Im Küstenort Paradise Cove, unweit von Rocky Beach, ereignen sich seltsame Dinge. Ein unheimlicher Mann steigt quasi wie auf einer Leiter aus der Meeresbucht und verschwindet genauso wieder. So berichtet es jedenfalls der junge Colin Salas seinem Vater Harry. Der hat von Mrs. Harkinson (vgl. „Der tote Mönch“) erfahren, dass Justus, Peter und Bob auf solche Fälle spezialisiert sind und bittet die drei Fragezeichen um Hilfe. Die sind natürlich sofort interessiert und stoßen vor Ort auf eine gruselige wie tragische Legende, welche die Bucht und speziell den alten Leuchtturm dort umwittert. Dessen neuer Bewohner, der Schriftsteller Mr. Cristobal, scheint jedenfalls von einigen komischen Vorfällen, zu wissen. Allerdings wird das Gespräch plötzlich unterbrochen. Als dann nämlich die kleine Fiona am Strand verschwindet und – nach einer groß angelegten Suchaktion – vollkommen verängstigt aus einer Höhle am Ufer geborgen wird, verdichten sich die Hinweise, dass Colin nicht gelogen hat und hier etwas faul ist. Vielleicht kann der schräge, versoffene Seebär Jimmy Blue Eye in der Hafentaverne etwas zur Klärung beitragen, doch der faselt nur in düsteren Rätseln von der „Devil’s Tooth“-Klippe, einem Schiff namens „Kassiopeia“ und einem Arzt, der an irgendetwas Schuld hat. Vielleicht doch ein rachsüchtiger Geist, der dort sein Unwesen treibt? Und welche Rolle spielen der reiche Kunstsammler Goodstein und seine Tochter Vanessa, bei deren küstennahen Anwesen die Jungs einen Eindringling auf der Flucht beobachten und beinahe stellen können?
Eindrücke
Der 171. Fall der drei Detektive erblickte 2013 das Licht der Öffentlichkeit. Marco Sonnleitner ersann die Geschichte, die sich erneut an der Küste abspielt und eine Geistergeschichte zum Thema hat. So weit so gut – daraus kann man sicherlich eine gute Geschichte zusammenbasteln. Nicht, dass dieses Garn Innovationspreise einheimsen würde, denn die Elemente sind sattsam bekannt und wirken – wo wir grade beim Zusammenbasteln sind – wie aus dem Drei-???-Story-Baukasten entnommen. Allerdings wurde das noch mit anderen Versatzstücken angereichert. Erst hat man irgendwie so des kleine déjà vu mit dem Fall „Der rote Pirat“ und „Der unheimliche Drache“, was sich dann aber dann doch alles anders als dort darstellt. Größte Parallele dürfte aber John Carpenter’s „The Fog – Nebel des Grauens“ sein. Antonio Bay statt Paradise Cove, „Elizabeth Dane“ statt „Kassiopeia, Leuchtturm, Nebel und (hier zumindest natürlich vermeintliche) rachsüchtige Wiedergänger, das alles erinnert stark an den cineastischen Gruselklassiker der Achtzigerjahre. Tatsächlich kann der Plot ab und zu eine nette Atmosphäre aufbauen. Leider vaporisiert diese dann in ausufernden Dialogen und unnötigen Wendungen. Dabei geht das von André Minniger gestraffte Hörspiel sogar direkter zu Werke als die Vorlage.
Allein ein Blick auf die Sprecherliste offenbart eine breite Spanne an Figuren, deren Verbindung zueinander man sich erst einmal auseinanderklamüsern (lassen) muss, dabei ist das Hörspiel wiederum prinzipiell zu knapp gehalten, sodass eigentlich eher Verwirrung denn Klarheit herrscht, zumal die Sprecher stimmlich auch nicht optimal voneinander abgegrenzt sind. Sieht man von Jimmy Blue Eye einmal ab, der seine Sache sehr gut macht. Am Ende muss dann eine Menge erklärt werden – natürlich von Justus, der wie üblich (und sehr plötzlich) die volle Checkung hat. Realistisch ist anders. Insbesondere der finale Twist wirkt extrem zurechtgebogen. Unnötig in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass ein eigenständiges Erarbeiten der Lösung dieses Falles unmöglich ist. Zwischenmusik, Geräusche und Intonation gehen jedoch in Ordnung, das Ensemble ist routiniert genug auch solche, storytechnisch und strukturell nicht ganz auf der Höhe befindliche, Vorlagen immerhin ohne Peinlichkeiten einzuspielen und streckenweise spannend zu gestalten – auch wenn diese eben schnell wieder flöten geht. Da fragt man sich am Ende, getreu dem berühmten Herbert Grönemeyer Titel: „Was soll das?!“. Und diese Frage ist vollkommen berechtigt.
Die Produktion
Erzählt von Marco Sonnleitner
Nach Motiven von Robert Arthur
Drehbuch und Effekte: André Minninger
Redaktion und Geräusche: Wanda Osten
Regie und Produktion: Heikedine Körting
Musik: Simon Bertling & Christian Hagitte (STIL), Jens-Peter Morgenstern, Betty George, Jan-Friedrich Conrad, Constantin Stahlberg, Händel
Die Sprecher und ihre Figuren:
Thomas Fritsch (Erzähler), Oliver Rohrbeck (Justus Jonas), Jens Wawrzceck (Peter Shaw), Andreas Fröhlich (Bob Andrews), Pat Murphy (Harry Salas), Simone Ritscher (Vanessa Goodstein), Stephan Schwartz (Eliah Cristobal), Manfred Reddemann (Albert Goodstein), Jan-Christof Kick (Ben Kramer), Lilian Körting (Fiona Kramer), Harald Halgardt (Wirt), Ulli Potofski (Jimmy Blue Eye), Achim Schülke (1. Mann), Fabian Harloff (2. Mann), Saskia Weckler (Frau), Gera del Este (Rosaria), Katharina von Keller (Silvie), Manuela Bäcker (Jessy), Alexander Stamm (Sergeant), Gordon Piedesack (Polizist), Toru Takahashi (Rikuo Yamamoto)
Fazit
Die wenigen Momente, in denen tatsächlich die Spannung aufgebaut wird, welche das prinzipiell interessante Gespenstergarn durchaus hergibt, werden durch das ganze Gewusel aus Figuren und plötzlich wandelnde Richtungen die der Plot einschlägt, glatt konterkariert. Für die Atmosphäre ist dies natürlich reines Gift, auch wenn handwerklich betrachtet alles richtig gemacht wurde. Musik, Geräusche und Sprecher passen, dennoch will der Funke nicht so recht überspringen. Die endgültige Auflösung des vergleichsweise wirren Falles mag zwar recht unerwartet – im Sinne von: Das Publikum kann da nie von selbst drauf kommen – sein, der Showdown erscheint aber ganz arg konstruiert und vollgestopft. Höher, schneller, weiter? Wodurch diese neuerdings öfter zu beobachtende Unart, möglichst viel in eine Geschichte zu packen, auch herrührt – hier haut es ganz klassisch nicht hin: Zu viel gewollt, zu wenig erreicht. Außer dass sich der geneigte Hörer hinterher am Kopf kratzt. Es reicht eben nicht erprobte Elemente einfach zusammen zu würfeln, um eine flüssige Story draus zu machen. Der pitschnasse Rezensentendaumen zeigt in die Tiefe des Meeres.
1 Audio-CD mit einer Spielzeit von ca. 70 Minuten
EUROPA / Sony Music, 2014
EAN 888430092921
www.natuerlichvoneuropa.de
Der Autor vergibt: