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Görnitz, Thomas – Görnitz, Brigitte – kreative Kosmos, Der

„Der kreative Kosmos – Geist und Materie aus Information“ gehört zu jenen Werken, die imstande sind, Weltbilder neu zu formen und neue Wege des Denkens zu ebnen. Dies gelingt in diesem populärwissenschaftlich formulierten Buch – gut verständlich dargestellt, ohne unpräzise und beliebig zu werden – auf exzellente und nachhaltig beeindruckende Weise. Der interdisziplinäre, umfassende Ansatz dieser Arbeit vollzieht sich dabei aus so vielen Ebenen und unterschiedlichen Blickwinkeln heraus, dass ein beachtlicher Teil der Hauptfragen moderner Naturwissenschaft und Philosophie einbezogen werden – ein wahrer Rundumschlag also.

Das Autorenduo ist für eine solche, fast schon insolent wirkende Herausforderung bestens gewappnet: Thomas Görnitz war nach seiner Promotion in Physik an der TU Braunschweig sowie an mehreren Max-Planck-Instituten aktiv, woraus sich auch eine langjährige Zusammenarbeit mit Carl Friedrich von Weizsäcker ergab. Derzeit ist er Professor für Didaktik der Physik in Frankfurt und überdies Vorstandsvorsitzender der „Carl Friedrich v. Weizsäcker-Gesellschaft ‚Wissen und Verantwortung‘ e.V.“. Seine vorherige Buchveröffentlichung „Quanten sind anders. Die verborgene Einheit der Welt“ fand bereits einige Beachtung und bietet sich als mathematikfreie Beschäftigung mit Quantenwelten, Bewusstsein und Transzendenz geradezu an. Brigitte Görnitz promovierte in Veterinärmedizin und ist zudem Diplompsychologin.

Im Wesentlichen geht es den Autoren um eine Annäherung an das Verständnis von Geist und Bewusstsein unter Einbindung des materiellen Aspektes und des Lebendigen. Dabei spielen das Leib-Seele-Problem und die Frage nach dem freien Willen eine bedeutsame Rolle. Sie nähern sich dieser Betrachtung aus mehreren verflochtenen Perspektiven, die Biologie, Psychologie und moderne Physik einbeziehen. Zentraler Ansatzpunkt ist dabei der Begriff der Information, die neben ihrem Bedeutungsaspekt in einer neuartigen Sichtweise definiert und als Basisgröße erklärt wird: Aus kosmologischen Überlegungen heraus kommen die Verfasser zu einer abstrakten Quanteninformation, die das Fundament für die Evolution von Materie, Leben und letztlich Bewusstsein bildet und somit ein einheitliches und grundlegendes Erklärungsmodell liefert. Die hier dargestellten Zusammenhänge und Schlussfolgerungen bewirken so manchen Aha-Effekt und bieten eine ausgezeichnete Grundlage für weiteres Verständnis und Überlegungen in allen Bereichen, die damit in Bezug stehen oder sich aus den Grundannahmen ergeben. Es werden weniger neuartige Erkenntnisse und physikalische Theorien bemüht oder präsentiert als vielmehr auf philosophischer, erkenntnistheoretischer Grundlage gearbeitet, verwoben in eine ausgezeichnete Überblicksdarstellung zu zentralen Problempunkten und Erkenntnissen moderner Wissenschaft sowie der resultierenden Konsequenzen. Neben ihrer eigenen, gemeinsamen Arbeit kann sich das Autorenpaar Görnitz auf die Vorarbeit namhafter Größen beziehen, wie beispielsweise Stephen W. Hawking, Sir Roger Penrose, einigen Wissenschaftlern aus der Familie von Weizsäcker, Wolfgang Pauli, George Spencer-Brown, Holger Lyre und besonders Carl Gustav Jung als Schnittstelle zwischen Psychologie, Naturwissenschaft, Philosophie sowie „esoterischen“ und transpersonalen Ansätzen, die allesamt für die Hauptthese und ihre Schlussfolgerungen bedeutsam sind.

Pauli und Jung spielen dabei eine besonders tragende Rolle; ihnen sowie Sigmund Freud sind daher ausführliche Überblickstexte gewidmet. Überhaupt ist die Anschaffung dieses beeindruckenden Werkes schon des Überblickscharakters wegen lohnenswert, denn das Autorenpaar nimmt sich ausreichend Raum, um alle für ihre Überlegungen notwendigen Ansatzgedanken und Grundkenntnisse größtenteils gut verständlich darzustellen. So findet man durchaus umfassende Texte und Erklärungen zu Hirnforschung, Psychologie, Quantenphysik, Evolutionsbiologie, Bewusststeinsforschung oder Informationstheorie, teils in komprimiert konventioneller Darstellung, teils in veränderten Betrachtungsebenen. Die meisten Begriffe werden innerhalb des Buches erläutert und sehr anschaulich, lebendig und verständlich formuliert, so dass man außer einem gewissen wissenschaftlichen Grundverständnis keine wesentlichen Voraussetzungen für eine genüssliche und erhellende Lektüre benötigt; lediglich die Bereiche der Biologie und Hirnforschung sind allein wegen der vielen Fachbegriffe nicht ganz leicht zu verdauen. Wer es gern etwas genauer hat, kann sich an dem mathematisch-physikalischen Anhang gütlich tun, der zehn Themenbereiche wissenschaftlich genauer anreißt.

So umfassend die einbezogenen und fundierten Fachkenntnisse in „Der kreative Kosmos“ sind, so elementar und fundamental ist die darauf aufbauende Hauptaussage sowie die daraus folgende Modellbildung. Dass all dies neben dem fachlichen Anteil auf teils unkonventionell ansetzender und in „offenem Geist“ formulierter philosophischer und psychologischer Basis durchdacht ist, verleiht dem Werk eine basale, ausgreifende Bedeutsamkeit. Ich möchte dazu neigen, diesem wichtigen Buch eine noch umfassendere Brisanz und Gewichtigkeit als dem im Bereich der populärwissenschaftlichen Literatur schon legendären „Eine kurze Geschichte der Zeit“ von Stephen W. Hawking zuzusprechen, und es könnte ihm ein ähnlicher Erfolg beschieden sein. Leider scheint „Der kreative Kosmos“ vom Verlag ein wenig stiefmütterlich behandelt zu werden, was schon bei einem sehr oberflächlichen Lektorat beginnt und nicht zuletzt an der Aufmachung deutlich wird, welche die zwar zweckhaften, aber doch sehr rudimentären und, gerade im Vergleich mit oben genanntem Welterfolg, recht dürftig erscheinenden Grafiken bzw. Abbildungen wohl größtenteils den Autoren selbst und ihren Quellen überließ.

Wer neue und ungewöhnliche Denkansätze mag, auf naturwissenschaftlicher Basis philosophiert, gern sein Weltbild und auch sein Basiswissen erweitert, um zu einem besseren Verständnis von Information, Kosmos und Materie, Leben und Bewusstsein unter neuem Ansatzpunkt zu gelangen, der ist bestens beraten, sich dieser fabelhaften Arbeit zu widmen und an der Evolution eines lebendigen, kreativen Kosmos der Information teilzuhaben.

Aufgrund der umfassenden Thematik ist nachfolgend das ausführliche Inhaltsverzeichnis wiedergegeben:

Vorwort

1 Einleitung
1.1 Die Wahrnehmung von Ganzheit
1.2 Die Entwicklung zum Menschen
1.3 Die Rolle des Gehirns
1.4 Zerlegende und vereinheitlichende Wissenschaft
1.5 Schichtenstruktur der Naturbeschreibung
1.6 Der Zufall in der Naturwissenschaft
1.7 Geist und Bewusstsein, Leib und Seele
1.8 Die Einheit von Leib und Seele
1.9 Der Weg der universalen Evolution

2 Das Verschwinden des Geistes aus der Naturwissenschaft
2.1 Objektive Naturerkenntnis – Ausschaltung des Subjektes
2.2 Ist alles vorherbestimmt – auch unsere Erkenntnis?
2.3 Der Zusammenhang von Gehirn und Kosmos

3 Die kosmische Evolution: Der lange Weg vom Urknall zum menschlichen Gehirn
3.1 Kosmologie als notwendiger Teil empirischer Naturwissenschaft
3.2 Die kosmische Entwicklung: Vom Urknall zur Erde
3.3 Der Beginn der Evolution des Lebendigen
3.4 Die Sonderstellung des Menschen in der Evolution

4 Das Universum der Information
4.1 Was ist alles „Information“?
4.2 Information als Begriff der Physik

5 Die zentrale Rolle der Quantentheorie
5.1 Die Unterschiede zwischen klassischer Physik und Quantenphysik
5.2 Quantentheorie als Physik der Beziehung
5.3 Klassische und Quanteninformation

6 Von der Information der Schwarzen Löcher zur kosmischen Information
6.1 Schwarze Löcher – klassisch
6.2 Schwarze Löcher – quantentheoretisch
6.3 Anbindung der Information an die Kosmologie
6.4 Kosmische Information
6.5 Die Vereinheitlichungstendenzen der modernen Physik

7 Vom Schattenwurf zu den neuronalen Netzen – Abbildung als Informationsbearbeitung
7.1 Die Idee der Abbildung
7.2 Computer und künstliche neuronale Netze
7.3 Künstliche neuronale Netze als Modelle der natürlichen Neuronennetze

8 Der Weg von den neuronalen Netzen zu einer Biophysik des Geistes
8.1 Leben als makroskopischer Quantenprozess
8.2 Die biologische Erzeugung von Bedeutung
8.3 Das Gehirn als bedeutungsschaffendes Organ
8.4 Vergleich künstlicher neuronaler Netze und natürlicher Neuronennetze
8.5 Quantennetze: Ausblick auf den Geist

9 Die psychische Entwicklung des Individuums
9.1 Instinkte
9.2 Aspekte der Gehirnentwicklung
9.3 Die Entfaltung von Wahrnehmungsfähigkeiten
9.4 Affekte und Gefühle
9.5 Frühe Interaktionen gestalten den Kontext für Bedeutungen
9.6 Auswirkungen früherer Erfahrungen
9.7 Vom präsymbolischen zum symbolischen Denken
9.8 Sich selbst erkennen und den anderen

10 Das Zusammenwirken von Bewusstem und Unbewusstem
10.1 Die Wissenschaft entdeckt die Psyche
10.2 Sigmund Freud
10.3 Carl Gustav Jung

11 Wolfgang Pauli
11.1 Wolfgang Pauli als Physiker
11.2 Wolfgang Pauli und C. G. Jung: Die Suche nach dem Hintergrund

12 Das Ziel des Weges – von der kosmischen Information zur Einheit von Geist und Körper
12.1 Die Bindung von Wahrnehmungen zu Objekten und Ereignissen
12.2 Quanteninformation als Voraussetzung von Bewusstsein
12.3 Erleben und Bewusstsein
12.4 Das ausgedehnte reflexionsfähige Ich
12.5 Das Selbst
12.6 Die dynamische Schichtenstruktur und die psychischen Prozesse
12.7 Das Selbst und seine Beziehungsmöglichkeiten
12.8 Die Frage der Willensfreiheit

13 Rückblick und Ausblick
13.1 Rekapitulation des Erkenntnisganges – von der kosmischen Information zum Bewusstsein
13.2 Die Einheit von Leib und Seele
13.3 Die Freiheit des Menschen
13.4 Kultur als Teil der Natur
13.5 Ethische Folgerungen
13.6 Geist jenseits des menschlichen Gehirns?

14 Literatur

15 Mathematisch-physikalischer Anhang

Index

[Homepage von Thomas Görnitz]http://www.rz.uni-frankfurt.de/~goernitz/

Darin zusätzliche [Ausführungen der Autoren zum Buchkonzept]http://www.uni-frankfurt.de/fb13/didaktik/Goernitz__Veroeffentlichung.html

Anmerkung: Entgegen der Informationen bei Amazon und auf der Verlagsseite hat das Werk gebundene 407 Seiten, nicht nur 300.

Lars Kronlob – Die Magie des Seins

Spirituelle Menschen und Esoteriker betrachten unsere Zeit als eine Phase des Umbruchs, die den Weg ins Neue Aeon, das Horus- oder Wassermannzeitalter, öffnet und unser Wirken in sowie unsere Wahrnehmung von der Welt grundlegend umstrukturiert. Die Symbiose verschiedener spiritueller Systeme, das Zerfließen starrer Grenzen und die Vernetzung an gemeinsamen Knotenpunkten sind deutlich wahrnehmbare Aspekte dieses Wandels. Lars Kronlob widmet sich in seinem aktuellen Buch „Die Magie des Seins“ einer besonders für Einsteiger und Interessierte gut geeigneten Darstellung der meisten bei uns dominanten spirituellen und weltanschaulichen Strömungen, um dem Leser zum einen Einblick in die Grundzüge dieser Systeme zu geben, zum andren aber auf Gemeinsamkeiten aufmerksam zu machen, die ganz klar zeigen, dass scheinbar unabhängige und nach noch immer verbreiteter Auffassung klar unterschiedene Wege letztlich benachbarte Verzweigungen zu gleichen Zielen beschreiten.

Teil 1 des Buches steigt mit philosophischen Grundsatzbetrachtungen ein, die sich des Wesens des Seins, der Existenz annehmen und sich mit freiem Willen und bewussten Wahlmöglichkeiten befassen. Dazu zählen unter andrem Betrachtungen zur Unterscheidung und Polarität, zum Wesen und Prinzip der Magie und Metaphysik sowie der Methodik von Sein und Handeln. (Für Neueinsteiger in diese Materie: Der Begriff der Magie hat nichts mit Hokuspokus-Simsalabim zu tun, nicht wahr, ebenso wenig, wie sich das vorliegende Buch mit Licht-und-Liebe-Kristallkugel-Esoterik befasst.)
Da die Einfachheit der Dinge und Zusammenhänge ebenso zum hier dargelegten Weltbild gehört, befleißigt sich Kronlob einer sehr gut verständlichen, einfachen Überblicksdarstellung ohne Schnörkel und unverständliche Fachausschweifungen.
Eines der Basiswerke der hermetischen Philosophie, die Tabula Smaragdina, wird in Grundzügen vorgestellt und inhaltlich analysiert. Die Übersetzung stammt hierbei übrigens, ebenso wie beim angeführten „Haute Magie“ von Éliphas Lévi, von Lars Kronlob selbst; eine vorbildliche Arbeitsweise.
Da auch der gern zitierte Paradigmenwechsel in der Wissenschaftswelt für eine Verschiebung des philosophischen Weltbildes verantwortlich zeichnet, geht der Autor in diesem Zusammenhang ebenfalls auf die Wissenschaftsproblematik und grundlegende Neuerkenntnisse ein, die prägende Wirkung hatten und haben (Planck, Einstein, Heisenberg, Tipler, Hawking u.a.).
Um Möglichkeiten zur Veränderung einzuleiten, bleibt eine kritische Betrachtung und psychologische Sezierung der christlichen Kultur, starrer Strukturen, Konditionierungen und der nur auf dem Papier bestehenden Religionsfreiheit nicht aus; hierbei verweist Kronlob u.a. auf die exzellenten Betrachtungen von Whitehead.
Gesellschaftsphilosophisch gesehen, wird die Möglichkeit eines anarchistischen Ansatzes angerissen, der wohlgemerkt nichts mit Chaostagen und linksradikalen Auswüchsen zu tun hat.

Damit wäre ein Überblick über die wichtigsten Geisteswerkzeuge des Neuen Aeons gegeben. Im zweiten Teil des Buches werden die wesentlichen Strömungen dieser Wegrichtung beleuchtet und knapp umrissen, als da wären: der viel umstrittene, oberflächlich pauschalisierte und stets unrechtens verleumdete Satanismus; der Weg von Thelema, des Gesetzes von Aiwaz, vornehmlich durch A. Crowley voran getragen; Chaosmagie, ein moderner, unorthodoxer Ansatz der magischen Arbeit; Ásatrú, die Treue zu den Asen und nordischen Traditionen; Hexentum und Wicca, die derzeit geradezu in eine emanzipatorische Modeerscheinung ausarten.

Auch ohne dass letztlich eine explizite Synthese erfolgt oder ein summierendes Modell vorgestellt wird, werden die Gleichartigkeiten, Gemeinsamkeiten und Grundsätzlichkeiten der Wege ins Neue Aeon klar deutlich. Wer bereit ist, neue Pfade zu beschreiten, sich von Konventionen und geistiger Knechtschaft zu befreien, seinen Willen zu ergründen und zu tun, der findet in diesem sehr liebevoll gestalteten und ausgeschmückten Band zahlreiche Ansätze und Denkanstöße, die mächtens sind, den Konsum- und Obrigkeitssklaven aus dem Tiefschlaf wachzurütteln und alternative Betrachtungs-, Denk- und Handlungsweisen freizulegen. Ein solides Einsteigerwerk mit wichtigen Grundgedanken über Welt und Wirken, das ich den Interessierten als Überblicksbetrachtung nur wärmstens empfehlen kann – und ich hoffe, dass die Lektüre dazu anregen kann, sich eingehender in der Fachliteratur mit den hier vorgestellten Wegen zu beschäftigen, denn ein Neues Aeon lässt sich nur gemeinschaftlich erschaffen.

Taschenbuch ‏ : ‎ 128 Seiten
Homepage des Verlages: http://www.esoterick.de
Homepage des Autors: http://www.LarsKronlob.de
[Inhaltsverzeichnis]http://www.larskronlob.de/esoterick/inhaltmagiedesseins.htm
[Leseprobe aus Teil 1]http://www.larskronlob.de/esoterick/leseprobemagiedesseins.htm

Randi, James – Lexikon der übersinnlichen Phänomene

James „The Amazing“ Randi, Preisträger des MacArthur Genius Award, kann auf eine beachtliche Karriere als Zauber- und Entfesselungskünstler verweisen, ist aber seit geraumen Jahren vor allem als führender Vertreter der Skeptikerbewegung bekannt und tat sich hervor, indem er das Wirken von Sonderlingen wie Uri Geller durchleuchtete und bloßstellte. Aufmerksamkeit erhascht er seit einigen Jahren vor allem durch seine fragwürdige Aktion, eine Million Dollar für die unwiderlegbare Präsentation eines paranormalen Phänomens ausgesetzt zu haben. Diese Summe dürfte er verschmerzen können; allein sein Dutzend Buchveröffentlichungen findet reißenden Absatz in der Gemeinschaft seiner Glaubensbrüder. Im deutschsprachigen Raum ist kürzlich das „Lexikon der übersinnlichen Phänomene“ erschienen, das ich etwas näher betrachten möchte und dessen skeptischem Inhalt ich ausgesprochen skeptisch entgegen trete.

Die Irritationen beginnen bereits beim Titel und seinem Anspruch. Im Deutschen als „Lexikon der übersinnlichen Phänomene“ betitelt, lautet die 1995 entstandene und 1997 erschienene Originalfassung „An Encyclopedia of Claims, Frauds and Hoaxes of the Occult and Supernatural“, eine deutlich abweichende Gewichtung, wie ich finde, die in der deutschen Fassung falsche Erwartungen wecken und voreilige Käufer unangenehm überraschen dürfte. Der Untertitel „Die Wahrheit über die paranormale Welt“ ruft einiges Stirnrunzeln bei mir hervor, denn abgesehen von dem damit postulierten Wahrheitsanspruch – jubilieret, endlich wieder jemand, der die viel zitierte Wahrheit kennt und durchschaut hat – wird die Erwartungshaltung noch zusätzlich in eine falsche Richtung gelenkt; im Gegensatz zum Originaltitel, der sich zumindest noch größtenteils mit dem tatsächlichen Inhalt deckt. Der Anspruch, sich als „Enzyklopädie“ oder „Lexikon“ bezeichnen zu dürfen, ist allerdings in beiden Fällen überzogen – und bei einem Einzelautoren ohnehin fragwürdig – und nicht gerechtfertigt, und das betrifft die Ebenen von Sachlichkeit, Objektivität, Umfang, Betrachtungstiefe, Vollständigkeit und Qualität.

In dieser eher als Kommentarsammlung zu betrachtenden Veröffentlichung geht es saftig skeptisch zur Sache. Was das anbelangt, bekommt das Buch durchaus seinen Existenzberechtigungsschein genehmigt und hätte eine solide Angelegenheit werden können, wenn Randi bei Themen geblieben wäre, von denen er konkret etwas versteht und die er gründlich recherchiert hat. So wären Entlarvungen von Spiritisten, Medien, Hochstaplern etc. garantiert in einen Bereich gefallen, zu dem Randi gerade als Zauberkünstler etliche fundierte Beobachtungen und Anmerkungen anbringen kann. Diese Themen werden im Buch auch angesprochen, die biographischen Ausführungen zu derlei Persönlichkeiten sowie einige Erklärungen zu besonders häufigen Tricks und Fehlannahmen stellen auch die wenigen Lichtblicke des „Lexikons“ dar. Außerdem dürfte für Leser, die selbst passionierte und glaubensfundamentierte Skeptiker sind, der überaus zynische, ironische und abfällige Tonfall, der das Buch durchzieht, eine echte Wonne sein; auf sachlicher Ebene ist diese Form allerdings völlig unangemessen und klar am Ziel vorbei kalkuliert. Das reicht höchstens, um sich unter Gleichdenkenden gegenseitig amüsiert bestätigend auf die Schulter zu klopfen, so wie es bei diesem Buch allein schon durch die Anmerkung von Isaac Asimov und das Vorwort von Arthur C. Clarke geschieht, ein Gespann, das sich in dieser Schulterklopferei schon seit langer Zeit genüsslich übt.
Es stellt sich bei der herablassenden Art und Weise direkt die Frage, für wen das Buch gedacht ist. Bei Berufs-Skeptikern reichen die hier verkündeten Wahrheiten nämlich höchstens für ein süffisantes „Ich hab’s schon immer gesagt“, bei noch schwankenden oder allzu leichtgläubigen Menschen, die sicher einigen Nutzen aus diversen Buchanteilen ziehen könnten, dürfte der Stil und die Art der Themenbehandlung sehr schnell abschreckend wirken.
Außerdem leiden selbst die vernünftig ansetzenden Passagen unter dem sich durchziehenden Makel der Oberflächlichkeit, subjektiven Auswahl und bruchstückhaften Darstellung. Oftmals ist nicht einmal klar, aus welchem Grunde bestimmte Schlagworte Einzug in die Sammlung fanden oder nach welchem Kriterium hier überhaupt ausgewählt wurde, manche Stichworte sind nicht mehr als hingeworfene Stichpunktbrocken, die zudem auch noch einzelne Teilaspekte aus dem Gesamtbegriff herauspicken. Zu einem klaren Kopfschütteln führt nach der Lektüre folgende Vorbemerkung Randis:
„Ich bin aufrichtig bemüht gewesen, mich bei der Zusammenstellung dieses Buches nicht dogmatisch auszulassen. Sollten in einzelnen Artikeln persönliche Ansichten – statt rein sachlicher Darstellungen – eingeflossen sein, bitte ich diese Aufdringlichkeit zu entschuldigen.“ Es tut mir leid, aber das ist schlichtweg lächerlich und entweder bewusst geheuchelt, ironisch gemeint oder aus mangelnder Selbsterkenntnis heraus formuliert. Das Buch besteht praktisch aus kaum etwas anderem, wobei auch hier völlig unklar ist, warum manche Einträge tatsächlich eine rein faktische Kurzdarstellung sind, andere mit ähnlichem Inhalt dagegen direkt ins Lächerliche gezogen und unsachgemäß abgehandelt werden. Willkür, Sprunghaftigkeit, Inkonsistenz, die angesprochene Oberflächlichkeit, Knappheit, Überheblichkeit und Wahrheitsansprüche ließen meine noch so bemühten Versuche, der Betrachtungsweise des Autoren zu folgen, versauern und führen letztlich dazu, dass ich auch die vernünftigen und sinnvollen Beiträge nicht mehr ernst nehmen kann und dem Skeptiker mit massiver Skepsis entgegen treten muss, wie schon eingangs angemerkt.

Als kleiner Einschub sei hier eine Kostprobe von Randis objektiver Logik kredenzt:
„Glauben Sie, dass Homöopathie okay ist, wenn sich jemand dadurch besser fühlt, auch wenn es nur im Geiste ist?“
Randi: „Auch durch Heroin fühlen sich die Leute besser, aber ich würde nicht empfehlen, Heroin zu nehmen.“
Man mag mir verzeihen, aber dieser völlig stumpfsinnige Vergleich ist jeden weiteren Kommentars unwürdig.

Ich möchte zur Verdeutlichung meines Eindrucks eine frei herausgegriffene Anzahl von Fallbeispielen aus dem Buch zitieren und kommentieren, die wiederum eher unbeabsichtigt mein Amusement hervorriefen (denn sich über derart geballte Schwachmatik zu ärgern hieße, derlei Äußerungen mehr Energie und Aufmerksamkeit zu widmen, als sie tatsächlich wert sind):

Um bei obigem Zitat zu bleiben, dessen Thema auch im Buch angesprochen wird, sei auf die Untersuchungen zur Homöopathie von Dr. Masuro Emoto (Untersuchungen der individuellen Kristallstruktur von Wassermolekülen) verwiesen sowie auf Arbeiten von Dr.rer.nat. Wolfgang Ludwig, des Schweizer Chemikers Louis Rey oder jene einiger Wissenschaftler des Kwangju Institute of Science of Technology in Korea; einige Artikel dazu waren beispielsweise auch hierzulande in der Bild der Wissenschaft nachzulesen. Die Sachlage ist bei der Homöopathie alles andere als geklärt.
Ein echter Schenkelklopfer ist der Kommentar zur Homöopathie: „Einziges Ziel der Homöopathen ist es, die Symptome einer Krankheit zu behandeln – nicht ihre Ursachen, die sie nicht anerkennen. Deshalb fällt die Homöopathie korrekterweise in den Bereich der Magie. Und der Quacksalberei.“ Köstlich. Wie die meisten aufgeschlossenen Mediziner bestätigen dürften, behandelt der Großteil schulmedizinischer Arzneien ebenfalls nur das Symptom von Krankheiten und löst nicht das ursächliche Problem (und versteht dieses zumeist gar nicht erst, so weit ist die Medizin noch nicht gediehen). Damit wissen wir ja nun, wo die Schulmedizin einzuordnen ist.
Ähnlich putzig sind die Ausführungen zum Begriff „Wissenschaft“: „Wahre Wissenschaft erkennt ihre eigenen Mängel. Diese Bereitschaft, die eigenen Grenzen, Fehler und das Vorläufige aller Schlussfolgerungen anzuerkennen, macht eine ihrer Stärken aus. Auf die Vorteile dieses Verfahrens verzichten müssen jene, die Wissenschaft zu betreiben vorgeben, aber es nicht wirklich tun: die zahlreichen produktiven Pseudowissenschaftler und die Spinner.“ Sehr amüsant, vielleicht sollte sich der gute Mann einmal in der Realität der „wissenschaftlichen“ Inquisition umsehen.

Unter dem Begriff „Abrakadabra“ lesen wir: „Name der höchsten Gottheit der Assyrer“. Das ist unbelegter Blödsinn, wenn man mich fragt. Die hier erwähnten Bezüge zu Amuletten etc. sind vielleicht auf die gnostische Gottheit „Abraxas“ zurückzuführen, die ebenfalls nur eine abgeschliffene Namenskürzung ist. „Abraxas“ kann in diesem „Lexikon“ übrigens auch nachgeschlagen werden, hier findet aber interessanterweise kein Rückverweis oder eine Verbindung statt. Amüsanterweise findet sich später im Lexikon der Eintrag „Marduk: In der assyrischen Mythologie der Gott der Götter…“. Oh, also doch. Ja, was denn nun? Ethymologisch lässt sich das „Abrakadabra“, das eigentlich ein „abrahadabra“ ist, übrigens auf das hebräische „ha brachah dabarah“ zurückführen, das etwa „den Segen sprechen“ bedeutet. So viel Tiefgang in der Recherche hat den Autor aber scheinbar überfordert.

Akupunktur ist Randi zufolge ebenso wie Homöopathie eine esoterische Behandlungsform ohne nachweisbare Wirkung und Nutzen. Kein Kommentar.

Die Kurzdarstellung des Okkultisten Dr. Rudolf Steiner im Zusammenhang mit seiner Anthroposophie ist ausgesprochen oberflächlich und hätte durchaus mehr Anlass geboten, um sich mit dem selektiven Geschichtsgedächtnis der Anthroposophen näher zu befassen, die Steiners führende Zugehörigkeit zu den Form gebenden okkulten und nationalistischen Organisationen und Orden der Jahrhundertwende, auch jenen, die sie selbst als „satanistisch“ verteufeln, gern ignorieren. Nur ein Beispiel unter vielen, wo eine an sich interessante biographische Betrachtung durch ihre selektive Form zur Nutzlosigkeit verkommt. Eine „Enzyklopädie“ bietet sicherlich etwas mehr Raum für eine paar zusätzliche Zeilen, ansonsten hätte man sich diese gesonderten Stichpunkte auch gerade heraus sparen können.

Wir lernen außerdem: „Beelzebub“ ist im Neuen Testament der oberste Teufel und ein anderer Name für Satan. Die Bibelstelle dazu lasse ich mir gern zeigen, aber soweit mir bekannt, hat der „Oberste der bösen Geister“ dort den Namen „Beelzebul“, vermutlich in Anlehnung an den alttestamentarischen „Baal“. Wiederum recht dürftig.

Erich von Däniken wird als „Mystiker“ bezeichnet. Vielleicht sollte er mal den hier recht frei verwendeten Begriff in einem richtigen Lexikon nachschlagen – oder die Übersetzer haben hier schwer gefuscht.

Aleister Crowley wird schlichtweg als „Satanist“ bezeichnet, was nicht nur oberflächlich, sondern rundheraus falsch ist. Er nannte sich Randi zufolge „Das Tier 666“ wegen des Bezuges aus der Offenbarung. Dass er dies letztlich eher provokativ und selbstironisch tat, weil seine Mutter ihn stets als das Große Tier bezeichnete, scheint dabei unwesentlich und ginge für ein derart oberflächliches Buch wohl analytisch auch zu sehr in die Tiefe.

Die durch den englischen Hofmagus Dr. John Dee gefundene und bekannt gewordene Sprache des Enochischen oder Henochischen wird im Lexikon als „Enochianisch“ angegeben, eine Formulierung, die mir gänzlich neu und vermutlich eine kreative Eigenleistung der Übersetzer ist.

Zum Begriff der Kundalini: „Ein Sanskritwort, das ‚Schlangenkraft‘ bedeutet. Dabei handelt es sich um die feurige Schlange, die angeblich zusammengerollt an der Basis der menschlichen Wirbelsäule schläft. Trotz eifriger Suche ist es Anatomen bisher nicht gelungen, die Kundalini aufzuspüren.“ Ein selten unqualifizierter Kommentar zu bildhaft-mythologischen und metaphysischen Überlieferungen.

In Bezug auf Nostradamus gibt es einen netten kleinen Schnitzer, als er erwähnt, dass in II,51 das Wort „antique“ im Altfranzösischen nicht „alt“, sondern „exzentrisch“ oder „schrullig“ bezeichnet. Warum in seiner Übersetzung dann die entsprechende Zeile mit „Die alte Dame wird von [ihrem] hohen Platz stürzen“ angegeben wird, weiß vermutlich nur Wahrheitsapostel Randi. An späterer Stelle wird das Wort dann noch mit „senil“ gleichgesetzt. Saubere Arbeit. Er liefert an dieser Stelle übrigens auch gleich die einzig korrekte Interpretation des zugehörigen Vierzeilers, endlich jemand, der weiß, was Nostradamus uns sagen wollte (was natürlich nicht als Eigenwerbung für sein diesbezügliches Buch verstanden sein darf).
Zu Nostradamus sei allerdings angemerkt, dass zu den erfreulichen Lichtblicken des Buches die zahlreich vertretenen Weltuntergangs-Prophezeiungen gehören, die Randi genüsslich zerlegt. Hier ist der Tonfall durchaus mal angemessen, das Lesen macht Freude und die zeugenden Jehovas dürfen sich verschämt die Augen zuhalten.

So, weiter im Text. Beim Eintrag unter „Pentagramm (auch Drudenfuß)“ wird in keiner Weise auf Herkunft oder Symbolik eingegangen, sondern lediglich erwähnt, dass man dieses Zeichen als Talisman mit sich herumträgt oder als Bannkreis für Dämonen verwenden kann. Sehr fundierte und schrecklich hilfreiche Analyse. Genau deswegen sind Lexika wie dieses so unentbehrlich für die Allgemeinbildung. Aber ich weiß jetzt ja auch dank Randi, dass „Abrakadabra“ gern als Spruch zum Höhepunkt eines Zaubertricks verwendet wird…

Zu der Tatsache, dass man auch in der „Neuen Welt“ Runenzeichen auf Monolithen und Grabmalen fand, merkt Randi an, dass es sehr unwahrscheinlich wäre, dass diese echt sind. Dass die Wikinger schon geraume Zeit vor den katholischen Eroberern in Amerika gelandet waren und dies inzwischen auch nicht mehr angezweifelt wird, scheint nicht bis zu ihm vorgedrungen zu sein. Andererseits ist Randi natürlich im Alleinbesitz der einzigen Wahrheit und schlägt jeden Fachwissenschaftler, da er meint, zu so ziemlich jedem Wissensgebiet seinen Kommentar abgeben zu müssen.

Der „Sabbat“ wird von Randi nur auf seinen Wesenszug als heidnisches Hexenfest erwähnt, er hält es nicht einmal für nötig, dies begrifflich als „Hexensabbat“ abzuheben. Da werden sich die Juden freuen. Vollständige und tief greifende „Enzyklopädien“ sind doch immer eine Bereicherung.

Nun ja, und bevor ich mich doch noch zu ärgern beginne, klatsche ich dieses Buch, das die Welt nicht braucht, in eine dunkle Ecke und widme mich wieder sinnhafter Lektüre. Zur Belustigung für zwischendurch ganz nett, wenngleich es an die Broschüre über Okkultismus von der Hamburger Behörde nicht ganz heran kommt. Schade, hätte durchaus etwas draus werden können. Wenigstens weist der Anhang ein Literaturverzeichnis auf, so dass man sich darüber informieren kann, woher die fundierten Ansichten abgepinselt wurden.

Homepage des Autors: http://www.randi.org/
[Beispiel]http://www.alternativescience.com/randi_retreats.htm für die Ablehnung einer leider gut überprüfbaren Herausforderung

Hanjo Lehmann – Die Truhen des Arcimboldo

Hanjo Lehmann, Jahrgang 1946, sitzt in seinem nach meinem Ermessen fabelhaften Kirchen-Thriller nicht gerade zimperlich mit den Machenschaften der Träger von blütenrein gewaschenen Talaren zu Gericht; insofern hätte das Buch auch der Rubrik „Zeitkritik“ zugeordnet werden können. Was das angeht, sei direkt eine Vergleichsmöglichkeit zu ähnlich gelagerten Werken von Vandenberg gezogen, auch Stilelemente des ewig gern heran zitierten Eco-Klassikers „Der Name der Rose“ lassen sich formgebend antreffen.
Lehmann studierte Germanistik, Philosophie und Medizin. Der einzige mir bekannte weitere Roman des Autors ist das 2001 erschienene „I killed Norma Jeane“, das wohl missglückt sein soll, wie ich aber nur als Hörensagen wiedergeben kann. Die gebundene Ausgabe des vorliegenden Werkes „Die Truhen des Arcimboldo“ wurde 2002 von Rütten & Loening erneut aufgelegt, die zunächst beim Aufbau-Taschenbuch-Verlag erschienene Broschur gab es dann als Neuausgabe von Bastei-Lübbe, nun wurde von |Aufbau| die Broschur in der 19. Auflage wieder herausgebracht; beides kommt zum echten Kaufmichpreis.

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Farkas, Viktor – Rätselhafte Wirklichkeiten

Viktor Farkas, Jahrgang 1945, widmet sich seit vielen Jahren der Erforschung grenzwissenschaftlicher Phänomene, immer auf der Jagd nach neuen Berichten und Begebenheiten. Sein Bestseller „Unerklärliche Phänomene“, mittlerweile neu aufgelegt und überarbeitet, hat weltweit Interesse und Beachtung hervorgerufen. Er ist ebenso wie Dr. Johannes Fiebag & Peter Fiebag, Hartwig Hausdorf, Ernst Meckelburg und Dr. Carlos Calvet Mitglied der VfgP.

In „Rätselhafte Wirklichkeiten“, das ich schon vorweg als Ausnahmeveröffentlichung dieses Genres bezeichnen möchte, hat er sich teils älterem Material zugewandt und dieses überarbeitet und aktualisiert, darüber hinaus aber auch viel Neues zu berichten. Farkas plaudert für uns „aus den Archiven des Unerklärlichen“ und lässt es nicht dabei bewenden, eine auf Dauer ermüdende Auflistung vorzubringen. In der Tat waren die „Rätselhaften Wirklichkeiten“ die erste Sammlung dieser Form, die ich förmlich am Stück verschlang, was sowohl an der Themenauswahl und dem sympathischen Schreibstil – in stets möglichst vorsichtiger Formulierung, ohne Pseudoerklärungen und Einseitigkeiten zu strapazieren – liegen mag, als auch daran, dass in den 80 Unterkapiteln nicht nur Ereignisse, Orte und Seltsamkeiten beschrieben werden (weit mehr als die auf dem Buchrücken angesprochenen „80 Begebenheiten“ übrigens), sondern stets Querverweise und Erklärungsmöglichkeiten erfolgen und, wo möglich, Hintergrundinformationen angeboten werden. Jedem Hauptkapitel geht das passende Zitat einer bekannten Persönlichkeit voran, jedem Unterkapitel eine stimmige Kurzeinleitung.

Das sehr umfangreiche Literaturverzeichnis ist lobend hervorzuheben, ich fände es allerdings deutlich positiver, wenn der entsprechende bibliographische Verweis direkt nach jedem Abschnitt erfolgen würde oder in diesen eine Nummerierung auf das Quellbuch verwiese, was einfach der wissenschaftlichen Notation entspräche. So dürfte es etwas mühselig werden, konkrete Recherchearbeit zu leisten. Dennoch: eine vergleichsweise solide Sammlung und Auflistung von Quellmaterial. Hinzu kommen 32 im Buch verteilte Hochglanz-Bilder, die dem stimmungsvollen Lesen deutlich zuträglich sind. Ein Register fehlt hier ebenfalls nicht, so dass die formalen Aspekte schon einmal zufrieden stellend erfüllt wurden.

Viktor Farkas hat bei der Auswahl der Materialien seiner teils erstaunlichen Schilderungen darauf geachtet, auf möglichst belegbare Vorkommnisse und Forschungsergebnisse zurück zu greifen und die Menge an „Hörensagen“ zu minimieren. Zwar kann das Buch dem verheißungsvollen und überzogenen Anspruch des Rückentextes natürlich nicht gerecht werden, der meint: „Denn die unglaublichen Geschichten werden alle mit hieb- und stichfesten Hintergrundinformationen untermauert, die jeden Zweifel an ihrer Wahrhaftigkeit ausschalten.“ – Das wäre natürlich eine feine Sache, doch dem ist nicht so. Dennoch handelt es sich zumeist um Fälle, die zumindest nicht widerlegt werden können, die durch wissenschaftliche Untersuchungen gestützt werden oder zumindest durch eine ausreichend hohe Anzahl glaubwürdiger Zeugenaussagen fundamentiert werden, um nicht direkt als Belanglosigkeiten belächelt und vom Tisch gefegt werden zu können. Es geht Farkas übrigens nicht darum, eine wissenschaftlich nicht erklärbare Realität zu untermauern, sondern die Beschränkungen unseres Verständnisses der Welt aufzuzeigen und zum neugierigen Weiterforschen und Überschreiten von Konventionsschranken wissenschaftlicher Arbeitsweise mit offenem Blick und unter Erwägung alternativer Möglichkeiten zu animieren.

Meine besondere Neugierde weckten in diesem Falle übrigens die grenzwissenschaftlichen Erwähnungen, die über reine Psi-Phänomene hinaus gehen, so zum Beispiel Berührungspunkte zu Freier Energie oder Gravitationsanomalien. Aber in diesem Buch dürfte für so manchen etwas dabei sein und interessierte Laien wie auch skeptisch Unschlüssige sind eingeladen, Farkas‘ Ausführungen zu folgen und eine verborgene und gern geleugnete Wirklichkeit zu erforschen. Einen Überblick über die angesprochenen Bereiche gibt die nachfolgende grobe Inhaltsübersicht:

Vorwort: Wenn Trugbilder und Dogmen wanken

Teil I: Geheimnisvolle Fähigkeiten
1 Die Kräfte des Geistes
2 Die Rätselhaften

Teil II: Wir sind nicht allein
3 Intelligentes Leben neben uns
4 Die Schatten der Anderen

Teil III: Leben und Tod
5 Im Grenzbereich
6 Die Jenseits-Connection

Teil IV: Unbekannte Kräfte und Mächte
7 Attacken aus dem Anderswo
8 Fremdartige Naturerscheinungen
9 Zeit aus den Fugen

Teil V: Was es nicht geben dürfte
10 Harte Nüsse für die Schulwissenschaft
11 Wenn die Logik nicht mehr mitspielt
12 Verbotenes Wissen

Nachwort
Anhang

Homepage des Autors: http://www.vfgp.de/farkas/

Hausdorf, Hartwig – Begegnungen mit dem Unfassbaren

„Begegnungen mit dem Unfassbaren“ – ein weiterer reißerischer Titel der Superlative, dessen Inhalt nicht wirklich so unfassbar ist, wie vermutet werden sollte. Aber interessant sind die „Reisen zu den geheimnisvollsten Stätten dieser Welt“ (ach, schon wieder ein Superlativ) allemal, die Hartwig Hausdorf hier beschreibt, seines Zeichens langjähriger Erforscher des Unerklärlichen und Autor zahlreicher Veröffentlichungen zu diesem Themenbereich. Er ist ebenso wie Ernst Meckelburg, Viktor Farkas, Dr. Carlos Calvet oder Dr. Johannes Fiebag Mitglied im VfgP (Verein für grenzwissenschaftliche Phänomene) und in Dänikens A.S.S. (Forschungsgesellschaft für Archäologie, Astronautik & SETI). Das Buch erschien zuvor unter dem Titel „X-Reisen“ (ein bedeutend geschmackvollerer und passenderer Titel, wie ich finde) bei Herbig und wurde für Knaur vollständig überarbeitet und aktualisiert.

Bekannt wurde Hausdorf vor allem durch die Tatsache, dass es ihm als erstem westlichen Forscher gestattet wurde, für einen kurzen Zeitrahmen archäologische Forschungen in China zu betreiben. Dabei entdeckte er für die westliche Welt die lang verborgenen und verheimlichten chinesischen Pyramiden, die in Anzahl und teils auch Größe die Summe der weltweiten Funde vielfach übertrumpfen dürften, Südamerika eingerechnet. In kurzen Auszügen und Darstellungen widmet er sich diesen Funden auch in „Begegnungen mit dem Unfassbaren“, und hier komme ich zu dem Faktum, das die Darstellungsweise des Buches etwas aus der beachtlichen Masse an Veröffentlichungen zu ähnlichen Themen heraushebt: Die einzelnen Kapitel sind zu einem guten Teil in Form von Reiseberichten aus eigener Erfahrungssicht heraus gestaltet, angereichert mit Hintergrundinformationen und gelegentlichen Vergleichsfällen.

Zwar nimmt Südamerika hierbei den größten Raum ein, zumeist basierend auf einer Gruppenreise zusammen mit Dr. Johannes Fiebag 1996 (was in dieser Form in der zweiten Hälfte des Buches wiederholt ausgeführt wird, etwas nervend und den Schluss nahe legend, dass die Berichte nicht im Zusammenhang, sondern lose gesammelt entstanden). Doch Hausdorf nimmt auch verschiedenste andere Lokalitäten in Augenschein und geht dabei durchaus schematisch vor. Die Reise führt von Deutschland (die ersten drei Kapitel) über die Karpaten und Malta nach China, Australien, die Osterinsel und schließlich nach Süd- und Mittelamerika. In den meisten Fällen handelt es sich um Orte, die Besuchern zugänglich sind und somit jenen mit genügend finanzieller Polsterung Anreiz zu faszinierenden Ausflügen abseits des Pauschaltourismus sein sollte. Dass auch Seltsamkeiten im deutschen Raum angeführt werden, finde ich dabei sehr positiv, denn nicht jeder kann mal eben die Bauten Perus bestaunen fliegen.
Der Schreibstil ist dabei angenehm zu lesen und inhaltlich gut gemischt dargestellt, wenn auch teils etwas selbstverliebt in seiner Art. Persönliche Kommentare zu den Orten, die auch über die Buchthematik hinausgehen, verleihen dieser Veröffentlichung eine sympathische Note. Vier Dutzend teils großformatige Fotos und Skizzen reichern die Reiseberichte an, eine Liste mit Begriffserklärungen fehlt ebenso wenig wie ein Ortsregister für diesen kleinen Reiseführer des Unerklärlichen. Eine Spezialität sind die Reisehinweise zu etlichen der vorgestellten Orte im Anhang, inklusive Anschriften und Kontaktadressen. Da juckt es den Leser spontan in den Füßen, loszulegen und sich einen eigenen Eindruck von diesen ungewöhnlichen Orten und Vorkommnissen zu verschaffen, wäre da nicht die finanzielle Frage im Wege.

Das Buch bietet eine interessante Auswahl an besonderen Orten und „Sehenswürdigkeiten“ (im Wortsinne) und könnte in dieser Form gern eine Fortsetzung erfahren, wenngleich der Informationsgehalt zu Hintergründen und Lokalgegebenheiten nicht zu sehr in die Tiefe geht und eher als Zusatzlektüre oder Anreiz für andere Veröffentlichungen dieser Sparte zu betrachten sein sollte.
Die Einzelheiten der Darstellung kann man nachfolgender Kurzübersicht des Inhaltes entnehmen:

Vorwort: Wenn einer eine Reise macht
1 „Sternenkind“ aus dem Jahre 1735?: Deutschlands unheimlichstes Museumsstück
2 „Göttliche“ Vorbilder?: Schädeldeformationen auch in unsrem Land
3 „Mind over matter“: Spukorte in Oberbayern
4 „Götterkriege“ in den Karpaten: Kam die Vernichtung von oben?
5 Kleine Insel – Große Rätsel: Malta ist immer eine Reise wert
6 Im Schatten der vergessenen Pyramiden: Auf Forschungsreise durch das verbotene China
7 „Wenn es nicht so fantastisch klingen würde…“: Die Sternenkarte aus dem Mumiengrab
8 „Terra australis incognita“: Mysteriöse Funde aus der „Traumzeit“
9 Wenn Steine reden könnten: Die Riesen der Osterinsel hüten ihr Geheimnis
10 Horrornacht im Dreiländereck: Am Originalschauplatz einer UFO-Entführung
11 Verkehrte Welt: Bergauf geht’s nach unten!
12 Rätsel der Anden: Die zeitlosen Ruinen von Puma Punku
13 Am „Gipfel der grausamen Götter“: Weltwunder im Hochland von Kolumbien
14 „Baut ein Abbild eures Sonnensystems!“: Teotihuacan – ein gigantisches Planetarium in Stein
15 Trauminsel mit besonderer Note: Puerto Rico – die Insel der UFOs
16 Die Pyramiden von Güimar: Vermächtnisse eines erloschenen Vulkans
Begegnungen mit dem Unfassbaren
Begriffserklärungen
Einige Worte zum Ausklang
Danksagung
Ortsregister

Homepage des Autors: http://www.vfgp.de/hartwighausdorf/

Haber, Karen (Hg.) – Geheimnis der Matrix, Das

„Matrix Reloaded“ war mit grandiosem Erfolg in den USA gestartet und hatte sofort neue Kassenrekorde aufgestellt, obwohl es wegen seines Gehalts an Sex (virtueller Sex?) und Gewalt erst ab 17 mit Elternbegleitung freigegeben wurde (R-rated). Doch es bleiben noch immer ein paar grundsätzliche Fragen, und die versuchen die AutorInnen des vorliegenden Sammelbandes zu beantworten oder zumindest einzukreisen. Unter den Autoren finden sich dabei höchst klingende Namen wie etwa der von Bruce Sterling, einem der Erfinder des „Cyberpunk“, und David Brin, seines Zeichens ein gestandener Physiker, der obendrein einer der erfolgreichsten Science-Fiction-Autoren ist. Insgesamt sind 14 Beiträge unterschiedlicher Länge enthalten. Für Freunde des Films, die schon immer wissen wollten: „What is the Matrix?“ und ist sie überhaupt möglich, ist diese Anthologie sehr empfehlenswert.

Karen Haber, geboren 1955, ist seit 1987 die Gattin von Robert Silverberg, einer der lebenden Legenden der Science Fiction. Ebenso wie er hat sie sich als Herausgeberin von guten Anthologien einen Namen gemacht. Im Genre der Science Fiction kennt sie alles, das Rang und Namen hat. In Deutschland wurde von ihr der Mutanten-Zyklus bei Heyne veröffentlicht, dessen fünf Romane sie fast vollständig ohne Kooperation mit ihrem Mann schrieb.

Es wäre nun relativ ineffizient, alle Beiträge als Liste abhaken zu wollen. Vielmehr lassen sich fast alle Beiträge in wenigen thematischen Gruppen zusammenfassen:

In der ersten Gruppe beschäftigen sich die AutorInnen mit dem Film „The Matrix“ an sich: Was macht ihn so besonders, woher kommt sein Erfolg, wie sind seine Machart und Ideen zu bewerten? Den besten Beitrag dazu hat meiner Ansicht nach Bruce Sterling geschrieben: „Jeder andere Film ist die blaue Kapsel“. Sterling lässt sich nicht täuschen von den Spezialeffekten, den vielfältigen Zitaten aus allen möglichen Literaturwerken, Philosophien und Religionen, sondern sagt knallhart, was hier Sache ist. Man merkt ihm an, dass er in den frühen Achtzigerjahren Herausgeber des wichtigsten Cyberpunk-Organs war.

Paul di Filippo führt zahlreiche Einflüsse aus der Literatur an, um klarzumachen, dass ein Phänomen wie Matrix nicht aus dem Nichts gekommen ist, sondern zahlreiche Wurzeln aufweist, nicht zuletzt Cyberpunk. Karen Haber ist ebenfalls aufgefallen, dass Design und Spiegel eine wichtige Rolle im Film spielen. Diese Lack-und-Leder-Fetischisten sehen einfach obercool aus. Und genau das macht Neo & Co. zu so verführerischen Leitbildern für die Jugend. Aber nicht für irgendwelche Basketballspieler an amerikanischen Highschools und Colleges, sondern für ihre Computer spielenden Brüder, die gerne auch so abgefahren aussehen möchten wie Neo, um damit die Mädels zu beeindrucken. Außerdem: Wer wollte nicht auch fliegen wie Neo und kämpfen wie Morpheus? Leider sind sie auch Waffenfetischisten par Excellence: „We need guns. Lots of guns.“ Das dachten sich die Attentäter von Littleton auch, als sie den Anschlag auf die Columbine Highschool vorbereiteten. Star-Wars-Autor Kevin J. Anderson befasst sich ernsthaft mit dem Aspekt des schlechten Einflusses auf die Jugend. „Die Rache der Unterdrückten, Teil 10“ lautet denn auch sarkastisch das Fazit von Alan Dean Foster, dem Schöpfer des Humanx-Commonwealth-Universums.

David Brin legt den rückwärts gewandten Romantizismus des von einer Prophezeiung bestimmten Films offen: Weil Neo der „Auserwählte“ ist, von Morpheus alias Johannes dem Täufer ausgebildet und vom Orakel quasi gesegnet ist, wird er seiner Bestimmung zugeführt. Und durch Trinity alias Maria Magdalena wird dieser neue Jesus vollends unsterblich. Sind das die Leute, die eine Ahnung davon haben, wie unsere Zukunft aussehen soll? Die Wissenschaft und Technik lieben? Genauso wenig wie Tolkien die „schwarzen satanischen Mühlen“ (W. Blake) in „Herr der Ringe“ liebte. Nur tragen sie jetzt einen anderen Namen: Matrix!

Aber die Matrix hat zwei Aspekte: Da sie eine Totalsimulation ist, fällt es extrem schwer, sie zu erkennen. Und da sie eine Simulation ist, muss jemand es geschafft haben, Riesenmengen von Daten und Energie dafür abzuzweigen. In der Matrix herrscht auf ewig das Jahr 1999 mit all seinen schönen und schmutzigen Seiten. Frauen in roten Kleidern sind eine subversive Erscheinung, der Rest der Menschheit verhält sich wie hirnlose Schafe. Höchste Zeit, dem weißen Kaninchen bis in die tiefsten Tiefen des Kaninchenbaues zu folgen wie weiland Alice. Es ist Neos Seelenführer im Auftrag des global gesuchten Oberterroristen Morpheus. Neo kennt zwar Baudrillards Buch über Simulacren und Simulation, so dass er ahnt, dass etwas nicht mit der Welt stimmt, aber er weiß nicht, was es ist. Das Problem betrifft also Erkenntnisfähigkeit und Wahrnehmung – zwei Aspekte, die von John Shirley ebenso aufgegriffen wird von Kathleen Ann Goonan: Was hält die Welt im Innersten zusammen? Und wer hat die Welt/Matrix entworfen und gebaut, zu welchem Zweck und mit welchen Vorgaben? Wenn die Matrix zerstört werden kann, was ist dann die Nachfolgewelt und wer soll dort herrschen?

Der Brite Ian Watson beschriebt die Matrix gleich als ein Simulacrum (künstliches Abbild), und sein Landsmann Stephen Baxter berechnet mathematisch und nach physikalischen Maßgaben, wie viel Energie und Daten man aufwenden müsste, um ein Matrix-Simulacrum der Welt zu erschaffen. Je größer der Rauminhalt der Welt, desto exponentiell größer die nötige Daten- und Energiemenge. Das Simulakrum einer Stadt verbraucht weniger davon als etwa ein Kontinent und so weiter. Man geht von einer Datenmenge von 1 Megabyte aus, die nötig ist, eine Totalsimulation eines einzigen Wasserstoffmoleküls zu erschaffen. Die Rede ist also von astronomisch großen Datenmengen. Natürlich müsste nicht jedes Haus komplett erschaffen werden, sondern wie im Film nur seine Frontseite etc. Das wird ja so auch in Spielen gemacht. Dennoch ist die erforderliche Rechenkapazität enorm. Und die nötige Energie sollen Menschen liefern? Irgendwo geht die Rechnung nicht auf.

Die restlichen Beiträge beschäftigen sich mit sehr speziellen Aspekten des Films. Rick Berry beispielsweise ist als Filmdesigner der Schöpfer der Schlusssequenz von „Vernetzt – Johnny Mnemonic“. Keanu Reeves spielte auch hier eine Cyberpunk-basierte Rolle in einer Story, die Cyberspace-Erfinder William Gibson geschrieben hatte. Als Mann vom Fach bewertet Berry also „Matrix“ und dessen Fortsetzungen: Kann zum Beispiel ein Hirnstecker funktionieren? Das sollte man sich mal überlegen.
Während Dean Motter als Comiczeichner sich über die Architektur in „Matrix“ auslässt und Darrel Anderson als Cyber-Guru demonstriert, dass künstliches Leben wie die Spinnenspäher in „Matrix“ möglich ist, steuert Star-Wars-Autor Walter Jon Williams mit seinem Essay über „Yuen Woo-Ping und die Kunst des Fliegens“ einen der informativsten und besten Beiträge zu diesem Buch bei. Man erfährt so zum Beispiel, dass der Stunt-Choreograph von „Matrix“, Yuen Woo-Ping, ein enger Freund eines gewissen Jackie Chan war/ist und dessen Riesenerfolg erst möglich machte, indem er die traditionelle männliche Heldenfigur der Peking-Oper, aus deren Tradition beide stammen, umschrieb, um sie gegenwartstauglich zu machen. Chan ist kein Übermensch mehr, sondern ein hasenfüßiger Normalo mit komischen Seiten. Dass Yuen Woo-Pings „Kunst des Fliegens“ keineswegs ungefährlich ist, zeigte sich wieder bei den Matrix-Sequels: Während Reeves Muskelzerrungen und blaue Flecken davontrug, brach sich Kollegin Moss ein Bein. Aber das war beim Motorradfahren.

Das ist aber noch nicht alles. Der Redakteur der deutschen Ausgabe, Alexander Martin, hat zu jedem/r der AutorInnen einen kurzen Eintrag geschrieben, der berichtet, was die Tätigkeitsfelder des Beiträgers sind und wo man im Internet mehr darüber erfahren kann.
Die Lesetipps im Anhang sind zweigeteilt. Bei den „Romanen und Erzählungen“ gehören natürlich zu den wichtigsten Autoren William Gibson und Philip K. Dick. Aber auch Christopher Priest („Die Amok-Schleife“), Daniel F. Galouye („The 13th floor“) und Bruce Sterling („Schismatrix“) werden genannt. Diese Liste stellt wirklich nur das absolute Minimum für Einsteiger dar.
In der Sektion „Sachbücher“ finden sich ebenfalls die üblichen Verdächtigen. Jean Baudrillard mit „Agonie des Realen/Kool Killer“, da Neos Baudrillard-Buch „Simulacra und Simulation“ immer noch nicht komplett auf Deutsch vorliegt. Dass die Wachowski-Brüder kräftig bei Joseph Campbell abgeschaut haben, lässt sich anhand von dessen Standardwerk „Der Heros in tausend Gestalten“ nachprüfen. Es handelt sich um „eine Typologie der schöpferischen Phantasie des Menschen“ – was auch immer das heißen mag. Jedenfalls holen sich hier Hollywood-Drehbuchschreiber so manche Idee, wie es mit dem Plot weitergehen soll. Der Held muss mehrere Entwicklungsstufen durchlaufen, bevor er die Welt (oder was auch immer) retten darf/kann; für die Heldin gilt auf weiblicher Ebene Entsprechendes.

Ebenso wie die Matrix-Filme wendet sich auch dieses Buch nicht an Anspruchslose, sondern fordert zum Mitdenken auf. Zwar wird dafür einiges an Weltwissen nötig – Physik, Design, Filme, um nur ein paar Gebiete zu nennen -, aber das meiste davon wird frei Haus mitgeliefert. Der anspruchsvollste Beitrag stammt von Stephen Baxter, aber der erklärt sein Thema ebenso verständlich und kompetent, wie der Amerikaner Lawrence Krauss uns die Physik von Star Trek und anderer Science-Fiction-Ideen erklärt hat. (Krauss‘ Bücher erschienen ebenfalls in der Heyne-SF-Reihe.)
Der Anhang macht das Buch auch praktisch benutzbar, da man damit in den nächsten Buchladen oder auf die nächste Website gehen und entsprechende Werke kaufen oder Infos besorgen kann.
Insofern weiß dieses Buch ebenso zu begeistern wie Karen Habers schöne Anthologie „Tolkiens Zauber“, die ich an anderer Stelle bereits vorgestellt hatte.
In jedem Fall sollte man sich mit dem Kauf dieses Buches beeilen, denn in unserer Matrix lautet das Motto neuerdings: „Life’s a sim, and then you’re deleted“…

_Michael Matzer_ (c) 2003ff
(lektoriell editiert)

Ernst Meckelburg – Die andere Wirklichkeit

Der Name „Ernst Meckelburg“ ist alles andere als unvertraut, wenn es um Paranormales und unerklärliche Phänomene geht. Der Wissenschaftsjournalist und technisch versierte Autor, Jahrgang 1927, hat mittlerweile eine wahre Flut an Büchern und Fachartikeln zu grenzwissenschaftlichen Themen herausgebracht, darunter etliche Bestseller im In- und Ausland.
Wenn mich nicht alles täuscht, erschien das vorliegende Werk „Die ‚andere‘ Wirklichkeit“ bereits 1998 unter dem der Zeitströmung angepassten Aufmachertitel „Die Titanic wird sinken“; eine Anbiederung, die ich skeptisch betrachte, aber aus Marketinggründen natürlich verständlich ist. Vorhersagen dieser und anderer Natur waren wohl auch der Auslöser, diese Sammlung von Berichten zu veröffentlichen, die auch nicht im Zusammenhang geschrieben, sondern eher in Teilen entstanden und zusammengefügt zu sein scheint.

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Gruber, Elmar R. – PSI-Protokolle, Die

Die Untersuchung der PSI-Phänomene hat es in den letzten 20 Jahren geschafft, aus dem Schatten der etablierten Wissenschaft herauszutreten und ihr stiefmütterlich geführtes, allzu gern belächeltes Dasein in die Gestalt ernsthaft und sorgfältig betriebener Forschungsarbeit zu transformieren, und sei es nur in Gestalt neuer Bereiche wie der „Transpersonalen Psychologie“. Dies geschieht zu einem Gutteil noch immer jenseits der Wahrnehmung der Öffentlichkeit, was teilweise daran liegt, dass die hier erbrachten Ergebnisse leider nicht mit Wundern und spektakulären Sensationen protzen können, nach denen es die Menschen stets verlangt. Die tatsächliche Arbeit ist in etwa so aufregend wie die jahrelange Auswertung von Zahlenkolonnen bei Messungen in Teilchenbeschleunigern, doch die Konsequenzen sind ebenso berauschend und hoffnungsvoll wie eben dort. So sollten wir dankbar sein, dass die Fachkundigen so viel Geduld für Feinarbeit aufbringen, um den resultierenden Erkenntnissen den gebührenden Vorschub leisten zu können. Der interessierte Laie muss sich jedoch damit anfreunden, auf die nur selten nachprüfbaren Wunderberichte über Jedi-Kräfte in seiner Erwartungshaltung zu verzichten, wenngleich seltene Sonderfälle durchaus noch unmittelbar Erstaunliches zutage fördern.

Die Zahl akademischer Grade unter den in diesem Bereich wissenschaftlich Aktiven ist inzwischen beeindruckend, um nicht zu sagen: erschlagend. Dem mittlerweile verstorbenen Professor Hans Bender kommt auf diesem Sektor, unter anderem mit seinem „Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene“, zweifelsohne eine Vorreiterposition im deutschsprachigen Raum zu. Der österreichische PSI- und Bewusstseinsforscher Dr. Elmar R. Gruber, Jahrgang 1955, war Mitarbeiter von Bender und studierte Psychologie, Philosophie und Ethnologie. Er hält noch immer zahlreiche Kontakte zu den Forschungskollegen im Bereich des „Unerklärlichen“ und gestattet der Öffentlichkeit in seinem Werk „Die PSI-Protokolle“ einen Blick hinter die Kulissen dieses bahnbrechenden Forschungsbereiches, hinein in die weltweit aktiven Labors, bis hin zu nur wenig bekannten empirischen Befunden aus Russland, China und Japan, wo derlei Tätigkeiten ausgesprochen ernst genommen werden.

Dabei greift Gruber zunächst auf die Anfänge der wissenschaftlichen PSI-Forschung im militärischen Sektor zurück und bietet neben einer historischen Aufarbeitung und der Schilderung besonders interessanter Fälle Einblick in die Resultate und Entwicklungen. Eine höchst interessante Darstellung, die nicht zuletzt durch angeordnete Offenlegung etlicher bislang geheim gehaltener Verschlussakten ermöglicht wurde. Hier hält er sich vornehmlich an das, was aus den USA an Fakten vorliegt, da die Arbeiten aus Russland und Asien aufgrund der politischen Situation verständlicherweise höchstens über Gerüchte und Vermutungen den Weg in unsere Gefilde fanden.
Im nachfolgenden Teil des Buches präsentiert Gruber auch aus diesen Gebieten einiges an Fakten, allerdings aus neuerer Zeit, begünstigt durch den politischen Klimawechsel. Dieser und der nachfolgende Part bilden den wichtigeren Hauptteil des Werkes, der aktuelle Forschungen vorstellt. Dies geschieht, und darauf wird in der Gesamtdarstellung großer Wert gelegt, in wissenschaftlich fundierter und durch Quellen, Fachveröffentlichungen, Protokolle und Signifikanzanalysen (mit teils atemberaubend hoher Zahl an Einzeluntersuchungen) abgesicherter Weise.

Gruber begnügt sich erfreulicherweise nicht mit einer reinen Aufzählung von Experimenten und unerklärlichen Vorfällen, sondern hat einiges an theoretischen Ansätzen, Erklärungsmodellen und Querverbindungen zur Neuen Physik und Bewusstseinsforschung parat. Nicht die durchaus interessanten Vorkommnisse, sondern deren Deutung und Einordnung in ein konsistentes Theoriegebäude stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Eine wesentliche Erkenntnis, die aus den Quantentheorien erwuchs, ist hierbei die Tatsache, dass in jedem Experiment der Beobachter stets einwirkender Teil des Versuches ist; dies umso mehr, je tiefer man in die Quantenwelt eindringt. Dies bringt erhebliche Probleme für die üblichen Randbedingungen und Vorgaben ‚objektiver‘ Versuchsdurchführung mit sich. Doch dies nur als Bemerkung am Rande.

Die Neue Parapsychologie dürfte weit reichende Konsequenzen mit sich führen, die zunächst die meisten Wissenschaften beeinflussen und darüber hinaus selbst in Bereichen der ‚ernsthaften‘ Esoterik eine Zurkenntnisnahme und Neubetrachtung notwendig machen werden – auch für diesen Sektor bietet das Buch einige faszinierende Ansätze und sogar praktische Bezüge. Gerade die aktuellen Arbeiten zur Geist-Maschine-Interaktion, erneut vom Militär voran getrieben, zeigen auf, dass ein Umdenken in der Wissenschaftsarbeit vonnöten sein wird. Gruber macht bei Alledem nicht den Fehler, sich in waghalsigen Behauptungen oder Vermutungen zu ergehen, sondern bleibt stets sachlich und wissenschaftlich im positiven Wortsinne. Vieles des hier Dargelegten gilt mittlerweile als faktisch erwiesen, da signifikant bestätigt, vieles aber bedarf noch eingehender Erforschung – und vor allem des bemühten und aufgeschlossenen Versuches einer Erklärung für ein wirkliches Verständnis. Die Zeiten, wo Wissenschaftler sich hinter Formeltürmen verschanzen und meinen, damit die Ursachen und das dahinter liegende Wesen der Welt erklärt zu haben, sollten hoffentlich ihrem Ende zugehen.

Da auch der Schreibstil eine gelungene Balance zwischen Wissenschaftlichkeit und Allgemeinverständlichkeit findet, zahlreiche Schwarzweißabbildungen den Lesefluss auflockern, die Anmerkungen und Quellverweise keine Wünsche offen lassen und Gruber auch nicht davor scheut, Problemzonen seines Forschungsbereiches aufzuzeigen, kann ich „Die PSI-Protokolle“ insgesamt als populärwissenschaftliches Standardwerk der Parapsychologie und als Überblickslektüre bedingungslos empfehlen. Diese 400 Seiten (nicht 352, wie manchenorts angegeben) Material stellen zweifelsfrei eine Ausnahmeveröffentlichung im Bereich der oftmals allzu strapazierten PSI-Phänomene dar.

Grobes Inhaltsverzeichnis:

Prolog
Teil I – Geheimdienste und Parapsychologie: Die Geschichte von Remote Viewing und den Psi-Spionen
1 Paranormale Aufrüstung
2 Remote Viewing
3 SRI und CIA
4 Die Psi-Spione von Fort Meade
5 Swanns RV-System
6 Psi-Spionage in Aktion
7 Der Niedergang der RV-Einheit
Teil II – Aktuelle Psi-Forschung: Auf dem Weg zu einem neuen Weltverständnis
1 Parapsychologie in Rußland: Legende und Realität
2 Psi-Aufstand im Reich der Mitte
3 Anomale Kognition: Dem Rätsel auf der Spur
4 Auf der Suche nach dem idealen Zustand für Psi
5 Mentale Beeinflussung lebender Systeme
Teil III – Das bewußte Universum: Die stille Revolution in den Psi-Labors
1 Die Physik des Bewußtseins
2 Subtile Verbindungen
3 Der Fingerabdruck des Bewußtseins
4 Über die Zeitschranke
5 Kosmische Beziehungen: Psi, die Erde und der Himmel
6 Der Parzival-Effekt
Epilog
Anhang
Anmerkungen
Glossar der wichtigsten Begriffe und Abkürzungen
Danksagung

Homepage des Autors: http://www.e-r-g.de/

Anstelle einer Leseprobe noch einige Pressestimmen:

„1995 gab die CIA endlich zu, was viele lange vermuteten: Jahrzehntelang hat die amerikanische Regierung erfolgreich paranormale Fähigkeiten für die Spionage nutzbar gemacht…
Als aktiver Forscher an diesen wissenschaftlichen Untersuchungen kann ich Grubers Buch als eine der klarsten und genauesten Analysen dieser seltsamen aber wahren Geschichte empfehlen. Außerdem ist seine Behandlung des gegenwärtigen weltweiten Standes der Psi-Forschung außerordentlich gut… Ich empfehle das Buch uneingeschränkt.“
(Dr. Dean I. Radin, Institute of Noetic Sciences)

„Grubers informationsdichtem Insiderwerk ist angesichts eines so „heiklen“ Themas zugute zu halten, dass es keinen effektheischenden Charakter aufweist…
Gerade seine bewertende Dokumentation der geheimen Psi-Forschungsprojekte der amerikanischen Geheimdienste im Hinblick auf ihren praktischen Nutzen verleihen den „Psi-Protokollen“ besondere Spannung.“
(Joachim Göppert, Esotera)

„Dieses ist ein rundum empfehlenswertes Buch, das insbesondere jenen Lesern Stoff zum Nachdenken vorlegt, die der Parapsychologie überkritisch gegenüberstehen…
Allzu viele Titel schmücken sich heute mit der problematischen Bezeichnung „Sachbuch“. Grubers Werk ist eines der wenigen, das ihn zurecht trägt. Niemand, der künftig ernsthaft über Psi mitreden will, sollte an ihm vorübergehen.“
(Prof. Dr. Ernst Senkowski)

Sagan, Carl – Contact

Carl Sagan war Zeit seines Lebens ein Visionär und zählt zweifelsohne zu den populärsten Wissenschaftlern unserer Zeit. So war er maßgeblich am SETI-Projekt beteiligt, der Suche nach außerirdischen Signalen (an der man sich mittlerweile durch das Programm SETI@home mit eigener Rechnerkapazität beteiligen kann), entwarf unter anderem zusammen mit Ann Druyan und Frank Drake die berühmte Plakette für die Pioneer-Sonde sowie die Goldschallplatte für die ersten Voyager-Sonden und hat eine Vielzahl populärwissenschaftlicher Bücher und Dokumentarfilme hoher Qualität und Auflage herausgebracht. Besondere Beachtung fand neben dem weltweit meistverkauften wissenschaftlichen Werk „Cosmos“ sein Roman „Contact“ von 1985, der zuletzt bei Knaur verlegt wurde und in deutscher Sprache mittlerweile leider – geradezu bedenklicherweise – nur noch aus zweiter Hand erhältlich ist (laut Auskunft von Knaur wurden die Rechte nicht an Dritte übertragen). Bekannt sollte in jedem Falle die fabelhafte Roman-Verfilmung von Oscar-Preisträger Robert Zemeckis („Forrest Gump“) sein, perfekt inszeniert mit Jodie Foster, Matthew McConaughey, James Woods, John Hurt, Tom Skerritt und Angela Bassett in den Hauptrollen.

Sagan, seines Zeichens Professor für Astronomie und Weltraumwissenschaften, war Leiter des Laboratory for Planetary Studies, Vorsitzender und Mitbegründer der Planetary Society und dozierte am Jet Propulsion Laboratory. Sagan erhielt insgesamt 22 akademische Ehrengrade; sein Werk wurde mehrfach preisgekrönt, unter anderem mit dem Pulitzer-Preis und der Public Welfare Medal, der höchsten Auszeichnung der National Academy of Sciences. Carl Sagen verstarb leider im Dezember 1996 – sein cineastisches Vermächtnis erschien 1997.

Es sei gleich voran gestellt, dass das Buch auch noch für jene interessant genug ist, die den Film gesehen haben, denn aus Gründen der Dramaturgie weichen beide Darstellungen erheblich in Details und handelnden Personen voneinander ab – bis auf das Grundgerüst gibt es nur grobe Übereinstimmungen. Dass das Resultat die Mittel rechtfertigt, muss angesichts der fabelhaften Film-Umsetzung kaum erwähnt werden, zumal Carl Sagan und Ann Druyan als ursprüngliche Schöpfer der Geschichte und des nachfolgenden Romans an der Produktion selbst beteiligt waren. Zudem geht das Buch natürlich erheblich mehr ins Detail und bietet überdies vielfache inhaltliche Besonderheiten, die im Film keinen Platz fanden bzw. nicht umgesetzt werden konnten. Ich kann übrigens durchaus anraten, den Film zuvor anzusehen, was die Intensität des Lesegenusses durch die ausgezeichnete Realisierung nur erhöht und die atmosphärische Komponente anregt, auch wenn die Abweichungen vielleicht irritieren mögen.

Die Kerngeschichte ist schnell erzählt, und wesentlicher ins Detail möchte ich auch gar nicht gehen, um dem Entdeckerdrang der Leser nichts vorweg zu nehmen. Die schon als Kind hochbegabte Dr. Ellie Arroway, die es als naturwissenschaftlich interessierte Frau in ihrer Generation reichlich schwer hat, entdeckt in faszinierender Detektivarbeit mit ihrem Team vom Projekt „Argus“ – mit 131 riesigen Radioteleskopen in der Wüste von New Mexico beheimatet – ein offenkundig künstlich erzeugtes Radiosignal aus dem Wega-System. Ein Traum wird wahr, Ellie hat endlich die Möglichkeit zu zeigen, dass ihre gern belächelte Suche nach fremden Intelligenzen nicht sinnlos war, und so werden weltweit Empfangsstationen verständigt und gekoppelt, um die „BOTSCHAFT“ lückenlos und bestätigt aufzuzeichnen und das Primzahlmuster zu entschlüsseln. Neben einer höchst dubiosen Videobotschaft versteckt sich in dem Signal die Anleitung zum Bau einer gigantischen Maschine unbekannten Zwecks, und so kommen die Weltregierungen überein, das Experiment zu wagen und sich an den Bau der Konstruktion zu machen. Als 12 Jahre später fünf Wissenschaftler in diese Maschine gesetzt werden, beginnt eine Reise ins Herz der Galaxis und der menschlichen Seele – und die Begegnung mit dem Unbekannten verläuft ganz anders als erwartet…

Die Erzählung besticht durch wissenschaftlich lehrreiche Detailfreudigkeit und ein breites Spektrum von Verwicklungen und Denkansätzen. Politische Konflikte, religiöse und philosophische Gedanken und Diskussionen, wissenschaftliche Überlegungen und persönliche Beziehungen fließen ebenso in das Konzept ein wie beständige, erfreulich neutral und in beweglichem Standpunkt vorgebrachte Kritik, versehen mit lohnenswerten Denkimpulsen durch alle angeführten Themenbereiche hindurch. Dass Sagan in erster Linie Wissenschaftler und kein Literat ist, wird zwar durchaus ersichtlich, da gelegentlich die Dramaturgie etwas hängt und einige Ausführungen sicherlich über realistisch wirkende Gespräche hinaus gehen – in diesen Punkten ist der Film klar im Vorteil – aber das tut der wahrhaft Atem beraubenden Lektüre keinen Abbruch. Zu faszinierend sind die Geschichte und ihre Implikationen, zu wesentlich die Kernbotschaften dieses Werkes, das als Utopie und Mahnung an die Menschheit zum Nachdenken, aber auch zum Träumen einlädt und bei aller teils erschreckenden Missstände, die aufgezeigt werden, letztlich voll Hoffnung auf eine positive Zukunft und Menschheitsentwicklung steckt.

Carl Sagan ist ein beeindruckendes und überaus bedeutsames Buch gelungen, das sein Andenken gebührlich zu ehren weiß und von mir jedem aufgeschlossenen und geistig beweglichen Menschen dringend ans Herz gelegt werden kann.

Homepage des Autors: http://www.carlsagan.com
Homepage des Filmes „Contact“: http://contact-themovie.warnerbros.com

Meyer, Kai – Alchimistin, Die

Der Traum von der Unsterblichkeit gehört wohl zu den ältesten Mythen der Menschheit, und in unserem Kulturkreis ist keine andere Gruppierung mehr damit verknüpft als die der Alchimisten – beständig auf der Suche nach dem Stein der Weisen, dem Großen Werk, dem aurum potabile. Kai Meyer hat sich dieses Themenbereiches mit besonnen geführter Feder angenommen und ein atemberaubendes Abenteuer erschaffen, das um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert, größtenteils in deutschsprachigen Landen, angesiedelt ist. Meyer studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften, Philosophie und Germanistik – und all diese Bereiche kamen ihm bei der Erschaffung der „Alchimistin“ zugute. Er hat inzwischen eine sehr große Zahl von Romanen in verschiedensten Bereichen veröffentlicht, von gefälliger Fantasykost bis zu anspruchsvoller Lektüre wie diesem Werk; das phantastische Element ist dabei jedoch ein beständiges Merkmal. Und so ist auch „Die Alchimistin“ trotz der historischen Einordnung und der lebendigen und sorgfältig recherchierten Darstellung der entsprechenden Epoche nur schwerlich als reiner Historienroman einzuordnen, weist das Buch doch breit gefächerte Bezüge zur Phantastik, Mystik, Philosophie und Esoterik auf und ist zugleich Okkult-Thriller wie Fantasy-Abenteuer.

Die jugendliche Waise Christopher findet bei der steinreichen Familie Institoris auf einer Schlossinsel in der Ostsee ein neues Zuhause. Christopher ist ein Sonderling, ein höchst belesener Studiosus – mit einer Buchbindeleim-Allergie. Bis auf die kleine Sylvette, die ein Geheimnis zu umgeben scheint, und seine Ersatzmutter, die auch so einige dunkle Flecken auf ihrer Lebensgeschichte zu verbergen trachtet, stößt er bei der Familie nicht gerade auf freudige Nächstenliebe. Eine besondere Bedeutung kommt Aura Institoris zu, seiner etwa gleichaltrigen neuen Schwester, die nicht nur einen für ihr Geschlecht und jene Zeit ungewöhnlichen Bildungseifer an den Tag legt und ein ungeziemendes Verhältnis zu ihrem ebenfalls adoptierten Bruder Daniel pflegt, sondern – der Buchtitel lässt es vermuten – eine zentrale Bedeutung für den Fortgang der Geschichte hat. Da verwundert es kaum noch, dass der eigenbrötlerische, zurückgezogene und menschenfeindlich auftretende Vater der Sippe, Nestor Nepomuk Institoris, sich in seinem Dachgarten seit Jahrzehnten als Alchimist versucht, auch wenn nicht einmal die Familie genau weiß, was er da eigentlich im Einzelnen hinter verschlossener Türe tut. Aus der vermeintlichen Geborgenheit eines neuen Zuhauses entwickelt sich so für Christopher ein Chaos aus unvorhersehbaren Ereignissen, Beziehungen und Geheimnissen, doch diese Entwicklung ist ihm zum Teil gar nicht so zuwider wie es den anfänglichen Anschein hat – nicht grundlos ist er von nimmersattem Wissensdurst geplagt. Und als der alte Widersacher Nestors, Lysander, von Wien aus einen hermaphroditen (androgynen) Attentäter auf diesen ansetzt, beginnen die Ereignisse sich zu überschlagen, und eine abenteuerliche Hetzjagd nach dunklem Wissen und den für all die Schicksalsschläge Verantwortlichen beginnt ebenso wie eine zeitgleiche beständige Flucht der Protagonisten vor vielfältigen Gefahren. Schlag und Rückschlag folgen aufeinander in einem wahrhaft Atem beraubenden Kaleidoskop überraschender Ereignisse, skuriler Persönlichkeiten, wagemutigen Draufgängertums, gefährlicher Begegnungen und erotischer Abenteuer, durchsetzt und gewürzt mit faszinierendem Geheimwissen der Alchimisten und Templer. Und über allem steht die verzweifelte Suche nach dem Großen Werk – der Unsterblichkeit durch den Stein der Weisen.

Kai Meyer ist ein erstaunlicher Roman gelungen, der durch sorgfältige historische Darstellung, Detailtreue sowie Inszenierung und Dramaturgie besticht. Die Charaktere sind faszinierend ausgeformt, lebensecht und zugleich wiederum gelegentlich so überdimensionale Persönlichkeiten mit markanten Eigenheiten, dass es theatralisch genug wirkt, um der Verfilmung von „Der Name der Rose“ Konkurrenz zu machen. Die faktischen Darstellungen zu Templern und Alchimisten sowie die historischen Beschreibungen gehen zwar nicht zu sehr in die Tiefe, um auf weniger fachlich Interessierten langweilig zu wirken, sind aber immer in exakt bemessenem Umfang ausreichend und interessant genug, um auch unter einem gewissen Bildungsaspekt ein Leseerlebnis zu bieten. Der gesamte Aufbau der Geschichte und der Handlungsstränge, die erzählerische Präsentation und die im Vergleich zu anderen Veröffentlichungen dieses Genres ausgezeichnete Prosa sind durchweg überzeugend und liebevoll ausgefeilt. In der Summe ist „Die Alchimistin“ also ein wirkliches Meisterstück geworden, das durchweg spannend, überraschend und auch in literarischer Hinsicht gelungen ist. Ein klarer Fall für meine persönliche Favoritenliste.

Homepage des Autors: http://www.kai-meyer.de

Lovecraft, Howard Phillips – Berge des Wahnsinns

H. P. Lovecraft (1890-1937) und seine Erzählwelten sind ebenso zum Mythos avanciert wie die von ihm beschriebenen Mythen selbst. Kaum jemand, der sich mit Horrorliteratur befasst, dürfte seine Geschichten von den Alten Wesen, von Cthulhu und natürlich um das Necronomicon nicht kennen. Faszinierenderweise sind die Erzählwelten Lovecrafts mittlerweile so fest im archetypisch Unbewussten verankert, dass noch immer nicht schlussendlich geklärt ist, ob ein Buch namens „Necronomicon“ wirklich existiert. Bis hinein in die Esoterik- und Okkult-Szene werden ernsthafte Nachforschungen angestellt, die sich mit den Hintergründen zu Lovecraft und seinem Schaffen befassen und beispielsweise die Ursprünge des „Necronomicon“ bis ins 16. Jahrhundert zum britischen Hofastrologen und -magus Dr. John Dee zurückverfolgen, wobei hier die magische Kunstsprache des Henochischen erwähnenswert ist, die auch in aktuelle Fachveröffentlichungen zu diesem Themenkomplex Einzug gehalten hat. Beim „wahnsinnigen Araber“ Alhazred allerdings dürfte es sich um eine reine Fiktion handeln. Insgesamt also ein höchst bemerkenswertes und eigentümlich mythisiertes Produkt der phantastischen (oder doch nicht ganz so phantastischen) Literatur, das, mittlerweile zum Weltliteratur-Erbe gezählt, auch heute noch von Autoren wie Wolfgang Hohlbein fortgeführt wird, sich in einem Atemzug nennen darf mit romantisch-gotischen Gruselliteraten wie Shelley, Poe, Stevenson oder Stoker und auch Leser von Clive Barker erwärmen dürfte.

Exemplarisch für die Erzählwelten des Sonderlings Howard Phillips Lovecraft habe ich mir seine Novelle „Berge des Wahnsinns“ zu Gemüte geführt, die 1936 veröffentlicht wurde und in deutscher Sprache zuerst 1970 innerhalb der „Bibliothek des Hauses Usher“ im Insel-Verlag erschien.
In Gestalt eines authentisch gestalteten wissenschaftlichen Berichtes, der die Nachwelt vor einem verborgenen Schrecken in der Antarktis warnen soll, schildert der Ich-Erzähler, seines Zeichens Geologe, die Ereignisse einer 1930 gestarteten Expedition in die Regionen des Ewigen Eises. Nebst beständigen unterschwelligen Andeutungen offenbart sich nach und nach ein „uralter Schrecken“, der von der Menschheit unerkannt in den eisbedeckten Bergen der Südpolregion lauert. Zunächst stößt eine Teilexpedition auf Überreste einer unbekannten und nach menschlichen Maßstäben nicht einzuordnenden amphibischen Spezies, während sie bislang nicht kartographierte Gebirgszüge erforscht, die in ihrer kolossalen Ausdehnung alles bisher Bekannte in ihre Respekt einflößenden Schatten stellen. Während eines Eissturmes geschieht etwas Furchtbares mit dieser Vorabexpedition, das nicht allein auf das Wirken der Naturgewalten zurückzuführen ist und dessen Ergründung sich fortan die verbleibenden Mitglieder der Forschungsgruppe widmen. Der Erzähler und ein wissenschaftlicher Kollege erahnen zuerst die schreckliche Wahrheit und begeben sich mit einem speziellen Flugzeug auf Erkundungsreise in die von den drohenden Gipfeln abgegrenzten Regionen, in eine uralte und verborgene Welt voller wahnsinniger Wirklichkeiten – und entdecken eine zyklopische Stadt aus menschlicher Vorzeit, die Erschreckendes zu berichten weiß. Und sie stellen fest, dass sie wie befürchtet nicht allein in dieser kalten Einöde sind.

Gemessen an der gewählten Darstellungsform beeindruckt Lovecraft durch höchst fachkundige und detaillierte Beschreibungen wissenschaftlicher Erkenntnisse, die dem Forschungsstand seiner Zeit nachprüfbar entsprechen. Eingebettet in einen umfangreicheren Rahmen wäre diese Detailverliebtheit lobenswert gewesen, so allerdings hält sich die Novelle zur Hälfte mit derlei Selbstverliebtheiten auf, die, anfänglich noch faszinierend und lehrreich, auf Dauer ermüden, während der Leser die Entwicklung eines Handlungsstranges abwartet, der sich aber letztlich in wenigen Worten zusammenfassen ließe. Im Hauptteil der Erzählung entwirft Lovecraft ein überaus beeindruckendes, ausgefeiltes Szenario der Erdgeschichte, beherrscht vom Mythos der Großen Alten, von Cthulhu und den sterngeborenen Wesenheiten, die seit Äonen überdauert haben und dabei sind, ihren Schrecken erneut in die Welt hinaus zu tragen.

Ermüdung ist vielleicht der zentrale Begriff, um die Leseerfahrung dieser vielfach gelobten Erzählung zu beschreiben. Allzu umfangreiche Randdetails, ellenlange Beschreibungen und zahlreiche Wiederholungen wirken auf Dauer missmutig stimmend auf den Leser. Dieser wird gern mit seitenweise Nebensächlichkeiten gequält, bis Lovecraft zum Punkt kommt – und dieser ist leider stets vorhersehbar, besonders natürlich, wenn man mit dem Mythos vertraut ist. Als Erzähler düsterer Schreckenswelten offenbart Lovecraft ein nicht zu verachtendes Talent, schriftstellerisch jedoch ist sein Stil geradezu erschreckend banal, einfallslos und platt. Die übermäßige Häufung klischeebeladener Adjektive überstrapaziert den nur mäßig gelungenen Versuch eines Spannungsbogens. Es wimmelt nur so von „uralten, verborgenen, dunklen, schrecklichen, verbotenen“ Geheimnissen, die des Chaos‘ Wahnsinn in sich tragen. Als Verfilmung ließe sich aus dem Material sicherlich etwas Eindrucksvolles zaubern, als Lektüre gesehen muss ich bei aller Sympathie und Faszination für Lovecrafts Werk und seine Welten leider gestehen, dass „Berge des Wahnsinns“ zum Langweiligsten und Stümperhaftesten zählt, was die Belletristik hervorgebracht hat. Wer sich für Cthulhu und Necronomicon interessiert, bekommt hier bildreiche Details geboten und kann sich vor dem Hintergrund einer Fachrecherche gern an diese Novelle wagen; wer einfach gute und spannende Horrorlektüre sucht, sollte sich lieber Lohnenswerterem zuwenden.

Eine sehr ansprechende deutsche Infoseite: http://www.nyarlathotep.de

Wolfgang Hohlbein – Dunkel

Wolfgang Hohlbein ist ein geradezu schreibbesessener Geschichtenerzähler – zu einem wirklichen Literaten und Künstler des geschriebenen Wortes hat es nie gereicht, aber wenn man sich darauf einstellt und den Geschichten selbst hingibt, nimmt man ihm dieses Manko auch nicht übel. Immerhin hat er es mit den Jahren geschafft, die beständige Nutzung abgeschliffener Phrasen und dramaturgischer Wortplattitüden einzudämmen. Dass bei der enormen Masse an Veröffentlichungen nicht viel Muße für literarische Feinheiten bleibt, ist nachvollziehbar – weit über 200 Bücher in 20 Jahren Schreibtätigkeit zeugen von einem beeindruckenden Schaffensdrang. Hohlbein geht es nicht um eloquente Satzkonstruktionen oder ausgefeilte Wortgebilde, sondern um die Geschichten; und dass er diese ansprechend zu präsentieren weiß, zeigt sein für deutsche Autoren erstaunlicher Erfolg. Natürlich ist es schon etwas verwunderlich, wie es zu dieser allgemeinen Beachtung kommen konnte, da auch seine Geschichten unter dramaturgischen Schwächen leiden, sich die Ideen gern wiederholen und so manches Werk rein kommerziell motiviert ist, aber nehmen wir Hohlbein einfach hin wie er nun einmal als Autor ist, gönnen ihm den Erfolg seines Schaffens und gestehen ihm die herausragende Stellung in der Autorengemeinde zu – und gerade durch seinen schlichten Stil gelingt es ihm in besonderem Maße, Kinder und Jugendliche für die phantastische Literatur zu interessieren, was ich ihm sehr zugute halten möchte.

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Senf, Bernd – Wiederentdeckung des Lebendigen, Die

Ein Wort vorweg: Die Buchbesprechung ist aufgrund der Komplexität des Themas etwas ausführlicher geraten, zudem ist dieser Themenkomplex den wenigsten vertraut, so dass ich einen etwas genaueren Überblick über dieses Gebiet für angebracht halte.

Im Titel „Die Wiederentdeckung des Lebendigen“ stecken bereits zwei Grundannahmen: Zum einen, dass der Begriff des Lebendigen weiträumig aus unserer menschlichen Wahrnehmung von Realität verschwunden ist. Zum zweiten, dass den scheinbar neuen Ansätzen nicht so sehr die Rolle eines Neuansatzes zukommt als vielmehr die archäologische Funktion, altes und verschüttetes Wissen wieder freizulegen.

Beiden Thesen und noch einigen mehr geht Bernd Senf, Professor für Ökonomie, Reich-Kenner, Lebensenergieforscher und Bioenergetiker, in seiner populärwissenschaftlichen Publikation nach, die bereits 1996 im Verlag Zweitausendeins erschien. In seiner Einleitung stellt er Kernproblemzonen heraus und führt zugleich die Hauptthesen an, um deren Erläuterung und Darstellung es nachfolgend gehen wird.
Er betrachtet die zivilisatorisch erkrankte Menschheit – körperlich wie ‚feinstofflich‘ –, die kippende Atmosphäre, unsere gleichermaßen kranke Ökologie und interessanterweise auch Ökonomie, die ebenso wie die erstarrten Wissenschaften lediglich Ausdruck tiefer liegender Blockierungen, einer ‚ängstlichen‘ Kontraktion sind. Diese äußern sich bei Lebewesen in einem durch Außendruck erzeugten blockierenden Muskel- und Charakterpanzer, einem Begriffsfeld, dessen gar nicht so abwegige Bildhaftigkeit sich überdies sehr effizient auf analoge Prozesse in den oben genannten Bereichen übertragen lässt. Somit sieht Prof. Senf in Tradition früherer Forscher, auf die ich noch eingehen werde, hier auch den Ansatz für Lösungsfindungen: In der Auflösung dieser bioenergetischen Blockaden. Seine Hauptarbeit in diesem Buch besteht darin, Forschungen lang ‚übersehener‘ Entdecker darzustellen und zu verdeutlichen, dass es bei aller scheinbaren Verschiedenheit offenbar Überschneidungspunkte und Identitäten in den Arbeiten gibt, die sich zu einem größeren, effektiveren und solideren Ganzen zusammenfügen lassen.

Die Verschüttungsprozesse solchen Wissens muss man gar nicht allzu lang in der Vergangenheit suchen, sie beginnen bereits unmittelbar mit der ‚Wiederentdeckung‘ dieser Zusammenhänge im Verlauf des zwanzigsten Jahrhunderts, die geradezu inquisitorische Reaktionen des Etablissements provozierte und zu weitläufiger Zensur und Verfolgung führte. Den direkten Ursprung der Erforschung des Lebendigen bzw. der Lebensenergie kann man wohl in der Orgon-Forschung des vielseitigen Wissenschaftlers Wilhelm Reich suchen, der sich von seinem Lehrer Sigmund Freud lossagte, da sie in ihren Ansätzen unterschiedlicher Meinung waren und Reich bereits die Freudsche These von der „Todessehnsucht“ ablehnte. So setzte er nicht beim Negativen als Wesenskern der Menschen an, sondern beim Positiven fließender, frei strömender und wirbelnder Lebenskraft, deren Erforschung als Therapiebasis er sich fortan widmete und die Ansätze weit über das eigentlich angestrebte Ziel hinaus liefern sollte. Dabei ließ er es nicht mit theoretischen Konstrukten bewenden, sondern erforschte das Lebendige zunächst unter dem Mikroskop, beobachtete seine Patienten, Lebewesen unserer Mitwelt und führte verschiedene Zusammenhänge zur Synthese. Der Vorteil der Reichschen Forschung liegt darin, dass nicht nur unübersehbare Therapieerfolge sowohl auf psychologischer wie auch heilpraktischer Basis – z.B. durch den Einsatz der von ihm erdachten und mittlerweile wieder weiter entwickelten ‚Geräte‘ – zur Untermauerung der Richtigkeit herangezogen werden können, sondern zudem ein theoretisches Modell zugrunde liegt, das in sich sinnvoll und geschlossen ist – ein für die etablierte Wissenschaft wichtiges Kriterium. Aber ähnlich wie damals, als Galilei angeklagt wurde und die kirchlichen Astronomen sich weigerten, durch das noch recht neuartige Teleskop zu blicken, da ohnehin nicht sein kann, was nicht sein darf, so weigern sich die Wissenschaftler im Falle Reichs, seiner Forschung und auch nur seinen Beobachtungen lebender Zellen unter dem Mikroskop nachzugehen. Selbst die Biologen ziehen es vor, sich mit der Analyse zumeist zerschnittenen, sezierten und letztlich abgetöteten Forschungsmaterials zu befassen, um daraus eine Wissenschaft vom Leben etablieren zu wollen – ein recht absurder Gedanke eigentlich. Reichs Theorien und Forschungsresultate zur Biogenese und Orgon-Energie haben neuzeitlich weitere Bestätigung gefunden, und obwohl sie zunächst vor allem für psychotherapeutische und noch mehr für heilpraktische Zwecke nutzbar sind, kann das Grundprinzip sehr weitreichend ausgebaut werden. Sie liefern interessante und ebenfalls experimentell untermauerte Zusammenhänge – durch neuere Forschungen, teils unabhängig von Reichs Arbeit durchgeführt – zum Verständnis der Erkrankung insbesondere der Atmosphäre – und praktische Lösungen zu einer ‚Heilung‘, die eine ausreichend lange Erprobungsphase hinter sich haben, um als bewährt gelten zu können.
Für seine Forschungen wurde er, wie schon erwähnt, ausgegrenzt und verfolgt; was in Deutschland in der Auseinandersetzung mit der Vereinigung der Psychoanalytiker zusammenhängen dürfte und mit Analysen wie seinem erstaunlich weitsichtigen Werk „Massenpsychologie des Faschismus“. Aber auch in seinem Wahlland USA ging es ihm nicht besser: Seine Orgon-Theorie wurde per Gesetz verboten, das Gericht stellte amtlich fest, dass irgendeine „Lebensenergie“ nicht existiere und man verfasste, dass Reichs Werke zu vernichten und aus dem Verkehr zu ziehen seien. Da Reich weiterhin seine Thesen publizierte, wurde er inhaftiert, und er starb zwei Jahre darauf im Gefängnis.

Nicht wesentlich anders erging es Viktor Schauberger, der beispielsweise von den Nazis in einem Gefangenenlager zur Forschung gezwungen wurde und letztlich innerlich gebrochen verstarb, als ihn skrupellose amerikanische Geschäftsleute nach Ende des Krieges schamlos ausnutzten und vertraglich knebelten. Schauberger beobachtete die Natur und kam zu dem Schluss, dass ein Fließen und Verwirbeln allem Lebendigen und allen energetischen Lebensprinzipien zugrunde liegt. Dies deckt sich interessanterweise mit Beschreibungen jener Physiker, die sich der Vakuum- bzw. Nullpunktenergie widmen, dem weitest verbreiteten Ansatz für den Bereich der so genannten „Freien Energie“; bei Kenntnis entsprechender Sekundärliteratur stellen sich ohnehin erhebliche Überschneidungen und Ähnlichkeiten heraus zwischen Freier Energie und der Erforschung der Lebensenergie – vermutlich liegen beiden Ansätzen ähnliche Realitäten zugrunde. Schauberger war wie die meisten Forscher dieser Richtungen mehr Pragmatiker als Theoretiker und konstruierte verschiedene Maschinen vornehmlich zu dem Zwecke, gestörtes Gleichgewicht in Gewässern und Böden wieder herzustellen, und seine Methoden erwiesen sich als äußerst wirkungsvoll.

Mit ähnlichen Zielen ging Roland Plocher zu Werke, dessen Energiesystem zur bioenergetischen Heilung von Böden und Gewässern einige Aufmerksamkeit auf sich zog und höchst effektiv eingesetzt werden kann. Georges Lakhovsky, Paul Schmidt und Arno Herbert konzentrierten sich auf die Schwingungs- und Resonanzaspekte lebender Systeme, und auch ihre Arbeit wird ausführlich vorgestellt sowie in Zusammenhang gebracht. Letzter Forscher, dem ein eigenes Unterkapitel gewidmet wurde, ist Dieter Knapp, der die Energie- und Strahlungsfelder untersucht hat, die lebende Systeme abstrahlen und die sich problemlos zum Test der Gesundheitsverträglichkeit und Wirksamkeit nutzen lassen, ohne Patienten oder Tiere als Versuchskaninchen zu missbrauchen.

Im letzten Schwerpunktbereich „Die historische Verschüttung des Lebendigen“ kommt Bernd Senf auf ein Thema zu sprechen, bei dem er als Ökonomieprofessor fundierte Fachkenntnis aufzuweisen hat. In einer Analyse von Kulturen, Herrschaftsstrukturen, Wirtschaftssystemen sowie Wissenschafts- und Glaubensdogmen stellt er heraus, wie es zum einen zur Verschüttung der Wahrnehmung des Lebendigen und zum andren zu einer zivilisatorischen Komplettpanzerung und Erstarrung in vielen Formen kommen konnte. Dabei geht Prof. Senf nicht gerade zimperlich ins Gericht mit allerlei lebensfeindlichen Grundhaltungen und Institutionen.

Der Schreibstil ist sehr gut verständlich und angenehm zu lesen. Sowohl von fachlicher Seite als auch wegen der verschiedenen Hintergrundinformationen sowie der Zweiteilung in den Themenschwerpunkten bleibt „Die Wiederentdeckung des Lebendigen“ durchweg eine faszinierende Lektüre. Die komprimierte Faktendarstellung eignet sich hervorragend, um zum Themenkomplex der Lebensenergieforschung einen Zugang zu bekommen, die weitreichende Gesamtanalyse bietet darüber hinaus faszinierende Möglichkeiten, hält aber auch so einiges bereit, das uns erschrecken und ermahnen sollte. In dem hier aufgezeigten Bereich sollte erheblich mehr geforscht werden; warum sich dies aber als so schwer herausstellt, wird ebenfalls im Buch aufgezeigt. Über reines Faktenwissen und interessante Modelle hinaus finden Heilpraktiker und an Heilkunde interessierte Laien in diesem Buch viele Praktiken und Anwendungen, die mit wenig Aufwand selbst überprüft und verwendet werden können; so enthält der Anhang z.B. eine Bauanleitung für Orgon-Akkumulatoren.
Der Band von knapp 400 Seiten Hardcover wird ergänzt durch 125 schwarz-weiße Abbildungen, acht Farbtafeln, ein umfassendes Literaturverzeichnis, eine Adressinformation, ein Register sowie eine Liste zusätzlicher Anmerkungen.

Grobes Inhaltsverzeichnis:

1. Einführung
1.1. Krankheit und Heilung
1.2. Die Verschüttung und Wiederentdeckung des Lebendigen
1.3. Die Angst vor dem spontanen Fließen

2. Die innere Bewegung des Lebendigen
2.1. Sigmund Freuds Tragik
2.2. Wilhelm Reich: Entdeckung des biologischen Kerns

3. Mein eigener Weg zu Reich

4. Die Wiederentdeckung des Lebendigen
4.1. Wilhelm Reich: Erforschung der Lebensenergie
4.2. Viktor Schauberger: Mit der Natur bewegen
4.3. Georges Lakhovsky: Bioenergetische Schwingung und Resonanz
4.4. Paul Schmidt: Schwingung und Heilung
4.5. Roland Plocher: Bioenergetische Heilung kranker Gewässer und Böden
4.6. Arno Herbert: Übertragen und Kopieren von Schwingungen
4.7. Dieter Knapp: Lebensenergie sichtbar gemacht

5. Die historische Verschüttung des Lebendigen
5.1. Lebensenergetisches Wissen und liebevolle „Kulturen“
5.2. Die ethnologische Wiederentdeckung des Lebendigen: Die Trobriander
5.3. Patriarchat: Sexualunterdrückung und Gewalt
5.4. James DeMeo: Die Saharasia-These
5.5. Kapitalismus und Kolonialismus: Gewaltwellen aus Europa
5.6. Historische Wurzeln der Bevölkerungsexplosion
5.7. Rationalismus und mechanistisches Weltbild
5.8. Herrschende Wissenschaft, Technologie und Verwertungsinteresse
5.9. Moderne Physik – Grundlage eines ökologischen Weltbilds?

6. Zusammenfassung

7. Innere und äußere Heilung durch Resonanz und Inspiration

Anhang
Anmerkungen
Literatur
Über den Autor
Adressen
Register
Bildnachweise

[Hier]http://www.omega-verlag.de/pdf/wdlk1.pdf gibt es das vollständige Kapitel 1 als Leseprobe im pdf-Format.

[Homepage des Autors]http://www.berndsenf.de

Doherty, Paul – gefallene Engel, Der

Der englische Historiker Paul Doherty, der auch unter den Pseudonymen Paul Harding, Michael Clynes, Celia L. Grace, P. C. Doherty, und Ann Dukthas Bücher verfasst, hat mit „Der gefallene Engel“ einen faszinierenden historischen Roman geschaffen, der intensiven Gebrauch von Mystik, Religion und Elementen des Vampirmythos‘ zu machen weiß. Angesiedelt ist die Geschichte des von dunklen Geheimnissen umgebenen Matthias Fitzosbert in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, wobei sich der erzählerische Zeitbogen vom Fall Konstantinopels 1453 bis zu Kolumbus‘ Entdeckungsfahrt 1492 spannt. Hauptort der Handlung sind England und Schottland, die zu dieser Zeit von schweren Unruhen und Bürgerkriegen zerrissen sind.

Eigenartige Morde verunsichern die Einwohner im ländlichen Sutton Courteny in Gloucestershire, die zu diesem Zeitpunkt von den Wirren der Kriege verschont blieben und ein beschauliches Leben abseits der Machtkämpfe bestreiten. Die Umstände der Tötungen tun ihr Übriges, um für Verwirrung zu sorgen, denn den Opfern wurde offenkundig das Blut ausgesaugt, was uns natürlich direkt an Vampirgeschichten denken lässt. Aber die Konstruktion Dohertys hat hier mehr zu bieten als abgewetzte Blutsaugermythen, denn in diesem Falle steckt hinter dem unheimlichen Treiben ein Dämon, genauer gesagt der Rosendämon, einstiger Hüter der himmlischen Gärten, der gemeinsam mit Luzifer aus den Himmeln gestürzt wurde, als die Engel sich gegen Gottes Entscheidungen auflehnten. Dieser religiöse Hintergrund wird im Verlauf des Buches immer detaillierter offenbart und macht einen der Spannungspunkte der Geschichte aus. Der besagte Matthias, seines Zeichens Pfarrerssohn und damit ein gesellschaftlicher Außenseiter und Schandfleck, hegt eine geheime Freundschaft zu einem in der Nähe lebenden Eremiten, der ihn in so manches Wissen einweiht. Als der Eremit durch Intrigierung eines seltsamen Predigers mit den Morden in Verbindung gebracht und letztlich nach einem Schauprozess verbrannt wird, ist es mit der Ruhe im Dorf vorbei und ein wahres Blutbad tilgt Sutton Courteny förmlich von der Landkarte. Matthias jedoch bleibt verschont und für ihn beginnt nun eine lebenslange Odyssey auf der Suche nach sich selbst, seiner Vergangenheit, seiner Bestimmung und nach einer Lösung für all die Seltsamkeiten, die ihm beständige Begleiter sind und es ihm unmöglich machen, Ruhe zu finden.

Bis auf die drei Prologe, die sich immerhin über 40 Seiten erstrecken, begleitet der Leser während des gesamten Buches Matthias auf seiner Irrfahrt von einem Abenteuer ins nächste; es gibt keine Perspektivenwechsel oder parallele Handlungen, so dass wir bis auf diesen Prologvorsprung nicht viel mehr wissen als Matthias selbst. Das sorgt zwar für eine sehr dichte Identifizierung mit der tragischen Hauptfigur, die alles andere als heldenhaft ihr scheinbar unausweichliches Schicksal meistert, ist zugleich aber ein Stolperstein, was die Dramaturgie angeht, denn bereits nach dem ersten Drittel – bei 668 Seiten immerhin schon eine ordentliche Lesestrecke – hat man genug Hinweise, um sich die größeren Zusammenhänge und selbst den Ausgang der Geschichte denken zu können. Von da an wird das Interesse des Lesers aufrechterhalten von der Frage, in wessen Körper der Rosendämon gerade wieder steckt, um von dort aus Einfluss auf Matthias‘ Lebensgeschichte zu nehmen. Außerdem sind die Abenteuer seiner Odyssey wirklich spannend zu lesen, und nicht zuletzt faszinieren die historischen Details und bringen zugleich einen nicht zu verachtenden Bildungsfaktor in punkto Geschichte mit sich. Doherty geht als Historiker, der in Oxford promoviert hat, detailgetreu zu Werke und selbst die mystischen Begebenheiten sind zwar fiktiv in ihren Einzelheiten, bauen aber auf Überlieferungen der Chronisten auf. Die Erzählhandlung wird stets in den korrekten und sehr lebendig präsentierten historischen Rahmen eingebettet, und so begegnet der Leser gemeinsam mit Matthias den Großen jener Zeit, Königen, Feldherren, Kirchendienern, Inquisitoren, allerlei zwielichtigen und einflussreichen Gestalten und wird in ihre Intrigen und Machtränke involviert. Und da letztlich das Kernthema des Romans sich als Suche nach Zugehörigkeit, Geborgenheit und Zuneigung offenbart, kommt auch die emotionale – und nebenher erwähnte erotische – Seite beim Lesen nicht zu kurz.

Wenn man sich – wie dies auch bei so manch gelungenem Film der Fall ist – mit diesen Ansatzpunkten und der Art der Darstellung begnügen kann und nicht nur deshalb weiter liest, weil auf ein überraschendes Finale und die Enthüllung weiterer verborgener Geheimnisse gehofft wird, dann lohnen sich auch die letzten beiden Drittel von „Der gefallene Engel“ auf jeden Fall. Zusätzliche Erzählebenen und sparsamer gestreute Lösungshinweise hätten der Spannung zwar sicherlich gut getan, aber ich habe diesen Roman, der in der durchaus üblichen Tradition historischer Werke eine Mischung aus Reisebericht, Biographie und Abenteuerepos ist, dennoch sehr genossen und bin von der lebendigen und detailgetreuen Darstellung, den mystischen Verflechtungen und philosophischen Bezugspunkten beeindruckt genug, um eine Leseempfehlung für dieses gelungene Werk aussprechen zu können.

Manning, Jeane – Freie Energie

Aus Ansätzen heraus, die bereits seit mehr als 100 Jahren den Weg in die Moderne gefunden haben, entwickelt sich derzeit ein reges Interesse an Forschungsarbeiten und Erfindungen, die sich mit dem Bereich der so genannten „Freien Energie“ befassen. Diese Erkenntnisse wurden bisweilen immer wieder vergessen, unterdrückt, ignoriert und in den wissenschaftlichen ‚Untergrund‘ abgedrängt, was auf verschiedenste Motivationen zurück geführt werden kann. Bereits der Begriff einer ‚freien‘ Energie lässt den konventionell geschulten Physiker zusammenzucken, da gemäß dem beliebten und gern zitierten Energieerhaltungssatz nichts ‚frei‘, also ‚umsonst‘ daherkommt, sondern immer so in Erscheinung treten muss, dass sich an der Gesamtsumme der Energien im System nichts ändert. Nun ist dieser Begriff allerdings irreführend, da nicht wirklich behauptet wird, man sei auf der Suche nach einer Energiequelle, die aus dem Nichts grenzenlose Energien verfügbar macht. Es handelt sich lediglich um eine gedankliche Erweiterung der Überlegungen zur Energieerhaltung, die wie so viele Theorien und Axiome ganz einfach einer Revision bedürfen, da unsere Erkenntnisse vom Aufbau der Welt beständig anwachsen und bestehende Theoriegebäude eben gelegentlich angepasst werden müssen. Dabei ist der Gedanke einer ‚Energie aus dem Nichts‘ bei genauerer Betrachtung in seiner Wortwahl gar nicht so abwegig, denn der wesentliche Ansatz einer Neuen Wissenschaft geht von bislang unzureichend verstandenen Eigenschaften des Vakuums aus, wobei aus der etablierten Wissenschaft heraus eine Anknüpfung durch die Quantenmechanik über so genannte Vakuumquantenfluktuationen und Eigenschaften der Nullpunkt- oder Raumenergie erfolgen kann.

Doch so sehr ins wissenschaftliche Detail geht Jeane Manning in ihrem Buch „Freie Energie – Die Revolution des 21. Jahrhunderts“ gar nicht – wer sich von zu viel physikalischer oder mathematischer Detailfreude abschrecken lässt, darf also beruhigt weiter lesen. Ihr Schreibstil ist überdies sehr gut verständlich und unkompliziert; das vorliegende Buch dient ohnehin vor allem der Problembeschreibung und einer informativen Einführung in die Ideenwelt der Freien Energie. Manning studierte zwar Soziologie, arbeitet aber auf verschiedensten Gebieten als Reporterin, Redakteurin und Buchautorin, insbesondere ist sie seit über 20 Jahren im Informations- und Aufklärungsbereich zu Technologien der Freien Energie tätig. Bekannt wurde sie unter andrem durch ihr Buch „Löcher im Himmel“ über das H.A.A.R.P.-Projekt in Alaska, das sie gemeinsam mit Nick Begich verfasste.

Mannings Ausführungen geht ein recht umfangreiches Vorwort von Dr. Brian O’Leary voraus, seines Zeichens Physiker und ehemaliger Astronaut sowie Spezialberater für Energiefragen im Innenausschuss des amerikanischen Repräsentantenhauses. Einleitungen wie diese sind immer hilfreich, um vorab deutlich zu machen, dass nicht nur übereifrige Enthusiasten scheinbar weltfremde Ziele anstreben, sondern dass auch Akademiker sich ernsthaft mit diesen Möglichkeiten auseinandersetzen – und von Titeln und den Namen bekannter Größen wimmelt es im Bereich der alternativen Energieforschung nur so. In „Freie Energie“ begegnet dem Leser eine Vielzahl dieser Zeitgenossen, und eine Beschreibung ihrer Arbeit im Forschungs- und Entwicklungsbereich macht den Hauptteil des Buches aus. Zuvor jedoch macht Mannings im Anschluss an die Worte O’Learys deutlich, wo Schwierigkeiten im Umgang mit dem Begriff der Energie liegen, dass Freie Energie nichts mit einem Perpetuum Mobile zu tun hat und vor allem, warum es höchst dringend geworden ist, über den akademischen Tellerrand hinauszublicken und scheinbar gewagte Alternativen zu erwägen, um Energiequellen zu finden, die unseren wachsenden Bedarf decken und vor allem die Erde nicht weiter belasten. Eine Vielzahl solcher Ideen wird dann wie schon erwähnt vorgestellt, beginnend mit der Arbeit von Nikola Tesla bis hin zur neueren Entwicklung in diesem Bereich. Die Vakuum- oder Raumenergie spielt vor allem zu Beginn eine wesentliche Rolle, aber Jeanne Manning stellt auch andere Forschungsbereiche der so genannten „Neuen Energie“ vor, wie dem unten stehenden Inhaltsverzeichnis zu entnehmen ist.
Der Schlussteil befasst sich mit gesellschaftlichen und akademischen Problemzonen im Bereich der Neuen Energie und macht eine Zahl von Lösungsvorschlägen, erfreulicherweise durchaus mit Verständnis für die Argumente und Bedenken der ‚Gegenseite‘.

„Freie Energie – Die Revolution des 21. Jahrhunderts“ liest sich spannend wie ein Wissenschaftskrimi und hat so manch erstaunliche Information zu bieten; faszinierend und flüssig zu lesen und mit einem Minimalvorwissen für physikalische Zusammenhänge zu verstehen. Wichtige Begriffe werden außerdem im Glossar knapp erläutert. Es ist somit in der Art der Darstellung und vom inhaltlichen Konzept her wunderbar als Einstiegslektüre in dieses brisante und hochaktuelle Forschungsthema geeignet. Manning bietet im Anhang zur weiterführenden Information eine Vielzahl von Buchvorschlägen und Adressen, die sich mit dem Themenbereich auseinandersetzen. Interessierte Laien und auch Neueinsteiger in dieses Genre, das es dank des Engagements einer wachsenden Zahl von Unterstützern und Forschern endlich aus dem Randbereich zwischen Wissenschaft und Science-Fiction heraus geschafft hat, sollten hier auf jeden Fall einen neugierigen Blick hinter die Kulissen werfen, wo neue Energieforscher eine verheißungsvollere Zukunft für den von uns geschundenen Planeten Erde entwerfen.

Grobes Inhaltsverzeichnis:

• Vorwort von Dr. Brian O’Leary
• Vorwort der Autorin
• Quantensprung
Teil I: Revolutionäre von damals
• Nikola Tesla: der Vater der Freien Energie
• Andere Energieforscher im Einklang mit der Natur
Teil II: Raumenergie und die neue Physik
• Eine neue Physik für eine neue Energiequelle
• Solid-State-Energiegeräte und ihre Erfinder
• Floyd Sweet: Pionier des Solid-State-Magneten
• Energie-Erfindungen mit rotierenden Magneten
Teil III: Aufstrebende Neue-Energie-Technologien
• Kalte Fusion: die bessere Kerntechnologie
• Volle Kraft voraus mit Wasserstoff
• Neue Wege zur Umwandlung von Abwärme in Elektrizität
• Eine alte Technik mit neuem Dreh: umweltfreundliche Wasserkraft
• Mauerentfeuchtung ohne Strom
• Die Welt der Energiemöglichkeiten
Teil IV: Die Energierevolution – Chancen und Hindernisse
• Die Schikanierung der Neue-Energie-Erfinder
• Die Gesellschaft und eine Neue-Energie-Wirtschaft
• Die Macht liegt in unserer Hand
Anhang
• Quellenverzeichnis & Quellennachweise
• Glossar
• Bücher zur Neuen Energie
• Internationale Adressen zur Neuen Energie
• Register

[Hier]http://www.omega-verlag.de/pdf/fek12.pdf gibt es das Kapitel 12 vollständig als Leseprobe im pdf-Format.

Grazyna Fosar & Franz Bludorf – Vernetzte Intelligenz – Die Natur geht online

Ein Wissenschaftlerpaar, das inzwischen schon berechtigte Bestseller-Garantie liefert, versucht sich in „Vernetzte Intelligenz – Die Natur geht online“ erfolgreich und überzeugend an der Formulierung einer äußerst wagemutigen und revolutionären Theorie, die Gravitation, Genetik und Gruppenbewusstsein miteinander verbindet. Dabei wendet sich das Werk in seiner klaren, leicht verständlichen Formulierung an ein breites Publikum, so dass der grenzwissenschaftlich interessierte Laie nicht fürchten muss, von Fachvokabular und schwer zugänglichen Theoriegebäuden erschlagen zu werden.

Grazyna Fosar & Franz Bludorf – Vernetzte Intelligenz – Die Natur geht online weiterlesen

Soyener, Johannes K. – Mondfeld, Wolfram zu – Meister des siebten Siegels, Der

„Der Meister des siebten Siegels“ ist ein gewaltiges Historien-Epos geworden, das im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts spielt und sich räumlich zwischen deutschsprachigen Landen, Venedig, England und Polen bewegt. Im Zentrum der Handlung steht der Geschützgießer Adam Dreyling, der von seinem Oheim die „sieben Siegel“ der Waffenkunst erlernte und mit seinem Wissen dabei ist, das Interesse der großen Flottennationen auf sich zu ziehen, denn für allerlei Konflikte werden dringend technisch überlegene und zuverlässige Geschützrohre benötigt. Hauptort der Handlung ist England in Krisenzeiten und dabei fällt der Schlacht gegen die spanische Armada 1588 eine ebenso zentrale Bedeutung zu wie Adam Dreyling selbst, ohne den alles ziemlich anders verlaufen sein dürfte. Seine Odyssey durch Europa, von Herrscherhaus zu Herrscherhaus, die dabei auftretenden Intrigen, Gefahren und politischen Plänkeleien sind gar abenteuerlich zu lesen und vor allem außerordentlich authentisch und detailgetreu geraten.

So wird auf den Reisen ausführlich über Einzelheiten von Bergbaukunst, Gießerkunst und Schiffsbau berichtet und ein wahrhaft lebendiges Bild der alten Zeit entworfen. Hierbei kommt Johannes K. Soyener natürlich zugute, dass er auf diesen Gebieten ein Spezialist ist und als deutsche Fachkraft gilt. Nachteilig daran ist, dass technisch und im Detail weniger interessierte Leser auf Dauer etwas überfordert werden, während sie auf den Fortlauf der eigentlichen Handlung warten, die wirklich spannend ist und in ihrer liebevollen Gestaltung jeden historisch Interessierten begeistern wird. Praktisch eine optimale Synthese aus Fachbuch und Abenteuerroman, ohne dass man fürchten muss, ständig Fiktion von Wirklichkeit trennen zu müssen, denn der Wahrheitsgehalt des Romans überwiegt deutlich. Sorge dafür tragen auch die zahlreichen Fachkräfte, die beratend in historischen und technischen Fragen zur Seite standen. Die Sorgfalt lässt sich bereits an der jahrelangen Vorbereitung zu diesem Roman ermessen, die nichts dem Zufall überließ. Da die Handlungsträger männlich sind, es inhaltlich zumeist um technische Themen und Schlachten geht und eine romantische Komponente, die eine Identifizierung mit den Hauptpersonen erleichtert, nahezu ausbleibt, wird dieses opulente Werk von über 1.100 Seiten die weiblichen Leser wohl weniger ansprechen, wie sich aus Leserreaktionen im Netz auch ersehen lässt.
Abwechslung wird aber durch geschickte Zeit-, Perspektiven- und Erzählstilwechsel eingebracht, wobei der größte Teil der Handlung von Adams Tagebucherzählungen bestimmt wird.

Ich für meinen Teil kann nur dazu einladen, in die abenteuerliche Geschichte von Adam Dreyling einzutauchen und dabei Persönlichkeiten wie den Fuggern, Habsburgern oder Tudors, Sir Walter Raleigh, John Hawkins, Sir Francis Drake, Shakespeare, Maria Steward oder Philipp II. in lebendiger Darstellung zu begegnen.

Homepage des Autors: http://www.soyener.de

Allen, Robert – große IQ-Trainingsbuch, Das

Die schicken – und in ihren Erkenntnissen eigentlich überhaupt nicht neuen – Statistiken der PISA-Studien sind vielleicht ihrem Aussagegehalt nach von zweifelhaftem Nutzwert, aber eines zumindest haben sie auf jeden Fall an positiver Entwicklung eingebracht: geradezu einen Massenansturm auf alles, was mit Bildung und Denksport zu tun hat, bevorzugt in Quiz-Form. Wissen.de ist als Europas größtes Bildungsportal natürlich auf dieses Zugpferd mit aufgesprungen und hat das 1995 von Robert Allen und MENSA herausgegebene Werk „MENSA presents the ultimate mental challenge“ unter dem etwas blassen Titel „Das große IQ-Trainingsbuch“ aufgelegt.

Der Originaltitel trifft es dabei besser, denn auf den weit über 300 großformatigen Seiten dieses hart gebundenen Schwergewichtes wird nicht nur mengenmäßig viel geboten, sondern auch qualitativ und dies im Anspruch nicht gerade zurückhaltend gewählt. Damit zeigt sich schon der erste Knackpunkt, der die Güte des Inhaltes in meinen Augen allerdings nicht schmälert, sondern umso interessanter macht: Das Buch ist nur eingeschränkt als Trainingsbuch für Anfänger geeignet, setzt eher bereits einige Erfahrung im Umgang mit derlei Denksportknobeleien voraus und lässt es bereits auf Seite 1 von Level 1 ordentlich knacken. Der Schwierigkeitsgrad ist zwar recht variabel und zudem sinnigerweise in drei Schwierigkeitsebenen aufgeschlüsselt, aber seichte Minirätsel, die man in zehn Sekunden durchschaut hat, wird man hier kaum finden. Um wirklich in diesen Bereich einzusteigen und mit Testaufgaben verschiedenen Typs warm zu werden, eignet sich eher ein in der Erwartung zurückhaltender aufgebautes Buch wie z.B. jenes zum „RTL IQ-Test“ (kein Wunder, dass bei solchen Schmunzelaufgaben nach der Sendung jeder Zweite in Deutschland freudig erregt nackt durch die Straßen tanzte und verkündete, sein IQ läge über 120).

Wie auch immer – da sich hartnäckig das Gerücht hält, selbst Metaller und anderweitig gitarrenbegeistertes Volk könnten zusammenhängende Gedankengänge nachvollziehen, sogar selbst konstruieren und hätten zudem Freude an Hirnakrobatik, soll mich nichts davon abhalten, euch das „IQ-Trainingsbuch“ noch etwas näher vorzustellen.

Die Aufgaben sind ziemlich abwechslungsreich gestaltet und sprechen die verschiedensten Denkbereiche an. Dabei gibt es neben Aufgaben, wie sie auch in Bewerbungs- oder IQ-Tests üblich sind, viele, die sich an Knobelbegeisterte wenden – und in Zeit- und Logikaufwand entsprechend anspruchsvoll gehalten sind und den Wert gegenüber anderen Veröffentlichungen dieser Form anheben. Wie schon erwähnt, werden diese Hauptaufgaben in drei „Levels“ unterteilt, wobei jedem Level ausführliche Lösungen mit Begründung folgen sowie etwas leerer Raum für persönliche Notizen im Buch.
Zwei besondere Passagen sind zwischen den Levels zu finden: Zum einen das Spiel „Gargantua“, zum andren ein Block von Labyrinthen. Bei „Gargantua“ handelt es sich um einen Zentralrechner, der samt seinem Erfinder durch einen elektrischen Schlag außer Kontrolle geraten ist und nun wieder in den Griff bekommen werden soll. Dazu muss man sich durch ein vom Erfinder angelegtes Sicherheitssystem hangeln, das aus komplizierten Denkaufgaben besteht, wobei jede erreichte Lösung zur Gesamtlösung und der nächsten Hürde beiträgt. Dieses knackige Spiel dürfte so manchen Knoten in die Hirnwindungen jener schrauben, die sich daran wagen, den Code zu knacken. Die erwähnten Labyrinthe sind ebenfalls recht abwechslungsreich gestaltet und bieten auch für Erfahrene noch genug Anreiz.
Wer damit immer noch nicht ausgelastet ist, darf sich zusätzlich zum Ende des Buches einem Test zur Allgemeinbildung und einem IQ-Test samt Auswertung widmen – und gleich antesten, ob das Durcharbeiten dieses ausgesprochen empfehlenswerten Wälzers seinem IQ tatsächlich durch Training auf die Sprünge geholfen hat.

Eine einschränkende Bemerkung noch zum Schluss: An einigen wenigen Stellen hat sich der Druckteufel eingeschlichen (bzw. der Lektor gepennt) und beim Testknobeln fiel uns bislang eine durch Druckfehler nicht mehr lösbare Aufgabe auf (was ein vergessenes Haar an einem Strichmännchengesicht so alles ausmachen kann). Etwas mehr Sorgfalt wäre hier geboten gewesen. Ansonsten ist das „IQ-Trainingsbuch“ eine absolut solide Sache geworden, die zu einem sehr fairen Preis ordentlich etwas zu bieten hat und für lange, lange Zeit jede Menge Knobelspaß bereitet.

Detlef Wienecke-Janz (Hrsg.) – Lexikon der Zauberwelten

Wissen.de, das größte europäische Netzportal für lexikalisches Wissen und Bildung (zur Bertelsmanngruppe gehörend), hat eine Reihe eigener Bücher herausgebracht, bei denen es sich um Lexika oder Denksport-Bände handelt und die durch ihre Darstellungsform ebenso wie die Webseite gerade für die jüngere Leserschaft sehr reizvoll sind. „Lexikon der Zauberwelten – Gandalf & Co.“ widmet sich dem Bereich der Phantasie und Mythologie in einer modernen, optisch wie inhaltlich sehr ansprechenden Form und bereichert Buchsammlung wie Rundumbildung jedes Liebhabers von Fantasy, Science-Fiction oder Mythen.

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