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E. F. Benson – Der Mann, der zu weit ging. Gruselgeschichten

benson-mann-cover-kleinEin Großmeister der ‚kurzen‘ Phantastik belegt mit 15 Gespenstergeschichten aus den Jahren 1904 bis 1934 einmal mehr den hohen Rang der klassischen britischen Phantastik. Die einfallsreichen Untaten rächender Geister und anderer Spukgestalten werden in feiner, nie überkandidelter Prosa dargeboten und bilden einen zeitlosen, ebenso intellektuellen wie sinnlichen Genuss.
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Martin, George R. R. – Fiebertraum

Wir schreiben das Jahr 1857. Abner Marsh ist Dampfschiffer auf dem Mississippi und hat seine eigene Packet Company. Doch leider war ihm das Glück nicht hold – der letzte Winter war so kalt, dass der Fluss zufror. Das Eis zerstörte seine Schiffe; bis auf die kleine |Eli Reynolds|, ein altes, ziemlich unauffälliges Schiff, mit dem es schwerfallen wird, wieder zu Geld zu kommen.

Eigentlich ist Marsh also finanziell ruiniert, doch taucht unvermittelt ein neuer Geschäftspartner mit scheinbar uneingeschränkten Geldmitteln auf. Joshua York gibt vor, ins Dampfschiffgeschäft einsteigen zu wollen. Er will das Geld zur Verfügung stellen, um das größte, schnellste und imposanteste Dampfschiff bauen zu lassen, das je auf dem Mississippi unterwegs war. Als Gegenleistung dürfen er und seine Bekannten jederzeit kostenfrei auf dem Schiff fahren. Marsh ist skeptisch, schließlich vermutet er, dass York ihm nicht alle seine Motive offenlegt. Doch die Aussicht auf das schnellste Dampfschiff lässt ihn einschlagen: Ist es doch sein Traum, die |Eclipse| in einem Rennen zu schlagen.

Natürlich tut Marsh gut daran, York nicht uneingeschränkt zu vertrauen, denn gleich die erste Fahrt der neu gebauten |Fevre Dream| gerät zur Katastrophe: York, der eigentlich ein Vampir ist, verfolgt den Plan, alle seine Artgenossen am Flusslauf auszumachen und ihnen seine eigene Erfindung, nämlich eine Art künstliches Blut, anzubieten. Nicht alle sind von dieser Neuerung begeistert. Besonders der uralte Dämon Julian will nichts davon wissen, dass er in Zukunft nicht mehr an Frauenhälsen knabbern soll. Ein Kampf zwischen York und Julian entbrennt, und Marsh findet sich und sein Schiff plötzlich in der Schusslinie. Und dann macht sich Julian auch noch mit Marshs heiß geliebter |Fevre Dream| aus dem Staub.

George R. R. Martin, Jahrgang 1948, ist den meisten sicherlich durch seinen breit angelegten Fantasyzyklus [„Das Lied von Eis und Feuer“ 3637 ein Begriff, doch der Amerikaner hat noch einiges mehr zu bieten, unter anderem eben „Fiebertraum“ aus dem Jahr 1982. Martin verwebt hier zahlreiche Themen und Motive, sodass man nicht immer sicher sein kann, was für eine Art Roman man vor sich hat – aber dies macht in dem Fall einen Großteil des Lesevergnügens aus.

Ist „Fiebertraum“ vielleicht ein Vampirroman? Sicherlich, schließlich dreht sich die Handlung um die beiden antagonistischen Charaktere Joshua York und Dämon Julian. Wir erfahren viel über York, einen sensiblen, vergeistigten, gebildeten Mann, der es leid ist, dass Menschen und Vampire in Feindschaft leben müssen. Sein Traum ist es, mithilfe seines Wundertranks beide Rassen zu Freunden machen zu können. Julian dagegen ist ein geborenes Raubtier. Für ihn sind Menschen nichts weiter als Vieh, er bedient sich ihrer, um seinen eigenen Hunger zu stillen. Er kennt keine Moral und keine Gewissensbisse, denn für ihn ist ein Mensch kein gleichberechtigtes Wesen. Und so treffen zwei völlig gegensätzliche Weltanschauungen aufeinander, und beide Vampire kämpfen mit aller Macht um die geistige Vorherrschaft.

Dieses Gegenüberstellen von Menschenfreund und Raubtier hat es auch schon in anderen Romanen gegeben, als Beispiel seien nur Louis und Lestat aus [„Interview mit einem Vampir“ 68 genannt. War es in Anne Rices Roman von 1976 noch eine Schlüsselszene, dass der Vampir Louis sich in schierer Verzweiflung über die Abwesenheit Gottes auf einen Priester stürzt, so ist die gleiche Szene sechs Jahre später bei Martin kaum mehr als eine Fußnote: Dass Religion York nicht helfen kann, stellt er in wenigen Stunden fest. Der Priester, der mit ihm betete, überlebt die Begegnung nicht, und der Vampir wendet sich ohne Reue anderen Heilsbringern zu (in diesem Fall der Wissenschaft). Und obwohl der Konflikt zwischen „gutem“ und „bösem“ Vampir ein uralter ist, gewinnt ihm Martin doch immer wieder faszinierende Seiten ab. Während York kultiviert und freundlich daherkommt und man seinen Ausführungen mit Interesse und Zustimmung lauscht, ist Dämon Julian grausam bis zum kompletten Wahnsinn, scheint er doch nicht einmal sein eigenes Leben wertzuschätzen.

Und doch ist „Fiebertraum“ nicht nur ein Vampirroman. Martin eröffnet dem Leser gleichzeitig ein historisches Panorama von einer selten dagewesenen Pracht und Fülle. Er entführt ihn in diese fremde und vergangene Welt der riesigen Mississippi-Dampfer und zeigt den Luxus und die Dekadenz dieser Zeit. Da gibt es endlose Reihen von Spiegeln, Silberverzierungen, flauschige Teppiche, großformatige Gemälde und barock eingerichtete Kabinen. Und es wird gegessen! Marsh, ein 150-Kilo-Mann, isst ständig. Schon zum Frühstück verputzt er Brathuhn und Speck in rauen Mengen. Martin lässt sich keine Gelegenheit entgegen, seinen Dampferkapitän beim Essen zu zeigen, und natürlich sind diese Szenen nicht nur Selbstzweck. Sie beschreiben Marsh als einen Lebemann – gerade im Gegensatz zum asketischen York – während dem Leser bei der Beschreibung all dieser Leckereien unweigerlich das Wasser im Mund zusammenläuft.

„Fiebertraum“ ist genau das – ein Leseerlebnis, das unwirklich wie die Nebelbank auf einem Fluss erscheint. Der Roman ist spannend und fesselnd, die Charaktere packen den Leser und lassen ihn nicht mehr los. Doch darunter, unter dieser Oberfläche, da versteckt sich eine unterschwellige Melancholie, eine Art Trauer um die Vergänglichkeit der Zeit. So wie Martins New Orleans eine Stadt des versteckten Verfalls ist, so lässt er den Leser nie vergessen, dass hinter der Realität der Tod und das Vergessen lauern. Allein der Vampir lebt ewig, und genau das ist sein Fluch.

|Originaltitel: Fevre Dream
Übersetzung: Michael Kubiak
überarbeitete Neuausgabe 2008
ISBN-13: 978-3-453-53285-4|
http://www.heyne.de
http://www.georgerrmartin.com

Melzer, Brigitte – Vampyr

Catherine war vor Jahren aus ihrem Heimatdorf Asgaidh, einem kleinen Kaff im schottischen Hinterland, geflohen, weil sie mit angehört hatte, wie ihr Vater einen Verrat am dortigen Earl plante. Doch nun ist sie zurück, und als erste Amtshandlung rettet sie Martáinn, dem Sohn des damaligen Earls, das Leben, als auf diesen ein Mordanschlag verübt wird. Eigentlich möchte sie unerkannt bleiben, schließlich haftet noch immer der Verrat ihres Vaters an ihr, doch der Hauptmann der Burg Dun Brònach überredet sie, verkleidet als sein Knappe mit ihm zu kommen, um den Attentäter zu identifizieren.

An diesem Punkt verlässt Catherine das Glück: Es stellt sich heraus, dass tatsächlich jemand nach Martáinns Leben trachtet, dass ihr totgeglaubter Vater noch unter den Lebenden weilt (irgendwie jedenfalls) und dass sie in den walisischen Söldner Daeron verliebt ist. Zwischen all diesen Erkenntnissen wird sie von einem Vampir gebissen, verwandelt sich in eine Untote und es wird viel hin- und hergerannt (oder -geritten), um den allgemeinen Übeltäter zu finden. Dazwischen wird immer mal wieder der Geist einer vor zweihundert Jahren verbrannten Hexe, der Ushana, beschworen – offensichtlich einfach, weil ein bisschen Hexenglaube einem Vampirroman, der in den schottischen Highlands spielt, noch den letzten Schliff verleiht.

Brigitte Melzer, ihres Zeichens Fantasy-, Horror- und Historienautorin, hat ein begrenztes erzählerisches Talent, aber sie macht durchaus das Beste daraus. Sie führt solide und verlässlich durch die Handlung, auch wenn ihre Sprache von Zeit zu Zeit ins Blumige abdriftet, was dem Text keineswegs gut tut. In „Vampyr“ hat sie sich vorgenommen, zwei Konzepte zusammenzubringen, die für sich allein in der heutigen Unterhaltungsliteratur echte Renner sind: Da wäre zum einen der Vampirroman, der nie wirklich weg vom Fenster war, aber im Moment durch die Romane von Stephenie Meyer ungemeinen Auftrieb erfährt. Und da wäre zum anderen der in Schottland spielende historische Roman (bekannteste Vertreterin ist sicherlich Diana Gabaldon), der sich solcher Beliebtheit erfreut, dass er mittlerweile eigentlich eine eigene Genrebezeichnung verdient hätte. Eigentlich also sollte „Vampyr“ sowohl die Fans des einen als auch des anderen Genres begeistern, doch irgendwie will der Funke bei der Lektüre nicht überspringen. Woran liegt es?

Da wäre zum einen die Tatsache, dass Melzer ihr schottisches Setting kaum nutzt, und das, obwohl sie offensichtlich ein Fan der Highlands ist und Schottland mehrmals besucht hat. Zwar wirft sie mit unaussprechlichen gälischen Namen um sich und fügt ein Pseudoglossar an, um dem geneigten Leser zu erklären, was ein Kilt ist, aber darin erschöpft sich eigentlich auch schon die Verortung des Romans. Ja, es gibt ein Schloss mit vielen Geheimgängen und zugigen Fluren. Ja, es gibt eine verlassene Burg, in der geheime Rituale abgehalten werden. Und ja, am Rande der Handlung scheinen sich ein paar raue Berge zu befinden, aber all diese Beschreibungen wirken unoriginell und wenig plastisch. Es findet sich nichts Eigenes; nichts, was man so noch nie gelesen hätte – und das ist das Grundproblem des Romans.

Ein wirkliches Interesse am Schicksal der Charaktere will nicht aufkommen. Catherine, die Protagonistin, ist eine Frauenfigur, wie man sie schon in viel zu vielen Romanen gesehen hat. Sie kommt vermeintlich stark daher – immerhin traut sie sich, aktiv ins Geschehen einzugreifen, und tritt für ihre Überzeugungen ein. Doch dahinter verbirgt sich das altbekannte schwache Weibchen – ständig wird sie angegriffen und fällt in Ohnmacht, mit Vorliebe in die starken Arme eines der anwesenden Männer, die ihr selbstverständlich alle zu Füßen liegen. Zwar ist sie anfangs reichlich überrascht, als Daeron ihr seine Liebe gesteht (schließlich hatte er sie in der Vergangenheit ständig an den Zöpfen gezogen und sie geärgert), aber als sie diese Überraschung erst einmal überwunden hat, fällt es ihr natürlich leicht, ebenfalls in unsterblicher Liebe zu ihm zu entbrennen. Von da an wird die Liebesgeschichte vorhersehbar und kitschig, vor allem, als Daeron der frisch vampirisierten Catherine sein Blut als Nahrung anbietet. Die Szene ist ohnehin eher die kaum verhüllte Beschreibung einer Defloration, komplett mit der sich anfangs wehrenden Jungfer, die von ihrem starken Liebhaber zum Glück gezwungen werden muss (immerhin wurde das Konzept kess verdreht, da Catherine den „penetrierenden“ Part übernimmt, also diejenige ist, die ihre Beißerchen ins willige Opfer schlagen darf).

Gerade in solchen Szenen fragt man sich, mit welcher Art Roman man es bei „Vampyr“ nun eigentlich zu tun hat. Auf den ersten Blick scheint es sich um ein Jugendbuch zu handeln – dafür spricht die junge weibliche Heldin, mit der sich gleichaltrige Leserinnen sicherlich identifizieren können (vor allem in den Szenen, die vor Schmelz und unsterblichen Gefühlen nur so überfließen). Allerdings wird Melzer durchaus deutlich, wenn es um die Liebesgeschichte zwischen Catherine und Daeron geht. Die beiden verzehren sich mit solcher Leidenschaft nach einander, dass Daeron auch kein Problem damit hat, in heißer Erregung zu entflammen, als er eigentlich schon ziemlich verblutet und praktisch tot ist. Diese Szenen gehören natürlich eher in einen „erwachsenen“ Roman, doch schafft es Melzer nicht, sich dorthin zu schreiben. Ihre Handlung, ihre Beschreibungen und ihre Charaktere bleiben zu simpel gestrickt, um ältere Leser wirklich fesseln zu können.

„Vampyr“ ist nicht wirklich schlecht: Melzer hat einen grundsoliden Roman geschrieben, der sich aufgrund seiner leicht verständlichen Prosa flüssig lesen lässt. Und doch lässt den Leser die Geschichte um Catherine seltsam kalt: kein Buch zum Wiederlesen.

|271 Seiten, gebunden
Empfohlen ab 14 Jahren
ISBN-13: 978-3-8000-5268-4|

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http://www.brigitte-melzer.de

Außerdem von Brigitte Melzer auf |Buchwurm.info|:
[„Elyria – Im Visier der Hexenjäger“ 4700

Harris, Charlaine – Vampire schlafen fest

„Eine Serie, die süchtig macht“, steht passend auf dem Umschlag von Charlaine Harris‘ neuestem Band aus der Sookie-Stackhouse-Reihe. „Vampire schlafen fest“ heißt er und ist mittlerweile der siebte Band der Reihe. Bisher zeigt Harris kaum Ermüdungserscheinungen; sie scheint sich immer noch mit der gleichen Begeisterung in dem von ihr geschaffenen Universum zu tummeln wie vor sieben Jahren, als sie den ersten Band der Serie, „Vorübergehend tot“, zu Papier brachte. Geradezu verspielt fügt sie immer wieder neue Details hinzu und denkt sich neue Verstrickungen für die Kellnerin Sookie Stackhouse aus, die im südamerikanischen Bon Temps lebt, Gedanken lesen kann und gelegentlich mit übernatürlichen Wesen ins Bett geht.

Sookie hat zugesagt, die Königin von Louisiana auf eine Vampirkonferenz zu begleiten. Sie braucht das Geld – zwar nicht so dringend wie noch vor einigen Bänden, doch scheint die Königin eine ebenso königliche Summe zu zahlen, denn Sookie will auf die Moneten keineswegs verzichten. Das Geld sollte ihr zumindest die Tatsache versüßen, dass ihr Ex Bill mit von der Partie sein wird. Sie hat sich vorgenommen, ihn nach Gestaltwandlerart zu ignorieren, und spricht von ihm nur noch als dem „Mann, dessen Name nicht genannt wird“. Auch Eric, mit dem sie zwischendurch mal in die Kissen gesunken ist, wird mit dabei sein. Und Quinn, ihr Aktueller, ist ebenfalls geschäftlich auf der Konferenz, da er als Eventmanager diverse Hochzeiten, Gerichtsverfahren und Abendveranstaltungen auszurichten hat. Sookie wird also ausgiebig damit beschäftigt sein, sich die eine Sorte Männer vom Hals (buchstäblich) zu halten und die andere in ihr Bett zu ziehen.

Darüber hinaus geschehen in dem Hotel, in dem die Konferenz stattfindet, seltsame Dinge. Herrenlose Koffer finden sich an, eine Bombe in einer Dr.-Pepper-Dose liegt einfach in einem Blumenkübel und draußen demonstrieren die fanatischen Vampirhasser. Im Verlauf der Handlung wird es immer wahrscheinlicher, dass irgendjemand einen Anschlag auf die Konferenz plant. Nur wer? Und wann? Und mit welchen Mitteln?

Der Vorgängerband „Ball der Vampire“ schwächelte etwas; gerade der Anfang des Romans trieb etwas richtungslos dahin und man konnte sich der Befürchtung nicht erwehren, dass Harris Probleme hat, sich Handlungsstränge auszudenken, die einen 300-Seiten-Roman tragen können. „Vampire schlafen fest“ beginnt wieder beschaulich, doch nimmt Harris ihren Plot diesmal an die Kandarre. Das Häusliche, Normale, ja geradezu Spießige (diesmal in Form einer Junggesellinnenparty und einer kurzfristigen Hochzeit) wird recht kurz abgehandelt, sodass Sookie bald mit einem Tross aus Vampiren und Dämonen zur besagten Konferenz aufbrechen kann.

Außerdem beschenkt Harris ihre Hauptheldin mit einer Mitbewohnerin: Die Hexe Amelia, die im letzten Band eingeführt wurde, hat sich in Sookies Haus wohnlich eingerichtet. Die beiden sind zu Mitbewohnerinnen und Freundinnen geworden – etwas, das der Serie bisher gefehlt hat. Sookie hatte zwar schon immer weibliche Bekannte, meistens Kolleginnen oder ehemalige Schulfreundinnen. Doch bisher hatte sie nie eine beste Freundin, eine echte Kumpeline, eine weibliche Bezugsperson, mit der sie wirklich offen reden kann. Es scheint, als wäre Amelia auf dem besten Weg dazu, diese beste Freundin zu werden.

Das beschauliche Heim in Bon Temps und die neue Freundin sind allerdings schnell vergessen, als Sookie auf der Konferenz eintrifft. Wo so viele Vampire aufeinandertreffen, da müssen zwangsläufig Köpfe rollen, und so dauert es kaum ein paar Stunden, bis es die ersten Leichen gibt. Von da an wird eigentlich alles nur noch schlimmer, da es Hinweise darauf gibt, dass jemand die Konferenz stören oder zumindest einige der Teilnehmer ausschalten will. Wie immer ist es an Sookie, den Plan zuerst zu durchschauen und dann zu vereiteln, wobei man aber anmerken muss, dass Harris diesmal auf den Krimiplot kaum Wert gelegt hat. Sie hinterlässt Hinweise in blinkender Leuchtschrift und selbst völlig unbedarfte Leser werden kein Problem haben, die Verstrickungen weit vor der Protagonistin zu entwirren. Immerhin, man muss Harris Respekt zollen, dass sie den Mut hatte, die Handlung derartig aufzulösen, dass man sich unweigerlich an 9/11 und die darauffolgende Terrorpanik erinnert fühlt. Derartiges in einen Unterhaltungsroman zu packen, verlangt dem Autor und dem Leser einiges ab. Die Serie verliert damit einen Teil ihrer spritzigen Leichtigkeit, bekommt dafür aber mehr Ecken und Kanten – und damit auch Tiefe. Leider wird vieles davon in der letzten Szene des Romans revidiert, als Harris das Postulat des Kleinbürgertums wiederherstellt, dem eine Hochzeit wichtiger ist als die großen politischen Ereignisse.

Abschließend muss natürlich auch noch etwas zu Sookies Männergeschichten gesagt werden: Mittlerweile hat sie eine ziemliche Anzahl an Typen angesammelt: Bill, Eric, Alcide und jetzt Quinn. Wobei Quinn – groß, stark, glatzköpfig und ein Wertiger – irgendwie zu fröhlich und nett ist, um die geneigte Leserin bei Laune zu halten. Ja, er ist ein guter Liebhaber. Ja, Sookie hat endlich das Gefühl. mit jemandem auch etwas gemein zu haben. Und ja, Quinn kann sogar kochen. Und trotzdem, irgendwie ist Quinn langweilig, auch wenn Harris darauf hinarbeitet, ihn zu einem richtig harten Typen zu machen (so erfährt Sookie auf Umwegen, dass Quinn mehrere Jahre als eine Art übernatürlicher Gladiator Kämpfe bis auf den Tod ausgefochten hat). Immerhin nimmt Harris die Liebeswirren, die sie Sookie durchstehen lässt, selbst nicht bierernst. An einer Stelle lässt sie einen frustrierten Bill fragen, ob sich Sookie eigentlich in jeden Mann verliebt, den sie trifft. Und mal ehrlich, es gibt wohl kaum eine Leserin, die das nicht auch mal – wenigstens heimlich – gedacht hat!

„Vampire schlafen fest“ liest sich flotter als der Vorgänger. Es gibt Action, sogar richtig viel davon, wir treffen viele alte Bekannte wieder und werfen erste Blicke auf bisher unbekannte Wesen. Offensichtlich hat Harris noch lange nicht genug von ihrer paranormalen Kellnerin. Und auch die geneigte Leserin fühlt sich wieder bestens unterhalten. Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass „True Blood“, die HBO-Serie, die auf den Sookie-Büchern basiert, endlich auch nach Deutschland kommt!

|Originaltitel: All Together Dead
Deutsch von Britta Mümmler
398 Seiten
ISBN-13: 978-3-423-21068-3|
http://www.dtv.de

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_Charlaine Harris auf |Buchwurm.info|:_

|Sookie Stackhouse|

1. „Dead Until Dark“ ([„Vorübergehend tot“, 788 2006, ISBN 978-3-937255-14-9
2. „Living Dead in Dallas“ ([„Untot in Dallas“, 939 2006, ISBN 978-3-937255-15-6)
3. „Club Dead“ ([„Club Dead“, 1238 2005, ISBN 978-3-937255-16-3)
4. Dead to the World ([„Der Vampir, der mich liebte“, 2033 2005, ISBN 978-3-423-24474-9)
5. „Dead as a Doornail“ ([„Vampire bevorzugt“, 3157 2006, ISBN 978-3-423-24545-6)
6. „Definitely Dead“ ([„Ball der Vampire“, 4870 2007, ISBN 978-3-423-20987-8)
7. „All Together Dead“ („Vampire schlafen fest“, 2008)
8. „From Dead to Worse“ („Ein Vampir für alle Fälle“, Juli 2009, ISBN 978-3-423-21148-2)

|Harper Connelly|

1. „Grave Sight“ ([„Grabesstimmen“, 4704 2008, ISBN 978-3-423-21051-5)
2. „Grave Surprise“
3. „An Ice Cold Grave“

Schweikert, Ulrike – Nosferas. Die Erben der Nacht 1

Da denkt man als naiver Mensch doch, Vampir zu sein sei einfach: Man wird gebissen (nun ja, das ist eventuell etwas schmerzhaft), man stirbt (auch da gibt es Angenehmeres) und dann wird man unsterblich, unglaublich stark, fürs andere Geschlecht unwiderstehlich und auf mysteriöse Art meistens auch reich. In der Vampirwelt von Ulrike Schweikerts „Nosferas“ jedoch haben es Vampire alles andere als leicht. Sie pflanzen sich ganz klassisch fort, was naturgemäß dazu führt, dass sie kleine Vampirbälger bekommen. Theoretisch zumindest, denn schon seit einiger Zeit ist in keinem der sechs europäischen Vampirclans ein Kind geboren worden. Auf einer Zusammenkunft vermuten die sechs Familienoberhäupter, dass das Blut der Familien schwach geworden ist und es ein Fehler war, dass die Familien jeweils für sich blieben. Um die Vampire wieder stark zu machen, rufen sie eine Akademie ins Leben, die jedes Jahr bei einer anderen Familie stattfinden soll. Dort sollen die jungen Vampire lernen, was man fürs erfolgreiche Vampirdasein so braucht.

Zum Auftakt dürfen die Nosferas aus Rom die jungen Vampire der anderen Familien unterrichten. Alisa, die zu den Vamalia aus Hamburg gehört, ist von der Reise in die ewige Stadt ganz begeistert und kann es kaum erwarten, die anderen Vampire kennenzulernen und Rom zu erkunden. Schnell freundet sie sich mit Luciano an, einem Spross der römischen Nosferas. Auch mit Ivy-Maíre von den Lycana aus Irland versteht sich Alisa gut, schließlich ist Ivy smart, herzensgut, wunderhübsch und wird ständig von ihrem beeindruckenden Wolf Seymor begleitet. Nur mit den Dracas kommt Alisa nicht klar. Die Wiener Vampire sind arrogant und eingebildet und lieben es, andere in peinliche Situationen zu bringen. Leider sind sie auch alle ungemein gutaussehend, und das macht die ganze Angelegenheit nur noch schlimmer, wenn man sich gerade mitten in der Vampirpubertät befindet!

Die Sprösslinge der sechs Familien richten sich also im Hauptquartier der Nosferas, der Domus Aurea, häuslich ein und werden fortan von verschiedenen Lehrern unterrichtet. Die Nosferas haben nämlich eine wirksame Vorgehensweise entwickelt, um sich vor christlichen Symbolen zu schützen, und diese Geheimnisse wollen sie nun an ihre Schützlinge weitergeben. Klar, dass es da einige verbrannte Fingerkuppen geben wird …

Gleichzeitig verschwinden in Rom immer wieder Vampire und es geht das Gerücht, dass ein Vampirjäger sein Unwesen treibt. Was werden die Nosferas also gegen diese Gefahr unternehmen? Und wird sich der Vampirjäger ausschalten lassen, bevor die jungen Vampire in dessen Falle tappen?

Ulrike Schweikert schreibt hauptsächlich historische Romane und Fantasy. Mit „Nosferas“, dem Auftakt zu ihrer neuen Jugendbuchreihe, dürfte sie einen ziemlichen Glücksgriff gelandet haben. Der Roman liest sich wie eine Mischung aus „Harry Potter“, „Trotzkopf“ und [„Der kleine Vampir“ 3125, was ihm fraglos eine große Fangemeinde bescheren wird. Die Grundidee ist so genial wie einfach: Schweikert ruft eine wandernde Vampirakademie ins Leben und kann so sechs Bände mit jeweils wechselnden Schauplätzen (Rom, Wien, Paris, Hamburg, London, Irland), aber den gleichen Hauptcharakteren bieten. Dazu kommt die Internatsatmosphäre aus „Harry Potter“, die sie aber anstatt mit Magiern mit Vampiren bevölkert. Man füge noch ein paar Abenteuer, Mutproben und echte Gefahren hinzu, und schon hat man ein spannendes wie auch überzeugendes Universum geschaffen.

Dabei steht sich Schweikert anfangs zunächst selbst etwas im Wege, da sie es sich nicht nehmen lässt, ihr überdurchschnittlich umfangreiches Personal praktisch in einem Rutsch vorzustellen, sodass dem armen Leser vor Namen, Orten und Verwandschaftsbeziehungen schnell der Kopf schwirrt. Immerhin geht es hier um sechs Familien mit jeweils ein bis drei Kindern, die gleichzeitig um die Aufmerksamkeit des Lesers buhlen. Es dauert eine Weile, bis man durchblickt und die einzelnen Charaktere wirklich sicher identifizieren kann, aber dann steht dem Spaß nichts mehr im Wege.

Geradezu spielerisch führt Ulrike Schweikert ihre Leser durch das Rom des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Man schlendert mit Alisa und Luciano durch das Colosseum, besucht die Katakomben vor den Stadttoren, nimmt an einem Wettrennen zur Engelsburg teil und streift über den protestantischen Friedhof. All diese „Sehenswürdigkeiten“ werden mit viel Liebe und Begeisterung beschrieben, sodass der Leser unweigerlich Lust bekommt, die ewige Stadt zu besuchen und all die Orte mit eigenen Augen zu sehen. Gleichzeitig freut man sich schon an dieser Stelle auf die weiteren Bände – schließlich wollen auch die anderen fünf Schauplätze der Serie touristisch erkundet werden!

Außerdem gibt Ulrike Schweikert ganz elegant und unaufdringlich weitere Lektüretipps. Einerseits befindet sich in der Domus Aurea eine große Bibliothek, in der sich die Leseratte Alisa gern herumtreibt. Andererseits hat einer der Servienten – ein vampirischer Diener – eine große Sammlung zum Thema Vampire angehäuft und gibt Alisa und ihren Freunden gern Lesetipps. Da werden „Frankenstein“ und „Varney“ genannt, genauso wie „Sturmhöhe“ und [„Melmoth der Wanderer“ 496 – alles Romane, die keinesfalls in der Klassikerabteilung der Bibliothek versauern sollten!

Als kleinen literarischen Scherz lässt sie ihre vampirischen Protagonisten auf dem protestantischen Friedhof (auf dem beispielsweise Percy Shelley begraben ist, einer der bekanntesten englischen Romantiker und Ehemann der „Frankenstein“-Autorin Mary Shelley) auf Bram Stoker, Henry Irving und Oscar Wilde treffen, die sich dort für ihre literarischen Ergüsse inspirieren lassen. Die Szene ist pfiffig und einfach passend – ein echtes Schmankerl!

Über solchen wirklich gelungenen Passagen vergisst man gern, dass Schweikerts Vampirmythologie notgedrungen etwas seltsam anmutet. Schließlich benötigt sie jugendliche Protagonisten – „Nosferas“ erscheint bei |cbt|, der Jugendbuchschiene von Bertelsmann –, und so kann man in Schweikerts Vampirwelt auf zweierlei Art zum Vampir werden: Entweder man wird als Vampir geboren – dann durchwächst man ganz normal Kindheit und Jugendalter, bis sich der Alterungsprozess schließlich extrem verlangsamt – oder man wird gebissen. Das führt zwangsläufig zu einer Zweiklassengesellschaft. Die geborenen Vampire stehen über den „gemachten“ und halten sich diese als Diener. In manchen Familien haben auch diese Diener praktisch den Status von Familienmitgliedern, in anderen dagegen sind sie nichts weiter als untote Fußabtreter.

Ulrike Schweikert ist zwar keine begnadete, jedoch eine durchaus fähige Erzählerin, der man sich ohne Weiteres für die Dauer von 400 fantastischen Seiten anvertrauen kann. Sie vermittelt sowohl die Begeisterung für die Literatur und Musik des 19. Jahrhunderts als auch für die schönen Ecken von Rom. Gleichzeitig hat sie einen Plot und ein gutes Dutzend Charaktere geschaffen, mit denen sich junge Leser problemlos identifizieren können. Langweilig jedenfalls wird es bei der Lektüre von „Nosferas“ nie, und zweifelsohne hat Schweikert für die folgenden Bände noch einige Asse im Ärmel. Man darf also gespannt sein, wie es im Folgeband „Lycana“ weitergehen wird. Eines ist jedenfalls klar – dann wird Irland erobert!

|446 Seiten
empfohlen ab 12 Jahren
ISBN-13: 978-3-570-30478-5|
http://www.cbj-verlag.de

Liebe Besucher meiner Internetseite,

Festa, Frank (Hg.) – Denn das Blut ist Leben. Geschichten der Vampire

Schon einmal ist im |Festa|-Verlag eine Anthologie mit Vampirgeschichten erschienen. Damals suchte HR Giger, wohl am besten bekannt als der Schöpfer des „Aliens“, die Geschichten aus und veröffentlichte sie in einem durchaus umfangreichen Band namens „HR Gigers Vampirric“ – mehrere Geschichten dieser Anthologie fanden sich später auch als [Hörbuchfassungen bei LPL records 1839 wieder. Nun hat Verleger Frank Festa die Zügel selbst in die Hand genommen und ebenfalls eine stattliche Zahl von Geschichten zusammengestellt: „Denn das Blut ist Leben“ heißt seine Anthologie ziemlich treffend. Und im Untertitel liest man dann „Geschichten der Vampire“ – nicht etwa Geschichten |von| Vampiren oder |über| Vampire. Nein, solcherart einschränken möchte sich Festa nicht, und daher sind die zweiundzwanzig ausgewählten Erzählungen so abwechslungsreich wie nur irgend möglich. Sie sind jung oder alt, lang oder kurz, bekannt oder unbekannt, realistisch oder völlig fantastisch, historisch oder zeitgenössisch. Kurzum, in „Denn das Blut ist Leben“ dürfte sich für jeden Geschmack die passende Geschichte finden.

Dabei sieht sich eine Vampiranthologie natürlich mit einer gewissen Startschwierigkeit konfrontiert: Der Leser weiß, womit er es zu tun hat. Die Überraschung, die ein Autor für seine Geschichte geplant hatte, wird eventuell dadurch zerstört, dass der Leser zu gut informiert ist. Er weiß, dass es in der Geschichte auf irgendeine Art und Weise um Vampire gehen muss, und er interpretiert die Hinweise, die ein Autor wohlweislich hinterlässt, in entsprechender Weise. Dadurch durchschaut er in der Regel die Crux einer Geschichte schneller, als der Autor dies wohl ursprünglich geplant hatte.

Mit diesem Problem müssen sich viele Geschichten dieser Anthologie herumschlagen. So könnte „Stragella“ von Hugh B. Cave den Leser lange an der Nase herumführen. Cave spinnt hier ein wunderbares Seemannsgarn und erzählt die Geschichte von zwei Schiffbrüchigen, die in ihrem kleinen Rettungsboot in einer Nebelbank auf ein verlassenes Schiff treffen. Lange könnte der Leser spekulieren, was es mit diesem Schiff auf sich hat, denn es wird bald klar, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Doch der Leser kommt ihm zuvor und erwartet förmlich die Ankunft der Vampire. Dieses Wissen, diese Erwartungshaltung schmälert in Caves Fall kaum die Wirkung der Geschichte. Seine Erzählung ist so wild, abenteuerlich und ungeheuerlich, dass man sie trotzdem in vollen Zügen genießen kann. Einer kurzen Erzählung wie „Rückkehr in den Tod“ von J. Wesley Rosenquist ist dieses Privileg nicht vergönnt. Seine kleine Mär von einem lebendig Begrabenen, der bei seiner „Wiederauferstehung“ fälschlicherweise für einen Vampir gehalten und daraufhin prompt wieder in die ewigen Jagdgründe befördert wird, kann den Leser kaum überraschen.

Ein erstes Highlight (wenn man mal von der Auftakterzählung [„Draculas Gast“ 1086 von Bram Stoker absieht, die sich ohnehin in wirklich jeder Vampiranthologie wiederfindet) ist Graham Mastertons „Der Laird von Dunain“. Als armer Leser fühlt man sich zunächst wie im falschen Film: Claire macht Bildungsurlaub in Schottland. Zusammen mit einer Gruppe Gleichgesinnter verbringt sie einige Tage auf dem Anwesen des Laird von Dunain, um dort einen Malkurs zu absolvieren und etwas von der Landschaft zu sehen. Der Laird stellt sich zunächst als archetypischer Schotte dar, komplett mit Kilt, Schafwollpullover und roter, wilder Mähne. Die Frauen im Malkurs können sich ob des Anblicks einen kollektiven Seufzer nicht verkneifen, doch es ist Claire, auf die es der Laird abgesehen hat. Sein Porträt soll sie malen, doch da sie seine Gesichtsfarbe auf der Leinwand einfach nicht hinbekommt, greift sie zu drastischen Mitteln … Zu Beginn fühlt man sich ein bisschen wie in einem Groschenroman – dieses Setting, diese Charaktere sind wie gemacht für eine Liebesschnulze. Doch Masterton dreht das Ruder flott herum und schreibt stattdessen eine Geschichte, die sich irgendwo zwischen Vampirmär und Dorian-Grey-Interpretation einordnen lässt. Das Thema des Porträts, das stellvertretend für einen Menschen steht, scheint ihn zu faszinieren. In seinem Roman „Family Potrait“ hat er diesen Plot noch einmal aufgegriffen.

Auch Edgar Alan Poe findet sich mit seiner Geschichte „Ligeia“ in Festas Anthologie. Sicherlich hätte es auch „Berenice“ treffen können – beide Geschichten befassen sich mit dem Vampirthema. Poe jedoch, und diese Meisterschaft erkennt man schon nach wenigen Absätzen, verabschiedet sich vom gemeinen Blutsauger, vom geradlinigen Blutausaugen, Sterben, Wiederauferstehen. Bei ihm geht es um die vampirische Liebe – um die Liebe, die alles verzehrt, bis das geliebte Objekt daran zugrunde gehen muss. Dieses subtile Grauen, dieses Unterschwellige, nie wirklich Ausgesprochene macht Poes Erzählung so beunruhigend. Der Ich-Erzähler verfällt dem Wahn, kann nichts anderes denken als „Ligeia“, verzehrt sich nach der Geliebten und bringt ihr damit den Tod. Doch dieser Wahn ist nicht nur böse, er leuchtet mit einer düsteren Schönheit, und diese Schönheit ist es, die den Leser ängstigt.

Noch einmal ist es Graham Masterton, der mit der kurzen Geschichte „Verkehrstote“ ein kleines Juwel besteuert, das ganz auf den Effekt und die Pointe setzt. Sein Protagonist ist Dracula, doch ist er nicht der übergroße Vampir, den wir aus Stokers Roman kennen. Auch Dracula scheint müde geworden. So ganz ist er nicht im 20. Jahrhundert angekommen. Er ärgert sich darüber, dass man heutzutage kein vernünftiges Personal mehr finden kann, und hat das Briefeschreiben aufgegeben, weil es ihn deprimiert, dass seine Briefpartner irgendwann sterben. Dieser Dracula ist kauzig, nicht lebensfähig, und so wird ihm am Ende der Geschichte ein wirklich banaler Schicksalsschlag den Garaus machen. Er wird eingeholt von der Zivilisation, wortwörtlich überfahren vom Fortschritt. Der arme Kerl!

Frank Festa ist mit „Denn das Blut ist Leben“ eine vergnügliche (nun ja, im gruseligen Sinne) Auswahl gelungen. Die Geschichten kommen, bis auf wenige Ausnahmen, auf wirklich hohem Niveau daher. Man wird einige alte Bekannte wiedertreffen, wie zum Beispiel H. P. Lovecraft oder Théophile Gautier. Und man kann einige unbekanntere Namen entdecken – Frank Festa ist sich auch nicht zu schade, seinen „eigenen“ Autoren (wie F. Paul Wilson oder P. N. Elrod, die eine ungemein amüsante Geschichte aus ihrem Jack-Fleming-Universum beisteuert) eine Plattform zu bieten. Mit den über 400 Seiten garantiert die Anthologie jedenfalls langanhaltenden Lesegenuss.

In Festas Anthologie sind folgende Geschichten enthalten:

Bram Stoker: „Draculas Gast“
J. Wesley Rosenquist: „Rückkehr in den Tod“
Graham Masterton: „Der Laird von Dunain“
Simon Clark: „Vampir-Abschaum“
Edgar Allan Poe: „Ligeia“
Edmond Hamilton: „Das Vampirdorf“
F. Marion Crawford: „Denn das Blut ist Leben“
Brian Hodge: „Die Alchemie der Stimme“
H.P Lovecraft: „Das gemiedene Haus“
Simon Clark: „Hotel Midnight“
Théophile Gaultier: „Die verliebte Tote“
Alice Olsen: „Winternacht“
Raymond Whetstone: „Die durstigen Toten“
Clark Ashton Smith: „Ilalothas Tod“
Graham Masterton: „Verkehrstote“
Karl Hans Strobl: „Das Aderlassmännchen“
Anonymus: „Die Vampirkatze von Nabèshima“
Hugh B. Cave: „Stragella“
Henry Kuttner: „Ich, der Vampir“
Patricia N. Elrod: „Spätvorstellung“
Lester del Rey: „Feuerkrank“
F. Paul Wilson: „Mitternachtsmesse“

|Originalausgabe
Großformat Paperback 13,5 x 21 cm
416 Seiten|
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Craw, Bernard – Sanguis B. – Vampire erobern Köln

Thomas ist kein Held, aber als Weichei kann man ihn auch nicht bezeichnen. Er selbst sieht sich wahrscheinlich als einen jungen Mann mit Träumen, die aber ständig an der Realität scheitern. Und irgendwie kann er nie die Energie und den Mut aufbringen, diese Träume mit wirklichem Einsatz zu verfolgen. Also studiert er Alte Geschichte „ohne sichtbaren Fortschritt“ und hätte gern was mit Doro – aber auch dort kommt er nicht voran, schon weil Doro mit Wilhelm zusammen ist. Der studiert BWL, was ihn zu einem echten Langweiler, aber eben auch zu einer guten Partie macht.

Thomas wird nicht mehr viel Zeit haben, sich über solche Nichtigkeiten den Kopf zu zerbrechen. Denn schon am Anfang von Bernard Craws Roman „Sanguis B. Vampire erobern Köln“ wird er von Doro angefallen und getötet, nur um eine halbe Stunde später als Vampir wieder aufzuerstehen. Doro hat sich vor Thomas schon an ihrer besten Freundin und an Wilhelm vergriffen. Die beiden verspürten allerdings nicht den Drang, sich als Untote zu erheben, und so sind Doro und Thomas erstmal auf sich allein gestellt in dem Versuch, ihren neuen Zustand zu verstehen.

Der furchtbare Hunger nach Blut und die Aversion gegen Sonnenlicht lassen die beiden schnell erkennen, dass sie zu Vampiren geworden sind; doch das Wie und Warum bleibt ihnen verborgen. Wie zwei Neugeborene müssen sie sich in einer plötzlich veränderten Welt zurechtfinden. Sie beschließen, Doros Wohnung zu verlassen und Thomas‘ Freundin Epi um Hilfe zu bitten. Die studiert nämlich Medizin und kann vielleicht herausfinden, was es mit der Veränderung auf sich hat.

Bernard Craw macht seine Vampire jedoch äußerst aggressiv. Kommen sie einmal in die Nähe von Menschen, können sie in der Regel nicht an sich halten. Es ist ihnen unmöglich, ihren Hunger zu kontrollieren, und so ergeben sie sich schließlich dem Blutrausch. Daher sind bald nicht nur Epi und deren Bruder Christoph vampirisiert, sondern auch immer größere Teile der Kölner Bevölkerung. Ähnlich sieht es in anderen Großstädten aus: Der Vampirismus greift seuchenartig um sich und droht, bald die gesamte Menschheit auszulöschen.

Die verbleibenden Menschen brauchen eine Weile, um eine Verteidigung aufzubauen, doch auch die Vampire sind nicht untätig. Bald bilden sich in ihren Reihen erste Machtzentren, die mit Strategie und Reißzähnen die Militärschläge der Menschen abzuwehren wissen und gleichzeitig eine neue Gesellschaftsordnung aufbauen wollen. Doch das entscheidende Problem ist: So rasend, wie sich die Seuche ausbreitet, wird die Menschheit in wenigen Monaten ausgerottet sein. Und wovon sollen sich die Vampire dann ernähren?

„Sanguis B.“ ist ein Roman, der viele Geschichten erzählt und trotzdem eine geradlinige Handlung bietet, die niemals überfrachtet wirkt. Bernard Craw nähert sich dem Thema Vampirismus zunächst von der medizinischen Seite. Ähnlich wie Richard Matheson in [„Ich bin Legende“, 4639 erklärt er den Vampirismus zu einer rasch um sich greifenden Seuche, der die Menschen nichts entgegenhalten können. Die Infizierten sind Opfer, die zwangsläufig selbst zu Tätern werden. Epi wird herausfinden, dass es sich bei der Vampirseuche um ein Bakterium handelt, und sie wird erkennen, warum manche Menschen angesteckt werden und manche sterben. Schlussendlich macht sie sich sogar an die Entwicklung eines künstlichen Blutersatzstoffes, um die Menschheit vor weiteren Morden zu bewahren und den Vampiren eine Überlebenschance zu geben. Doch auch sie muss vor so manchem Mysterium kapitulieren: Warum vertragen Vampire kein Sonnenlicht? Warum fallen sie tagsüber ins Koma?

Im Gegensatz zu Matheson entscheidet sich Craw allerdings dafür, aus der Innenansicht der Vampire zu erzählen, was den Plot ungemein reizvoll macht. Der Blutdurst zwingt die Vampire zu unmenschlichen Morden, und doch verlieren sie nur zum Teil (oder gar nicht) ihre menschlichen Skrupel und Moralvorstellungen. Was macht das mit einem Menschen, wenn er plötzlich schuldlos zu einem Mörder wird / werden muss? Wie schafft man es, nach einer solchen Katastrophe seine eigene und die umgebende Welt neu zu ordnen? Das sind Fragen, die Thomas und seine Freunde immer wieder beschäftigen. Eine grundlegende Antwort können sie jedoch nicht finden, und schließlich überrollen die Ereignisse jegliche Moraldiskussion und es geht für beide Seiten nur noch ums nackte Überleben. So kommt es dann auch, dass sich ein Vampir irgendwann die Frage stellt: Was würde Jesus machen, wenn er Vampir wäre? Die Frage bleibt unbeantwortet, setzt sich aber im Gedächtnis des Lesers fest. Im Kontext des Romans ist es die ultimative Frage, wie Schuld, Moral und persönliche Verantwortung im Angesicht so drastisch veränderter Lebensbedingungen zu verteilen sind, die immer wieder auf die ein oder andere Art auftaucht und an der die Charaktere jedes Mal aufs Neue scheitern.

Craw ist ein sehr wandelbarer Erzähler mit genauer Beobachtungsgabe und viel Wissen über sein Thema. Sein Köln ist greifbar und realistisch und seine Personage lebendig und vielschichtig. Jeder seiner Charaktere ist beispielhaft für ein Handlungsmodell angesichts der Katastrophe, und so hätte es leicht passieren können, dass die Protagonisten kaum mehr sind als Schablonen oder hölzerne Spielfiguren auf Craws Schachbrett. Glücklicherweise tappt der Autor nicht in diese Falle; stattdessen schafft er es, den Leser über vierhundert Seiten bei Laune zu halten. Soll er nun Mitleid mit den Infizierten haben? Sie haben sich ihr Schicksal nicht ausgesucht. Doch andererseits: Müsste es nicht eine andere Möglichkeit geben, als Kinder nachts aus ihren Betten zu reißen, um sie in einem Blutbad leerzutrinken? Craw gibt diese Frage an den Leser weiter und fordert ihn auf, eine gültige Antwort zu finden.

Für alle Fans des Genres wurden zahlreiche Anspielungen und Querverweise in die Handlung eingebaut. Craw bedient sich bei bekannten Vampirmythen und tradierten literarischen Vorstellungen. Nur ein Beispiel dafür ist die Vampirin Camilla (warum eigentlich nicht [Carmilla?), 993 die beschlossen hat, dass man als Vampir in blumiger Sprache Verantwortung für seine „höhere Geburt“ übernehmen muss. Ganz klar eine Anspielung auf all die romantischen Vampire, die im Kielwasser von Anne Rice den Buchmarkt überrollt haben.

Bernard Craw hat einen wirklich klugen Vampirroman geschrieben, ohne diese Tatsache auf jeder Seite plakativ zur Schau zu stellen. Ja, „Sanguis B.“ lädt durchaus zu weiterem Nachdenken ein und macht es sich zur Aufgabe, das Prinzip Vampirismus ständig auf die ein oder andere Art und Weise zu hinterfragen. Doch darüber vergisst Craw auch nicht, seinen Lesern eine Handlung zu bieten. Es geht zur Sache in dem Roman – Action, Folter, Flammenwerfer, zerrissene Körper und herumliegende Leichen gibt es in rauen Mengen. Craw ist sich nicht zu schade, auch jene Leser zu bedienen, die auf etwas härtere Kost stehen. Und so kann „Sanguis B.“ vieles auf einmal und alles davon gut. Beeindruckend!

http://www.bernardcraw.net
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Harris, Charlaine – Ball der Vampire

Wenn man einmal in die Welt von Sookie Stackhouse, der gedankenlesenden Kellnerin aus dem südamerikanischen Bon Temps, eingetaucht ist, dann will man nicht so schnell in die reale Welt zurückkehren. Denn auch wenn Sookie mit ganz alltäglichen Problemen zu kämpfen hat (sie braucht eine neue Einbauküche, außerdem ist sie wie immer knapp bei Kasse und überhaupt hat sie Männerprobleme zuhauf), so ist ihre Welt doch einfach viel spannender und bunter als die, in der wir uns tagtäglich bewegen. In Sookies Umkreis tummeln sich nämlich Vampire, Gestaltwandler, Elfen und Hexen und das macht das Leben in einer provinziellen Kleinstadt doch gleich viel interessanter – wenn auch gefährlicher.

Sookie kann ein Lied davon singen. Seit der Vampir Bill in ihr Leben getreten ist, kommt sie kaum noch zur Ruhe. Erst schlüpft sie mit Bill unter die Laken, dann mit dessen Vampirvorgesetztem Eric. Als nächstes nimmt sie sich den Werwolf Alcide vor und zwischendurch muss sie ständig zusehen, dass sie nicht zusammengeschlagen, erschossen, ausgeblutet oder ihr das Dach über dem Kopf angezündet wird. Entspannend ist das sicherlich nicht!

Und so hat Sookie zu Beginn von „Ball der Vampire“, des sechsten Bands der Serie von Charlaine Harris, die Nase mal wieder gestrichen voll. Ihre große Liebe Bill hat eine neue Flamme, die er zu allem Überfluss ständig ins |Merlotte’s| schleppt und damit Sookie unter die Nase hält, was diese natürlich wenig erbaulich findet. Eric, der mittlerweile weiß, was während seines Gedächtnisverlusts zwischen ihm und Sookie passiert ist, scheint peinlich berührt ob der ganzen Geschichte und geht Sookie aus dem Weg. Und die Familie von Alcides Ex-Verlobter drängt Sookie ständig, ihnen doch zu erzählen, was mit Debbie Pelt passiert ist. Doch das wird Sookie sicherlich nicht ausplaudern wollen, schließlich ist Debbie tot und Sookie daran nicht ganz unschuldig.

Und so plätschert Sookies Leben zunächst relativ unspektakulär dahin. Um den Alltagstrott mal hinter ihr zu lassen, verabredet sie sich mit dem Wertiger Quinn, der sich als echt netter Kerl herausstellt. Durch ihre „Begabung“ schafft sie es, einen vermissten Jungen aufzufinden, bevor dieser an seiner Kopfverletzung sterben muss. Sie wartet sehnsüchtig darauf, dass ihre neue Küche eingebaut wird und sonnt sich im Garten. Und sie schafft es, Eric eine Abfuhr zu erteilen, als dieser sie in seinem Gefolge auf eine Vampirkonferenz schleppen will.

Doch dann muss Sookie nach New Orleans, um die Wohnung ihrer Cousine Hadley aufzulösen, die ihrerseits die Geliebte der frisch verheirateten Vampirkönigin von Louisiana war. Damit gehen Sookies Probleme dann los. Im Schlafzimmerschrank findet sich eine Leiche, Hadleys Vermieterin ist eine Hexe mit sonnigem Gemüt und die Königin Sophie-Anne lädt Sookie auf einen Vampirball ein. Klar, dass das nur in einer Katastrophe enden kann!

„Ball der Vampire“ geht sich gemächlicher an als die vorigen Bände der Reihe. Während der ersten einhundert Seiten ist der Roman praktisch handlungsfrei und Sookies Leben mäandert ziemlich richtungslos umher. Gerade als man anfängt, sich zu fragen, wann der Roman nun endlich an Fahrt gewinnt, passieren etliche Dinge auf einmal und die Handlung zersplittert in unzählige verschiedene Richtungen wie eine Streubombe. Man fragt sich zwangsläufig, wo Charlaine Harris nun eigentlich hin will. Da ist die Episode mit dem verschwundenen Kind, das Sookie wieder auffindet, und später die Fehlgeburt von Jasons Freundin Crystal. Beide Handlungsstränge, denen durchaus viel Raum eingeräumt wird, führen innerhalb des Romans nirgendwo hin, und man fragt sich verwirrt, welchen Sinn sie erfüllen sollen. Die Haupthandlung jedenfalls, Sookies Reise nach New Orleans, beginnt erst, als schon ein Drittel des Romans vorüber ist.

Da wird es dann aber auch endlich wieder gewohnt spannend. New Orleans durch Sookies (bzw. Harris‘) Augen zu sehen, ist ein sehr plastisches Erlebnis, und schon die reine Tatsache, dass die Handlung den gewohnten Boden von Bon Temps verlässt, gibt dem Plot ein gewisses Flair von Abenteuer. Die Charaktere, auf die Sookie dann in New Orleans trifft, sind echte Unikate. Da wäre zum Beispiel Amelia, die Hexe, die Hadley ihr Apartment vermietet hat. Sie ist ein bisschen naiv und leichtgläubig, aber trotzdem unglaublich liebenswert, charmant und hilfsbereit. Und auch die Vampirkönigin selbst ist eine geheimnisvolle und beeindruckende Persönlichkeit, die weniger furchteinflößend als ehrfurchtgebietend wirkt.

Hier erlaubt sich Harris dann auch einen kleinen Scherz, denn sie bedient sich großzügig des Plots von Dumas‘ „Die drei Musketiere“, wenn es um den Vampirball geht. Ähnlich wie bei Dumas muss die Königin hier nämlich unbedingt ein Armband tragen, das ihr Gemahl ihr zum Geschenk gemacht hat. Doch das Armband hatte Hadley, und da diese nun tot ist, weiß niemand, wo es sich befindet. Eine verzweifelte Suche beginnt, denn wenn Sophie-Anne ohne das Armband auf dem Ball erscheinen sollte, würde ihr Mann dies zum Anlass für einen Krieg unter der Vampiren nehmen. Und natürlich wird gerade die arme Sookie eingespannt, um die Situation zu retten.

Auch in „Ball der Vampire“ hat Sookie natürlich wieder einen Verehrer. Diesmal handelt es sich um den Wertiger Quinn, den sie beim Kampf um die Werwolfnachfolge kennengelernt hatte. Quinn scheint wirklich an Sookie interessiert, und auch diese ist alles andere als abgeneigt, denn Quinn ist nicht nur gutaussehend, sondern auch noch ein echter Charmeur. Quinn soll sie über ihre eher tragischen Liebesbeziehungen hinwegtrösten, denn Sookie hat offensichtlich ihre bisherigen Männergeschichten noch nicht ganz verwunden, denn besonders die Trennung von Bill – ihrer ersten großen Liebe – schmerzt sie noch immer. Und in New Orleans wird sie einiges über Bill erfahren, das die Wunde, die er ihr geschlagen hat, nur noch vergrößern wird.

Es lässt sich nicht leugnen, dass „Ball der Vampire“ anfangs etwas schwächelt und die Handlung nur schleppend in Gang kommt. Doch wenn sie dann endlich Fahrt aufnimmt, findet Harris schnell ihre alte Form wieder und lässt Sookie gefährliche Abenteuer und romantische Dates mit nicht ganz menschlichen Männern erleben. Wie immer besticht hier vor allem die perfekte Mischung aus Action, Mystery, Romantik und einem guten Schuss Humor. Harris nimmt ihre Welt nie allzu ernst, und so wird es dem Leser leichtgemacht, sich in ein leichtfüßiges Leseabenteuer zu stürzen, das – wie immer – viel zu schnell vorbei ist.

http://www.dtv.de

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_Charlaine Harris auf |Buchwurm.info|:_

|Sookie Stackhouse|

1. „Dead Until Dark“ ([„Vorübergehend tot“, 788 2006, ISBN 3937255141
2. „Living Dead in Dallas“ ([„Untot in Dallas“, 939 2006, ISBN 393725515X)
3. „Club Dead“ ([„Club Dead“, 1238 2005, ISBN 3937255168)
4. Dead to the World ([„Der Vampir, der mich liebte“, 2033 2005, ISBN 3423244747)
5. „Dead as a Doornail“ ([„Vampire bevorzugt“, 3157 2006 ISBN 342324545X)
6. „Definitely Dead“ („Ball der Vampire“, 2007 ISBN 3423209879)
7. „All Together Dead“ („Vampire schlafen fest“, 2008)
8. „From Dead to Worse“

|Harper Connelly|
1. „Grave Sight“ ([„Grabesstimmen“, 4704 2008 ISBN 978-3-423-21051-5)
2. „Grave Surprise“
3. „An Ice Cold Grave“

Harris, Charlaine – Grabesstimmen (Harper Connelly 1)

_Harper Connelly_ ist eine ziemlich außergewöhnliche junge Frau, denn als junges Mädchen wurde sie vom Blitz getroffen. Sie überlebte nur mit Glück, kann seither jedoch die Anwesenheit von Toten spüren und deren letzte Minuten nachempfinden. Zusammen mit ihrem Bruder Tolliver hat sie diese Gabe zur Geschäftsidee entwickelt, und so tingeln die zwei durch die Vereinigten Staaten, um ihre Dienste feilzubieten.

Zu Beginn von Charlaine Harris‘ neuem Roman „Grabesstimmen“ verschlägt es Harper und Tolliver ins verschlafene Städtchen Sarne. Dort wurden sie von der einflussreichen Sybil Teague engagiert, um die Leiche der jungen Teenie zu finden. Diese war vor einiger Zeit zusammen mit ihrem Freund Dell, pikanterweise Sybils Sohn, verschwunden. Dells Überreste wurden gefunden, Teenies nicht – und so geht die Polizei davon aus, dass Dell Teenie ermordet hat, nur um sich danach selbst zu töten.

Tatsächlich findet Harper Teenies Leiche ohne Probleme, doch verkompliziert sich der Einsatz, als immer klarer wird, dass sowohl Teenie als auch Dell ermordet worden sind. Als dann ein weiterer Mord geschieht, finden sich Harper und Tolliver plötzlich in der sprichwörtlichen Schusslinie wieder und sehen sich also gezwungen, Licht in die ganze Geschichte zu bringen.

_Charlaine Harris‘ Romane_ haben leider reichlich spät die Reise über den großen Teich angetreten: Ihr erstes Buch veröffentlichte sie bereits 1981, doch erst 2004 wurde der erste Roman ihrer Serie um die Kellnerin Sookie Stackhouse ins Deutsche übersetzt. Es scheint so, dass ihre unterhaltsame Mischung als Mystery, Krimi und Humor, gewürzt mit einer ordentlichen Prise Erotik, auch hierzulande eine treue Fangemeinde gefunden hat. Zumindest legt der Entschluss ihres Verlages |dtv| (zuvor bei |Feder & Schwert|), eine weitere ihrer Romanserien zu herauszubringen, diesen Schluss nahe. Und auch „Grabesstimmen“ wird zweifellos eine wohlwollende Leserschaft finden, denn Harris schafft es, sich selbst treu zu bleiben, ohne sich zu wiederholen. So kann man die Autorin der Sookie-Bücher problemlos in „Grabesstimmen“ wiedererkennen, und doch hat sie keinen billigen Abklatsch ihrer Vampirserie geschrieben.

Das Verhältnis Mystery/Krimi ist hier im Gegensatz zu den Sookie-Romanen spiegelverkehrt. Abgesehen von der Tatsache, dass Harper Leichen aufspüren und auf geheimnisvolle Weise deren letzte Momente nachempfinden kann, bleibt Harris konsequent in der „realen Welt“. Harpers Fähigkeit ist nur etwas mehr als der übliche Spleen eines jeden Detektivs – der eine züchtet Rosen und der nächste raucht Schaumpfeife. Heutzutage muss man sich also Autor schließlich schon etwas Besonderes für seinen Protagonisten ausdenken! „Grabesstimmen“ kommt also als straff durchkomponierter Krimi mit Mystery-Einschlag daher und bietet den Fans beider Genres genug, um sie durchgehend zu unterhalten.

Harris’ Spezialität ist die Beschreibung hinterwäldlerischer Südstaatennester, und auch in „Grabesstimmen“ hat sie mit Sarne wieder ein solch verqueres Stück Provinz beschrieben. Der Ort lebt im Sommer von Touristen, und die Einwohner sind sich nicht zu schade, sich in rüschige Kostüme zu werfen und in Touristenfallen Kuchen und sinnlose Souvenirs zu verkaufen. In den Wintermonaten werden die Bürgersteige jedoch hochgeklappt und Sarne präsentiert sich als das, was es in Wahrheit ist: ein ziemlich gottverlassenes Provinznest, bewohnt von Landeiern, die glauben, am Nabel der Welt zu leben. Und so wundert es kaum, dass die seltsame Harper zunächst auf Unverständnis, dann auf Ablehnung und schließlich auf offene Feindschaft stößt. Es fällt den Einwohnern leicht, sie als Außenseiterin zu brandmarken, und schlussendlich würden sie am liebsten ihr und ihrem Bruder die Mordserie in die Schuhe schieben. Wie auch schon in ihren Sookie-Romanen, legt Harris den Finger in die Wunde und zeigt Kleingeistigkeit und Provinzialität in all ihrer Härte.

Dabei kommt ihr auch ihre große Begabung zupass: überzeugende und lebensechte Charaktere zu erfinden. Das zeigt sich vor allem in Harper und Tolliver. Die beiden sind Halbgeschwister, deren Eltern sich ins Nirwana getrunken haben. Die harte Kindheit hat beide zusammengeschweißt, und diese ungewöhnliche Geschwisterliebe blitzt in jeder ihrer Szenen durch. Harris schafft es, ihre Beziehung glaubwürdig und trotzdem nicht kitschig wirken zu lassen. Der Leser erfährt einiges über Harpers und Tollivers Vergangenheit, und die Tatsache, dass diese Einschübe mitunter etwas gekünstelt und forciert wirken, ist das einzige Manko des Romans.

Harris‘ Begabung für Charakterstudien zeigt sich auch in diversen Nebenfiguren. Sie hat offensichtlich ein Faible dafür, nervtötende und (fast) überzeichnete Figuren zu erfinden, die nicht nur den Protagonisten, sondern auch dem Leser auf den Wecker fallen – unterhaltsam auf den Wecker fallen, wohlgemerkt. Einer dieser Charaktere ist die junge Mary Nell, ein Teenager im anstrengendsten Alter, die sich sofort unsterblich in Tolliver verliebt und gleichzeitig in Harper eine Konkurrentin um Tollivers Gunst sieht. Mary Nell biedert sich bei Tolliver an und fährt bei Harper die Krallen aus – ein Verhalten, das durchaus seine komischen Momente hat, auch wenn man Mary Nell hauptsächlich am Kragen packen und kräftig schütteln möchte.

_“Grabesstimmen“_ ist ein überaus kurzweiliger und spannender Krimi mit Mystery-Elementen und einem Protagonisten-Paar, das mit Charme, Witz und Charakterstärke schnell die Sympathien der Leser gewinnen wird. Dazu kommt ein Krimiplot um eine steigende Anzahl von Leichen, der sich zwar lange nicht mit den Größen des Genres messen kann, aber doch ein unterhaltsames Rätselspiel für zwei oder drei vergnügliche Leseabende bietet.

Eine Warnung am Schluss: Schwangere sollten sich von dem Roman unbedingt fernhalten. Harris hat für ihre Charaktere fast durchgehend Namen an der Schwelle der Erträglichkeit gewählt. Alle, die auf der Suche nach Babynamen sind, sollten also einen Bogen um „Grabesstimmen“ machen. Denn wer will schon sein Kind Harper, Tolliver, Teenie, Dell, Vernon oder Hollis nennen …

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_Charlaine Harris auf |Buchwurm.info|:_

|Sookie Stackhouse|

1. „Dead Until Dark“ ([„Vorübergehend tot“, 788 2006, ISBN 3937255141
2. „Living Dead in Dallas“ ([„Untot in Dallas“, 939 2006, ISBN 393725515X)
3. „Club Dead“ ([„Club Dead“, 1238 2005, ISBN 3937255168)
4. Dead to the World ([„Der Vampir, der mich liebte“, 2033 2005, ISBN 3423244747)
5. „Dead as a Doornail“ ([„Vampire bevorzugt“, 3157 2006 ISBN 342324545X)
6. „Definitely Dead“ („Ball der Vampire“, 2007 ISBN 3423209879)
7. „All Together Dead“ („Vampire schlafen fest“, 2008)
8. „From Dead to Worse“

Die Sookie-Stackhouse-Reihe wird momentan als TV-Serie unter dem Titel „True Blood“ von HBO verfilmt. Regie führt Alan Ball (Six Feet Under). Sookie Stackhouse wird von Anna Paquin („Das Piano“, ‚Rogue‘ in „X-Men“ 1-3) gespielt, Bill von Stephen Moyer („Land of the Blind“, „88 Minuten“).

Stoker, Bram / Halver, Konrad – Dracula – Jagd der Vampire (Europa-Originale 48)

_Besetzung_

Sprecher – Hans Paetsch
Dracula – Charles Renier
Wirtin – Katharina Brauren
Jonathan Harker – Michael Poelchau
Postillon – Rudolf Fenner
1. Vampirbraut – Heike Kintzel
2. Vampirbraut – Hella v. d. Osten-Sacken
3. Vampirbraut – Ingeborg Kallweit
Professor van Helsing – Werner Hinz
Mina Murray – Reinhilt Schneider
Lucy Westenraa – Herma Koehn

_Story_

Jonathan Harker reist eines Tages auf Einladung des Grafen Dracula nach Transsilvanien und quartiert sich für einige Tage in dessen Schloss ein. Doch bereits die Begleitumstände seiner Reise nach Siebenbürgen geben ihm zu denken; allerlei seltsame Ereignisse säumen seinen Weg, und auch der Herr des Schlosses scheint ein seltsamer, wenn auch interessanter Eigenbrötler zu sein. Erst während seines Aufenthalts lernt er Dracula und dessen wahre Herkunft jedoch von der richtigen Seite kennen und entkommt so gerade noch mit dem Leben, bevor der Blutsauger und seine Vampirbräute sein Blut anzapfen können.

Zurück in England, findet Harker aber weiterhin keinen Frieden. Der Vampirfürst ist ihm gefolgt und macht sich an der unschuldigen Mina Murray zu schaffen. Als er schließlich auch noch Jonathans Verlobte Lucy in seine Gemächer entführt, bleibt Harker keine Wahl. Er muss erneut nach Transsilvanien reisen und sich ein weiteres Mal Dracula stellen.

_Persönlicher Eindruck_

Bram Stokers Legende hat im vergangenen Jahrhundert eine ganze Reihe prominenter Regisseure dazu veranlasst, eine cineastische Adaption der Story um den berüchtigten Vampir zu arrangieren. Auch im Hörspiel-Bereich ist die Welt des Grafen Dracula in der Vergangenheit häufig besucht worden, unter anderem 2007 im umfassenden [Paket 3489 in der Bearbeitung von Marc Gruppe, welches |Titania Medien| in ihrer „Gruselkabinett“-Reihe veröffentlicht haben, im Jahr zuvor in der Hörspielumsetzung von Oliver Rohrbeck und seiner |LauscherLounge|, und 2004 veröffentlichte |Der Hörverlag| eine Fassung von Sven Stricker.

Auch bei |Europa| wurde das Thema dereinst aufgegriffen und von Konrad Halver für ein weiteres Klassiker-Hörspiel verwendet. Unter dem Titel „Jagd der Vampire“ ließen allerhand bekannte Sprecher die Geschichte um den Blutsauger neu aufleben, vermochten es aber leider nicht, die Atmosphäre des Originals in irgendeiner Form heraufzubeschwören. Ganz im Gegenteil: Das völlig gleichgültig inszenierte Hörspiel ist ein mittelschweres Desaster …

Dennoch hat man sich im Hause |Europa| nicht davon abbringen lassen, das rund dreiviertelstündige Szenenspiel in die fünfte Staffel der „Europa-Originale“ zu packen. Doch auch in der Reproduktion des Stoffes steckt verständlicherweise nicht mehr Potenzial als im Erstwerk aus dem Jahre 1970. Das Problem des Hörspiels ist dabei ganz schnell auf den Punkt gebracht: Es fehlt an spürbaren Ambitionen. Leute wie Michael Poelchau als Jonathan Harker hat man selten so lustlos bei der Arbeit erlebt. Die Art und Weise, wie sie Emotionen wiedergeben, Tragik vermitteln und Schicksalsschläge reflektieren, ist geradezu lächerlich dröge, was der eigentlich erwarteten Dramaturgie natürlich alsbald zum Hindernis wird. Die Szenen im Schloss entbehren jeglicher Spannung, und auch wenn offenbar wird, dass Dracula es langfristig doch auf das Blut seines Gastes abgesehen hat, ist in den betreffenden Szenen von einer sich steigernden Dynamik nichts zu spüren. Mit der Flucht Jonathans hätte die Story womöglich ein halbwegs versöhnliches Ende finden können, jedoch ist dies natürlich aus historischen Gründen nicht möglich.

Trotzdem wirkt der zwischenzeitliche Cut der Story, also die Rückkehr nach England, in etwa wie ein kompletter Stimmungsabfall, der quasi eine neue, unabhängige Sekundärhandlung einleitet. Und genau hier wirkt die Hörspiel-Inszenierung dann auch nicht mehr glaubwürdig, weil sie nicht imstande ist, die Zusammenhänge adäquat aufzuarbeiten und transparent zu machen. Alles verharrt als Stückwerk und entwickelt sich in keiner Weise mehr zur Gruselerzählung, die man sich an dieser Stelle gewünscht hätte.

Möglicherweise muss man an dieser Stelle auch sagen, dass eine umfassende Handlung, wie sie dem Original nun mal zugrunde liegt, sicherlich auch einer etwas opulenteren Form untergeordnet werden muss, um sich entsprechend entfalten zu können. Dies ist aber im Rahmen des zeitlich ziemlich knapp bemessenen Hörspiels absolut nicht gewährleistet. Stattdessen werden nur die wesentlichsten Fragmente der Story einbezogen und aneinandergereiht, dies jedoch weder fließend noch mitreißend und erst recht nicht innerhalb eines dichten, atmosphärischen Rahmens. Würde Hans Paetsch seine Sprecherrolle nicht trotz allem so fabelhaft bewältigen, wäre ein Komplettverriss dieses richtig schwachen Hörspiels absolut berechtigt. Aber auch unter Berücksichtigung dieses kaum gewichtigen Qualitätsmerkmals ist diese Geschichte in der |Europa|-Umsetzung von Konrad Halver alles andere als ein Genuss, mitunter sogar der stimmungsmäßige Tiefpunkt aller fünf Staffeln.

http://www.natuerlichvoneuropa.de

Moning, Karen Marie – Im Bann des Vampirs

MacKayla Lane ist eine typische Southern Belle, eine Südstaatenschönheit, und mehr als stolz darauf. Sie hat lange blonde Haare, perfekt manikürte Nägel und trägt jede Menge Pink. Wir lernen sie kennen, als sie gerade am elterlichen Pool liegt, sich die Sonne auf den Pelz scheinen lässt und ihrer Gute-Laune-Playlist auf dem |iPod| lauscht. Die Idylle wird allerdings jäh gestört, als sie einen Anruf aus Irland erhält: Ihre Schwester Alina, die dort ein Auslandssemester absolvierte, wurde brutal ermordet aufgefunden.

Bald ist Mac überzeugt, dass die irische Polizei ihr Handwerk nicht versteht, denn nach nur einigen Wochen werden die Ermittlungen ergebnislos eingestellt und der Fall landet auf einem Aktenstapel. Mac will sich damit keineswegs zufriedengeben und entschließt sich daher, selbst nach Dublin zu fliegen und die Polizei anzutreiben. Doch dann findet sie auf ihrer Mailbox eine Nachricht von Alina, die diese kurz vor ihrem Tod hinterlassen hat, und alles wird plötzlich reichlich mysteriös.

Einmal in Dublin angekommen, stellt sich bald heraus, dass es viel mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als sich Mac in ihrer Schulweisheit bisher träumen ließ. Alina hatte ihr in ihrer Nachricht aufgetragen, das Sinsar Dubh zu finden, und als Mac endlich herausfindet, worum es sich dabei handelt, findet sie sich schon in einer Welt voller dunkler Wesen wieder. Ihre Aufgabe ist es nun, Alinas Mörder zu finden und gleichzeitig Alinas letzten Wunsch zu erfüllen, indem sie jenes ominöse Sinsar Dubh aufspürt.

Immerhin steht ihr bald Jericho Barrons zur Seite, ein Buchhändler von fragwürdigem Lebenswandel. Barrons hüllt sich in Schweigen, was seine Person angeht, und verfolgt offensichtlich seine eigene Agenda (auch er ist auf der Suche nach dem Sinsar Dubh). Trotzdem rettet er Mac in schöner Regelmäßigkeit das Leben, schließlich ist sie wertvoll für ihn. Wie sich herausstellt, ist sie eine Sidhe-Seherin, die die Anwesenheit von Feenwesen und -objekten erkennen kann. Um das Sinsar Dubh zu finden, ist sie daher unerlässlich.

Karen Marie Moning hat sich als Autorin von sexlastigen Liebesschmonzetten einen Namen gemacht, in denen gut gebaute Highlander in Liebesdingen unerfahrene Amerikanerinnen vernaschen. Mit dieser Masche hat sie sich eine durchaus umfangreiche Fangemeinde (und, wie auf ihrer Webseite zu sehen, einen Porsche) erschrieben. „Im Bann des Vampirs“ ist der Auftakt zu einer neuen Serie, die auf insgesamt fünf Bände angelegt ist. Als Leser sollte man also darauf gefasst sein, dass man sich am Ende des Romans mit mehr Fragen als Antworten konfrontiert sieht. Außerdem sollte man sich darüber im Klaren sein, dass der Titel des Romans unglücklich gewählt ist. Es geht hier um Feen und um Magie. Es kommt zwar ein Vampir vor (dessen Echtheit allerdings bis zum Ende weder bestätigt noch widerlegt ist), doch ganz sicher befindet sich niemand in dessen Bann. Also Punktabzug für den irreführenden Titel.

Moning erzählt aus der Perspektive von Mac und verknüpft damit Fantasy mit |Chick Lit| und einem Schuss Erotik. Ihr Universum ist von Feenwesen, den Sidhe, bevölkert, die ursprünglich in einer anderen Realität lebten, aber nun in Scharen in die menschliche Welt zurückkehren. Die bösen Sidhe, die Unseelie, greifen dabei auch gern mal Menschen an und haben es so zum Beispiel geschafft, ganze Stadtteile von Dublin auszulöschen. Trotzdem sind sich die Menschen der Gefahr nicht bewusst, und so ist es an Eingeweihten wie Mac und Barrons, die Invasion aufzuhalten.

Moning wird nicht müde zu erwähnen, dass die Idee zu „Im Bann des Vampirs“ komplett ausformuliert in ihren Gedanken auftauchte und sie diese nur noch aufschreiben musste. „Diese Welt ist so vollständig, so plastisch und detailliert, dass ich denke, sie müsste irgendwo existieren“, hat Moning in einem Interview gesagt. Das ist natürlich zumindest teilweise Koketterie. Natürlich existiert diese Welt irgendwo irgendwie, schließlich zieht Moning ihre Inspiration aus der gälischen Mythologie und spickt sie dann mit eigenen Ideen. Die Gottwesen der irischen Tuatha Dé Danaan werden bei ihr zu einem bunten Völkchen von Monstern, die Menschen auf die ein oder andere Weise um die Ecke bringen können. Schillerndstes Beispiel ist wohl das Tod-durch-Sex-Wesen (ja, das heißt wirklich so), das auf Menschen so anziehend wirkt, dass sie so lange Sex mit ihm haben, bis sie daran zugrunde gehen. Na ja, wenigstens sterben sie glücklich …

Natürlich trifft auch Mac auf ein derartiges Wesen, was dazu führt, dass sie sich in einem gut besuchten Museum die Kleider vom Leib reißt, um sich selbst zu befriedigen. Moning wird nachgesagt, gute Sexszenen zu schreiben. Die Szenen in „Im Bann des Vampirs“ mögen sexy sein. Erotisch sind sie jedoch nicht, dazu kommen sie zu plakativ und aufdringlich daher. Hier wird auf den billigen Effekt gesetzt, und es ist die sprichwörtliche schnelle Befriedigung, die Moning ihrem Leser hier bietet.

Überhaupt Mac. Als Ich-Erzählerin sieht der Leser zwangsläufig die Welt durch ihre Augen. Umso wichtiger ist es, dass sie dreidimensional, unterhaltsam und überzeugend ist. Stattdessen kommt Mac als verzogene, provinzielle Zicke daher, deren Tiraden weite Teile des Romans einnehmen. Sie ist so von sich und ihrer Lebensweise eingenommen, dass es ihr unmöglich ist, sich einer fremden Kultur zu öffnen. Und so beginnen Sätze ständig mit „bei uns im Süden“, wenn sie mal wieder einen Iren zu unhöflich, grob, laut oder anderweitig unverständlich findet. Wenn Mac nicht gerade vor schwabbeligen Sidhe-Monstern flieht, erheitert sie den Leser mit Schönheitstipps à la: „Die Haut von innen stets mit Flüssigkeit zu versorgen, ist viel wichtiger als eine gute Feuchtigkeitscreme.“ Und als Barrons eine Anspielung auf ihre Kleiderwahl macht, kontert sie mit: „Ich trage nicht nur Pink. Ich besitze auch pfirsich- und lavendelfarbene Sachen.“ Will man so einer Person wirklich fast vierhundert Seiten lang Gesellschaft leisten müssen?

Einzig Barrons vermag den Leser zu fesseln, und das einfach nur, weil er absolut nichts von sich preisgibt. Er ist immer zur rechten Zeit am rechten Ort, doch wie oft Mac ihn auch ausfragt, nie erzählt er mehr über sich. Mac tut offensichtlich gut daran, ihm nicht komplett zu vertrauen, denn er scheint selbst einige dunkle Geheimnisse zu hüten, doch andererseits ist er sich nicht zu schade, auch mal den Helden in schillernder Rüstung zu geben. Dazu sieht er gut aus, hat einen viel besseren Geschmack als Mac (schwarz, natürlich), begegnet Macs naivem Gemüt mit beißendem Zynismus und er besitzt einen Buchladen. Was wünscht man sich als Frau mehr?

In einem Interview zu ihrer neuen Romanserie sagte Moning, sie sei geschockt gewesen zu sehen, wie viel Thanatos sich in ihrem Eros fand. Im Gegensatz zu ihrer Highlander-Serie soll „Im Bann des Vampirs“ also dunkel und gefahrvoll sein. Hier gibt es Monster in dunklen Ecke, brutale Morde und Protagonisten, deren Loyalitäten nicht ganz geklärt sind. Und doch kann Moning von ihrer normalen Kost scheinbar nicht lassen. Bei ihrem neuen Roman handelt es sich um Plüsch-Horror, in dem die frohgemute Heldin hauptsächlich darüber nachdenkt, welches Top sie zur Monsterjagd anziehen soll. Wem das zu zu zuckrig ist, der sollte sich lieber in die Hände von Laurell K. Hamilton begeben. Hamilton weiß zumindest, wie man taffe Heldinnen schreibt.

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Meyer, Stephenie – Bis(s) zum Morgengrauen (Bella und Edward 1)

Im zarten Alter von siebzehn Jahren ändert Bella ihr Leben drastisch. Nicht, dass ihr viele Alternativen blieben: Ihre Mutter hat gerade einen Baseballprofi geheiratet und will mit ihm durch die Staaten ziehen. Da ist für Bella kaum Platz, und so entschließt sie sich, zu ihrem Vater in das verschlafene Forks zu ziehen, das sie bisher nur aus diversen Schulferienbesuchen kannte.

Der Umzug nach Forks ist in Bellas Augen keineswegs eine Verbesserung. Eigentlich kommt sie nämlich aus dem sonnigen Phoenix, und so fällt es ihr zunächst schwer, sich an das verregnete Forks zu gewöhnen. Auch die Beziehung zu ihrem Vater gestaltet sich zuerst schwierig – Charlie ist ein Einzelgänger aus Gewohnheit und muss sich daher erst an seine neue Rolle als Vater gewöhnen. Und dann ist da natürlich noch die Tatsache, dass sie an der Highschool die „Neue“ sein wird, was ihr eine berechtigte Gänsehaut über den Rücken jagt.

Letztendlich wird es dann aber gar nicht so schlimm, wie Bella befürchtet hat. Im Gegensatz zu Phoenix ist sie in Forks bald der Mittelpunkt des Interesses. Ihr ganzer Jahrgang scheint erpicht darauf, mit ihr befreundet sein. Die Jungs laufen ihr – fast sprichwörtlich mit sabbernder Zunge – scharenweise hinterher und auch die Mädchen nehmen sie sofort in ihre Clique auf. Nur ihr Banknachbar in Bio verwehrt sich Bellas Charme. Edward scheint eine sofortige Abneigung gegen sie zu verspüren und ihr ständig aus dem Weg zu gehen.

Bella ist konsterniert und gekränkt, kann sie sich doch nicht vorstellen, dem mysteriösen und schweigsamen Edward einen Anlass gegeben zu haben, sie nicht zu mögen. Und dass er schließlich sogar seine Biostunden zu schwänzen scheint, nur um ihr nicht begegnen zu müssen, erscheint ihr dann doch ein wenig drastisch.

Bella und Edward haben also nicht den besten Start. Und doch kommen sie sich näher, als Edward ihr bei einem Auffahrunfall das Leben rettet. Diesmal ist Bella nicht gekränkt, aber doch immer noch konsterniert, kann sie sich doch nicht des Eindrucks erwehren, dass Edward den auf sie zurollenden Wagen mit reiner Muskelkraft gestoppt hat – ohne einen Kratzer abzubekommen. Als sie dann noch bei einem Ausflug ins nahegelegene Indianerreservat erfährt, dass Edwards Familie der Zutritt verwehrt ist, weil sie Bluttrinker sind, ist ihr Interesse dann doch geweckt. Könnte Edward tatsächlich ein Vampir sein oder bildet sie sich da nur etwas ein?

Der Leser wird die Antwort schnell erraten: Natürlich ist Edward ein Untoter und natürlich hat er sich nicht von Bella ferngehalten, weil er sie nicht leiden kann. Er will Bella, und Bella ist sich schon lange darüber im Klaren, dass sie Edward will, doch die kleine Nebensache mit dem Vampirismus verkompliziert die Sache ein wenig.

Die Betonung liegt hier auf „ein wenig“, denn Stephenie Meyer lässt nie einen Zweifel daran, dass sie mit „Bis(s) zum Morgengrauen“ einen Liebesroman geschrieben hat. Sie hält sich nicht mit einem B-Plot auf, und auch Nebenfiguren sind hauptsächlich Staffage. Bei ihr geht es um Bella und Edward: Bella, wie sie im Geheimen Edward hinterherschmachtet. Edward, wie er unverschämt gut aussieht und einfach alles kann. Bella, deren Körper elektrische Stromstöße durchfahren, als Edward sie zufällig berührt. Edward, der ihr ganz romantisch auf einer Sommerwiese seine Liebe gesteht. Bella, die immer wieder in Gefahr gerät und von Edward gerettet werden muss. Und am Schluss geht doch alles irgendwie gut aus.

Meyers Liebesgeschichte ist buchstäblich wie aus dem Bilderbuch. Die Handlung ist schablonenhaft und bietet kaum überraschende Wendungen. Auch Meyers eher durchschnittliches erzählerisches Talent kann darüber nicht hinwegtrösten. Sie ergeht sich in endlosen Wiederholungen, bis dem Leser Edwards überirdische Schönheit und Bellas absolut unrealistische Tolpatschigkeit zu den Ohren herauskommen. Sie wird es nicht müde, Edwards Alabasterhaut zu beschreiben, seinen gottgleichen Körper und seine changierenden Augen, sodass auch die letzte Leserin begreift, dass sie hier den perfekten Mann vor Augen hat. Gleichzeitig ist Bella tapsig (sie fällt ständig auf die Nase), aber schön – die typische Damsel in Distress, die sich vom mutigen Helden aus potenziellen Gefahrensituationen retten lassen muss (will). Sie bietet damit eine mehr als geeignete Projektionsfläche für jugendliche Mädchenherzen.

Als Vampirroman kann „Biss zum Morgengrauen“ kaum überzeugen. Da findet sich nichts, was man nicht schon mal irgendwo anders gelesen oder gesehen hätte. Edward ist genauso empfindsam und „menschelnd“ wie Anne Rices Louis, ohne jedoch dessen Weltschmerz und Leid an seiner Existenz zu teilen. Die Liebesgeschichte hat das Überlebensgroße von Joss Whedons Buffy und Angel, ohne die potenzielle Gefahr, eine Bestie zu entfesseln. Meyers Vampire sind seltsam blutarm. Edwards Familie ernährt sich von Tieren, während sie sich gleichzeitig Mühe gibt, vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu sein (Edwards „Vater“ ist ein angesehener Chirurg). Edward ist zwar stark und kann einem Menschen gefährlich werden, doch wie Bella kann man diese Tatsache als Leser nicht so recht glauben. Er ist einfach zu gut, um wirklich böse zu sein.

Doch schließlich ist „Biss zum Morgengrauen“ ja nicht in erster Linie ein Vampir-, sondern ein Liebesroman, und in dieser Hinsicht fährt Meyer definitiv alle Geschütze auf. Wer also einmal so richtig dahinschmelzen will in einer Geschichte, die ein bisschen verbotene Gefahr verspricht, ohne je wirklich gefährlich zu werden, der wird „Bis(s) zum Morgengrauen“ vermutlich in zwei Tagen verschlungen haben und sich sofort den nächsten Band vornehmen. Schließlich hat Stephenie Meyer bisher drei erfolgreiche Schmöker veröffentlicht, die sich um Bella und Edward drehen – eine Verfilmung ist in Arbeit.

Interessanterweise beschreibt Meyer anhand der Vampire, was eine glückliche Familie ausmacht. Während Bella sich zwischen ihrer Mutter und deren neuen Mann wie das fünfte Rad am Wagen vorkommt und daraufhin zu ihrem Vater flieht, den sie auch kaum kennt, bietet Edwards Vampirfamilie Geborgenheit und ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das sie so offensichtlich noch nicht kennengelernt hat. Beim traditionellen „Freundin der Familie vorstellen“ fühlt sich Bella sofort wie zu Hause, wohl auch, weil Edwards „Eltern“ sie sofort annehmen und akzeptieren – etwas, das ihr bei ihren leiblichen Eltern schmerzlich zu fehlen scheint. In diesen Szenen gelingt es Meyer auch, überzeugende Nebencharaktere zu schildern. Während Bellas menschliche Schulfreunde nämlich alle austauschbar und nicht mehr als Rauschen im Hintergrund der Handlung sind, ist Edwards Vampirfamilie offensichtlich wirklich aus Fleisch und Blut – Charaktere, die man greifen kann, die Gefühle haben, genauso wie Vorlieben und Abneigungen.

„Bis(s) zum Morgengrauen“ begründet das wohl neue Genre der Feelgood-Vampir-Schmonzette. Das heißt, man darf auf der einen Seite weder große Charaktertiefe noch anspruchsvolle Prosa erwarten. Und auch einige Logikprobleme sollte man in Kauf nehmen können (das größte davon ist wohl die Frage, warum ein Vampir freiwillig zur Highschool gehen würde). Dafür bekommt man dann aber eine Story, die sich durchaus flott wegliest und genau in die Richtung geht, die der Leser erwartet. Manchmal ist es schließlich auch ganz nett zu sehen, wie die Protagonisten sich kriegen, anstatt frühzeitig dahinzuscheiden (à la „Romeo und Julia“ oder „Sturmhöhe“). Die jugendliche (oder junggebliebene) Leserin darf sich gern in der Rolle der Bella sehen, die von Edward erobert wird und mit ihm die Freuden der ersten großen Lieben durchlebt. Und das macht wahrscheinlich auch den großen Erfolg des Romans aus.

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Schröder, Tanja – Hirudo II – Blut der Finsternis

In [„Hirudo – Dunkles Erbe“ 4449 stellte Autorin Tanja Schröder dem Leser die junge Karen vor, die sich, auf der Suche nach ihrem Vater Lucas, plötzlich in der Gesellschaft einer ganzen Familie von Vampiren wiederfand. Lucas nämlich ist das Oberhaupt der Hirudo – so heißen die Vampire in der Welt von Tanja Schröder -, und von Gewissensbissen ob seiner väterlichen Abwesenheit während Karens Kindheit geplagt, erlaubt er ihr nun, im Haus der Vampire ihr Lager aufzuschlagen.

An dieser Stelle ließen wir Karen am Ende des ersten Romans zurück. Mit „Hirudo – Blut der Finsternis“ hat Tanja Schröder eine Fortsetzung geschrieben, die direkt an die Ereignisse aus dem Erstling anknüpft. Fünf Jahre sind vergangen, seit Karen bei Lucas eingezogen ist. Als einziger Mensch zwischen einer ganzen Schar von Vampiren, muss sie sich ständig behaupten und auf ihre Dazugehörigkeit pochen. Trotzdem scheint es ihr, als würden die Vampire sie nicht als einen Teil der Familie akzeptieren. Sie ist ein Außenseiter.

Dabei haben die Vampire offensichtlich andere Probleme, als sich mit Karens angeschlagenem Stolz zu beschäftigen. Ein totgeglaubter Widersacher, Dorian Prior, taucht plötzlich wieder auf und will sich an seinen alten Feinden rächen. Dafür ersinnt er einen ausgeklügelten Plan, der die Vampire um Lucas ganz schön auf Trab hält und schlussendlich Karen die Möglichkeit gibt, ihr eigenes Potenzial auszuschöpfen und zu beweisen, dass sie doch ein vollwertiges Mitglied der Familie ist.

„Blut der Finsternis“ schafft es, viele der Schwächen des ersten Teils auszugleichen und damit den Leser auf den gut 200 Seiten angenehm zu unterhalten. War die Handlung in „Dunkles Erbe“ recht dünn, so schafft es Tanja Schröder hier nun, nicht nur einen ausgeklügelten Plot, sondern auch einen würdigen Widersacher zu präsentieren, die die Geschichte am Laufen halten. Gleich der Einstieg in den Roman zeigt dem Leser, wo es langgeht: Schröder beginnt mit dem Bösewicht Prior und seinem menschlichen Wächter, zeigt den fundamentalistischen Wahnsinn des Vampirs und den ganz normalen Irrsinn seines „Menschen“. Die beiden sollen im Laufe des Romans den Guten wieder und wieder die Schau stehlen. Prior und sein Diener Turner sind die ausgefeiltesten Charaktere des Romans und es ist ein Vergnügen, besonders Turners schrägen Gedankengängen zu folgen. Wer also Romane mag, die starke und überzeugende Widersacher aufweisen, der sollte sein Glück mit „Blut der Finsternis“ versuchen.

Dass die Bösen so stark herüberkommen, führt allerdings auch dazu, dass die Guten stellenweise reichlich blass erscheinen. Gerade Lucas, der dem Leser ja im ersten Teil als der Obervampir präsentiert wurde, ist hier unscheinbar, unentschlossen und über weite Strecken einfach nicht präsent. Stattdessen konzentriert sich Schröder auf den neu eingeführten Charakter Calman, mit dem Karen eine Art Lehrer-Schüler-Verhältnis unterhält. Während Lucas in anderen Sphären zu schweben scheint, ist Calman für Karen erreichbarer und verstehbarer.

Man muss Tanja Schröder ankreiden, dass sie sich für ihren Roman zu viele Charaktere aufgehalst hat. Schon in „Dunkles Erbe“ war das in Anfängen zu erkennen, doch hier nun rächen sich die vielen Nebenfiguren. Während Prior und Turner beim Leser wirklich „ankommen“, da auf sie viel Papier verwendet wird, stehen in der Ecke der Guten zwar viele Spieler bereit, sie kommen jedoch nicht zum Einsatz. Beryl und Eliane, die noch im ersten Teil so hübsch gruselig ihre Schwingen ausbreiten durften, sind hier dazu verdammt, am Schluss ein paar gälische Sätze in den Himmel zu schreien. Schlimmer noch erwischt es Blanche und Galina. Warum die beiden überhaupt vorkommen, bleibt unklar. Sie haben keinen (oder kaum nennenswerten) Text und treiben auch die Handlung nicht voran. Sie sind nichts weiter als Dekor, füllen sie doch keine weitere Funktion aus, als die Lebensabschnittspartner der beiden Hauptvampire zu sein (nämlich Lucas und Seamus).

Trotzdem, im Vergleich zum Erstling „Dunkles Erbe“ ist Tanja Schröders zweiter Roman eine bemerkenswerte Verbesserung. Sie hat ihre Handlung viel enger geschnürt und schreibt konsequent auf einen Schlusspunkt zu. Sie lässt ihre Charaktere in einer Art Krimiplot einen Mord aufklären, lässt sie Spuren entdecken und schließlich auf Dorian treffen. Alles in allem bietet sie dem Leser damit einen wirklich durchdachten und vor allem funktionierenden Plot, der dem Roman Bewegung gibt. Außerdem ist sie sich auch nicht zu schade, einige Anspielungen und komische Passagen einzubauen. Jarout beispielsweise, der ja durch die Spiegel reisen kann, ist unfähig, den Kölner Flughafen zu finden. Ständig kommt er an einer anderen Spiegelfläche heraus, was seine Gefährten zur Weißglut bringt. Doch natürlich würde er nie, in bester männlicher Tradition, seine Schuld eingestehen. Oder gar nach dem Weg fragen. Oder wahlweise ein Taxi nehmen. Solche Stellen zeigen, dass Schröder sich selbst und ihre Charaktere auch auf die Schippe nehmen kann. Und so etwas ist immer ungemein sympathisch.

Dem Roman ist anzusehen, dass er auf einen dritten Teil hinausläuft. Handlungsstränge werden begonnen, aber nicht weitergeführt, Gefahren werden aufgezeigt, die dann aber nicht eintreten. Und die Vampirwelt Melacar wird ein weiteres Mal vorgestellt, ohne dass sie einen direkten Einfluss auf die Handlung hätte. All diese Dinge wollen in einer weiteren Geschichte erzählt werden, denn für sich genommen wirken sie unfertig. Leider ist bisher keine weitere Fortsetzung über die Hirudo erschienen. Bleibt abzuwarten, ob Tanja Schröder weiterhin Lust hat, sich in ihrer Vampirwelt herumzutreiben.

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Schröder, Tanja – Hirudo – Dunkles Erbe

Hirudo – das klingt irgendwie exotisch und fremd. Tatsächlich ist Hirudo die lateinische Bezeichnung für den medizinischen Blutegel, und wenn das dem Titel von Tanja Schröders Roman auch ein wenig den Glanz nimmt, so ist die Anspielung doch zumindest treffend. Schließlich hat Tanja Schröder mit „Hirudo – Dunkles Erbe“ einen Roman über Blutsauger geschrieben.

Karen Grant ist auf der Suche nach ihrem Vater Lucas Vale. Zwar hat sie ihn nie kennengelernt, doch weiß sie aus den Geschichten ihrer Mutter sehr viel über Lucas. Dieser ist ein Vampir und hat Karen offenbar ein paar Extragene vererbt. So ist sie in der Lage, die Gedanken anderer Menschen zu lesen oder die Stimmung eines Gegenstandes zu erfühlen. Das ist eine durchaus praktische Gabe, hilft sie ihr doch bei ihrer Suche nach Lucas. Nacht für Nacht durchstreift sie die Stadt, in der Hoffnung, in den Gedanken eines Passanten den Namen ihres Vaters aufzuschnappen.

Die Ausweglosigkeit ihrer Suche ist Karen durchaus bewusst, allerdings bekommt sie unerwartet Hilfe. Jarout, ein junger Hirudo – also ein Vampir -, kennt Lucas und ist willens, Karen zu ihm zu bringen. Was die junge Frau zunächst nicht ahnt, ist die Tatsache, dass Jarout nicht aus Nächstenliebe handelt, sondern seine eigene Agenda verfolgt.

Jarout nimmt Karen mit in Lucas‘ Haus in der Nähe von Genf, doch der Hausherr ist nicht da. Stattdessen sieht sich Karen einer ganzen Familie von Vampiren gegenüber, die mal freundlich und mal hungrig gestimmt sind. Nachts schließt sie also Freundschaft mit Teilen von Lucas‘ Familie und versucht, nicht vom Rest verspeist zu werden. Und tagsüber, wenn die Hirudo schlafen, durchstreift sie das riesige Haus auf der Suche nach Hinweisen auf ihren Vater.

Tanja Schröders erster Roman ist ein seltsamer Hybrid. „Hirudo“ ist weit davon entfernt, ein schlechter Roman zu sein, aber gleichzeitig vermag er auch nicht durchgehend zu fesseln. Dazu kommen einige Kinderkrankeiten, die verhindern, dass der Roman sein volles Potenzial ausschöpft. Da wäre zum einen der hauchdünne Plot: Frau sucht ihren Vater. Daraus ließe sich selbstverständlich einiges machen: Durchwachte Nächte in staubigen Bibliotheken, das Durchwühlen alter Kirchenregister, das Streuen von Informationen und das Finden von überraschenden Helfern. Wie man eine derartige Geschichte genüsslich ausschmückt, hat Elisabeth Kostova in [„Der Historiker“ 2000 gezeigt. Tanja Schröder entscheidet sich für das Gegenprogramm. Karens Suche ist nicht mehr als die Exposition des Romans – bevor sie richtig losgegangen ist, übernimmt Jarout die Bühne und präsentiert Karen ihren Vater quasi auf dem Silbertablett. Über die Hälfte des Buches besteht dann aus Warten, nämlich dem Warten darauf, dass Karens Vater endlich von seiner Geschäftsreise heimkehrt. Schröder nutzt diese Zeit ausgiebig, um Karen das Haus durchstöbern zu lassen (da sie kaum etwas Nennenswertes findet, hält sich der Mehrwert in Grenzen) und die Mitglieder von Lucas‘ Familie vorzustellen. „Vorstellen“ ist dabei das zentrale Wort. Mehr passiert nicht, es gibt keinen Konflikt und über lange Strecken keine Bewegung in diesem Roman. Nachdem der Leser dann über hundert Seiten auf die Begegnung zwischen Karen und ihrem Vater gewartet hat, wirkt das groß erwartete Ereignis in seiner tatsächlichen Schlichtheit wie ein Antiklimax.

Dazu kommt, dass die Charaktere nicht völlig ausgearbeitet sind. Einzig Denis bleibt dem Leser in Erinnerung: Der geistig zurückgebliebene Hirudo ist offensichtlich Schröders Lieblingsfigur. Sie verwendet viel Zeit auf die erste Begegnung von Karen und Denis, der ein talentierter Maler ist und Karen in sein kleines Refugium entführt. Schröder schildert dies in einem wirklich schönen Kapitel, das letztendlich aber ins Leere läuft, da es nichts zur eigentlichen Romanhandlung beiträgt. Ähnliches wiederholt sich mit allen Bewohnern des Hauses. Sie werden dem Leser vorgestellt, ohne dass sie dann im Gesamtzusammenhang etwas zu tun bekämen. Einzige Ausnahme ist hier wohl Jarout, der seine eigenen Pläne verfolgt. Aber auch seine Motivation bleibt im Dunkeln. Schröder ist selten in der Lage, ihre Figuren für den Leser zu erhellen.

Viele dieser Kritikpunkte dürften der Tatsache geschuldet sein, dass „Dunkles Erbe“ nur der erste Teil eines Romanduos um die Hirudo ist. Vieles wird nur angedeutet – so z. B. der Ursprung der Hirudo und wie sie in unsere Welt kamen. Es ist davon auszugehen, dass all diese kleinen Appetithäppchen im Folgeroman „Blut der Finsternis“ wieder aufgegriffen werden, doch führt diese Taktik dazu, dass sich „Dunkles Erbe“ über weite Strecken wie ein Prolog liest. Wer nur den ersten Teil in der Hand hält, wird das Buch unbefriedigt zuklappen, da nichts gelöst und eigentlich auch noch kein Problem in den Raum gestellt wurde. Der Roman plätschert dahin, mehr nicht.

Einem wirklichen Lesevergnügen steht leider auch der technisch schlechte Text gegenüber, wobei unklar bleibt, ob die Schnitzer hier von der Autorin selbst oder vom Lektorat kommen. Tanja Schröder gelingen durchaus stilistisch schöne Passagen und überzeugende Bilder. Leider stehen diese in ständigem Kontrast zu so unausgewogenen Formulierungen wie „die übliche Schwelle war nicht vorhanden und leicht zu überwinden“ (Karen versucht hier gerade, in Denis‘ Geist einzudringen). Hinzu kommt, dass Tanja Schröder ein Problem mit richtigen Fallendungen hat und die Genitiv-s-Regel einfach ignoriert. Bei einem Roman mit drei Charakteren, die auf -s enden (nämlich Lucas, Denis und Seamus) ist das ein Fallstrick, den ein Lektor hätte ausbügeln müssen.

Die Hirudo sind faszinierende Geschöpfe. Schröder lehnt ihre Vampire weniger am klassischen Dracula als am modernen Lestat an. Lucas, das Familienoberhaupt, lehnt es beispielsweise ab, zu töten. Er ist empfindsam, von Schuldgefühlen geplagt und erpicht darauf, sich in die Welt der Menschen zu integrieren, auch wenn er nicht wirklich dazugehören kann. Darüber hinaus erlaubt Schröder dem Leser flüchtige Blicke auf den Ursprung der Hirudo. Ein anderer Planet? Eine andere Wirklichkeit? Eine andere Zeit? Das wird man wohl nur erfahren, wenn man sich den zweiten Band, „Blut der Finsternis“, zu Gemüte führt.

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Yarbro, Chelsea Quinn – Palast der Vampire

[„Hotel Transylvania“ 2706 war der erste Streich in Chelsea Quinn Yarbros episch angelegter Chronik um den Vampir Saint-Germain. Damals trieb er im Paris des 18. Jahrhunderts sein Unwesen – wobei „Unwesen“ zu viel gesagt wäre: Saint-Germain ist nämlich ein Untoter mit Anstand und einem Faible für die schönen Dinge des Lebens. Anstatt sich wie sein berühmtester Artgenosse an Burgmauern hinabzuhangeln und das Blut von unschuldigen Jungfrauen in alle Ecken des Zimmers zu verspritzen, beschäftigt er sich lieber mit Kunst – und mit der genussvollen Verführung schöner und williger Frauen!

Wer nun aber denkt, der zweite Band „Palast der Vampire“ knüpfe nahtlos an „Hotel Transylvania“ an, der irrt. Yarbro überrascht ihre Leser damit, dass sie den Roman nicht nur in einem anderen Land, sondern auch in einer anderen Zeit spielen lässt. Diesmal befinden wir uns im Florenz des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Florenz ist zu dieser Zeit ein florierendes wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Europas. Unter der Führung der Medici wird nicht nur Tuch exportiert, sondern auch Künstler wie Botticelli werden gefördert. Also genau der richtige Ort für Saint-Germain, der sich mit Vorliebe am Puls der Zeit niederlässt.

Zwar gilt er in Florenz als Ausländer, doch ist er gebildet und faszinierend genug, um von den Florentinern akzeptiert zu werden. Mit großem Brimborium baut er einen Palazzo – natürlich mit geheimen Kammern für seine alchimistischen Studien. Diese sollen ihm jedoch bald zum Verhängnis werden, denn als Laurenzo de Medici stirbt, schlägt die liberale Stimmung in Florenz rasch um.

Mehr und mehr reißt nämlich der Dominikanermönch Savonarola die Macht in Florenz an sich. Mit einer rigiden Bibelauslegung verdammt er alle Kunst, alle Annehmlichkeiten und alle Schönheit als eitle Sünde aus der Stadt. Seine Militia Christi, bei genauer Betrachtung nicht mehr als eine Gruppe randalierender Jugendbanden, dringt in Häuser ein und zerstört die Einrichtung. Gemälde werden verbrannt, das Spielen von Musik untersagt. Und Saint-Germain als Ausländer wird natürlich schnell zur Zielscheibe von Savonarolas Hass. Als eine ehemalige Geliebte in einer öffentlichen Beichte seinen Namen in den Schmutz zieht, muss Saint-Germain fliehen. Doch was ist mit seinem Protegé Demetrice, die darauf besteht, in Florenz zu bleiben?

Es ist ganz allein der Erzählkunst der Autorin zu verdanken, dass „Palast der Vampire“ ein so gelungenes Lesevergnügen ist. Denn wenn man es genau betrachtet, bietet der zweite Band gegenüber „Hotel Transylvania“ nicht viel Neues: Wir haben den Vampir, seinen treuen Diener, eine sich schüchtern entwickelnde Liebesgeschichte und äußere Einflüsse, die sich dem Paar entgegenstellen. Nach dem gleichen Schema verfuhr Yarbro schon in „Hotel Transylvania“, und doch ist „Palast der Vampire“ kein billiger Abklatsch. Und Langeweile kommt auf den 500 Seiten gleich gar nicht auf. Es muss also die Erzählfreude Yarbros sein, die den Leser so bei der Stange hält.

Saint-Germain ist ein Vampir für romantische Frauenträume. Er spielt lieber auf der Laute als Menschen umzubringen. Für ihn ist die Teilnahme am Leben der Menschen, an deren Kultur und Sorgen offensichtlich ein Lebenselixier, das er genauso benötigt wie Blut. Es ist seine Art, die Ewigkeit erträglich zu machen. Dass sich ihm dabei gern eine schöne und ebenso kluge Frau an die Seite stellt, macht die Sache nur noch interessanter. Demetrice ist, wie schon Madeleine in „Hotel Transylvania“ keineswegs ein Frauchen. Sie ist studiert, hat die Bibliothek des Medici katalogisiert und überredet Saint-Germain, sie in der Alchimie zu unterrichten. Erst als klar ist, dass beide gleichberechtigte Partner sein können, bringt Yarbro zarte Gefühle ins Spiel.

Ebenso faszinierend ist ihr Florenz des 15. Jahrhunderts. Wie auch schon im ersten Band, ist „Palast der Vampire“ in erster Linie ein historischer Roman. Yarbro versteht es, ins Detail zu gehen, ohne zu langweilen. Der Roman lebt von dem Gegensatz zwischen dem schöngeistigen Saint-Germain und dem radikalen Mönch Savonarola. Für Yarbro ist das Florenz des 15. Jahrhunderts keineswegs der Sündenpfuhl, den der Dominikaner darin sieht. Florenz ist für sie das Zentrum der Renaissance. Durch die Medici kommt die Stadt zur Blüte, Kunst und Naturwissenschaft sind auf dem Höhepunkt. Ausländer und Studenten strömen in die Stadt, um am Fortschritt teilzuhaben. Savonarola jedoch wirft Florenz um Jahre zurück. Mit seinen apokalyptischen Prophezeiungen vom Ende der Welt trifft er offensichtlich einen Nerv bei der Bevölkerung. Doch das führt nur dazu, dass in Florenz der Scheiterhaufen vorweggenommen wird, der später ganz Europa überziehen wird.

Wie auch schon im ersten Band, steht Saint-Germain wieder ein verlässlicher Diener zur Seite. Seinerzeit aus einer offenbar misslichen (und fast tödlichen) Lage befreit, ist Ruggiero seinem Meister treu ergeben. Er ist der einzige Charakter, den ich mir mehr ausgebaut gewünscht hätte. Außer seiner Treue zu Saint-Germain bedenkt ihn Yarbro mit keinen weiteren Charaktereigenschaften, und doch hat man als Leser ständig das Gefühl, hinter der Fassade des Dieners verberge sich ebenfalls eine spannende Geschichte, die das Erzählen lohnen würde. Doch wer weiß, vielleicht erfährt man in einem späteren Band ja mehr über Ruggerio.

„Palast der Vampire“ ist ein echter Schmöker, den man im gestreckten Galopp verschlingen wird. Auf 500 Seiten präsentiert Yarbro eine Geschichte ohne Hänger und Längen, mit einer ausgewogenen Mischung aus Historie, Erotik, Spannung und einem wirklich verachtenswerten Bösewicht. Wenn sie es schafft, dieses Erzähltempo auch in den Folgebänden zu halten, dann steht der geneigten Leserin ein langanhaltender Lesegenuss bevor, schließlich umfasst die Serie bereits 19 Bände!

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Harris, Charlaine – Vampire bevorzugt

Band 1: [„Vorübergehend tot“ 788
Band 2: [„Untot in Dallas“ 939
Band 3: [„Club Dead“ 1238
Band 4: [„Der Vampir, der mich liebte“ 2033

„Vampire bevorzugt“ ist der fünfte Streich von Charlaine Harris‘ Serie um die gedankenlesende Kellnerin Sookie Stackhouse. Und bevor irgendwelche falschen Vorstellungen aufkommen: Wie auch schon im Vorgängerband, ist der Titel unglücklich gewählt. Denn wenn Sookie in den vergangenen Bänden etwas gelernt hat, dann auf jeden Fall, dass Vampire nicht zu bevorzugen sind. Leider hat sich |dtv| nicht auf die Masche der Autorin eingelassen, in jedem Titel das Wort „dead“ vorkommen zu lassen. Das führt leider dazu, dass die deutschen Titel reichlich hölzern und unhandlich wirken. Doch sollte man sich davon nicht abhalten lassen (genauso wenig wie vom Glitter auf dem Cover) und „Vampire bevorzugt“ möglichst an einem freien Wochenende zu Hand nehmen. Denn eines kann Charlaine Harris garantieren: dass man ihre Bücher so schnell nicht aus der Hand legt!

Um auf die Vampire zurückzukommen: Da wäre zunächst Bill, der es sich mit Sookie verscherzte, als er mit seiner Meisterin in die Laken hüpfte. Und dann wäre da noch Eric, der nordische (und untote) Sexgott, der sich während seines Gedächtnisverlustes zwar zum perfekten Liebhaber entwickelte, aber nach der Aufhebung des Fluchs keinerlei Erinnerung mehr daran zu haben scheint, dass er zusammen mit Sookie sämtliche Stellungen des Kamasutra ausprobiert hat. Kurzum: Sookie hat die Nase voll. Sie will einfach nur in Ruhe gelassen werden, zur Arbeit gehen und sich vielleicht ein neues Auto kaufen.

Doch das wäre natürlich kein Stoff für einen Roman. Stattdessen stellt sich heraus, dass in Bon Temps, Sookies provinziellem Heimatort, ein Unbekannter auf Gestaltwandler schießt. Als es auch ihren Boss Sam erwischt (der sich gern mal in einen Collie mit samtweichem Fell verwandelt), muss Sookie nach Shreveport fahren und Eric um einen Ersatzbarkeeper bitten. Der stellt ihr Charles Twining zur Verfügung, einen charmanten Piraten mit Augenklappe, der nur deshalb keinen Papagei auf der Schulter trägt, weil das Halten von Tieren in einer Bar mit zu hohen Auflagen verbunden ist. Charles, charmant und ein echter Haudegen, ist natürlich eine fleischgewordene Anspielung auf einen gewissen Piratenfilm, der in den letzten Jahren mit ziemlichem finanziellen Erfolg gesegnet war. Unser Vampir hatte sogar mal die Gelegenheit, nach Tortuga zu segeln. Wenn das kein Glück ist …

Charles soll eigentlich in der Abstellkammer des „Merlotte’s“ schlafen, doch Sam überredet Sookie, den Vampir mit zu sich nach Hause zu nehmen. Das erweist sich durchaus als sinnvoll, denn gleich in derselben Nacht legt jemand Feuer an Sookies Haus. Charles kann den Brandstifter festsetzen, bricht ihm aber im Eifer des Gefechts das Genick. Sookie hat den Toten noch nie gesehen, warum sollte dieser also ihr Haus anstecken?

Es geht ähnlich rasant weiter: Alcide, Sookies Werwolf-Bekannter, versucht ständig, ihr Avancen zu machen und schleppt sie zu Veranstaltungen seiner Werwolf-Gemeinde, die sie lieber nie gesehen hätte. Eric versucht dauernd, sie zu überreden, ihm doch zu erzählen, was während der Zeit seines Gedächtnisverlusts zwischen ihnen passiert ist. Bill ist hauptsächlich deprimiert, aber trotzdem immer zur rechten Zeit am rechten Ort. Und schließlich wird auch noch Sookie selbst angeschossen, als sie ihre Bücher zur Bibliothek bringen will.

Man sieht, als Leser hat man – wie Sookie selbst auch – auf den 300 Seiten des Romans kaum Zeit, einmal durchzuatmen. Charlaine Harris scheint mit jedem Band mehr Freude daran zu finden, ihre Handlung flott voranzutreiben und damit ein hohes Tempo vorzulegen. Dabei entfernt sie sich immer mehr vom Schnulzencharakter des ersten Bandes und setzt stattdessen auf Action, Mystery und fesselnde Charaktere. Das soll natürlich nicht heißen, dass die Romantik ganz flöten ginge, im Gegenteil: So viele Männer wie in „Vampire bevorzugt“ hat Sookie wohl noch nie geküsst. Sämtliche männlichen Supras in ihrer näheren Umgebung scheinen magisch von ihr angezogen und Sookie kann sich all der Avancen kaum erwehren. Doch läuft die Buhlerei um ihre Gunst kaum auf eine heiße Affäre hinaus. Vielmehr hat man als Leser den Eindruck, dass sie Exposition für viele neue Probleme in zukünftigen Bänden ist. Man darf also gespannt sein!

Harris‘ Pool an Charakteren und übernatürlichen Gattungen erweitert sich ständig, und es ist eine wahre Freude, ihr bei der Entwicklung ihres Romankosmos zuzuschauen. Ihre Figuren werden dreidimensionaler und Sookie ist im fünften Band weit entfernt von der scheuen und sozial zurückgezogenen Kellnerin, die sie noch im ersten Band war. Ähnliches könnte man über einen Großteil von Harris‘ Charakteren sagen – ihre Welt wird mit jedem Roman kompletter, bunter, aber auch gefährlicher. Sookie gerät ins Schussfeld von immer mehr konkurrierenden Gruppierungen und damit erhöht sich selbstverständlich auch die Spannung für den Leser. Trotzdem verliert Harris nie den Sinn für Humor und Ironie. Sie schafft es sogar, ihre eigene Schreibe auf die Schippe zu nehmen; inwiefern, wird der Leser aber erst erfahren, wenn am Ende des Romans der Bösewicht enthüllt wird.

Bis dahin kann man nur wünschen: Gute Unterhaltung!

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Chelsea Quinn Yarbro – Hotel Transylvania

Bereits 1978 veröffentlichte Chelsea Quinn Yarbro „Hotel Transylvania“, den ersten Roman um den Vampir Saint-Germain. Ein ganzes Konglomerat an Fortsetzungen folgte. Trotzdem ist die Autorin in Deutschland (noch) weitgehend unbekannt. Vor drei Jahren hat sich dann der |Festa|-Verlag ihrer Bücher angenommen und zunächst „Hotel Transylvania“ auf deutsch veröffentlicht, gefolgt von „Palast der Vampire“ (2005).

„Hotel Transylvania“ spielt in Frankreich, genauer gesagt im Paris des Sonnenkönigs. Saint-Germain ist eine Lichtgestalt der Pariser Gesellschaft. Auf Partys ist er gern gesehen, als gut aussehendem Junggesellen laufen ihm die Debütantinnen scharenweise hinterher, und als Musiker begeistert er seine Zuhörer. Doch darüber hinaus gibt er der Gesellschaft auch genug Anlass zum Klatsch: Woher kommt Saint-Germain eigentlich? Warum sieht ihn nie jemand essen? Und woher nimmt er all die beeindruckenden Diamanten, mit denen er seine Garderobe aufpeppt?

Chelsea Quinn Yarbro – Hotel Transylvania weiterlesen

Kelly, Mary Valgus – Des Teufels schönster Sohn (Saga der Verfluchten 01)

Ares ist ein Vampir, vergnügungssüchtig und leichtlebig. Und doch packt ihn wohl der Schwermut, als er spontan beschließt, dass er einen Gefährten braucht. Kurzentschlossen verbeißt er sich in den schönen Domenico und macht ihn ebenfalls zum Untoten. Doch die beiden sind schlicht zu unterschiedlich und können weder miteinander, noch ohneeinander leben. Während Ares sich nämlich die Frauen haufenweise ins Bett holt (und sie erst vernascht und dann „vernascht“), sitzt Domenico in Bäumen und sinnt über das Leben nach. Schließlich stößt auch noch Flora zu den ungewöhnlichen Gefährten und das Gleichgewicht kippt endgültig.

Klingt bekannt? Durchaus, denn für Mary Valgus Kellys Roman „Des Teufels schönster Sohn“ (der erste Teil einer Trilogie) haben Anne Rices Vampire Pate gestanden. Wollte man bissig sein, könnte man gar behaupten, bei Kellys Roman handele es sich um ein [„Interview mit einem Vampir“ 68 für Arme. Und da sich Anne Rices Romandebüt nicht verbessern lässt, muss Kelly mit ihrem Projekt schlicht scheitern.

„Des Teufels schönster Sohn“ ist ein Buch, das so viele Fehler und Ungereimtheiten aufweist, dass man gar nicht weiß, wo anfangen. Schon die Handlung kurz anzureißen, stellt sich problematisch dar, denn eigentlich passiert in dem 144-Seiten starken Buch nicht wirklich etwas: Ares beißt Domenico, Domenico sieht gut aus (das wird dem Leser wiederholt in blumigen Worten versichert) und macht eine Leidensmiene. Dann wendet sich Ares Flora zu, kann ihr aber nicht treu sein. Es gibt eine Art Vampirsabbat mit Hexen und Werwölfen. Zwischendurch philosophiert Domenico auch mal mit einem Geist oder schäkert mit einer mysteriösen Vampirin namens Michelle. Domenico verlässt Ares und die Handlung springt nach Transsilvanien auf eine mittelalterliche Burg (!), wo sich die eingeladenen Vampire ihren Mitternachtssnack aufs Zimmer bringen lassen. Zum Glück ist der Roman dann auch schon zu Ende.

Kellys größtes Problem (mal abgesehen von der nicht existenten Handlung) sind ihre Charaktere. „Des Teufels schönster Sohn“ schafft es, ein Roman völlig ohne Motive zu sein, was dazu führt, dass die Charaktere schemenhaft bleiben. Warum zum Beispiel braucht Ares plötzlich einen Gefährten? Sehnt er sich nach menschlicher Nähe? Oder ist ihm doch nur fad? Genauso unklar bleibt Ares’ Charakter: Zu Anfang ist er der Gegenpol zu Domenico – schillernd und auf der Suche nach dem Thrill. Er lebt in die Nacht hinein und sucht nach Vergnügungen. Doch gegen Ende brütet er plötzlich vor sich hin, ohne dass dem Leser klar wäre, wieso. Gespaltene Persönlichkeit? Oder doch nur die Wankelmütigkeit der Autorin? Dieses Problem der charakterlichen Unentschlossenheit haben alle von Kellys Figuren. Dem Leser ist es dadurch unmöglich, die Charaktere irgendwie zu fassen zu bekommen oder sich gar mit ihnen zu identifizieren.

Worin besteht überhaupt das Gefährtentum, von dem in dem Roman immer wieder die Rede ist? Kelly will uns scheinbar weismachen, dass es da ein erotisches Prickeln zwischen den beiden Vampiren gibt. Nur versickert dieses Prickeln zwischen den Zeilen, da Ares und Domenico weder wirklich miteinander leben noch sprechen. Die beiden haben im Roman eigentlich kaum Berührungspunkte. Darüber hinaus schleppt Ares unzählige Frauen ab und es ist nicht so recht zu erkennen, wie dieses Balzgebahren mit einer zarten Seele in Verbindung zu bringen wäre.

Doch ach! Vielleicht hat Ares doch ein Herz? Unverhofft taucht nämlich Flora auf, Ares’ Immer-mal-wieder-Geliebte seit 14 Jahren (wobei dem Leser auch diese Geschichte vorenthalten wird – woher die beiden sich kennen, wird nie klar). Nie wollte sie ein Vampir werden und mittlerweile hat sie Mann und Kinder. Und auch als er sie nun wieder ausfindig macht, haben sie zwar einen Quickie auf der Terasse, untot werden will sie aber nicht. Bis sie ein paar Seiten später vor Ares’ Tür steht mit der Bitte um Vampirisierung. Wo die Gründe für diesen Sinneswandel liegen, scheint Kelly nicht ergründen zu wollen. Auch wird keine Tinte auf die Frage verwendet, was nun aus ihren Kindern wird und ob sie diese nicht vielleicht wenigstens ein ganz kleines bisschen vermisst. Nein, zwischen all den unausgegorenen Charakteren in „Des Teufels schönster Sohn“ ist Flora der unausgefeilteste. Sie bereichtert die Handlung nicht und gibt ihr auch keinen (anderen) Sinn. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sie später sang- und klanglos wieder aus dem Roman verschwindet.

Vierzig Seiten vor Schluss wechselt das Setting vom ursprünglichen Handlungsort (wo das ist, wird ebenfalls nie geklärt) ausgerechnet nach Transsilvanien, wo eine gewisse Clarissa eine Art Wellnesshotel für Vampire auf einer mittelalterlichen Burg eingerichtet hat. Als Untoter sitzt man also rum, sieht gut aus und lässt sich das Essen aufs Zimmer bringen. Wenn man besonders standesgemäß sein will, reist man in einer Kutsche an (wohlgemerkt, der Roman spielt in der Gegenwart) und betitelt sich gegenseitig als Baron. Dass Vampire unter Umständen ein wenig abgehoben sind, ist ja nicht neu. Aber so snobistisch? Das ist dann doch etwas übertrieben …

Mein Eindruck

Man muss Kelly zugute halten, dass ihre Prosa sich hier leicht verbessert und sie es eher schafft, bei ihrem Plot zu bleiben. Doch die Handlung selbst lässt gerade dem weiblichen Leser die Haare zu Berge stehen. Ares, von allen guten Geistern (d. h. Domenico und Flora) verlassen, hat sich drei Vampirbräute angeschafft, die nun alle seine Wünsche erfüllen. Mit einem anderen Vampir diskutiert Ares daraufhin die Erziehung solcher „Mädchen“, als spräche er über Hundezucht. Zu allem Überfluss haben die „Mädchen“ gegen diese degradierende Haltung überhaupt nichts einzuwenden: „Ohne ihn wären wir verloren“, sagen sie. „Er kümmert sich um uns und liest uns unsere Wünsche von den Augen ab. Er schenkt uns Kleider, Schmuck, sorgt für das Essen … er tut einfach alles für uns! Im Gegenzug dafür dürfen wir ihn lieben und unterhalten ihn ein bisschen.“ Der Höhepunkt ist jedoch Bredas Aussage, dass doch in jeder Frau eine Hure stecke. Diese Aussagen zu kommentieren, ist wohl überflüssig.

Unterm Strich

Um es kurz zu machen: „Des Teufels schönster Sohn“ hat weder eine fesselnde Handlung noch überzeugende Charaktere. Dafür strotzt das Buch vor schiefen Wendungen wie „Domenico rang mit den Armen, nach Atem und nach Worten“ oder „der Einzige, der sprach, war der Rauch seiner Zigarette, der wütend versuchte gegen den Regen anzukämpfen“. Der Roman ist eine einzige Masse wabernder Unstimmigkeiten, erzeugt durch das angestrengte „wollen, doch nicht können“ der Autorin. Eine wirklich mühsame, jedoch überhaupt nicht unterhaltende Lektüre.

Taschenbuch: 144 Seiten
ISBN-13: ‎978-3937536651

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Radkowsky, Britta – Moderne Vampyre. Mythos als Ausdruck von Persönlichkeit

Der unbedarfte Leser wird bei Britta Radkowskys schmalem Bändchen zunächst über den Titel stolpern, sieht „Moderne Vampyre“ doch ganz nach einer antiquierten Schreibweise aus, die besonders ausgefallen und prätentiös sein will. Der Eingeweihte weiß jedoch: Vampir ist nicht gleich Vampyr, und genau diesen Unterschied will Britta Radkowsky, ehemals Redakteurin des Vampirmagazins sanktuarium.de, näher beleuchten.

Vampir und Vampyr wurden Anfang des 19. Jahrhunderts noch synonym verwendet. Beide Schreibweisen wechselten sich mit schöner Regelmäßigkeit ab, da der Begriff ursprünglich aus Osteuropa kam und sich die westlichen Autoren noch nicht ganz sicher waren, wie man den untoten Blutsauger denn nun zu schreiben habe. Heute ist das „y“ ein bewusst gesetztes Signal, unterscheidet es doch in der Regel den Vampir aus Literatur und Film von dem realen, lebenden Vampyr. Doch wie sich dieser Vampyr genau charakterisiert, das kann auch Britta Radkowsky nicht festmachen. Schließlich ist der Vampir eine geduldige Projektionsfläche für eine Vielzahl von Bedeutungen, sodass er letztlich eine grundlegend persönliche und subjektive Erfahrung ist.

Sie nähert sich dem Phänomen daher auf traditionelle Weise über den Volksglauben, die Literatur und den Film. Wer es (immer noch) nicht wusste, erfährt hier, dass der historische Dracula durchaus kein Vampir war, dass es aber eine ganze Reihe von wissenschaftlich belegten Fällen von Vampirismus aus Südosteuropa gibt. Welche Glaubwürdigkeit man diesen historischen Dokumenten allerdings zuschreibt, bleibt jedem selbst überlassen. Radkowsky jedenfalls vermeidet jegliche Propaganda und versucht keineswegs, den Leser von der Existenz von Vampiren zu überzeugen.

Im Abschnitt über Literatur und Film trifft man auf die üblichen Verdächtigen: Byron, Gaultier, Stoker, Rice bei der Belletristik und „Nosferatu“, „Dracula“, „The Hunger“ und „Near Dark“ bei den Filmen. Radkowsky enthält sich leider persönlicher Bewertungen (abgesehen von der Auswahl der besprochenen Bücher und Filme), bietet jedoch Zitate anderer Kritiker, sodass der Leser dennoch einen Überblick über die Qualität der vorgestellten Werke bekommt. Kurz und bündig kann sich so vor allem der Einsteiger einen Überblick darüber verschaffen, was man unbedingt lesen bzw. anschauen sollte, der Fan hingegen wird die meisten Titel bereits kennen.

Diese einleitenden Kapitel nehmen fast die Hälfte des Buches ein und so widmet sich Radkowsky erst relativ spät ihrem eigentlichen Thema, nämlich den lebenden Vampyren. Nun ist es nicht so, dass darunter wiederkehrende Tote zu verstehen sind, die das Blut der Lebenden saugen. Doch was ein Vampyr nun eigentlich ist, das kann auch Radkowsky nicht mit Bestimmtheit sagen. Sicher ist so viel: Es handelt sich um einen Lebensstil; eine Subkultur, die entweder mit dem Internet entstanden ist oder wenigstens dadurch eine Blüte erfahren hat. Vampyre entleihen Eigenschaften und Lebensweisen von Film- oder Romanvampiren und machen sie zu einem integralen Teil ihres eigenen Lebens. Besonders die sensiblen und chronisch schwermütigen Vampire von Anne Rice dienen dabei gern als Vorbild.

Britta Radkowsky bleibt auch hier an der Oberfläche und begnügt sich damit, an Beispielen von verschiedenen Vampir-Vereinigungen, wie dem offiziellen Anne-Rice-Fanclub und seinem legendären jährlichen Vampirball oder dem Sanguinarium mit seinem Regelwerk für Vampyre, das Phänomen zu illustrieren. Diese Beispiele zeigen zwar Aspekte der vampyrischen Subkultur, beleuchten jedoch weder ihre Ursprünge noch ihre Faszination. Viel interessanter dagegen sind die Interviews mit „Größen“ der Vampyrszene, die im Anhang zu finden sind. Webmaster einschlägiger Seiten beantworten hier Fragen zu ihrem ganz persönlichen Vampir- und Vampyrbegriff und erklären, wie, warum und ob sie Vampyr sind. Skeptiker werden feststellen, dass die Interviewten ihren Lebensstil durchaus reflektieren und umfassend belesen sind. Bloße Trittbrettfahrer finden sich im Interviewteil nicht. Allerdings zeigen die Interviews einmal mehr, dass eine Definition des Vampyrbegriffs ein unmögliches Unterfangen ist. Die Ansichten der Befragten können unter Umständen recht gegensätzlich sein, und doch schließen sie sich nicht aus. Wie der Einzelne den Vampirmythos empfindet und für sich interpretiert, ist eine persönliche und individuelle Angelegenheit. Und so ist auch jeder Vampyr individuell und anders. Einfache Formeln gibt es da nicht.

Abgerundet wird der schmale Band durch eine umfangreiche Literaturliste und eine einführende (wirklich nur einführend, da recht kurz) Filmographie für alle, die sich weiter mit dem Thema beschäftigen wollen. Insgesamt bleibt das Buch etwas zu allgemein – in allen angesprochenen Aspekten – eignet sich aber gerade dadurch vor allem für diejenigen, die einen Überblick über das Thema bekommen wollen. Radkowsky schneidet alle wichtigen Aspekte an, in einer flüssigen und gut lesbaren Sprache, ohne den Einsteiger mit tief gehenden Analysen zu verscheuchen.

Fazit: Ein Buch für diejenigen, die ihren inneren Vampyr erst noch entdecken wollen. Alle, die ihm bereits verfallen sind, werden hier nichts Neues mehr lernen.

Harris, Charlaine – Vampir, der mich liebte; Der

„Der Vampir, der mich liebte“ ist mittlerweile der vierte Roman aus Charlaine Harris‘ Serie um die gedankenlesende Kellnerin Sookie Stackhouse. In den vergangenen drei Bänden konnte der geneigte Leser Sookies Wandlung vom schüchternen Mauerblümchen zur heißen Vampirgeliebten verfolgen – mit all den Nebenwirkungen, die so eine Beziehung mit sich bringt. Sookies Romanze mit dem Vampir Bill hat ihr zwar in Sachen Sex die Augen geöffnet (und dafür gilt es durchaus, dankbar zu sein), doch gleichzeitig führt sie zu einigen Beinahe-Zusammenstößen mit dem Tod. Da Bills Vampirvorgesetzter Eric Sookies Gedankenleserei nur zu gern für seine Zwecke einsetzt, landet sie mit schöner Regelmäßigkeit in potenziell tödlichen Situationen und wird zusammengeschlagen, gebissen und herumgeschubst.

Am Ende des dritten Bandes „Club Dead“ hatte Sookie nun die Nase voll. Sie will all diese Vampire und Gestaltwandler einfach nur noch aus ihrem Leben haben und beendet ihre Beziehung zu Bill. Für das neue Jahr nimmt sie sich vor, nicht wieder zusammengeschlagen zu werden. Doch entwickelt sich Sookies Leben in „Der Vampir, der mich liebte“ natürlich nicht zu einem erholsamen Kaffeekränzchen. Als sie von der Neujahrsfeier im „Merlotte’s“ nach Hause kommt, liest sie einen halbnackten Vampir auf der Straße auf. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich dieser als Eric, der Besitzer der Vampirbar in Shreveport. Der selbstbewusste und von seinen Reizen überzeugte Eric hat sein Gedächtnis verloren, was zu einer interessanten Nebenwirkung führt: Er wird nett und umgänglich und Sookie fühlt sich immer mehr von ihm angezogen.

Die Vampire in Shreveport sind außer sich, als sie von Erics Veränderung erfahren. Scheinbar hat sich ein Hexenzirkel im Gebiet breit gemacht und will nun die Geschäfte nicht nur der Vampire, sondern auch der Werwölfe übernehmen. Da Eric sich weigerte, seine Bar aufzugeben, wurde er mit einem Fluch belegt. Erics Untergebene organisieren einen Großangriff auf die Hexen und verstecken derweil ihren Anführer bei Sookie, um ihn aus der Schusslinie zu bringen.

Es kommt, wie es kommen muss: Während Sookie Erics unwiderstehlichen Reizen erliegt, verschwindet ihr Bruder, werden einige Gestaltwandler in Shreveport blutig niedergemetzelt, macht ein Werwolf ihr Avancen und es geht generell heiß her. Ob Sookie ihren Vorsatz fürs neue Jahr halten kann, muss der Leser allerdings selbst herausfinden.

Mit „Der Vampir, der mich liebte“ ist die Romanreihe um Sookie vom kleinen Verlag |Feder & Schwert| zum großen |dtv| gewandert, der für den unhandlichen und lieblosen Titel verantwortlich zeichnet. (Im Original führen alle Romane das Wort „dead“ im Titel.) Das lässt zunächst auf nichts Gutes hoffen. Zum Glück aber werden diese Ängste schnell beruhigt. Die Übersetzung von Britta Mümmler ist absolut flüssig und macht den Roman auch in der deutschen Fassung zum Pageturner. Und auch Charlaine Harris selbst hat mal wieder einen Schmöker allererster Güte vorgelegt.

Zwar verschwindet der Gut-Vampir Bill recht schnell von der Bildfläche, er wird jedoch elegant durch Eric ersetzt, der in diesem Band nun endlich zum Zuge kommt (im wahrsten Sinne) und zu einem Hauptcharakter avanciert. Während Bill ein Frauenversteher ist, ist Eric ein Charmeur, ein Verführer und ein Sexgott. Über drei Bände hinweg musste die weibliche Leserschaft darauf hoffen, mehr von ihm zu sehen und hier endlich übergibt Harris dem blonden Vampir die Bühne. Zwar hat sein Gedächtnisverlust zu einigen Charakterveränderungen geführt, doch ist er immer noch ein Traum von einem Mann und im Bett kaum zu schlagen, wie Sookie bald selbst am eigenen Leibe feststellen darf. Selbst eingefleischte Bill-Fans werden einsehen müssen, dass es zwischen Sookie und Eric aufs Heftigste knistert – ein wahres Fest für die geneigte Leserin.

Auch Harris‘ romaneigene Mythologie wird weiter ausgebaut. Vampire, Gestaltwandler und Werwölfe wurden bereits in den vergangenen Bänden eingeführt. Nun sind die Hexen und Wiccas dran. Zwar stellen sie eine große Gefahr dar, doch dies resultiert hauptsächlich aus der Tatsache, dass man nicht recht weiß, welche Begabungen und Fähigkeiten sie besitzen. Harris hält sich hier also noch alle Türen offen und man darf hoffen, dass sie in Zukunft noch etwas näher auf die Hexen eingehen wird.

Doch wie steht es eigentlich mit der Entwicklung von Harris‘ Hauptfigur Sookie? Es ist schon erstaunlich, welche Wandlung sie in den vergangenen Romanen durchgemacht hat. Auf Grund ihrer Behinderung (das Gedankenlesen) schüchtern, unerfahren und mit nur wenigen sozialen Bindungen, hat sie sich mittlerweile zu einem heißen Feger mit etlichen Verehrern entwickelt. Zwar sind alle diese Verehrer Supras (also Übernatürliche), aber immerhin. Was sich jedoch nicht geändert hat, ist Sookies freche Schnauze. Immer noch mit viel Verve und trockenem Humor erzählt sie von ihren Abenteuern und wie sie sich mehr schlecht als recht finanziell über Wasser hält. Denn im Grunde ist Sookie eine ganz normale junge Frau mit alltäglichen Problemen. Sie hat zu wenig Geld, ihr Auto ist ein reiner Schrotthaufen, ihr Job stresst sie und ihre Beziehungen gehen in die Brüche. Nur hat sie es darüberhinaus mit lauter Vampiren und Werwölfen zu tun, was all ihre anderen Probleme nur noch verkompliziert.

Charlaine Harris‘ Vorrat an Ideen scheint unerschöpflich. Mit jedem Band werden ihre Romane flotter und unterhaltsamer, ohne Ermüdungserscheinungen zu zeigen. Ihre Charaktere, obwohl bis zu einem gewissen Grad stereotyp, bleiben trotzdem immer liebenswert und überzeugend, und man kann nicht anders, als mit der gutmütigen Sookie mitzufiebern. Harris‘ Universum gewinnt immer mehr an Tiefe und Farbenfreude, je mehr übernatürliche Wesen es bevölkern. Bisher wirkt es damit auf keinen Fall überladen oder forciert. Trotz des hölzernen deutschen Titels ist „Der Vampir, der mich liebte“ also wieder eine absolute Leseempfehlung!

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