E. und H. Heron – Flaxman Low – Der Fall Baelbrow (Gruselkabinett 155)

Ein blutdürstiger Hausgeist

England 1895: Seltsame Begebenheiten sorgen in Baelbrow-House für Angst und Schrecken. In nächtlicher Stunde werden die Hausbewohner angegriffen und schließlich kommt es sogar zu einem Todesfall. „Geisterjäger“ Flaxman Low vermutet, dass es sich hier um keine natürlichen Verbrechen handelt… (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 14 Jahren.


Die Autoren

E. & H. Heron sind ein Autorenpaar. Sein Serienheld Flaxman Low agiert in mehreren Gruselkabinett-Episoden.

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Rollen und ihre Sprecher:

Flaxman Low: Rolf Berg
Prof. van der Voort: Eckart Dux
Lena van der Voort: Reinhilt Schneider
Eliza Freeman: Claudia Mingues-Urbschat
Swaffam Senior: Horst Naumann
Harold Swaffam: Sascha von Zambelly
Geist: Marc Gruppe

Die Macher

Regie führten die Produzenten Marc Gruppe und Stephan Bosenius. Die Aufnahmen fanden bei Titania Medien Studio, bei Advertunes und in den Planet Earth Studios statt. Die Illustration trug Ertugrul Edirne bei.

Handlung

Der Geisterjäger Flaxman Low besucht Baelbrow House anno 1895, denn er war mal ein Student beim emeritierten Professor van der Voort, der sich nebst seiner Tochter Lena hier zur Ruhe gesetzt hat, um ein Buch zu schreiben. Doch ein gewisser Spuk hält ihn von diesem Vorhaben ab. Er hat das Haus von seinem Vorgänger Swaffam übernommen, der mittlerweile schon wieder auf einer Expedition in Ägypten, Afrika oder sonstwo unterwegs ist. Swaffam sagte ihm, so berichtet der Professor, dass es hier schon immer gespukt habe. Aber der Geist sei gutartig und kein Grund zur Beunruhigung.

Das Hausmädchen

Doch das habe sich in jüngster Zeit drastisch geändert. Mitte Oktober sei das Hausmädchen Eliza durch einen zweiten Geist zu Tode gekommen. Der Professor habe das Wesen erst für einen Hund gehalten, weil die Füße auf dem Steinboden klickten wie von Krallen. Doch die Gestalt war lang und hager sowie in Tücher gehüllt. Sie verschwand im sogenannten „Museum“, in dem Swaffam seine Fundstücke aufbewahrt. Zwei Tage später starb Eliza Freeman. Der herbeigerufene Arzt untersucht die nahe des „Museums“ gefundene Leiche: Sie weist einen Blutstropfen, eine winzige Wunde am Hals und auffällige Blutarmut auf. Hat Baelbrow House einen Vampir unterm Dach?

Die Tochter des Professors

Auch Lena van der Voort wird Opfer eines vampirischen Angriffs und liegt nun kraftlos in ihrem Bett. Sie kann Flaxman Low nur wenig sagen, doch der Angriff auf sie erfolgte in der Eingangshalle. Immerhin liefert sie eine rudimentäre Beschreibung des Arms, der sie packte, bevor sie das Bewusstsein verlor: dunkle Haut, Krallen und ein mit Tuch bandagierter Arm. Außerdem habe sie den unverkennbaren Duft eines Antiseptikums wahrgenommen. Lena weist eine kleine Verletzung hinterm Ohr auf. Lena hat sich inzwischen mit Harold Swaffam, dem Sohn des Vorbesitzers verlobt, und will ihn auf Anraten des Arztes treffen, deshalb reist sie ab.

Ein Plan

Harold trifft ein und erklärt die Vorkommnisse mit einer Epidemie weiblicher Hysterie. Das ist wenig hilfreich, doch wenn das „Museum“ verschlossen ist, welche Erklärung bleibt dann noch. Nach zwei Tagen der Vorbereitung will Harold mit Low zur Geisterjagd schreiten. Gesagt, getan. In einer regnerischen Gewitternacht legen sich die beiden Männer auf die Lauer. Sie haben die zahlreichen Kisten im „Museum“ durchsucht und nichts Verdächtiges gefunden. Dass das Haus auf einem uralten Gräberfeld errichtet wurde, wirkt auf Low wie ein schlechtes Omen.

Da! Ein Geruch von Antiseptikum breitet sich aus, und ein Schatten huscht vorbei. Harold ist tollkühn genug, sich einem Selbstversuch auszusetzen und sich als Köder anzubieten. Low besteht darauf, draußen am Fenster zu warten. Als er einen Schrei hört, fallen Schüsse, er stürmt hinein. Doch was er vorfindet, ist erst der Vorgeschmack dessen, was noch kommen soll…

Mein Eindruck

Dass alte ägyptische Mumien nach Leben dürsten, ist keine allzu neue Idee. Dass sie umherschleichen und hübschen jungen Damen nachstellen, überrascht ebenso wenig. Sie haben dabei eine fatale Ähnlichkeit mit gewissen Blutsaugern, die sich mit Vorliebe in Särgen oder anderen Kisten aufhalten – genau wie die vorliegende Mumie. Der Fluch von Grabräubern, wie Mr. Swaffam offenbar einer ist, liegt auf ihnen. Das Problem besteht also darin, sie wieder loszuwerden, damit Grabräubersöhne mit schönen Professorentöchtern eine Zukunft haben.

Harold Swaffam macht den riskanten Selbstversuch und zahlt um ein Haar den höchsten Preis: sein Leben. Das macht den unvermeidlichen Showdown extra spannend. Dieser Showdown macht die Luft im „Museum“ äußerst bleihaltig. Denn einer Mumie ist, soweit die Theorie, nur mit kaltem Blei beizukommen. Schüsse fallen und zwar nicht zu knapp. Der Laie staunt und Mumienexperte wundert wich, wie eine leere Hülle, die von einem „Totenkraftfeld“, wie der Geisterjäger das nennt, wiedererweckt wurde, von Blei durchlöchert und dergestalt ins Jenseits befördert werden kann. Die meisten Kugeln, so die Annahme, würden nur Löcher in die Luft pusten.

Wie auch immer: Die Mumie lebt, aber nicht mehr lange. Ihr Ende wird besiegelt, und um auf Nummer sicher zu gehen, widerfährt ihr eine stilechte Wikingerbestattung: In ein Boot gebettet, wird sie in Brand gesteckt und aufs offene Meer hinausgestoßen. Petri Heil!

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Sprecher

Flaxman Low wird von Rolf Berg mit einer tiefen, vertrauenerweckenden Stimme gesprochen. Diesmal darf er sich als ehemaliger Student einer sanfteren Tonart befleißigen, wenn er mit seinem ehemaligen Professor spricht. Dass er auch grimmig zur Tat schreiten kann, stellt Flaxman erst viel später unter Beweis. Zuvor muss er sich als Detektiv betätigen. Im Dialog mit der süßen, schwachen Lena ist er noch viel sanfter.

Der alte Prof. van der Voort wird von Eckart Dux gesprochen, ebenfalls einem Veteranen des „Gruselkabinetts“. Die Tochter des Professors, Lena van der Voort, wird von Reinhilt Schneider gesprochen: schwach, aber liebenswert. Lena liefert die erste Beschreibung des Hausgeists, die wertvolle Hinweise enthält.

Eliza Freeman hat dazu leider keine Gelegenheit mehr: Sie wurde leergesaugt.: Claudia Mingues-Urbschat, ihre Sprecherin, hat zahlreichen Schauspielerinnen ihre Stimmbänder und Ausdruckskraft verliehen.

Swaffam Senior ist nur kurz zu hören, wird aber von einem Ass der deutschen Synchronsprecherszene dargestellt: Horst Naumann ist die deutsche Stimme von Michael Caine und vielen anderen Schauspielern der A-Liga.

Sascha von Zambelly, ebenfalls ein Stammgast beim Gruselkabinett, hatte die Ehre, Harold Swaffam darstellen zu dürfen. Harolds Idee, es könne sich nur um eine „Epidemie von Hysterie“ handeln, bringt ihm indes nicht die Achtung des politisch korrekten Hörers ein. Wenigstens riskiert er einen Selbstversuch, der ihn fast das Leben kostet – also Hut ab!

Gut gebrüllt, Geist, möchte man Marc Gruppe zurufen, der der Mumie seine Stimme leiht.

Geräusche

Eine große Vielfalt von Geräuschen verwöhnt das Ohr des Zuhörers. Der Eindruck einer real erlebten Szene entsteht in der Regel immer. Pfotentapsen, eine tickende Uhr, klappernde Teetassen, knisterndes Kaminfeuer, hallende Schüsse – all diese Samples setzt die Tonregie zur Genüge ein, um einer Szene eine Fülle von realistisch klingenden Geräuschen zu vermitteln. Im Subwoofer oder in einer Soundbar erklingen die Bässe noch viel wirkungsvoller.

Die Musik

Von einem Score im klassischen Sinn kann keine Rede mehr sein. Hintergrundmusik dient nur dazu, eine düstere oder angespannte Stimmung zu erzeugen, und zwar nur dort, wo sie gebraucht wird. Hier steigert sich die Spannung sehr dezent von Szene zu Szene und wird im Showdown richtig dramatisch: eine Orgel zieht buchstäblich alle Register, ein Choral wie ein Requiem warnt vor Unheil, dissonante Intermezzo-Musik kündet von der bevorstehenden Abrechnung in Blei. Erst im Epilog beruhigen sich die Nerven des Hörers mithilfe entspannter Musik wieder.

Das Booklet

Das Titelmotiv zeigt die Szene, in der dem Zimmermädchen Eliza Freeman nur noch Sekunden zu leben bleiben, denn eine verhängnisvolle Hand greift nach ihr. Für eine Gruselkabinett-Titelillustration ist das Motiv geradezu minimalistisch, aber eine Wirkung ist ihm nicht abzusprechen.

Im Booklet sind die zahlreichen Titel des GRUSELKABINETTS bis Herbst 2019 verzeichnet. Die letzte Seite zählt sämtliche Mitwirkenden auf.

Folge 176: Crawford: Das Lächeln des Toten
177: Ludwig Bechstein: Furia Infernalis
178: Benson: Das unheimliche Turmzimmer
179: Heron: Der Fall Medhans Lea – Flaxman Low 3

180: Blackwood: Das unbewohnte Haus
181: R. Conner: Das gefährlichste Spiel der Welt
182: F.G. Loring: Sarahs Grabmal
183: Eric Stenbock: Die andere Seite

184: Bertha Werder: Das Haar der Sklavin
185: Lovecraft: Die Musik des Erich Zann
186: ETA Hoffmann: Der Ghoul
187: Blackwood: Die Weiden

188: Heinrich Seidel: Der Hexenmeister
189: Per McGraup: Heimlich
190: J. u. W. Grimm: Schauermärchen I

Unterm Strich

Der Geisterjäger betätigt sich als Privatdetektiv und befragt die noch lebenden Zeugen einen nach dem anderen: den Professor und seine Tochter. Der Fall der vampirähnlichen Attacken aus dem Nichts entfaltet sich wie die Ermittlung eines gewissen Meisterdetektivs. Die altägyptische Vergangenheit des eigentlichen Hauseigentümers erweist sich als verhängnisvoll für die gegenwärtigen Bewohner des Hauses. Noch dazu wurde es auf einem Gräberfeld errichtet – geht es noch verfluchter?

Ähnlich wie bei Holmes und Co. kommt es zu einer direkten Konfrontation mit dem Unhold. Der Geisterjäger braucht einen Assistenten – oder ist es umgekehrt? Denn Harold Swaffam genießt als Zukünftiger der Professorentochter und als Sohn des eigentlichen Eigentümer offenbar Hausrecht aus Baelbrow. Wie auch immer: Er darf als erster das Risiko eingehen, gebissen und ausgesaugt zu werden. Dieses etwas gewöhnungsbedürftige Vorgehen können sich auch bloß, äh, „blutige“ Amateure leisten.

Das kaltes Blei aus heißen Eisen eine leere Mumie töten kann, ist ein Ammenmärchen, das wir den Machern wohl oder übel abkaufen müssen. Sicher spielt auch das „Totenkraftfeld“, von dem Flaxman redet, eine bedeutende Rolle. Ob man es auch messen könnte, wäre in einem weiteren Selbstversuch herauszufinden.

Das Hörspiel

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und bekannte Stimmen von Synchronsprechern und Theaterschauspielern einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis, das man sich mehrmals anhören sollte, um auch die Feinheiten mitzubekommen. Die Atmosphäre, die von Sounds und Musik erzeugt wird, ist unheimlich und im Finale sogar sehr dramatisch und actionreich. Erst der Epilog entlässt den Hörer mit entspannender Musik.

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert, und die Stimmen der Hollywoodstars vermitteln das richtige Kino-Feeling.

Länge: 51:34 Minuten
ISBN 9783785780558

www.titania-medien.de

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