen.

|Tombstone, Arizona|

Doch 1879 hat auch Dodge seinen Reiz verloren, und so zieht er mit seiner Freundin Mattie, einer Exhure und seinen Brüdern Virgil, Morgan und James nach Tombstone, Arizona. Die Silberminen bringen jede Menge Geld in den Ort, und Virgil kann hier als Deputy Marshall arbeiten. Während der kriegsversehrte James als Barmann arbeitet, geht der streitsüchtige Morgan seinen Brüdern Wyatt und Virgil zur Hand. Ihr Bruder Warren ist noch woanders zugange.

Eines Tages kommt es im Saloon zu einem Zwischenfall mit Folgen. Die drei Earps sitzen gerade friedlich an ihrem Kartentisch, als ein Gunman namens John Tyler Streit mit Doc (John Henry) Holliday anfängt. Doc Holliday ist sofort mit einer Kanone bei der Hand und will Tyler zwingen sich zu entschuldigen. Die Earp-Brüder sorgen für eine Beilegung des Streits, doch Tyler schwört Vergeltung.

|John Tyler|

Im Juli bietet der Besitzer des Oriental-Saloons, Frank Joyce, Wyatt um seine Dienste. Dafür bietet er ihm einen Viertelanteil an seinem Haus. Ein nettes Angebot, aber es gibt einen Haken: Wyatt soll John Tyler, dessen Hintermänner den Saloon feindlich übernehmen wollen, ausschalten. Aber wie? Das dürfte sich schon irgendwie ergeben. Da die Earp-Brüder in allen Dingen zusammenhalten wie Pech und Schwefel, macht sich Wyatt wenig Sorgen über den Ausgang der Sache.

Als John Tyler in der flirrenden Augusthitze materialisiert, begibt er sich in de Oriental Saloon, um Ärger zu machen. Wyatt schaut aus der Ecke, wie es beginnt: ruhig wie immer, aber er läst seine Brüder holen. Als Tyler Anstalten macht, einen Minenarbeiter nur zum Spaß abzuknallen, machen Wyatt und Virgil ihn fertig und werfen ihn raus, nach einer ernsthaften Warnung. Tyler taucht nie wieder auf.

|Behan und Josie|

Im Laufe der Zeit erwerben sich die Earp-Brüder den Ruf, für Ordnung in der Stadt zu sorgen. Als der bisherige Marshall Fred White von einem Cowboy erschossen wird und der Landkreis aufgeteilt wird, bekommt Johnny Behan den Posten des Sheriffs von Cochise County. Tombstone wird Kreisstadt. Doch Johnny ist ein Demokrat, wohingegen die Earps alle Republikaner sind. Wyatt bleibt also auf Abstand und neutral, wenn Behan ihn um Beistand bittet.

Das Wichtigste an Behan aber ist dessen Verlobte: Josie Marcus. Die ehemalige Hure und Tänzerin ist nun eine ehrbare Gattin und noch dazu Erbin eines reichen Vaters in San Francisco, eine gute Partie. Und Wyatt hat sich schon in Dodge City für sie interessiert. Jetzt beeindruckt er sie mit seiner ruhigen, potenziell gefährlichen Art. Sie sucht das Abenteuer, und Behan ist alles andere als Abenteuer. Es dauert eine Weile, bis sich Wyatt, der ja noch bei Mattie wohnt, und Josie, die noch bei Behan lebt, zusammentun können.

|Die Clantons & Co.: Der Anfang vom Ende|

Johnny Behan, der Sheriff und stets der Politiker, vertraut sich Wyatt an. Er hat die feste Absicht, die gutverdienenden Rancher, die mit Mexiko glänzende Geschäfte halbseidener Art machen, zur Steuerkasse zu bitten. Wyatt erklärt ihm ruhig wie immer, von wem Ärger droht: Da sind die McLaurys, mit denen man wenigstens vernünftig reden kann, und da sind die Clantons, die wesentlich härter drauf sind. Man müsste denen schon etwas anbieten, bevor man ihnen Steuern aufbrummt. Behan sagt, er wolle mit den Leuten reden. Wyatt schaut ihm skeptisch nach.

Zunächst gibt es einen folgenreichen Zwischenfall: Die Postkutsche wird überfallen. Auf der Suche nach den Schuldigen jagen Sheriff Behan, die Earp-Brüder, Doc Holliday und andere den Tätern hinterher, bis sie zur Ranch der Redfields gelangen. Durch einen Trick gelingt es ihnen, einen Komplizen der Räuber zum Reden zu bringen: Sie erfahren die Namen der Täter. Die drei sind aber wahrscheinlich bereits in New Mexico. Hoffnungslos. Während Behan noch ein Woche nach ihnen sucht, nutzt Wyatt die günstige Gelegenheit und geht mit Josie endlich ins Bett – ein Wendepunkt in seinem Leben. Er will sie auf keinen Fall mehr verlassen. Und als Behan zurückkehrt, weist ihm Josie die Tür. Das gibt Ärger, wissen alle.

Behan streut böse Gerüchte über die Earps und Doc Holliday: Sie hätten die Kutsche überfallen. Um dem ein Ende zu setzen, will Wyatt die Räuber schnappen. Dazu muss er sie erstmal finden. Da die Räuber Freunde von Ike Clanton sind, schließt er einen Deal mit Ike: Die Räuber kriegt er und Ike die Belohnung, die Wells Fargo ausgesetzt hat. Obwohl Ike kein gutes Gefühl dabei hat, aber Wyatt nicht durchschaut, lässt er sich wegen des Geldes darauf ein. Doch als er Ärger im Saloon macht und einen anderen Cowboy herausfordert, macht der neue Marshal, Virgil Earp, ihn vor aller Augen fertig. Das wird Ike nie vergessen.

Im Verlauf des heißen Wüstensommers hören die Earps ständig, dass Johnny Behan sich mit den Cowboys, den Clantons und McLaurys verbündet habe. Ganz besonders, nachdem Behan vergeblich versuchte, Doc Holliday wegen des Postkutschenüberfalls zu verhaften. Inzwischen hassen Behan und die Cowboys die Earps, die Gesetzeshüter. Josie hat Wyatt schon immer gesagt, dass Behan sich ihm nicht direkt gegenüberstellen werde, sondern hinten rum agitiert – eben ein Politiker.

Eine Auseinandersetzung erscheint zunehmend unvermeidbarer …

_Mein Eindruck_

Für einen Western im Groschenromanformat ist dies ein recht ungewöhnlich erzählter Western. Louis L’Amour ist der unangefochtene Topverdiener in diesem Markt und hat Maßstäbe gesetzt. Seine männlichen Hauptfiguren sind harte Kerle, die ein ebenso hartes Schicksal zu ertragen haben, um in einem harten Land zu überleben, das erobert sein will. Die Romane sind entsprechend schmal, die Charakterisierung meist dürftig, aber die Action grandios.

Aber auf Wyatt Earp trifft dies alles nicht zu. Und darum ist Parkers Western (dem noch vier weitere folgen sollten) ungewöhnlich. Denn die Geschichte von Wyatt Earp ist ebenso eine psychologische Studie wie eine Liebesgeschichte – und eine Chronik der Ära.

Der Autor geht nicht etwa her und erklärt alle vorhergehenden Porträts dieser historischen Figur für null und nichtig. Das wäre ja auch vermessen. Nein, vielmehr entwirft er die Figur des Wyatt Earp von Grund auf neu. Notwendigerweise muss er dazu auch sowohl die Bühne als auch sämtliche Nebenfiguren von Grund auf neu erfinden.

Die Handlung hingegen ist bereits größtenteils vorgegeben: Alle Taten sind niedergeschrieben worden und in den Chroniken jener Zeit (Zeitungen, Magazine usw.) nachzulesen. Doch wie sind alle diese Taten miteinander verknüpft und worin lag die Motivation der Figuren, um so und nicht anders zu handeln? An dieser Stelle kann sich die Kreativität des Künstlers entfalten, solange sie den Fakten nicht widerspricht. Von dieser Freiheit macht Parker so weit wie möglich Gebrauch.

Mehrere Faktoren führen zur ersten großen Konfrontation, der Schießerei am O.K. Corral. (Davor gab es nur Duelle und Scharmützel.) Die Schießerei ist deshalb so wichtig, weil sie ein großes Opfer fordert: Virgil Earp wird angeschossen, sodass er einen Arm verliert und nicht mehr als Marshal arbeiten kann. Wenig später wird Morgan Earp ermordet. Für Wyatt und seine zwei verbleidenden Brüder James und Warren Anlass genug, um die Mörder zu jagen.

Die zwei Hauptfaktoren sind folgende: Johnny Behan verliert seine Frau Josie an Wyatt Earp. Da er kein Mann des Duells und der Tat, sondern des Wortes ist, befleißigt er sich aller Mittel eines Politikers, um sich dafür zu rächen. Nicht nur an Wyatt, sondern auch an Morgan, der ihn einmal aus Josies Haus wirft. Das Mittel zum Zweck der Rache sind die Cowboys, Faktor Nummer 2.

Die Cowboys, allen voran die Clantons und die McLaurys, sind Diebe und Betrüger reinsten Wassers. Sie nutzen die Nähe der Grenze zu Mexiko systematisch für Viehdiebstahl und -betrug. Wenn ihnen also Sheriff Behan Vergünstigungen in Form von Haftverschonung verspricht, hören sie zu. Und wenn sie zuhören, erzählt er ihnen Lügengeschichten über die Earps, die die Silberstadt Tombstone beherrschen und die Coywboys schikanieren. Kein Wunder, dass es dann zum großen Knall kommt.

Es dauert lange, bis die Dinge endgültig aus dem Ruder laufen. Viel zu lange für so manchen eingefleischten Western-Leser, aber ich bin da nicht so festgelegt. Und wir erfahren nie, wann an welchem Tag oder in welchem Jahr etwas stattfindet. Das ist auch für die Geschichte selbst nicht so wichtig. Parker kann bei seinen amerikanischen Lesern die Details sowieso als bekannt voraussetzen.

Wichtig sind für den Autor die Figuren, allen voran Wyatt, der fast alle Szenen bestreitet, und Josie, die gestohlene Frau. Wyatt entspricht dem Standard des parkerschen Helden: In sich gekehrt, scharfsichtig, moralisch empfindlich, auf das Wohl seiner Brüder und der Wehrlosen bedacht, aber stets bereits, mit der Waffe in der Hand das „Richtige“ zu tun. Was ist das „Richtige“? Darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Er findet es nicht richtig, Sheriff Behan auf der Straße abzuknallen, aber es ist OK für ihn, den unbewaffneten Mörder seines Bruders Morgan über den Haufen zu schießen.

Josie stellt ihm immer wieder Fragen, die uns das Innenleben Wyatts enthüllen, wenn er sie freimütig beantwortet. Hier geht es nicht um die Rechtfertigung oder Verurteilung seiner Taten, sondern um unvoreingenommene Erklärung. Es ist fast wie Psychoanalyse (womit sich Parker bestens auskennt, siehe seine Krimis). Josie hat allerdings wenig Einfluss darauf, wozu sich Deputy Marshal Wyatt entschließt, wenn es ums Handeln geht. Aber sie weiß, dass sie besser seiner Bitte folgt, sich nach Frisco abzusetzen, wenn in Tombstone das Pflaster zu heiß wird.

Eine Überraschung bietet das letzte Drittel des Romans – immerhin rund 90 Seiten – NACH der Schießerei am O.K. Corral: Nachdem Morgan tot ist und Virgil schwer verwundet, macht sich Wyatt auf die jahrelange Jagd nach den Mördern. Es ist wie eine Ermittlung à la Spenser. Wyatt sucht Anhaltspunkte, sammelt Aussagen und begibt sich zu Schnittpunkte von Hinweislinien: Unweigerlich trifft er die Gesuchten an. Und das nicht nur einmal.

Sheriff Johnny Behan ist ihm mit seinen Cowboys auf den Fersen, um den Rachefeldzug zu stoppen, trifft aber auf unerwarteten, passiven Widerstand von Seiten der Freunde der Earps. Dies ist purer Western: die Landschaft (Wüste, Berge), die Männer (Rächer und Verfolger) und das sich entfaltende Drama. Das ist genug. Für einen Roman, aber auch für Legenden.

|Die Chroniken|

Eine weitere ungewöhnliche Zutat zu diesem Western sind die eingefügten Chroniken. Auf zwei bis vier Seiten findet der Leser Ausschnitte aus Zeitungen und Annalen, über Ereignisse wie Baseballspiele Theateraufführungen, aber auch Anzeigen aller Art, so etwa ein Waffenangebot und die Suche nach einer entlaufenen früheren Sklavin. Eine einzige Notiz ist mit dem Jahr datiert: 1883.

Das Fehlen der Jahresangaben fand ich wenig hilfreich, denn es beeinträchtigt die Glaubwürdigkeit der jeweiligen Angabe. Wenn aber alle Angaben aus dem Jahr 1883 stammen, so ist das Weglassen der Jahresangabe akzeptabel. Davon kann man aber nicht automatisch ausgehen.

|Der Epilog|

Dies ist nicht mehr Teil der Erzählung. Vielmehr hat der Autor hier alle Sterbedaten und Todesursachen der wichtigsten Figuren aufgelistet. Es freut uns zu erfahren, dass Wyatt noch bis zum Jahr 1929, dem Großen Börsenkrach, lebte; er wurde 80 Jahre alt. Seine Josie starb erst 1944. Die letzte Zeugin der Ereignisse in Tombstone, Allie, die Frau von Virgil Earp, starb sogar erst am 17. November 1947, kurz vor ihrem 100. Geburtstag. Johnny Behan, Josies Gatte, starb 1912 in Tucson. Tombstone wird heute nur noch von Touristen besucht. Die Silberminen sind längst leergeräumt.

_Unterm Strich_

Einer der großen Vorteile dieses historischen Westerns à la Parker ist das Fehlen aller Legenden-Beweihräucherung. Wir bekommen den nackten Menschen Wyatt Earp vorgesetzt, nicht nur im Kampf wie gewöhnlich, sondern vielfach im Bett neben Josie, die ihn einer Art milder Psychoanalyse unterzieht, um ihren Geliebten besser kennenzulernen – zu unserem Vorteil.

Für denjenigen Leser, der die Schießerei am O.K. Corral haarklein erklärt bekommen will, ist dies das falsche Buch. Der Roman erfüllt seine Aufgabe darin, die Menschen zu erklären und nicht, die Zahnräder der „Historie“ sichtbar zu machen. Das Leben ist ein Fluss, mit Stromschnellen und Untiefen. Niemand der Akteure ist sich seiner Historizität bewusst, keiner handelt wie eine historische Figur, sondern wie ein ganz normaler Mensch. Mit allen Fehlern, Schwächen und Vorlieben.

Dieses Buch ist also kein Ersatz für „Spiel mir das Lied vom Tod“ in der Moll-Tonart. Doch es ist viele Dinge: eine Chronik der Ära, die Geschichte der Familie Earp (sie stammt aus Iowa oder Illinois), eine Sittengeschichte (Prostitution usw.); eine zarte und herzerwärmende, stellenweise auch humorvolle Liebesgeschichte, und natürlich auch eine ganze Reihe von Actionszenen, von kleinen Duellen bis hin zu großen Schießereien. Da aber keinerlei Militär auftaucht (und auch keine Indianer), bleibt jede Auseinandersetzung in überschaubaren Dimensionen – keine Schlachtengemälde. Und es ist eine psychologische Geschichte der Politik: Johnny Behan mag ja „nur“ ein Sheriff sein, aber könnte es durchaus zum Gouverneur bringen. Aber das ist eine andere geschichte.

Das Buch zu lesen, bedeutet, einen Blick durch ein Fenster in eine völlig andersartige Zeit zu werfen. Wir können den Figuren in die Seele schauen, aber wir sind uns immer dessen bewusst, dass es ein Fenster gibt und dass jemand dieses Fenster gebaut und geöffnet hat. Der Autor belügt uns nicht: Es ist sein Fenster und seine Perspektive und es sind seine Figuren. Es ist an uns, dies stets zu bedenken.

|Taschenbuch: 316 Seiten
ISBN-13: 978-0425182895|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Chasing the Bear – A Young Spenser Novel

_Der junge Mörder? Die Abenteuer des jungen Spenser_

Woher kam Spenser und wie wurde er zu dem Privatdetektiv, den wir kennen und den Susan Silverman liebt? Hier erzählt sein Schöpfer diese Geschichte und ein einschneidendes Erlebnis: Wie der 14-jährige Spenser seine Freundin Jeannie vor ihrem betrunkenen Vater Luke rettete? Aber warum tat er das?

Dieser Roman wurde noch nicht übersetzt.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Spenser hat seine Mutter bei seiner Geburt verloren und wird deshalb von seinem Vater (der natürlich ebenfalls Spenser heißt) und seinen beiden Onkeln Patrick und Cash (den Brüdern seiner Mutter) aufgezogen. Das einzige weibliche Wesen im Haus ist Pearl, die kluge Vorstehhündin. Sie leben im Westen, wo er am ländlichsten ist. Das bedeutet, Spenser lernt bald, wie man Vögel jagt und mit Waffen umgeht.

Außerdem trainieren die drei Männer mit ihm Boxen, denn er soll sich auch mal selbst zur Wehr setzen können. Sie können ihn nicht immer wie ein kleines Kind herauspauken, wenn er mal in Schwierigkeiten steckt. Der Sheriff hat schließlich noch was anderes zu tun, als zusammengeschlagene Männer wieder aufzuwecken …

Und alle drei lesen ihm nach dem Zubettgehen aus der westlichen Weltliteratur vor. Dabei unterscheiden sie nicht zwischen gut und schlecht. Und so kommt es, dass Spenser später stets ein passendes literarisches Zitat auf der Zunge hat. Für wen auch immer.

|Rahmenhandlung|

Der erwachsene Spenser sitzt mit dem Mädchen seiner Träume im Park von Boston. Susan Silvermann, die schöne Psychiaterin, möchte gerne wissen, wie er geworden ist, wer er heute ist. Er antwortet mit seiner Lebensgeschichte und mit der Erzählung von einem seiner einschneidendsten Erlebnisse.

|Jeannie Haden und der Fluss|

Die Schulfreundin Jeannie hat ihm erzählt, wie schlimm ihr Vater Luke Haden ist. Er ist nicht nur die meiste Zeit besoffen und wird dann gewalttätig, sondern er hat auch noch überall am Mississippi kleine Hütten und Verschläge auf fremdem Land errichtet. Verstecke. Dorthin nimmt er gewisse Frauen mit. Vielleicht versteckt er dort auch wirklich etwas, etwa Schmuggelgut oder gewildertes Fleisch. Jeannie weiß es nicht. Nur dass es dort stets dreckig ist und stinkt. Sie fragt sich, wie es ihre Mutter bloß mit so einem Kerl aushält. Und was dieser mit ihr, Jeannie, tun wird …

Eines Tages ist Spenser mit Pearl in der Hafenstadt, als er Jeannie im Wagen ihres Vaters sitzen sieht: Sie ruft lautlos „Hilfe!“ Klar, dass er ihr folgt. Erst mit dem Müllwagen, dann mit einem der Ruderboote am Ufer. Pearl begleitet ihn. Bis zu einer Insel im Fluss, die sie am Abend erreichen. Der Gesuchte ist dabei, sich zu betrinken. Haden entdeckt ihn allerdings sofort und fragt, was Spenser hier will. Der Junge reißt sich los und schleicht sich nachts von der anderen Seite der Insel an. Diesmal gelingt Jeannies Befreiung. Zusammen lassen sie sich den breiten Fluss hinuntertreiben.

Als Spenser am nächsten Morgen an einer Brücke den Warnhinweis auf Wasserfälle entdeckt, kommt ihm ein brillanter Einfall. Er bringt Jeannie unter der Brücke vor dem Regen in Sicherheit und macht sich auf den Weg. Er demontiert das Warnschild und wartet auf das Motorboot Luke Hadens. Wie erwartet, wird Haden nicht vor den Wasserfällen gewarnt – 20 Meilen von der Heimat entfernt scheint er den Fluss nicht zu kennen – und stürzt den Abgrund hinab, um zu ertrinken.

Das hat er jetzt von seiner Heldentat: Jeannie will seine einzige Freundin sein. Und irgendwie fühlt er sich eines Mordes schuldig. Was soll er bloß tun? Vielleicht wissen seine drei Väter einen guten Rat …

_Mein Eindruck_

Neben diesem einschneidenden und lehrreichen Abenteuer sowie der Begegnung mit einem Schwarzbären erlebt Spenser noch einiges andere. Aber er ist beileibe kein Huckleberry Finn, der sich mit Geistern, Indianern und Schwarzen herumtreibt. Vielmehr möchte der Autor mit dieser Erzählung etwas ganz anderes aussagen, als nur die Unterhaltung von Jugendlichen zu fördern. Spenser erzählt dies alles ja seiner Lebensgefährtin Susan, eine Psychologin, und die hat ein tiefes Verständnis für Menschen. Aber als Frau möchte sie auch gewisse Dinge erfahren, die Spenser über sie denkt. So wird aus dem Ganzen eine spannende, aber auch recht unterschiedliche Mischung.

|Haden: Das Urteil der Moral|

Die oben wiedergegebene Episode lehrt den jungen Spenser zwei Dinge: nämlich erstens, was Recht und Unrecht ist. Gar nicht so leicht zu beantworten. Er fühlt sich immerhin eines Mordes schuldig. Eine Antwort muss unbedingt her. Das Gesetz, verkörpert durch Sheriff Cecil, besagt, dass Spenser den Tod von Luke Haden nicht verursacht hat, also unschuldig ist. Die Moral sagt ihm jedoch, dass er mitschuldig sei. Es war richtig, Luke Haden umkommen zu lassen, um so Jeannie vor ihm zu schützen. Aber war es auch richtig, Haden irrezuführen und seinen Tod in Kauf zu nehmen? Alle sagen ihm, es war okay, also muss es wohl okay sein.

Merke: Was richtig und falsch ist, muss keineswegs mit dem Gesetz übereinstimmen. Diese Erkenntnis hat weitreichende Folgen. So etwa weigert sich Spenser, im „Rassenstreit“ zwischen „Amerikanern“ und „Anglo-Mexikanern“ eine Seite zu bevorzugen. Er entscheidet sich nur ganz individuell für den Schutz von Aurelio, einem „Mexikaner“ (der allerdings hier aufwuchs und noch nie in Mexiko war).

Für seine Neutralität muss Spenser einen Preis bezahlen: Er wird zwar vor einer finalen Schlacht seitens der „Mexikaner“ gewarnt, aber später von den „Arglos dafür zur Rechenschaft gezogen, dass er sie nicht unterstützte. Zwölf gegen einen? Das erscheint ihm nicht fair, aber ist bereit, mit dem Anführer Leo Roemer einen Faustkampf auszutragen. Als Jeannie Spensers drei „Väter“ holt und diese für Fairness sorgen, kann der Kampf beginnen. Im Handumdrehen hat Spenser den zwei oder drei Jahre älteren Leo K.O. geschlagen. Fortan ist Spensers Neutralität gesichert.

|Jeannie: Das Urteil der Liebe|

Jeannie ist die zweite Folge aus dem Flussabenteuer. Sie will zunächst unbedingt seine Freundin sein. Aber Spenser hat diese Vorstellung (vielleicht aus der „Weltliteratur“), dass er auf die Eine warten sollte. Als er Jeannie sagt, dass sie nicht die ewige Flamme seines Herzens sei, weint sie ersdt einmal kräftig, findet sich aber damit ab und bleibt eine Freundin – wie man an ihrer Unterstützung gegen Leo Roemer ablesen kann.

Aber woher weiß dann Spenser, wenn er die Eine endlich gefunden hat, will Susan Silverman neugierig (und neckisch) wissen. Die Parallele zur Erkenntnis, was richtig und was falsch ist, bietet sich an. Die Wahrheit steckt im Empfinden des Einzelnen und ist nicht verallgemeinerbar, etwa als Gesetz oder Regel. Die Antwort lautet: Spenser fand seine Eine, als er Susan zum ersten Mal begegnete. Woher er das wusste? Er wusste es einfach. Dummerweise war sie mit dem falschen Mann verheiratet. Aber das ist eine andere Geschichte.

_Unterm Strich_

Dieses Buch wurde offensichtlich für Fans von Parkers berühmtem Privatdetektiv Spenser geschrieben. Aber man braucht Spenser, den Erwachsenen, nicht zu kennen, um Spenser, den Jungen interessant finden zu können. Spenser junior erinnert ein wenig an „Huckleberry Finn“, so etwa beim Flussabenteuer, aber die Figuren sind weitaus weniger bizarr als bei Mark Twain.

Dennoch ist die obige Episode ebenso spannend durch ihre Action, wie Spensers Umgang mit den Frauen, etwa Jeannie und ihrer Mutter, sinnlich und prickelnd ist. In beiden Fällen muss Spenser jr. sich auf sein eigenes Urteils- und Handlungsvermögen verlassen. Die drei „Väter“ spielen keine Rolle, nur ihre Lehren. Und deren Gültigkeit wird stets auf die Probe gestellt.

Die dritte Episode betrifft die Auseinandersetzung zwischen Anglos und „Mexikaner“ (Spics, wie in „West Side Story“). Spenser soll sich entscheiden, welche Seite im Recht ist und sich dafür entscheiden. Da er jedoch vielfach gelernt hat, dass Regeln nur individuell gelten und nur im Kontext, erklärt er sich für neutral – und schützt einen Mexikanerjungen.

Ich habe dieses Büchlein, das in einer großen Schrifttype gedruckt ist, in nur wenigen Stunden gelesen. Für Jungs hält es einige Actionszenen bereit, für Leser jeden Alters etliche lehren über Urteilsvermögen in kniffligen Situationen. Wer will, kann mit Schülern darüber diskutieren, ob sich Spenser des Mordes an Luke Haden schuldig gemacht hat oder nicht.

|Taschenbuch: 170 Seiten
ISBN-13: 978-0425187067|
[www.penguin.co.uk]http://www.penguin.co.uk

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Melancholy Baby – Ein Sunny-Randall-Krimi

_Von Lieblingsvätern und Rabenmüttern_

Privatdetektivin Sunny Randall soll die leiblichen Eltern von Sarah Markham suchen. Ihre von Sarah so genannten Adoptiveltern behaupten zwar, die biologischen Eltern zu sein, erbringen aber keinerlei Beweis dafür. Alle drei lügen, ist sich Sunny sicher und macht sich auf die Suche nach Antworten. Unterdessen begibt sie sich in die Therapie bei Dr. Susan Silverman und stößt auf einige beunruhigende Antworten auf ihre eigene emotionale Misere: Wieso kann sie nicht von ihrem geschiedenen Mann Richie lassen?

Eine deutsche Übersetzung liegt noch nicht vor.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) _“Melancholy Baby“_
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Sunny geht es so richtig dreckig – und keiner hat Verständnis dafür. Ihr geschiedener Mann Richie hat endlich geheiratet: Kathryn. Doch Sunny, die kein Anrecht mehr auf ihn hat, kann einfach nicht von ihm lassen und schiebt deshalb den Blues. Einziger Trost für ihr gebrochenes Herz ist ihre Hündin Rosie. Es kommt sie daher hart an, wenn sie Rosie in die Obhut von Richie und seiner neuen Frau geben muss. Am liebsten würde sie Kathryn umbringen. Nur Spike hat Verständnis für sie, rät ihr aber dringend zu einer Therapie. Auf diese Weise lernt sie Dr. Susan Silverman kennen, die jedem Parker-Leser aus den „Spenser“-Krimis bestens vertraut ist: schön und intelligent – und wie Sunny findet, ungewöhnlich scharfsichtig …

Eine Anwältin bittet sie, sich um den Fall Sarah Markham zu kümmern. Die Studentin Sarah behauptet nämlich, ihre angeblich leiblichen Eltern seien nur ihre Adoptiveltern. Sie unterscheide sich in ihrem Aussehen ganz erheblich von ihnen. Und da Sarah von ihrem Großvater ein Treuhandvermögen erhalten hat, kann sie auch Sunny bezahlen. Leider ist Sarah nicht nur ein Kotzbrocken, sondern auch noch eine Lügnerin. Sunny muss ihr jeden Namen von früheren Schulfreunden einzeln aus der Nase ziehen. Und ihre „Eltern“ sind ebenfalls Lügner: Was sie als Einkommensquelle angeben, ist ebenso Unsinn wie eine frühere Stelle des Vaters in Chicago. Oder doch nicht?

Sunny recherchiert in der Nähe von Chicago, um herauszufinden, was George Markham anno 1982 hier gearbeitet hat. Tatsächlich war er von 1979 bis 1984 Radiojockey in Moline – und ein Schürzenjäger. Seine Frau hatte kein Kind namens Sarah und war auch nicht schwanger. Woher stammt also Sarah? Mit diesen Infos und Fragen konfrontiert, leugnet George alles: Er sei nie in Moline gewesen.

Sarah sucht Sunny auf: Zwei Männer haben sie im Studentenwohnheim zusammengeschlagen, ein Anwalt und ein Schläger. Sie soll die Ermittlung stoppen und Ruhe geben. Sunny nimmt sie bei sich auf. Sie stellt sie unter Bewachung, als sie sich im Naturschutzgebiet mit den beiden Typen trifft. Die haben die Aufgabe, sie zum Einstellen der Ermittlung zu bewegen. Zum Glück kann Sunny sie mit Spikes Hilfe dazu „überreden“, alles auszuplaudern, was sie über ihre Auftraggeber wissen.

Dieser Auftraggeber scheint ein Anwalt in New York City zu sein. Ike Rosen verweist sie wiederum an Peter Franklin, einen charmanten Anwalt, der Leute aus der Unterhaltungsindustrie vertritt. Eine seiner Mandantinnen ist Lolly Drake, die angeblich zusammen mit George Markham in Moline zusammengearbeitet hatte. Sunny bittet Peter, ihr einen Termin bei Lolly Drake, der Talkkshow-Moderatorin, zu verschaffen.

Zwei Tage nachdem George Markham berichtet hat, er werde den DNS-Test machen, wird er erschossen aufgefunden. Brian Kelly, Sunnys früherer Lover, arbeitet jetzt in der Mordkommission und ruft sie an. Zusammen fahren sie zu Mrs. Markham. Diese beschuldigt Sarah und Sunny des Mordes, was natürlich Blödsinn ist. Auch Sarah, zu der sie als Nächstes fahren, hat einen DNS-Test machen lassen. Das Labor sagt, die beiden proben stimmten nicht überein. Sarah ist am Boden zerstört: Wenn George nicht ihr Vater war und Mrs. Markham nicht ihre Mutter, wer ist sie dann überhaupt?

Sunny ist entschlossen, dies herauszufinden.

_Mein Eindruck_

Sunny Randall entwickelt sich zusehends mehr selbst zu einer Psychotherapeutin. Von Dr. Susan Silverman, Spensers Freundin, übernimmt sie sogar gewisse Manierismen, wie etwa das leichte Neigen des Kopfes, um Interesse anzuzeigen, oder das leichte Nicken und angedeutete Lächeln. Diese Technik benötigt Sunny auch, um die harten Schalen der drei Markhams zu knacken.

Interessant ist auch die Entwicklung von Sarah Markham von einer drogenabhängigen und auf ständig Selbstbefriedigung durch Sex fixierte Studentin – hin zu einer selbständig und verantwortungsbewusst handelnden Frau. Diese erstaunliche Entwicklung wird allein durch Sunnys beispielgebendes Vorbild möglich gemacht. (Das war ja schon in „Family Honor“ so.) Deshalb ist es für Sunny auch so wichtig, sich selbst von den eigenen Macken zu befreien.

Die zentrale Figur dabei ist ihr Vater. Im Vorgängerband „Shrink Rap“ erfuhr Sunny, dass sie auf einen autoritären Männertyp fixiert ist, bei dem sie Halt und Schutz findet. „Ödipal oder was auch immer“, denkt Sunny und sagt dies Dr. Silverman auch. Aber wird Sunnys Liebe für ihren eigenen Vater auch erwidert? Das gilt es ebenso herauszufinden, wie Daddys Beziehung zu Sunnys Mutter zu qualifizieren.

Sunny denkt, er könne Em nicht lieben, weil diese immer so unqualifizierten Mist daherreden. Doch Sunny findet zu ihrem Erstauen heraus, dass Daddy Mom nicht nur geduldet hat, sondern sie vielmehr sogar immer noch liebt! Das ist vor dem Hintergrund, dass alle drei Randall-Frauen um die Liebe Phil Randalls wettstreiten und buhlen, sehr wichtig. Und wer weiß, wohin dies im nächsten Band „Blue Screen“ führen wird?! Sunny sonnt sich jedenfalls in Daddys Lob, sie sei ein „exzellente Detektivin“.

Und dann ist da natürlich immer Richie. Ihr Exmann hat wieder geheiratet – was kann es Schrecklicheres geben? Nun steht er nicht mehr zur Verfügung, höchstens für seine Vaterpflichten gegenüber der gemeinsamen Hündin Rosie. (Hinweis: In Parkers Romanen werden Haustiere niemals als „es“ abqualifziert, sondern sind Teil der Familie und somit Kinder mit Daddy und Mommy.) Sunny kommt es unglaublich vor, als Richie zugibt, dass er sie immer noch liebe. Aber er kann zwei Frauen zugleich lieben. Ist das nicht höchst sonderbar, denkt Sunny.

|Der Fall|

Sunnys neuester Fall erkundet weder Feminismus noch Straßenstrich, auch nicht den Missbrauch von Frauen durch Psychiater. Vielmehr geht es um die Definition moderner Eltern-Kind-Verhältnisse. Die Markhams erscheinen Sunny als eine sehr gestörte Familie. Recht hat sie, denn Mr und Mrs Markham erweisen sich als nicht-leibliche Eltern Sarahs. Dennoch lässt Sarah, ihre „Tochter“, ihren Daddy immer noch als ihren Vater gelten, denn er hat sie so geliebt, wie ein Vater seine Tochter lieben sollte.

Die Frage lautet natürlich, wer Sarahs wahre Eltern sind und wer sie und Sunny daran hindern will, dies herauszufinden. Bei ihren Ermittlungen in New York City stößt Sunny wiederholt auf den Namen „Lolly Drake“. Die bundesweit bekannte Talkshow-Masterin vertritt die traditionellen Werte der Vereinigten Staaten, die im „American Dream“ zusammengefasst sind: Elternliebe, keine Abtreibung, Unterstützung von Ambitionen und Zielen besonders bei jungen Menschen, Karriere, Familie, usw. Alles Werte, die in den achtziger Jahren in der Bewegung der Moral Majority propagiert wurden – mit verheerenden Folgen: Ihre Protagonisten wie Jerry Falwell desavouierten sich selbst durch außereheliche Affären. Die Saubermänner nutzten ihre Sonderstellung in den Medien aus.

Was ist also wirklich dran an Lolly Drake, fragt sich Sunny und bohrt weiter. Dabei tut sie sich mit dem uns aus dem „Spenser“-Krimi „Small Vices“ bestens bekannten Detective Sergeant Eugene Corsetti zusammen. Dieser muskelbepackte kleinwüchsige Dampfhammer macht Lolly Drake und ihre Mischpoke richtig Feuer unterm Hintern. Als dann auch noch gewisse Fotos aus Lollys Jugendtagen auftauchen, muss die Talkshow-Masterin Farbe bekennen: Ist sie Sarahs leibliche Mutter oder nicht? Und warum hat sie ihr Kind im Stich gelassen, diese Rabenmutter?

_Unterm Strich_

Dieser vierte Fall Sunny Randalls ist durchaus spannend und wird auch übersichtlich erzählt, denn es gibt in regelmäßigen Abständen immer wieder Resümees. Auch die Akteure haben mir gut gefallen, allen voran Spike und DS Eugene Corsetti sowie Susan Silverman, die die Sphinx und Beichmutter spielt. Aber dennoch wurde ich leicht enttäuscht. Denn schon auf halber Strecke ist recht deutlich auszumachen, worauf der Fall hinauslaufen wird. Dass Lolly Drake in jungen Jahren ein uneheliches Kind bekam und es irgendwie loswerden musste, wollte sie ihre gerade abhebende Karriere nicht massiv beeinträchtigen. Also wurde sie zur Rabenmutter.

Für die Qualität der Geschichte erweist sich jedoch diese Vorhersehbarkeit als nicht so schädlich, wie man erwarten sollte. Denn die Story ist lediglich der Aufhänger für ein viel grundlegenderes Thema. Es geht um die Fragestellung: Was ist der ideale Elternteil? Lolly ist sicher nicht die ideale Mutter, und Mrs. Markham erst recht nicht. Aber Sarah lässt Mister Markham durchaus als Daddy gelten, und auch Sunny muss die Frage entscheiden, ob ihr Daddy sie wirklich liebt und ihre Mutter sie womöglich hasst. Auch für sie ist Daddy der ideale Vater, ohne jedoch ödipale Konflikte auszulösen. Aber warum kann Sunny dann Richie zwar lieben, aber nicht mit ihm zusammenleben?

Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass weibliche Diskussionsrunden diese für jede weibliche Existenz grundlegenden Fragen erörtern könnten. Und nicht nur das. Allein schon die Beschäftigung mit diesen Fragen veranlasst jeden Leser dazu, es wie Susan Silverman zu machen und nach den Gründen für die eigenen Einstellungen zu suchen: Warum lebe ich als Single, warum bin ich alleinerziehend, weshalb rufe ich meine Eltern nie an, wieso gehe ich nie unter Menschen usw.

Und wir könnten Susan Silvermans Arbeit übernehmen und uns fragen, warum Sunnys Lieblingsphantasie einen sie beschützenden Mann an einem wärmenden Lagerfeuer beinhaltet, sich diese heimelige Szene aber in einer Landschaft abspielt, die in tiefstem Winter liegt. Warum gerade „tiefster Winter“, hm?

|Taschenbuch: 292 Seiten
ISBN-13: 978-0425204214|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Blue Screen – Ein Sunny-Randall-Krimi

_Filmgeschäft und Zuhälterei – was ist der Unterschied?_

Die Bostoner Privatdetektivin Sunny Randall erhält den Auftrag, eine Filmschauspielerin zu beschützen. Erin Flint ist eine Athletin, die demnächst in einem Film über eine Baseballspielerin auftreten soll. Ihr Produzent und Freund Buddy möchte mit ihr sein eigenes Baseballteam promoten. Als jedoch die persönliche Assistentin von Erin Flint mit gebrochenem Genick in der Turnhalle aufgefunden wird, ist klar, dass sie ermordet wurde. Erin glaubt, die Frau sei mit ihr verwechselt worden und beauftragt ihrerseits Sunny damit, den Mörder zu finden und unschädlich zu machen.

Dieser Roman wurde meines Wissens nach bislang noch nicht übersetzt.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) „Melancholy Baby“
5) _“Blue Screen“_
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Sunny Randall fährt nach Paradise, Massachusetts, und von dort auf Stiles Island, den Reichenvorort, der schon mehrfach in Parkers Romanen als Schauplatz diente. Sie besucht den Filmproduzenten Buddy Bollen, der ihr wie ein fetter Junge mit hirnamputiertem Kichern erscheint. Dessen Neubau sieht aus wie der Mont Saint Michel, wird aber viel schwerer bewacht: Überall sieht Sunny Security-Leute herumstehen. Buddy gibt ihr den Auftrag, auf seine Freundin Erin aufzupassen. Erin Flint, wissen Sie? Weiß Sunny nicht. Buddy zeigt ihr einen unsäglichen Streifen namens „Woman Warrior“, in dem die athletische Erin Flint als Amazone im Bikini durch die Pampa streicht.

Die Person Erin Flint allerdings stellt sich als arrogantes Arschloch heraus, als sie Sunny in deren Wohnung besucht. Und sie hasst Hunde, was bei Sunny ebenfalls nicht gut ankommt. Aber Geschäft ist schließlich Geschäft. Buddy hat große Pläne mit seiner Freundin („Leibeigene“ wäre der passendere Ausdruck, so wie er sie behandelt): Erin soll im nächsten Film eine weibliche Baseballspielerin verkörpern. Der Film wiederum soll sein eigenes Baseballteam, die Connecticut Nutmegs (nutmeg = Muskatnuss), promoten – und umgekehrt.

Dass mit Erins Vergangenheit etwas nicht stimmen kann, merkt Sunny schon bald. Erins persönliche Assistentin Misty Tyler erzählt, sie habe Erin schon gekannt, BEVOR diese nach L.A. kam und dort Buddy kennenlernte. Erin wiederum gibt an, sie habe Misty erst NACH dem Treffen mit Buddy kennengelernt und engagiert. Das spielt eine Rolle, als Misty Tyler mit gebrochenem Genick tot aufgefunden wird. Sie trainierte wie Erin in der Turnhalle von Buddys Prachtbau. Ein Unfall scheint ausgeschlossen. Der Paradise-Polizeichef Jesse Stone weist Sunny auf die Druckstellen an den Seiten von Mistys Kopf hin: Es war höchstwahrscheinlich Mord.

Erin Flint ist aufgebracht, denn sie hat offenbar Angst. Sie sagt, Misty sei mit ihr verwechselt worden. Eigentlich sollte sie getötet werden. Sie beauftragt Sunny mit der Aufklärung des Mordes. Nun spielt Buddys Auftrag, Erin zu schützen, keine Rolle mehr. Und Erins Bezahlung ist ebenso gut wie seine.

Sunny macht sich an die Arbeit, Hand in Hand mit Jesse Stone, den sie zunehmend eindrucksvoller und sympathischer findet. Denn nachdem sie weiß, dass ihr Ex Richie ein Baby erwartet, ahnt sie, dass sie ihn nicht zurückbekommen wird. Wozu also über verschüttete Milch jammern? Sie verliebt sich in Jesse. Und zusammen bringen sie die Ermittlung richtig in Schwung ,,,

_Mein Eindruck_

Ich befürchtete, dieser Fall könnte sich wie der Fall jener Schauspielerin im „Spenser“-Krimi „Stardust“ (siehe meinen Bericht) entwickeln, aber das ist zum Glück nicht der Fall. Natürlich bleibt es nicht aus, dass Erin Flints und Misty Tylers wahre Identität aufgedeckt wird: Die beiden sind Schwestern und waren zusammen in Los Angeles die Prostituierten des Zuhälters Gerard Basgall, der mittlerweile in einem feudalen Anwesen in Bel Air lebt. Damals hießen die beiden Mädchen aus der Provinz noch Boverini. Als Sunny Erin damit konfrontiert, erleidet diese erst einmal einen Nervenzusammenbruch.

So weit, so schön. Aber der Fall birgt noch viel mehr Dynamit. Denn wozu müsste sich Buddy Bollen mit einer kleinen Armee Leibwächter schützen? Nein, Sunny und Jesse bohren tiefer und stoßen auf die Anfänge von Bollens kleinem Firmenimperium, als er noch auf fremdes Geld aus dubiosen Quellen angewiesen war. Manche dieser „Quellen“ liegen mittlerweile unter der Erde, meist mit einem zusätzlichen Loch im Kopf. Andere hingegen sind immer noch höchst aktiv und machen Buddy das Leben schwer. War Mistys Tod am Ende nur eine „Warnung“ dieses Geldgebers an Buddy, endlich mit der Kohle rüberzukommen?

Aber warum hat dann gerade Erin solche Angst? Nachdem sie endlich gesprächig gemacht worden ist und Sunny ihr Vertrauen gewonnen hat, fällt ein wenig Licht in das Geflecht zwischen der West- und der Ostküste, wo Buddy tätig ist. Zu Sunnys Verwunderung ist Erin immer noch in ihren Zuhälter Gerard verliebt. Sie hätte es nicht für möglich gehalten. Dafür hasst Erin ihren „Freund“ Buddy in zunehmendem Maße, denn dieser verlange im Bett schweinische Sachen, die sogar der Nutte Erin zuwider sind.

Nun müssen Sunny und Jesse zusammen mit der Polizei von L.A. und der irischen Mafia in Boston, die Sunny bestens vertraut ist, Druck auf Gerard, Buddy und Erin ausüben. Das Ergebnis: Sie müssen Erin in einer großen Aktion aus Buddys „Schloss“ befreien und sie mit Gerard zusammenbringen. Vielleicht lässt sich jetzt endlich herausbekommen, wer an Mistys Tod schuld ist.

|Sunny und Jesse|

Jesse, findet Sunny, ist ein Typ wie ihr Richie: nach innen gewandt, in sich ruhend, selbstsicher, stets bereit zu handeln. Außerdem ist er ein großer Schweiger, wenn es darauf ankommt, kann aber auch verführerisch grinsen. Und er ist ein einfühlsamer Liebhaber. Jesse Stone hat eine gescheiterte Ehe hinter sich, aber seine Ex lebt in der Nähe – und betrügt ihn immer noch (siehe dazu die „Jesse Stone“-Krimi-Reihe und meine Berichte darüber). Wie gut stehen also die Chancen, dass Sunny und Jesse zusammenkommen?

Wie sich zeigt, stehen die Chancen ausgezeichnet. Sie waren beide beim Therapeuten und kennen sich mit ihren eigenen Macken mittlerweile einigermaßen aus. Und die erotische Anziehungskraft sorgt für den Rest. Die Bettszenen mit Sunny waren noch nie so explizit wie in diesem Band der Reihe. Und es gibt als „Höhepunkt“ eine sehr lustige und lustvolle Sexszene in der Umkleidekabine einer Edelboutique auf dem Rodeo Drive von Beverly Hills.

Doch hält Sunnys Glück in der Liebe auch? Leider nein, denn schon dem Jesse-Stone-Krimi „High Profile“ (siehe meinen Bericht) sieht Jesse wieder Land bei seiner Ex Jenn und wendet sich dieser zu. In Sunnys nächstem (und letztem) Fall „Spare Change“ ist deshalb schon keine Rede mehr vom Liebesglück mit Jesse. Schade drum!

_Unterm Strich_

Im vorhergehenden Fall „Melancholy Baby” verlor sich Parker meines Erachtens zu sehr in den Psychotherapiestunden seiner Hauptfigur. Die Lösung des Falles, mit dem Sunny beauftragt wurde, war schon lange vor dem Schluss abzusehen, denn es hab nur zwei Möglichkeiten. Im vorliegenden Krimi „Blue Screen“ hat sich Parker wieder auf die Tugenden des Krimiautors besonnen und treibt den Fall mit Energie und unvorhersehbaren Wendungen voran, die bis zum Schluss auch unvorhersehbar bleiben. Die Action bleibt zwar wie stets sehr moderat, aber die psychologische Spannung stets hoch.

Die Liebesgeschichte mit Polizeichef Jesse Stone sorgt für viele lustige und lustvolle Momente, bei denen der Leser nicht bloß schmunzeln, sondern auch lachen darf. Wir kennen ja Jesse Stones Charme und Sexappeal sowie seinen Sinn für trockenen Humor zur Genüge.

Mit einer gewissen Besorgnis registrierte ich jedoch das Auftauchen mehrerer Vaterfiguren in dieser Episode. Da ist natürlich Sunnys Vater, der seine Tochter lobt (und mit ihr zusammen in „Spare Change“ einen Fall bearbeiten wird). Dann ist da Onkel Felix, der freundliche irische Gangster von der Burke-Seite – er gibt Sunny Auskünfte über den Kredithai, der Buddy Bollen das Leben schwer macht. Und schließlich ist da noch Captain Cronjager, Jesses früherer Boss bei der Mordkommission von Los Angeles. Man fragt sich, was das soll. Aber wenigstens sind all diese Herren sehr hilfreich für die Ermittlung.

Mit „Blue Screen“ ist Parkers „Sunny Randall“-Reihe wieder in Topform, sowohl auf der Seite der Ermittlung wie auch auf der romantischen und psychologischen Seite. Die Gesellschaftskritik konzentriert sich auf die Filmindustrie: Der Übergang zwischen Prostitution, Porno und Spielfilm ist ebenso fließend wie der zwischen illegalem Geld, Geldwäsche und legaler Finanzierung von Filmen.

Die Ähnlichkeit zwischen dem Zuhälter Gerard Blasgall und dem Filmproduzenten Buddy Bollen ist unübersehbar – und sie macht für Erin Flint, ihrer beider Opfer, überhaupt keinen Unterschied. Das Filmgeschäft ist so gesehen nur eine weitere Form der Ausbeutung der Frau. Erin Flint dann im Film als Kriegerin hinzustellen, wirkt wie der blanke Hohn.

|Taschenbuch: 337 Seiten
ISBN-13: 978-0425215982|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Perish Twice – Ein Sunny-Randall-Krimi

_Doppelter Verrat: zwischen Feminismus und Straßenstrich_

Die stadtbekannte Feministin Mary Lou Goddard vor einem geheimnisvollen Verfolger zu beschützen – nicht wirklich ein Traumauftrag für die Privatdetektivin Sunny Randall. Schon gar nicht, da die Frau eine Zicke ist, Sunnys Bullterrier Rosie nicht mag und offensichtlich mehr über ihren Verfolger weiß, als sie zugibt. Als dieser irrtümlich Goddards Sekretärin und kurz darauf sich selbst erschießt, ist für die Polizei der Fall erledigt. Doch nicht für Sunny Randall … Nach “Ehrensache / Family Honor“: Ein neuer Fall für Sunny Randall.

Der Titel der deutschen Übersetzung lautet „Doppelter Verrat“.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) _“Perish Twice“_
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Sunny Randall soll die Feministin Mary Lou Goddard vor einem geheimnisvollen Verfolger zu beschützen – für Bostons härteste Privatdetektivin eine leichte Übung. Sollte man meinen. Im Handumdrehen hat sie auch den Stalker ausfindig gemacht: einen ältlichen Typen namens Lawrence B. Reeves, seines Zeichens Dozent an den Abendkursen der Bostoner Uni.

Dass er zugibt, liebend gerne „Zicken eine runterhauen“ zu wollen, spricht nicht gerade für ihn, findet Sunny, selbst wenn sie keine Feministin ist. Sie zeigt ihm ihre Knarre und er macht einen Rückzieher. Sunny hat bei der Befragung Mary Lous das deutliche Gefühl, dass diese offensichtlich mehr über ihren Verfolger weiß, als sie zugibt. Aber wieso? Ist Reeves etwa ein zurückgewiesener Lover Mary Lous, der eisernen Frauenkämpferin? Das wäre ja megapeinlich.

|Die erste Leiche|

Doch schon am nächsten Morgen findet man in Mary Lous Büro eine Leiche: Gretchen Crane, die leitende Rechercheurin. Steckt also doch Reeves dahinter? Andererseits hält Sunny ihn nicht eines Mordes für fähig. Als Sunny ihre Ansicht äußert, dass Gretchen vom Mörder offenbar für Mary Lou gehalten und aus Versehen erschossen wurde, wird sie von der Feministin kurzerhand gefeuert. Was hat diese zu verbergen?

Die Frage, ob Reeves ein Alibi hat, lässt sich leicht mit Hilfe der Cops von Boston und dem angrenzenden Cambridge (wo die Harvard-Uni liegt) beantworten. Sunny, die den Bostoner Mordkommissionsinspektor Lee Farrell gut kennt (er ist allerdings schwul), darf ihn begleiten. Erst will Reeves nicht sagen, wo er die letzte Nacht verbracht hat, doch dann greift er Sunny an. Endlich hat Farrell einen Grund, Reeves Handschellen anzulegen und aufs Revier zu schleifen. Also verrät Reeves lieber den Namen seines Alibis: Bonnie Wilson.

Bonnie Wilson ist nur eine von zahlreichen Damen, die Reeves „beglückte“, nicht zuletzt auch Mary Lou Goddard. Als Sunny die Feministin knallhart damit konfrontiert, gibt diese es zu, mit Reeves ein Verhältnis gehabt zu haben. Aber das darf ihre Lebenspartnerin Natalie auf keinen Fall erfahren! Sunny muss es ihr hoch und heilig versprechen. Auch aus Rücksicht auf die Beratungskompetenz der Feministin, die ihr gutes Geld verschafft.

|Nummer 2|

Als Farrell sie am nächsten Morgen darüber informiert, dass sich Reeves die Kugel gegeben hat, ist Sunny leicht geschockt. Aber der Abschiedsbrief, den der Mann hinterließ, schließt für die Cops gleich zwei Fälle ab: Reeves bekennt sich für den Mord an Gretchen Crane schuldig, konnte mit der Schuld nicht leben und brachte sich um. Klappe zu, Affe tot. Sunny kauft das hübsch verschnürte Paket jedoch nicht und schnüffelt weiter.

Farrell verrät ihr, wo der Schlüssel für Reeves’ Haus versteckt ist. In der Junggesellenwohnung findet sie nur ein nützliches Element: Reeves’ Kalender. Darin ist von einem „J“ die Rede, den oder die Reeves jeden Donnerstag zu besuchen pflegte. Und noch ein Detail: Im gesamten Haus gibt es keine Patronen für den 357er-Revolver, die Reeves für seinen blutigen Abgang verwendet hat. Aber wer würde schon eine Knarre ohne ausreichend Munition kaufen?

Etwas ist oberfaul an diesem Mord und / oder Selbstmord. Doch es steckt weit mehr dahinter, wie Sunny in hartnäckiger Arbeit herausfindet. Schließlich muss sie sogar die Gangsterfamilie ihres Exmannes Richie einschalten, um an die Wahrheit heranzukommen …

|Unterdessen …|

Zwischendurch hat Sunny alle Hände voll zu tun, das Leben ihrer besten Freundin Julie und das ihrer Schwester in die richtigen Bahnen zu lenken. Denn beide verlassen ihre Ehegatten. Elizabeth, die ältere Schwester, hat – nicht zuletzt mit Sunnys Hilfe – entdeckt, dass ihr Mann Hal sie mit einer anderen betrügt. Elizabeth hat jedoch derart verschrobene Ansichten davon, wie eine betrogene Gattin sich zu verhalten hat, dass es Sunny wundert, wenn es keine Opfer gibt.

Und Julie, ihre beste Freundin, hält es zu Hause bei ihrer trauten Familie nicht mehr aus. Die Decke fällt ihr quasi auf den Kopf. Sie sucht Ausbruch und Selbstfindung, geplagt von fortwährenden Selbstzweifeln und Schuldgefühlen wegen ihrer Entscheidung. Als sie auch noch feststellt, dass sie von ihrem neuen Lover Robert schwanger ist, gerät ihr Leben vollends aus den Fugen. Kann Sunny alles wieder hinbiegen?

_Mein Eindruck_

Junge, Junge, diese Story ist die reinste Achterbahn! Sunny wird zunächst von ihrer großen Schwester engagiert, muss deren Mann das Händchen halten, wird aber von der älteren Elizabeth, die sich klüger dünkt, für jeden guten Rat abgekanzelt. Sunny erlebt dann eine Katastrophe nach der anderen, als Elizabeth, die sich mit der Unabhängigkeit und Betrogenheit in keinster Weise auskennt, einen Fehler nach dem anderen begeht.

|Familie und Freunde|

Absolut köstlich ist jener unsägliche Abend, als Sunny und ihr schwuler Gefährte Spike Gouvernante spielen müssen, weil Elizabeth ein Blind Date mit einem unbekannten Mann hat. Dieser stellt sich wenig später als Erpresser heraus. Arme Elizabeth, sollte man denken. Aber weit gefehlt: Die hochnäsige ältere Schwester ist unbelehrbar. Die nächste Katastrophe wartet schon.

Nervenaufreibend sind auch die Begegnungen mit Julie, die erst Heim und Herd verlässt, um dann doch nicht die große Freiheit zu finden, sondern vielmehr in einer Abtreibungsklinik landet. Sunny kann jedoch keinesfalls auf Julies Rat als Psychologin verzichten. Die gebeutelte Julie ist es denn auch, die Sunny den entscheidenden Hinweis gibt, um den Haufen Informationen, den sie angesammelt hat, richtig zu interpretieren.

|Vertrackte Beziehungen|

Da es um gleich zwei Dreiecksverhältnisse um die beiden Opfern Gretchen Crane und Lawrence B. Reeves herumgeht, ist es kein Wunder, dass sich Sunny bald in einem Irrgarten von Beziehungen wiederfindet. Sie ermittelt eine ganze Weile auf dem Straßenstrich. Da sie ja selbst mal Polizistin war, kommt ihr eine gewisse Abgebrühtheit zugute. Außerdem hat sie Rückendeckung durch Tony Marcus, den Obermacker des Prostitutionsgeschäfts in und um Boston. Marcus reicht Sunny weiter an seinen Zuhälter Jermaine Lister, der den Straßenstrich organisiert.

|Straßenstrich|

Die Gespräche Sunnys mit einer Straßennutte sind durchaus realistisch und hartgesotten. Keinerlei Illusionen über einen möglichen Glamour dieses Milieus trüben den Gedankenaustausch. Hier ist kein Platz für „Pretty Woman“, hier wird Tacheles geredet. Und wenn Sunny nicht mit der Kühle rüberkomt, dann heißt es tschüss! Aber hier stößt Sunny auf mehr als eine heiße Spur: Nicht nur war Lawrence B. Reeves Stammgast auf dem Strich – jeden Donnerstag bei „J“ – sondern Gretchen Crane, die hier für Mary Lou Goddard recherchierte, hatte eine Liebhaberin. Dieser geheimnisvollen Miss X spürt Sunny nach – und gerät dabei auf sehr heißes Territorium …

|Unerwünschte, aber nötige Familie|

Und so kommt es, dass Sunny sich wieder einmal einen Feind einhandelt und Zuflucht bei Richies Gangsterfamilie, den irischen Burkes, Hilfe suchen muss. Das war schon in „Family Honor / Ehrensache“ so. Doch Sunny ist, seit sie mit Richie verheiratet war, in die „Familie“ aufgenommen worden und kann auf den Schutz der Gangster zählen. Was für einen Privatdetektiv doch eher ungewöhnlich ist. Und was für einen aufrechten Cop von Boston niemals in Frage käme. Insofern hat Sunny einen echten Vorteil.

|Showdown|

Neben der Schießerei vor ihrem Haus bildet die finale Konfrontation den spannenden Höhepunkt der Geschichte. Tatsächlich wunderte ich mich immer wieder, auf welche Weise es Sunny gelingt, die Nerven zu behalten und nicht schreiend davonzulaufen. Okay, sie ist nur eine Romanfigur. Aber auch Romanfiguren haben sich, insbesondere in Krimis, an die Gesetze der Plausibilität und Wahrscheinlichkeit zu halten. Es sei denn, es handelt sich um eine Komödie oder Satire (was bei Janet Evanovitchs „Plum“-Krimis zutrifft).

|Keine Heulsuse|

Wie in einer Story über Frauen in Amerika nicht anders zu erwarten, wird jede Menge geweint. Aber Weinen ist besser als hysterisches Umsichschlagen, finde ich, und so entwickeln sich die beiden Frauen Julie und Elizabeth sowohl in ihren Ansichten als auch emotional weiter. Und wer sich gefragt hat, warum Sunny kein einziges Mal weint, der ahnt: Sie hat in ihrer Hündin Rosie, einem Miniatur-Bullterrier, eine wahre Herzensfreundin. Doch letzten Endes ist auch Sunny nur ein Mensch. Irgendwann wird auch sie weinen, die Frage ist nur wann. Hoffentlich nicht gerade im unpassendsten Moment …

_Unterm Strich_

Auch diesen Parker-Krimi habe ich in nur zwei Tagen verschlungen. Aber mich beschlich dabei das Gefühl, dass hier zwei Autoren am Werk waren: Der Meister himself und seine werten Gattin, der er alle seine Bücher gewidmet hat. So würde dies die zweigeteilte Handlung erklären: Auf der er einen Seite die ziemlich geradlinige vorangetriebene Ermittlung, die dann einen sehr spannenden Höhepunkt erreicht; auf der anderen Seite die ziemlich gefühlsintensiven Szenen mit Elizabeth und Julie. Wobei Elizabeth stets für einige absurde Äußerungen gut ist, die den Leser laut hinausprusten lassen.

Natürlich treten auch die schon bekannten allseits beliebten Randfiguren auf. Da ist der schwule Spike, seines Zeichens Seelenberater und Karatekämpfer sowie Restaurantbesitzer. Da ist Sunnys Exgatte Richie Burke, von dem sie zwar geschieden ist, mit dem sie aber immer noch liebend gern ins Bett geht (was für nette Bettszenen sorgt). Und da ist die unnachahmliche Hündin Rosie, die zwar stets für eine Ratte oder ein Opossum gehalten wird, aber sich doch eindeutig, wie ein Hund verhält – und ihrem Frauchen gerne das Gesicht leckt. Rosie ist es auch, die Sunny rechtzeitig vor einem Mordanschlag warnt. Es geht eben nichts über eine gute Spürnase. Aber das wissen ja alle Privatschnüffler.

Für alle weiblichen Leser scheint mir die „Sunny Randall“-Krimireihe perfekt geschaffen zu sein, um Spannung und Emotionalität, Geradlinigkeit und komplexe Beziehungen ideal miteinander zu verbinden. „Perish Twice“, der Originaltitel, bezieht sich beispielsweise auf ein Gedicht von Robert Frost (den der Autor innig liebt und häufig zitiert), in dem es um Hass und Verlangen geht, die sich wie die Elemente Feuer und Eis verhalten.

|Taschenbuch: 334 Seiten
ISBN-13: 978-0425182154|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Shrink Rap – Ein Sunny-Randall-Krimi

_Ausgeliefert: die Detektivin auf der Psychiatercouch_

Die Bostoner Privatdetektivin Sunny Randall wird damit beauftragt, eine Bestsellerautorin auf deren Lesetour zu begleiten und zu beschützen. Wie notwendig dieser Schutz ist, zeigt sich schon bald, als Melanie Joan Halls Exgatte John Melvin auftaucht und sie in Angst und Schrecken versetzt. So sehr, dass die Autorin vor versammeltem Publikum in Ohnmacht fällt. Schlimmeres ahnend ermittelt Sunny in der Vergangenheit des Psychiaters. Was sie findet, gefällt ihr ganz und gar nicht. Um weiterzukommen, muss sie sich allerdings selbst von ihm untersuchen lassen …

Der Titel der deutschen Übersetzung lautet „Schutzlos“.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) „Perish Twice“
3) _“Shrink Rap“_
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Der Verlag der Bostoner Bestsellerautorin Melanie Joan Hall bittet die Privatdetektivn Sunny Randall (nach gehöriger Überprüfung, versteht sich), die Dame auf einer Lesetour anlässlich des Erscheinens eines neuen Romans zu begleiten zu beschützen. Sunny, so stellt sich heraus, hat die Aufgabe eines Chauffeurs und Kindermädchens, aber auch eines Seelenklempners und Leibwächters.

Mit gutem Grund, wie sich schon bald zeigt. Melanie Joan war dreimal verheiratet und ist zweimal geschieden. Doch einer ihrer Exgatten, der Psychiater Dr. John Melvin, hat sich offenbar mit der Scheidung nicht abgefunden und tritt als Stalker bei den Signierstunden in einer bedrohlichen Weise auf, dass die Autorin kaum weitermachen machen kann. Der zweite Auftritt ist weitaus ernster. Sunny beobachtet entsetzt, wie Melvin am Schaufenster der Buchhandlung mit blutverschmierten Händen herabgleitet – und Melanie Joan darob in Ohnmacht fällt.

Der Autorin ist zum Glück nichts passiert, aber Sunny kann sich des Verdachts nicht erwehren, dass Melvin nicht nur bei Melanie Joan Schaden angerichtet hat, sondern auch bei seinen anderen Patientinnen in Boston. Dort betreibt er nämlich eine psychotherapeutische Praxis. Sunnys Freundin Julie, selbst psychologische Beraterin (aber kein Doktor), gibt ihr Recherchetipps.

Sunny befleißigt sich einer alten Detektivtugend und legt sich einfach vor Dr. Melvins Praxis auf die Lauer. Ihre Hündin Rosie leistet ihr Gesellschaft, als sie beobachtet, wie eine Frau nach der anderen ihre 50 Minuten Therapie in Anspruch nimmt. Allesamt sehr betuchte Ladies, nach ihren Autos zu urteilen. Eine kommt sogar mit Chauffeur in einer großen Limousine. Die Praxis ist bestimmt sehr lukrativ. Sunny ist überrascht, dass Melvin sogar Abendtermine wahrnimmt: Zwei Frauen besuchen ihn hintereinander, die zweite geht erst um halb elf. Ungewöhnlich. Danach erscheinen zwei unbekannte Männer aus dem Haus und fahren mit einem Porsche Boxster weg. Auch sie scheinen nicht unvermögend zu sein. Was haben sie dort getrieben?

Mit Hilfe eines Kontaktmanns bei der Polizei findet Sunny die Adresse einer Patientin heraus. Kim Crawford wohnt geschieden in einem großen Haus. Leider sagt sie rein gar nichts Schlechtes über Dr. Melvin. Dafür ist Sunnys eigener Besucher jedoch umso unangenehmer: Dieser Barry Clay ist einer der beiden Typen, die spätabends mit dem Porsche wegfuhren. Er droht ihr: Wenn sie nicht die Finger von Melvins Patientinnen lasse, könnte Sunny etwas zustoßen. Sie zeigt ihm, was ihm zustoßen könnte – und holt ihre größte Schrotflinte heraus! Sunny engagiert ihren Kumpel Spike, um Melanie Joan zu beschützen. Diese ist sehr entäuscht zu erfahren, dass Spike schwul ist.

Fortan sieht sich Sunny beschattet. Auch als sie mit Melanie Joan in die Bostoner Innenstadt reist, um dort einen Verlag zu besuchen. Kaum hat Melanie Joan jedoch Barry auf der anderen Straßenseite erblickt, als sie fast einen Nervenzusammenbruch erleidet. Diesmal muss die Autorin mit der Wahrheit herausrücken: Barry ist einer der zwei Männer, die sie in Melvins Praxis vergewaltigen wollten – während ihr Mann dabei zusah. Sie nahm Reißaus und reichte die Scheidung ein. Kein Wunder, dass sie sich seitdem verfolgt fühlt.

Sunny nimmt das Angebot ihres Mannes Richie nicht an, Dr. Melvin und die beiden Finsterlinge einfach von seinem Onkel Felix umlegen zu lassen. Sie will erst noch herausfinden, ob es weitere Vergewaltigungsopfer gibt. Und dazu begibt sie sich undercover in die Höhle des Löwen …

_Mein Eindruck_

In diesem dritten „Sunny Randall“-Krimi setzt der Autor ganz auf psychologische Spannung. Natürlich findet zwar eine Ermittlung der Privatdetektivin statt, doch diese fördert wie üblich lediglich Verdachtsmomente und keine Beweise zutage. Und wie üblich kommt es auf die Aussagen von Zeugen und Sachverständigen an, ob diese Verdachtsmomente rechtfertigen, dass Sunny selbst gegen den Verdächtigen vorgeht oder ob sie den Fall bereits den Behörden übergeben kann – oder einer Instanz, die außerhalb des Gesetzes steht: nämlich Richie Burkes Familie. Letzteres war in den zwei bisherigen „Sunny Randall“-Romanen der Fall. Diesmal soll die Sache anders laufen.

Um dem Verdächtigen, dem Stalker und Psychiater John Melvin, auf die Pelle zu rücken, bedient sich Sunny einer doppelten Strategie. Sie lässt sich undercover auf die Therapie bei ihm ein, getarnt als „Sonya Burke“ (was tief blicken lässt, denn sie ist nur eine geschiedene Burke), und sie bespricht dieses Vorgehen und die Erkenntnisse mit einem soliden Psychiater, Dr. Copeland. Auf diese Weise gelangt sie allerdings zu verstörenden Erkenntnissen über sich selbst. Bemerkenswert sind die Einsichten in die psychologische Methode, die aus der Praxis sprechen.

Aus einer bereits außergewöhnlichen Ermittlung wegen eines Stalkers wird so unvermittelt eine Suche des Ermittlers nach sich selbst. Warum möchte Sunny beispielsweise einen starken Mann, der wie ihr Vater ist, aber keinen Mann, der sie beherrscht? Das ist wahrscheinlich ein emotionales Dilemma, in dem sich viele selbstbewusste Frauen heutzutage befinden. Die Gründe sind offensichtlich. Und keine Frau möchte freiwillig zugeben, dass sie sich gerne fremdbestimmen lässt. Besonders dann nicht, wenn ihr eigener Wille dabei durch eine Droge ausgeschaltet worden ist.

Nachdem sich Sunny (in „Perish Twice“) bereits mit Feminismus und Prostitution befasst hat, bekommt sie nun Kontakt mit geschickt getarner Mehrfachvergewaltigung, die nur eine sanftere Variante von Rohypnol-gestützter Vergewaltigung ist. Dass dieses Thema vor allem Frauen interessiert, dürfte klar sein. Erstaunlich sind nicht nur die Fachkenntnisse des Autors über die psychologische Methode, sondern auch die Feinfühligkeit, mit der Sunny den jeweiligen Opfern ihre Fragen stellt.

Dass die Schnüfflerin von den Tätern jede Menge Drohungen erhält, ist zu erwarten. In der Folge kommt es durch einen tätlichen Angriff zu einer weiteren Drehung der Spannungs-Schraube: Sunny soll durch die Droge gefügig gemacht werden. Doch um handfeste Beweise gegen die flüchtigen Täter zu erhalten, muss sich Sunny selbst in die prekäre Situation begeben, in der ihre Vorgängerinnen gelähmt und dann vergewaltigt wurden …

_Unterm Strich_

In diesem dritten „Sunny Randall“-Krimi fühlte ich mich nicht so sehr durch die Ermittlung gefesselt als vielmehr durch die wachsende Beklommenheit, die durch die steigende Gefahr für die Heldin erzeugt wurde. Waffen der Gewalt spielen diesmal nur eine untergeordnete Rolle, wichtiger sind Waffen des Geistes. Als Erzählung ist die Geschichte ein Meisterstück an psychologischer Feinarbeit.

Sunny muss nicht nur selbst feinfühlig vorgehen, sondern sieht sich obendrein selbst als Objekt der Psychoanalyse. Was sie dabei entdeckt, findet sie sehr beunruhigend: einen ausgewachsenen Ödipuskomplex ebenso wie eine rasende Eifersucht auf die neue Freundin ihres geschiedenen Mannes Richie. Zum Glück verliert sie nie den Draht zu ihm und kann sich seiner nie wankenden Unterstützung versichern. Ihr Hund Rosie, für den sich beide verantwortlich fühlen, spielt dabei wie schon bisher eine zentrale Rolle.

Nachdem sich der Autor bereits in „Perish Twice“ mit Feminismus und Prostitution beschäftigt hat, geht es diesmal um Stalking und Vergewaltigung unter dem Deckmäntelchen der Therapie. Wie stets drehen sich die Sorgen der weiblichen Figuren um Dominanz, Vertrauen und Liebe. Wie skandalös erscheint daher die Aussage, dass eine der Frauen es mochte, als sie die Unterwürfige sein konnte.

Für weibliche Leser liest sich dieser Roman deshalb völlig anders als für einen Mann: Es geht um spezifisch weibliche Themen, und dies macht den Krimi für Frauen ganz besonders interessant. Frau könnte wahrscheinlich sehr gut darüber diskutieren, welche Aussagen der Autor (oder war es seine Frau, die das Buch schrieb?) hier macht.

|Taschenbuch: 289 Seiten
ISBN-13: 978-0399149306|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066