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Hohlbein, Wolfgang – Seelenfresser, Der (Der Hexer von Salem 2)

Band 1: [„Die Spur des Hexers“ 4081

Robert Craven hat sich mit seinem Erbe abgefunden und den Kampf gegen die Großen Alten aufgenommen. Doch er besitzt bei weitem noch nicht das Talent seines Vaters Roderick, der die Gabe einst auf ihn übertragen hat. Zwar hat er sich vieles selbst beizubringen versucht, doch um die die magischen Fähigkeiten weiter zu stärken, kehrt er nach Amerika zurück. Genauer gesagt nach Arkham, in die Stadt, die der Ursprung allen Übels ist.

Mit „Der Seelenfresser“ liegt der zweite Band der überarbeiteten „Der Hexer von Salem“-Reihe vor, die bei |Bastei Lübbe| mit neuem Cover und Hintergrundinformationen von Autor Wolfgang Hohlbein versehen ist, der zwischen den Episoden der einst als Romanhefte herausgegebenen Geschichten einen Blick zurück in die Vergangenheit wirft, um interessante und skurrile Anekdoten der Leserschaft mitzuteilen. So versteht sich die Neuauflage vor allem als Sammelband für die Fans, die den Hexer nun in kompletter und chronologisch richtiger Reihenfolge vorfinden. Doch ebenso können Leser, die über Robert Craven bisher noch nichts gelesen haben, die Faszination nachvollziehen, die Hohlbeins Hexer durch seinen pulpigen Stil in Verbindung mit dem cthuloiden Horror zu einem seiner beliebtesten Werke hat werden lassen.

_Inhalt_

Die im ersten Band „Die Spur des Hexers“ enthaltenen Heftromane entstammen noch aus der Reihe „Gespensterkrimi“. In „Der Seelenfresser“ beginnt mit „Das Erbe der Dämonen“ die erste auch als Romanheft unter dem Namen des Hexers veröffentlichte Geschichte. Kein Wunder also, dass Hohlbein als Schauplatz für den Auftakt Arkham und Innsmouth auserkoren hat, zwei fiktive, von Lovecraft erdachte Ortschaften, die zum Grundstein des Cthulhu-Mythos geworden sind.

Robert Craven kommt, nachdem er lange Zeit in London gelebt hat, nach Arkham, wo er sich eine Bleibe in einem kleinen Hotel besorgt – Aufsehen erregen will er auf keinen Fall. Doch es ist nichts so, wie es scheint. Das Hotel stellt sich als Illusion heraus und Craven, der in Wirklichkeit in einer Abbruchbude nächtigen möchte, fällt beim Aufsuchen des Badezimmers in ein tiefes Loch. Im Dunkeln wartet bereits ein schleimiges Tentakelwesen. Als Retter in letzter Sekunde tritt ein Mann namens Shannon auf den Plan, der das Monster mit Shoggotensternen vertreiben kann.
Craven zeigt sich dankbar, doch er verrät dem Fremden nicht seinen wahren Namen, denn Shannon scheint sich mit dem Kampf gegen die finsteren Mächte auszukennen und Craven ist nicht sicher, ob er wirklich auf der richtigen Seite steht. Der Hexer will erst mehr über Shannon erfahren, bevor er selbst seine wahre Identität preisgibt.

Dazu hat er schon wenig später Gelegenheit, denn der nächste Angriff ist Shannon gewidmet, und dieses Mal ist es Craven, der sich rettend dazwischenwirft. Doch dann muss er erkennen, wer seinen Begleiter zu töten versucht hat: Es ist der Geist Roderick Andaras, seines Vaters. Shannon verrät Craven, dass er hinter genau diesem Mann – oder vielmehr Geist – her ist, denn vor vielen Jahren soll er eine schreckliche Tat in Innsmouth verübt haben. Craven ist hin- und hergerissen und weiß nicht, wem er vertrauen soll. Hat sein Vater eine Tat verübt, für die er sich geschämt hat, und aus diesem Grund einst Amerika Richtung London verlassen wollen? Oder unterliegt Shannon in Wahrheit einem Irrtum, der sich in den Absichten Roderick Andaras getäuscht hat? Die Antwort, so schließt Craven, muss in dem Nahe gelegenen Städtchen Innsmouth zu finden sein. Und so macht er sich auf, um herauszufinden, was wirklich passiert ist.

Die Handlung versteht sich als indirekte Fortsetzung zu den Geschehnissen, die in der ersten Episode, „Die Spur des Hexers“, nachzulesen sind. Die Ereignisse verknüpfen das Schicksal zwischen Roderick und Robert und bilden den Grundstein für viele der nachfolgenden Geschichten. Zumal „Das Erbe des Dämonen“ nur einen der insgesamt neun Heftromane darstellt, die in dem Sammelband „Der Seelenfresser“ zu finden sind. In „Cthulhu lebt!“ etwa wird Craven mit seinem größten Gegenspieler Necron konfrontiert, der bereits seinem Vater das Leben schwergemacht hat. Immer wieder kann er entwischen und neue Bosheiten austüfteln. Vor allem seine Gaben, die denen des Hexers ebenbürtig bzw. sogar überlegen sind, machen ihn zu einem der gefährlichsten Kontrahenten.

Zum Glück kann Craven auf die Hilfe diverser Verbündeter zurückgreifen. An erster Stelle steht sicherlich Howard (genau, H. P. Lovecraft höchstpersönlich), Unterstützung findet er aber ebenso von dem hünenhaften Rowlf. Kontakt macht Craven in „Der Seelenfresser“ auch zum ersten Mal mit den Templern. Sie stehen zwar im Grunde auf derselben Seite und haben sich dem Ziel verschworen, die Welt von allem Abschaum zu befreien, doch die Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, unterscheiden sich stark von denen des Hexers. So steht mit den Templern eine dritte Partei auf dem Plan, die nicht so einfach dem Schema Gut-Böse zuzuordnen ist. Das Auftreten literarischer oder zeitgenössischer Persönlichkeiten bildet schließlich das i-Tüpfelchen und lässt den Leser immer wieder über die Anspielungen schmunzeln.

_Bewertung_

„Der Seelenfresser“ führt das gelungene Konzept des ersten Bandes fort. Die Heftromane, in chronologischer Reihenfolge, sind je nach Thematik zu einer größeren Geschichte zusammengefasst. Diese werden jeweils in einem kurzen Vorwort von Wolfgang Hohlbein kommentiert. Eine nette Mischung also aus Hintergrundinformationen für diejenigen, die es interessiert, und geballten Abenteuern rund um den Hexer von Salem. Wer „Die Spur des Hexers“ mochte, wird auch diesen Band lieben, denn Hohlbein weicht nicht wirklich von seinem bisherigen Stil ab. Die Geschichten präsentieren sich weiterhin als pulpiges Actionfeuerwerk mit einigen Wendungen, einem Schuss Komik und einem Schuss Horror.

Subtil wie das große Vorbild Lovecraft geht Hohlbein dabei nicht wirklich vor. Das muss und will er aber auch gar nicht. Die Romane lesen sich flott weg und können, sofern man die Genremischung mag, gut unterhalten. Literarische Glanzleistungen kann man nicht erwarten, ebenso wenig wie tiefgehende Charakterzeichnungen und –beziehungen. Es kommt viel eher auf den Gesamteindruck ein, und der ist, trotz unterschiedlicher Qualität der einzelnen Folgen, für eine Heftromanserie hoch.

Da übersieht man dann auch gerne, dass die Spannungsbögen arg kurz geraten sind und die vielen Höhepunkte und Cliffhanger ab und an dazu führen, dass vor lauter dramatischen Ereignissen die Dramatik irgendwann auf der Strecke bleibt. Dies ist nun einmal dem Format des Heftromans zuzuschreiben, der natürlich von Folge zu Folge eine zumindest in gewissen Bereichen abgeschlossene Handlung präsentieren muss, ohne alle offenen Fragen aufzulösen. Sei es drum; der Hexer bietet kurzweilige Unterhaltung und kann sie, dank guter Zusammenstellung, in diesem Sammelband gegenüber früheren Fassungen sogar noch etwas steigern.

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|Siehe ergänzend auch unsere Rezensionen zu den Hörbuchfassungen der Hexer-Reihe:|

[„Auf der Spur des Hexers“ 511
[„Als der Meister starb“ 917
[„Als der Meister starb (Gespenster-Krimi 02)“ 1214
[„Das Haus am Ende der Zeit“ 1116
[„Tage des Wahnsinns“ 2103
[„Der Seelenfresser“ 2886
[„Die Chrono-Vampire“ 3095

Hohlbein, Wolfgang – Spur des Hexers, Die (Der Hexer von Salem 1)

„Eine historische Abenteuerserie mit ganz leichtem phantastischem Einschlag und vielleicht einer Spur von Horror. Dazu ein wenig Plüsch und Mantel-und Degel-Flair …“, schreibt Wolfgang Hohlbein im Vorwort von „Die Spur des Hexers“, dem ersten Teil der bei |Bastei Lübbe| neu aufgelegten |Der Hexer von Salem|-Reihe. Ein Genremix, ohne Frage, doch ein ganz besonderer. Hohlbeins [„Der Hexer von Salem“ 249 basiert nämlich auf den Werken von H. P. Lovecraft (1890-1937), jenem Autor, der heute als Schöpfer des Cthulhu-Mythos bekannt ist.

„Ein wenig Horror“ mag angesichts der Tatsache, dass Lovecraft verstörte und zweifelnde Menschen in den Mittelpunkt seiner Erzählungen gestellt hat, die einem meist außerirdischem Grauen gegenüberstehen, zunächst etwas untertrieben erscheinen. Doch Hohlbein hat es geschafft, Elemente des Horror-Autors mit seinem ureigenen Stil zu verbinden und ein actiongeladenes, pulpiges Abenteuer zu kreieren, das er zu Recht als seinen größten Serienerfolg bezeichnet. Mit „Die Spur des Hexers“ liegt nun der erste einer auf acht Bänden angelegten Reihe vor, die zum ersten Mal im Paperpack die vollständige Ausgabe des Hexers umfasst, inklusive aller Überarbeitungen und neu geschriebenen Vor- und Nachgeschichten. Ein Mammutwerk, das bereits mit dem 830 Seiten dicken ersten Teil deutlich macht, wohin die schwergewichtige Reise geht.

_Inhalt_

Den Anfang in dem Sammelband macht die titelgebende Geschichte „Die Spur des Hexers“. Sie ist zwar erst nach der eigentlichen Heftserie als Roman „Auf der Spur des Hexers“ erschienen, von Hohlbein aber als Auftakt der kompletten Reihe konzipiert worden. Daher erscheint es nur schlüssig und wird dem Anspruch der vollständigen Fassung gerecht, sie nach vorne zu stellen. In „Die Spur des Hexers“ wird der Blick auf Roderick Andara gerichtet, den Vater des eigentlichen Hexers Robert Craven, der während der Handlung jedoch erst ein dreijähriges, kleines Kind ist. Doch wie sein Sohn besitzt auch Roderick magische Fähigkeiten und Gaben, die er unter anderem zur geistigen Kontrolle einsetzen kann.

Seit zehn Jahren ist er bereits auf der Flucht vor namenlosen Häschern, die seinesgleichen vernichten wollen. Beinahe ist dies bereits geschehen, den Tod seiner Frau Jenny kurz nach der Geburt von Robert konnte er nicht mehr verhindern, er selbst nur knapp entfliehen. So trifft er die Entscheidung, Robert nach Walnut Falls zu bringen, wo er ihn in die Obhut einer gewissen Maude Craven gibt, um alle Spuren zu ihm und der auch auf seinen Sohn übertragenen magischen Kraft zu verwischen. Bei seiner Abreise gerät er jedoch in eine Falle und entgeht nur knapp dem Tod. Sogleich bereut er seine Tat und reist zurück, doch er findet das Haus von Maude Craven leer vor. Sein Sohn wie auch die Pflegemutter sind entführt worden.

In diesem Moment tritt H. P. (Ähnlichkeiten zu Howard Philip Lovecraft sind nicht rein zufällig) auf den Plan. Er hat den Hexer lange beobachtet und findet es nun an der Zeit, sich ihm vorzustellen und sich mit ihm zu verbünden. Er weiht Roderick Andara in den Cthulhu-Mythos ein, erzählt, wie er selbst in die Fänge der fanatischer Jünger geraten ist, und glaubt zu wissen, wohin Robert Craven gebracht wurde: nach R’lyeh. Roderick bleibt misstrauisch, doch will er der einzigen Spur zu seinem Sohn folgen. So reisen der Hexer und H. P. nach Arkham, von wo aus sie den Schlafplatz des großen Alten Cthulhu suchen wollen.

Die zweite Geschichte „Als der Meister starb“ spielt rund 20 Jahre nach den Ereignissen in Arkham und beginnt den eigentlichen Zyklus um Robert Craven. Dieser hat sich nach dem Tod seiner Tante Maude mehr schlecht als recht in den Gassen New Yorks mit Gelegenheitsjobs und kleinen Gaunereien über Wasser gehalten. Bis zu seinem 24. Geburtstag, als er auf einen mysteriösen Mann trifft, der ihn aus seinem Elend herausreißen möchte. Robert nimmt das Angebot an und findet sich weniger später an Bord der |Lady of the Mist| wieder, die sich Richtung London aufmacht. Ebenfalls an Bord ist sein Retter: Roderick Andara. Dieser will seinen Sohn nach England bringen, denn er fühlt sich in Amerika nicht mehr sicher und glaubt auch seinen Sohn in größter Gefahr. Allerdings hat er sich ihm noch nicht als Vater, geschweige denn als Hexer offenbart. Als das Schiff jedoch in eine Nebelbank gerät, ändert sich die Situation schlagartig.

Während der Kapitän dem Ereignis keine Bedeutung zuschreibt, ist sich Roderick sicher, es mit keinem gewöhnlichen Nebel zu tun zu haben. Und tatsächlich, wenig später wird das Schiff von einem tentakelbewehrten Wesen angegriffen. Nur Roderick, der sich nun als Hexer zu erkennen gibt, kann den Angriff noch vereiteln. Doch obwohl er die Bestie vertreibt, ist die Gefahr noch nicht gebannt. Das Schiff prallt auf ein Riff und Roderick ist zu schwach, als dass er das rettende Ufer noch erreichen könnte. So weiht er seinen Sohn endlich in seine Vergangenheit ein und überträgt ihm nach seinem Tod das Erbe des Hexers.

Robert gelingt es schließlich, mit einigen wenigen Überlebenden nach England zu entkommen. Dort sieht er sich nun gezwungen, die Aufgabe seines Vaters zu vollenden: den Kampf gegen unaussprechliche Wesen und düstere Kulte fortzuführen, um die Welt vor dem Unrat des Bösen zu säubern. Kein leichtes Erbe, doch Robert bleibt keine Wahl, denn er ist der neue Hexer von Salem.

_Bewertung_

Aller Revidierungen zum Trotz, „Der Hexer von Salem“ ist und bleibt auch in Form der überarbeiteten Neuauflage „Die Spur des Hexers“ eine Heftromanreihe. All zu hohe Ansprüche sollte man als Leser also nicht stellen. Die Charaktere bleiben weitgehend flach oder zumindest stereotypisch, die Handlung kann keinen Innovationspreis gewinnen, sondern will vor allem nur unterhalten. Und auch die Länge der einzelnen Episoden, obwohl zusammenhängend und nun in chronologisch richtiger Reihenfolge angeordnet, beschränkt sich stets auf weniger als 100 Seiten. Selbst Geschichten, die früher über mehrere Hefte gelaufen sind und nun zusammengeführt wurden, weisen die typischen Heftromanelemente auf: ein schneller Einstieg, ein die Spannung steigernder Mittelteil und ein deftiges Finale bzw. ein nicht minder deftiger Cliffhanger.

Dennoch, es hat seinen Grund, dass Hohlbeins „Der Hexer von Salem“ immer wieder neu überarbeitet worden und nun in einer finalen Fassung auf den Markt gekommen ist: Es macht einfach Spaß, den Hexer zu lesen. Die Mischung aus Horror, Pulp und Action, die zahlreichen Anspielungen auf reale Personen (vorneweg natürlich Lovecraft selbst, aber auch Autoren wie Jules Verne) und literarische Figuren (Nemo, Fu Manchu) sowie die rasante Erzählweise machen den Hexer zu einem großen Vergnügen. Natürlich fällt jede Episode unterschiedlich aus und schwankt in ihrer Qualität, doch die Reihe bietet insgesamt einen guten Spannungsbogen auf überdurchschnittlichem Niveau. Wer viel Zeit investiert und die Reihe von vorne bis hinten liest, wird mit wiederkehrenden Figuren und Orten und Überschneidungen in verschiedenen Zeitepochen belohnt, die spätestens mit den Abenteuern von Robert Craven ein komplexes Muster entstehen lassen.

Zudem hat Wolfgang Hohlbein für jeden zusammenhängenden Abschnitt (also meist zwischen ein bis drei Heftroman-Folgen) ein Vorwort geschrieben, in dem er über Hintergründe der Entstehungsgeschichte berichtet und Einblicke bzw. Rückblicke in die gute alte Zeit der Heftromanreihe gibt. Er schreibt, warum die ersten Folgen in der „Gespensterkrimi“-Reihe erschienen, wie die Fans versuchten, sein Pseudonym zu entschlüsseln und wie er die Verleger von der ungewöhnlichen, inhaltlichen Thematik zu überzeugen versuchte.

Das alles liest sich, ebenso wie die Geschichten selbst, leicht und locker und regt das ein oder andere Mal zum Schmunzeln an. Wer Horror und insbesondere Lovecraft mag, sich aber nicht daran stört, wie Hohlbein die Thematik mit seinem Stil koppelt und vor allem um Actionelemente erweitert, wird mit „Die Spur des Hexers“ glücklich werden. Kurzweiligen Lesestoff bietet der dicke Paperback-Band alle mal. Und wer auf den Geschmack gekommen ist: Weitere sieben Bände folgen ja noch.

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|Siehe ergänzend auch unsere Rezensionen zu den Hörbuchfassungen der Hexer-Reihe:|

[„Auf der Spur des Hexers“ 511
[„Als der Meister starb“ 917
[„Als der Meister starb (Gespenster-Krimi 02)“ 1214
[„Das Haus am Ende der Zeit“ 1116
[„Tage des Wahnsinns“ 2103
[„Der Seelenfresser“ 2886
[„Die Chrono-Vampire“ 3095

Sassenberg, Volker – Gabriel Burns – R. (Folge 26)

Victor Zeysen ist tot. Viele Jahre schon. Doch wenn für die Hörspielreihe |Gabriel Burns| etwas zutrifft, dann die Tatsache, dass Totgeglaubte gerne weiterleben. Dies wird in Folge 26 mit dem mysteriösen Titel „R.“ ( der Name klärt sich im Laufe der Episode auf) umso deutlicher. Und Dr. Victor Zeysen, einstiger Leiter von Ravenstone, einer Anstalt für gestörte Kinder, ist nicht der Einzige, der tot scheint, es aber in Wirklichkeit nicht ist. So beginnt die Folge zwar mit einem regelrechten Paukenschlag und dem Tod einer der Hauptfiguren, doch sie wartet am Ende mit einer noch viel größeren Überraschung und einem Cliffhanger auf, der das Warten auf die Fortsetzung fast unerträglich macht.

_Vorgeschichte: Folgen 1 bis 25_

Vancouver: Steven Burns, erfolgloser Schriftsteller, hält sich mehr schlecht als recht als Taxifahrer über Wasser. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er an den geheimnisvollen Bakerman gerät – oder treffender: als Bakerman Steven kontaktiert, um ihn in ein mysteriöses Projekt einzuweihen, das sich unheimlicher Phänomene angenommen hat. Warum Bakerman, der dieses Projekt leitet, gerade Steven für seine Pläne auserkoren hat, wird dem Schriftsteller in dem Moment klar, als er an seinen Bruder Daniel zurückdenkt. Dieser verschwand nämlich im Alter von vier Jahren auf seinem Geburtstag, als Steven ihn bat, in eine Kiste zu steigen und einen Zaubertrick über sich ergehen zu lassen. Doch das Resultat war kein harmloses Kinderspiel, denn Daniel war plötzlich wie weggezaubert und blieb spurlos verschwunden.

Obwohl Bakerman auf die Geschehnisse von Stevens geheimnisvoller Zaubergabe anspielt, bleibt er ihm die Antworten schuldig. Und wenn er etwas herausrückt, dann nur sehr spärlich und darauf bedacht, die wahren Hintergründe im Dunkeln zu lassen. Denn Bakerman möchte Stevens Fähigkeiten erst einmal testen und eine Vertrauensbasis aufbauen. So schickt er ihn über den gesamten Globus; immer dort hin, wo auf eigenartige Weise Menschen verschwinden, von gefährlichen Experimente berichtet wird oder scheinbare Naturphänomene ans Tageslicht treten.

Steven Burns zur Seite stehen Joyce Kramer und Larry Newman, die das Viererteam um Bakerman komplettieren. Joyce ist bereits seit vielen Jahren ein treuer Verbündeter Bakermans und stellt seine Pläne nicht in Frage. Larry hingegen ist erst kurze Zeit nach Steven zur Mannschaft gestoßen, als sich der frühere Forstbeamte in den Wäldern von Yukon widernatürlichen Phänomenen ausgesetzt sieht und daraufhin beschließt, das Böse zu bekämpfen. Die zehn fahlen Orte sind es, die Steven Burns, Bakerman, Joyce und Larry in Atem halten. Orte, an denen das Böse zum Vorschein kommt und Tore in eine andere Welt geöffnet werden, um die Menschheit durch Kreaturen aus der Hölle zu vernichten.

Steven weiß nun, wer er ist, oder vielmehr, was er ist. Jetzt liegt es an ihm, dieses Wissen für sich zu nutzen und den Kampf aufzunehmen. Die Zeit rennt. Bevor sich Steven seinen Gegnern im offenen Kampf stellen kann, gilt es jedoch, seinen Freunden zu helfen. Bakerman liegt im Sterben, und auch das beschaffte Unsterblichkeitselixier hat seinen Zustand noch nicht verbessert.

_Inhalt_

Während sich Steven und Larry nach den ereignisreichen Stunden, die sie mit der Suche nach Ila al Khalf verbracht haben, eine Pause gönnen wollen, bekommen sie einen Anruf. Sie vermuten Joyce am anderen Ende der Leitung mit einer Nachricht über Bakermans Zustand, da sie an seinem Bett wachen wollte. Stattdessen ist jedoch Julien Cardieux dran, der Bakerman auf dessen Wunsch hin in einen Hypnose-Zustand versetzt hat, um die Unsterblichkeitsessenz, das Ila al Khal, zu finden. Julien hat schlechte Nachrichten, sehr schlechte. Bakerman geht es nämlich immer noch nicht besser, da er das Elixier nicht getrunken hat. Joyce, die ihm dieses einflößen sollte, schlug Julien nieder und verschwand mit dem Trank.

Steven und Larry sind fassungslos, schließlich ist Joyce stets eine enge Vertraute gewesen und hat nie Anzeichen gegeben, das Team zu hintergehen. Steckt vielleicht jemand anderer dahinter, der Joyce nur für seine Zwecke missbraucht?

Steven und Larry bleibt nicht viel Zeit, und so machen sie sich in ihre Wohnung auf, um nach Hinweisen zu suchen, wo sie sich zurzeit aufhalten könnte. Tatsächlich finden sie eine Nachricht, die sie nach Ravenstone führt, jener Anstalt, in der auch Joyce als Kind untergebracht war. Kurz bevor sie aufbrechen wollen, werden sie von einem vermummten Einbrecher überrascht. Er schlägt sie nieder, noch bevor sie seine Identität klären können. Aber was immer er hier gesucht hat, Ila al Khalf ist ein Mittel, für das viele über Leichen gehen würden, nur um es in die Hände zu kriegen.

Als die Steven und Burns schließlich in Ravenstone eintreffen, wirkt alles verlassen. Aber sie sind auf der Hut, denn der Schein hat sie schon oft getrogen. Sie geben sich als Regierungsmitarbeiter aus, als sie die derzeitige Leiterin, eine Lucia Moreno, in den Hallen antreffen, wie sie gerade einen Patienten ruhigstellen will. Moreno hat kaum Hoffnung, dass die Anstalt noch lange betrieben wird. Zu viel ist in letzter Zeit vorgefallen. Von einer Joyce Kramer weiß sie allerdings nichts. So bleibt Steven und Larry nichts anderes übrig, als selbst Nachforschungen anzustellen. Sie bemerken nicht, dass Joyce ihr Kommen längst beobachtet hat. Geistig kontrolliert von Dr. Victor Zeysen, der sich im Kellergewölbe der Anstalt verschanzt hat, händigt Joyce Zeysen das Ila al Khalf aus und führt dann die weiteren Befehle aus: Larry ausschalten. Sie lockt ihn durch einen Anruf nach unten und richtet die Waffe auf ihn, während Bakerman alte Akten durchwühlt und auf Spuren von Zeysen stößt. Doch es ist bereits zu spät, denn der Doktor ist mit dem Trank längst davon und Joyce, wenn auch unter inneren Kämpfen leidend, hat Larry in ihrer Gewalt. Sie drückt zitternd ab und verpasst ihm glücklicherweise nur ein Streifschuss. Larry weiß, wenn er jetzt nicht handelt und seine Kollegin zur Strecke bringt, wird das seinen Tod bedeuten.

_Bewertung_

„R.“ setzt endlich die Haupthandlung fort und stellt Dr. Victor Zeysen, der in früheren Episoden bereits einige Auftritte gehabt hat, zu einem neuen, und sehr gefährlichen Widersacher in den Mittelpunkt. Dennoch greift die Folge 26 die in der vorigen Folge noch nicht abgeschlossenen Handlungsstränge auf und integriert sie mit dem Metaplot. Auf geschickte Weise gewinnt die Geschichte so wieder an Fahrt und treibt die Entwicklung der Charaktere voran. Zudem erfährt der Hörer, nachdem in „… dem Winter folgte der Herbst“ Bakerman seinen großen Auftritt hinlegen durfte, einiges über Joyces Vergangenheit und ihre Zeit in der Kinderklinik Ravenstone.

Emotional liegt „R.“ deutlich vor allen anderen Episoden, in denen nur einmal mehr ein „Monster der Woche“ bekämpft werden musste. Hier geht es um den Kampf mit sich selbst, um die Konflikte, die innerhalb der Gruppenkonstellation des Burns-Teams entstehen und dadurch das Gefüge zum Wanken bringen. Spannung wird nicht durch schleimiges Getier erreicht, sondern durch den Verrat, den Joyce begeht – und sei es auch durch fremde Kontrolle eines im Hintergrund agierenden Schurken. Der Tod steht im Zentrum, ist allgegenwärtig und bringt das Team am Ende sogar unverhofft in eine aussichtsreiche Position. Doch nur die Totgeglaubten wissen um ihren Vorteil, denn alle anderen gehen davon aus, dass sie wirklich gestorben sind.

Über die technische Qualität muss man kein Wort verlieren. Die Sprecher gehören zur ersten Garde, die Soundeffekte sind, wenn auch durch die Thematik der Folge nicht ganz so ausgereizt wie sonst, auf höchstem Niveau. Im Zusammenhang mit der rasanten Handlung und der geschickten Erzählweise reiht sich „R.“ in die |Gabriel Burns|-Reihe ein und lässt auf noch viele weitere Episoden dieser Machart hoffen.

http://www.gabrielburns.de/

|Siehe ergänzend dazu auch unsere Besprechungen zu den aktuellen Buchveröffentlichungen|

[„Gabriel Burns: Die Grauen Engel“ 3892
[„Gabriel Burns: Verehrung“ 3960

Sassenberg, Volker – Gabriel Burns – … dem Winter folgte der Herbst (Folge 25)

Unsterblichkeit. Kein Preis scheint zu hoch, um ein ewiges Leben führen zu können. Und gerade deshalb ist die Unsterblichkeit ein Ziel, für das man über Leichen gehen muss. Bakerman hat dies oft genug spüren müssen. Denn er ist mit einem langen Leben gesegnet. Freunde und Verwandte sind gestorben, während er weiterleben durfte. Doch auf welche Weise? Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, hat er die Identität gewechselt und den harten Kurs des Eigenbrötlers gefahren. Warum auch sollte er wieder Freundschaften schließen, wenn er weiß, dass am Ende der bittere Tod zwischen ihm und allen anderen Menschen steht?

Aber Bakerman muss erfahren, dass auch die Unsterblichkeit nicht ewig währt. Er ist noch immer auf das Elexir Ila al Khalf angewiesen, das ihn einst zu dem verlängerten Leben verholfen hat. Doch nirgends ist die Essenz mehr zu finden – natürlich heiß begehrt, wer will nicht ewig leben? So nähert sich der Tod, und es ist schon fast zu spät, als Bakerman erkennt, dass er im Sterben liegt. Es gibt nur noch einen Weg, das Elixier aufzutreiben. Ohne Hilfe wird er es nicht mehr schaffen. Er muss zurück, Jahrzehnte zurück. Und er sieht: „… dem Winter folgte der Herbst“.

_Vorgeschichte: Folgen 1 bis 24_

Vancouver: Steven Burns, erfolgloser Schriftsteller, hält sich mehr schlecht als recht als Taxifahrer über Wasser. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er an den geheimnisvollen Bakerman gerät – oder treffender: als Bakerman Steven kontaktiert, um ihn in ein mysteriöses Projekt einzuweihen, das sich unheimlicher Phänomene angenommen hat. Warum Bakerman, der dieses Projekt leitet, gerade Steven für seine Pläne auserkoren hat, wird dem Schriftsteller in dem Moment klar, als er an seinen Bruder Daniel zurückdenkt. Dieser verschwand nämlich im Alter von vier Jahren auf seinem Geburtstag, als Steven ihn bat, in eine Kiste zu steigen und einen Zaubertrick über sich ergehen zu lassen. Doch das Resultat war kein harmloses Kinderspiel, denn Daniel war plötzlich wie weggezaubert und blieb spurlos verschwunden.

Obwohl Bakerman auf die Geschehnisse von Stevens geheimnisvoller Zaubergabe anspielt, bleibt er ihm die Antworten schuldig. Und wenn er etwas herausrückt, dann nur sehr spärlich und darauf bedacht, die wahren Hintergründe im Dunkeln zu lassen. Denn Bakerman möchte Stevens Fähigkeiten erst einmal testen und eine Vertrauensbasis aufbauen. So schickt er ihn über den gesamten Globus; immer dort hin, wo auf eigenartige Weise Menschen verschwinden, von gefährlichen Experimente berichtet wird oder scheinbare Naturphänomene ans Tageslicht treten.

Steven Burns zur Seite stehen Joyce Kramer und Larry Newman, die das Viererteam um Bakerman komplettieren. Joyce ist bereits seit vielen Jahren ein treuer Verbündeter Bakermans und stellt seine Pläne nicht in Frage. Larry hingegen ist erst kurze Zeit nach Steven zur Mannschaft gestoßen, als sich der frühere Forstbeamte in den Wäldern von Yukon widernatürlichen Phänomenen ausgesetzt sieht und daraufhin beschließt, das Böse zu bekämpfen. Die zehn fahlen Orte sind es, die Steven Burns, Bakerman, Joyce und Larry in Atem halten. Orte, an denen das Böse zum Vorschein kommt und Tore in eine andere Welt geöffnet werden, um die Menschheit durch Kreaturen aus der Hölle zu vernichten.

Steven weiß nun, wer er ist, oder vielmehr, was er ist. Jetzt liegt es an ihm, dieses Wissen für sich zu nutzen und den Kampf aufzunehmen. Die Zeit rennt. Doch bevor er sich seinen Widersachern stellen kann, gilt es, Bakerman zu helfen, denn dieser benötigt die Essenz eines Unsterblichkeitstranks, den er ohne Hilfe nicht mehr rechtzeitig beschaffen kann.

_Inhalt_

Bakermans Gesundheitszustand verschlechtert sich stündlich. Er benötigt Ila al Khalf, und er weiß, wie er es besorgen kann. Doch dazu müsste er in die Vergangenheit reisen, oder zumindest seinen Geist zurückschicken. Ihm fällt nur einer ein, dem es gelingen könnte, seine Seele auf diesen Trip zu schicken: Julien Cardieux. Julien ist der Sohn eines engen Vertrauten Bakermans, und zurzeit als Spiritist unterwegs, um zahlungskräftigen Kunden ihre Zukunft vorherzusagen. Joyce hat Julien stets als Schwindler abgetan. Nun muss sie sich eines Besseren belehren lassen und ihn schleunigst finden.

Glücklicherweise ist Julien schnell auszumachen, doch er ist schlecht auf Bakerman zu sprechen, der ihm einst verwehrt hat, in das Team aufgenommen zu werden. Umso erstaunter ist er, und zunächst nicht zur Kooperation bereit, als Joyce ihn flehentlich bittet, dem kranken Mann zu helfen. Nur widerwillig ist er dazu bereit, doch als er ihr folgt und sieht, wie schlecht es um Bakerman steht, beginnt er sofort mit der Hypnose, um den Geist vom Körper zu lösen und auf die Reise zu schicken.

Bakermans Hülle bleibt in der Gegenwart, doch nicht seine Seele, die es nach Vancouver zum Ende des 19. Jahrhunderts verschlägt – 120 Jahre in der Zeit zurück. Auf den Tag genau, an dem ein riesiges Feuer die damals noch kleine Stadt Kanadas heimsucht und etliche Todesopfer gefordert hat.

Bakerman gelangt jedoch nicht direkt nach Vancouver, sondern findet sich einem Waldstück einige Meilen vor den Stadttoren wieder. Die Schwäche, die seinen Körper ans Bett gefesselt hat, ist von ihm abgefallen, aber er weiß, dass die Zeit ihm davonrinnt und jede Sekunde wertvoll ist. Eine Holzhütte ist das Erste, auf das er stößt. Das Grauen will aber auch in der Vergangenheit nicht von ihm weichen: In dem kleinen Haus findet er einen blutig niedergeschlagenen Mann und einen weiteren, der gerade durch die Hintertür flieht und das Weite sucht. Bakerman kann dem Opfer nicht mehr helfen. Um mit seinem neumodischen Äußeren nicht aufzufallen, bleibt ihm aber nichts anderes übrig, als dessen Kleidungsstücke anzulegen.

Dumm nur, dass die nächste Person, der er begegnet, die Kleidung dem Verstorbenen zuordnen kann. Bakerman kann ihn gerade bewusstlos schlagen, als der oberste Polizeiinspektor Vancouvers vorbeikommt. Dieser merkt jedoch nichts, so dass Bakerman sich ihm auf dem Weg in die Stadt anschließen kann und so einiges über das genaue Datum erfährt und auch über die Person, die er durch die Zeitreise finden will: Pandialo. Er ist der Schlüssel zum Unsterblichkeitselixier, so viel ist klar, doch Pandialo ist Ende des 19. Jahrhunderts offiziell nicht mehr als ein Wahrsager, der einem Wanderzirkus angehört. Und dieser ist längst aus Vancouver abgereist. Über eine Tänzerin kann Bakerman schließlich die Fährte aufnehmen und dem Wanderzirkus folgen. Doch Verfolger sind ihm dicht auf der Spur und setzen alles daran, um ein Treffen zu verhindern.

_Bewertung_

Die Folge „… dem Winter folgte der Herbst“ hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Ebenso wie die vorige Episode zögert sie den Metaplot in der |Gabriel Burns|-Reihe einmal mehr heraus und beginnt einen völlig neuen Handlungsstrang. Das spricht zwar für deren Komplexität und steht auch ganz im Zeichen der bisherigen Serien, in der Elemente immer erst sehr viel später wieder aufgegriffen worden sind, hat aber dennoch einen schalen Beigeschmack. Schließlich kann der Reiz auch wieder verloren gehen, wenn ein zentrales Motiv, in diesem Fall die Erkenntnis Steven Burns über seine Herkunft und sein Wesen in Folge 23, komplett in den Hintergrund rückt und nicht mehr beachtet wird. Ein Ende ist also nicht in Sicht, doch die Hoffnung stirbt zuletzt, dass die Haupthandlung in Kürze weiter an Fahrt gewinnt. Ungeachtet dieser Verzögerungstaktik, die man natürlich auch unter dem Gesichtspunkt sehen kann, dass es mit der Geschichte noch lange weitergehen soll, ist die Episode „… dem Winter folgte der Herbst“ gelungen und überzeugend übergesetzt.

In einigen früheren Folgen ist bereits mit der Verknüpfung historischer Ereignisse und der Gegenwart ein interessanter Ansatz verfolgt worden, der nun erneut genutzt wurde, um die Geschichte anhand zweier Zeitstränge zu verweben. Dabei ist nicht die Reise in die Vergangenheit an sich das, was die Folge ausmacht, sondern die Auswirkungen der in der Vergangenheit ausgeübten Handlungen, die mit der Gegenwart verwoben werden. Obwohl der Schwerpunkt auf dem Vancouver des 19. Jahrhunderts liegt, findet das Finale im jetzigen Vancouver statt.

Die Einbindung des geschichtlichen Hintergrunds in Form des Feuers, das Vancouver vor 120 Jahren heimgesucht hat, wirkt passend und ergänzt die Episode um ein weiteres gewinnbringendes Motiv. Die Sprecher, Geräuschkulisse und Musik sind wie eh und je erstklassig und machen den Trip in die Vergangenheit zu einem unterhaltsamen Hörgenuss. Eigenartig klingt nur die Stimme Steven Burns‘. Obwohl sich seine Passagen in dieser Folge im Rahmen halten, spricht er mit leicht veränderter Klangfarbe. Bloßer Zufall, die ungewollten Nebenwirkungen eines schlechten Tages oder einer Erkältung oder steckt doch mehr dahinter? Hoffentlich geben die nächsten Folgen eine Antwort – oder auf eine der anderen Fragen, die noch offen sind.

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|Siehe ergänzend dazu auch unsere Besprechungen zu den aktuellen Buchveröffentlichungen|

[„Gabriel Burns: Die Grauen Engel“ 3892
[„Gabriel Burns: Verehrung“ 3960

Sassenberg, Volker – Gabriel Burns – Der Erste der Zehn (Folge 24)

Das Geheimnis um Steven Burns‘ Gabe ist, zumindest teilweise, aufgedeckt. Er ist ein Grauer Engel – ein Geschöpf, das er sich stets geschworen hatte zu bekämpfen. Und nicht nur das, Steven ist sogar der erste von ihnen, der gefallene Engel Gabriel. Ist er nun dazu verdammt, eine willenlose Figur im Spiel der Mächte zu sein, die an den zehn fahlen Orten die Tore ins Jenseits und der Hölle öffnen wollen, damit unaussprechliche Kreaturen die Erde verschlingen können? Ist Steven der Schlüssel, der das Grauen nicht verhindert, sondern heraufbeschworen hat? Oder gelingt es ihm, seine Gabe zu nutzen, seine Kräfte zu regulieren und die zehn fahlen Orte stattdessen zu versiegeln? Steven muss es herausfinden, und zwar schnell, denn Vancouver steht kurz vor dem Fall.

_Vorgeschichte: Folgen 1 bis 23_

Vancouver: Steven Burns, erfolgloser Schriftsteller, hält sich mehr schlecht als recht als Taxifahrer über Wasser. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er an den geheimnisvollen Bakerman gerät – oder treffender: als Bakerman Steven kontaktiert, um ihn in ein mysteriöses Projekt einzuweihen, das sich unheimlicher Phänomene angenommen hat. Warum Bakerman, der dieses Projekt leitet, gerade Steven für seine Pläne auserkoren hat, wird dem Schriftsteller in dem Moment klar, als er an seinen Bruder Daniel zurückdenkt. Dieser verschwand nämlich im Alter von vier Jahren auf seinem Geburtstag, als Steven ihn bat, in eine Kiste zu steigen und einen Zaubertrick über sich ergehen zu lassen. Doch das Resultat war kein harmloses Kinderspiel, denn Daniel war plötzlich wie weggezaubert und blieb spurlos verschwunden.

Obwohl Bakerman auf die Geschehnisse von Stevens geheimnisvoller Zaubergabe anspielt, bleibt er ihm die Antworten schuldig. Und wenn er etwas herausrückt, dann nur sehr spärlich und darauf bedacht, die wahren Hintergründe im Dunkeln zu lassen. Denn Bakerman möchte Stevens Fähigkeiten erst einmal testen und eine Vertrauensbasis aufbauen. So schickt er ihn über den gesamten Globus; immer dort hin, wo auf eigenartige Weise Menschen verschwinden, von gefährlichen Experimente berichtet wird oder scheinbare Naturphänomene ans Tageslicht treten.

Steven Burns zur Seite stehen Joyce Kramer und Larry Newman, die das Viererteam um Bakerman komplettieren. Joyce ist bereits seit vielen Jahren ein treuer Verbündeter Bakermans und stellt seine Pläne nicht in Frage. Larry hingegen ist erst kurze Zeit nach Steven zur Mannschaft gestoßen, als sich der frühere Forstbeamte in den Wäldern von Yukon widernatürlichen Phänomenen ausgesetzt sieht und daraufhin beschließt, das Böse zu bekämpfen. Die zehn fahlen Orte sind es, die Steven Burns, Bakerman, Joyce und Larry in Atem halten. Orte, an denen das Böse zum Vorschein kommt und Tore in eine andere Welt geöffnet werden sollen, um die Menschheit durch Kreaturen aus der Hölle zu vernichten.

Steven weiß nun, wer er ist, oder vielmehr was er ist. Jetzt liegt es an ihm, dieses Wissen für sich zu nutzen und den Kampf aufzunehmen. Die Zeit rennt.

_Inhalt_

Folge 24 „Der erste der zehn“ der |Gabriel Burns|-Reihe knüpft direkt an die vorige Folge an. In einem kurzen Rückblick erwacht Steven Burns aus seiner psychedelischen Horrorvision und findet sich in dem mittlerweile leer stehenden Gefängniskomplex von Fairlane wider. An genau diesem Ort hat ihn Bakerman einst als kleines Kind gefunden. Kann das Zufall sein? Völlig durcheinander und von Stimmen in seinem Kopf verwirrt, sucht sich Steven seinen Weg nach draußen und irrt dort durch die ebenso verlassene und öde Wildnis. Alles ist menschenleer, nirgends ist ein Dorf zu sehen. Glücklicherweise gelingt es ihm schließlich, Larry zu kontaktieren, der ihn mit Hilfe der vagen Umgebungsbeschreibung tatsächlich nach Tagen der Suche findet. Mit dem Wagen, einem alten Landrover, geht es wieder Richtung Heimat.

Steven bleibt wortkarg und lauscht während der Fahrt dem Radio. In den Nachrichten ist von einer Quarantänezone in Bukarest die Rede. Niemand weiß etwas Genaues. Larry kann Steven jedoch darüber in Kenntnis setzen, dass Bakerman und Joyce in die Region geflogen sind, um sich vor Ort über die tatsächlichen Hintergründe zu informieren. Für einen kurzen Augenblick im Gespräch vertieft und abgelenkt, bemerkt Larry nicht, wie plötzlich eine Frau auf der Fahrbahn steht. Der Landrover erwischt sie noch, doch als Larry anhält, scheint die Frau unverletzt – sie hat noch nicht einmal einen Kratzer. Einen Augenblick später ist sie spurlos verschwunden.

Steven und Larry vermuten das Schlimmste und halten an einem nicht weit entfernten Bistro an der Straße an. Die Bedienung in dem heruntergekommenen Schuppen reagiert nervös, von der Frau auf der Straße will sie aber nichts gesehen haben. Steven entdeckt jedoch draußen auf dem Parkplatz eine Frau oder besser gesagt, von einem parkenden LKW auf dem Parkplatz verdeckt, nur deren Füße und Beine. Doch er hat keinen Zweifel, dass es sich um dieselbe Person handelt. Auf alles vorbereitet, geht er nach draußen und erlebt dort wahrhaftig eine Überraschung.

Im Wechsel zum ersten Handlungsstrang, und nur lose durch die Radionachricht mit diesem verbunden, wird in einem zweiten die Perspektive auf Bakerman und Joyce gerichtet. Sie sind bereits in Bukarest angekommen und wollen einen Kontaktmann treffen, um an Informationen über die Absperrungen mehrerer Ortsteile zu kommen und ihre These, Bukarest könne einer der zehn fahlen Orte sein, zu untermauern. Anstatt ihren Kontaktmann zu treffen, finden sie am vereinbarten Treffpunkt, einer Wäscherei, jedoch nur Leichen vor. Es sieht alles danach aus, als ob jemand mit aller Macht verhindern will, dass nicht das kleinste Gerücht nach draußen dringen.

Während sich die beiden in dem Gebäude umsehen, bemerken sie, wie ein Wagen vor dem Haus hält. Mehrere schwer bewaffnete Männer kommen heraus und wollen die Wäscherei stürmen. Bakerman und Joyce bleibt nur die Treppe nach oben, wo ihr Weg sie aufs Dach führt. Dort finden sie tatsächlich ihren Kontaktmann, der ihnen verrät, dass ihm keine andere Wahl blieb, als sie in eine Falle zu locken. Aber er steht noch immer auf ihrer Seite. So fasst er einen lebensmüden Plan und wirft sich den nach oben stürmenden Männern in den Weg, um Bakerman und Joyce die Flucht über eine Feuerleiter zu ermöglichen.

Sie können tatsächlich türmen und alles in die Wege leiten, um mit einem Hubschrauber aus der Stadt geflogen zu werden. Zur ihrer Überraschung gibt ihnen das, was sie dort aus der Luft sehen, mehr Antworten als alle Nachforschungen, die sie bisher eingeholt haben. Eine riesige Traube an Menschen, geistig kontrolliert von ausgesandten Funkwellen, hat sich vor einem meterhohen Feuer versammelt und wirft sich selbst in die Flammen. Noch bevor die beiden realisieren, was dort vor sich geht, verliert auch ihr Pilot die Kontrolle über seinen Geist und steuert direkt auf das Feuer zu.

_Bewertung_

Nach den Antworten auf eine der wichtigsten Fragen der gesamten |Gabriel Burns|-Reihe, die in der letzten Folge gegeben worden sind, muss „Der erste der zehn“ ein schweres Erbe antreten. Dies gelingt der Episode erwartungsgemäß nicht. Man merkt den beiden Geschichten an, dass sie nur als Überleitung dienen und nicht mehr sind als ein bloßes Zwischenspiel. Doch darin erfüllen sie durchaus ihren Zweck und erhöhen die Erwartungshaltung auf die kommenden Ereignisse in Vancouver nur noch stärker. Die Handlung rund um Steven spielt sich lediglich auf der – zugegebenermaßen langen – Landstraße zwischen Fairlane und Vancouver und einem an der Straße gelegenen Bistro ab. Sie erfüllt nur den Zweck, dass Steven hier zum ersten Mal bewusst und von ihm selbst gesteuert die Möglichkeiten nutzt, die ihm als Grauer Engel zur Verfügung stehen. Ein erster Eindruck also, wie Steven fortan kämpfen wird und auch kämpfen muss, um gegen die wirklichen Gegner zu bestehen.

Die Ereignisse in Bukarest tragen da schon mehr zum Metaplot bei, wenngleich sie nur schildern, wie die Vorbereitungen um die zehn fahlen Orte allmählich ihre Wirkung zeigen.

Etwas schade ist, dass beide Handlungslinien so gut wie nicht miteinander verknüpft sind und in eine Folge gepackt werden mussten, weil sie einzeln nicht genug hergegeben hätten. So bleibt es also bei einem kurzen Intermezzo und der Hoffnung, dass die Geschichte bald wieder an Fahrt gewinnt. Aber „Der erste der zehn“ deutet unweigerlich darauf hin.

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[„Gabriel Burns: Die Grauen Engel“ 3892
[„Gabriel Burns: Verehrung“ 3960

Sassenberg, Volker – Gabriel Burns – Bereit (Folge 23)

Die |Phase: Fleisch| ist mit Folge 22 abgeschlossen worden. Doch diese Phase hat nur am Anfang gestanden und keineswegs das Ende der |Gabriel Burns|-Hörspielreihe markiert. Im Gegenteil, das Grauen wird nun konkreter und die Geheimnisse, die sich im Laufe der Episoden angesammelt haben, harren darauf, endlich gelüftet zu werden. So steht „Bereit“, die nunmehr 23. Folge der Mystery-Reihe, ganz im Zeichen der Offenbarungen und verspricht seinen Hörern, die lang ersehnten Antworten zu geben – selbstverständlich nur häppchenweise und innerhalb eines angemessenen Spannungsbogens. Schließlich soll das Hörspielerlebnis nicht mit einem Mal zu Ende gehen.

_Vorgeschichte: Folgen 1 bis 22_

Vancouver: Steven Burns, erfolgloser Schriftsteller, hält sich mehr schlecht als recht als Taxifahrer über Wasser. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er an den geheimnisvollen Bakerman gerät – oder treffender: als Bakerman Steven kontaktiert, um ihn in ein mysteriöses Projekt einzuweihen, das sich unheimlicher Phänomene angenommen hat. Warum Bakerman, der dieses Projekt leitet, gerade Steven für seine Pläne auserkoren hat, wird dem Schriftsteller in dem Moment klar, als er an seinen Bruder Daniel zurückdenkt. Dieser verschwand nämlich im Alter von vier Jahren auf seinem Geburtstag, als Steven ihn bat, in eine Kiste zu steigen und einen Zaubertrick über sich ergehen zu lassen. Doch das Resultat war kein harmloses Kinderspiel, denn Daniel war plötzlich wie weggezaubert und blieb spurlos verschwunden.

Obwohl Bakerman auf die Geschehnisse von Stevens geheimnisvoller Zaubergabe anspielt, bleibt er ihm die Antworten schuldig. Und wenn er etwas herausrückt, dann nur sehr spärlich und darauf bedacht, die wahren Hintergründe im Dunkeln zu lassen. Denn Bakerman möchte Stevens Fähigkeiten erst einmal testen und eine Vertrauensbasis aufbauen. So schickt er ihn über den gesamten Globus; immer dort hin, wo auf eigenartige Weise Menschen verschwinden, von gefährlichen Experimente berichtet wird oder scheinbare Naturphänomene ans Tageslicht treten.

Steven Burns zur Seite stehen Joyce Kramer und Larry Newman, die das Viererteam um Bakerman komplettieren. Joyce ist bereits seit vielen Jahren ein treuer Verbündeter Bakermans und stellt seine Pläne nicht in Frage. Larry hingegen ist erst kurze Zeit nach Steven zur Mannschaft gestoßen, als sich der frühere Forstbeamte in den Wäldern von Yukon widernatürlichen Phänomenen ausgesetzt sieht und daraufhin beschließt, das Böse zu bekämpfen. Die zehn fahlen Orte sind es, die Steven Burns, Bakerman, Joyce und Larry in Atem halten. Orte, an denen das Böse zum Vorschein kommt und Tore in eine andere Welt geöffnet werden sollen, um die Menschheit durch Kreaturen aus der Hölle zu verschlingen.

Auf einer ihrer letzten Expeditionen hat es das Team dabei nach Vietnam verschlagen, wo die bisherigen Ereignisse um die fahlen Orte zusammengelaufen sind. Doch Steven und Co. haben es nicht verhindern können, dass die erste Phase, die Phase der Fleischwerdung, abgeschlossen worden ist. Doch an Aufgabe ist nicht zu denken: Der Kampf hat gerade erst begonnen …

_Inhalt_

Folge 23 „Bereit“ startet mit einem Rückblick. Bakerman ist in einer schottischen Kneipe in Edinburgh mit einem Norman Osgood in eine Schachpartie verwickelt, die er für sich entscheiden kann. Nicht nur einmal, jede Revanche gewinnt Bakerman für sich – bis Osgood die Beherrschung verliert und seine Waffe zieht. Doch Bakerman ist schneller und kann sein Gegenüber mit einem Messer zur Strecke bringen. Doch den Tod Osgoods hat er nicht gewünscht. Osgood war kein Bösewicht, sondern nur ein verwirrter Irrer, den er nicht ermorden wollte. Bakermane schwört sich, nie wieder hierher, nach Edinburgh zurückzukehren. Aber die Dinge nehmen ihren Lauf und zwingen ihn, ebendies Jahrzehnte später zu tun.

Bakerman ist mit dem Zug in Schottland unterwegs zum Rannoch Moor, wo er Stevens Eltern einen Besuch abstatten will. Mitten im sumpfigen Morast kommt der Zug durch die Notbremse zum Stehen und Bakerman erkennt im Moor eine Gestalt, die ihn an Osgood erinnert. Entgegen aller Warnungen steigt er aus und tritt tatsächlich einer Osgood, allerdings einer Laura Osgood entgegen. Sie hat von Bakermans Anreise erfahren und will ihren vor Jahren getöteten Vater rächen. Bakerman will Osgood beruhigen, doch die Frau reagiert völlig apathisch. Als sie sich plötzlich in einen Grauen Engel verwandelt, weiß Bakerman, dass er einen Fehler gemacht hat. Es ist zu spät. Als er in eine Moorgrube geschleudert wird und spürt, wie sein Körper nach unten gezogen wird, sieht er bereits sein Leben an ihm vorbeirauschen.

Szenenwechsel: Steven ist zu Besuch bei seinen Eltern und bereitet sie darauf vor, dass Bakerman in Kürze eintrifft, da er sie ein weiteres Mal über Daniel befragen möchte. Seine Eltern führen eine Jugendherberge in dieser düsteren Gegend und kommen mehr schlecht als recht über die Runden. Viel zu besprechen hat Steven mit ihnen über Bakermans anstehenden Besuch hinaus jedoch nicht, denn seine Aufmerksamkeit wird schnell von dem Mädchen namens Anny eingenommen. Sie leidet unter Epilepsie und wird von Stevens Mutter betreut. Es ist aber nicht die Krankheit, die ihn stutzen lässt. Anny wird nämlich nächstens in ihren Träumen von Geistern heimgesucht, von den toten Kindern aus Moat Palon. Und eine Frau sei ihr erschienen, die ihr angekündigt habe, sie bald ebenso wie die anderen Kinder zu verschleppen. Steven ist beunruhigt und glaubt dem Mädchen. Obwohl er in der kommenden Nacht bei ihr im Zimmer bleibt, kann er nicht verhindern, dass sie am nächsten Morgen verschwunden ist.

Die Ereignisse überschlagen sich. Steven sieht eine Verbindung zwischen Anny und seinem Bruder Daniel und sucht ortskundige Führer auf, die ihn nach Moat Palon, einer alten Brückenanlage weit draußen im Moor, bringen soll. Zwischenzeitlich taucht auch Bakerman auf, völlig von vertrocknetem Schlamm bedeckt. Doch die Zeit rennt davon und Erklärungen über Bakermans Erscheinen müssen warten. Als die beiden endlich Moat Palon erreicht haben, wittern sie bereits die Falle. Aber es ist zu spät zur Umkehr und Steven fühlt, dass er hier Antworten finden kann. Dann taucht plötzlich wieder Laura Osgood auf und verwandelt sich erneut in einen Grauen Engel. Bakerman will fliehen, doch Steven hat es satt, immer wieder wegzurennen. Er will kämpfen und hält direkt auf das Ungeheuer zu – als es sie beide in ihrer Berührung verschluckt, zu einem Ort, an dem Steven endlich erfährt, wer er wirklich ist.

_Bewertung_

„Bereit“ leitet eine neue Phase in der Hörspielreihe „Gabriel Burns“ ein. Mussten Steven und sein Team bisher in Erfahrung bringen, mit welchen Widersachern sie es zu tun haben, welche Monstrositäten diese Welt bedrohen und welche Geheimnisse darauf warten, gelüftet zu werden, so geht mit Folge 23 ein kleiner Bruch daher. Die zehn fahlen Orte sind bekannt, die Zeit des Abwägens vorüber. Jede Sekunde zählt, und so ist Stevens Verhalten, nicht länger vor seinen Gegnern davonzulaufen, sondern sich den Gefahren zu stellen, von einer schlüssigen und gut vorbereiteten Charakterentwicklung gezeichnet. Vor allem im letzten Drittel der Folge erfährt der Hörer endlich, was es mit dem Protagonisten auf sich hat und die Reihe eigentlich „Gabriel Burns“ und nicht Steven Burns heißt. Man konnte sich zwar schon durch den ein oder anderen Hinweis seine Gedanken machen, doch die Auflösung kommt wirklich überraschend und als fesselnder Höhepunkt der Folge 23 daher.

Nicht nur das Finale in einer psychedelischen, wunderschön umgesetzten Albtraumsequenz, die wirklich alle Vorzüge eines Hörspiels ausreizt, macht „Bereit“ zu einer gelungenen Episode. Auch die in sich abgeschlossene Handlung kann überzeugen. Es ist zwar schade, dass Stevens Eltern nur kurze Gastrollen bekommen haben, doch die überzeugende und einfühlsame Geschichte der kleinen Anny lässt diese Tatsache in den Hintergrund rücken. Ihr Verschwinden und das, was mit ihr schließlich auf Moat Palon passiert, angeleiert durch Laura Osgood, zeigen einmal mehr die Unbarmherzigkeit von Stevens Burns‘ Widersachern. Das alles ist effektvoll in Szene gesetzt und ein Hörspielgenuss erster Güte.

Wer sich noch nicht |Gabriel Burns| angehört hat, sollte dies spätestens mit dieser Folge tun. Nur wird er dann nicht umhin kommen, sich die vorigen Episoden zu besorgen. Ein Metaplot, wie er spannend begann, in der Mitte einige Hänger hatte, nun jedoch wieder völlig zu überzeugen weiß, macht die Serie zu einem wahren Erlebnis, das noch viel Raum für weitere spannende Episoden lässt.

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[„Gabriel Burns: Die Grauen Engel“ 3892
[„Gabriel Burns: Verehrung“ 3960

Gloge, Andreas / Sassenberg, Volker – Gabriel Burns: Verehrung

Band 1: [„Die Grauen Engel“ 3892

Menschengenerationen sterben aus, ganze Bevölkerungen gehen zugrunde und einstige Hochkulturen werden Geschichte. Neue Zivilisationen entstehen, größer und mächtiger, und müssen eines Tages auch wieder zerbrechen. Nur etwas überdauert die Zeiten, überlebt die Epochen in anderer Gestalt zwar, doch ist stets allgegenwärtig: das Grauen, das die Menschen anzieht, sie das Fürchten lehrt und schließlich vernichtet.

1135 vor der aktuellen Zeitrechnung: Ein junger Priester opfert seine Schwester am Platz der Tränen, tief im Dschungel Südamerikas. Die Lehren der Priester der Schlange verlangen es so. Doch als der Mann in sein Dorf zurückkehrt, um seine Tat zu verkünden, wirkt es wie ausgestorben. Dort, wo vor wenigen Stunden noch emsiges Treiben herrschte, hat sich die Stille des Todes über den Ort gelegt. Hat er seine Schwester umsonst im Auftrag jener getötet, denen das Schicksal seines Dorfes gleichgültig ist?

Nach Antworten suchend, findet er einen kleinen Jungen, der am Fuße der nahen Tempelpyramide steht. In sein hart gezeichnetes Gesicht hat sich ein wissendes Lächeln geschlichen. Und er berichtet dem jungen Mann, dass er nun Letzter seines Volkes sei. Und nach seinem Tod würde sich die Prophezeiung endlich erfüllen.

_Vom Hörspiel zum Roman_

Mit „Verehrung“ liegt der zweite Roman vor, der vor dem Hintergrund des Gabriel-Burns-Universums angesiedelt ist. Gabriel Burns, das ist ein Hörspiel im Stil eines Mystery-Thrillers, der von der Konzeption her nah an den Verschwörungsgehalt von Akte X angelehnt wirkt, wenngleich die thematische Ausrichtung eine völlig andere ist. Produzent Volker Sassenberg, der sich durch |Point Whitmark| bereits einen Namen gemacht hat, hat |Gabriel Burns| zum einen durch die stellenweise brutale und blutige Erzählweise, zum anderen aber auch durch eine äußerst komplexe Metahandlung, die den Hintergrund der Serie umspannt, auf ein erwachsenes Publikum hin ausgerichtet. Die Folgen sind zwar in sich abgeschlossen, verfolgen jedoch einen Hauptstrang, dessen erste Phase mit Folge 22 abgeschlossen wurde. Ein Ende ist jedoch noch lange nicht in Sicht.

Während der erste Roman „Die Grauen Engel“ die Vorgeschichte erzählte und das Leben von Protagonist Steven Burns als erfolglosem Schriftsteller und Taxifahrer schilderte, spielt der zweite Roman „Verehrung“ zur selben Zeit wie die Hörspielreihe. „Verehrung“ schließt also nicht an die Geschehnisse des Romandebüts an, sondern greift einen Nebenplot auf, der irgendwo in die ersten 20 Folgen integriert werden kann. Da die Verknüpfungen zur Haupthandlung nur lose sind, lässt sich dieses Buch problemlos ohne großartiges Vorwissen lesen und bietet zugleich eine abgeschlossene Handlung. Natürlich nicht, wie es die Gabriel-Burns-kundige Hörerschaft bereits kennt, ohne einige Fragen offen zu lassen, die Spekulationen und Fortsetzungen aller Art erlauben. Doch wenn alle Fragen geklärt wären, wäre es ja auch kein Mystery-Thriller mehr.

_Inhalt_

Das Team um Steven Burns, Bakerman, Joyce Kramer und Larry Newman trifft sich im Fairmont Hotel, direkt gegenüber dem Flughafen von Vancouver gelegen. Bakerman, der Kopf der kleinen Gruppe, die sich mysteriöser Erscheinungen auf der ganzen Welt angenommen hat, präsentiert auf wie immer verschwörerische Weise seinen neuesten Auftrag. Es geht um Calakmul, eine Maya-Sieldung tief im mexikanischen Urwald, die 1931 entdeckt worden ist. Zurzeit arbeitet Bakermans Bekannte, eine gewisse Dr. Yolanda Fuentes, in der Ausgrabungsstätte (wobei das Verhältnis zwischen Bakerman und Fuentes mehr ist als bloß ein rein freundschaftliches).

Dass der Maya-Tempel gut verborgen und nur selten von Touristen aufgesucht wird, liegt nicht nur an dessen versteckter Lage: Viele Mythen ranken sich um diesen Ort, von denen einige grausame Opferungen und blutige Rituale beinhalten. Kein Ort, der für Touristenführungen prädestiniert ist. Und ein Ende der Verschwörungstheorien ist dabei noch nicht abzusehen, zumal ein Großteil der heutigen Ruinenstadt noch verborgen liegt und etlicher weiterer Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte bedarf, um vollständig freigelegt und erforscht zu werden.

Der Grund, warum die Forschungsleiterin Bakerman um Hilfe gebeten hat, ist jedoch anderswo zu suchen. In der letzten Woche sind vier Mitarbeiter bei den Ausgrabungsarbeiten verschwunden. Aber die Polizei zu kontaktieren, wäre zu riskant. Schließlich weisen die Funde von Skulpturen und Figuren, die bisher gemacht worden sind, auf eine Epoche hin, in der die Maya-Kultur noch gar nicht existiert haben kann. Viele Abbildungen weisen nämlich erschreckende Ähnlichkeiten mit Dinosauriern auf. Doch wie konnten die Ureinwohner, die vor 2500 Jahren diese Figuren anfertigten, Dinosaurier darstellen, die vor Millionen von Jahren ausgestorben sind? Und noch erschreckender, einige Funde weisen sogar Ähnlichkeiten mit Grauen Engeln auf, jenen Gestalten, die Burns und sein Team schon mehrfach mit den zehn fahlen Orten in Verbindung bringen konnten – weltweiten Plätzen, an denen das Böse in unsere Welt dringt.

Die Zeit drängt, und so reisen Burns und Bakerman nach Mexiko, um sich die Ausgrabungsstätte genauer anzusehen. Kramer und Newman hingegen werden von Bakerman beauftragt, eine dieser Grauen-Engel-Figuren nach Toronto zu Jean-Paul Legrand, einem Experten für alte Kulturen, zu bringen, damit dieser ihnen neue Hinweise geben kann, die zu einer Erklärung der seltsamen Zufälle führen.

Doch sowohl in Mexiko als auch Toronto trifft das Team auf eine Mauer aus Schweigen. Niemand will mehr als nötig über die Figur und die Zwischenfälle in dem Expeditionscamp berichten. Als die wahren Hintergründe endlich ans Licht kommen, ist es für Burns und Co. schon fast zu spät. Denn sie werden längst von den Nachfahren der untergegangene Maya-Kultur beschattet. Und diese sind nicht gewillt, ihr Geheimnis zu offenbaren, bei dem Steven Burns eine entscheidende Rolle spielen soll.

_Bewertung_

„Verehrung“ kommt als kurzweilige Zwischenepisode daher, die den Gabriel-Burns-Hauptplot um eine exotisch angehauchte Geschichte um die Geheimnisse eines Maya-Tempels erweitert. Im Gegensatz zum Romandebüt „Die Grauen Engel“ sind Autor Andreas Gloge und Gabriel-Burns-Erfinder Volker Sassenberg als Co-Autor dieses Mal für diejenigen Leser, die die Hörspielreihe nicht kennen, behutsamer vorgegangen. Denn trotz vieler Anspielungen lässt sich der Roman auch ohne Hintergrundwissen verständlich nachvollziehen und bietet eine solide, in sich abgeschlossene Handlung. Als hätten sie einen neuen Weg beschreiten wollen, präsentiert sich auch der Buchumschlag in leicht verändertem Layout. Nur schade, dass |Ullstein| sogar das Buch um rund einen Zentimeter länger gemacht hat und der Sammler bereits nach nur zwei Romanbänden kein einheitliches Bild im heimischen Bücherschrank vorfindet.

Ungeachtet dieser Ungereimtheiten präsentiert sich „Verehrung“ aber wesentlich ausgereifter als sein Vorgänger. Der Plot ist, wenn auch aufgrund der Kürze von nur 190 großzügig bedruckten Seiten nicht sonderlich tiefgründig, klar strukturiert und schlüssig aufgebaut. Die Spannung muss nicht aus schnellen Perspektivwechseln und abgespeckten Dialogen aufgebaut werden, sondern entfaltet sich durch die Geschichte selbst. Die beiden Erzählstränge werden ab der Mitte der Handlung zusammengeführt und laufen auf ein Finale zu, das jeden Gabriel-Burns-Fan zufriedenstellen wird. So viel sei verraten: Die Möglichkeiten, die ein alter Maya-Tempel und eine untergegangene Kultur bieten, werden gut genutzt und zu einem spektakulären Finale gebracht.

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Hartung, Manuel J. – Uni-Roman, Der

Die Universitätslandschaft hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Die Einführung der Studienbeiträge von 500 Euro pro Semester in einigen Bundesländern und die Umstellung der alten Studiengänge auf Bachelor und Master-Fächer sind nur die sichtbarsten Veränderungen. Die digitale Archivierung kompletter Buchbestände, Kosteneinsparungen durch effizientere Energienutzung und das mit Protesten verbundene Zusammenlegen oder gar Streichen ganzer Fakultäten sind weitere Themen, welche die Professoren, die Angestellten und nicht zuletzt auch die Studenten beschäftigen. Doch was macht die heutige Studienzeit neben diesen Umwälzungen wirklich aus? Welche Erinnerungen, wenn der Student von heute in zwanzig Jahren an die schönste Zeit seines Lebens zurückdenkt, schießen ihm tatsächlich durch den Kopf? Wohl eher wilde Studentenpartys, die chaotischen Mitbewohner und überfüllte Hörsäle, in denen auch auf dem Boden kein Platz mehr zum Sitzen bleibt.

„Der Uni-Roman“ nennt sich das Buch, das Antworten auf diese und viele weitere Fragen geben will. Schon nach den ersten Seiten wird klar: Hier handelt es sich nicht um eine pseudo-wissenschaftliche Untersuchung, die außer hohlen Phrasen nur aufgeblähte Luft hinterlässt. Vielmehr wird das Uni-Leben so sarkastisch und bitterböse, aber zugleich treffend und witzig abgebildet, dass sich jeder Leser, der zumindest für einige Semester in einer Universität eingeschrieben war, sofort zwischen den Zeilen wiederfindet.

_Zum Autor_

„Der Uni-Roman“ ist Manuel J. Hartungs Debütroman, doch keineswegs sein erster Ausflug in die schreibende Zunft, denn er begann nach seinem Abitur eine beeindruckende Karriere. Nach der Ausbildung an der Henri-Nannen-Journalistenschule wurde er jüngster Redakteur der |ZEIT|. Mit Jahrgang 1981 bei einer solch renommierten Zeitung zu arbeiten, zeugt von Talent. Kein Wunder, dass er während seines drauffolgenden Studiums (Geschichte, Psychologie und Jura) weiter journalistisch tätig war und Kolumnen über sein Studentenleben schrieb. „Der Uni-Roman“ entstand anhand der eigenen Erfahrungen an der Universität Bonn, während eines Auslandssemesters in Amerika.

_Inhalt_

Obwohl als Abbild des Studentenlebens konzipiert, durchzieht den Roman ein roter Faden, der die einzelnen Abschnitte zusammenhält. Markus ist Politikstudent, Erstsemestler an der Uni Bonn und, wie jeder Frischling, völlig ahnungs- und orientierungslos. Doch seine Mitbewohner können oder wollen ihn nicht durch den Uni-Dschungel begleiten. Maja, die Streberin der Wohngemeinschaft, ist auf Exkursion und leider für mehrere Tage ausgeflogen. Paul, der sportliche Typ, entrinnt den Problemen lieber und dreht seine Runden am Rhein, um sich fit zu halten. Und Rudi, Markus dritter Mitbewohner, studiert zwar wie er Politik, hat jedoch eine Party hinter sich und das Bedürfnis nach Sex und Schlaf. Durchaus in dieser Reihenfolge, denn eine Bekanntschaft des Abends hat er mit auf sein Zimmer genommen.

Markus bleibt also nichts anderes übrig, als sich alleine durchzukämpfen. Glücklicherweise nicht allzu lange, denn die Uni wimmelt nur so von Studenten, denen es nicht besser geht. Schließlich ist die Orientierungslosigkeit nicht nur ein Phänomen der Erstsemestler, auch wenn diese im höheren Semester eher als Planlosigkeit aufzufassen ist.

Sein erster Tag führt Markus in das Institut für Politik und politische Philosophie, um sich in das Seminar des Privatdozententen Dr. Wolfgang Krepp M. A. (Emmmm-Aahaah) einzuschreiben. Obwohl er gut zwei Stunden vor Anmeldungsbeginn beim Geschäftszimmer eintrifft, hat sich bereits eine wartende Studentenkolonne in den stickigen Gängen eingefunden. Als Nummer 37 muss er sich auf die bereits inoffiziell herumgehende Liste setzen, doch die Höchstteilnehmerzahl ist auf 30 begrenzt. Krepp erscheint zwei Stunden später pünktlich, setzt in seiner Güte die Teilnehmerzahl auf 35 und vertröstet die übrigen Studenten auf sein anderes Seminar oder auf nächstes Semester.

Markus beschließt, es für das andere Proseminar zu Internationalen Beziehungen noch einmal zu probieren, dann aber fünf Stunden vorher, auch wenn er dafür gegen vier Uhr in der Nacht aufstehen und in der Kälte vor dem zu dieser Zeit noch geschlossenen Institut ausharren muss. Zum Glück nicht allein, denn Anna, eine Kommilitonin aus dem dritten Semester, die er bei Krepps erster Anmeldestunde kennengelernt hat, will es ihm gleichtun. Und er lernt in den ersten Tagen nicht nur Anna, sondern eine Vielzahl weiterer Studenten kennen, die die gesamte Bandbreite der universitären Klischees bedienen. Da sind Scheitel, der mit seinem gelackten Äußeren wie der Oberguru einer Burschenschaft daherkommt, Chekka aus dem 21. Semester, der lässig und locker, aber gleichwohl völlig verplant und desillusioniert anmutet, und Hannes, der als 17-Jähriger sein Abi mit eins Komma null gemacht hat und sich nun für den Verein Latein sprechender Menschen stark macht. Aufgestylte Juristinnen, die sich auf Freundesfang nach einem frisch gekürten Doktoranten begeben, um nicht doch noch zu Ende studieren zu müssen, und kuttentragende Metaller, die ihre Liebe zu |Manowar| auch auf dem Campus kundtun, runden das illustre Bild ab.

Doch das Uni-Leben bringt nicht nur Spaß, sondern auch Probleme. Denn als sich Markus immer mehr zu seiner Kommilitonin Anna hingezogen fühlt, mit der er einen Großteil seiner Freizeit verbringt, und erfahren muss, dass sie bereits eine Fernbeziehung zu einem Freiburger führt, sucht er seinen Trost bei der fakultätsbekannten Jasmin, die mit jedem Jungen schon was hatte. Dumm nur, dass Anna ihn beim Knutschen mit Jasmin auf einer Party erwischt und Markus danach aus dem Weg geht.

_Bewertung_

Manuel J. Hartung gelingt es, spitzzüngig und treffend die deutsche Universitätslandschaft zu beschreiben. Aus Sicht des Durchschnittsstudenten Markus erlebt der Leser das Chaos eines Erstsemestlers und sein Aufeinandertreffen mit universitären Sitten und Bräuchen mit, die, ironisch dargestellt und stellenweise ins Absurde gezogen, immer wieder zu einem Schmunzeln anregen. Nicht vorrangig durch die Gags, an denen es im Roman wahrlich nicht mangelt, sondern durch die zynische Art, wie Hartung das Uni-Leben in Worte fasst. Jeder Student wird sich in den Situationen wiederfinden und an langweilige Vorlesungen, schlecht vorbereitete Professoren und heruntergeleierte Referate erinnern. Aber nicht nur die Institution Uni und ihre Professoren bekommen ihr Fett weg. Hartung lässt es sich nicht nehmen, selbstkritisch seine Studentenzeit zu reflektieren und die Eigenarten dieses wissbegierigen Grüppchens zu analysieren. Er thematisiert die fehlende Entscheidungsfähigkeit der Studenten, die ihr Studium nur als Chance sehen, die Wahl für ihre berufliche Zukunft um fünf Jahre nach hinten zu schieben, und stellt sich die Frage, wieso sie den Stoff ihrer Professoren unkritisch in sich aufsaugen, keine Widerworte geben und stillschweigend hinnehmen, dass sie für die Anmeldungen in Seminare bis zu fünfstündige Wartezeiten in Kauf nehmen.

Doch Hartung hütet sich, den moralischen Zeigefinger zu heben, sondern präsentiert seinen Roman als unterhaltsame Lektüre, aus der jeder so viel ziehen kann, wie er möchte. Unpassend erscheint nur die Liebesgeschichte, die ab der zweiten Hälfte des Romans die Handlung bestimmt und das universitäre Leben, auch wenn sie sich vor deren Kulisse präsentiert, in den Hintergrund drängt. Dennoch, „Der Uni-Roman“ ist ein großartiges Abbild der deutschen Uni-Landschaft geworden, das seinem polemischen Titel keineswegs gerecht wird und jedem empfohlen werden kann, der sein Studium einmal aus einer anderen Sicht betrachten oder noch einmal an die Institution Uni zurückkehren möchte.

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Stackpole, Michael A. – Zum Helden geboren

Unüberwindbar mutet die Bannmauer für jeden an, der zum ersten Mal vor ihr steht. Ein magischer Wall zum Schutz des Imperiums. Denn während das imperiale Reich die alles einnehmende Ordnung verkörpert, ein System, das nach strikt geordneten Bahnen und Regeln verläuft, für deren Einhaltung seine Bewahrer bis in den Tod gehen, fließt hinter der Mauer das ungezügelte Chaos. Wer die Mauer von der imperialen Seite betrachtet, kann nicht anders, als sie als ein Meisterwerk zu bezeichnen, das die Stärke und Einheit des Imperiums symbolisiert. Auf der anderen Seite jedoch, wo das Chaos herrscht, wirkt sie bedrohlich und einengend – als die Umzäunung eines Gefängnisses, dem es zu entkommen gilt.

Viele Dämonen sind an der Mauer gescheitert und umgekommen, als sie versucht haben, diese zu durchdringen. Doch die Chaosmächte geben nicht eher auf, bis sie die Wände der Ordnung eingerissen haben. Immerhin haben sie einen bedeutsamen Vorteil auf ihrer Seite: Ihre wilde, ungeordnete Taktik entspringt einem Geist, in den sich die imperialen Kräfte niemals hineindenken können.

Und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Schwachstelle der Bannmauer überwunden ist. Vraska, ein Brutkind aus den Lenden eines legendären Dämonenfürsten, überlebt den Vorstoß eines Tages. Als erster Dämon betritt er die Welt der Menschen und will sie fürchten lehren für all die Jahre hinter der dem Wall.

_Zum Autor_

Michael A. Stackpole hatte sich mit Romanen für die |Star Wars|- und |Mechwarrior|-Buchreihen einen Namen gemacht, bevor er mit |Düsterer Ruhm| eine eigene Fantasysaga kreierte. Mit „Zum Helden geboren“ legt er ein Einzelwerk vor, das in keiner der früheren Welten spielt, durch die Verknüpfung von düsterer Endzeit mit klassischen |Sword and Sorcery|-Elementen jedoch wie ein Mix aus den bisher bekannten Settings daherkommt. „Zum Helden geboren“ erschien bereits 2002 im |Heyne|-Verlag, fünf Jahre nach der amerikanischen Ausgabe, und ist nun bei |Piper| mit neuem Cover wiederveröffentlicht worden.

_Inhalt_

Lachlan, ein junger Mann, der von allen nur Locke genannt wird, wächst in einem kleinen Ort namens Felsenschnell in der Provinz Garik auf. Zusammen mit seinen zwei Brüdern wird er von seinem Großvater Audin aufgezogen und zum Krieger ausgebildet. Sein Großvater ist hart, doch immer fair und handelt im besten Gewissen, seine Jungs zu starken Persönlichkeiten zu machen. Er soll eines Tages durch die Lande ziehen und die dämonischen Bedrohungen bekämpfen – so, wie es auch Lockes Vater Cardew einst getan hat. Bei einer Mission durch die Chaoslande kam dieser jedoch nie zurück und hinterließ seine Söhne in der Obhut des Großvaters. Obwohl das genaue Verbleiben Cardews bis zum heutigen Tag ungeklärt geblieben ist und niemand genau weiß, welch Schicksal ihm im Chaos zuteil wurde, gehen alle von seinem Tod aus. Bis auf Locke, den, obwohl er seinen Vater nie persönlich kennen gelernt hat, die Hoffnung antreibt, seinen Vater eines Tages doch noch lebend zu finden.

Die Hoffnung, nicht zuletzt aber auch seine List und sein Geschick sind es, die es Locke ermöglichen, einen Wettkampf gegen seine körperlich überlegenen Brüder zu gewinnen. Sein Großvater Audin hat den Wettbewerb veranstaltet, um den Besten von ihnen in seinem Namen in die Hauptstadt Herakopolis zu schicken. Dort veranstaltet der Imperator ein großes Fest, auf dem Locke seine Großmutter Evadne begleiten und Audin vertreten soll.

Der Abschied fällt Locke schwer, doch als er seine Heimat verlassen und sich einer vorbeiziehenden Karawane angeschlossen hat, beginnt er, aus dem Schatten seines Großvaters zu treten und sich all jene Fertigkeiten anzueignen, die ihn Audin nicht lehren konnte. Auf der Karawane lernt er den rauen, aber ehrlichen Roarke kennen, der ihm viel von der Welt und den Dämonen erzählen kann. Und das Chaos ist auf der Reise bereits viel gegenwärtiger, denn einige weitere Gefährten, die schon in den Chaoslanden gekämpft haben, weisen Entstellung auf, die sich in aus der Haut wachsenden Stacheln oder Fangzähnen manifestiert haben. Trotz der offensichtlichen Gefahren, die das Chaos birgt, treibt Locke immer mehr der Wunsch, selbst zur Bannmauer aufzubrechen und auf der anderen Seite nach seinem Vater zu suchen. Zu dem Zeitpunkt weiß er allerdings noch nicht, dass er diesem Wunsch bereits sehr viel näher ist.

Schließlich trifft Locke in der Hauptstadt ein, in der er seine Großmutter besucht und sich mit ihren Bediensteten, vor allem der lebensfrohen Marija, anfreundet. Während diese ihm Stadt zeigt, erfährt Locke, dass ein dem Chaos nahestehender Mann samt seiner Familie grauenvoll ermordet, ausgeweidet und anschließend verspeist worden ist. Zudem erfährt er, dass ein Dämon von einer Gruppe Krieger nach Herakopolis verfolgt worden ist, dort jedoch untertauchen konnte. Das Geflecht zieht sich allmählich zusammen. Doch noch immer ist nicht klar, ob es sich tatsächlich um einen Dämonen handelt, denn die Bannmauer gilt weiterhin für Dämonen als unpassierbar.

Als letztendlich auf dem großen Fest des Imperators mitten im Eröffnungstanz ein bösartiger Zauberer erscheint und das Chaos verbreitet, und kurze Zeit später auch der Dämon auftaucht, ist Locke sich seines Ziels gewiss: Er will in die Chaoslande gehen und dort das Übel an der Wurzel bekämpfen. Nicht nur für sich, nicht nur für seinen Vater, sondern für die ganze Menschheit. Denn er ist zum Helden geboren.

_Bewertung_

„Zum Helden geboren“ fängt verheißungsvoll an. Ein junger Mann, der sich unter seinen älteren Brüdern benachteiligt fühlt, bekommt durch den Sieg eines von seinem Großvater ausgerufenen Wettstreits die Chance, seine Familie auf dem Fest des Imperators zu vertreten und die Welt kennenzulernen. Ebenso wie Locke, jener besagte junge Mann, lernt auch der Leser die Welt Schritt für Schritt kennen. Zunächst nur das Dorf, dann auf der Reise in die Hauptstadt die Verstrickungen um das Chaos, die durch die Geschichten der Karawanen-Reisenden vor dem geistigen Auge Kontur gewinnen, und schließlich die Hauptstadt selbst, die sich als farbenfroher Gegensatz zur Einöde und tristen Kargheit des übrigen Landes präsentiert.

Doch während die Handlung weiter in der Hauptstadt verläuft und sich nur gemächlich, und zwar viel zu gemächlich entfaltet, beginnt die düstere, zunächst gelungen anmutende Fassade der Welt zu bröckeln, die letztendlich doch nur eine leicht abgewandelte Variante des ausgelutschten Gut-gegen-Böse-Schemas in Form von Imperium und Chaos darstellt. Stackpole gelingt es nicht mehr, den Leser mitzureißen, und kann die Erwartungen, die er durch die drohenden Konflikte der ersten Seiten aufbaut, nicht mehr einhalten. Die Geschichte flacht zu einem Einheitsplot ab, der jegliche überraschenden Wendungen verliert und ab dem Fest des Imperators in der Mitte des Romans zielgerichtet auf das bereits zu erahnende Finale zusteuert.

Anstatt die Spannung zu halten, die den Leser durch die Augen des Protagonisten Locke in Form von Geschichten über die Welt jenseits Felsenschnells und dem Chaos an den Roman zu fesseln beginnt, verliert sich der Autor in Nebensächlichkeiten und merkt erst viel zu spät, dass er wieder auf die Haupthandlung zusteuern muss. Während ihm dies nach 250 Seiten bewusst wird, mag der ein oder andere Leser schon abgesprungen sein. Derjenige, der weiterliest, erfährt tatsächlich eine Steigerung. Allerdings nur eine kleine, die keine bewegenden Plotwendungen mehr enthält und ein Ende abliefert, das den Roman entsprechend abschließt, aber nicht befriedigt.

„Zum Helden geboren“ hätte deutlich mehr Potenzial gehabt, denn Stackpole kann allein durch mitreißende Dialoge Stimmung aufbauen. Er braucht keine seitenlangen Landschaftsbeschreibungen, um die Welt entstehen zu lassen. Der schwache Plot lässt jedoch die guten Ansätze verblassen und den Roman im Mittelmaß versinken.

http://www.piper-verlag.de/boulevard/

_Michael A. Stackpole auf |Buchwurm.info|:_

[„Das verlorene Land“ 1036 (Saga der neuen Welt 1)
[„Der Kampf um die alte Welt“ 2238 (Saga der neuen Welt 2
[„Geisterkrieg“ 145 (Mechwarrior Dark Age 1)
[„Der große Kreuzzug“ 748 (Düsterer Ruhm 6)
[„Der Weg des Richters“ 1047
[„Es war einmal ein Held“ 1672
Star Wars Sonderband 34 – X-Wing Rogue Squadron: [„Die Thronerbin“ 3338

Gloge, Andreas / Sassenberg, Volker – Gabriel Burns: Die Grauen Engel

Drei Morde innerhalb einer Woche, und Augenzeugen wollen in der Nähe geflügelte, grauenvolle Wesen gesehen haben. Die Angst geht um in Vancouver, geschürt von den Medien, die nur noch von den „Fliegenden Schatten“ berichten. Zeitgleich beschäftigt das spurlose Verschwinden von Kindern die Öffentlichkeit. Direkt aus den Krankenhäusern geraubt, oder einfach nur entflohen? Niemand weiß Genaues, doch wer genau hinsieht, kann von zufälligen Ereignissen nicht mehr ausgehen. Vancouver, an der Westküste Kanadas gelegen, ist einer der zehn fahlen Orte, an denen das Grauen ausbrechen wird. Die Vorbereitungen laufen. Doch der Widerstand erwacht.

_Vom Hörspiel zum Roman_

|Gabriel Burns| hatte einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Wiederentdeckung eines Genres gehabt, das mit der Zurückdrängung der Audio-Kassette in einen Tiefschlaf verfallen war: das Hörspiel. Seit mehreren Jahren sind die Hörspiele, nunmehr auf CD, wieder auf dem Vormarsch und haben eine breite Fanbasis hinter sich versammelt. |Gabriel Burns| bedient hierbei den Sektor der Mystery-Thriller und ist von der Konzeption her nah an den Verschwörungsgehalt von „Akte X“ angelehnt, wenngleich die thematische Ausrichtung eine völlig andere ist.

Produzent Volker Sassenberg, der sich durch |Point Whitemark| bereits einen Namen gemacht hat, hat |Gabriel Burns| zum einen durch die stellenweise brutale und blutige Erzählweise, zum anderen aber auch durch eine äußerst komplexe Metahandlung, die den Hintergrund der Serie umspannt, auf ein erwachsenes Publikum hin ausgerichtet. Die Folgen sind zwar in sich abgeschlossen, verfolgen jedoch einen Hauptstrang, dessen erste Phase mit Folge 22 abgeschlossen wurde. Ein Ende ist jedoch noch lange nicht in sich.

Ganz im Gegenteil, denn mit „Die Grauen Engel“ liegt mittlerweile der erste Gabriel-Burns-Roman von den Herausgebern Volker Sassenberg und Andreas Gloge vor, der zeitlich kurz vor Beginn der Hörspielreihe angesiedelt ist und auf die kommenden Ereignisse einschwört. Kenntnisse der Hörspielserie sind zwar für die Lektüre nicht erforderlich, allerdings mehr als sinnvoll, um die zahlreichen Anspielungen und Verbindungen zu verstehen, auf die im Roman eingegangen wird.

_Inhalt_

Steven Burns, die Hauptfigur der Hörspielreihe, befindet sich in einer Midlife-Crisis. Obwohl erst um die 30 Jahre alt, hat er bereits das Gefühl, ziellos durchs Leben zu gehen und keine Erfolge zu erzielen – sowohl beruflich als auch privat. Er muss sich seinen Unterhalt als Taxifahrer verdienen, denn mit der Schriftstellerei, seiner eigentlichen Leidenschaft, hat er es bisher zu nichts gebracht. Seine Veröffentlichungen sind allesamt Ladenhüter gewesen, so dass er auf das Wohlwollen seines Verlegers Sunny Heseltine angewiesen ist, im Übrigen der Vater einer seiner früheren Liebschaften.

Als Heseltine Burns auf die Morde der letzten Woche anspricht und um eine Story über die „Fliegenden Schatten“ bittet, hinter der sein Verleger eine geschmacklose, aber gewinnbringende Fundgrube vermutet, ist Burns zunächst abgeschreckt. Missmutig willigt er schließlich aber doch ein, denn es könnte, so grotesk und abstoßend die Mordfälle auch sein mögen, seine Chance bedeuten, endlich wahrgenommen zu werden. Schlechte Presse ist immer noch besser als gar keine. So macht sich Steven Burns auf die Suche nach Hinweisen und recherchiert bei der Witwe des kürzlich getöteten Opfers Carl. Die Erkenntnis, in einen Sumpf des Verbrechens einzudringen, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt, kommt jedoch zu spät. Burns will das Geheimnis um die mysteriösen Geschöpfe aufdecken, doch viele mächtige Personen und Behörden sehen Burns Tatendrang gar nicht gern.

Zeitgleich wird in zwei weiteren Erzählsträngen die Trudeau-Kommission um Mr. Bakerman und Joyce Kramer eingeführt. Die Kommission, die aus einer Grauzone zwischen geheimer und öffentlicher Organisation heraus agiert, ist einst durch den kanadischen Premierminister Trudeau ins Leben gerufen und nach dessen Tod von dem geheimnisumwobenen, glatzköpfigen Bakerman fortgeführt worden. Auch Bakerman will die Morde, die im Zusammenhang mit den geflügelten Geschöpfen stehen, aufklären. Er hat dabei einen enormen Wissensvorsprung, war doch das letzte Opfer Carl einer seiner engsten Mitarbeiter und besaß die Gabe der Vorausdeutung. Dass es der Graue Engel nur zufällig auf genau diesen Mann abgesehen hat, will Bakerman erst glauben, wenn er die wahren Hintergründe zu diesen Morden kennt.

Nicht bloß aus reiner Vorsicht beauftragt er seine treue Untergebene Joyce Kramer, die anderen Mitglieder der Kommission im Auge zu behalten und herauszufinden, ob der Feind möglicherweise aus den eigenen Reihen agiert. Bakerman selbst macht sich derweil zu dem Bühnenmagier Charlie auf, der sich als Bauchredner mit seiner Puppe Chap verdingt. Da Charlie ihm noch einen Gefallen schuldet, weist er ihn an, einen gewissen Steven Burns im Auge zu behalten. Denn dieser besitzt ebenfalls eine Gabe, von der Burns selbst noch nichts weiß. Doch genau diese Gabe könnte ihm zum Verhängnis werden, sollten es die „Fliegenden Schatten“ tatsächlich auf einen gewissen Menschenschlag abgesehen haben.

_Bewertung_

„Die Grauen Engel“ liefert die Vorgeschichte zur Hörspielreihe und wirft den wissbegierigen Fans einige neue Informationsbrocken zu, die, ebenso wie der kurzweilige Roman, schnell verschlungen werden. Der Appetit ist angeregt, das Grummeln im Magen verstummt, aber satt ist man noch lange nicht. Auch wenn einige Antworten gegeben werden, wirft der Roman mindestens ebenso viele neue Fragen auf. Damit ist auch klar, was die Buchreihe und sein Auftakt bewirken sollen: die Erfolgsmaschine |Gabriel Burns| weiter antreiben und ein crossmediales Netz spannen, das über das reine Hörspielerlebnis hinausgeht.

Inhaltlich und stilistisch bietet „Die Grauen Engel“ gelungene Kost. Die drei Erzählstränge, sieht man von einigen Zwischenepisoden ab, in denen einige bereits aus den Hörspielen bekannte Nebenfiguren verfolgt werden, werden flott vorangetrieben. Man verliert sich nicht in ruhigen Passagen und stillen Momenten, sondern gibt von der ersten Seite an Vollgas und reiht die Ereignisse in schneller Abfolge aneinander. Szenenwechsel folgt auf Szenenwechsel, mehr als zehn Seiten bleiben kaum einem der Protagonisten zur Verfügung. So kommen Burns, Bakerman und Kramer kaum dazu, sich über die Situation Gedanken zu machen, sondern werden von einem Schauplatz zum nächsten gehetzt. Die Dialoge sind kurz und dienen nur des Informationsaustausches, alles andere ist nebensächlich und wird knallhart rausgekürzt. Der stellenweise elliptische Satzbau verstärkt den Eindruck auf der formalen Ebene und führt dazu, dass man als Leser sprichwörtlich durch den Roman peitscht. Auch wenn nicht ständig Action herrscht, steht der Leser wie die Hauptfiguren fast immer unter Strom.

So sind die 200 Seiten schnell durchgelesen. Ein gutes Zeichen, denn langweilig ist die Lektüre nie gewesen. Aber auch Fastfood ist schmackhaft, und kann dann doch nicht befriedigen. An dem Gabriel-Burns-Slogan – „Es ist der Trip und nicht die Ankunft“ – ist also durchaus etwas dran. Für eine kurzweilige Unterhaltung und zur Ergänzung der Hörspielreihe okay und durchaus sinnvoll. Für die folgenden, bereits angekündigten Romane sollte der Trend aber von der leichten Lese-Kost in „Die Grauen Engel“ zu etwas gehaltvollerer Lese-Nahrung führen, die auf Dauer einfach besser sättigt.

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Ulrich Kiesow – Dämmerung (Das zerbrochene Rad 1; DSA-Hörbuch)

„Das zerbrochene Rad“ gilt unter Kritikern und Fans des Rollenspiels |Das Schwarze Auge| als einer der besten Romane, welche die Spielwelt bisher hervorgebracht hat. Bei nunmehr knapp 100 Titeln unterschiedlichster Autoren ist die Auswahl da keineswegs an einer Hand abzählbar. Die Spannweite reicht da von kurzweilig und nett bis hin zu literarischen Vergewaltigungen, die zu Recht vergessen worden sind und selbst die eingefleischten Fans nicht überzeugen konnten. Doch es gab seit dem Beginn der 1985 gestarteten Buchreihe immer wieder ein paar wenige Perlen, die zu lesen es sich auch für Liebhaber fantastischer Lektüre lohnte, die mit dem Rollenspiel an sich nicht viel verband.

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Stroud, Jonathan – Drachenglut

Jonathan Stroud gehört zurzeit für das Genre der fantastischen Jugendbücher zu den angesagtesten Schriftstellern Großbritanniens. Doch Stroud hat sich längst in ganz Europa und darüber hinaus einen Namen gemacht. Mit der [Bartimäus-Trilogie 353 hat er eine großartige Jugendbuchreihe abgeliefert, die zu Recht mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet und beim Lesepublikum begeistert aufgenommen wurde. Mit „Drachenglut“ hat Boje nun ein früheres Werk des Autors veröffentlicht, das in England bereits 1999 erschien ist.

Obwohl es auf dem Buchrücken als „Fantasy vom Feinsten“ angepriesen wird, sollte der Leser keinen Vergleich zu „Bartimäus“ ziehen, um nicht anschließend enttäuscht zu werden. „Drachenglut“ richtet sich zwar aufgrund der einfachen Sprache auch vorrangig an junge Leser, doch der Roman spielt im Gegensatz zu „Bartimäus“ in der realen Welt und weist nur einige wenige fantastisch-mystischen Elemente auf – auch wenn dies das optisch ansprechende Cover mit einem glühenden Drachenauge und der Klappentext auf dem Buchrücken aus verkaufstechnischen Gründen nicht unbedingt zu erkennen geben.

_Inhalt_

Tom Aubrey ist erst seit kurzem Pfarrer des kleinen Ortes Fordrace und schon jetzt mit seiner hektischen Art bei einigen der verschlafenen Gemeindemitgliedern nicht so gut angesehen. Er bringt neues Leben in die Gemeinde hinein und damit genau das, was die konservativen Dörfler am wenigsten wünschen. Die Startschwierigkeiten sind jedoch plötzlich alle vergessen, denn mit einem eigenartigen Fund ändert sich die Situation drastisch. Bauarbeiter, die das Fundament der Kirche ausbessern und die zum Teil maroden Wände stützen wollen, stoßen nämlich über einen im Erdreich vergrabenen Gegenstand. Nachdem der Pfarrer informiert und die Grube gesichert ist, stellt sich der Fund als riesiges Kreuz heraus, das mit feinen Reliefs versehen ist. Der eingravierten Symbolik nach könnte es aus der Keltenzeit stammen – lange bevor das Dorf gegründet wurde. Leider ist einer der Balken abgebrochen, so dass das Kreuz nicht vollständig geborgen werden kann.

Dennoch ist das Dorf Feuer und Flamme und alle Bewohner sind in Aufruhr. So etwas hat man hier lange nicht mehr erlebt. Die Presse stürzt sich gierig auf jede noch so kleinen Neuigkeit und Museumswärter reisen extra aus der Nachbarstadt an, um das Kreuz so schnell wie möglich untersuchen zu können. Tom fühlt sich in seinem Element und genießt es, sich vor der Gemeinde als fähiges Kirchenoberhaupt beweisen zu können.

Doch die Erfolgsmomente schwinden genauso schnell, wie sie gekommen sind. Nur einen Abend nach dem grandiosen Fund wird in der Kirche eingebrochen. Zunächst scheint nichts gestohlen, doch dann bemerkt Pfarrer Tom Aubrey, dass aus dem gegrabenen Loch ausgerechnet das fehlende Balkenstück entfernt wurde. Das kann kein Zufall sein, irgendjemand will nicht, dass die Bewohner mehr über die Funktion des Kreuzes in Erfahrung bringen kann. Vom Ehrgeiz gepackt, forscht der Pfarrer auf eigene Faust nach und gerät immer mehr hinter die Geheimnisse des keltischen Kreuzes.

Parallel zur Handlung um Tom wird die Perspektive auf eine weitere Person namens Michael gerichtet. Auch er wohnt wie Tom Aubrey in Fordrace. Zusammen mit seinem Bruder Stephen und seiner älteren Schwester Sarah, die im Übrigen eine Beziehung zu Tom pflegt, versucht er sein Leben ohne den schützenden Einfluss seiner Eltern zu arrangieren. Michael spaziert gerne zum Wirrin, einem Höhenrücken etwas abseits gelegen, um dort die Seele baumeln zu lassen und seinen Gedanken nachzuhängen. So auch an dem Tag, an dem das Kreuz ausgegraben wird. Dies hätte er besser nicht getan, denn was er nicht weiß, ist, dass unter dem Wirrin seit Jahrhunderten ein Drache schlummerte – der nun durch die Aushebung des Kreuzes erwacht. Zwar kann er sich noch nicht selbst erheben, aber er schickt Michael seine düsteren Träume und kann auf ihn eine Macht übertragen, die ihm besondere, äußerst machtvolle Fähigkeiten verleiht.

Michael ist zunächst völlig überfordert und kann seine Kräfte nicht richtig einordnen. Verstört kehrt er zu Stephen und Sarah zurück. Diese erkennen ihren Bruder nicht wieder. Sie vermuten sogar, dass er zu Drogen gegriffen hat. Doch Michael lässt Stephen schließlich in seine Augen blicken und zeigt ihm, was nun tief in seinem Inneren brodelt: die Macht des Drachen, die sich in seinen nun rötlich pulsierenden Pupillen widerspiegelt.

Die Fäden von Tom und Michael laufen schließlich beide zusammen und die vier Hauptcharaktere finden sich in einem Strudel der Ereignisse wieder, der ihnen alles abverlangt. Und nicht alle sind stark genug, um sich dem Angebot einiger düsterer Gesellen, den Drachen aus seinem Schlaf zu wecken, entgegenzustellen.

_Bewertung_

Schon nach der Lektüre der ersten Seiten wird klar, dass Jonathan Stroud mit „Drachenblut“ nicht an seinen „Bartimäus“-Erfolg anknüpfen kann. Natürlich lässt sich der vorliegende Roman nicht direkt mit seinem Bestseller vergleichen, da er ein völlig anderes Genre bedient und nur vereinzelt fantastische Motive eine Rolle spielen. Aber sowohl was die Gestaltung der Charaktere, des Plots als auch der Stilistik angeht, spielt der Roman in einer deutlich niedrigeren Liga. Dies sollte nicht heißen, dass „Drachenblut“ ein schlechtes Buch geworden wäre. Im Gegenteil, die Hauptfiguren sind sympathisch und werden miteinander in eine spannende Konstellation gesetzt. Zwar bleiben sie, nicht zuletzt durch die Kürze des Romans, insgesamt recht blass, ihre Motivationen sind allerdings stets nachvollziehbar. Auch die Geschichte vermag den Spannungsbogen bis zum Ende zu halten. Da im Laufe des Geschehens immer mehr Geheimnisse um die Symbolik und Bedeutung des Kreuzes gelüftet werden, die die Ereignisse in ein neues Licht rücken, fiebert der Leser mit Tom, Michael, Stephen und Sarah und ihren jeweiligen Interessen. Überraschungen und unerwartete Wendungen darf man nur wenige erwarten, und selbst diese sind meist vorhersehbar. Dafür gestaltet sich der Plot dann doch zu klassisch. Stroud beherrscht also sein Handwerk und hält den Leser bei der Stange; ihn faszinierend in seinen Bann zu schlagen, gelingt ihm aber nicht.

Als größter Minuspunkte muss dabei auch das Ende gewertet werden, das leider den geweckten Erwartungen nicht entsprechen kann, ein anderer finaler Ausgang wäre wünschenswerter gewesen.

_Fazit_

Wer seine Ansprüche nicht zu hoch ansetzt und keinen neuen „Bartimäus“ erwartet, wird mit „Drachenglut“ gut unterhalten. Der Roman erreicht auf keiner Ebene den Witz und Charme von Strouds Bestseller, sondern präsentiert sich lediglich als nette Unterhaltungsliteratur – nicht mehr und nicht weniger.

Das Buch ist solide geschrieben, die Übersetzung ins Deutsche ordentlich und für einen entspannten Lesenachmittag durchaus zu empfehlen. Eine Meisterleistung ist Stroud jedoch nicht geglückt. Zu bedenken gilt hier, dass es eben etliche Jahre vor seinem großen Wurf erschienen ist. Dass der Roman in Deutschand nachveröffentlicht worden ist, lässt sich unter dem Gesichtspunkt von Strouds wachsender Beliebtheit durchaus nachvollziehen – aber eher unter verkaufstechnischen als unter qualitativen Gründen.

http://www.boje-verlag.de/
http://www.drachenglut-dasbuch.de/

Sassenberg, Volker – Abseits der Wege. Kapitel 1: Unweit

Hörspiele liegen voll im Trend. Ob entspannt im Wohnzimmer, als Alternative zur Nachtlektüre im Bett oder nebenbei während der Autofahrt, ihr Einsatzgebiet ist äußerst variabel und mittlerweile zu einer Alternative des Buchs oder Fernsehprogramms geworden. Während der Bedarf des Mystery- und Krimigenres durch zahlreiche, qualitativ hochwertige Hörspielserien weitgehend gedeckt ist, sieht es auf dem Fantasy-Sektor noch eher mager aus. Doch hier stehen bereits zwei Produkte in den Startlöchern. Während die Umsetzung Robert A. Salvatores [Saga vom Dunkelelf 2978 schon eine die breite Leserschar hinter sich weiß und speziell die |Dungeons & Dragons|-Fans anspricht, muss „Abseits der Wege“ aufgrund fehlender literarischer Vorlage ohne eine solche Basis anfangen. Bewusst spärlich sind die Vorabinformationen gesät, geheimnisvoll die wenigen Sätze, die die Handlung der Pilotfolge „Kapitel 1 – Unweit“ auf der CD-Rückseite umschreiben. Ein Blick auf den Regisseur klärt jedoch schnell auf, denn der zuständige Volker Sassenberg ist mit der Horrorreihe „Gabriel Burns“, die auch bei null anfangen musste, schon ein großer Erfolg gelungen, nicht zu vergessen „Point Whitmark“. Wird ihm dies mit „Abseits der Wege“ auch gelingen?

_Inhalt_

Die knapp 80 Minuten lange erste Folge beginnt betont düster und unheimlich. Erst ertönt eine hauchende, liebliche Frauenstimme und kündet mit verschwörenden Worten von drohenden Zeiten, dann unterhalten sich zwei anfänglich noch unbekannte Männer über ein nahendes Grauen, das sich an den Grenzen des Landes zusammenzieht. Das Weltenwerk breitet sich aus. Der Hörer bleibt im Unklaren, vieles ist beim ersten Durchgang verwirrend und kaum nachzuvollziehen. Doch die Grundstimmung, und damit das wesentliche Element dieser Pilotfolge, kommt klar und deutlich rüber: Etwas Großes wird geschehen und die Welt für immer verändern.

Nach dem Intro, von einer orchestralen Filmmusik unterlegt, geschieht ein Bruch und die Perspektive wird auf die Hauptperson Gaston Glück gelegt, gesprochen von Timmo Niesner (u. a. deutsche Synchronstimme von Frodo/Elijah Wood). Gaston ist der Sohn des Wirtes Tebald, der im Dörfchen Tiefensee ein gut besuchtes Gasthaus führt. Tiefensse ist mitten in den Vorbereitungen zu einem großen Fest und das ganze Dorf dementsprechend in Aufruhr. Von den Geschehnissen draußen in der Welt und den großen Städten des Landes bekommen die Dörfler kaum etwas mit, denn ihr Zuhause liegt weit abseits der Handelsrouten im Wald versteckt. So haben sich die Bewohner ihre kleine, naiv anmutende Welt erhalten und kümmern sich nicht um das, was ihnen von einsameren Wanderern ab und an über den König und seine Taten an die Ohren dringt.

Gaston ist in bester Laune. Er will an dem großen Rennen, dem Höhepunkt des Festes, teilnehmen und hat sich daher seine Freunde Dunring (Stefan Krause, Synchronstimme von Pippin/Billy Boyd) und Halmir (Hannes Maurer) geschnappt, um mit ihnen auf Gnomjagd zu gehen. Diese Geschöpfe sind zwar schwer zu fangen, aber mit einem flinken und gewitzten Gnom hätte Gaston gute Chancen, bei dem Rennen zu gewinnen. Tatsächlich finden die drei Jungen schließlich einen Knorpelgnom (gesprochen von Volker Sassenberg persönlich), ein hässlich aussehendes Wesen, und bringen ihn in einem Sack versteckt zum Dorf zurück. Doch Gaston kommt nicht dazu, sich über seinen Fund zu freuen, denn die Ereignisse überschlagen sich plötzlich. Ein Purpurner Prüfer ist nach Tiefensee gekommen und verlangt einen Führer, der ihn ins nahe gelegene Dorf Katenbrunnen bringt. Gaston kann sich nicht erinnern, jemals einer solchen Gestalt begegnet zu sein. Von Geschichten am Kamin weiß er lediglich, dass solche Prüfer vom König geschickt werden, um nach Spuren des Weltenwerks zu suchen. Nur warum sollte so einer, denkt sich Gaston, ausgerechnet nach Tiefensee gekommen sein, wo es noch nie merkwürdige Vorkommnisse gab? Gaston bleibt nichts anderes übrig, als den Purpurnen Prüfer auf Wunsch seines Vaters nach Kaltenbrunnen zu führen, während sich seine Freunde um die Vorbereitungen für das Fest kümmern. Wenn er schnell genug zurück ist, verspricht ihm sein Vater, wird er die Feierlichkeiten noch von Anfang an mitbekommen.

Der Purpurne Prüfer gibt sich bedeckt ob seines Auftrags, und so kann ihm Gaston auf seinem Weg zum Nachbardorf keine Geheimnisse entlocken. In Kaltenbrunnen angekommen, ändert sich jedoch die Situation. Das Dorf ist verlassen, überall liegt kniehohes Laub verstreut. Können das die Faiyen gewesen sein, Gestalten von kreideweißer Haut und silbernen Augen, die hier in der Nähe hausen sollen? Noch bevor Gaston Rückschlüsse ziehen kann, findet der Prüfer unter dem Laub einen abgetrennten Arm – den eines Unlichs, der wie ein abgestorbener Baum verrottet und sich in Laub verwandelt. Der Prüfer hat das Unheil, das Weltenwerk gefunden. Während dieser die Spuren begutachtet, stolpert Gaston über den entlaufenen Knorpelgnom. Hat er etwas mit dem Weltenwerk zu tun? Bevor Gaston aus dem Dorf Hilfe holen kann, wird er überrumpelt und in einen Strudel von Ereignissen hineingezogen, die sein Schicksal besiegeln. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als sich den Gefahren zu stellen und sich dem Weltenwerk entgegenzustellen.

_Umsetzung_

„Abseits der Wege“ ist technisch brillant umgesetzt worden. Wie man es von |Universal| gewöhnt ist, gehen hier die guten Leistungen der Synchronsprecher mit überzeugenden Soundeffekten und einer passenden musikalischen Untermalung einher. Volker Sassenberg hat für sein Fantasyprojekt eine Vielzahl bekannter und weniger bekannter Sprecher versammelt, die die Welt zum Leben erwecken. Von dieser Seite hat man alles richtig gemacht.

Obwohl es sich um ein Hörspiel handelt, wird dem Erzähler eine große Rolle eingeräumt. Die meisten gesprochenen Passagen übernehmen natürlich die Sprecher der einzelnen Figuren. Für die deskriptiven Elemente sowie zahlreiche Zwischenpassagen zeichnet sich allerdings der Erzähler aus, der durchaus eine eigene Figur innerhalb der Geschichte darstellt und als eine Art Chronist angesehen werden kann. Mehrmals greift er Ereignisse vor und hält dramaturgisch geschickt die Spannung aufrecht. Ein sinnvolles Mittel, denn die Geschichte selbst ist trotz einiger Actionszenen recht langsam aufgebaut. Dies ist nicht im negativen Sinne, sondern eher als Betonung darauf zu verstehen, dass sich „Abseits der Wege“ mehr an einen kontinuierlich aufgebauten Buchplot denn als einen schnell geschnittenen Film anlehnt.

Die Welt ist, auch wenn nach der ersten Folge nur ein kurzer Blick auf sie erfolgt, von Menschen besiedelt, die die Geschicke des Landes leiten. Dennoch beheimatet sie eine Vielzahl unterschiedlichster Geschöpfe, die von albinoartigen Faiyen bis hin zu den gefährlichen Unlichen reichen. Insgesamt vermittelt die Welt einen realistisch-düsteren Ton. Von abgelutschten Fantasy-Klischees wie herumzaubernden Magiern und mürrischen Zwergen ist in „Abseits der Wege“ glücklicherweise nichts zu spüren. Trotzdem bleibt ein schaler Nachgeschmack, denn die Anleihen an die Vorlage [„Der Herr der Ringe“ 1330 sind nicht zu übersehen. Dies beginnt bereits bei den Stimmen von Gaston und Dunring, die im Kinofilm die Hobbits Frodo und Pippin synchronisieren. Der Aufbau des Handlungsortes, ein abgelegenes Dorf, welches plötzlich von den Geschehnissen überrollt wird, führt zwangsläufig zu einem Vergleich mit dem Auenland. Und dass gerade ein Dorffest stattfindet, ebenso pompös wie Bilbos 111. Geburtstag, setzt dem Ganzen die Krone auf. Es bleibt für die späteren Folgen zu hoffen, dass die Serie hier einen eigenen Weg findet.

_Fazit_

„Abseits der Wege. Kapitel 1 – Unweit“ ist ein gelungener Hörspielauftakt geworden, der Lust auf mehr macht und seinem Anliegen gerecht wird, indem er zahlreiche Fragen aufwirft, die es für die kommenden Folgen zu beantworten gilt. Trotz des etwas dreisten Ideenklaus bei Tolkien versprüht die Pilotfolge bereits ihren eigenen Charme und sollte, sofern sich die Handlung der kommenden Teile noch steigert, eine große Fanbasis finden. Für Hörspiel-Anhänger definitiv zu empfehlen. Fantasyleser, die bisher aus Mangel an guten Hörspielen einen Bogen um dieses Genre gemacht haben, sollten ebenfalls einen Blick, pardon Hörgang wagen.

Erzähler: Heinz Ostermann
Gaston Glück: Timmo Niesner
Dungring: Stefan Krause
Halmir: Hannes Maurer
Myrell: Diana S. Borgwardt
Purpurner Prüfer: Karl Schulz
Tebald Glück: Jürgen Kluckert
Orton Wasserpforte: Reiner Schöne
Motzblatter: Martina Treger
Knorpelgnom Po: Volker Sassenberg
Hauptmann Heldentod: Heinz-Werner Krähkamp
Calypso: Tim Moeseritz
Chronist: Raimund Krone
Lyssandrer: Valentina Singott
Novize: Christian Gaul
Träumende: Maria Sumner

ISBN 3-8291-1863-7
ASIN B000J0SUQC

http://www.abseitsderwege.info
http://www.abseits-der-wege.net
http://www.dg-literatur.de
http://www.karussell.de

[„Kapitel 2: Stromabwärts“ 4207

Luceno, James / Döring, Oliver – Star Wars – Labyrinth des Bösen. Teil 2: Darth Sidious auf der Spur

|Star Wars| ist 30 Jahre alt geworden, so lange ist es bereits her, dass [„Krieg der Sterne – Eine neue Hoffnung“ 686 in den Kinosälen anlief. Als kleines Jubiläumsgeschenk kann man da die Trilogie „Labyrinth des Bösen“ verstehen, die nun auf Grundlage einer literarischen Vorlage von James Luceno als Hörspiel erschienen ist. Denn bei der Umsetzung der äußerst beliebten Romanreihe wurden nicht nur die original Soundeffekte und John Williams‘ Filmmusik benutzt, sondern zugleich sämtliche Synchronsprecher verpflichtet, um das Kino-im-Kopf-Erlebnis perfekt zu machen und echte Star-Wars-Atmosphäre aus den heimischen Lautsprecherboxen zu zaubern.

_Inhalt_

„Star Wars – Labyrinth des Bösen“ ist zwischen Episode II und III angesiedelt. Die Klonkriege haben die gesamte Galaxis in den Krieg gestürzt. Die Separatisten, angeführt von Count Dooku und finanziell unterstützt durch die Handelsförderation, haben eine Droidenarmee errichtet, um die Republik in den Bürgerkrieg zu stürzen und ihre Handlungsunfähigkeit aufzuzeigen. Tatsächlich spalten sich immer mehr Systeme im OuterRim ab und stellen sich auf die Seite der Separatisten. Die Republik ist zum Gegenschlag gezwungen. Um einen schnellen, reibungslosen Ablauf zu gewährleisten und den Krieg nicht unnötig in die Länge zu ziehen, werden Kanzler Palpatine im Senat zahlreiche Rechte zugesprochen, die ihm freie Hand lassen und seine Macht mehr und mehr steigern. Mit einer Klonarmee sollen die Separatisten in ihre Schranken getrieben werden. Der Rat der Jedis äußert Bedenken und betrachtet die Machtansprüche des Kanzlers mit Sorge, beugt sich jedoch schließlich Palpatine. Um die Lage unter Kontrolle zu halten, sind es die Jediritter, die die Klonarmeen auf ihren Feldzügen durch die Galaxis anführen.

In Episode III ist nur noch das Ende der Epoche der Klonkrieg zu sehen und Palpatins Übernahme des Senats als Darth Sidious, die Auslöschung der Jedis und die Kontrolle über Anakin Skywalker, den er als Darth Vader auszubilden gedenkt, findet seinen Höhepunkt in dem Untergang der Republik und der Geburtsstunde des Imperiums. Wie es zu diesem Zerfall kam, welche strategischen Mittel Palpatine aufbot, um den Jedirat zu unterwandern, und wie er Schritt für Schritt Anakin unter seinen Einfluss bringen konnte, werden im Film nur angedeutet und nebenbei erwähnt. Genau hier setzt die Hörspieltrilogie ein und bietet jedem Star-Wars-Fan endlich das perfekte Bindeglied zwischen den beiden Kinostreifen.

_Teil 2: Darth Sidious auf der Spur_

Zum Inhalt von Teil siehe die Rezension zu [„Labyrinth des Bösen Teil 1: Gunrays Geheimnis“. 3291

Der zweite Teil der Hörspiel-Trilogie setzt genau dort an, wo der erste Teil aufgehört hat. Bevor der Hörer jedoch mitten ins Geschehen katapultiert wird, einer fulminanten Weltraumschlacht, wird zunächst der Blick auf ein zurückliegendes Ereignis geworfen. General Grievous, der in dieser Folge eine zentrale Rolle einnimmt und in Episode III ohne Einführung als neuer Bösewicht fungiert, denkt an seinen Unfall zurück. So erfährt der Hörer endlich, warum er im Körper einer Maschine sein Dasein fristen muss. Eigentlich wäre sein Leben nach einem tödlichen Unfall zu Ende gewesen, doch der Bankenclan, eine einflussreiche Gesellschaft, die in Grievous einen angsteinflößenden Führsprecher gefunden hat, hat seine Kontakte zu geonosischen Wissenschaftlern eingesetzt, um Grievous auf ihre Seite zu ziehen.

Zurück in die Gegenwart, wird die Perspektive auf einen Angriff der Separatisten unter Führung von Grievous gelegt, die einen Planeten unter Beschuss nehmen. Doch Obi-Wan und Anakin sind schneller gewesen und konnten, dank der abgefangenen Hinweise durch den Mechno-Stuhl, eine organisierte Evakuierung einrichten. Den Separatisten bleibt nichts anderes übrig als abzudrehen und den Planeten aufzugeben. Grievous ist verärgert und überrascht, doch allmählich dämmert ihm, wer für dieses Debakel verantwortlich ist.

Derweil gehen die Jedis allen Spuren nach, die zu einer Ergreifung von Sidous führen könnten. Obi-Wan und Anakin befreien Thal K’Sar, den Konstrukteur des Stuhls mit dem integrierten Hyperwellensender, und erfahren, dass ein zweiter Sender gebaut wurde – mit dem Zielort einer Hüttenstadt in Coruscant. Yoda und Mace Windu suchen währenddessen Palpatine auf und weihen ihn ein, dass Hinweise zu Darth Sidious aufgetaucht sind. Nicht ahnend, dass Palpatine der gesuchte Sith ist, spielen sie ihm damit genau in die Hände, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Doch noch sind die Jedis ihm auf der Spur, die sie nach der Erforschung der Hüttenstadt bis ins Senatsviertel von Coruscant führt.

_Umsetzung_

„Die spektakuläre Vorgeschichte zu Episode 3“, wie die Hörspiel-Trilogie „Star Wars – Labyrinth des Bösen“ von |Universal| angekündigt wird, hält alles, was sie verspricht. Dank der kompletten Riege der Synchronsprecher, die für die deutsche Stimmen der Star-Wars-Charaktere in den Filmen tätig waren, kommt sofort eine packende Atmosphäre auf. Die Soundkulisse erreicht Kinoqualität und ist, mit entsprechenden Boxen, selbst in Stereo ein Hörgenuss. Glasklare Geräusche, die dank ihrer Bekanntheit aus der Kinovorlage sofort zuzuordnen sind, lassen die Geschichte im Kopf des Hörers entstehen. Der offizielle Soundtrack von John Williams veredelt das Spektakel, läuft während wichtiger Dialoge unaufdringlich im Hintergrund und drängt dann, wenn die Action zunimmt, geschickt nach vorne. Selbst die Handlung ist vielschichtig und intelligent aufgebaut und übertrifft deutlich den Sinngehalt der mitunter platt und unfreiwillig komisch anmutenden Gespräche aus den Kinofilmen. „Labyrinth des Bösen“ schlägt die Brücke zwischen Episode II und III und liefert endlich die Hintergrundinformationen, die man im Kino vermisst hatte.

_Fazit_

Kein Star-Wars-Fan wird umhinkommen, diese Hörspiel-Perle zu erwerben. Ein Produkt höchster Güte und auf einem technisch selten erreichten Qualitätsniveau. Eines muss man George Lukas lassen: Was er als offizielles Produkt abseits seiner Filme zulässt, hat meistens entsprechendes Niveau. „Labyrinth des Böses“ war bereits als Roman empfehlenswert, als Hörspiel übertrifft es sich noch einmal selbst.

|ISBN 3-8291-1884-8 / 978-3-8291-1884-2|
http://www.karussell.de/

Luceno, James / Döring, Oliver – Star Wars – Labyrinth des Bösen. Teil 1: Gunrays Geheimnis

|Star Wars| ist 30 Jahre alt geworden, so lange ist es bereits her, dass [„Krieg der Sterne – Eine neue Hoffnung“ 686 in den Kinosälen anlief. Als kleines Jubiläumsgeschenk kann man da die Trilogie „Labyrinth des Bösen“ verstehen, die nun auf Grundlage einer literarischen Vorlage von James Luceno als Hörspiel erschienen ist. Denn bei der Umsetzung der äußerst beliebten Romanreihe wurden nicht nur die original Soundeffekte und John Williams‘ Filmmusik benutzt, sondern zugleich sämtliche Synchronsprecher verpflichtet, um das Kino-im-Kopf-Erlebnis perfekt zu machen und echte Star-Wars-Atmosphäre aus den heimischen Lautsprecherboxen zu zaubern.

_Inhalt_

„Star Wars – Labyrinth des Bösen“ ist zwischen Episode II und III angesiedelt. Die Klonkriege haben die gesamte Galaxis in den Krieg gestürzt. Die Separatisten, angeführt von Count Dooku und finanziell unterstützt durch die Handelsförderation, haben eine Droidenarmee errichtet, um die Republik in den Bürgerkrieg zu stürzen und ihre Handlungsunfähigkeit aufzuzeigen. Tatsächlich spalten sich immer mehr Systeme im OuterRim ab und stellen sich auf die Seite der Separatisten. Die Republik ist zum Gegenschlag gezwungen. Um einen schnellen, reibungslosen Ablauf zu gewährleisten und den Krieg nicht unnötig in die Länge zu ziehen, werden Kanzler Palpatine im Senat zahlreiche Rechte zugesprochen, die ihm freie Hand lassen und seine Macht mehr und mehr steigern. Mit einer Klonarmee sollen die Separatisten in ihre Schranken getrieben werden. Der Rat der Jedis äußert Bedenken und betrachtet die Machtansprüche des Kanzlers mit Sorge, beugt sich jedoch schließlich Palpatine. Um die Lage unter Kontrolle zu halten, sind es die Jediritter, die die Klonarmeen auf ihren Feldzügen durch die Galaxis anführen.

In Episode III ist nur noch das Ende der Epoche der Klonkrieg zu sehen und Palpatins Übernahme des Senats als Darth Sidious, die Auslöschung der Jedis und die Kontrolle über Anakin Skywalker, den er als Darth Vader auszubilden gedenkt, findet seinen Höhepunkt in dem Untergang der Republik und der Geburtsstunde des Imperiums. Wie es zu diesem Zerfall kam, welche strategischen Mittel Palpatine aufbot, um den Jedirat zu unterwandern, und wie er Schritt für Schritt Anakin unter seinen Einfluss bringen konnte, werden im Film nur angedeutet und nebenbei erwähnt. Genau hier setzt die Hörspieltrilogie ein und bietet jedem Star-Wars-Fan endlich das perfekte Bindeglied zwischen den beiden Kinostreifen.

_Teil 1: Gunrays Geheimnis_

Der erste Teil der Hörspielserie startet, wie es sich für ein Star-Wars-Produkt gehört, mit den Worten „Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …“, dem der von Joachim Kerzel gelesene Prolog folgt. Abgesehen von dieser Stelle sowie einigen wenigen Worten zum Abschluss tritt der Erzähler kein weiteres Mal auf. Ein für ein Hörspiel ungewöhnlicher Zug, müssen doch so die deskriptiven Elemente, die ja im Gegenteil zu den Filmen nicht visuell erfassbar sind, durch die Sprecher bzw. Soundeffekte transportiert werden. Besonders für |Star Wars| hat diese ungewohnte Erzählweise aber große Vorteile. Der Hörer wird sofort in die Welt mitgerissen und lauscht der Geschichte nicht nur distanziert von außen, sondern steht mitten im Geschehen. Hier wird ganz klar deutlich, dass |Star Wars| sich eher, seinen Wurzen entsprechend, als filmisches Hörspiel denn als gelesener Roman präsentiert. Dank bekannter Soundkulissen, die denen aus den Filmen entsprechen, weiß der kundige Fan sofort, wo sich die Helden befinden. Ist dies nicht sofort klar, weist einer der Sprecher innerhalb eines Dialogs darauf hin, unterschwellig und meist so, dass es nicht aufgesetzt wirkt. Der Hörer kann der Handlung also gut folgen und wird nicht aus dem actiongeladenen Szenen herausgerissen, um ihn zunächst über den Ort und die Hintergründe des nun folgenden Abschnitts aufzuklären.

Gunrays Geheimnis katapultiert den Hörer direkt in eine Bodenschlacht, die denen aus der Zelluloidvorlage in nichts nachsteht. Überall kracht und explodiert es, dennoch kann man dem Geschehen, dank Zentrierung auf Obi-Wan Kenobi (Philipp Moog) und Anakin Skywalker (Wanja Gerick), gut folgen. Die beiden Jedis haben sich auf den Weg nach Cato Neimoidia aufgemacht, dem Heimatplaneten von Nute Gunray (Joachim Siebenschuh), einem der Anführer der Handelsförderation. Sie erhoffen sich mit der Stürmung seiner Behausung wertvolle Hinweise auf den Aufenthalt von Count Dooku (Klaus Sonnenschein) und Darth Sidious (Friedhelm Ptok), um die Separatisten mit einer entscheidenden Schlacht in die Knie zu zwingen. Jedes weitere Gefecht, das hierzu notwendig wäre, würde die Verluste auf beiden Seiten unnötigerweise erhöhen. Und es hat bereits viele sinnlose Opfer gegeben.

Obi-Wan und Anakin kämpfen sich durch die Fronten der Droidenarmee, um in die befestigte Anlage Gunrays einzudringen. Nach einigen Komplikationen gelingt es ihnen schließlich, die Festung zu stürmen und zu sichern. Doch von Gunray ist keine Spur zu finden. Er hat sich rechtzeitig auf den Angriff der Jedis eingestellt und seine Flucht minutiös geplant. Auch wenn die Enttäuschung bei Obi-Wan und Anakin groß und die erhoffte finale Schlacht wieder in weite Ferne gerückt ist, scheint Gunray einen großen Fehler gemacht zu haben. Er hat in seiner Festung den Mechno-Stuhl zurückgelassen.

Zunächst rätseln die Jedis über dessen Funktion, doch bald erhalten sie eine eintreffende Nachricht von General Grievous, der diesen Stuhl als Nachrichtenübermittler benutzt. Die Nachricht enthält genaue Angaben zu den Plänen der Separatisten und ihrem nächsten Angriff. Doch damit nicht genug, Grievous verrät, nicht wissend, dass die Nachricht nicht an Gunray, sondern die Jedis geht, dass Darth Sidious den Senat beherrsche. Obi-Wan und Anakin zögern nicht lange und setzen den Jedirat in Kenntnis.

Yoda (Tobias Meister) und Mace Windu (Helmut Gauß) sind äußerst beunruhigt. Doch sie wollen nichts überstürzen und vor allem Kanzler Palpatine vorerst nichts von ihrer Entdeckung berichten. Stattdessen sollen sich Obi-Wan und Anakin auf die Spuren von Sidious machen und mit der Entschlüsselung des Mechno-Stuhls herausfinden, wer alles in das Komplott verwickelt ist.

_Umsetzung_

„Die spektakuläre Vorgeschichte zu Episode 3“, wie die Hörspiel-Trilogie „Star Wars – Labyrinth des Bösen“ von |Universal| angekündigt wird, hält alles, was sie verspricht. Dank der kompletten Riege der Synchronsprecher, die für die deutsche Stimmen der Star-Wars-Charaktere in den Filmen tätig waren, kommt sofort eine packende Atmosphäre auf. Die Soundkulisse erreicht Kinoqualität und ist, mit entsprechenden Boxen, selbst in Stereo ein Hörgenuss. Glasklare Geräusche, die dank ihrer Bekanntheit aus der Kinovorlage sofort zuzuordnen sind, lassen die Geschichte im Kopf des Hörers entstehen. Der offizielle Soundtrack von John Williams veredelt das Spektakel, läuft während wichtiger Dialoge unaufdringlich im Hintergrund und drängt dann, wenn die Action zunimmt, geschickt nach vorne. Selbst die Handlung ist vielschichtig und intelligent aufgebaut und übertrifft deutlich den Sinngehalt der mitunter platt und unfreiwillig komisch anmutenden Gespräche aus den Kinofilmen. „Labyrinth des Bösen“ schlägt die Brücke zwischen Episode II und III und liefert endlich die Hintergrundinformationen, die man im Kino vermisst hatte.

_Fazit_

Kein Star-Wars-Fan wird umhinkommen, diese Hörspiel-Perle zu erwerben. Ein Produkt höchster Güte und auf einem technisch selten erreichten Qualitätsniveau. Eines muss man George Lukas lassen: Was er als offizielles Produkt abseits seiner Filme zulässt, hat meistens entsprechendes Niveau. „Labyrinth des Böses“ war bereits als Roman empfehlenswert, als Hörspiel übertrifft es sich noch einmal selbst.

|ISBN 3-8291-1884-8 / 978-3-8291-1884-2|
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Robert Harris – Imperium

Nach seinem viel gepriesenen Roman „Pompeji“ setzt Robert Harris seine Linie konsequent fort. Mit „Imperium“ siedelt er die Handlung erneut im Römischen Reich an, um dort mittels einer bekannten historischen Figur einen Politik-Thriller zu konzipieren, dessen Brisanz ohne Weiteres auch auf die Gegenwart bezogen werden kann. Auch wenn viele Elemente der Handlung unter dem Schleier der Vergangenheit nicht mehr vollständig rekonstruiert werden konnten und daher von Harris dramaturgisch geschickt gefüllt wurden, stützt sich der Autor auf zahlreichen zeitgenössische Quellen. Sein Studium im Cambridge und seine langjährige journalistische Arbeit haben ihn mit akribischer, aber dafür fruchtbarer Recherche vertraut gemacht. Und sein Vorgehen zahlt sich aus, denn nach „Pompeji“ gelingt es dem Briten ein weiteres Mal, der römischen Epoche gerecht zu werden und zugleich einen spannenden Roman abzuliefern.

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W. J. Maryson – Die Türme von Romander (Der Unmagier 1)

Was hat, klischeehaft betrachtet, das Land der Tulpen, Mühlen, Holzschuhe und Dutzenden Käsesorten noch zu bieten? Ja tatsächlich, einen Fantasyautor, der es bis zu einer deutschen Veröffentlichung geschafft hat. Das erstaunt umso mehr, wenn man sich einmal die lange Liste der Romanübersetzungen ansieht. Neunzig Prozent etwa stammen aus dem amerikanischen oder britischen Raum. Nur für wenige Ausnahmen aus den skandinavischen Ländern oder Exoten aus Ostasien ist da Platz. Warum also hat es der Holländer W. J. Maryson, der es mit |Die Legenden vom Meistermagier| bereits auf eine Trilogie gebracht hat, mit seinem neuen Roman „Die Türme von Romander“ erneut geschafft? Handelt es sich hier nur um ein neues Verlagskonzept oder kann der Auftakt der |Unmagier|-Trilogie seinem außergewöhnlichen Status gerecht werden?

_Inhalt_

W. J. Maryson – Die Türme von Romander (Der Unmagier 1) weiterlesen

Williams, Tad – brennende Mann, Der (Osten Ard)

Tad Williams ist seit seinen Zyklen |Otherland| und |Das Geheimnis der Großen Schwerter|, besser bekannt unter dem Namen |Osten Ard|, zu einer festen Größen im fantastischen Literaturmetier geworden. Seine Werke sind sprachlich fesselnd, bieten klassische High-Fantasy-Kost und kommen, sofern sie auf mehrere Bände ausgelegt sind, in absehbarer Zeit zu einem Abschluss. Ein, möchte man meinen, von vielen modernen Autoren vernachlässigtes Ziel, die ihre zig Bände umfassenden Sagen weder fertig bringen können noch wollen und schon längst den Überblick über ihre eigene Welt verloren haben.

Positiv sticht da ein Autor wie Williams hervor, der sich neben seinen gut durchdachten und tatsächlich vollendeten Romanreihen auch die Zeit nimmt, sich kleineren Geschichten zu widmen. Mit „Der brennende Mann“ liegt eine gut hundertseitige Novelle erstmals im Taschenbuchformat vor, die im Land Osten Ard angesiedelt ist und viele Jahre nach den Ereignissen um Simon Schneelocke und den Verwicklungen um |Das Geheimnis der Großen Schwerter| spielt. Sie erschien ursprünglich in der Anthologie „Der siebte Schrein“, liegt nun jedoch in einer Einzelausgabe wahlweise als Hardcover oder eben Taschenbuchformat vor. „Der brennende Mann“ zielt damit vor allem auf die Osten-Ard-Fans ab, die eine weitere Facetten dieser Welt kennen lernen möchten – denn Verweise auf bekannte Ortschaften und Personen lassen sich zahlreiche finden.

_Zum Inhalt_

Tad Williams erzählt aus der Ich-Perspektive der Protagonistin Breda, einer Greisin, die ihre jugendlichen Erlebnisse auf der Feste Hochhorst niederschreibt und dem Leser zugänglich macht. Die Novelle enthält also eine Binnenerzählung, eine Erzählung innerhalb der Erzählung, in der die alte Breda um den Ausgang ihrer Abenteuer als jugendliche Protagonistin Bescheid weiß. Dieses Mittel wird im Fantasygenre selten eingesetzt und vermittelt bereits einen positiven Ersteindruck. Viel mehr ermöglicht es aber Williams dazu, einige Vorausdeutungen zu machen und den Leser mit eingestreuten, auf das Finale hindeutenden Elementen bei der Stange zu halten. Der Autor schafft es, seinem Handlungsstrang einer gut konzipierten Novelle entsprechend straff und ohne vertiefende Abschweifungen zu folgen. Wie es einer kleinen Geschichte angemessen ist, protzt „Der brennende Mann“ nämlich nicht mit ausschweifenden Action-Verstücken, sondern überzeugt vielmehr durch die leisen Töne, die sich durch die Schilderung von Bredas Innenleben und ihrer genauen Beobachtung der sie umgebenden Menschen offenbart.

Breda ist noch ein junges Mädchen, als ihr Vater, ein Großthan, stirbt. Zusammen mit ihrem Bruder und ihrer Mutter zieht die kleine Familie zu ihrem Großvater, der sein Erbe durch den Verlust seines Sohnes gefährdet sieht. Da kommt ihm der Reiherkönig Sulis aus dem fernen Nabban recht, der eines Tages mit einer großen Gefolgsschar in die Ortschaft kommt und um die Hand der Witwe anhält. Nach nur wenigen Jahren der väterlichen Abstinenz sieht sich die junge Breda mit einem Stiefvater konfrontiert, der zwar ihren Großvater von der Heirat ihrer Mutter überzeugen kann, hinter seiner Fassade jedoch ein Geheimnis zu verbergen scheint. Warum auch sollte er eine Witwe ehelichen wollen, die durch den Tod ihres ersten Mannes all ihre Ansprüche auf einen Titel verloren hat und nichts weiter bieten kann?

Dennoch kommt es zur Heirat. Dem neuen königlichen Paar angemessen, zieht es König Sulis in die Ruinen der einstigen Festung Hochhorst. Dort soll es, will man den Gerüchten der Bauern glauben, zu unheimlichen Begegnungen kommen und spuken. Geister längst verstorbener Feenwesen, die diese Burg einst bewohnt haben, hausen den Erzählungen nach noch immer in dem Gemäuer. Sulis lässt sich davon jedoch nicht abschrecken, zieht mit seiner Familie und seiner ganzen Gefolgschaft in die Burg ein und lässt nach vielen Jahren harter Arbeit den Glanz vergangener Zeiten wieder aufleben. Breda wächst, nachdem ihre Mutter verstirbt und ihr Verhältnis zum Stiefvater immer kühler und distanzierter wird, zu einer jungen Frau heran, erkundet die zahlreichen, noch leer stehenden Türme und Abteilungen des Hochhorstes und beginnt sich schließlich in den einfachen Soldaten Tellurian zu verlieben. Breda scheint ihr Glück endlich gefunden zu haben. Doch dann verdichten sich merkwürdige Vorkommnisse. König Sulis zieht sich immer öfter in seine private Bibliothek zurück, wo er sich stundenlang in alten Büchern verliert. Eine Hexe wird aus einer nahen Ortschaft gefangen genommen und in die Kerker geworfen, wo sie jeden Tag von Sulis selbst verhört wird. Und schließlich spricht auch Tellurian, Bredas Geliebter, von einer wichtigen Queste direkt vom König, für die er sogar in den Tod gehen würde.

_Bewertung_

Tad Williams Novelle präsentiert sich als eine in sich geschlossene Geschichte mit klarem Anfang und Ende, die mit den Geheimnissen einer Welt verwoben ist, die in der Osten-Ard-Sage am Rande erwähnt wurden. Damit bietet sie vor allem den Kennern der Reihe einen hohen Leseanreiz, auch wenn sie für sich stehend und ohne die Kenntnis des Zyklus ohne Schwierigkeiten verstanden werden kann. Schließlich wandelt Williams mit „Der brennende Mann“ abseits der üblichen Fantasywege und fährt eine Geschichte auf, die nicht durch ausholende Beschreibungen, actionlastige Kämpfe und verwickelte Intrigen punktet – so wie die Sage um Osten Ard –, sondern durch eine ruhige, fast schon poetische Erzählstruktur überzeugen kann. Alle Figuren, die in Bredas Geschichte auftauchen, stehen in direktem Zusammenhang mit den darin beschriebenen Ereignissen und werden in einer motivierten Weise eingeführt, dass sie für die Handlung eine wichtige Rolle spielen.

Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen und damit unweigerlich die Pointe der Novelle zu verraten, stellt „Der brennende Mann“ eine philosophische Frage in den Mittelpunkt, die wunderbar in das Fantasyuniversum eingebettet wird, aber auch ohne diesen Hintergrund funktioniert hätte. Liebhaber ungewöhnlicher fantastischer Erzählungen und Fans der Osten-Ard-Reihe sollten sich dieses Schmuckstück daher nicht entgehen lassen. Allen anderen sei gesagt, dass „Der brennende Mann“ mit seinen hundert Seiten schnell durchgelesen ist und ihnen möglicherweise nicht das verspricht, was sie von einer klassischen Fantasyerzählung erwarten.

http://www.dtv.de

Ergänzend dazu: Michael Matzers [Rezension 2341 der Lesung, erschienen im März 2006 beim |Hörverlag|.

Finn, Thomas – unendliche Licht, Das (Die Chroniken der Nebelkriege 1)

Mit „Das unendliche Licht“ legt Thomas Finn einen Roman vor, der den Auftakt der Trilogie |Die Chroniken der Nebelkriege| darstellt. Das klingt nach epischer High-Fantasy-Tradition, wie man sie von Finns früheren Abenteuern für das Rollenspielsystem |Das Schwarze Auge| kennt. Umso mehr erstaunt es, dass „Das unendliche Licht“ als Jugendbuch vermarktet wird, das im Zuge des Harry-Potter-, Bartimäus- und Lemony-Sniket-Booms auf der Erfolgswelle mitschwimmen soll. Ist Finns Ausflug in die Kinderliteratur also nur ein weiterer müder Abklatsch oder doch eine seltene Buchperle aus deutschen Landen, die einen eigenen Weg zu gehen versucht?

_Inhalt_

Kai ist ein 13jähriger Junge, der behütet in einem kleinen Dorf namens Lychtermoor bei seiner Großmutter aufwächst. Jeder Tag verläuft in geordneten Bahnen. Die hektische Welt der Großstädte, in denen das Leben pulsiert, und die Geschichten von Abenteuern und Gefahren dringen höchstens als ferne Gerücht an die Ohren der Dörfler heran.

Kais Ausbildung als Irrlichtfänger steht kurz vor dem Abschluss. Die Irrlichter werden von fahrenden Händlern aufgekauft und dann in Metropolen wie etwa dem nahen Hammaburg an der Elbe als Straßenbeleuchtung eingesetzt. Doch um die Wesen einzufangen, bedarf es Ausdauer, Disziplin und Können. Ein Irrlicht, das pro nächtlichem Streifzug durchs Moor gefangen wird, ist bereits eine gute Ausbeute. Groß ist da die Überraschung, als Kai eines Nachts gleich ein Dutzend Irrlichter fängt – sogar ein großes, besonders seltenes Exemplar ist dabei.

Die Großmutter ist erfreut, aber auch nachdenklich. Kai scheint die Wesen im wahrsten Sinne des Wortes magisch anzuziehen. So etwas war noch niemandem vor ihm geglückt.

Während die alte Frau Kais Erfolg nicht an die große Glocke hängen möchte, präsentiert Kai seinen großen Fang sofort auf dem abendlichen Dorffest. Doch plötzlich überschlagen sich die Ereignisse. Das Dorf wird von untoten Piraten überfallen, die nicht nur die Irrlichter klauen, sondern auch ganz Lychtermoor verwüsten. Während Kai sich von zwei mysteriösen Gestalten umgeben sieht, die ihm im Kampf gegen die Piraten zur Seite stehen, kommt für seine Großmutter, die dem Fest fern und alleine zu Hause geblieben ist, jede Hilfe zu spät. Mort Eisenhand, der Anführer der Truppe, hat die alte Dame rücksichtslos erschlagen.

Durch den Tod seiner letzten Bezugsperson ändert sich Kais Leben schlagartig. Seine beiden Retter, die sich als Elf namens Fi und Gargyle namens Dystariel vorstellen, nehmen sich seiner an und bringen ihn nach Hammaburg. Dort wacht er in einem Gemäuer auf, das über und über mit magischen Ingredienzien voll gestopft ist und von einem Poltergeist bewohnt wird. Erst nachdem er wieder zu Kräften kommt, gibt sich der Hausherr als fingergroßer Däumlingszauberer Eulertin zu erkennen. Er ist ein Beherrscher der elementaren Winde und angesehenes Mitglied im Statdrat.

Eulertin weiht Kai in die Geheimnisse um die Magie ein, bildet ihn in harten Wochen zu einem Adepten aus und klärt ihn schließlich darin auf, dass er der letzte Feuermagier sei. Laut einer Prophezeiung ist er der Einzige, der sich gegen das Schattenreich im Norden, das von der Nebelkönigin Morgoya unterjocht wurde, erheben kann. Doch so weit entfernt dieses Reich auch anmutet, Morgoya hat ihre Kräfte längst mobilisiert. Die Piratenüberfälle an den Küsten unter Mort Eisenhand und das Klauen der Irrlichter dienten einem einzigen Zweck: die Stadt Hammaburg zu Fall zu bringen und damit den Fuß auf den Kontinent zu setzen, um ihr Schattenreich auf die Welt auszuweiten.

_Bewertung_

Thomas Finn ist es gelungen, eine zauberhafte Welt zu erschaffen und sie in seinem Roman mit Leben zu erfüllen. Hammaburg, Morgoyas Schattenreich in Albion, das Albtraumgebirge und viele weitere Ortschaften verflechten sich zu einem fantastischen Abbild Europas, das, gespickt mit bekannten Mythen- und Sagenelementen, genug Bezugspunkte zur wirklichen Welt für den Leser bietet, um sich sofort mit den in der Anderswelt agierenden Geschöpfen identifizieren zu können. Dass der Autor als lokalpatriotischer Hamburger seine Stadt in den Mittelpunkt der Erzählung setzt, erweist sich dank des plastischen Bildes der Hafenmetropole, das er beim Leser hinterlässt, als wahrer Glücksgriff. Die vielen kleinen Details, die für die Handlung unerheblich, aber der atmosphärischen Beschreibungen äußerst dienlich sind, runden das Bild stimmungsvoll ab.

Vor diesem Hintergrund fesselt auch sogleich die Handlung, die aus Sicht Kais geschildert wird. Obwohl der Anfang zu schnell abgewickelt wird und ein, zwei weitere Kapitel über das dörfliche Leben Kais Entwicklung noch stärker untermauert hätten, kann Thomas Finn die Spannung konsequent hoch halten und bis zum packenden Finale stetig steigern. Der Konflikt um Mort Eisenhand, die aufkommende Gefahr durch Morgoya aus dem Norden, die politische Dimension um intrigante Ratsmitglieder und zu guter Letzt Kais Auseinandersetzung mit sich selbst und seinen Fähigkeiten verstricken sich schlüssig zu einem soliden, wenn auch zumeist in der ein oder anderen Form bereits bekannten Handlungsmuster. Positiv muss hier aber vor allem die Schilderung um Kais innere Flamme hervorgehoben werden. Denn obwohl die Gefahr in Form von Eisenhand oder Morgoya von außen droht, muss sich der jugendliche Protagonist zunächst mit sich selbst befassen. Er muss zu seiner eigenen Stärke finden, bevor er das Böse bekämpfen kann. Diese psychologische Sicht ist eine ganz große Stärke des Buchs und einer der Gründe, warum es sich unter anderen Jugendbüchern positiv hervorheben kann.

Die zweite große Stärke von Thomas Finn sind seine Charaktere. Während die Handlung Altbewährtes in gut umgesetzter Form mit einigen interessanten Ansätzen bietet, enthalten die Figuren in „Das unendliche Licht“ tatsächlich innovative Züge. Obwohl auch hier das bekannte Muster der typischen Figurenkonstellationen durchschimmert – der jugendliche Außenseiterheld, der zu sich selbst findet; der weise Lehrmeister, der dem Held den Weg weist; seine Gefährten, die ihm treu zur Seite stehen und Geheimnisse verbergen –, sind die Charaktere überaus originell. Magister Eulertin besitzt zwar Weisheit und Macht, ist aber durch seine Däumlingsgröße mehr als einmal auf Kais Hilfe angewiesen. Die Gargyle Dystariel bleibt schleierhaft und gibt kaum etwas von sich preis, doch ist ihre Geschichte eng mit der Schreckensherrschaft Morgoyas verbunden. Und auch die anderen Charaktere bewegen sich abseits der üblichen Klischees. Zwar lassen sich die Figuren recht eindeutig dem Gut-Böse-Schema zuordnen, doch dies fällt nicht negativ ins Gewicht, da es dem Jugendbuchstil angemessen erscheint und zweitens die Figuren nicht von Grund auf gut oder böse sind, sondern sich selbst entschieden haben, auf welcher Seite sie stehen wollen.

_Fazit_

„Das unendliche Licht“ ist ein spannender Roman geworden, der sich flott und zügig lesen lässt und die Erwartungen an den zweiten Teil sehr hoch steckt. Thomas Finn gelingt es, eine farbenfrohe Welt zu präsentieren, die Spaß macht, entdeckt zu werden. Obwohl es als Jugendbuch ausgeschrieben ist und den jungen Fantasylesern gute Unterhaltung bietet, dürfte es aufgrund seiner gelungenen Charaktere und seiner Anspielungen auf die Sagen Europas auch erwachsene Leser erfreuen. Bleibt also zu hoffen, dass dem deutschen Autor mit diesem Roman der verdiente Erfolg zuteil wird, denn „Das unendliche Licht“ muss den Vergleich mit anderen, zu Recht erfolgreichen Fantasy-Jugendbüchern nicht scheuen.

[Unser Interview mit Thomas Finn]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=59
[„Der Funke des Chronos“ 2239
[„Das Greifenopfer“ 1849
http://www.ravensburger.de
http://www.thomas-finn.de

Poe, Edgar Allan / diverse Interpreten – Visionen

Edgar Allan Poe – der Name steht für einen Literaten, der die Seelenzustände des Menschen beschreibt und dem Horror, der sich in seinen Werken entfaltet, eine ganz persönliche Note verpasst. Keine Frage, Poes Erzählungen und Gedichte sind zeitlos, selbst mehr als 150 Jahre nach seinem viel zu frühen Tod im Jahr 1847.
Dass der Dichter und Denker noch immer aktuell ist, zeigen die zahlreichen Sammelbände und Luxusausgaben, die die Buchhandlungen allerorts schmücken. Stärker noch bedingt als durch das klassische Printmedium, ist vor allem durch die Welle der Hörbücher der Name Edgar Allan Poe wieder in den Vordergrund gerückt. Stellvertretend dafür kann die Hörspielreihe von |Lübbe Audio| genannt werden, die sich Poes annahm und seine zahlreichen Werke vertonte – und mit Ulrich Pleitgen und Iris Berben als Sprecherduo einen Qualitätsstandard erreichte, der dem Meister des makabren Grauens gerecht wird.

Pleitgen und Berben sind es auch, die sich des Projektes „Edgar Allan Poe – Visionen“ annahmen. Doch nicht nur sie, sondern eine ganze Reihe hochkarätiger nationaler und internationaler Stars und Musiker haben sich an dem ambitionierten Vorhaben beteiligt. Herausgekommen ist eine Doppel-CD, die zum einen ausgewählte, von erfahrenen Sprechern vorgelesene Gedichte von Poe enthält und zum anderen ein Konglomerat an Songs von Künstlern, die von dem Schriftsteller beeinflusst worden sind.

|CD 1 – Poes Gedichte|

Der erste Silberling umfasst auf 14 Stücken 12 verschiedene Gedichte. Los geht es mit Ulrich Pleitgens Interpretation von Poes wohl berühmtestem lyrischen Werk, seinem Meisterstück „Der Rabe“. Nicht zuletzt dadurch, dass dieses Gedicht selbst eine Geschichte erzählt, baut Pleitgen einen Handlungsbogen auf, der den Hörer gleich zu Beginn zu fesseln versteht. Mit seiner einnehmenden Stimme berichtet er aus der Sicht des einsamen Erzählers, der halb im Schlaf über alten Folianten liegend ein Pochen wahrnimmt. Sich selbst nicht klar über seine Gedanken, die ihm wild im Kopf herumkreisen, findet er sich in einem Zustand zwischen Realität und Traum wieder. Ist es seine Lenore, die er einst verloren hat und die nun wieder zu ihm zurückkommt? Ihn zumindest im Schlaf von seinen Qualen erlöst und um Einlass in sein Haus bittet? Der Erzähler verdrängt den Gedanken wieder, doch das Pochen lässt nicht nach. So öffnet er schließlich das Fenster und sieht, wie ein großer, schwarzer Rabe hereingeflattert kommt und ihn mit bohrendem Blick anstarrt. Doch die einzige Antwort, die ihm der Vogel auf alle seine Fragen gibt, ist ein gekrächztes Nimmermehr.

Um dem zentralen Gedicht Poes Rechnung zu tragen, wird es am Ende der CD noch einmal in englischer Fassung dargeboten, von niemand Geringerem als Christopher Lee. Dass diese Version ebenfalls überzeugen kann, mag aufgrund Lees ausgebildeter Opernstimme nicht verwundern. Dennoch erscheint es im direkten Vergleich nicht ganz an Pleitgens Interpretation heranzukommen. Möglicherweise dadurch, dass sich der deutsche Schauspieler durch seine anderen Hörbuchumsetzungen mittlerweile zu einem wahren Poe-Kenner entwickelt hat. Doch Lees Leistung soll dadurch nicht geschmälert werden. So steuert er zusätzlich „Ein Traum in einem Traum“ bei, ein kurzes zweistrophiges Gedicht, das von der Vergänglichkeit des Seins berichtet. Es entfaltet eine romantische und melancholische Stimmung, die die typischen Erkennungsmerkmale Poes trägt. Vordergründig direkt, doch unter der Oberfläche verschlungen und mit tief liegenden, nur allzu oft düsteren Geheimnissen verstrickt.

So bildet denn auch die Auswahl der weiteren Titel einen gelungenen Querschnitt durch Poes lyrisches Schaffen, regt zum Träumen, aber auch zum Nachdenken an. Ditmar Bär, Kai Wiesinger und Gudrun Landgrebe sind weitere Namen, die sich Poes angenommen haben und ihm auf ihre Weise ein weiteres Denkmal setzen. Zwar schwanken die Umsetzungen von Sprecher zu Sprecher und mögen je nach Neigung dem einen mehr, dem anderen weniger gefallen, als Einheit betrachtet können sie jedoch durchweg überzeugen. Den roten Faden, der die Gedichte miteinander verknüpft, bildet dabei die musikalische Untermalung, die schwerpunktmäßig vom Berliner Filmorchester eingespielt wurde. In der Regel leise mitklingend im Hintergrund, spielt es sich an den passenden Stellen auch mal nach vorne und verstärkt die durch die Gedichte bereits hervorgerufenen Emotionen. Die Musik wirkt hierbei nie aufgesetzt, sondern passt sich der thematischen Stimmung an und rundet die CD angemessen ab.

|CD 2 – Songs durch Poe inspiriert|

Weist die erste CD noch den Status eines Hörbuches auf, so geht die zweite Scheibe in Richtung einer musikalischen Compilation, die als Verknüpfungspunkt die thematische Einordnung durch die Inspiration von Poes Werken enthält. Nimmt man diesen Aspekt weg, so erscheint es kaum möglich, die Bands und Künstler, die sich auf der CD versammelt haben, einer Sparte zuzuordnen. Während die Jungen Tenöre die moderne Klassik bedienen und Künstler wie Vince Bahrdt von Orange Blue radiotaugliche Popmusik machen, sind Subway To Sally und L´Âme Immortelle eher aus dem Rock- und Gothic-Sektor bekannt. Als Sahnehäubchen präsentiert sich ein weiteres Mal Christopher Lee, der hier ebenfalls seine musikalischen Fähigkeiten unter Beweis stellt.

Vielleicht gerade durch die unterschiedliche Herangehensweise, wie die Musiker zu Poe gefunden haben, ist die CD eine abwechslungsreiche Mischung geworden, die das Herz eines jeden Liebhabers einfühlsamer Töne erfreuen wird. So ist der Grundtenor ruhig, auch wenn es ab und an ein paar härtere Töne zu hören gibt. Die Symbiose aus orchestralen Instrumenten, Klavieruntermalung, Elektrosounds und passend akzentuierten E-Gitarren schafft einen gekonnten Stil aus Melancholie und Bombast, der beim Hörgenuss zu prickelnder Gänsehaut führt. Zwar können die Songtexte selten ihrem Vorbild das Wasser reichen, doch als Verbeugung vor dem Literaten taugen sie allemal. Die Songs, die durch einen Sprechgesang geprägt sind, trügen allerdings den Gesamteindruck. Sie sind für sich gesehen intelligent produziert und gut aufgebaut, fallen aber ein wenig aus dem Kontext heraus und hätten eher auf die erste CD gepasst, sofern sie denn Originaltexte gewesen wären. Auf der zweiten Scheibe hätte der ein oder andere zusätzliche, gesungene Song nicht geschadet.

|Fazit|

„Edgar Allan Poe – Visionen“ ist ein überzeugendes Gesamtkunstwerk geworden. |Lübbe Audio| hat renommierte Sprecher und Musiker versammelt und versucht, dem Schriftsteller und seinen Werken gerecht zu werden. Bis auf wenige Ausnahmen ist dies auch gelungen. Es ist eine Doppel-CD enstanden, die unterhalten, ihre wahren Qualitäten aber nur bei einem Glas Rotwein vor dem Kamin offenbaren kann. Denn erst dann werden sich Poes Visionen, die auf die Silberlinge gepresst worden sind, in den Gehörgängen und den eigenen Gedanken entfalten.

http://www.visionen.tv