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Smith, Lisa J. – Im Zwielicht (Vampire Diaries 1, Hörbuch)

Die „Vampire Diaries“ laufen seit einiger Zeit erfolgreich auch im deutschen Fernsehen. Die Serie basiert auf der Jugendbuchreihe gleichen Namens der amerikanischen Autorin Lisa J. Smith. Fürs Fernsehen entdeckt wurde der Stoff sicherlich im Kometenschweif der momentanen Twilight-Euphorie und tatsächlich werden Fans vor Freude jubilieren, bietet „Vampire Diaries“ doch einen praktisch baugleichen Plot, und das, obwohl Smith den ersten Teil der Reihe bereits 1991 veröffentlichte.

_Elena ist die_ Königin ihrer Highschool: Bildhübsch und beliebt, hält sie sich einen Hof Freundinnen, die sie umschwirren wie die Motten das Licht. Alle Jungs liegen ihr zu Füßen und sie hat die freie Auswahl, wem sie ihre Gunst gewähren will. Bisher war der nette Matt Mann der Stunde gewesen, doch während der Sommerferien ist Elena aufgegangen, dass sie eigentlich nur mit Matt befreundet sein will. Also macht sie mit ihm Schluss, mal ganz nebenbei auf dem Schulweg. (Ein Tipp an die jugendlichen Leser: Es handelt sich hier um Fiktion, dass das Ende einer Beziehung jemals so harmonisch und geradezu kuschelig über die Bühne geht, ist relativ unwahrscheinlich – nur so als Rat für den weiteren Lebensweg.)

Somit ist Elena frei für neue Abenteuer. Wie gut, dass es da prompt einen Neuzugang in ihrem Jahrgang gibt – den feschen (Italiener!) Stefano Salvatore, der stilsicher im Porsche vorfährt und die getönte Sonnenbrille auch im Unterricht nicht abnimmt. Hach, wie romantisch! Elena ist sofort Feuer und Flamme und macht es sich zur Aufgabe, Stefanos Herz zu erobern. Dabei geht sie vor, als handele es sich um einen Geschäftsplan und nicht um Herzensangelegenheiten. Sich Stefano zu angeln wird zum Selbstzweck. Dass sie ihre Freundinnen auf einem Friedhof mit Blut schwören lässt, ihr bei der Um-den-Finger-wickel-Aktion immer beizustehen, ist da nur die Krönung der pubertären Hysterie.

Kurzum, Stefano erweist sich als harter Brocken. Er scheint völlig immun gegen Elenas sprühenden Charme und ihre überdurchschnittliche Schönheit zu sein. Doch halt! Natürlich ist das nur ein literarischer Kniff, um das Unausweichliche etwas hinauszuzögern und die reichlich konfliktarme und geradlinige Handlung auf Romanlänge zu strecken. Denn selbstverständlich ist Stefano verknallt in Elena, nur trägt er – natürlich! – ein dunkles und gefährliches Geheimnis mit sich herum und will deshalb jeden von sich fernhalten. Schließlich ist Stefano ein Vampir aus dem Florenz des 15. Jahrunderts und Elena sieht haargenau aus wie seine damals verflossene Catarina, die ihn und seinen Bruder Damon zum Vampir machte, nur um sich dann (gekränkte Eitelkeit) durchs Sonnenlicht zu einem Häufchen Asche verbrennen zu lassen.

Aber „Im Zwielicht“ wäre kein ordentliches Jugendbuch, wenn nicht alles doch noch in die richtigen Bahnen gelenkt würde: Stefano und Elena finden schließlich zueinander und Elena ergeht sich in schwülstigen und endlosen Tagebucheinträgen über die Schicksalhaftigkeit ihrer Liebe. Nebenbei taucht auch noch Damon auf, der ein paar Leute umbringt, um Stefanos Aufmerksamkeit zu erregen (Stefano erweist sich allerdings als ziemlich träge in dieser Hinsicht) und die Geschichte generell etwas aufzumischen. Bevor das alles jedoch zu einem Höhepunkt führen kann, beendet Lisa J. Smith ihr Buch einfach, genau da, wo andere Autoren ihren Showdown einbauen würden. Die Erzählung endet damit so unvorhergesehen und abrupt, dass man zunächst annimmt, einfach vergessen zu haben, eine weitere CD einzulegen. Doch dem ist nicht so, Lisa J. Smith beendet den ersten Teil ihrer Reihe tatsächlich mitten in der Szene, gerade als ob ihr die Puste ausgegangen wäre. Sehr schade.

_Smiths „Vampire Diaries“_ können wirklich nur jugendlichen Leserinnen uneingeschränkt empfohlen werden. Für diese hat sie einen Roman voller romantischer Klischees verfasst, die man so hochdosiert nur in jungen Jahren gut finden kann. Dass sie dabei ihre Protagonistin Elena praktisch als die Oberzicke der Schule charakterisiert, ist noch ihr größter Fehler. Elenas Oberflächlichkeit äußert sich vor allem in ihrer Fokussierng auf das Äußerliche: Darauf, wie sie erscheint, welches Bild sie bei anderen erweckt. Dass Stefano dabei nur das letzte Accessoire in ihrer Beliebtheitskollektion ist (oder zumindest so erscheint), stößt beim Leser sauer auf und macht die beiden nicht gerade zu Vorbildern in Sachen schicksalhafter Liebe. Zwar meint Elena, unsterblich in Stefano verliebt zu sein, doch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie sich eigentlich nur in ihrer Eitelkeit gekränkt fühlt, weil er ihr so lange widersteht. Denn das facht ihr Interesse erst recht an – dieses ewige gefühlsmäßige hin und her, das zu keinem wirklichen Ergebnis führt, mag für das anvisierte Publikum (Mädchen zwischen 13 und 17) wirklich spannend sein. Alle mit etwas mehr Jahren auf dem Buckel werden sich von der generellen emotionalen Unreife der Charaktere wohl eher genervt fühlen und froh sein, dass sie die Pubertät bereits hinter sich gelassen haben.

CBJ Audio hat „Im Zwielicht“ als gekürzte Lesung auf vier CDs veröffentlicht, wobei es ausnahmsweise wirklich keine Rolle spielt, dass der Roman für die Hörbuchfassung etwas zusammengeschrumpft wurde. Da die Handlung und die Charaktere relativ eindimensional daherkommen, hat man beim Hörbuch nie den Eindruck, wichtige Entwicklungen zu verpassen. Sprecher Adam Nümm schafft das Kunststück, den Text absolut ironiefrei zu lesen (großes Lob!), ihm also immer mit dem nötigen Ernst zu begegnen, den Fans der Reihe erwarten werden. Von Zeit zu Zeit sind Tagebucheinträge Elenas eingesträut (gelesen von Jennie Appel), die man wohl getrost hätte kürzen können, da sie die Handlung nicht vorantreiben. Allerdings wurden sie vermutlich zumindest in Teilen erhalten, um dem Originalsound des Buches nahezukommen. Mehrwert bieten sie jedenfalls nicht.

_Abschließend kann man_ sagen: Ein empfehlenswertes Hörbuch für alle, die lieber hören als sich das Buch vorzunehmen. Allerdings sollten sich Erwachsene möglichst fernhalten, außer sie stehen noch in gutem Kontakt zu ihrem inneren Teenie.

|4 Audio CDs
gelesen von Adam Nümm
ISBN-13: 978-3837104295
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_Lisa J. Smith beim Buchwurm:_
[Engel der Verdammnis (Night World 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6012
[Prinz des Schattenreichs (Night World 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6013
[Jägerin der Dunkelheit (Night World 3)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6014

Minte-König, Bianka – Estelle – Dein Blut so rot (Die dunkle Chronik der Vanderborgs 1)

Bianka Minte-König schreibt eigentlich Jugendbücher für pubertierende Mädchen, gern auch mit tatkräftiger Unterstützung ihrer eigenen Tochter Gwyneth Minte. Mit „Estelle – Dein But so rot“ jedoch, dem ersten Teil der „Dunklen Chronik der Vanderborgs“, wagt sie sich nun vor ins Erwachsenengenre, leicht zu erkennen an der blassen Schönheit auf dem Cover, die lüstern-mysteriös vom Buchdeckel herabschaut. Es fehlt eigentlich nur noch der halbnackte, langhaarige Mann, der sie in seine Arme schließt, um programmatisch klarzumachen, worum es in „Estelle“ geht: Denn natürlich handelt es sich beim vorliegenden Roman um eine dieser Vampirromanzen, die momentan den Buchmarkt zu überschwemmen drohen und innerhalb klar abgesteckter Handlungsschemata immer wieder die gleiche Geschichte erzählen. Immerhin hat Bianka Minte-König versucht, dem Genre ihren eigenen Stempel aufzudrücken, unter anderem auch, indem sie die Handlung ganz bodenständig nach Deutschland verlegt. Zumindest für große Teile …

_Wir befinden uns_ im Berlin der Jahrhundertwende. Vanderborg ist ein Tüftler, der von allem fasziniert ist, was mit Elektrik und Strom zu tun hat. Für den Großen Pilati, einen Zauberkünstler, baut er Maschinen, um dessen Illusionen überhaupt erst möglich zu machen. Seine neueste Erfindung ist eine Vampirfangmaschine, und weil so ein Vampir eine absolute Attraktion in Pilatis Bühnenshow wäre, fährt Vanderborg – seinen Sohn Friedrich, seine Tochter Estelle und eben jene Maschine im Gepäck – nach Polen, um sich dort einen Vampir zu fangen. Das kann so schwierig schließlich nicht sein! Leider geht die ganze Aktion jedoch vollkommen schief. Estelle wird während der Fangaktion vom Blitz getroffen. So scheint es jedenfalls. Was jedoch weder Vanderborg noch Friedrich begreifen ist, dass ihnen tatsächlich ein Vampir ins Netz gegangen ist: Im entscheidenden Moment ist nämlich die Vampirin Eleonore in Estelle gefahren, um fortan in deren Körper zu leben.

Für sie ist es eine Chance und ein Neuanfang. Mit Vanderborg und Friedrich fährt sie zurück nach Berlin. Zwar stellt sie bald fest, dass sie immer noch ein Vampir ist (so verträgt sie kaum Sonnenlicht und braucht regelmäßig Blut), doch eröffnen sich ihr auch ganz neue Möglichkeiten. Zusammen mit den beiden Männern fährt sie zur Weltausstellung nach Paris, da der Große Pilati dort eine Anstellung hat. Seine Illusionsmaschinen werden jedoch nicht geliefert und die ganze Reise endet in der Katastrophe – und in der Pleite. Den Karren aus dem Dreck zu ziehen fällt an Estelle. Sie soll den reichen Bankier Karolus Utz heiraten, um die Familie wieder solvent zu machen. Die Ehe steht jedoch unter einem schlechten Stern. Utz ist nicht gerade ein vorbildlicher Ehemann. Er hat eine Geliebte, die Estelle verabscheut. Doch kann Estelle Utz diese Tatsache moralisch bald nicht mehr vorwerfen, denn als sie den Soldaten Amadeus kennenlernt, beginnt auch sie eine Affäre. Das kann natürlich nicht endlos gut gehen, doch zunächst kommt der Erste Weltkrieg dazwischen und Liebesdinge müssen hintan gestellt werden.

_In vielerlei Hinsicht_ ist „Estelle“ ein Roman wie tausend andere. Die Hauptfigur ist eine vom Schicksal gebeutelte Heroine, wunderschön und eigentlich gutherzig, der jedoch aufgrund der äußeren Umstände ein tragisches Schicksal zugefallen ist. In Estelles (bzw. Eleonores) Fall begann alles damit, dass der Gutsherr ihres Dorfes sie töten ließ. Sterbend, verfluchte sie ihn und sein Geschlecht und kam als Wiedergänger wieder, um jeden in der Familie des Gutsherren ins Jenseits zu befördern. Dass diese Art der Vampirwerdung auch innerhalb des Romans eine Sonderstellung einnimmt (alle anderen Vampire werden klassisch durch Biss vampirisiert), wird zwar thematisiert, jedoch nie logisch aufgeklärt. Vermutlich ging es Minte-König allein darum zu zeigen, dass Eleonore unschuldig an ihrem Schicksal ist, um ihr keine Lesersympathien zu entziehen.

Und natürlich gibt es eine überlebensgroße, alles verschlingende Liebe. Zunächst fühlt sich Estelle zwar zu Friedrich hingezogen, bemerkt aber bald, dass dies eine Sackgasse ist. Nicht nur würde die Welt eine solche Partnerschaft für Inzest halten, auch überkommt sie jedes Mal der Blutdurst, wenn sie Friedrich nahekommt. Als sie dann jedoch Amadeus kennenlernt, wird alles anders. Ihr innerer Vampir meldet sich nicht, wenn sie sich küssen. Das einzige, was zwischen ihnen steht, ist Utz. Zwar versucht Estelle halbherzig, die Affäre zu beenden, doch wird daraus nichts. Eine überlebensgroße Liebe wäre schließlich nicht überlebensgroß, wenn nicht er androhen würde, sich zu erschießen, sollte sie sich entscheiden, ihn nicht wiederzusehen. Und sie wäre ebenso wenig überlebensgroß, würde sie nicht praktisch an Melancholie eingehen, wenn sie von ihm getrennt ist. Dass solcherart destruktive Gefühle nicht wirklich etwas mit Liebe, sondern eher mit pathologischer Besessenheit zu tun haben, wird natürlich nicht thematisiert. Schließlich ist es ein Topos des Liebesromans, dass A ohne B nicht leben kann – eine sehr literarische Vorstellung, die sich im wahren Leben in der Regel nicht bestätigt (zum Glück).

Von den Charakteren und der Liebesgeschichte ist also kaum Überraschendes zu erwarten. Die Beschreibung der Liebesszenen dümpelt auch eher zwischen durchschnittlich und geradezu unterirdisch dahin. Minte-König beweist zumindest genügend Geschmack, die Bettgeschichten nicht überhand nehmen zu lassen und die entsprechenden Szenen immer der eigentlichen Handlung unterzuordnen. Wenn aber Estelle beispielsweise mit ihrem Liebhaber schläft und seine männliche Schönheit vor sich ausgebreitet sieht “wie ein geschmeidiges Wild, frisch erlegt, dem Jäger zum baldigen Genusse präsentiert”, dann ist das so unappetitlich wie metaphorisch schief. Da schaudert es den Leser unwillkürlich. Liebe mag zwar durch den Magen gehen, aber das Sprichwort bezieht sich wohl eher nicht auf einen derartigen Vergleich.

Was „Estelle“ aus der reinen Schnulze heraushebt, ist das gut ausgearbeitete Setting. Dass Bianka Minte-König in Berlin geboren wurde, zeigt sich deutlich. Die Stadt beschreibt sie mit einem guten Blick fürs (auch historische) Detail und so wird der Moloch Berlin bald selbst zum überzeugendsten Charakter innerhalb des Romans. Ebenso gut gelingen ihr die vielen kleinen literarischen Anspielungen, von denen der eine Leser wohl mehr, der andere weniger versteht. So gibt sie literarischen Größen Cameo-Auftritte (z.B. Georg Heym oder Georg Trakl). Sie lässt den berühmten Zille ein Porträt von Estelle malen und legt den handelnden Figuren wiederholt literarische Zitate in den Mund. Diese Passagen geben der doch recht geradlinigen und klischeehaften Handlung eine weitere Dimension und zeigen deutlich die germanistischen Wurzeln der Autorin. Da „Estelle“ noch zwei weitere Romane folgen sollen, darf man gespannt sein, welcher literarischen Epoche sich Minte-König dann so leidenschaftlich widmet.

_Wer Paranormal Romances_ bzw. Vampirroman(z)en mag, der ist mit „Estelle“ in jedem Fall besser bedient als mit der amerikanischen Massenware, die im Buchhandel erhältlich ist. Bianka Minte-König hat sich mit dem gut recherchierten historischen Setting viel mehr Mühe gegeben als es im Liebesroman-Genre in der Regel üblich ist. Dass die Liebesgeschichte dennoch in vorgefertigten Bahnen verläuft, ist vermutlich den Anforderungen des Genres und den Vorlieben des Publikums geschuldet.

|Broschiert: 423 Seiten
ISBN-13: 978-3800095247|

http://www.otherworldverlag.de

Harris, Charlaine – Vampirgeflüster (Sookie Stackhouse 9)

_Die „Sookie Stackhouse“-Serie:_

01 [„Vorübergehend tot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=788
02 [„Untot in Dallas“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=939
03 [„Club Dead“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1238
04 [„Der Vampir, der mich liebte“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2033
05 [„Vampire bevorzugt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3157
06 [„Ball der Vampire“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4870
07 [„Vampire schlafen fest“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5450
08 [„Ein Vampir für alle Fälle“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6161
09 _“Vampirgeflüster“_
10 „Dead in the Family“ – noch kein dt. Titel –
11 „Dead Reckoning“ (im Original: 26. Mai 2011)

_Vampire, Wergeschöpfe, Hexen_, Elfen und allerlei andere interessante Wesen sind fester Bestandteil von Charlaine Harris‘ Serie um die gedankenlesende Kellnerin Sookie Stackhouse. Der mittlerweile neunte Band, „Vampirgeflüster“, ist nun auch auf Deutsch erschienen und es ist logisch, dass sich in so vielen Romanen ein ziemlich umfangreiches Universum aufbauen lässt. Vor allem auch, weil Harris sich nie mit dem einmal erreichten Stand zufriedengibt. Anstatt beim Leser eine gewisse Gewöhnung zu riskieren, führt sie einfach eine neue Gattung Geschöpfe ein. Im letzten Band, [„Ein Vampir für alle Fälle“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6161 waren das Elfen gewesen. Und natürlich nutzt Charlaine Harris den neuen Roman nun, um etwas mehr mit ihren neuen literarischen Spielzeugen anzufangen.

Doch von Anfang an: Vor Jahren schon waren die Vampire in einem medialen Rundumschlag an die Öffentlichkeit getreten, um ihre Existenz kundzutun. Im Großen und Ganzen hat dieser Schritt den Vampiren nur Vorteile gebracht – nur ganz wenige Bürgerrechte sind ihnen noch verwehrt. Die Wergeschöpfe wagen zu Beginn von „Vampirgeflüster“ nun auch endlich diesen Schritt. Auf allen TV-Stationen gleichzeitig präsentieren sie sich der Welt. Sicherlich, man rechnet mit Zwischenfällen (aus diesem Grund hat sich auch Bill im Merlotte’s postiert – um im Notfall eingreifen zu können), doch zunächst scheint es so, als würde die große Nachricht gut aufgenommen.

Doch schon bald wandelt sich der Eindruck. Jasons untreue (und schwangere) Ehefrau Chrystal wird nämlich bald darauf tot vor dem Merlotte’s aufgefunden – halb verwandelt und an ein großes Holzkreuz genagelt. Der Verdacht liegt also nahe, dass hier jemand aus Hass auf die Wergeschöpfe gehandelt hat. Verdächtige wollen sich jedoch nicht einfinden und weder kann Sookie etwas in den Gedanken der Leute lesen, noch können Chrystals Verwandte eine Fährte erschnuppern. Somit verliert sich das Verbrechen zunächst in einer Sackgasse.

Sookie hat ohnehin bald andere Probleme. Ihr Urgroßvater Niall steckt nämlich in Schwierigkeiten. Meist halten sich die Elfen in einer Art Parallelwelt auf und so gibt es zwischen Menschen und Elfen kaum Berührungspunkte. Doch Niall hat einen Narren an Sookie gefressen und das merken bald auch seine Feinde, die wollen, dass die beiden Welten endgültig voneinander abgetrennt werden. Es kommt zum Krieg zwischen den rivalisierenden Gruppen und natürlich befindet sich Sookie mitten in der Schusslinie. Den ersten Attentäter kann sie noch – mehr zufällig als tatsächlich vorsätzlich – mit einem Spaten niederstrecken (Eisen wirkt auf Elfen tödlich), doch dann wird sie gefangen genommen …

_Das Positive zuerst:_ Im Gegensatz zum Vorgänger, „Ein Vampir für alle Fälle“, gibt es in „Vampirgeflüster“ tatsächlich wieder eine nachvollziehbare Handlung – diesmal sogar bestehend aus einem A- und einem B-Plot. Eine ganz klassisch erzählte Geschichte also. Zwar ist es ein bisschen schade, dass die große und lang angekündigte Enthüllung der Wergeschöpfe dann doch nicht der zentrale Konflikt des Romans ist, sondern sich eher als eine Art Red Herring für die Mordgeschichte herausstellt. Trotzdem, dass die Wergeschöpfe nun auch endlich ihre Existenz ihre publik gemacht haben, verändert Harris‘ Welt grundlegend und man darf gespannt sein, welche Langzeitfolgen sie in zukünftigen Bänden noch aus dem Hut zaubert.

Auch gibt es endlich wieder mehr Vampirsichtungen zu vermelden. Nachdem Eric ja im letzten Band kaum Interessantes zur Handlung beitrug und man von Bill schon seit Längerem nichts Konstruktives mehr erwartete, hat Charlaine Harris sich nun endlich entschieden, beiden wieder etwas mehr Platz einzuräumen. Das wurde aber auch Zeit! In einem Eric-typischen Schachzug, bringt dieser Sookie dazu, mit ihm den Bund der Vampirehe einzugehen, ehe sie noch weiß, wie ihr geschieht. In der Vampirgesellschaft gelten sie nun also als verheiratet (ein Schritt, den Eric natürlich nur unternommen hat, um Sookies Sicherheit zu gewähren) und die Arme verbringt den Rest des Romans damit, herausfinden zu wollen, was genau das nun eigentlich bedeutet. Zumindest führt es schon mal dazu, dass die beiden sich wieder näherkommen. Und auf derartige Szenen hat die geneigte Leserin wahrlich lange genug gewartet! Doch auch Bill bekommt diesmal seine kleine Szene im Rampenlicht und diese ist so wirkungsvoll platziert, dass man sich fragt, ob Harris plant, Sookies Beziehungsdurcheinander etwa noch einmal auf den Kopf zu stellen. Man darf gespannt sein!

Und dann wären da natürlich noch die Elfen, die Harris gleichermaßen faszinierend und mysteriös gestaltet. Zwar nimmt ihr Krieg einen großen Teil des Romans ein, doch wird man aus ihnen trotzdem nicht wirklich schlau. Da geht es dem Leser wie Sookie selbst, die von Niall zwar nach wie vor hingerissen ist, die aber auch weiß, dass Elfen – im Gegensatz zu all den anderen Supras in ihrer Umgebung – wirklich in eine andere Sphäre gehören. Mit Niall wird sie nie ein normales Familienleben genießen können und dieser Tatsache ist sie sich immer bewusst. Zwar kämpfen beide für ihre wachsende Zuneigung zueinander, doch wissen sie immer, dass diese eigentlich zum Scheitern verurteilt ist. Eine traurige Sache …

_Allerdings hat man_ als Leser immer noch das Gefühl, Charlaine Harris tanze in ihren Romanen einfach auf zu vielen Hochzeiten. Es haben sich derartig viele Charaktere und Charakterbeziehungen angehäuft, dass es einfach unmöglich ist, allen ausreichend Raum zu geben. Harris versucht es trotzdem und ist zum Scheitern verurteilt. Anstatt sich tatsächlich auf die Hauptelemente ihrer Handlung zu konzentrieren (der Mord an Chrystal und der Elfenkrieg) lässt sie sich ständig hinreißen, Umwege zu nehmen. Immer wieder lässt sie sich von Nebensächlichkeiten ablenken (so zwingt sie dem armen Leser eine groß angelegte Szene auf, in der Sookie nichts anderes tut als Unkraut zupfen – da hätte definitiv ein Lektor eingreifen müssen). Das führt wieder nur dazu, dass der Roman zerfasert und eben nicht wie aus einem Guss wirkt – zum Glück ist dieser Makel in „Vampirgeflüster“ nicht so offensichtlich wie im Vorgängerband.

Trotzdem. Alles in allem hat Charlaine Harris mit „Vampirgeflüster“ endlich wieder einen spannenden Teil ihrer „Southern Vampire Series“ auf die lesenden Massen losgelassen. Er mäandert nicht ganz so ziellos umher wie der Vorgänger. Harris hält die Zügel etwas fester in der Hand und so hat auch der Leser mehr Spaß bei der Lektüre.

|Taschenbuch: 352 Seiten
Originaltitel: Dead and Gone
ISBN-13: 978-3423212229|
[www.dtv.de]http://www.dtv.de

_Charlaine Harris bei |Buchwurm.info|:_
[„Grabesstimmen“ (Harper Connelly 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4704
[„Falsches Grab“ (Harper Connelly 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5608
[„Ein eiskaltes Grab“ (Harper Connelly 3)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6318

Lumley, Brian – Necroscope 3 – Kreaturen der Nacht

Buch 1: [„Das Erwachen“ 779
Buch 2: [„Vampirblut“ 843

Die große Schlacht ist geschlagen und Schloss Bronitzi liegt in Trümmern. Und eigentlich hat der Angriff der Tatarenzombies, mit dem der Vorgängerband [„Vampirblut“ 843 endete, auch alle bisher wichtigen Charaktere von Brian Lumleys „Necroscope“-Reihe dahin gerafft. Doch man kennt das ja aus Literatur und Film … manchmal kommen sie eben wieder.

_Und so startet_ das dritte Hörbuch der Reihe, „Kreaturen der Nacht“, vergleichsweise gemächlich. Auf Schloss Bronitzi wird aufgeräumt. Da gerade zufällig zur Stelle, wird Felix Krakowitsch von Breschnew persönlich zum neuen Leiter des E-Dezernats ernannt. Seine Aufgabe ist es zunächst, die Zombies aus dem Weg zu schaffen und Dragosanis Leiche sorgfältig zu verbrennen. Allerdings ist Breschnews nächster Auftrag reichlich seltsam: Krakowitsch soll mit dem englischen Gegenstück zum E-Dezernat Kontakt aufnehmen. Und das mitten im Kalten Krieg!

Währenddessen ist Harry Keogh, der Necroscope, zwar tatsächlich immer noch tot, aber da er schon vor seinem Ableben das Reisen im Möbius-Kontinuum gemeistert hatte, ist er eben doch immer noch irgendwie gegenwärtig. Momentan lebt er im heranwachsenden Körper seines eigenen Sohnes weiter und in dieser geisterhaften Erscheinung stattet er auch Alec Kyle, dem Chef der englischen Psi-Abteilung, einen Besuch ab. Harry hatte nämlich viel Zeit und Gelegenheit, mit den Toten zu sprechen und so hat er Kyle einiges über die Vampire im allgemeinen und Tibor Ferenczy im besonderen zu berichten.

Und so springt die Handlung um einige Jahrhunderte in die Vergangenheit, um zu verfolgen, wie der aus einer Bauernfamilie stammende Tibor sich zum Soldaten hoch arbeitet. Schließlich schickt ihn sein Dienstherr auf die Burg des Fetor Ferenczy. Doch auf dieser Burg gehen seltsame Dinge vor sich. Und Tibor, der zunächst noch meint, die Oberhand zu haben, muss schnell feststellen, dass er gegen Fetor nicht ankommen kann. Dieser ist nämlich ein Vampir und hat beschlossen, Tibor sein einziges Ei einzupflanzen.

_Dass Tibor letztendlich_ gefangen in einem Grab in der Walachei enden wird, weiß der Leser aus den vorhergehenden Bänden. Was neu ist, ist das Wissen, dass er nicht nur Dragosani seinen Stempel aufgedrückt hat. Denn 1977 verunglückte ein Ehepaar nicht weit von seinem Grab. Der Mann verblutete, doch die Frau wurde nur ohnmächtig. Tibor tut sich an ihr gütlich – und an ihrem ungeborenen Kind. Dieses Kind, die Mutter wird ihn Julian nennen, entpuppt sich als ein wahrer Damien. Er ist sonderbar, wird von der Schule geworfen, ist einsiedlerisch und versucht sich offensichtlich an seltsamen Experimenten im elterlichen Keller. Mit Julian wird also noch zu rechnen sein!

An die neue Gangart in „Kreaturen der Nacht“ muss man sich erst einmal gewöhnen. Dragosani ist hinüber (endgültig?), Harry agiert nur als Wissensvermittler, Kyle wieder nur als Zuhörer. Lumley hat einen großen Teil seines Personals in der Schlacht um Schloss Bronitzi ins Gras beißen lassen und so konzentriert er sich nun entweder auf neue Charaktere oder auf Hintergrundinformationen zu bekannten Figuren wie Tibor. Das gibt dem Hörbuch eine andere Richtung und man muss sich zunächst einmal damit abfinden, dass die Handlung um die E-Dezernate kaum voran getrieben wird, bevor man sich auf die historischen Ereignisse um Tibor einlassen kann. Wobei diese nun nicht besonders spannend sind. Sicher, in einer Endlosserie wie „Necroscope“ darf es dem Autor auch gestattet sein, die Vergangenheit der Charaktere zu beleuchten. Doch die Vampirwerdung Tibors schreitet recht langsam voran. Bevor er überhaupt auf Fetor trifft, hat man als Hörer den Eindruck, der Großteil des Hörbuchs wäre damit vorüber gegangen, wie Tibor den Berg zu dessen Burg hinauf läuft. Eine recht unnötige Verzögerungstaktik, die die Spannung so lange hinauszögert, bis sie vollkommen verloren gegangen ist.

Interessanter ist da schon Julian, dessen Platz im großen Ganzen bisher noch nicht erkennbar ist, der aber offensichtlich selbst schon einige Ambitionen hat. Lumley liefert nur die Draufsicht, zeigt nur, wie andere Charaktere Julian wahrnehmen, und das ist eine ungemein effektive Technik, um beim Hörer ein unbestimmtes Grauen zu erzeugen. Julian wird hoffentlich in zukünftigen Bänden noch eine tragende Rolle spielen!

_Abschließend lässt sich_ sagen, dass „Kreaturen der Nacht“ vom Hörer eine Neuorientierung verlangt. Plötzlich sind nicht mehr die Spionage-Abteilungen der Mittelpunkt der Handlung (zumindest für den Moment), sondern es geht ausschließlich um Hintergrundinformationen zu verschiedenen Charakteren – hauptsächlich Tibor und Julian. Das verlangt vom Hörer eine Umstellung in seiner Erwartungshaltung. Daran muss man sich also erst gewöhnen. Auch daran, dass dem Hörbuch dadurch ein zentraler Konflikt fehlt. Und so scheint „Kreaturen der Nacht“ entweder ein Lückenfüller oder eine Brücke zwischen den einzelnen Bänden zu sein. Das Hörbuch ist teilweise langatmig, doch gibt Lumley mit seiner weit ausholenden Erzählung auch eine erste Ahnung davon, welch umfassendes Universum er mit seiner Romanreihe schaffen möchte.

Harris, Charlaine – Ein eiskaltes Grab (Harper Connelly 3)

_Harper Connelly:_
Band 1: [Grabesstimmen 4704
Band 2: [Falsches Grab 5608
Band 3: _Ein Eiskaltes Grab_

Harper Connelly und Tolliver Lang sind keine Geschwister. Zwar traten sie in den vergangenen zwei Bänden zunächst als solche auf, aber damit ist es offenbar vorbei. Schon im letzten Band bemerkte Harper, dass sich ihre Beziehung zu ihrem Halbbruder (keine Blutsverwandtschaft) langsam wandelt und mittlerweile besteht auch Tolliver darauf, dass er nicht als ihr Bruder vorgestellt wird. Die Lektüre von „Eiskaltes Grab“, des dritten Bands der Reihe um Harper Connelly, verspricht also interessant zu werden!

_Diesmal verschlägt es_ Harper und Tolliver in das kleine Städtchen Doraville. In den vergangenen Jahren sind dort immer wieder Jungen verschwunden – acht insgesamt. Der damalige Sheriff hat der Suche nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt und statt dessen angenommen, dass es sich um jugendliche Ausreißer handelt. Doch nun wurde Sandra Rockwell zum neuen Sheriff gewählt und sie ist gänzlich anderer Meinung. Unterstützt in ihrer Annahme wird sie von Twyla Cotton, der Großmutter eines der Jungen. Da diese finanziell gut dasteht, hat sie beschlossen, die neuerlichen Ermittlungen anzuschieben, indem sie Harper engagiert, um die Leichen der vermissten Jungen zu finden.

Und das klappt auch ganz gut. Twyla, Harper und Tolliver fahren einige Orte an, die Twyla für verdächtig hält und tatsächlich findet Harper in einer Scheune ein Massengrab. Sogar mehr als die bisher vermissten Jungen liegen dort begraben. Sie wurden entführt, vergewaltigt, gefoltert und schließlich getötet. Harper ist genauso erschüttert wie die Einwohner der Stadt Doraville. Bisher hatte sie es nämlich noch nie mit einem Massenmord zu tun und die Grausamkeit der Taten ist nur schwer zu ertragen. Da Harper und Tolliver noch Zeugenaussagen machen müssen, können sie die Stadt nicht verlassen. Doch während sie fest sitzen, wird Harper brutal zusammen geschlagen. Und den Mörder gilt es ja auch noch zu finden.

_Harris versucht viel_ in dem schlanken 300-seitigen Buch unterzubringen. Da wäre auf der einen Seite der brutale Mord an den Jungen und die Tatsache, dass sie vergewaltigt und gefoltert wurden, um einem kranken Hirn sexuelle Lust zu verschaffen. Den Leser stößt das ebenso ab wie Harper und Tolliver. Harris konzentriert sich in der Serie bevorzugt auf Mordfälle, die an die Nieren gehen – meistens schon wegen der Jugend der Opfer. Harpers Abscheu, die Trauer der Einwohner, die Wut der Polizei, das Einfallen der Journalistenmeute – all das beschreibt Harris mit einem sehr genauen Blick für Details. Besonders überzeugend gelingt ihr dabei die Reaktion der Einwohner. Zwar stehen die meisten Harpers Begabung skeptisch gegenüber, doch sind sie gleichzeitig bereit, Harpers Einsatz zu würdigen. Und so wird sie zu einem Gedenkgottesdienst eingeladen, bei dem ihr viele der Anwesenden danken. Die Szene ist ergreifend, gerade weil Harper bisher mit ihrer Gabe auf so viel Widerstand und Feindschaft gestoßen ist.

Natürlich wollen auch die Menschen von Doraville ihr nicht nur Gutes. Zumindest der Mörder hat allen Grund sauer zu sein, schließlich hat sie ihm sein perfektes Verbrechen zunichte gemacht. Und so ist der Angriff auf Harper natürlich kein Zufall, auch wenn die Polizei ihm zunächst kaum Bedeutung bei misst. Mit einer Kopfwunde und einem angebrochenen Arm außer Gefecht gesetzt, bleibt Harper nichts anderes übrig, als in der Stadt aus zu harren. Und bei der Gelegenheit kann sie auch gleich den Mordfall lösen, schon allein aus Eigenschutz!

Der zweite Handlungsstrang des Romans ist die Beziehung zwischen Harper und Tolliver. Denn auch Tolliver will mittlerweile mehr von Harper als nur schwesterliche Gefühle. Sie bekommen die Chance ihre Beziehung neu zu definieren, als sie während eines Eissturms in einer Blockhütte am See festsitzen – der perfekte Ort für ein romantisches tête-à-tête. Glücklich über diese neue Ebene in ihrer Beziehung, rückt der aktuelle Mordfall für eine Weile in den Hintergrund und Harper und Tolliver nehmen sich die Zeit, den anderen nochmal ganz neu kennen zu lernen. Doch natürlich eignen sich einsam gelegene Blockhütten für zweierlei Dinge: Romantik und gruselige Action à la „The Last House on the Left“. Charlaine Harris nutzt das Setting für beides und so muss die arme Harper schlussendlich in der Wildnis vor dem wahnsinnigen Mörder fliehen. Genau der Showdown, den man sich als Leser erhofft hat! Es bleibt also bis zur letzten Seite spannend.

Allerdings sollte auch erwähnt werden, dass Harris in dem ohnehin schmalen Band viele Wiederholungen aus früheren Bänden einfügt, um neue Leser an die Hand zu nehmen. So erfährt man wieder und wieder, dass Harper und Tolliver eine schwere Kindheit hatten – ohne dass Harris der Erkenntnis Neues hinzufügen würde. Deren entfremdete Restfamilie (und Harpers veschollene Schwester) werden dem Leser immer wieder in Erinnerung gerufen, doch wäre es schön, wenn diese auch endlich eine tragende Rolle in der Reihe spielen würden. Irgendwann wird dieser Konflikt sicherlich in den Vordergrund rücken müssen – die Frage ist nur, für welchen Band der Reihe Harris sich das aufsparen wird.

_Trotzdem ist „Eiskaltes_ Grab“ wieder eine spannende Lektüre für eine mittellange Bahnfahrt: Eines dieser Bücher, die man mit Begeisterung in einem Rutsch verschlingen kann.

|Taschenbuch: 304 Seiten
ISBN-13: 978-3423211963
Originaltitel: |An Ice Cold Grave|
Deutsch von Christiane Burkhardt|
[www.dtv.de]http://www.dtv.de
[www.charlaineharris.com]http://www.charlaineharris.com

_Charlaine Harris beim Buchwurm:_

|Sookie Stackhouse:|
[Vorübergehend tot 788
[Untot in Dallas 939
[Club Dead 1238
[Der Vampir, der mich liebte 2033
[Vampire bevorzugt 3157
[Ball der Vampire 4870
[Vampire schlafen fest 5450
[Ein Vampir für alle Fälle 6161

Benecke, Mark (u.a.) – Vampire unter uns!

Mark Benecke kennen die meisten Deutschen als den Mann mit den Maden, Fliegen und sonstigen weniger kuscheligen Insekten. Als Kriminalbiologie ist es seine Spezialität, die Liegezeit von Leichen an Hand von Krabbeltieren festzustellen. Darüber hinaus ist er ebenfalls ziemlich umtriebig – mit zahlreichen populärwissenschaftlichen Büchern, der Mitarbeit an diversen Fernsehmagazinen, Talkshow-Auftritten und einer eigenen Sendung im Radio hat er sein faszinierendes, wenn auch fast schon skurril anmutendes Thema in die deutschen Haushalte geschmuggelt.

Schon weniger bekannt dürfte sein, dass Benecke, wenn er von der Beschäftigung mit den Toten genug hat, sich den Untoten zuwendet. Er ist nämlich Präsident der deutschen Sektion der Transylvanian Society of Dracula. Und in dieser Funktion macht auch sein Name auf dem schmalen Bändchen „Vampire unter uns!“ Sinn, das in seiner ursprünglichen Form eine Sammlung von Texten nur für die Mitglieder der Dracula-Gesellschaft war.

Dabei ist Benecke nicht der alleinige Autor, vielmehr teilt er sich die Autorenschaft mit weiteren Vampir-Afficionados, Wissenschaftlern und Künstlern und verspricht im Vorwort ein „gemischtes Sammelsurium“, das den Leser bei der Lektüre erwartet. Und tatsächlich ist „Vampire unter uns!“ nicht das ultimative Werk zum Thema Vampir (unmöglich). Es ist noch nicht mal eine abschließende Beschäftigung mit einem der vielen Teilaspekte des Vampirismus. Statt dessen geben die zehn teilweise reich bebilderten Artikel Einblicke in die Materie und machen Lust auf mehr.

„Vampire gibt es“, meinte Benecke selbstsicher in einem Interview mit den Stuttgarter Nachrichten im Jahr 2008. Und wer nun stutzt, weil er einem hochdekorierten Wissenschaftler und Forensiker eine solch absurde Aussage nicht zugetraut hätte, der wird bei der Lektüre von „Vampire unter uns!“ schnell eines Besseren belehrt. Gleich zu Beginn präsentiert er dem verwunderten Leser einen Vampirfall aus dem Rumänien des Jahres 2003 (!), in dem die Familie eines verstorbenen Lehrers dessen Leiche heimlich exhumierte, das Herz heraus schnitt, verbrannte und dann die Asche, in Wasser aufgelöst, zu sich nahm, weil sie der festen Überzeugung war, dass ihr toter Verwandter sie nachts als Vampir heimsuche. Wer also glaubte, der Vampirglauben sei der Aufklärung zum Opfer gefallen, der wird hier überraschende Gegenbeweise finden.

Wem Rumänien zu weit weg ist, der sollte getrost weiter lesen. Denn es ist wahrscheinlich, dass der Leser selbst schonmal einem Vampir begegnet ist. Vielleicht hat er in der Straßenbahn neben ihm gesessen oder vielleicht wohnt er sogar nebenan. Tatsache ist, dass sich viel mehr Vampire in Deutschland tummeln, als man vielleicht denkt – sie sind eben wirklich unter uns. Dabei ist nicht unbedingt vom Bela-Lugosi-Vampir die Rede, der im schwarzen Cape und mit getürktem Akzent bei Tag zu Staub zerfällt. Vielleicht ist es der psychische Vampir, der seinem Opfer Lebensenergie stiehlt. Oder es ist der Sanguinarier, der seinem Partner oder seiner Partnerin bei besonderer Gelegenheit gern mal ein paar Tropfen Blut abzapft. Diese Vampyre – das „y“ ist die Unterscheidung zum fiktiven Blutsauger und bezeichnet eine Lebensart – existieren, aber sie sind nicht untot. Vampyre als eine Randerscheinung der schwarzen Subkultur zeigen eine große Bandbreite und Beneckes Artikel beschreibt anschaulich, fundiert und mit unverkennbarer Sympathie von den Vampyren und ihren Communities. Er wirbt für mehr Akzeptanz, indem er Einblicke gibt und die Andersartigkeit der Subkultur zwar benennt, andererseits aber eindringlich – und vor allem überzeugend – davor warnt, sie als Spinner abzutun. Der Beitrag einer Psychologin schlägt in dieselbe Kerbe: Wer dachte, Menschen, die sich die Zähne anspitzen und sich für Vampyre halten, haben automatisch einen Dachschaden, werden hier eines Besseren belehrt. Das Trinken von Blut lässt sich noch nicht mal als psychologische Störung einordnen, solange es in beiderseitigem Einvernehmen statt findet. Na, da ist ja alles im grünen – bzw. blutroten – Bereich!

Doch es geht nicht nur um Subkultur. Schließlich handelt es sich um eine Schriftensammlung der Society of Dracula und da macht es nur Sinn, irgendwann den Bogen vom Vampir zu Dracula zu schlagen. Natürlich muss da der Name Vlad Tepes fallen und natürlich muss es um Transsilvanien gehen. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang ein im Buch abgedrucktes Interview mit Nicolae Paduraru, dem 2009 verstorbenen Gründer der Transylvanian Society of Dracula. Eigentlich war er im sozialistischen Rumänien Fremdenführer gewesen und hatte noch nie etwas von Dracula gehört. Tatsächlich wurde der vampirische Graf nämlich von englischen und amerikanischen Touristen eingeschleppt, für die sich Rumänien seit den 1960er Jahren öffnete. Paduraru, der das Potenzial erkannte, führte Dracula-Touren ein und baute schließlich sogar ein Dracula Hotel. Das Interview mit Paduraru zeigt sehr deutlich das gespaltene Verhältnis, das die Rumänen zu Dracula haben – schließlich hat der schriftstellernde Ire Bram Stoker ihnen den Vampir praktisch aufgehalst. Und nun müssen sie sehen, wie sie die Legende am besten zu Geld machen. Paduraru hat definitiv seinen Teil dazu beigetragen!

Sicher, dass der Name Mark Benecke groß auf dem Buchcover prangt, sorgt für ein größeres Leserinteresse. Und vielleicht gelingt dem schmalen Band so auch der Weg in das ein oder andere Bücherregal, wo es ansonsten nicht gelandet wäre. Zu wünschen wäre es dem Buch. Denn der Vampir ist nicht nur Trend, nicht nur Modeerscheinung. Er spricht etwas in uns an und es wird immer Menschen geben, die diesem Ruf folgen, um ihren Hals verführerisch zum Biss zu neigen. Inmitten des momentanen Vampir-Booms rund um Mitternächte, Mittagsstunden und Abendröte vermittelt „Vampire unter uns!“ eindrucksvoll die beruhigende Botschaft, dass der Vampir/Vampyr nicht ausstirbt – auch, wenn der Trend vorbei ist und für all die Edwards dieser Welt der letzte Sargdeckel gefallen ist. Zum Glück!

|Gebundene Ausgabe: 112 Seiten
ISBN-13: 978-3939459248|

Wellington, David – Vampirfeuer

Band 1: [„Der letzte Vampir“ 4613
Band 2: [„Krieg der Vampire“ 5894

Vampire sind einfach nicht tot zu kriegen, das muss auch Laura Caxton langsam einsehen. In David Wellingtons Debutroman „Der letzte Vampir“ war sie eher zufällig in eine Vampirjagd geraten, doch seither lassen sie die Blutsauger nicht mehr los. Im zweiten Teil musste sie schon gegen eine ganze Hundertschaft von Untoten antreten. Nur knapp war sie mit dem Leben davon gekommen, ihren Vampirjägerausbilder Arkeley hatte es jedoch erwischt: Um Caxtons Leben zu retten, hatte er sich einverstanden erklärt, selbst zum Vampir zu werden. Sein Versprechen, zurück zu kommen und sich von Caxton endgültig töten zu lassen, hat er allerdings nicht gehalten.

Der dritte Band der Reihe, „Vampirfeuer“, setzt zwei Monate nach den verheerenden Ereignissen von Gettysburg ein. Caxton hat mittlerweile ihre eigene Abteilung bekommen – die SSU, Special Subjects Unit -, die sich vor allem mit der Vampirbedrohung befassen soll. Klar, die Unit besteht eigentlich nur aus Caxton und ihrem Kollegen Glauer, klar auch, dass sie komplett unterfinanziert ist. Und trotzdem – Caxton ist jetzt die offizielle Stelle für Vampiraktivitäten aller Art. Ihr Hauptaugenmerk liegt allerdings darauf, endlich Arkeley zu finden und dingfest zu machen. Da kommt es ihr sehr ungelegen, dass sie zwar zu einem viel versprechenden Tatort gerufen wird, sich der böse Vampir aber am Ende als Emo-Teenager mit Schminke und angeklebten Elfenohren herausstellt. Caxton ist entnervt, doch Glauer vermutet hinter der Attacke mehr und macht sich über das Tagebuch des selbsternannten Vampirs Rexroth her.

Gleichzeitig tritt auch Arkeley wieder in Aktion. Offensichtlich gefällt ihm seine Vampirexistenz, obwohl er sich wohl einsam fühlt. Und so bietet er nacheinander den Mitgliedern seiner Familie an, sich ihm doch anschließen. Welches Muster er verfolgt, wird Caxton leider erst klar, als bereits zwei Familienmitglieder tot sind, weil sie Arkeleys großzügiges Angebot abgelehnt haben. Und so gilt es, seine verhuschte Tochter und seinen bockigen Sohn gegen ihren Willen vor den scharfen Reißzähnen ihres Herrn Papa zu beschützen.

„Vampirfeuer“ erscheint etwas gemäßigter als seine beiden Vorgänger. Zwar beginnt der Roman gleich mit einem Kracher – einer ordentlichen Vampirjagd, ein paar Toten und spritzendem Blut -, doch Wellington konzentriert sich diesmal über weite Strecken auf einen konventionellen Krimiplot: Caxton versucht verzweifelt, Arkeleys Versteck ausfindig zu machen und Wellington folgt ihren Schritten minutiös und lässt den Leser miträtseln, was der böse Vampir wohl als nächstes geplant hat. Solide Polizeiarbeit steht also im dritten Teil der Reihe im Vordergrund, doch natürlich wird diese auch regelmäßig von actionlastigen Szenen unterbrochen – ganz abgesehen davon, dass der Roman mit einem im wahrsten Sinne heißen Showdown endet.

Großen Wert legt Wellington auf die charakterliche Entwicklung seiner Heldin Laura Caxton. Ihre Beziehung zu Arkeley war nie eitel Sonnenschein, war nie von persönlicher Sympathie geprägt. Zu Beginn verurteilte Caxton Arkeley noch wegen seinen Wildwest-Methoden und wegen seiner Unfähigkeit, an etwas Anderes als an die Vampirjagd zu denken. Umso interessanter, dass Caxton nun immer mehr in seine Fußstapfen tritt, manchmal gar, ohne es selbst zu merken. Ihre Freundin Clara foppt sie damit jedoch nicht. Sie meint über Arkeley: „Zuerst bringt er dich in Gefahr. Er hat dich zu seinem Vampirköder gemacht. Dann hat er dich zu einem echten Vampirkiller gemacht. Jetzt verwandelst du dich richtig in ihn. Vielleicht endest du auch genauso wie er. Dazu bereit, alles zu tun, nur um den Kampf fortzusetzen. Dazu bereit, schreckliche Dinge zu tun.“ Wer weiß, Claras Worte könnten prophetischen Charakter haben …

Arkeley zu finden und unschädlich zu machen ist für sie zur fixen Idee geworden, dem sich alles andere – auch persönliche Beziehungen – unterzuordnen hat. So ist ihre Denkweise zwar nachzuvollziehen, schließlich stellen die Vampire eine beängstigende Bedrohung dar. Gleichzeitig jedoch zeigt Wellington Caxtons langsames Abdriften in den Wahn. So scheut sie sich nicht, eine Leiche auf dem Polizeiparkplatz selbst zu verbrennen, weil sie kein Krematorium auftreiben konnte, das die Einäscherung noch am selben Tag vornehmen will. Dass Caxton nicht mehr klar denken kann, wenn es um Vampire geht, machen auch ihre manchmal sprunghaften und unlogischen Entscheidungen deutlich. Wie gut also, dass sie Glauer an ihrer Seite hat, einen herzensguten Cop, der auch viel besser mit Zivilisten umgehen kann als sie und der ihr ständig ins Gewissen redet und ihr klar zu machen versucht, dass sie als Dirty Henriette nicht weiterkommt: „Sie müssen vorsichtiger mit den Menschen in ihrer Umgebung sein. Vielleicht ist Ihnen ja egal, ob sie leben oder sterben …“ Und tatsächlich, Caxton wird zwar kurzfristig von Gewissensbissen geplagt, wenn sie Polizisten in den Tod schickt, doch letztendlich zählt für sie nur das große Ganze. Und unter großen persönlichen Opfern wird sie es auch schaffen, Arkeley schlussendlich zu stellen. Doch wird sie die Konsequenzen dafür tragen müssen, denn ihre Kompetenzen hat sie bereits weit überschritten.

Man muss es sagen: Wellington wird von Buch zu Buch besser. Zwar hat er den Horror- und Ekelfaktor in „Vampirfeuer“ um einiges herunter geschraubt, doch als Erzähler hat er sich seit seinem ersten Roman stetig weiter entwickelt und ein Universum geschaffen, dass auch im dritten Band weder langweilt noch stagniert. Langsam schließt sich der Kreis zum ersten Band, in dem noch Arkeley der große Vampirjäger war. Caxton hat in jeder Hinsicht seinen Platz übernommen. Doch heißt das tatsächlich, sie tut es ihm in jedem Fall gleich? Wird Clara recht behalten, wird Caxton vielleicht selbst als Vampir enden? Da muss man wohl einfach abwarten – der Folgeband ist in den USA bereits erschienen und kommt sicher bald auch in unsere Buchläden.

|Broschiert: 382 Seiten
ISBN-13: 978-3492267212
Originaltitel: |Vampire Zero|
Deutsch von Andreas Decker|
http://www.piper.de/

_Wellington beim Buchwurm:_
[Stadt der Untoten 4980

Gleason, Colleen – Blutrote Dämmerung (Das Buch der Vampire 3)

Lady Victoria Gardella sollte wohl eigentlich Teekränzchen und Bälle besuchen. Doch das Schicksal hat etwas anderes für sie bereit gehalten, denn sie ist die Illa Gardella, die Anführerin einer Schar von Vampirjägern, die es auf die Vampire und Dämonen von Rom abgesehen haben. Und so läuft Victoria auch am liebsten in weiten Hosenröcken herum und ihre Zofe hat es sich zur hehren Aufgabe gemacht, allerlei Waffen und Gimicks in den Kleidern ihrer Herrin unterzubringen.

Victoria trauert immer noch um ihre Großtante Eustacia, die vorige Illa Gardella, von der Victoria nun den Titel geerbt hat. Doch der Tod Eustacias bekommt bald eine weitere Dimension, als sich heraus stellt, dass die Vampire von Rom versuchen, in ein alchemistisches Labor einzudringen, das sich nur mit drei bestimmten Schlüsseln öffnen lässt. Einen davon trug Eustacia immer am Körper, doch nun ist er unauffindbar. Also versucht Victoria den geheimnisvollen Sebastian Vioget ausfindig zu machen, denn er war Zeuge von Eustacias Tod und weiß deshalb vielleicht vom Verbleib des Schlüssels. Auf jeden Fall muss es den Jägern vor den Vampiren gelingen, das Labor zu öffnen!

Gleichzeitig tobt in Rom der Karneval und die ganze Stadt scheint auf den Beinen. Solch eine Veranstaltung ist für die Vampire der Stadt natürlich ein gefundenes Fressen (im wahrsten Sinne) und so sind Victoria und ihre Venatoren ständig unterwegs, um Vampire zur Strecke zu bringen.

„Blutrote Dämmerung“ von Colleen Gleason ist bereits der dritte Band ihrer Reihe „Das Buch der Vampire“. Die Grundidee erinnert ein bisschen an „Buffy“ in einem historischen Setting: Seit die erste Vampirjägerin eine Frau aus der Gardella-Familie war, wird die Begabung weiter vererbt. Wie auch bei „Buffy“ wird damit eine junge Frau aus ihrem normalen Leben gerissen, um plötzlich Vampiren und anderen Monstern den Garaus zu machen. Und wie Buffy muss auch Victoria hart darum kämpfen, ihre Familie im Ungewissen zu lassen – zu ihrem eigenen Schutz. Um das Ganze mit etwas religiösem Hintergrund aus zu polstern ist das Hauptquartier der Venatoren eine alte Kirche und sie beziehen ihre übermenschliche Kraft aus der vis bulla, einem Silberkreuz, dessen Rohstoff aus einer Mine unter dem Berg Golgotha stammt. Doch natürlich schmückt Gleason ihr Universum noch mit allerlei anderen Ideen aus. So macht sie bespielsweise eine ganze Hierarchie von Vampiren und Dämonen auf, von denen jede „Sorte“ ihre eigenen Stärken hat.

„Blutrote Dämmerung“ wird in den USA als Paranormal Romance vermarktet, doch tatsächlich lassen sich Gleasons Bücher nicht so einfach einordnen. Sicher, sie lässt eine Handvoll attraktiver Männer auftauchen, die alle auf ihre Art um Victoria werben und manchmal auch erhört werden. Allerdings gibt es keine Romanze, keine schicksalhafte Liebe, die irgendwann komplett die Handlung unterwandert, um der Leserin eine Liebesszene nach der anderen zu liefern. Statt dessen behält Gleason ihre Handlung immer im Auge und lässt romantische Szenen quasi auf Nebenschauplätzen stattfinden, als kleine Pausenfüller, bevor Victoria wieder auf Vampirjagd muss. Das ist ein wirklich erfrischender Gegensatz zur Paranormal Romance, vor allem auch, weil Gleason durchaus eine talentierte Autorin ist und sich die Mühe macht, ein umfangreiches Universum für ihre Romanreihe zu entwerfen. So hat man als Leser nicht den Eindruck, die Charaktere würden in einem stereotypen Setting mit Elementen aus historischen und fantastischen Romanen agieren. Gleason überzeugt mit einer ausgewogenen Geschichte, die sowohl spannend, unterhaltsam als auch erotisch ist.

Zwar ist nicht alles gelungen – oder eher: Einiges ist zu gelungen. So wird Victoria in ihrem Haus von ihrer Mutter und deren zwei Busenfreundinnen heimgesucht. Da sie schon so lange nichts mehr von ihrer Tochter gehört hat und sich nun langsam sorgt, hat sich ihre Mutter spontan zu einem unangekündigten Besuch entschlossen. Natürlich ist sie wenig begeistert, als sie fest stellt, dass ihre hübsche Tochter im heiratsfähigen Alter praktisch gar nicht am gesellschaftlichen Leben teilnimmt, und so versucht sie, Victoria in die Rolle einer hübschen Modepuppe zurück zu drängen, während Victoria verzweifelt versucht, ihre nächtlichen Aktivitäten aufrecht zu erhalten, ohne ihrer Mutter Anlass zum Misstrauen zu geben. Gleason beschreibt hier einen vollkommen legitimen – und eigentlich auch interessanten – Konflikt, doch leider sind die drei Besucherinnen als solche Karikaturen geraten, dass man als Leser ständig hofft, sie würden endlich von einem Vampir ausgesaugt und in die ewigen Jagdgründe befördert werden. Da Victorias Mutter auch die schlafwandlerische Gabe hat, immer in Schwierigkeiten zu geraten, wird man als Leser immer frustrierter, wenn es Victoria mal wieder gelingt, ihre Mutter vor dem sicheren Tod zu retten. Die Geheimnisse, die Victoria vor ihrer Mutter haben muss, machen deren Beziehung zu einer tickenden Zeitbombe – ein Thema mit Potenzial, an dem man sich als Autor sicherlich wiederholt abarbeiten kann. Ist es jedoch zu viel verlangt, die Frau Mama wenigstens ein bisschen sympathisch zu gestalten? Da Victorias Mutter nun aber als solch ignorante Schreckschraube daherkommt, stellt man sich als Leser immer wieder auf Victorias Seite und das nimmt dem Mutter-Tochter-Konflikt den Pfiff.

Trotzdem, „Blutrote Dämmerung“ ist ein wirklich überzeugendes Stück Unterhaltung. Die Helden sind heldenhaft, die Leidenschaften leidenschaftlich und die Vampire ordentlich böse. Und Victoria ist eine Heldin, die man lieb gewinnen kann. Eine klare Leseempfehlung!

|Taschenbuch: 448 Seiten
ISBN-13: 978-3442372720
Originaltitel: |The Gardella Vampire Chronicles 03. The Bleeding Dusk|
Deutsch von Patricia Woitynek|

Tanya Huff – Blutschuld (Blood Ties 5)

Blood Ties:

„Blutzoll“
„Blutspur“
„Blutlinien“
„Blutpakt“

Tanya Huff beendete den vierten Teil ihrer Serie um die Privatermittlerin Vicki Nelson mit einem ziemlichen Paukenschlag: Von einer wahnsinnigen Wissenschaftlerin blutig geschlagen, lag sie im Sterben. Um ihr Leben zu retten, machte sie Henry – seines Zeichens Vampir – unsterblich. Natürlich verändert so ein extremer Schritt die Beziehungen aller handelnden Figuren zueinander und so braucht der Leser erstmal ein Weilchen, um sich in den veränderten Bedingungen zu arrangieren, die Tanya Huff im letzten Band der Serie, „Blutschuld“, vorstellt.

Tanya Huff – Blutschuld (Blood Ties 5) weiterlesen

Schweikert, Ulrike – Lycana. Die Erben der Nacht 2

Band 1: [„Nosferas. Die Erben der Nacht“ 5084

Im ersten Band von Ulrike Schweikerts Jugendbuchreihe um „Die Erben der Nacht“ schickte die Autorin die Nachkommen der sechs europäischen Vampirclans zu den Nosferas nach Rom, um dort das Jahr in der Vampirakademie zu verbringen. Diese war ins Leben gerufen worden, um die Animosität zwischen den verschiedenen Familien zu überwinden und die Erben an den unterschiedlichen Stärken der Clans teilhaben zu lassen. In Rom zum Beispiel lernten sie, wie man am besten religiösen Symbolen widersteht ohne in Flammen aufzugehen – sicherlich eine nützliche Fähigkeit für einen Vampir.

_In der Fortsetzung_ „Lycana“ geht die Reise nun nach Irland. Alisa aus Hamburg, Franz Leopold aus Wien, Luciano aus Rom und all die anderen jungen Vampire reisen nach Dunluce, auf die Burg der Lycana. Gerade die hochnäsigen und auf Schau bedachten Dracas aus Wien rümpfen die Nase über die einfachen Verhältnisse auf Dunluce. Nicht nur gibt es in Irland nichts als Gras und Schafe, auch gehen die Lycana mit ihren vampirischen Servienten recht freundschaftlich um, was den Dracas sauer aufstößt, die es bevorzugen, ihre Diener bei jeder Gelegenheit herum zu kommandieren. Alisa jedoch ist begeistert von Irland, nicht nur ist sie gespannt auf das Land und darauf, was sie bei den Lycana wohl lernen wird. Auch freut sie sich auf ein Wiedersehen mit Ivy-Maire und ihrem Wolf Seymour, mit denen sie sich in Rom schnell angefreundet hatte.

Die Lycana haben die einzigartige Gabe, Tiere zu sich zu rufen und sie zu ihren Zwecken zu gebrauchen – zum Beispiel um Nachrichten zu überbringen. Und als I-Tüpfelchen sind sie sogar in der Lage, sich in verschiedenste Tiere zu verwandeln, also in Wölfe, Fledermäuse oder gar Falken, sollte ihnen der Sinn danach stehen. Es ist nun die Aufgabe der Erben, diese Fähigkeit ebenfalls zu erlangen, wobei sich einige besser anstellen als andere. Alisa und Franz Leopold begreifen das Prinzip recht schnell, Luciano hingegen plagt sich mit einigen Schwierigkeiten herum – und als er es dann endlich schafft, sich in einen Wolf zu verwandeln, ist dieser recht struppig und erstmal überhaupt nicht eindrucksvoll.

Die Lernerfolge der Erben werden jedoch jäh unterbrochen, als sich herausstellt, dass die Vampire von Unbekannten verfolgt werden. Um die Jungen in Sicherheit zu bringen, jagt der Anführer der Lycana, Donnchadh, mit ihnen über die gesamte Inseln, um sich schließlich auf Aughnanure zu verschanzen. Allerdings droht den Vampiren nicht nur Gefahr von dieser Seite, denn gleichzeitig schwelt der alte Konflikt zwischen den Lycana und den ebenfalls in Irland ansässigen Werwölfen wieder auf. Es droht zum offenen Krieg zu kommen und zu allem Überfluss bedient sich ein skrupelloser Werwolf auch noch eines kleinen Grüppchens Menschen, um seine Ziele zu erreichen.

_Das alles ist viel_ Stoff für einen Roman, doch Ulrike Schweikert setzt sich niemals unter Druck. Statt dessen lässt sie sich für ihre umfangreiche Geschichte mit ihrem zahlreichen Personal über 500 Seite Zeit. Dabei lebt das Buch über weite Strecken nicht nur von den lebendig beschriebenen Charakteren, sondern auch von der peniblen Recherche der Autorin, der es gelingt, Irland mit all seiner Schönheit und Mystik vor dem geistigen Auge des Lesers erstehen zu lassen. Hatte sie sich in [„Nosferas“ 5084 noch auf die Hochkultur gestützt, auf Bücher, Musik und Theater, so konzentriert sie sich in „Lycana“ statt dessen auf die Landschaft, auf Schlösser und Ruinen und auf alte keltische Mythen und Geschichten. So mutet dieser Band stellenweise etwas esoterisch an, beispielsweise wenn von „magischen Orten“ die Rede ist, an denen Kraftadern zusammenlaufen, die sich die jungen Vampire zunutze machen sollen. Doch schließlich handelt es sich bei „Lycana“ um einen Fantasyroman, und wo wenn nicht in Irland bieten sich solche Passagen an.

Wie schon im Vorgänger konzentriert sich Schweikert auf einige Hauptfiguren, nämlich Alisa, Franz Leopold, Luciano und Ivy-Maire und beleuchtet deren wachsende Freundschaft. Nun gibt es zwar auch die ersten Flirts und sogar einen ersten Kuss, doch ist Schweikert weitsichtig genug, ausreichend Konfliktpotenzial einzustreuen, um die Beziehungen zwischen den Charakteren auch noch in den folgenden Bänden spannend gestalten zu können.

Ebenfalls großen Raum innerhalb der Handlung nimmt eine wachsende Xenophobie ein. Schon in „Nosferas“ wurde der Gegensatz zwischen reinen und unreinen Vampiren skizziert. Jene, die wie die Erben als Vampire geboren wurden, sehen sich denen, die per Biss dazu gemacht wurden, als überlegen an und so werden diese Vampire als Servienten oder „Schatten“ gehalten. Gerade die Standes bewussten Wiener Dracas sehen in ihren Servienten keine gleichwertigen Vampire, Franz Leopold spricht sogar einmal fast wörtlich von unwertem Leben. In Irland jedoch sind sie vollwertige Mitglieder des Clans, dürfen Entscheidungen treffen und über ihr eigenes Leben bestimmen. Und tatsächlich mutet diese Unterteilung in Kasten seltsam an, sind es doch eigentlich die gebissenen Vampire, die mehr evolutionäre Vorteile aus ihrem neuen Dasein ziehen. Sie altern nicht (wohingegen die reinen Vampire einem Alterungsprozess unterworfen sind) und können unter Umständen sogar am Tag agieren (für reine Vampire offenbar unmöglich). Es bleibt abzuwarten, ob sich die Servienten auch in Zukunft damit zufrieden geben werden, als Diener ihr Dasein zu fristen.

Unbedingt erwähnt werden sollte, dass auch Bram Stoker und Oscar Wilde wieder auftauchen. Diesmal bekommen die beiden sogar ihren eigenen Handlungsstrang, zu dessen Höhepunkt Stoker ein weiteres Mal auf Ivy trifft. Sein Interesse an allem Übernatürlichen – und besonders an Vampiren – ist bereits geweckt und er hat im Verlauf der Handlung mehrmals die Gelegenheit, einen Blick auf die Blutsauger zu erhaschen. Schließlich sollte er langsam anfangen, Inspiration für seinen großen Vampirroman [„Dracula“ 210 zu suchen!

_Im Nachwort_ erläutert Schweikert ihre Prämisse für „Die Erben der Nacht“ so: |“Mir ist es wichtig, kurze Einblicke in die Historie des Landes, die Politik, Kunst und den Stand der Wissenschaften mit ihren damals neuen Erfindungen zu geben, sei es nun die Medizin, die Architektur oder die Technik neuer Maschinen.“| Ohnen Zweifel ist Schweikert dieses Vorhaben mehr als gelungen. Mit „Lycana“ hat sie einen astreinen Schmöker vorgelegt, der nicht nur Fantasy-Fans sondern auch Liebhaber historischer Geschichten und Abenteuerromane glücklich machen dürfte. „Die Erben der Nacht“ ist All-Age-Fantasy, die für wirklich jeden Leserkreis etwas zu bieten hat!

|542 Seiten, kartoniert
empfohlen ab 12 Jahren
ISBN-13: 978-3-570-30479-2|
http://www.cbj-verlag.de

Liebe Besucher meiner Internetseite,

Mehr von Ulrike Schweikert auf |Buchwurm.info|:

[„Nosferas. Die Erben der Nacht 1“ 5084
[„Der Duft des Blutes“ 4858
[„Die Seele der Nacht“ 1232 (Die Legenden von Phantásien)

Wellington, David – Krieg der Vampire

Laura Caxton will nie wieder Vampire jagen. Die in [„Der letzte Vampir“ 4613 beschriebene Jagd auf Justinia Malvern und Lauras Zeit als unfreiwillige Vampirjäger-Azubine in den Diensten von Special Deputy Arkeley haben sie gezeichnet. Sie will nur noch gute alte – und vor allem normale – Polizeiarbeit leisten. Doch natürlich wird dieser Wunsch jäh vereitelt, als Arkeley wieder in ihr Leben tritt. Gesundheitlich ist er ruiniert, sein Kampf gegen Malvern hat ihn zum Krüppel gemacht. Und so hat er zwar die Vermutung, dass eine neue Vampirattacke kurz bevorsteht, doch wirklich tun kann er dagegen nichts mehr. Also tut er das einzig Logische und zitiert Laura heran, die davon naturgemäß alles andere als begeistert ist.

Und so findet sich Caxton bald in einer unterirdischen Höhle in Gettysburg wieder, in der sich 99 Särge mit 99 Vampirskeletten befinden. Allen fehlt das Herz, und so muss Laura herausfinden, was mit den Herzen passiert ist. Denn nur, wenn die Herzen zerstört werden, ist auch der Vampir unschädlich gemacht. Natürlich stellt sich auch die Frage, wie die Särge eigentlich dorthin gekommen sind. Die Höhle befindet sich unter einer Ausgrabungsstelle in Gettysburg und war ursprünglich ein Pulvermagazin während des Bürgerkriegs. Könnte es also sein, dass die Vampire irgendwie in den amerikanischen Bürgerkrieg verwickelt gewesen sein könnten?

Natürlich wird es nicht bei 99 Vampirskeletten bleiben. Wie Laura schon zu Beginn befürchtet, sieht sie sich bald einer ganzen Armee von wiederauferstandenen Vampir gegenüber, die nach über einhundert Jahren unter der Erde definitiv durstig sind und drohen, Gettysburg buchstäblich wieder in ein Schlachtfeld zu verwandelt.

David Wellington hat mit „Krieg der Vampire“ eine mehr als würdige Fortsetzung des 2007 auf Deutsch erschienenen Romans „Der letzte Vampir“ geschrieben. Er ist seinem Stil treu geblieben und liefert auch diesmal wieder brachiale Hardcore-Action mit Horrorelementen, die nichts für zarte Gemüter ist. Doch gleichzeitig hat er sich als Schriftsteller weiterentwickelt und versucht, neue Ideen in seine Handlung einzuarbeiten.

So ist Arkeley, der mehr als gewöhnungsbedürftige Protagonist des ersten Teils, hier hauptsächlich ein Stichwortgeber. Seine angeschlagene Gesundheit erlaubt es ihm nicht mehr, aktiv auf Vampirjagd zu gehen – eine Tatsache, die ihn naturgemäß wurmt. Er ist gezwungen, Lauras Hilfe zu erbitten. Die beiden sind keine Partner mehr; ganz klar ist Laura die handelnde Hauptfigur, auch wenn sie sich in ihrer Rolle als tonangebende Vampirjägerin unwohl fühlt und mehr als einmal versucht, Entscheidungen nach dem Motto „Was würde Arkeley tun?“ zu fällen. Die Dynamik zwischen den beiden hat sich also stark verändert. Zwar war sie schon in „Der letzte Vampir“ der Sympathieträger, der Charakter, mit dem der Leser sich am besten identifizieren konnte, doch in „Krieg der Vampire“ ist sie nun auch endlich die tatsächliche Hauptfigur und beginnt langsam, aus dem Schatten Arkeleys herauszutreten.

Auch seinen Vampirmythos hat Wellington leicht modifiziert. In „Der letzte Vampir“ waren die Untoten noch hirnlose Killermaschinen, deren einziger Gedanke bei der nächsten Blutmahlzeit lag. Sie waren brutal und vollkommen unmenschlich. In „Krieg der Vampire“ haben sie immer noch all diese Eigenschaften, immer noch sind sie gefährlich und kaum zu besiegen. Nun jedoch gibt ihnen Wellington eine Stimme. Plötzlich sind sie in der Lage zu planen oder sich in Gegenwart eines Menschen zu beherrschen. Ja, man kann unter Umständen sogar Konversation mit ihnen betreiben (bevor sie einen in Stücke reißen, selbstverständlich). Seine Vampire sind also nicht mehr komplett triebgesteuert und sind mittlerweile fähig, ihre eigene Existenz zu reflektieren. Diese Version 2.0 macht Wellingtons Vampire zu tragfähigeren Gegenspielern, als ihre tumben Vorgänger aus dem ersten Teil es hätten sein können.

Die wichtigste Neuerung ist wohl Wellingtons Versuch, diesmal zwei Handlungsstränge gleichzeitig ablaufen zu lassen. Denn natürlich ist es relevant, dass die Vampirsärge unter dem Schlachtfeld von Gettysburg gefunden wurden. Und um zu erklären, wie und warum Vampire in Gettysburg mitgemischt haben, unterbricht er regelmäßig Caxtons Erzählsstrang, um Briefe von amerikanischen Soldaten aus dem Bürgerkrieg einzustreuen, welche die Geschichte langsam aufklären und entwirren.

Dabei gelingt es ihm in beiden Erzählsträngen, eine glaubwürdige Atmosphäre aufzubauen: In den Briefen ist es der Wahnsinn des Krieges und im heutigen Gettysburg die Faszination der Nachgeborenen für diesen geschichtsträchtigen Ort. Gerade diese Stimmung versteht er einzufangen – die Neugierde, die sich immer auch mit Unverständnis paart, die Stadt, die gänzlich vom Mythos der Schlacht von Gettysburg lebt. Da ist es nur natürlich, dass es ein wissensdurstiger Historiker ist, der die Katastrophe ins Rollen bringt, weil er sich auf die Vampire einlässt, in der Hoffnung, endlich aus erster Hand mehr über den amerikanischen Bürgerkrieg zu erfahren. Und da ist es auch nur natürlich, dass der Bürgermeister von Gettysburg sich mit allen Kräften dagegen wehrt, seine Stadt zu evakuieren – und das, obwohl die blutrünstigen Vampire sich schon praktisch die Mäuler lecken. Zu groß ist seine Angst, diese Aktion könnte dem Tourismus – der wichtigsten Einnahmequelle der Stadt – nachhaltig schaden.

Letztendlich wird der Leser auch Justinia Malvern wiedertreffen. Und Arkeley wird zu drastischen Mitteln greifen, um die Vampirbedrohung zu beenden. Wellington lässt sich mit seinem Ende genügend Spielraum für eine weitere Fortsetzung (nämlich „Vampirfeuer“), in der Laura dann wohl ihrem bisher gefährlichsten Feind gegenübersteht.

|Originaltitel: 99 Coffins
Aus dem Amerikanischen von Andreas Decker
362 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-492-26645-1|
http://www.brokentype.com/davidwellington/
http://www.piper-verlag.de
http://www.piper-fantasy.de

Außerdem auf |Buchwurm.info|:
[„Stadt der Untoten“ 4980

Heitz, Markus – Vampire! Vampire!

Markus Heitz, seines Zeichens deutscher Fantasy-Autor, hat ein Sachbuch geschrieben. Seine „Entschuldigung“ für diesen Tatbestand ist seine Neugierde, immer wieder neue Genres auszuprobieren: „Es wurde Zeit für ein Lach- und Sachbuch!“, findet Heitz zu Beginn, und welches Thema wäre für einen Autor von Heitz‘ Kaliber wohl passender als Vampire? Dabei muss allerdings angemerkt werden, dass sowohl der Untertitel des Buchs (nämlich „Alles über Blutsauger“) als auch die Zusammenfassung auf dem Buchrücken („Alles, was man über die unheimlichsten Geschöpfe der Menschheitsgeschichte wissen muss“) Superlative bemühen, denen das Buch keineswegs gerecht wird. Heitz hat nicht das ultimative Buch über Vampire geschrieben und er liefert längst nicht alles, was man über sie wissen muss – mit gerade 200 Seiten wäre das nicht gerade viel. Stattdessen steckt sich Heitz ein sehr enges Betätigungsfeld ab: Als studierter Historiker interessiert er sich besonders für die Geburtsstunde des europäischen Vampirmythos. Und die liegt im 18. Jahrhundert in Osteuropa.

Dort nämlich, in den Dörfern Medvegia und Kisolova, trugen sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wahre Vampirplagen zu. Diese gingen jeweils – wie bei einer Seuche – von einer Person aus, die starb und dann zahlreiche Dorfbewohner mit sich ins Grab zog. So wurde zunächst die Familie oder die Witwe des Verstorbenen krank und starb, dann weitere Dorfbewohner. Das alles geschah in relativ kurzen Zeitabständen, die Betroffenen waren also kurzzeitig krank (ausgezehrt), bevor sie dann starben. Das Besondere an diesen Fällen ist, dass sie durch offizielle Schriften dokumentiert sind. So wurden Mediziner und Beamte in die Gebiete geschickt, die Rechenschaft über die Begebenheiten ablegen und die Plage beenden sollten.

Die Toten wurden exhumiert, wobei man feststellte, dass sie nicht verwest waren – stattdessen sahen sie rosig und lebendig aus, während Haare und Nägel weiterwuchsen. Als letztes Mittel trieb man ihnen einen Pflock ins Herz oder enthauptete sie.

Dies alles schildert Heitz sehr ausführlich, auch mit Hilfe von Originaldokumenten (in deren gezwirbelte Sprache man sich jedoch erst einmal einfinden muss). Dabei bleibt er immer unterhaltsam, wird nie zu trocken oder langatmig. Und auch wenn sein Stil manchmal etwas ins Klamottige und Sinnfreie abdriftet, z. B. wenn er sich fragt, ob die Kosmetikindustrie im Dienste der Vampire steht, so sind seine Fakten trotzdem immer fundiert und belegbar. Das macht sein Buch zu einem guten Einstieg für alle, die sich für Vampire interessieren und die auf der Suche nach einem kurzweiligen, aber trotzdem vertrauenswürdigen Führer sind.

Nachdem sich Heitz ausführlich den historischen Begebenheiten in Medvegia und Kisolova gewidmet hat, wendet er sich dem daraus entstehenden medizinischen, philosophischen und religiösen Diskurs zum Thema Vampir in westeuropäischen Medien zwischen den Jahren 1730 und 1800 zu. Denn dadurch, dass die Ereignisse in den beiden Dörfern in Serbien so gut dokumentiert waren, wurden auch Wissenschaftler, Journalisten und mit ihnen die europäische Allgemeinheit auf das Phänomen aufmerksam. Man fragte sich, ob Vampire existieren, wie sie zu vernichten seien, oder ob es sich bloß um abergläubische Einbildung hinterwäldlerischer Dorfbewohner handelte. Diese Diskussion lief über mehrere Jahre, bis das Interesse schließlich abflaute bzw. stattdessen in der „Erfindung“ des literarischen Vampirs mündete.

Heitz‘ Buch könnte man als Grundkurs für all jene bezeichnen, die Vampire nur aus einschlägigen Serien, Filmen oder Romanen kennen. All diese modernen Vampire fußen letztendlich auf den Begebenheiten in Medvegia und Kisolova, da diese den Vampir in den Fokus des europäischen Interesses hoben. Und die Geschichten, Novellen und Romane, die darauf folgten, beeinflussen noch heute Autoren in aller Welt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Heitz von Zeit zu Zeit die Überraschung seines unbedarften Lesers ob seiner Rechercheergebnisse teilt. Der Aha-Effekt stellt sich selbstverständlich nur bei ganz Unbeleckten ein. Alle, die schon einmal vampirische Sekundärliteratur in der Hand gehabt haben, werden in Heitz‘ Buch hauptsächlich Bekanntes rekapituliert sehen.

Was fehlt – und die Frage brennt dem Leser eigentlich ständig auf den Lippen -, ist eine aus heutiger Sicht geprägte Erklärung für die Vorfälle aus dem 18. Jahrhundert. Wie konnte es dazu kommen? Handelte es sich tatsächlich um Vampire? Gibt es eine natürliche Erklärung? Zwar streift Heitz das Themengebiet kurz (Stichwort: Porphyrie), doch fehlt vieles, was hier hätte erwähnt werden müssen. Das ist ein Defizit, gerade, weil es sich um ein verwandtes Themengebiet handelt.

Etwas merkwürdig mutet Heitz Fixierung auf Verschwörungstheoretiker an. Stets und ständig vermutet er hinter bestimmten Fakten eine Verschwörung der Vampire. Man fragt sich zwangsläufig, woher diese Idee stammt und was er seinem Leser damit eigentlich sagen will. Zumindest läuft sich der Witz relativ schnell tot und nervt danach nur noch. Ebenso ergeht es der wiederholten Erwähnung seines Vampirromans [„Die Kinder des Judas“. 4306 „Vampire! Vampire!“ ist offenbar das Ergebnis der Recherche, die er für „Die Kinder des Judas“ angestellt hat. Trotzdem erscheint es als billiger Werbetrick, das eine Buch im anderen ständig zu erwähnen und Bezüge herzustellen, offensichtlich nur, um den Leser in den nächsten Buchladen zu treiben.

Es ist ein wenig seltsam, dass der Schriftsteller Heitz sich so offensichtlich gar nicht für den literarischen Vampir interessiert. Wichtige Namen wie Byron, Polidori oder LeFanu (geschweige denn die Namen zeitgenössischer Autoren) fallen gar nicht, und auch für denn Gottvater der Vampire, nämlich Bram Stokers [„Dracula“, 210 hat Heitz nur eine uninspirierte Seite im Abschlusskapitel übrig. Aber wer weiß, vielleicht ist Heitz hier ja so kurz angebunden, weil er eine Fortsetzung seines Sachbuchs plant?

Trotzdem: Heitz arbeitet sich an seinem Thema mit Erfolg ab und liefert viel Wissenswertes. Allen, die danach Blut geleckt haben (im wahrsten Sinne), wird am Ende des Buches noch eine umfangreiche Bibliographie an die Hand gegeben. Doch Vorsicht: Fast alles davon befasst sich ebenfalls mit dem historischen Aspekt des Vampirmythos. Wer nach der Lektüre von Heitz‘ Buch in andere Richtungen weiterlesen will (literarisch, kulturwissenschaftlich, sozialwissenschaftlich, philosophisch, psychologisch), der muss sich anderweitig umsehen und sich z. B. vertrauensvoll in die Hände von Norbert Borrmann begeben, der mit „Vampirismus oder die Sehnsucht nach der Unsterblichkeit“ wohl den ultimativen Rundumschlag zum Thema Vampir veröffentlicht hat.

|220 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-492-29181-1|
http://www.piper-verlag.de

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_Markus Heitz auf |Buchwurm.info|:_

[Interview mit Markus Heitz]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=56
[„Ritus“ 2351 (Buch)
[„Ritus“ 3245 (Hörbuch)
[„Sanctum“ 2875 (Buch)
[„Sanctum“ 4143 (Hörbuch)
[„Blutportale“ 5528
[„Die Mächte des Feuers“ 2997
[„Die Mächte des Feuers“ 4655 (Hörbuch)
[„Kinder des Judas“ 4306
[„Die Zwerge“ 2823
[„Die Zwerge“ 2941 (Hörbuch)
[„Die Rache der Zwerge“ 1958
[„Der Krieg der Zwerge“ 3074
[„Schatten über Ulldart“ 381 (Die Dunkle Zeit 1)
[„Trügerischer Friede“ 1732 (Ulldart – Zeit des Neuen 1)
[„05:58“ 1056 (Shadowrun)
[„Die dritte Expedition“ 2098

Hambly, Barbara / Gruppe, Marc / Bosenius, Stephan – Jagd der Vampire (Gruselkabinett 32+33)

|Titania Medien| versorgt seit einigen Jahren mit schöner Regelmäßigkeit Liebhaber des gepflegten Grusels mit Hörstoff. Die solide produzierte Hörspielreihe „Gruselkabinett“ widmete sich zunächst den Klassikern des Genres, wie z. B. Stokers „Dracula“ oder Stevensons [„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ 2349, mittlerweile werden allerdings auch jüngere Romane vertont, wie im vorliegenden Fall von Barbara Hamblys „Jagd der Vampire“, ein vampirischer Detektivrroman in klassischer Anmutung aus dem Jahr 1988, der seinerzeit den |Locus Award| für den besten Horrorroman gewann und den Hambly 1995 in „Gefährten des Todes“ fortsetzte.

Barbara Hambly lässt ihren Vampirroman zu Beginn des 20. Jahrhunderts in London spielen. Protagonist ist Professor James Asher, graumeliert und distinguiert, jedoch mit einer illustren Vergangenheit. Bevor er es sich nämlich in der Behäbigkeit des englischen Universitätstrotts gemütlich gemacht hat, war er ein erfolgreicher Spion für die englische Krone. Diese Zeiten sind zwar lange vorbei, doch soll Asher gleich zu Anfang des Hörspiels herausfinden, dass die Vergangenheit einen immer einholen wird. Als er nämlich von der Universität heimkehrt, findet er seine Frau und die Dienerschaft in einem künstlichen Schlaf vor. Dessen Urheber ist der Vampir Don Simon Ysidro, der Asher eben wegen seiner Erfahrung als Spion aufsucht.

Die Vampirgemeinschaft von London hat nämlich ein schwerwiegendes Problem: Bereits vier Vampire sind ums Leben gekommen, als tagsüber ihre Särge geöffnet wurden. Sie verbrannten oder wurden enthauptet. Da Vampire tagsüber praktisch bewusstlos und damit wehrlos sind, sieht sich Ysidro nicht in der Lage, den Mörder selbst zu finden. Und so zwingt er Asher dazu, ihm zu helfen, und droht damit, Ashers Frau Lydia zu töten, sollte dieser sich weigern.

Asher sieht also keine andere Möglichkeit, als sich auf Ysidros Angebot einzulassen. Und so bilden die beiden fortan an sehr ungleiches Paar, als sie versuchen, dem Vampirmörder auf die Spur zu kommen, während Ashers hochgebildete Frau Lydia ihre eigenen Untersuchungen anstellt, um Asher Hintergrundinformationen liefern zu können.

Hamblys „Jagd der Vampire“ ist weniger eine Vampir- als eine klassische Detektivgeschichte. Sicher, die Vampirmorde sind der Aufhänger für die detektivische Jagd und Hambly macht sich ihre eigenen, durchaus interessanten Gedanken zum Vampirmythos (so lässt sie die Pathologin Lydia eine Theorie aufstellen, nach der Vampirismus eine Krankheit, hervorgerufen von einem Virus, sein könnte), doch im Vordergrund der Geschichte stehen Asher, der Detektiv, und seine deduktive Suche nach dem Mörder der Vampire. Zwar ist dem ehemaligen Spion alles andere als wohl dabei, gerade einem Blutsauger zu helfen, doch hat er kaum eine Wahl. Und so heißt es, seine Skrupel und Zweifel zu schlucken und stattdessen kaltblütig und objektiv an das Problem heranzugehen. Darum muss Asher, ganz wie die Detektive in früheren Geschichten des Genres (also beispielsweise bei Doyle oder Poe), logisch vorgehen, Hinweise und Indizien prüfen und durch stetiges Vortasten schließlich auf die Spur des Übeltäters kommen.

Um auch die Fans des Horrorgenres zu bedienen, lässt Hambly ihre Protagonisten in den Pariser Katakomben umherwandern, schickt sie auf den stimmungsvollen Londoner Highgate-Friedhof oder lässt sie verkohlte Leichen inspizieren. Und natürlich wäre da noch Ysidro selbst zu erwähnen, der als ältester Vampir Londons eine durchaus beeindruckende und furchteinflößende Figur abgibt. Er und Asher bilden ein ungleiches Team, dessen Beziehung auf Abhängigkeit und Angst aufgebaut ist. Im Laufe der Handlung lernen beide Männer jedoch, den anderen zu schätzen und zu respektieren, auch wenn Asher nie so weit geht, dem Vampir tatsächlich zu vertrauen. Wie sich die Dynamik zwischen den beiden Charakteren verändert, ist einer der faszinierendsten Punkte der Erzählung und wird von Barbara Hambly meisterhaft vermittelt.

Wie immer hat sich |Titania Medien| für die Hörspielbearbeitung bekannte deutsche Stimmen ins Boot geholt. So wird James Asher von niemand Geringerem als Wolfgang Pampel gesprochen, der auch Harrison Ford seine Stimme leiht. Das gibt dem Hörspiel eine interessante Richtung, da es einfach unmöglich ist, Pampels Stimme zu lauschen, ohne das wettergegerbte Gesicht Indiana Jones‘ vor Augen zu haben. Ebenfalls ein Volltreffer ist Nicola Devico Mamone als Ysidro, dessen starker spanischer Akzent nicht nur nach altem Adel klingt, sondern der es auch schafft, Ysidro gefährlich und unberechenbar erscheinen zu lassen. Claudia Urbschat-Mingues als Lydia erweist sich dagegen als weniger glückliche Wahl. Die deutsche Stimme von Angelina Jolie sprüht geradezu vor Erotik, was dem kühlen Intellekt und der Kombinationsfähigkeit Lydias nicht unbedingt entgegenkommt.

Von diesem kleinen Kritikpunkt abgesehen, gibt es an „Jagd der Vampire“ absolut nichts auszusetzen. Das zwei CDs umfassende Hörspiel gibt sich viel Mühle, den Leser mit Hilfe der Geräuschkulisse an den Anfang des letzten Jahrhunderts zu versetzen, und ist damit mehr als erfolgreich. Die Straßen Londons, das nächtliche Paris, die Zugfahrten mit Ysidro – all das atmet den Geist der Jahrhundertwende, und das wird auch beim Hören mehr als deutlich.

Hamblys „Jagd der Vampire“ ist ein gefundenes Fressen sowohl für Fans von Vampirgeschichten als auch für Liebhaber von klassischer Detektivliteratur. Beides verknüpft die Autorin äußerst wirkungsvoll zu einem Roman weit jenseits der leidenden Vampire mit den traurigen Augen und stumpfen Zähne, die Anne Rice zuerst geprägt hat und die heutzutage große Teile des vampirischen Bücherregals bevölkern.

|Originaltitel: Those who hunt the Night, 1988
148 Minuten auf 2 CDs
ISBN-13 der Doppel-CD-Ausgabe: 978-3785738238|

Home – Atmosphärische Hörspiele


http://www.luebbe-audio.de

_Das |Gruselkabinett| auf |Buchwurm.info|:_

[„Carmilla, der Vampir“ 993 (Gruselkabinett 1)
[„Das Amulett der Mumie“ 1148 (Gruselkabinett 2)
[„Die Familie des Vampirs“ 1026 (Gruselkabinett 3)
[„Das Phantom der Oper“ 1798 (Gruselkabinett 4)
[„Die Unschuldsengel“ 1383 (Gruselkabinett 5)
[„Das verfluchte Haus“ 1810 (Gruselkabinett 6)
[„Die Totenbraut“ 1854 (Gruselkabinett 7)
[„Spuk in Hill House“ 1866 (Gruselkabinett 8 & 9)
[„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ 2349 (Gruselkabinett 10)
[„Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11)
[„Frankenstein. Teil 1 von 2“ 2960 (Gruselkabinett 12)
[„Frankenstein. Teil 2 von 2“ 2965 (Gruselkabinett 13)
[„Frankenstein. Teil 1 und 2“ 3132 (Gruselkabinett 12 & 13)
[„Die Blutbaronin“ 3032 (Gruselkabinett 14)
[„Der Freischütz“ 3038 (Gruselkabinett 15)
[„Dracula“ 3489 (Gruselkabinett 16-19)
[„Der Werwolf“ 4316 (Gruselkabinett 20)
[„Der Hexenfluch“ 4332 (Gruselkabinett 21)
[„Der fliegende Holländer“ 4358 (Gruselkabinett 22)
[„Die Bilder der Ahnen“ 4366 (Gruselkabinett 23)
[„Der Fall Charles Dexter Ward“ 4851 (Gruselkabinett 24/25)
[„Die liebende Tote“ 5021 (Gruselkabinett 26)
[„Der Leichendieb“ 5166 (Gruselkabinett 27)
[„Der Glöckner von Notre-Dame“ 5399 (Gruselkabinett 28/29)
[„Der Vampir“ 5426 (Gruselkabinett 30)
[„Die Gespenster-Rikscha“ 5505 (Gruselkabinett 31)
[„Jagd der Vampire. Teil 1 von 2“ 5730 (Gruselkabinett 32)
[„Jagd der Vampire. Teil 2 von 2“ 5752 (Gruselkabinett 33)
[„Die obere Koje“ 5804 (Gruselkabinett 34)
[„Das Schloss des weißen Lindwurms“ 5807 (Gruselkabinett 35)

Huff, Tanya – Blutspur (Blood Ties 2)

In „Blutzoll“, dem Auftaktroman von Tanya Huffs „Blood“-Serie, versuchte die Protagonistin Vicki Nelson gerade, sich damit abzufinden, dass ihre Augen zu schlecht sind, um noch bei der Polizei zu arbeiten. Stattdessen hatte sie sich als Privatdetektivin selbstständig gemacht. Offensichtlich lernt man in diesem Job die interessantesten Leute kennen, denn sie traf bei ihren Ermittlungen in einem Mordfall nicht nur auf einen Vampir, sondern wurde auch zum Blutopfer für einen Dämon auserkoren (eine zweifelhafte Ehre, die in der Regel tödlich endet).

Zu Beginn des zweiten Teils, „Blutspur“, ist Vickis Begegnung mit dem Dämon schon ein paar Monate her. Mittlweile scheint Vampir Henry eine feste Instanz in ihrem Leben zu sein, auch wenn er sich bisher weigert, noch einmal ihr Blut zu trinken – schließlich hatte sie erst kürzlich einen Großteil davon eingebüßt und muss sich nun erst erholen. Ihre Beziehung zu ihrem Ex-Partner Mike hat sich auch größtenteils normalisiert. Sie reden wieder miteinander, sie bekocht ihn und steckt ihn auch schon mal ins Bett, wenn er zu überarbeitet ist, um solche Kleinigkeiten selbst zu meistern.

Die Idylle wird jäh gestört, als Henry Vicki um Hilfe bittet. In der Nähe von Toronto lebt eine befreundete Familie von Werwölfen; inkognito natürlich. Trotzdem scheint jemand ihr Geheimnis erraten zu haben, denn bereits zwei der Familienmitglieder sind in Wolfsgestalt erschossen worden. Da die Familie nicht zur Polizei gehen kann, ohne ihre wahre Natur zu enthüllen, hoffen sie darauf, dass Vicki den Mörder finden kann.

Also fahren Henry und Vicki hinaus aufs Land, um sich auf der Schaffarm der Heerkens – sicherlich das perfekte Berufsbild für eine Gruppe von Werwölfen – umzusehen. Vicki braucht zunächst eine Weile, sich an das Gewusel aus Mensch und Wolf zu gewöhnen, auch weil die Werwölfe durchaus andere Moralvorstellungen vertreten als Menschen. Während Henry also gewöhnlich den Tag verschläft, sieht sich Vicki in dem kleinen Wäldchen um, aus dem die tödlichen Schüsse gekommen sein müssen. Zwar findet sie den Baum, auf den der Schütze offensichtlich geklettert ist, doch hilft ihr diese Erkenntnis kaum weiter. Denn es gibt einfach keine Verdächtigen …

Zur gleichen Zeit in Toronto nagt an Mike die Eifersucht. Streng genommen waren er und Vicki nie wirklich ein Paar, und trotzdem will er diesem Henry nicht einfach so das Feld überlassen. Irgendwas muss an dem Typen doch faul sei, findet er. Also stellt Mike heimlich Nachforschungen an und kommt bald zu einer beunruhigenden Erkenntnis, von der er findet, dass er sie Vicki möglichst sofort mitteilen muss. Und so fährt er auch zur Schaffarm, nur um mitten zwischen die Werwölfe, Henry und den Todesschützen zu geraten.

„Blutspur“ geht genauso rasant weiter, wie „Blutzoll“ aufgehört hat. Wieder präsentiert Huff ihrer Leserschaft einen übernatürlichen Kriminalfall, den es mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu lösen gilt. Und auch wenn Huff die Auflösung der Mordfälle hier etwas weiter hinauszögert, so liefert sie dem Leser doch wieder alle Indizien auf dem Silbertablett. Um das „Whodunit“ geht es nicht in erster Linie, sie führt also etwas anderes im Schilde.

In „Blutzoll“ war der Krimiplot Aufhänger für eine Kritik an der reißerischen und verantwortungslosen Berichterstattung der Massenmedien. In „Blutspur“ dagegen hat sich Huff eine neue moralische Grundsatzfrage ausgesucht, an der sie sich abarbeiten kann: den Gegensatz zwischen Recht und Gerechtigkeit. Da die Werwölfe eben kein menschliches Gericht anrufen können, ohne sich selbst bloßzustellen, nehmen sie das Recht selbst in die Hand. Die Frage, ob – und wenn ja, wann – Lynchjustiz zu akzeptieren ist, wird immer wieder im Roman gestellt. Ganz zu Anfang ist es Vicki, die sich mit dem Problem trägt, ob sie den Mörder den Werwölfen ausliefern kann (die ihn töten werden). Später ist es Mike, der die gleichen Fragen stellt, obwohl er gleichzeitig weiß, dass ihnen nicht viele Alternativen bleiben. Letztendlich wird der Gerechtigkeit genüge getan, nicht dem Recht.

Interessant an dem Roman ist vor allem die Beschreibung der Werwölfe. Sie werden weder romantisiert noch als blutgierige Bestien dargestellt. Stattdessen sind die Heerkens eigenbrötlerische Schafzüchter mit wenig Hang zu ordentlicher Lebensweise (offensichtlich hat wirklich niemand in dieser Familie einen Putzfimmel, denn so viele Wollmäuse wie hier gibt es sonst in keinem Buch). Wie Vicki schnell feststellt, ticken sie einfach grundsätzlich anders: So kann sie sie beispielsweise nicht davon abhalten, nachts in Fellgestalt hinauszugehen – und das, obwohl die Werwölfe verstehen, welches Risiko sie damit eingehen. Sie versuchen Vicki zu erklären, dass der Instinkt, ihr Revier abzulaufen und zu markieren, einfach stärker ist, doch das wiederum kann Vicki nicht nachvollziehen. Solche Missverständnisse gibt es häufiger und Vickis Geduld wird wiederholt auf die Probe gestellt. Letztendlich jedoch dienen diese Szenen hauptsächlich Huffs außerordentlich origineller und erfrischender Interpretation des Werwolf-Mythos.

Natürlich werden auch die drei Hauptcharaktere Vicki, Henry und Mike weiterentwickelt. Vicki und Henry tun |es| endlich, wenn auch völlig unromantisch auf einer Klappliege in einer Abstellkammer. Und Mike, der in „Blutzoll“ noch etwas blass blieb, darf sich hier, vom grünen Monster getrieben, zum rechthaberischen Macho aufspielen, nur um sich letztendlich doch wieder als ehrlicher und zuverlässiger Kerl zu erweisen. Die Rivalität zwischen Henry und Mike wird sicher auch in den folgenden Bänden der Serie eine Rolle spielen. Die beiden dabei zu beobachten, wie sie immer wieder aneinandergeraten, ist einfach zu amüsant und unterhaltsam, als dass Huff diesen Handlungsfaden so schnell wieder aufgeben wird.

Erwähnenswert ist außerdem der Handlungsort des Romans. Während in „Blutzoll“ noch Toronto eine zentrale Rolle spielte, ist es nun London – ein verschlafenes Städtchen irgendwo auf dem Land. Die Städter, allen voran Vicki und Mike, tun sich reichlich schwer damit, sich ans Landleben zu gewöhnen: Sie kämpfen mit widerspenstigen Büschen und Horden von Mücken und vermissen die Großstadt offensichtlich mit jeder Faser ihres Wesens.

Kurzum: „Blutspur“ ist ein ebenso überzeugender Pageturner wie Huffs Erstling „Blutzoll“. Vicki Nelson erweist sich einmal mehr als taffe Privatdetektivin, die nicht gut darin ist, ihre Schwächen zuzugeben, Hilfe anzunehmen oder in irgendeiner anderen Art und Weise gefühlsduselig zu werden. Außerdem zeigt sie sich äußerst anpassungsfähig: Einmal davon überzeugt, dass es Vampire gibt, hat sie nun auch mit anderen übernatürlichen Daseinsformen kein Problem. So wirft sie auch mal für einen jungen Werwolf Stöckchen, ohne dass sie daran etwas Seltsames finden könnte. Wieder ein gelungener Krimi!

|Originaltitel: Blood Trail
Deutsch von Claudia Wittemund
ISBN-13: 978-3-8025-3649-6|
http://www.Egmont-Lyx.de
http://www.bloodtiestv.com

_Tanya Huff auf |Buchwurm.info|:_

[„Blutzoll“ 5714 (aktuelle Ausgabe)
[„Blutzoll“ 123 (frühere Ausgabe)
[„Blutlinien“ 407
[„Hotel Elysium“ 1481 (Die Chroniken der Hüter I)
[„Auf Teufel komm raus“ 1995 (Die Chroniken der Hüter II)
[„Hüte sich wer kann“ 2545 (Die Chroniken der Hüter III)

Huff, Tanya – Blutzoll (Blood Ties 1)

Bis vor acht Monaten war Vicki Nelson noch eine der erfolgreichsten Ermittlerinnen in der Mordkommission von Toronto. Dann jedoch wurde bei ihr eine fortschreitende Augenkrankheit festgestellt, die sie für den Außendienst untauglich machte. Einen Bürojob wollte sie jedoch auf keinen Fall, und so kündigte sie lieber bei der Polizei und machte sich als Privatdetektivin selbstständig. Ihr ehemaliger Partner und unregelmäßiger Bettgenosse Mike Celluci hat ihr diesen Schritt allerdings übel genommen. Seit ihrer Kündigung haben sie kein Wort mehr miteinander gewechselt. Dumm nur, dass Vicki gleich am Anfang von Tanya Huffs „Blutzoll“ auf Mike stoßen wird, da sie zufällig Zeugin eines brutalen Mordes wird.

Als sie nach einem missglückten Date mit der U-Bahn nach Hause fahren will, wird auf den Gleisen ein junger Mann getötet. Die Leiche bleibt zurück, mit herausgerissener Kehle und völlig blutleer. Die herbeigerufene Polizei – und vor allem ihr Ex-Partner Celluci – stehen vor einem Rätsel. Bald stellt sich jedoch heraus, dass es sich um eine Mordserie handel muss. Weitere Opfer werden gefunden, die alle auf die gleiche Weise ermordet wurden. Zwischen den Opfern besteht keine Verbindung und die Polizei tappt völlig im Dunkeln. Es fehlen sowohl Tatverdächtige als auch ein Motiv. Die lokale Presse hat allerdings kein Problem damit, die Morde zu erklären: Mit großen Aufmachern behauptet das städtische Revolverblatt, dass die Morde von einem Vampir begangen wurden.

Das wiederum gefällt Henry Fitzroy gar nicht, denn Henry ist tatsächlich ein Vampir. Er befürchtet, dass die reißerische Berichterstattung sein unauffälliges Leben als Autor billiger Liebesschnulzen gefährdet. Er vermutet, dass die Morde tatsächlich von einem wild gewordenen Vampir verübt wurden, und macht sich auf, diesen Vampir zu finden und zu vernichten.

Vicki dagegen wird von der Freundin des ersten Opfers angeheuert, um den Mörder zu finden. Logisch, dass sich Vickis und Henrys Wege im Verlauf der Ermittlungen kreuzen werden. Und natürlich braucht es sowohl die Privatdetektivin als auch den Vampir, um den eigentlichen Bösewicht zu finden und unschädlich zu machen.

„Blutzoll“ ist der Auftakt zu Tany Huffs fünfteiliger Blood-Serie. Bereits 1991 auf Englisch erschienen, brachte der kleine Fantasyverlag |Feder & Schwert| die Serie 2004 auf den deutschen Markt. Nachdem dann die TV-Adaption „Blood Ties“ auf |RTL 2| anlief, übernahm |Egmont LYX| die Romanserie.

„Blutzoll“ ist ein wirklich unterhaltsamer Pageturner mit einem übernatürlich angehauchten Mordfall und überzeugend gezeichneten Charakteren. Natürlich lebt der Roman vor allem von der Protagonistin Vicki Nelson. Mit ihr präsentiert Huff ihren Lesern eine taffe und kompetente Frau, die mitten im Leben steht und sich auch von ihrer Nachtblindheit und von ihrem nicht vorhandenen peripheren Sehvermögen nicht in der Verbrecherjagd einschränken lässt. Vicki ist Realistin und völlig unromantisch. Als Mike wieder in ihr Leben stolpert, macht es beiden nichts aus, mal hier und da die Nacht miteinander zu verbringen, ohne dass große Gefühlsbekundungen folgen würden.

Vicki hält nichts von großen Gefühlen, das muss auch Vampir Henry Fitzroy bald feststellen. Eigentlich ist er der klassische romantische Held – gutaussehend, verführerisch, loyal und auch bereit, für die Dame seines Herzens den Kragen zu riskieren. Doch bei Vicki beißt er damit auf Granit. Zwar findet sie ihn anziehend und es werden in „Blutzoll“ auch schon erste Körperflüssigkeiten ausgetauscht (Blut, die Rede ist selbstverständlich von Blut!), doch viel weiter kommt der arme Henry mit seinen Avancen nicht.

Es ist gerade Vickis spröde Art, die den Reiz der Geschichte ausmacht. Da hat sie zwei Männer, die an ihr interessiert sind, und keinen von beiden mag sie erwählen. Mit Mike verbindet sie eher eine klassische Kumpelfreundschaft und mit Henry eine Art schwebende Romanze, bei der aber nie Fakten geschaffen werden. Es wird geflirtet, aber jeder legt sich in seinem eigenen Bett zur Ruhe.

Tanya Huffs Vampir ist natürlich von anderen Romanen beeinflusst. So bedient sich Huff bei einschlägigen Quellen, reinterpretiert diese aber originell und mit einem Augenzwinkern. So wird Henry beispielsweise in einem Club Rotwein angeboten. „Nur ein stärkerer Mann als Henry Fitzroy hätte dieser Vorlage widerstehen können,“ heißt es daraufhin. Und so lehnt Henry das Getränk mit den Worten, „ich trinke niemals … Wein“, ab. Ebenfalls interessant ist Henrys Einstellung zur Religion. Tanya Huff macht hier eindeutig einen Gegenentwurf zu Anne Rices vom Christentum enttäuschten Vampiren auf. Ihr Henry Fitzroy, vor 450 Jahren als unehelicher Sohn Henry VIII. geboren, ist ein guter Katholik. Während die bodenständige Vicki in brenzligen Situationen lieber Fäuste sprechen lässt, ist Henry nicht abgeneigt, auch mal himmlischen Beistand anzurufen. Dieses friedliche Nebeneinander von Vampirismus und Religion ist erfrischend. Es trägt auch dazu bei, Henry unproblematisch zu gestalten: Ja, er ist faszinierend, geheimnisvoll und attraktiv. Er hat allerdings kaum etwas von der Düsternis, von denen Vampire in der Regel umgeben sind. Er hadert nicht mit seinem Schicksal, sondern stattdessen wie jeder Schriftsteller mit der leeren Seite, denn wenn er seine Abgabetermine nicht einhält, kann er seine Miete nicht zahlen. Wie prosaisch, wie menschlich!

Hinter den kurzweiligen und durchweg sympathischen Hauptfiguren droht der Krimiplot von Zeit zu Zeit etwas zu verblassen, vor allem dann, wenn Huff sich eigentlich kaum Mühe gibt, den wahren Mörder zu verheimlichen. Sie erzählt aus verschiedenen Perspektiven, unter anderem eben auch aus der des Mörders (bzw. Mordsgehilfen). Das nimmt relativ schnell die Spannung aus den Ermittlungen – man wartet hauptsächlich darauf, dass Vicki und Henry dem Bösewicht endlich auf die Schliche kommen statt selbst zu knobeln, was denn des Rätsels Lösung sein könnte.

„Blutzoll“ überzeugt trotzdem. Die Handlung wird nie langweilig und mit den Hauptfiguren identifiziert man sich als Leser mehr als gern. Huff erzählt mit gekonnter Leichtigkeit: Ihre Personen gelingen ihr mühelos, und auch das Setting wirkt plastisch und real – wohl auch, weil die Autorin viele Jahre in Toronto gelebt hat. Diese Stadt, die auf der Karte der Fantasy wohl eher ein weißer Fleck ist, avanciert bei ihr selbst zum Protagonisten. Toronto lebt, brodelt und die Charaktere bewegen sich entlang der Lebensadern dieser Stadt – um Blut zu trinken, Mörder dingfest zu machen und Dämonen aufzuspüren. Ein lesenswerter Krimi mit fantastischem Einschlag.

|Originaltitel: Blood Ties
Ins Deutsche übertragen von Claudia Wittemund
351 Seiten
ISBN-13: 978-3-8025-3648-9|
http://www.Egmont-Lyx.de
http://www.bloodtiestv.com

_Tanya Huff auf |Buchwurm.info|:_

[„Blutzoll“ 123 (frühere Ausgabe)
[„Blutlinien“ 407
[„Hotel Elysium“ 1481 (Die Chroniken der Hüter I)
[„Auf Teufel komm raus“ 1995 (Die Chroniken der Hüter II)
[„Hüte sich wer kann“ 2545 (Die Chroniken der Hüter III)

MacAlister, Katie – Vampir im Schottenrock

Katie MacAlister schreibt Schnulzenromane über Mährische Dunkle. Jeder normale Mensch würde „Vampir“ sagen, aber MacAlister hat nun mal den Spleen, ihre Vampire Dunkle zu nennen. In den vergangenen drei Bänden der Serie hat sie ihrer Leserschaft groß und breit auseinandergelegt, dass Dunkle eben aus Mähren stammen (wohl einfach, weil Osteuropa so wildromantisch ist). Doch nun hat eben diese Leserschaft in MacAlisters Fanforum einmütig nach einem schottischen Vampir – pardon, Dunklen – verlangt und MacAlister beeilt sich, diesen Wunsch zu erfüllen.

In „Vampir im Schottenrock“ wird die Handlung also plötzlich nach Schottland verlegt. Der Dunkle Paen wird vorgestellt, der für einen Dämon eine ominöse Statue beschaffen soll. Schafft er dies nicht innerhalb von fünf Tagen, wird seine Mutter ihre Seele verlieren. Paen hat keine Ahnung, wie er die Statue finden soll, also macht er das einzig Richtige: Er wendet sich an die Detektei von Sam (Wahrsagerin mit abgebrochenem Studium) und Clare (blumenfutternde Fee), die sich darauf spezialisiert haben, verschwundene Gegenstände zu finden. Wie praktisch!

Sam besteht darauf, sich zunächst Paens Heimstatt (die sich bald ganz standesgemäß als Schloss herausstellen soll) anzusehen, um dort Statuen-Witterung aufzunehmen. Auf der Autofahrt dorthin kommen sich Paen und Sam natürlich näher und hätten wahrscheinlich sofort und gleich Sex, wenn Sam nicht ein kleines Partnerschaftsproblem hätte: Jedesmal, wenn sie sexuell erregt ist, verlässt ihre Seele ihren Körper (Glückwunsch an jeden Leser, der es schafft, bei dieser Szene nicht lauthals loszulachen). Sie entschwebt, während die Action woanders stattfindet. Naturgemäß findet sie diesen Zustand frustrierend, doch Paen verspricht natürlich sofort, ihr zu beweisen, dass er das Entschweben von Sams Seele verhindern kann. Sie vereinbaren, das bei der nächsten Gelegenheit auszuprobieren – zu rein wissenschaftlichen Zwecken, versteht sich -, doch soll es noch eine Weile dauern, bis sie die Zeit finden, wirklich in die Kissen zu sinken.

Zwischendurch wird nämlich noch Clare angeschossen, es taucht eine zweite Statue auf und Paen versucht, die Ursprünge der Dunklen zu ergründen. Es gibt ein paar Geister, blutdürstige Schmetterlinge und Affen à la „Fluch der Karibik“. Und ja, das ist alles genauso willkürlich, wie es klingt.

Katie MacAlister hat ja bereits in den vergangenen drei Bänden reichlich Angriffsfläche für harsche Kritik geboten. „Vampir im Schottenrock“ bildet da keine Ausnahme, denn auch hier gibt es wieder viel sinnloses Hin- und Hergelaufe und noch mehr nervtötendes Gelaber. Mittlerweile tritt aber so etwas wie Gewöhnung ein, denn anstatt aufzuregen, langweilt die Lektüre nur noch. Keiner der Charaktere entfacht so etwas wie Sympathie oder gar Interesse beim Leser und die vollkommen konfuse Handlung, die in der zweiten Hälfte komplett aus dem Ruder läuft, ist auch nicht dazu angetan, Begeisterungsstürme beim Publikum hervorzurufen.

Seit vier Bänden schreibt MacAlister nun also immer wieder das gleiche Buch. Sie tritt auf der Stelle – man erfährt nichts über Dunkle, das man nicht auch schon nach der Lektüre des ersten Bandes gewusst hätte. MacAlister macht sich nicht die Mühe, an einer Art übergeordneter Mythologie zu arbeiten, die ihre Welt zusammenhält. Stattdessen streut sie übernatürliche Wesen nach völlig willkürlichen Regeln ein, offensichtlich einfach nur, weil es pittoresk und irgendwie niedlich ist. So hatten wir bereits Geister, Wächter, Bannwirker, Beschwörer, Dämonen und Mumien – nicht zu vergessen Dunkle. Nun kommen Wahrsager, Feen und Elfen hinzu.

Ein ziemlich illustrer Haufen also, allerdings versäumt MacAlister, diese Begrifflichkeiten auch mit Leben zu füllen. Das einzige Charakteristikum, dass sie für eine Elfe liefert, sind ihre spitzen Ohren (sehr originell). Eine Fee dagegen scheint ein Faible für Blumen zu haben. Clare beispielsweise ist den Großteil des Romans damit beschäftigt, Blumensträuße zu arrangieren, die sie dann genüsslich verspeist. Das ist nicht wirklich ein wichtiges handlungstreibendes Element und trotzdem wird es von MacAlister wieder und wieder genüsslich ausgebreitet – eigentlich hat Clare außer der Blumenesserei im Roman kaum etwas zu tun. Oh, außerdem ist sie davon überzeugt, keine Fee zu sein (warum sie sich so gegen diese Tatsache sträubt bleibt MacAlisters Geheimnis), was sie zu folgenden Blüten der Wortkunst verleitet: „Ich bin keine Fee. Ich bin ein Unterwäschemodel. Das ist ein riesiger Unterschied.“

Das größte Problem ist allerdings MacAlisters Seelen-Fixierung. In ihrem Universum wird ein Dunkler ohne Seele geboren. Findet er seine Geliebte, bekommt er auch eine Seele. Nur: Was genau ist eine Seele bei MacAlister? Lässt sie uns fühlen? Pflanzt sie uns Leidenschaften und Ängste ein? Sagt sie uns, was richtig und falsch ist? Keine Ahnung … MacAlister fühlt sich nie berufen, diese Fragen zu beantworten. Stattdessen schwankt sie mal in die eine und mal in die andere Richtung – wie sie es eben gerade braucht – und behauptet abwechselnd, ohne Seele zu leben wäre gar kein Problem und ohne Seele zu leben wäre schrecklich.

So sagt Paen am Anfang: „Nun, ich bin ja auch verdammt! Ihr wisst doch gar nicht, wie das ist!“ Ein paar Kapitel später findet er dann aber: „Mir fehlt zwar die Seele, aber davon lasse ich mich in keiner Weise einschränken.“ Ja, was denn nun? Erschwerend kommt hinzu, dass zwischen Beseelten und Unbeseelten charakterlich keinerlei Unterschied besteht. Paen ist ohne Seele genauso wie mit Seele. Was soll also der ganze Seelen-Hokuspokus? Offensichtlich handelt es sich bei dieser Seele nur um ein schickes Accessoire, das einem Outfit zwar den letzten Pfiff verleiht, zur Not kommt man aber auch ganz gut ohne aus.

Fans von paranormal-romantischen Errettungsgeschichten werden bei „Vampir im Schottenrock“ sicher auf ihre Kosten kommen, doch wer abwechslungsreiche Lektüre mag, ist hier völlig fehl am Platze. MacAlister schreibt ihre Romane nach immer derselben Formel und erstickt so jegliche Spannung und Neugierde beim Leser im Keim.

|Die Dunklen|

1. „A Girl’s Guide to Vampires“ [(„Blind Date mit einem Vampir“) 4983
2. „Sex and the Single Vampire“ [(„Kein Vampir für eine Nacht“) 5633)
3. „Sex Lies and Vampires“ [(„Küsst du noch oder beißt du schon?“) 5673
4. „Even Vampires Get the Blues“ („Vampir im Schottenrock“)
5. „The Last of the Red-Hot Vampires“ („Vampire sind zum Küssen da“)

|Originaltitel: Even Vampires Get the Blues
Ins Deutsche übertragen von Antje Görnig
351 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-8025-8176-2|
http://www.egmont-lyx.de
http://www.katiemacalister.com

MacAlister, Katie – Küsst du noch oder beißt du schon?

„Küsst du noch oder beißt du schon?“ ist bereits der dritte Roman aus der Feder von Vielschreiberin Katie MacAlister, der sich mit der Frage beschäftigt, wie Dunkle (normale Menschen würden sie Vampire nennen) am besten die Frau fürs Leben finden. Im Erstling [„Blind Date mit einem Vampir“ 4983 geriet Joy and Raphael. Im zweiten Teil (vom Verlag |Egmont LYX| fälschlicherweise als Band drei herausgebracht) „Kein Vampir für eine Nacht“ drängte sich Allie ins Bett von Christian. Und im nun vorliegenden dritten Teil mit dem bereits oben erwähnten haarsträubenden Titel ist nun die Historikerin Nell dran, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Tschechien gelockt wird, um dort einen gekidnappten Jungen und als Bonus den Vampir für gewisse Stunden zu finden. Dabei passiert nichts, was MacAlister nicht schon in den vorangegangenen Bänden bis zum Erbrechen durchgekaut hätte.

Doch von Anfang an: Die Amerikanerin Nell ist Historikerin. Da ihr ein Blick auf eine außergewöhnliche Rüstung versprochen wird, reist sie nach Tschechien. Doch dort angekommen, eröffnet ihr die Besitzerin der Rüstung, dass sie es eigentlich auf Nells magische Kräfte abgesehen hat. Ihr Neffe wurde von einem Dämon entführt, und sie ist überzeugt, dass nur Nell helfen kann. Nun hat Nell in ihrem Leben genau einen Bann gewirkt, und der ist sowas von nach hinten losgegangen, dass sie aller Magie abgeschworen hat. Doch bevor sie auch nur dreimal „Blutsauger“ sagen kann, findet sie sich auf einem alten Schloss wieder, wird von einem verräterischen Vampir gekidnappt und flüchtet durch ganz Europa, um dem bösen Dämon auf die Schliche zu kommen.

Natürlich ist der Vampir, Adrian der Verräter, gar nicht so verräterisch und bösartig, wie es zunächst den Anschein hat. Und obwohl Nell ihn zunächst – natürlich – nicht ausstehen kann, erliegt sie schlussendlich doch seinem spröden Charme und wird zu seiner Auserwählten. Außerdem gilt es Sex, Mumien und nervtötende Vampirkinder in der Pubertät zu überstehen, bevor man den Roman nach knapp 400 Seiten erleichtert zuklappen darf.

Katie MacAlister ist zwar mit einer flinken Feder, aber nicht gerade mit einer blühenden Fantasie gesegnet. Anders ist es wohl kaum zu erklären, dass ihre Romanreihe um die Dunklen nun schon seit drei Bänden immer und immer wieder die gleichen Charaktere, Handlungsstränge und sogar Motive mit einer Gleichmut wiederkäut, die entweder darauf beruht, dass MacAlister es tatsächlich nicht besser weiß, oder aber, dass sie es genießt, ihrer Leserschaft für immer das gleiche Buch ständig aufs Neue das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Ein kleiner Vergleich mit dem Vorgänger „Kein Vampir für eine Nacht“ bringt die Parallelen ans Licht: Dort hatten wir Allie, die „störrische“ Amerikanerin, die sich in den „arroganten“ Dunklen Christian verliebt. Im aktuellen Band haben wir Nell, die „störrische“ Amerikanerin, die sich in den „arroganten“ Dunklen Adrian verliebt. MacAlister hat es noch nicht einmal für nötig befunden, die Charaktereigenschaften ihrer Protagonisten zumindest minimal zu variieren. Allie war nicht gerade perfekt, sie hatte ein vernarbtes Bein aufgrund eines Autounfalls. Nell dagegen ist nicht perfekt, da sie durch einen Schlaganfall halbseitig gelähmt ist. Allie ist als Beschwörerin eine Niete, findet aber im Lauf der Handlung ihr Talent und steht am Ende mit einer ganzen Sammlung Geister da. Nell möchte keine Banne wirken, tut es aber im Verlauf der Handlung doch und erweckt daraufhin eine ganze Schar Mumien, die ihr wie treue Hunde folgen. Allie kann Christian zunächst nicht leiden, ändert aber ihre Meinung und springt mit ihm ins Bett. Nell kann Adrian zunächst nicht leiden, ändert aber ihre Meinung und bearbeitet Adrian dann so lange, bis er einsieht, dass sie seine Auserwählte ist. Originell ist definitiv anders.

MacAlister meint, humorvolle und romantische Prosa mit übernatürlichem Einschlag zu schreiben. Nur leider ist das, was sie als humorvoll bezeichnet, so überzogen und überdreht, dass man den Eindruck hat, alle Charaktere agierten unter dem ständigen Einfluss von Stimmungsaufhellern. Schon im ersten Band führte das dazu, dass der Showdown spleening, überdreht und wie ein Kind auf Cola daherkam. Und auch hier besteht wieder das gleiche Problem: Es wird geredet und geredet; selbst im Angesicht des Bösewichts werfen sich die beiden Verliebten noch ein „Hasi“ und ein „Knackpopöchen“ (Originalzitat!) zu und diskutieren in aller Gemütsruhe, wer hier eigentlich wen rettet. Der Bösewicht selbst, der 400 Seiten lang aufgebaut und als fieser Dämon hingestellt wurde, wird dann so banal und nebenbei um die Ecke gebracht, dass man es fast überliest, wenn man nicht genau aufpasst. Und da MacAlister eben nicht erzählen und dem Leser die Handlung zeigen kann, lässt sie ihre Protagonisten dann noch drei Seiten lang darüber referieren, wie und warum sie den Dämon nun umgebracht haben.

Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, MacAlister würde sich ständig selbst parodieren. So führt ihre Unfähigkeit, Personen irgendwie eindeutig zu charakterisieren (z. B. durch deren Handlungen) dazu, dass Adrian ständig in Dialogen wiederkäut, dass er der Verräter ist und alle ihn hassen. „Ich bin kein Stimmungsring. Ich bin kein Spielzeug. Ich bin gefährlich und werde von allen gefürchtet!“ Das erinnert sehr stark an die bellenden Hunde, die nicht beißen, und so verbaut sich MacAlister selbst die Chance, Adrian als Vampir mit dunklem Geheimnis erscheinen zu lassen. Und wenn dieser große böse Vampir seine Auserwählte dann auch noch ständig Hasi nennt, dann ist die schmale Grenze zwischen lustig und unterirdisch definitiv überschritten.

Während die beiden vorangegangenen Romane noch so etwas wie einen nachvollziehbaren Plot hatten, wird es bei „Küsst du noch oder beißt du schon?“ bereits schwierig, einen solchen auszumachen. Es gibt zu viele Ungereimtheiten und klaffende Logiklöcher, um eine geradlinige Handlung erkennen zu können. Stattdessen wird viel hin- und hergerannt. Es wird viel verfolgt und weggelaufen, und irgendwann nach der Hälfte präsentiert uns MacAlister noch den bösen Zwilling, der eigentlich alle Fäden in der Hand hält. Das ist allerdings alles so abstrus und verwirrend herbeigeschrieben, dass man permanent mit dem Kopf schütteln möchte.

Ebenfalls mit dem Kopf schütteln möchte man bei MacAlisters schaurigem Einfall, ein paar Mumien einzubauen, um die Leserschaft zu amüsieren. Leider sind die Mumien vollkommen sinnlos, da sie für die Handlung keinen Zweck erfüllen. Sie sind reines Füllsel und leider zu eklig. um noch lustig sein zu können.

Schon „Blind Date mit einem Vampir“ und „Kein Vampir für eine Nacht“ waren keine Highlights der romantischen Vampirliteratur. Mit „Küsst du noch oder beißt du schon?“ schreibt sich MacAlister allerdings in ungeahnte Abgründe der Anspruchslosigkeit. So viel banal, plakativ und klischeehaft gibt’s selten fürs Geld!

|Die Dunklen|

1. „A Girl’s Guide to Vampires“ [(„Blind Date mit einem Vampir“) 4983
2. „Sex and the Single Vampire“ [(„Kein Vampir für eine Nacht“) 5633)
3. „Sex Lies and Vampires“ („Küsst du noch oder beißt du schon?“)
4. „Even Vampires Get the Blues“ („Vampir im Schottenrock“)
5. „The Last of the Red-Hot Vampires“ („Vampire sind zum Küssen da“)

|Originaltitel: Sex, Lies and Vampires
Ins Deutsche übertragen von Antje Görnig und Bettina Oder
398 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-8025-8140-3|
http://www.egmont-lyx.de
http://www.katiemacalister.com

Katie MacAlister – Kein Vampir für eine Nacht

In Katie MacAlisters „Blind Date mit einem Vampir“,  dem Auftaktroman ihrer Reihe um die „Dunklen“, durfte die geneigte Leserin verfolgen, wie die Hauptfigur Joy in Tschechien zwar nicht den Vampir, aber doch den Mann fürs Leben fand. In der Fortsetzung „Kein Vampir für eine Nacht“ kann man nun zwar erfahren, wie es mit Joy und Raphael weitergegangen ist, aber nur in einer Nebenhandlung. Tatsächlich hat sich MacAlister für den zweiten Band eine neue Protagonistin ausgedacht, die es auf den folgenden 400 Seiten erfolgreich zu verkuppeln gilt.

Allegra ist Beschwörerin, das heißt, sie ruft Geister herbei. Inwiefern so etwas die Miete, den Supermarkteinkauf und anfallende Rechnungen bezahlen soll, erklärt MacAlister zwar nicht. Trotzdem hat Allegra eine Festanstellung, und das, obwohl es ihr in ihrer gesamten Karriere noch niemals gelungen ist, auch tatsächlich einen Geist herbeizurufen. Ihr Chef ist davon kaum begeistert, darum hat er sie nach London geschickt, wo sie nun endlich mal etwas Ordentliches beschwören und damit den Beweis ihrer Fähigkeiten erbringen soll. Tatsächlich ist London ihrem geheimen Beschwörer-Gen offensichtlich sehr zuträglich, denn am Schluss des Romans hat sie sieben Geister beschworen, die ständig um sie herumschwirren (wenn sie sich nicht gerade im Fernsehen „Buffy“ ansehen).

Nebenbei soll sie bei ihrem London-Aufenthalt auch unbedingt einer Lesung von J. C. Dante beiwohnen und ihrer Freundin ein signiertes Buch mitbringen. Allie selbst hält von Dantes Romanen überhaupt nichts und wirft sich eher widerwillig in das weibliche Getümmel, das den Starautor paranormaler Romanzen umgibt. Allerdings lernt sie dort Joy und Roxy kennen, die sofort beschließen, dass Allie Dantes Auserwählte sein muss. Und dass, obwohl sie Dante unglaublich arrogant und unsympathisch findet! Es kommt natürlich alles, wie es kommen muss: Sie fällt mit Christian (also Dante) in die Kissen, sie gestehen sich ihre ewige Liebe und dazwischen müssen noch ein böses magisches Triumvirat besiegt und ein Dämon zurück in die Hölle geschickt werden – aber das ist eher lästiges Beiwerk. Stattdessen konzentriert sich MacAlister auf Bettgeschichten, wahnsinnig süßliche Liebesgeständnisse und unglaublich nervtötende Dialoge.

Wer „Blind Date mit einem Vampir“ kennt, kennt auch „Kein Vampir für eine Nacht“, denn die Fortsetzung ist „more of the same“, wie der Engländer so schön sagt. Wieder gibt es eine Ich-Erzählerin und wieder ist sie leicht fehlerhaft – diesmal sind es ein vernarbtes Bein und verschiedenfarbige Augen. Ganz klassisch kann sie den Mann ihrer Träume zunächst nicht ausstehen, nur um schließlich doch noch seinem Charme zu erliegen und als ultimativen Liebesbeweis ihr Leben für den Liebsten zu riskieren. Selbiger war zwar anfangs auch nicht von seiner Auserwählten angetan, doch ist er selbstverständlich gegen sein Schicksal machtlos: Allie ist dazu auserkoren, Christians Seele zu retten, und das wird sie auch tun, da kann der arrogante Macho sich noch so sehr wehren. Das bedient natürlich das gleiche Klischee wie der Erstling, nämlich das Männer zwar gutaussehend und sexy, aber geistig auf dem Stand von Neandertalern verblieben sind und deshalb nicht wissen, was gut für sie ist. Darum müssen sie gegen ihren Willen von einer gutmeinenden Frau verführt und in den Hafen der Ehe verschifft werden.

Viel Handlung ist bei „Kein Vampir für eine Nacht“ nicht zu erwarten, und was MacAlister an Handlung bietet, ist reichlich abstrus und teilweise widersprüchlich. Das macht der Autorin offensichtlich nichts aus, man hat nie den Eindruck, dass sie ihren Roman oder ihre Charaktere sonderlich ernst nehmen würde. Ihr Personal ist dermaßen überzeichnet und viele Szenen sind so slapstickartig aufgebaut, dass einem als Leser schnell schwindelig wird. Das alles soll natürlich kurzweilig und witzig sein, doch wirkt es meistens nur übertrieben und spleenig.

Offensichtlich ist MacAlister der Meinung, Vampire seien das Ultimum an Romantik. Deshalb nennt sie sie auch nicht „Vampire“, sondern „Dunkle“ – gerade so, als wäre Vampir politisch unkorrekt und diskriminierend. Dunkle, das sind bei MacAlister unsterbliche, Blut trinkende Männer, die verzweifelt auf der Suche nach ihrer Auserwählten sind, denn nur sie kann die Seele des Dunklen retten. Ohne Frau ist er verzweifelt, deprimiert, selbstmordgefährdet – mit Frau ist er vollkommen, glücklich und endlich ein ganzer Mann. So sagt Allie an einer Stelle über Christian: „Christian war im Grunde seines Herzens zutiefst verzweifelt und sehnte sich nach Liebe, denn sie war der Schlüssel zur Rettung seiner Seele.“ Hach, wie schön! Ist der Dunkle erst einmal romantisch errettet (d. h. aus seinem Neandertalerstadium befreit), mutiert er zum zuvorkommenden Liebhaber und potenten Sexgott; schließlich ist es fortan seine Lebensaufgabe, seine Geliebte wunschlos glücklich zu machen. Na, das sind doch Aussichten!

Schon diese völlig an den Haaren herbeigezogene und gänzlich auf den Romance-Plot ausgelegte Vampirmythologie ist an Kitsch kaum zu überbieten. Leider sind MacAlisters Charaktere auch nicht viel besser. Allie ist die typische Heroine, die nicht ganz perfekt ist und anfangs an sich zweifelt (es ist aber auch blöd, ein Beschwörer zu sein, wenn man offensichtlich gar nicht beschwören kann). Schlussendlich findet sie aber im Laufe der Handlung sich selbst und damit auch den Mann ihrer Träume. Und auch wenn sie anfangs mit Christian nicht viel anfangen konnte, so sieht sie doch irgendwann die Vorzüge eines Vampirs und erklärt ganz hingerissen: „Von einem Dunklen geliebt zu werden, ist alles, was sich eine Frau nur wünschen kann.“

Dumm nur, dass auch die Liebe völlig zerredet wird. MacAlister scheint unfähig, dem Leser Dinge zu zeigen – durch Taten oder Andeutungen. Schließlich hat sie einen Liebesroman geschrieben, und da muss alles deutlich und auch für den naivsten Leser zu durchschauen sein. Deshalb wird geredet, ständig und unaufhörlich. Anstatt zu zeigen, wie die Charaktere sich lieben, lässt MacAlister sie ihre Liebe gestehen – immer und immer wieder. Das geht so weit, dass selbst die Sexszenen so von Dialogen durchzogen sind, dass die Erotik vollkommen verloren geht. Wenn Allie und Christian das erste Mal Sex haben, hat man eher den Eindruck, die beiden würden eine gepflegte Unterhaltung führen (bei der sie zufällig nackt sind und Körperflüssigkeiten austauschen). Wie abtörnend.

Auch die Nebencharaktere sind nicht besser. Da hochschwanger, erscheint Joy noch mehr wie eine unförmige Planschkuh. Und deren beste Freundin Roxy, die schon in „Blind Date mit einem Vampir“ nie den Rand halten konnte, ist nun tatsächlich noch nerviger – unglaublich, aber wahr. Ständig plappert sie unzusammenhängendes Zeug, macht peinliche Bemerkungen und unterbricht Dialoge gerade dann, wenn doch einmal so etwas wie Handlung transportiert werden soll. Ohne Frage ist Roxy die Gülcan der Supernatural Fantasy. Leider fällt ihr nie ein Backstein auf den Kopf. Sie wird auch nicht vom Auto überfahren oder von einem Dämon gefressen. Es besteht also die berechtigte Gefahr, dass sie auch in zukünftigen Fortsetzungen ihr sinnloses Gelaber verbreiten wird.

„Kein Vampir für eine Nacht“ ist uninspirierte Schnulzenkost, ein Roman vom Fließband, der sich nur minimal vom Vorgänger „Blind Date mit einem Vampir“ unterscheidet. Wer Kitsch mag, ist hier vermutlich richtig. Wer eine gute Liebesgeschichte will, sollte sich eher ein anderes Buch suchen.

Man muss Egmont LYX zugute halten, dass sie die Romanreihe wunderbar aufgemacht auf den Markt gebracht haben. Die Covergestaltung und das Artwork sind wirklich peppig und liebevoll. Nur schade, dass der Inhalt nicht hält, was die Verpackung verspricht.

Die Dunklen

1. „A Girl’s Guide to Vampires“ („Blind Date mit einem Vampir“)
2. „Sex and the Single Vampire“ („Kein Vampir für eine Nacht“)
3. „Sex Lies and Vampires“ („Küsst du noch oder beißt du schon?“)
4. „Even Vampires Get the Blues“ („Vampir im Schottenrock“)
5. „The Last of the Red-Hot Vampires“ („Vampire sind zum Küssen da“)

Originaltitel: Sex and the Single Vampire
Ins Deutsche übertragen von Antje Görnig
398 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-8025-8139-7
www.egmont-lyx.de
www.katiemacalister.com

Kenner, Julie – Dämonen zum Frühstück (Die unglaublichen Abenteuer der Kate Connor 1)

Seit den Präsidentschaftswahlen in den USA im vergangenen Jahr kann auch jeder Bundesbürger etwas mit dem Begriff Soccer Mom anfangen. Eine Soccer Mom fährt mit ihrem riesigen Van die Kinder zur Schule, geht bei Wal-Mart einkaufen, holt die Kinder wieder ab, fährt sie zum Fußball, Ballett oder Kino und dazwischen macht sie den Haushalt und ist ihrem Ehemann eine treusorgende Ehefrau. Das klingt zunächst weder spannend noch nach dem Stoff für einen Roman, und doch hat sich Julie Kenner in „Dämonen zum Frühstück“ genau solch einer Soccer Mom angenommen.

Nun gut, es sollte vielleicht noch erwähnt werden, dass die Protagonistin des Romans, die zweifache Mutter Kate Connor, früher mal für die Forza – die Dämonenabteilung des Vatikan – Untote und Dämonen zur Strecke gebracht hat. Aber das ist schon seit Jahren vorbei. Mittlerweile ist sie mit dem Juristen Stuart verheiratet und hat zwei Kinder, eins im Teenager- und eins im Windelalter. Tatsächlich ist zu Beginn des Romans ihr größtes Problem eine Dinnerparty, die ihr Mann ihr kurzfristig aufs Auge drückt. Stuart will nämlich als Bezirksrichter kandidieren und muss dafür natürlich viele Hände schütteln. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass Horden von Politikern in Kates Haus einfallen und sie ihnen Delikatessen und teuren Wein auftischt, während sie gepflegte Konversation betreibt und die perfekte Ehefrau spielt. Für die meisten Frauen wäre schon diese Aufgabe Stress pur, doch Kates Situation verschlechtert sich schlagartig, als frühmorgens ein Dämon durch ihr Küchenfenster springt und sie zu töten versucht.

Plötzlich sieht sich Kate also mit mehreren Problemen konfrontiert: Sie war einst in das Städtchen San Diablo gezogen, weil es dort eben keine Dämonenaktivität gab. Wo kommt also plötzlich dieser Dämon her und was will er von ihr? Wie kann sie die Leiche verschwinden lassen? Und schafft sie es noch rechtzeitig, die Party vorzubereiten?

Julie Kenners Romanidee klingt zunächst spannend und kurzweilig: Was würde wohl passieren, wenn jemand wie die allseits bekannte Buffy Summers die Vampirjagd aufgibt und stattdessen sesshaft wird – so ganz klassisch mit Kind und Kegel? Und was passiert, wenn ihr altes Leben dann doch wieder an die Türe klopft? Dieser Clash der Kulturen könnte sich durchaus faszinierend gestalten, und doch schafft es Kenner nicht ganz, den Bogen zwischen humoristischer Frauenliteratur und fetziger Dämonenjagd zu schlagen.

Kenner schreibt ihre Kate Connor – die ihre Geschichte in der Ich-Form erzählt – flott und frei von der Leber weg. Das soll natürlich spritzig wirken und dem Leser den ein oder anderen Lacher entlocken. Nur leider traut Kenner ihrer Leserschaft nicht über den Weg. Jede ironische Bemerkung erklärt sie dem Leser groß und breit, was natürlich den Witz im Keim erstickt. Und ihr kurzweiliger Erzählstil führt hauptsächlich dazu, dass sie von einem Thema zum nächsten springt, in der Regel mit in Klammern gesetzten Einschüben, die auch schon mal eine halbe Seite in Anspruch nehmen können. Das nimmt das Tempo aus der Erzählung und nervt nach einer Weile nur noch.

Apropos nerven: Wer schon immer mal einen Roman über den Tagesablauf einer Hausfrau mit zwei Kindern lesen wollte, der ist bei „Dämonen zum Frühstück“ an der richtigen Adresse. Wer aber auf einen spannenden Roman hofft, in dem wenigstens zwischenzeitlich dämonisch die Post abgeht, der wird sich bei der Lektüre schnell langweilen. Kenner interessiert sich offensichtlich mehr fürs Hausfrauliche als fürs Dämonenjagende in Kate Connors Charakter. Wir erfahren nämlich ganz viel über Partys, Delikatessgeschäfte, pubertierende Mädchen, die Windeln eines Zweijährigen, Kates beste Freundin und darüber, dass deren Mann (der im Übrigen nie im Roman auftaucht) eine Affäre hat. Wir lernen was über Kindererziehung und wie man Leute verköstigt, wenn man nicht kochen kann. Wir begleiten Kate dabei, wie sie Todesängste aussteht, als sie ihren Sohn das erste Mal in den Kindergarten bringt, und steigen in die politische Karriere ihres Mannes ein. Wir erfahren dagegen ganz wenig über den Vatikan und dessen Geheimorganisation Forza oder Dämonen im Allgemeinen und Besonderen. Obwohl Kenner mehrmals von „Dämonen niederer und höherer Ordnung“ spricht, sieht sie sich nie bemüßigt, diese Begriffe wenigstens skizzenhaft auszuführen. So sind die Dämonen zwar irgendwie da, bleiben aber unerklärt – eine eigene Mythologie macht Kenner nicht auf.

Damit gibt es in „Dämonen zum Frühstück“ zwar ganz viel „Desperate Housewives“, aber ganz wenig „Buffy“, ganz viel amerikanische Alltagskultur, aber ganz wenig Dämonenjagd. Der Plot um den Oberdämon, der nach irgendeiner unbekannten Reliquie sucht, bleibt dünn und uninspiriert und die Auflösung am Schluss erweist sich kaum als überraschend. Überhaupt besteht Kates Dämonenjagd hauptsächlich darin, dass sie im verstaubten Kirchenarchiv sitzt und nach etwas sucht, von dem sie nicht weiß, was es ist. Diese Recherche-Szenen wiederholen sich, ohne dass sie den Plot voranbringen. Das wirkt auf Dauer ermüdend.

Genauso ermüdend sind die männlichen Charaktere, die Kenner einbaut. Kates Mann Stuart ist praktisch nie da (er arbeitet schließlich hart an seiner politischen Karriere), und da man die beiden selten zusammen als Eltern oder Ehepartner sieht, kann man nicht nachvollziehen, was Kate an ihm findet. Larson, der Kate als |alimentatore| (bei „Buffy“ würde man ihn Wächter nennen) vom Vatikan an die Seite gestellt wurde, zieht sich ebenfalls ständig aus der Affäre und taucht im Roman hauptsächlich auf, um Kate zu erklären, dass er keine Zeit hat und ins Gericht zurück muss (im Hauptberuf ist er Richter). Die einzige rühmliche Ausnahme ist der Karatetrainer Cutter, bei dem sich Kate kurzentschlossen anmeldet, um wieder in Form zu kommen. Cutter ist witzig und schlagfertig, definitiv eine Bereicherung für den Roman.

„Dämonen zum Frühstück“ ist ein Roman für Hausfrauen, die sich ein wenig mehr Action in ihrem Alltag wünschen. Wollte man Kenner hehre moralische Absichten unterstellen, so könnte man den Roman als ein Plädoyer dafür lesen, dass Mütter zurück in den Beruf sollten und es nicht verwerflich ist, sein Kind in eine Betreuung zu geben. Tatsächlich lässt Kenner Kates beste Freundin an einer Stelle sagen: „Du bist jetzt nicht mehr nur Hausfrau und Mutter. Kate Connor, du hast jetzt einen Job, der dich tagsüber beschäftigt.“ Eine solche Message ist natürlich zu begrüßen, doch scheint es, dass Kate Connor Probleme mit ihrem neuen „Job“ hat. Sie kann sich nicht recht trennen von ihrem Hausfrauendasein. Im Arbeitsleben ist sie jedenfalls noch lange nicht angekommen, und so mäandert der Roman irgendwo zwischen Küche und Waschmaschine und lässt dabei große Höhepunkte vermissen.

|Originaltitel: Carpe Demon
Übersetzung von Mechthild Barth
411 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-453-53283-0|
http://www.heyne.de

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Harris, Charlaine – Falsches Grab (Harper Connelly 2)

2008 veröffentlichte der Verlag |dtv|, der sich auch schon Charlaine Harris‘ Serie um die gedankenlesende Kellnerin Sookie Stackhouse angenommen hat, den Auftaktroman zu einer neuen Serie aus Harris‘ produktiver Feder. In [„Grabesstimmen“ 4704 ging es um die junge Harper Connelly, die nach einem Blitzschlag in der Lage ist, Tote aufzuspüren und deren letzte Momente nachzuerleben. Zusammen mit ihrem Halbbruder Tolliver hat sie diese Gabe zu einem Zwei-Mann-Betrieb ausgebaut. Die beiden reisen von Auftrag zu Auftrag, finden Leichen und helfen der Polizei auch schon mal dabei, einen Mord aufzuklären.

Die Fortsetzung „Falsches Grab“ geht zunächst aber durchaus beschaulich los. Harper und Tolliver wurden von dem College-Professor Dr. Nunley eingeladen, um auf einem alten Friedhof die Todesursache der dortigen Leichen zu bestimmen. Nunley gibt ein Seminar zum Thema „Unvoreingenommenes Denken“, in dem er – dem Titel des Seminars völlig entgegengesetzt – Hexen oder Hellseher vor seinen Studenten bloßstellen will. Und so hat er für Harper die perfekte Versuchsanordnung aufgebaut; schließlich ist er im Besitz der offiziellen Aufzeichnungen des Friedhofs und kann jeder Leiche eine Todesursache zuordnen.

Womit er nicht gerechnet hat, ist, dass Harper dies ebenfalls gelingt. Zielsicher wandert sie über den Friedhof und liegt mit den Todesursachen, die sie den Leichen zuweist, immer richtig. Nunley wird zusehends erboster und ungehaltener, droht doch sein Plan zu platzen. Doch das Ziel des Seminars wird in den Hintergrund gedrängt, als Harper feststellt, dass ein Grab doppelt belegt ist: Über der zu erwartenden Leiche befindet sich eine zweite: Die verbuddelten Überreste der seit einem Jahr verschwundenen Tabitha Morgenstern.

Pikanterweise wurden damals gerade Harper und Tolliver damit beauftragt, Tabitha zu finden. Dass sie nun hier zufällig auf die Leiche des elfjährigen Mädchens stoßen, lässt vermuten, dass sie jemand in eine Falle locken wollte. Aber wozu? Und wer hat die Kleine nun tatsächlich umgebracht? Harper und Tolliver finden sich plötzlich mitten in Tabithas trauender Familie wieder, sie werden von Reportern verfolgt und von der Polizei misstrauisch beäugt.

Mit „Falsches Grab“ hat Charlaine Harris eine mehr als würdige Fortsetzung geschrieben. Auf der einen Seite liefert sie einen verzwickten Krimiplot mit so vielen Charakteren, dass man sich als Leser nie recht entscheiden kann, wen man nun eigentlich verdächtigen sollte. Auf der anderen Seite konzentriert sie sich ebenfalls auf ihre Figuren, hauptsächlich natürlich Harper und Tolliver, die sie gegenüber „Grabesstimmen“ weiterentwickelt und mit Leben füllt. Offensichtlich hat sie sich seit dem ersten Roman auch vermehrt mit den medizinischen Auswirkungen eines Blitzschlags beschäftigt, denn es finden sich in „Falsches Grab“ viele Passagen, in denen Harper mit Spätwirkungen zu kämpfen hat – derartiges war in „Grabesstimmen“ noch nicht so plastisch ausgearbeitet.

Doch zurück zu Harper und Tolliver: Tolliver ist Harpers wichtigste Bezugsperson. Die beiden haben eine unglaublich enge – geschwisterliche – Beziehung, da ihre Eltern ständig zu high oder betrunken (oder beides) waren, um ihre elterlichen Pflichten wahrnehmen zu können. Das hat die beiden zusammengeschweißt. Sie planen sogar, sich ein gemeinsames Haus zu kaufen, sobald sie genügend Geld gespart haben. Harper und Tolliver hatten nie eine wirkliche Familien und gerade deswegen ist sie ihnen so wichtig. Sie stehen nicht nur einander sehr nahe, sondern versuchen auch, zu ihren Halbgeschwistern regelmäßigen Kontakt zu halten, obwohl das deren Pflegeeltern nicht gern sehen, da sie wohl denken, bei Harper und Tolliver wären mehrere Schrauben locker.

Und so sind Harper und Tolliver ständig zusammen, 24/7, wie es so schön heißt. Und obwohl sie sich selbst als Geschwister bezeichnen, sind sie tatsächlich nicht blutsverwandt. Harris macht sich einen Spaß daraus, Nebencharaktere auf die seltsame Beziehung der Protagonisten anspielen zu lassen. Ständig werden diesbezügliche Fragen gestellt: „Wollen Sie ein Einzel- oder Doppelzimmer?“ ist da noch eine der braveren Möglichkeiten. Die Häufung dieser Anspielungen führt beim Leser unweigerlich zu der Annahme, dass Harris die Beziehung der beiden bald in eine andere Richtung steuern wird. Und tatsächlich, irgendwann nach zwei Dritteln des Romans, bekommt Harper den erwarteten „Tausend mal berührt“-Blues. Natürlich weiht sie Tolliver nicht in ihre plötzlich veränderten Gefühle ein, und es bleibt abzuwarten, wie lange ihr in der Regel durchaus aufmerksamer Bruder brauchen wird, um hinter das Geheimnis ihrer plötzlichen Stimmungsschwankungen zu kommen. Mal sehen, in welche Richtung es da zukünftig weitergeht!

Abgesehen vom Krimiplot wird auch die Mystery weiter ausgebaut. Harper begegnet zum ersten Mal einem echten Geist (nämlich dem „originalen“ Bewohner des doppelt belegten Grabs), und Harris stellt ihr kurzerhand eine wahrsagende verschrobene Oma und deren schwer tätowierten und gepiercten Enkel Manfred an die Seite. Manfred, der offensichtlich Gedanken lesen kann, darf gern auch in den zukünftigen Romanen vorkommen, denn offensichtlich knistert es zwischen ihm und Harper – auch wenn diese das Knistern nicht wirklich ernst nimmt.

Man sollte sich allerdings hüten, „Falsches Grab“ als Mystery mit Krimihandlung zu bezeichnen. Gerade umgekehrt wird ein Schuh draus: Harris‘ Serie um Harper ist erster Linie Krimi, die Mystery-Handlung ordnet sich dem Mordfall immer unter.

„Falsches Grab“ baut nahtlos auf „Grabesstimmen“ auf und kommt im Ganzen noch unterhaltsamer und spannender daher als der Erstling. Der Krimiplot ist verschachtelter – es gibt mehr Verdächtige und beteiligte Ermittler – und die Charaktere bekommen mehr Tiefe. Charlaine Harris ist also ein durchgehend überzeugender Krimi mit Mystery-Einschlag gelungen, in den man wunderbar eintauchen kann. Ein Pageturner allererster Güte.

|Originaltitel: Grave Surprise
Deutsch von Christiane Burkhardt
301 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-423-21121-5|
http://www.dtv.de

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_Charlaine Harris auf |Buchwurm.info|:_

|Sookie Stackhouse|

1. „Dead Until Dark“ ([„Vorübergehend tot“, 788 2006, ISBN 978-3-937255-14-9
2. „Living Dead in Dallas“ ([„Untot in Dallas“, 939 2006, ISBN 978-3-937255-15-6)
3. „Club Dead“ ([„Club Dead“, 1238 2005, ISBN 978-3-937255-16-3)
4. Dead to the World ([„Der Vampir, der mich liebte“, 2033 2005, ISBN 978-3-423-24474-9)
5. „Dead as a Doornail“ ([„Vampire bevorzugt“, 3157 2006, ISBN 978-3-423-24545-6)
6. „Definitely Dead“ ([„Ball der Vampire“, 4870 2007, ISBN 978-3-423-20987-8)
7. „All Together Dead“ [(„Vampire schlafen fest“, 5450 2008)
8. „From Dead to Worse“ („Ein Vampir für alle Fälle“, Juli 2009, ISBN 978-3-423-21148-2)

|Harper Connelly|

1. „Grave Sight“ ([„Grabesstimmen“, 4704 2008, ISBN 978-3-423-21051-5)
2. „Grave Surprise“ („Falsches Grab“)
3. „An Ice Cold Grave“