Schlagwort-Archive: Morgaine

C. J. Cherryh – Die Feuer von Azeroth (Morgaine 3)

Morgaine und die Hüter des Waldes

Dies ist der dritte Teil des Morgaine-Zyklus. Als Morgaine und Vanye im friedlichen Land von Azeroth eintreffen, sind ihnen die wilden Horden aus Shiuan auf den Fersen, darauf bedacht, ein neues Land für sich zu erobern und ihren verlorenen Planeten zu rächen. Morgaine trifft auf Menschen und auf qhal-Aliens, die im Wald leben. Es entsteht eine Tolkien-hafte Stimmung, die aber bedroht ist. Zwischen Vanye und dem Alien-Mischling Roh entsteht eine bedeutsame Beziehung.
C. J. Cherryh – Die Feuer von Azeroth (Morgaine 3) weiterlesen

C.J. Cherryh – Das Tor von Ivrel (Morgaine-Zyklus 01)

Morgaine Frosthaar, Zerstörerin von Welten

Mit dem Fantasyroman „Das Tor von Ivrel“ gab Caroline J. Cherryh 1976 ihr Debüt in der SF- und Fantasy-Szene. Für dieses gute Buch wurde sie mit dem John W. Campbell Award als beste Nachwuchsautorin ausgezeichnet. Eine Kriegerin aus der Vergangenheit muss die Dimensionstore einer untergegangenen Rasse auf verschiedenen Welten vernichten, damit diese keinen Schaden mehr anrichten. Morgaines Arbeit bedeutet häufig den Untergang ganzer Zivilisationen. Ihr Lehnsmann Nhi Vanye gerät dadurch häufig in Konflikte, mit seinen Loyalitäten und mit seinem Gewissen.

Der Roman ist der erste Teil der vierbändigen Morgaine-Serie, deren weitere Bände „Der Quell von Shiuan“, „Die Feuer von Azeroth“ und „Exile’s Gate“ (unübersetzt) heißen.

Die Autorin

Caroline Janice Cherryh, geboren 1942 in St. Louis, ist von Haus aus Altphilologin und Historikerin und lebt in Oklahoma. Sie erhielt schon 1980 ihren ersten Science-Fiction-Preis für ihre umwerfende Novelle „Kassandra“*. 1983 folgte der erste |HUGO Award| für „Pells Stern“, später ein weiterer für „Cyteen“. Beide Romane gehören zu ihrem Allianz-Union- bzw. PELL-Zyklus, der eine Future History darstellt, wie sie schon von anderen Größen des Science-Fiction-Feldes geschaffen wurde, darunter Robert A. Heinlein oder Isaac Asimov.

*: Die Story ist jetzt im Sammelband „The short fiction of C. J. Cherryh“ (Januar 2004) zu finden.

Morgaine-Zyklus

1 Gate of Ivrel (1976)
Deutsch: Das Tor von Ivrel. Übersetzt von Thomas Schlück. Heyne SF&F #3629, 1979, ISBN 3-453-30540-X.
2 Well of Shiuan (1978)
Deutsch: Der Quell von Shiuan. Übersetzt von Thomas Schlück. Heyne SF&F #3732, 1980, ISBN 3-453-30635-X.
3 Fires of Azeroth (1979, in: C. J. Cherryh: The Book of Morgaine)
Deutsch: Die Feuer von Azeroth. Übersetzt von Thomas Schlück. Heyne SF&F #3921, 1982, ISBN 3-453-30847-6.
4 Exile’s Gate (1988)
The Book of Morgaine (Sammelausgabe von 1–3; 1979; auch: The Morgaine Saga; auch: The Chronicles of Morgaine, 1987)
The Complete Morgaine (Sammelausgabe von 1–4; 2015)
Gate of Ivrel / Well of Shiuan / Fires of Azeroth
Deutsch: Tore ins Chaos : Der Morgaine-Zyklus. Illustrationen von John Stewart. Die Karte zeichnete Erhard Ringer. Übersetzt von Thomas Schlück. Heyne SF&F #4204, München 1993, ISBN 3-453-31185-X.

Graphic Novel (mit Jane S. Fancher):

1 Gate of Ivrel: Claiming Rites (1987)
2 Gate of Ivrel: Fever Dreams (1987)

Der vierte Band, „Exile’s Gate“, ist noch unübersetzt. Die ersten drei Bände wurden in einem Sammelband zusammengefasst, der in der deutschen Ausgabe „Tore ins Chaos“ betitelt ist (Heyne 06/4204, 1985).

Handlung

Die „Alten“, Angehörige der Rasse der |qhal|, die vor Jahrtausenden die Galaxis beherrschte, sind längst verschwunden. Doch verstreut über die Galaxis sind jene rätselhaften Dimensionstore zurückgeblieben, mit deren Hilfe sie sich durch Raum und Zeit bewegten, und zum Teil funktioniert dieses Transportsystem noch. Doch durch ein Tor zu gehen, bedeutet stets eine unberechenbare Versetzung in der Zeit …

Das Tor von Ivrel ist eine jener legendären Stätten, scheu gemieden von den Eingeborenen, die auf einer mittelalterlichen Stufe von Kriegerklans leben. Das Tor auf dem Berg Ivrel ist ebenso eine Stätte des Todes wie die kleineren Tore, die es beherrscht. Immer wieder gelangen seltsame Ungeheuer von anderen Welten nach Andur-Kursh und verbreiten hier Furcht und Schrecken, beispielsweise große bleiche Reptilien. Doch die meisten sterben zum Glück rasch, weil ihnen die Lebensbedingungen nicht entsprechen. Aber die Tore senden auch eine Verderben bringende Strahlung aus, die den Genen der umliegenden Klans gar nicht gut bekommt. Häufig ist auch Wahnsinn unter den Klans anzutreffen.

Das Tor von Ivrel wird vom Klan der Hjemur beherrscht, dessen Anführer Thiye ist. Und Thiye lässt sich diese Herrschaft nicht so leicht entreißen. Das Reich Hjemur wurde noch nie erobert.

Nhi Vanye

Als der junge Krieger Nhi Vanye, verstoßen von Stamm und Familie wegen Brudermordes, in der Nähe eines Tors im Süden jagt und in Not gerät, reitet eine junge Frau mit weißblondem Haar aus diesem hervor. Es ist Morgaine Frosthaar, eine legendäre Schönheit, die vor hundert Jahren verschwand. Damals war sie ein Lord unter den Menschen von Ivrel, und zusammen mit vier anderen ihrer Art soll sie zehntausend Krieger Ivrels in den Tod geführt haben. So kennt Vanye zumindest die Legende über Morgaine. Kein Wunder also, dass er diese mächtige Frau, der ein schlechter Ruf vorauseilt, fürchtet. Und wieso lebt sie überhaupt noch? Ist sie etwa ein Geist?

Zu allem Überfluss verfügt sie über Zauberwaffen und ein furchterregendes Schwert namens „Wechselbalg“. Sie besitzt eingehende Kenntnisse über die Alten, die auf Ivrel „qujal“ genannt werden. Da sie ein Lord ist und Vanye nur ein vogelfreier Ausgestoßener, macht sie Vanye zu ihrem zwangsverpflichteten Leibeigenen, ihrem „ilin“, der ihr, seinem „liyo“, für mindestens ein Jahr bedingungslos dienen muss. Sex mit ihr kommt daher nicht in Frage, wohl aber findet sich Vanye zu einer Art furchtsamer Verehrung bereit. Sie verpflichtet ihn dazu, selbst noch nach ihrem Tod den Lord Thiye zu vernichten.

Liell

Gemeinsam reiten sie durch den Winter nach Norden gen Hjemur, um ihre Mission zu erfüllen: das Tor vor weiterem Missbrauch zu schützen, kurz: es zu schließen – auf welche Weise auch immer. Knapp entgehen sie einem Anschlag eines wahnsinnig gewordenen Klansherrn in Leth. Der vermeintliche Retter, Liell, stiftet Vanye zum Verrat an Morgaine an, doch Vanye ahnt eine größere Gefahr von diesem Liell ausgehen. Warum sterben so viele Klansherren im nahen See? Doch wohl kaum eines natürlichen Todes. Er nimmt Reißaus und schlägt sich zum Volk seiner Mutter durch, den Chya.

Chya

Diese Waldbewohner kämpfen noch mit Pfeil und Bogen, doch wenigstens sind sie weder wahnsinnig noch strahlenverseucht. Allerdings stellt ihr Klansführer Vanyes Loyalität erneut auf eine harte Probe. Die Chya haben seinerzeit Vanyes Mutter an die benachbarten Nhi verloren, die Vergewaltigte und Entführte aber nie zurückgeholt. Wie ist es nun um Ehre von Chya und Vanye bestellt? Als Vanye seine Herrin Morgaine und ihre Ziele nicht verrät, steigt er in der Achtung der Chya und erhält sogar das Angebot, zu ihnen zurückkehren zu dürfen. Falls er sein Jahr Lehnsdienst überleben sollte. Was nicht sonderlich wahrscheinlich ist.

Übernahme

Nachdem sie weiter Richtung Hjemur geritten sind, erzählt ihm Morgaine mehr von sich. Hjemurs Herr Thiye wie auch Liell haben wie Morgaine eine besondere Fähigkeit, die aus den Kräften, die die qhal-Tore verleihen, herrührt: Sie können den Körper eines anderen Menschen übernehmen. Auf diese Weise können sie ihr Leben schier endlos verlängern. Ist man alt, übernimmt man den Körper eines Jüngeren. Das hat Liell mit den Klansherren von Leth gemacht. Und so hat wohl auch Thiye von Hjemur das letzte Jahrhundert überlebt.

Was Vanye aber wirklich bis ins Mark trifft, ist Morgaines Andeutung, dass auch sie nicht vor diesem Mittel zurückschrecken würde, um ihr Ziel zu erreichen. Sie würde den Körper ihres „ilin“ an sich reißen. Vanye wird es heiß und kalt, doch er hält seine „liyo“ zu dieser grausamen Tat fähig. Wer weiß, zu welch unvorstellbaren Taten diese seltsame Frau, die vielleicht nicht einmal ein Mensch ist, noch alles imstande ist. Doch er ist durch seinen Eid an sie gebunden, überwindet seine Furcht und reitet weiter. Einem ungewissen Schicksal entgegen …

Mein Eindruck

Es gibt keine losen Enden in dieser Geschichte. Alle Klans, deren Weg Morgaine und Vanye kreuzen, machen sich an die Verfolgung dieser mysteriösen Gestalt. Was hat diese Frau aus der Vergangenheit vor, ist eine der wichtigsten Fragen, die sich jeder Klanführer stellen muss, allein schon aus Selbsterhaltungstrieb. Diese Frage ist durchaus berechtigt, wie sich herausstellt.

Morgaines Schwert Wechselbalg ist eine qujalin-Waffe, die mit der gleichen furchterregenden Energie funktioniert wie die Dimensionstore der Alten. Wie man sich leicht vorstellen kann, will jeder diese Wunderwaffe in seinen Besitz bringen, sobald er ihre furchtbare Wirkung erlebt hat. Die Klinge des Schwertes selbst öffnet einen Abgrund in der Wirklichkeit, der jedes Objekt, sei es Mensch oder Waffe, in sich hinein saugt – ins Nichts. Einmal gerät sogar ein Gefährte, der sich zwischen Schwert und Angreifer stellen will, in den Sog der Waffe – und verschwindet. Das Schwert (er-)kennt, wie Morgaine, weder Freund noch Feind, wenn und solange es seinen Zweck erfüllt.

Morgaines Mission und ihre Kielwasser an Verfolgern haben natürlich weitreichende Folgen für Vanye. Er ist kein tapferer Bursche, sondern ein Überlebenstyp. Nacheinander muss er fast alle Menschen verraten, die ihm etwas bedeuten, um seinen Eid gegenüber seiner „liyo“ erfüllen zu können. Zunehmend wird er zu einem Fremdkörper in der Gesellschaft der Menschen von Andur-Kursh. Schließlich reitet nur noch sein Bruder Erij an seiner Seite, doch die Beziehung zwischen den beiden ist von Misstrauen und Furcht vergiftet. Jeder versucht den anderen zu übervorteilen, bis hin zu widersprechenden Schwüren, die Vanye leisten muss. Es ist wahrlich nicht einfach, der „ilin“ einer Frau wie Morgaine zu sein.

Die Figuren: Männer

Die Autorin erschafft in ihrem Debütroman keineswegs vollkommene männliche Charaktere. Ihre Männer sind freundlich, fähig zu großer Tapferkeit, zu Ehre, tiefen Gefühlen, Zärtlichkeit und Selbstbetrachtung. Die Männer sind auch zu großer Liebe und Zuneigung und Respekt für andere Männer fähig, ohne dass dies sexuell gemeint ist. Die Autorin ist in der Lage, Spannung zwischen Männern, die einander lieben, zu erzeugen, ohne dass dies sexuelle Konnotationen hat oder ein Wirtshausstreit ist. Solche Männer unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von den Helden männlicher Fantasy-Schriftsteller, mit einer einzigen Ausnahme: Michael Moorcocks negativer Held Elric von Melniboné. Er hat ebenfalls ein tiefes und kompliziertes Innenleben.

Die Figuren: Morgaine

Morgaine hingegen ist eine Figur, die alle Menschen um sie herum, insbesondere Vanye, sowohl mit Furcht als auch mit verehrungsvoller Liebe erfüllt. Dabei ist sie im Grunde eine tragische Gestalt. Als Vernichterin und Retterin spielt sie eine Doppelrolle, die sie manchmal zu zerreißen droht. Und da die Dimensionstore für so manche Welt sehr wichtig sind, zuweilen göttlich verehrt werden, zerstört sie mitunter die Grundlage einer Religion bzw. einer Kultur.

Zugleich hat Morgaine ein existentielles Problem: Jeder Tor-Durchgang wirft sie in eine andere Zeit, eine andere Welt, in der sie sich zurechtfinden muss. Immerhin sind alle – erzählten – Welten auf einer mittelalterlichen Stufe, so dass sie mit ihren Waffen aus der Zukunft immer die Überlegene bleibt. Dies nutzt sie selten aus, denn sie ist auf die Hilfe von Führern und Beschützern wie Vanye angewiesen. Auch sie muss ja einmal schlafen. Auch wenn sie aus der Zukunft kommt, so trägt sie doch keinen Superduper-Raumanzug, der sie schier unsterblich und unverwundbar macht. Sie hat ihre menschlichen Momente, und wenn sie es zulässt, ertappt Vanye sie dabei, wie sie weint.

Schwächen

Junge Autoren bekommen für ihren Erstlingsroman meist nur das Minimum an Seiten zugestanden, damit für den Verlag das Risiko minimal ist. Das ist auch bei „Das Tor von Ivrel“ der Fall gewesen: Er umfasst in der Übersetzung und in der Erstausgabe (also nicht in „Tore ins Chaos“) nur 220 Seiten. Daher darf es nicht verwundern, dass der Erzählstil an keiner Stelle ins Schwafeln gerät, sondern stets äußerst straff formuliert ist. Die Handlung wird konsequent und druckvoll vorangetrieben. Und selbst wenn es so aussieht, als würden sich die Figuren in endlosem Streit ergehen, so führt dies doch auf psychologischer Ebene stets zu einem Durchbruch. Danach kann die Handlung auf geänderten Bahnen weitergehen.

Da Morgaine in ihrer Zielgerichtetheit in dramaturgischer Hinsicht wenig interessant ist, konzentriert sich die Autorin fast gänzlich auf Vanye. Wir sehen alles aus seinem Blickwinkel und erfahren auf diese Weise, wie das Erscheinen eines Phänomens wie Morgaine das soziale Gefüge einer Welt verändert. Insofern könnte man die vier Morgaine-Romane als Studien über das Thema „Die Figur und die Rolle des weiblichen Helden“ betrachten. Wichtiger ist aber noch: Wie kann man ein Mann an der Seite einer Heldin sein? Vanye überlebt, und deshalb muss die Antwort lauten: Indem man ihr unverbrüchlich die Treue hält und dabei versucht zu überleben. Keine leichte Aufgabe, wie die Geschichte Vanyes belegt.

Die Fixierung auf seine Perspektive bewirkt, dass Auseinandersetzungen, die woanders stattfinden, nicht eingeblendet werden. In Thiyes Burg hat so ein Kampf stattgefunden. Als Vanye und Erij hier eintreffen, stehen sie vor vollendeten Tatsachen. Das ist keine besonders befriedigende Erzählstrategie. Wir sind neugierig darauf, mitzuerleben, was Morgaine getan hat. Aber das Diktat der Kürze des Debütromans verhindert eine ausgefeiltere Erzähltechnik mit verteilten Perspektiven.

Die Übersetzung

… von Thomas Schlück ist weitgehend in Ordnung. Doch muss sich der heutige Leser mit seiner eigenartigen Verwendung des Wörtchens „da“ anfreunden. „Da“ kann im Deutschen alles Mögliche bedeuten, sogar einen Kausalzusammenhang ausdrücken. Hier setzt Schlück es aber auch relativisch ein, so etwa in der Konstruktion: „der Ort, da ein Tor offenstand“. Wir würden heute sagen: „der Ort, wo ein Tor offenstand“. Das ist recht gewöhnungsbedürftig und kann den unvorbereiteten Leser verwirren.

Unterm Strich

„Das Tor von Ivrel“ ist ein vergleichsweise uneben zu lesender Action-Fantasy-Roman, doch die Fortsetzungen sind besser: Die Autorin hatte einfach mehr Platz! Mit ihren männlichen und weiblichen Heldengestalten liest sich die vierteilige Morgaine-Serie wie eine Kombination aus Joseph Campbells Mythologie-Studie „Der Held mit den tausend Gesichtern“ und C. G. Jungs Psychologie mit ihren Archetypen. Der Stil der jungen Cherryh erinnert in „Das Tor von Ivrel“ noch ein wenig an das Beste von Tolkien, aber schon in den nächsten Büchern sollte Cherryh ihren eigenen unverwechselbaren Stil entwickeln (sie schreibt seit ihrem zehnten Lebensjahr!).

Obwohl die Spannung zwischen den Romanfiguren manchmal unerträglich ist, ist der Stil doch stellenweise auch zu einem sehr trockenen Humor fähig. Das habe ich schon immer an ihrem Stil bewundert. Doch für den unvorbereiteten Leser ist die Spannung, die sie gerne erzeugt, manchmal schier unerträglich hoch, und wenn ihre Figuren ständig mit ethischen Begriffen wie Ehre, Treue, Bindung, Verrat und Täuschung zu ringen haben, so mag dies dem einen oder anderen ebenfalls zu viel werden. Ich finde es immer wieder faszinierend.

Taschenbuch: 220 Seiten
Originaltitel: The Gate of Ivrel, 1974
Aus dem US-Englischen übertragen von Thomas Schlück.
ISBN-13: 9783453305403.
www.heyne.de

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Robert Jordan – Drohende Schatten (Das Rad der Zeit 1 – gekürztes Hörbuch)

Massiv gekürzt: Auftakt zur Saga von Rand al’Thor

Der junge Rand al’Thor muss erleben, wie eine Horde Trolloc-Krieger seinen Vater angreift und sein Heimatdorf fast komplett zerstört. Nur knapp entgeht er selbst den Häschern des Dunklen Königs und übernimmt das Schwert seines Vaters. Zusammen mit der magiebegabten Aes Sedai Moiraine, ihrem Behüter Lan und Rands Freunden Matt, Perrin und Egwene sowie einem Gaukler und einer Seherin bricht Rand nach Tar Valon auf, der Stadt der Aes Sedai. Doch der Feind ist alles andere als untätig …

Dieser erste Band bietet lediglich das erste Drittel des ersten Romans „Eye of the World“.

Der Autor

Robert Jordan war ein Pseudonym des amerikanischen Schriftstellers James Oliver Rigney, Jr. (* 17. Oktober 1948 in Charleston, South Carolina; † 16. September 2007 ebenda), der in erster Linie durch seinen Fantasy-Romanzyklus Das Rad der Zeit bekannt wurde.

Robert Jordan wurde in Charleston im US-Bundesstaat South Carolina geboren. Er war von 1968 bis 1970 als US-Soldat im Vietnamkrieg, in dieser Zeit wurde er mehrfach ausgezeichnet und erhielt in Folge dessen eine kleine Zahl an Medaillen. Jordan studierte anschließend an der Militärakademie von South Carolina Physik und arbeitete nach seinem Abschluss für die US-Marine als Nuklearphysiker. Er lebte mit seiner Frau Harriet McDougal bis zu seinem Tod in seinem Geburtsort Charleston (South Carolina).
Am 25. März 2006 gab der Schriftsteller bekannt, dass bei ihm die sehr seltene Blutkrankheit Amyloidose diagnostiziert wurde, die ohne Behandlung innerhalb eines Jahres tödlich verlaufen könnte und selbst mit medizinischer Unterstützung nur eine durchschnittliche Lebenserwartung von vier Jahren garantierte. Jordan erklärte daraufhin, um all die Bücher zu beenden, die ihm vorschwebten, brauche er noch etwa 30 Jahre, und er habe fest vor, noch mindestens so lange zu leben.
Jordan begann im April 2006 in der Mayo-Klinik in Rochester (Minnesota) mit der Behandlung. Am 22. Dezember erklärte er in seinem Blog, die Therapie schlage gut an, und er sei trotz regelmäßiger Pflichtkontrollbesuche im Krankenhaus optimistisch. Seinen Hoffnungen zuwider starb Jordan am 16. September 2007 im Alter von 58 Jahren. (Quelle: Wikipedia)

Die Reihe „The Wheel of Time“:

0) New Spring (2004, Prequel)
1) The Eye of the World (1990)
2) The Great Hunt (1990)
3) The Dragon Reborn (1991)
4) The Shadow Rising (1992)
5) The Fires of Heaven (1993)
6) Lord of Chaos 81994)
7) A Crown of Swords (1996)
8) The Path of Daggers (1998)
9) Winter’s Heart (2000)
10) Crossroads of Twilight (2003)
11) Knife of Dreams (2005)
12) The Gathering Storm (2009, abgeschlossen von Brandon Sanderson)
13) Towers of Midnight (2010, dito)
14) A Memory of Light (Herbst 2012, dito)

Von dieser Reihe gibt es nicht nur Computerspiele, sondern auch Kalender, Vertonungen und Hörbücher. Seit 2008 will Universal den ersten Band verfilmen. Mehr aktuelle Infos: http:// www.RadDerZeit.de (ohne Gewähr)
und http://www.Dragonmount.com (dito).

Der Sprecher

Helmut Krauss ist seit Jahrzehnten ein viel beschäftigter Schauspieler. Man kennt ihn als einen begnadeten Sprecher für fesselnde Hörspiele & prickelnde Literatur. In Hollywood-Filmen schenkt er Marlon Brando & Samuel L. Jackson sonore und beeindruckende Stimmen. Sein männlicher Sound lässt jeden Kino-Saal erbeben.

Helmut Krauss (1941-2019) erweist sich als wahres Stimmwunder, wenn er nicht nur Stimmungen und Atmosphäre in seine rauchigen, getragenen Vortrag legt, sondern er erweckt tatsächlich einen Charakter zum Leben, erschafft eine ganze Stadt um ihn herum und schickt ihm und dem Hörer dann einen fleischgewordenen Alptraum hinzu.

Regie führte Oliver Hörth, der auch die Aufnahme vornahm. Helmut Krauss hat die deutsche Übersetzung 2010 einfach für Audible.de ungekürzt eingelesen (Übersicht siehe Wikipedia.de). Jessika Güsken hat den Text dann einfach gekürzt, ohne etwas hinzuzufügen. Die Musik stammt von Dennis Kassel & Dicky Hank.

Handlung

Kaum ist der Winter vorüber, machen sich die beiden Schäfer Tam al’Thor und sein Sohn Rand auf den Weg ins Dorf Emondsfelde, um Apfelmost zu verkaufen. Das Fest Beltain steht bevor. Doch auf dem Weg durch den Wald, in dem ihr Hof liegt, erblickt Rand einen schwarzen Reiter, der ihnen folgt. Der Reiter ist gleich darauf verschwunden. Im Dorf weiß man nichts von schwarzen Reitern oder nahendem Unheil. Vielmehr bereiten sich alle aufs Fest vor. Sogar der Gaukler Tom Merrilin ist eingetroffen und ein fahrender Händler, obendrei eine geheimnisvolle Lady und ihr Behüter. Rand trifft seine Freunde Matt Cauthon, Perrin Ayabra und Egwene al’Vere, die schöne Tochter des Bürgermeisters und Schankwirts. Doch ein verdächtiger Rabe beobachtet alles, was er tut.

Rands Vater Tam hat es eilig, auf seinen Hof zurückzukehren. Als sie im Westwald eintreffen, schein alles in Ordnung zu sein, doch Tam gürtet sein Schwert und sperrt alle Türen ab. Gerade rechtzeitig! Ein heftiger Schlag erschüttert die Haustür. Trolloc-Krieger mit Ziegen- und Wolfsgesichtern begehren Einlass. Tam schickt seinen Sohn zur Hintertür, doch auch diese wird bereits belagert. Ein Myrddral befehligt die Horde, ein blasser Halbmensch ohne Augen – ein schwarzer Reiter. Im folgenden Kampf Tams gegen die Eindringlinge, die es offenbar nur auf den Jungen abgesehen haben, trägt der Schwertkämpfer eine vergiftete Wunde davon. Und Rand hat selbst einen von ihnen mit Tams Schwert getötet. Doch die Trollocs sind verschwunden. Aber für wie lange?

Unter Einsatz seiner letzten Kräfte gelingt es Rand, seinen Vater auf einer Trage nach Emondsfelde zu bringen. Doch dort hat man nicht gerade auf ihn gewartet: Das halbe Dorf ist zerstört. Hier waren die Trollocs und Myrddrals also ebenfalls. Nur dem Magieeinsatz der Lady Moiraine und dem Schwert ihres Behüters sei es zu verdanken, dass überhaupt noch Häuser stünden, erfährt Rand von der Seherin Nynaeve und von Egwene, die der Heilerin hilft. Doch Nynaeve erschüttert Rand, als sie sagt, sie könne seinem Vater nicht helfen. Dies kann zum Glück Moiraine, die einen speziellen zauber der Aes Sedai anwendet. Dennoch müsse Tam lange ruhen.

Ein seltsamer Aspekt an dem Angriff, auf den Moiraine aufmerksam macht, gibt Anlass zur Sorge: Nur die Höfe von Rand, Matt und Perrin wurden angegriffen. Etwas hat es mit den drei jungen Männern auf sich, das der Dunkle König fürchtet und haben will. Nachdem sich Moiraine mit Nynaeve und Egwene beraten hat, fordert sie die drei Jungs und Egwene auf, sich so rasch wie möglich mit ihr nach Tar Valon zu begeben. Dort, am Sitz des Ordens der Aes Sedai, könne man erkennen, warum die Schattenkrieger hinter ihnen Vieren her seien.

Doch schon im nächsten Ort, Tarens Fähre, müssen sie erkennen, dass sie verfolgt werden. Und spätestens in Baerlon, wo Nynaeve sie einholt, spitzt sich die Lage zu. Ein Myrddral spricht Rand an, doch der Dunkle König wolle ihn für sich, sagt er. Deshalb verschont er Rands Leben. Kurz nachdem die Gefährten mit Nynaeve den Gasthof verlassen haben, wird Feuer daran gelegt.

Und vierhundert Trollocs sind den Gefährten auf den Fersen. Wohin können sie sich in der Wildnis wenden? „Es gibt nur einen Ort, an den selbst Trollocs nicht gehen würden“, sagt Lan, der Behüter Moiraines, und dieser Ort stellt sich eine von gierigen Geistern heimgesuchte Ruinenstadt heraus – Shadar Logoth …

Mein Eindruck

In diesem Auftakt sind die Ähnlichkeiten mit dem großen Vorbild „Der herr der Ringe“ und der Artus-Sage noch sehr deutlich. Trollocs statt Orks und Myrdraals als Nazgul – was möchte man mehr? Na, viel mehr natürlich. Nur skizzenhaft erfahren wir von der Jahrtausende währenden Geschichte des Kontinents und dass der Dunkle König eigentlich in einem Verlies in der Einöde in Ketten liegt. Dennoch scheint er seine Häscher mit Leichtigkeit zu kommandieren.

Auch in den vier jungen Auserwählten schlummert die Vergangenheit, nur um in Momenten großer Not wieder hervorzubrechen. Sie rufen „Manetheren!“ und andere Namen, wenn sie die Trollocs attackieren. Offenbar gibt es eine Kraft, die sie alle durchdringt. Diese Eine Kraft des Schöpfers, die von den Aes Sedai genutzt wird, ist zweifaltig, eine männliche Hälfte und eine weibliche.

Doch die männliche, Saidin genannt, wurde einst vom Dunklen König verdorben, so dass ihr Einsatz zum Wahnsinn führe, erzählt Moiraine. Deshalb kommt es dazu, dass vor allem Magierinnen auftreten, denn sie nutzen Saidar, die weibliche Seite der Kraft. Dabei greifen sie oft auf Hilfsmittel wie Amulette und An’greal zurück, um die Eine Kraft zu bündeln und beispielsweise einen Schutzschirm aufzubauen.

Den brauchen sie u.a. auch in der Geisterstadt Shadar Logoth, die einst Aridol hieß und eine Verbündete von Manetheren war. Dieser Ort erinnert stark an die unterirdische Stadt der Toten im dritten Band von „Der Herr der Ringe“. Leider findet sich (noch?) keiner, um den Geistern Einhalt zu gebieten.

Während Moiraine bereits beginnt, Egwenes Kräfte zu wecken und zu formen, mehren sich die Vorzeichen, dass in Rand mehr als nur ein junger Schäfer und Schwertkämpfer schlummert. Dafür sind seine Träume viel zu lebhaft. Aber auch in Perrin und Matt stecken verborgene Kräfte. Das Quartett entspricht den vier Hobbits bei Tolkien, und so können wir mit Recht erwartet, dass die Zukunft für jeden ein besonderes Schicksal bereithält. Immerhin konnte Robert Jordan 18 Jahre lang daran schreiben und seinem Nachfolger detaillierte Anweisungen hinterlassen.

Der Sprecher

Helmut Krauss hat die passende sonore Stimme für die Action der Kampfszenen. Und auch wenn männliche Figuren wie Tom Merrilin oder Lan sprechen, klingt er passend. Allerdings äußern sich auch die drei Damen vielfach, und dann klingt er eben nicht mehr so passend.

Außerdem bin ich mit seiner Aussprache der englischen Namen nicht einverstanden. So weigert er sich permanent, auch nur das geringste TH auszusprechen, etwa in „Manetheren“ oder „Shadar Logoth“. Er spricht immer ein T. Das ist nicht das, was der Autor ursprünglich im Sinn hatte. Und es lässt die Übersetzung noch unbeholfener wirken, als sie eh schon ist.

Die Kürzungen gegenüber der Audible-Fassung (s.o.) sind recht massiv und machen sich besonders am Anfang störend bemerkbar. Auf einmal tauchen da Rands Freunde Matt und Perrin aus dem Nichts auf, von Egwene ganz zu schweigen. Ausführlich wird der Text immer dann, wenn es Kampfszenen und verbale Auseinandersetzungen zu schildern gibt. Das macht den ganzen Vortrag recht dramatisch. Das ist sicherlich in Ordnung im Sinne des Unterhaltungswertes, aber für Fans fallen doch zu viele wesentliche Informationen unter den Tisch.

Geräusche und Musik

Geräusche gibt es leider keine; man muss sie sich dazudenken, wenn es heißt, da erschallen Rufe, Hörner oder Schreie. Musik gibt es nur jeweils am Anfang der ersten CD und am Schluss jeder CD. Sie dient lediglich der Einstimmung, nicht aber zur Stimmungslenkung. Das lässt dem Hörer nichts anderes übrig, als sich auf den Vortrag zu konzentrieren.

Zusatzinfos

In der Verpackung finden sich Informationen zum Autor und zum Sprecher sowie Angaben zu den Machern. Die Aufmachung gleicht einem alten Pergament. So verwundert es nicht wirklich, in der Einstecktasche der ersten CD eine mittelalterliche Darstellung der Tierkreiszeichen zu finden. Was sie hier allerdings soll, bleibt das Geheimnis des Verlags.

Unterm Strich

Den Auftakt zur großen Saga um das Rad der Zeit habe ich eigentlich recht eindrucksvoll in Erinnerung, denn bekanntlich „liegt ein Zauber über jedem Anfang“, wie der Dichter sagt. Rätsel gibt es auch hier viele und sogar schon erste Heldentaten der Hauptfigur Rand al’Thor. Die Rätsel machen neugierig auf das unbekannte Universum, dass der erprobte CONAN-Autor Robert Jordan entwarf. Die beiden Seiten scheinen klar verteilt zu sein, doch unsere Gefährten – es sind acht und nicht neun wie bei Tolkien – müssen sich durchmogeln, wollen sie heil an ihr Ziel Tar Valon gelangen.

Das Hörbuch

Die massiven Kürzungen sind auf die Erhöhung des Unterhaltungswertes der Haupthandlung angelegt. Allerdings geht dies einerseits auf Kosten der Charakterzeichnung, die in Andeutungen steckenbleibt, und auf Kosten der Weltbeschreibung. Das macht sich vor allem hinsichtlich der Historie negativ bemerkbar, die mehr oder weniger nebulös bleibt. Wenigstens wird die Saga um Mordeth und das Schicksal Aridols komplett wiedergegeben, wofür ich dankbar war.

Doch was hat Manetheren mit unseren drei jungen Kämpen zu tun? Sind sie einfach Hüllen für verblichene Seelen, quasi Proto-Zombies? Solche und viele weitere Fragen bleiben unbeantwortet, und es steht zu befürchten, dass sich dieses Niveau nicht in den kommenden Episoden bessert.

Der Fan greift sowieso zur ungekürzten Download-Version bei Audible.de. Nur der Einsteiger kann sich mit der gekürzten Lübbe-Fassung zufriedengeben. Diesem ist zu raten, sich so bald wie möglich die ungekürzte Variante zuzulegen. Leider muss man sich in beiden Fällen mit den Unzulänglichkeiten des Sprechers abfinden, der einfach kein englisches „TH“ aussprechen kann.

6 Audio CDs mit 431 Minuten Spieldauer
Gelesen von Helmut Kress
Produziert von Michael Treutler (Audible)
ISBN-13: 978-3785743409
www.luebbe.de/luebbe-audio

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

C. J. Cherryh – Der Quell von Shiuan (Morgaine 2)

Zerstörerin im Untergang der Welt

Die Welt Shiuan ist dem Untergang geweiht, buchstäblich: Überschwemmungen und schwere Erdbeben lassen die alte Zivilisation in Schutt und Asche beziehungsweise unter Wasser sinken. Die einzigen Fluchtwege für die letzten Überlebenden sind die Dimensionstore der Alten.

Doch da erscheint Morgaine, eine der letzten weiblichen Abkömmlinge der Neuentdecker der Tore. Sie hat den Auftrag, das Tor von Shiuan zu schließen; das bedeutet aber zugleich, dass sie den Überlebenden den letzten Ausweg verbauen muss. Der Kampf um den „Quell von Shiuan“, den letzten Ausweg, entbrennt.

C. J. Cherryh – Der Quell von Shiuan (Morgaine 2) weiterlesen