Franklin, Ariana – Fluch der Totenleserin, Der (Adelia Aguilar 4)

_Die Totenleserin:_

Band 01: „Die Totenleserin“
Band 02: „Die Teufelshaube“
Band 03: [„Der König und die Totenleserin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6970
Band 04: _“Der Fluch der Totenleserin“_

Außer sich vor Wut nimmt Adelia den Befehl Heinrichs II. entgegen, seine Tochter nach Sizilien zu begleiten. Die Reise ist lang und gefährlich. Doch mehr als Kriege und Pest beunruhigen Adelia die heimtückischen Morde, die in dem riesigen Tross passieren. Trachtet man der Prinzessin nach dem Leben? Weiß einer von dem geheimnisvollen, magischen Schwert, das die Prinzessin mit sich führt? Und warum versucht jemand, Adelia als die Mordverdächtige aussehen zu lassen?

Die gewitzte Pathologin spürt, wie eine unsichtbare Gefahr ihr immer näher kommt, doch sie kann den wahren Mörder nicht enttarnen. Als Adelia aufgrund ihrer Arbeit in Frankreich von einem Bischof als Ketzerin bezeichnet und zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt wird, sieht sich ihr größter Feind in der Gefolgschaft der Prinzessin endlich am Ziel. Er wird sie leiden und sterben sehen … (Verlagsinfo)

_Kritik_

„Der Fluch der Totenleserin“ ist bereits der vierte Band um die Totenleserin Adelia Aguilar. Ariana Franklin schickt die erste Pathologin des Mittelalters diesmal auf eine gefahrvolle Reise nach Sizilien.

Wie schon in den Vorgängern der Serie um Adelia wird den Lesern in „Der Fluch der Totenleserin“ ein spannender Mittelalterkrimi geboten. Die packende Handlung wird unterhaltsam in die historische Atmosphäre, eine gute Portion trockenen Humors und wichtige Themen wie Religion, Missgunst und Standesdünkel eingebettet. So entsteht ein atmosphärisch dichter Plot, der die Leser schon auf den ersten Seiten zu fesseln weiß. Besonders der Klerus wird von der Autorin wieder ordentlich auf die Schippe genommen, und so sorgt der trockene Humor für so manches Schmunzeln. Nebenhandlungen fügen sich perfekt ergänzend in den Plot ein.

Diesmal stehen allerdings nicht ungeklärte Todesfälle und somit Adelias Kunst im Vordergrund des Geschehens. Mordanschläge auf Mitreisende und Adelia selbst sorgen für atemberaubende Spannung. Schon auf den ersten Seiten baut die Autorin einen konstanten Spannungsbogen auf, der im Laufe der Geschichte immer wieder neue Höhepunkte findet. Adelias Abenteuer in Sizilien endet in sich abgeschlossen. Zwar wären Folgebände möglich gewesen, doch da die Autorin leider 2011 verstarb, endet die Serie um Englands erste Pathologin leider mit dem vierten Band.

Ihrem Erzählstil bleibt die Autorin weiterhin treu. Mit ihrem gefälligen und leicht verständlichen Stil macht es die Autorin ihren Lesern leicht, der komplexen Handlung zu folgen. Dabei bewerkstelligt es Ariana Franklin, trotz des Verzichts der zeitgemäßen Sprechweise, ein authentisches Bild der damaligen Zeit zu schaffen. Besonders für Einsteiger in das historische Genre ist die Serie um die Totenleserin, gerade wegen der gewählten Sprache, perfekt geeignet. Der saloppe Ton, der in Franklins Romanen vorherrscht, ist für Fans historischer Romane ungewohnt, die Autorin geht allerdings im Nachwort darauf ein und erklärt einleuchtend, warum sie moderne Sprache bevorzugt.

Wie schon gewohnt wird die Geschichte von einem neutralen Beobachter in der dritten Person erzählt. Allerdings wird dieser Erzählfluss durch die Gedanken des geheimnisvollen Mörders unterbrochen. Diese düsteren Gedanken und Rachepläne lassen die Leser schaudern.

Die Altbekannten sowie die neu hinzugekommenen Darsteller sind charismatisch und lebendig konzipiert. Besonders der irische Kapitän O’Donnell fällt bei den neuen Charakteren auf. Adelia, die ein für damalige Zeiten ungewöhnlich großes Selbstbewusstsein zur Schau trägt, zieht ihre Leser nach wie von in den Bann. Liebenswert und schlagfertig, stellt sie sich den Herausforderungen, die ihr Leben und ihr Wissen an sie stellen. Mit dabei sind auch wieder Mansur und Rowley, die beide eine große Rolle in Adelias Leben spielen.

_Autorin_

Ariana Franklin arbeitete als Journalistin, bevor sie die Schriftstellerei für sich entdeckte. Ihr erster Roman mit ihrer ungewöhnlichen Heldin Adelia erschien 2007 bei |Droemer| mit dem Titel „Die Totenleserin“.

Ariana Franklin alias Diana Norman verstarb am 27. Januar 2011 in Hertfordshire.

_Fazit_

„Der Fluch der Totenleserin“ bietet seinen Lesern ein atmosphärisch dichtes und atemberaubend spannendes Lesevergnügen. Ariana Franklin hat es meisterhaft verstanden, ihre Leser zu unterhalten. Ihre charismatische Heldin Adelia, ihr Vertrauter Mansur und der exzentrische Rowley begleiten uns in ein packendes Abenteuer, das durch einen wundervoll trockenen Humor aufgelockert wird.

|Originaltitel: The Assassin’s Prayer
Übersetzung: Werner Löcher-Lawrence
Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
ISBN-13: 978-3426199411|
http://www.droemer-knaur.de

Carré, Benjamin / Mariolle, Mathieu – Smoke City: Teil 2

[Smoke City: Teil 1]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7847

_Story:_

Der Coup ist gelungen, doch die sechs Gauner laufen ins offene Messer der Polizei – denn wieder einmal hat Cole Valentine sie verraten. Doch die Strafe für das Verbrechen kann gemindert werden, wenn die Bande bereit ist, weiterhin mit der Polizei zusammenzuarbeiten und den eigentlichen Auftraggeber, H. R. Law, ebenfalls in die Falle zu locken – ein Unterfangen, dem die erfahrene Inspektorin Rubens schon seit zehn Jahren vergeblich hinterherjagt.

Aus Mangel an Alternativen lässt sich der Verbrechertrupp auf den Deal ein und versucht, Law bei der Übergabe der Reliquie eine Falle zu stellen. Doch der kompromisslose alte Mann zögert nicht lange und richtet an Ort und Stelle ein Blutbad an, bei dem vier Polizisten ihr Leben lassen, Cole mehr tot als lebendig ins Hafenbecken stürzt und Carmen spurlos verschwindet. Spätestens jetzt hat die Bande einen persönlichen Grund, Law aktiv zu bekämpfen. Doch ihr ehemaliger Boss ist mit Mächten im Bunde, von denen keiner der Beteiligten je etwas geahnt hätte …

_Persönlicher Eindruck:_

Wow, was für ein gewaltiger Schritt, den die Story im zweiten und leider auch schon letzten Band zu „Smoke City“ wagt. Ließ die Entwicklung im letzten Band lediglich darauf schließen, dass es bei der Geschichte um verräterische Intrigen unter ehemaligen Gefährten ging, nimmt die Geschichte mit einem mal Züge an, die sehr schnell in den Bereich der modernen Fantasy, gespickt mit einer Prise Horror-Flair, abdriften.
Zunächst läuft jedoch alles, wie man es hätte erwarten können. Der Verräter in den eigenen Reihen wird entlarvt, der Einbruch wird aufgedeckt und die Mitglieder des Teams sehen einer weiteren, längeren Gefängnisstrafe entgegen. Bis hierhin ist alles schlüssig und konventionell.

Doch dann trauen sich Carré und Mariolle einige sehr abstrakte Dinge zu und verwandeln einen gut inszenierten Thriller in ein allzu teuflisches Epos. Mr. Law wird als etwas entlarvt, was anfangs niemand hinter seinem Antlitz vermutet hätte, die gestohlene Mumie hat tatsächlich einen höheren Zweck als den geplanten Versicherungsbetrug, Cole und seine Mitstreiter geraten immer weiter in eine diabolische Verschwörung, und auch Inspektor Rubens, deren Part man erst einmal überhaupt nicht einschätzen konnte, überfällt den Leser und die Story als solche mit vielen persönlichen Motiven und entpuppt sich schlussendlich als die eigentliche Schlüsselfigur in der gesamten Erzählung.

Wie die beiden Texter ihre Figuren schieben und den Handlungsablauf gleich mehrfach total auf den Kopf stellen, ist im Rahmen eines einzelnen Comic-Bandes schon gewaltig. „Smoke City 2“ ist enorm wandlungsfähig, eröffnet immer neue Stränge, lässt sich ungeahnt viele Optionen offen, verliert dabei aber überraschenderweise nie die Bodenhaftung. Egal in welche Sphären sich die beiden Schreiber begeben, es bleibt immer schlüssig und nachvollziehbar, selbst wenn sich der Charakter des Plots innerhalb der finalen Episode auf fast jeder Seite verändert. Auch die Art und Weise, wie Carré und Mariolle schlichtweg das Beste aus den sehr individuell gestalteten Persönlichkeiten herausholen, weiß zu beeindrucken. Jedem echten Typen wird auch sein Freiraum gelassen, jedes Puzzlestück, das im Hinblick auf die Charakterzeichnungen aufgenommen wird, findet auch seinen Platz – und wenn die einzelnen Teile am Ende zusammengesetzt werden, ergibt sich ein wirklich prächtiges Bild, das in wirklich jedem Detail perfekt ausgearbeitet wurde.

So, ja genau so macht illustrierte Kunst Spaß! Und genau so, wie es im zweiten Teil von „Smoke City“ geschehen ist, bringt man eine komplexe Story auf den Punkt, ohne dass inhaltliche Lücken das Gesamtkonstrukt aus den Fugen heben könnten. Wirklich lohnenswert, was die beiden Franzosen mit dieser Serie, vor allem aber mit dem Abschlusskapitel geschaffen haben!

|47 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3868692907|
http://www.splitter-verlag.eu

Haldeman, Joe – The Accidental Time Machine

_Intelligente Wells-Parodie: Zeitreise per Zufall_

Hochschulabbrecher Matt Fuller schlägt sich als einfacher Forschungsassistent am Massachusetts Institute of Technology durch. Als er sich gerade mit den Quantenbeziehungen zwischen Gravitation und Licht beschäftigt, verschwindet plötzlich sein Kalibrator – und taucht eine Sekunde später wieder auf. Und jedes Mal, wenn Matt den Reset-Knopf drückt, verschwindet die Maschine zwölfmal länger. Nachdem er mit dem Kalibrator herumexperimentiert hat, kommt Matt zu dem Schluss, dass er nun in Besitz einer Zeitmaschine ist, mit der er Dinge in die Zukunft schicken kann …

Nichts scheint dagegen zu sprechen, dass Matt selbst eine kleine Zeitreise unternimmt. Also landet er in der nahen Zukunft – wo er wegen Mordes am Besitzer des Autos verhaftet wird, welcher tot umgefallen ist, als Matt direkt vor seinen Augen verschwunden ist. Die einzige Möglichkeit, der Mordanklage zu entgehen, besteht darin, weiter in die Zukunft zu reisen, bis er einen Ort in der Zeit findet, an dem er sich in Ruhe niederlassen kann. Doch was ist, wenn solch ein Ort gar nicht existiert? (Gekürzte Verlagsinfo)

_Der Autor_

Der US-Autor Joe Haldeman, geboren am 9. Juni 1943 in Oklahoma City, studierte Physik, Astronomie, Mathematik und Informatik an der Universität von Maryland. 1967 wurde er zum Militärdienst nach Vietnam eingezogen. Durch seine Erlebnisse in Vietnam wurde er zu seinem wohl bekanntesten Roman „Der Ewige Krieg“ (The Forever War) inspiriert, für den er den Hugo Award sowie den Nebula Award erhielt.

„Der Ewige Krieg“ arbeitete er später zu einer Trilogie aus („Der ewige Friede“, „Am Ende des Krieges“), deren zweiter Band erhielt ebenfalls sowohl den Hugo- als auch den Nebula-Award. Bekannt ist auch seine Worlds Trilogie, die „Kreisende Welten“, „Isolierte Welten“ (beide bei Moewig) und „Worlds Enough and Time“ umfasst.

Zu seinen Romanen kommen zahlreiche Kurzgeschichtensammlungen, darunter „Unendliche Träume“ (dt. bei Heyne). Seit den 1990er Jahren erscheinen seine Romane nicht mehr auf deutsch, obwohl Haldeman in den USA und in Großbritannien nach wie vor hoch im Kurs steht. Beispielsweise erhielt er für den 1993 erschienen Roman „Graves“ den World Fantasy Award, und 2004 für Roman „Camouflage“ den Nebula Award sowie den James Tiptree, Jr. Award.

Zur Zeit lehrt Haldeman am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Schriftstellerei und Science-Fiction. Sein 2002 verstorbener älterer Bruder Jack C. Haldeman II war ebenfalls Science-Fiction-Autor. (Quelle: Wikipedia)

Romane (korrigierte Angaben):
* 1972 War Year
* 1975 The Forever War (dt. Der Ewige Krieg 1978)
* 1976 Mindbridge (dt. Die Denkbrücke 1978)
* 1977 Planet of Judgment (dt. Grenze zur Unendlichkeit / Duell der Mächtigen 1980; STAR TREK)
* 1977 All My Sins Remembered (dt. Der befleckte Engel 1978)
* 1979 World Without End (dt. Welt ohne Sterne, 1979 / Welt ohne Ende, 1980, STAR TREK)
* 1981 Worlds (dt. Die kreisenden Welten 1982 / Kreisende Welten 1984, bei Moewig)
* 1983 There Is No Darkness (dt. Und fürchtet keine Finsternis 1985) mit Jack C. Haldeman II
* 1983 Worlds Apart (dt. Isolierte Welten, bei Moewig)
* 1987 Tool of the Trade
* 1989 Buying Time (dt. Gekauftes Leben 1992, bei Heyne)
* 1990 The Hemingway Hoax (dt. Der Schwindel um Hemingway 1992, im Heyne SF-Jahresband 1992)
* 1992 Worlds Enough and Time
* 1994 1968
* 1997 Forever Peace (dt. Der ewige Friede 2000, bei Heyne)
* 1998 Forever Free (dt. Am Ende Des Krieges 2002, bei Heyne)
* 2000 The Coming
* 2002 Guardian
* 2004 Camouflage
* 2005 Old Twentieth
* 2007 The Accidental Time Machine (dt. als „Herr der Zeit“ bei Mantikore, 6/12)
* 2008 Marsbound
* 2010 Starbound
* 2011 Earthbound

_Handlung_

Matt Fuller ist eher mit der Generation X verwandt als mit den Nobelpreisaspiranten. Nach Jahren als Physiker am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston hat er es im Jahr 2051 immer noch nicht geschafft, seine Doktorarbeit bei Prof. Jonathan Marsh abzuliefern. Stattdessen schlägt er sich bei seinem Mentor als „Technischer Assistent“ durchs Leben.

In dieser Eigenschaft ist er für die Genauigkeit eines sogenannten Kalibrators zuständig. Das supergenaue Gerät misst, dass nur je ein Photon, also Lichtteilchen, pro Chronon, also Zeiteinheit, durch den Sensor geht. Auch Gravitonen spielen eine Rolle. Bei einer dieser Messungen drückt er den Reset-Knopf – und die Maschine verschwindet kurz. Wo war sie, als Matt gerade mal nicht hinschaute, will Prof. Marsh natürlich als erstes wissen. Matt kann es ihm nicht sagen – und wird deshalb auch nicht ernstgenommen. Ein Fehler, wie sich bald zeigen soll.

|Don’t try this at home|

Matt nimmt den Kalibrator mit nach Hause, stellt Versuche an und erhält eine Kurve von jeweils zwölfmal (genau 11,8) längeren Aufenthalten seiner Maschine im Nirwana. Das heißt, dass die sechsten und siebten Versuche schon wesentlich längere Aufenthalte erzeugen. Weder Handy noch Kamera liefern aufschlussreiche Daten. Und als er seiner Freundin Kara davon erzählt, sagt sie ihm, dass sie ihn bereits verlassen hat – für einen langweiligen Streber.

Matt sieht nicht ein, warum er einer solchen Freundin eine Träne nachweinen soll, noch dazu, nachdem sie dafür gesorgt hat, dass Prof. Marsh ihn feuert. Und da es als Alternative nur brutal hartes Arbeiten an ungesicherten Daten gibt, um seine Doktorarbeit zu schreiben, sieht die Arbeit mit dem Kalibrator richtig attraktiv aus. Die nächste Stufe sieht vor, ein Versuchskaninchen mit seiner Zeitmaschine mitzuschicken. Da er nichts Besseres zur Hand hat, handelt es sich dabei um Herman, eine mit List und Tücke erstandene Landschildkröte. So wird Hermann zum ersten Zeitreisenden, und es scheint ihm nicht zu schaden. Allerdings stellt Matt besorgt eine räumliche Versetzung der Maschine um einen Millimeter fest. Das könnte noch eine gewisse Rolle spielen …

|Zeitreise im Selbstversuch|

Als Nächstes beschließt Matt, selbst mit der Maschine zu reisen. Die Vorsichtsmaßnahmen dafür sind umfangreich: Für den Fall, dass er mit seiner Zeitmaschine im Ozean landet und weil er nicht schwimmen kann, steckt er sich in einen Taucheranzug und nimmt ein Schlauchboot mit. Diese Ausrüstung steckt er in das coolste Auto, das für ihn greifbar ist: den 1956er Thunderbird seines Kumpels und Lieblingsdrogendealers: Dennis. Die Stahlkarosserie dieses geilen Oldie-Schlittens soll zugleich als Faradayscher Käfig gegen irgendwelche Stromschläge und Strahlen dienen.

Alles klappt wie am Schnürchen, nachdem sich Dennis noch eine Line von ungetestetem Stoff reingezogen hat. Knapp vier Wochen später erscheint Matt in seinem Thunderbird wieder – mitten auf einer Durchgangsstraße im Stoßverkehr. Der von ihm verursachte Unfall ruft die Polizei, die Kripo und die Psychiater auf den Plan. Denn obendrein hat Dennis inzwischen wegen des Stoffs den Löffel abgegeben. Weil er dabei die Visitenkarten von Prof. Marsh, die Matt ihm für den Fall der Fälle gegeben hatte, bei sich trug, wurde der Prof von der Kripo verhört – was Matts Ruf nicht eben förderlich ist.

|Besuch aus der Zukunft?|

Eigentlich wäre Matt ja jetzt ein Fall für die Klapse, aber ein Scheck über eine Million Dollar von Unbekannt deckt gerade mal die Kautionssumme, die die Richterin festgesetzt hat. Wer konnte davon wissen, fragt sich Matt und vermutet die mafiösen Verbindungen von Dennis. Jedenfalls kommt er wieder frei und muss sich um die Konsequenzen kümmern. Der Mob dürfte nun hinter ihm her sein. Und da inzwischen Karas neuer Lover (mit ihrer hinterlistigen Hilfe) sein Nachfolger bei Prof. Marsh wird, hält Matt nichts mehr in diesem Boston. Er baut ein Duplikat seiner Zeitmaschine, liefert alle seine Beobachtungen an Prof. Marsh und verduftet.

Erst fünfzehn Jahre später taucht er wieder auf, obwohl für ihn selbst nur ein Moment vergangen ist. Und die Kulisse, die Prof. Marsh zu Matts Empfang aufgebaut hat, weiß seinen Exschüler zu beeindrucken: Es ist ein ganzes Stadion voller Fans – und alle sind 15 Jahre älter als Matt selbst …

_Mein Eindruck_

Man merkt gleich, dass der MIT-Professor Joe Haldeman, sich in diesem humorvollen Garn ein paar Freiheiten gegenüber seinem eigenen, durchaus geliebten, Institut herausnimmt. Die Witze, die er einstreut, verraten eine intime und tiefreichende Kenntnis über die Geschichte des MIT und der Harvard-University, die im benachbarten Cambridge beheimatet ist. Diese humorvolle Seite ist zwar nur für Fans des MIT und der theoretischen Physik goutierbar, aber wer sich als Science-Fiction-Fan damit auskennt, kommt aus dem Schmunzeln nicht mehr heraus.

An niemanden erinnerte mich der Slacker-hafte Matt Fuller so sehr wie an Justin Long, den Hacker, dem Bruce Willias als John McClane in „Stirb langsam 4.0“ das Leben rettet. Matt hat in seinem Leben noch nichts zustande gebracht, hat die Graduierung und die Übernahme von Verantwortung wohl auch gar nicht vor, ebenso wenig wie die Heirat mit Kara. Irgendwie hat er andere Prioritäten. Deshalb werden für ihn seine wiederholten Zeitreisen auch eine Reise zu sich selbst. Vielleicht werden seine Prioritäten ja irgendwann mal gebraucht.

|Rücksturz in die Vergangenheit?|

Zumindest in der nahen Zukunft kommt er mit seinem Physikerverstand gut zu Rande, doch je weiter er sich von seiner Zeit entfernt, desto mehr Probleme bekommt er mit der Kultur der USA – bis er schließlich im 24. Jahrhundert in einer Kultur landet, die nichts so sehr ähnelt wie dem sittenstrengen 17. Jahrhundert. Hier herrschen nach einem Krieg puritanische Sitten über die Überlebenden, die sich einer Mischmaschkultur aus mittelalterlicher Landwirtschaft, geerbter Hochtechnik und versteckter Unterdrückungstechnologie zurechtfinden müssen. Jesus ist zur Erde wiedergekehrt – und er herrscht absolut. Das erinnert an die Zeit der Salemer Hexenprozesse, die nicht weit von Boston im 17. Jahrhundert stattfanden.

Zu Matts Glück gib es auch hier ein MIT, allerdings ein Institut für Theosophie – was auch immer das sein mag, wundert sich der Zeitreisende, der tatsächlich erwartet worden ist und als Professor akzeptiert wird, wenn auch ohne Lehrerlaubnis. Matt agiert sehr vorsichtig, um nicht wie Giordano Bruno auf dem Scheiterhaufen zu enden. Er glaubt nicht, dass er diese Prozedur durchstehen könnte. Zu seinen Vorrechten als MIT-Professor gehört es, einen graduierten Assistenten an die Seite gestellt zu bekommen. Ihr Name ist Martha.

Sie betrachtet es als ihre Pflicht, in seiner Gelehrtenhütte auf dem Boden zu schlafen. Die Nacktheit, die sie wie selbstverständlich an den Tag, erfordert bei Matt einen gewissen Gewöhnungsprozess – einen von vielen. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er seine Position niemals ausnutzt. Er wartet, bis sie bereit ist. Jesus zitiert Matt zu sich, als Hologramm, und er verlangt die Übergabe der Zeitmaschine. No way, denkt Matt. Als ein Cop im Pissoir entdeckt, dass Matt nicht beschnitten ist (obwohl er Jude ist) und folglich ein Fremder sein muss, ist es für Matt höchste Zeit zu verschwinden.

Dabei lässt es sich nicht vermeiden, dass Martha mitkommt. Zusammen bestehen sie Abenteuer in den nächsten drei Millionen Jahren. Genügend Zeit, um die Jungfrau Martha über die Feinheiten des Zusammenlebens von Mann und Frau aufzuklären. Eine der komischsten Szene ist sicherlich jene mit der Ejakulation in der Schwerelosigkeit. Eine schöne Sauerei in jeder Hinsicht.

|Die echte Vergangenheit |

Matt (und sein Schöpfer) weiß genau, dass theoretisch unmöglich ist, in die Vergangenheit zu reisen. Denn durch die Begegnung mit sich selbst würde ein Paradoxon ausgelöst, das das Universum nicht zulässt. Zum Glück gibt es eine Instanz, die Matt und Martha davon erlöst, für immer und ewig in die Zukunft zu reisen. Diese Instanz, die sich per Telepathie als „Jesus“ vorstellt, ist wohl der schwächste Punkt in der fiktionalen Argumentation der Handlung: Die Gründe für die Existenz dieses Helfers und seiner Begleiter sind leider viel zu dünn, um plausibel zu wirken.

Aber die Rücksreise ins echte Boston des Jahres 1898 gibt Matt und Martha die Chance, von Neuem zu beginnen. Und diesmal hat Matt nicht nur Vorsprung durch Wissen, sondern auch den Charakter, um eine Professur anzustreben und eine Familie zu gründen. In der Physik kommen Planck und Einstein zu Ehren, was eine Rehabilitierung der deutschen Wissenschaftler gleichkommt. Und fast alle Werktitel sind sogar korrekt gedruckt. Matts Zeitabenteuer nimmt ein gutes Ende, selbst wenn einige seiner Äußerungen auf seine Zeitgenossen etwas kryptisch wirken.

_Unterm Strich_

Wer H. G. Wells‘ Roman „Die Zeitmaschine“ aus dem Jahr 1895 gelesen hat (und sich nicht mit den beiden Verfilmungen abspeisen ließ), der wird beim Vergleichen mit Haldemans Zeitmaschinenroman erfreut feststellen, dass Wells weitaus düsterer und pessimistischer ist, was die Zukunft der Erde angeht. Andererseits verfügt Haldemans Held wider Willen über eine ausgezeichnete Fluchtmethode, um unangenehmen Konsequenzen aus dem Weg zu gehen: Er drückt einfach den RESET-Knopf auf seinem Kalibrator und reist weiter.

|Kulturelle Relativität|

„The Accidental Time Machine“ bzw. die Übersetzung „Herr der Zeit“ (eine reichlich unzutreffende Bezeichnung, denn Matt ist eher Opfer der Umstände als deren Beherrscher) ist eine unterhaltsame Kombination aus Zukunftsvision, Liebesromanze, witziger Parodie auf H. G. Wells‘ Vorlage und humorvollen Seitenhieben auf die Theoretische Physik im Allgemeinen und das MIT im Besonderen.

Daneben zeigt uns der Autor Boston und das MIT in verschiedenen Zeitebenen, vom 17. über das 19. und 21. bis zum 24. Jahrhundert. In diesen Epochen erweist sich der Stellenwert der Physik bzw. der Naturwissenschaft an sich, den ihr die jeweilige Gesellschaftsform zumisst, als sehr relativ und variabel. Am Massachusetts Institut für Theosophie etwa ist „Wissenschaft“ an sich Teufelswerk, und alle Seminare drehen sich ums Beten, die Bibelauslegung (Martha und Matt analysieren die Geschichte von David und Bathseba sehr intelligent und kritisch) sowie um Metaphysik – von der die Physik und die Mathematik lediglich Unterkategorien sind. Nix war’s mit der „Königin der Wissenschaften“.

Es ist ein professoraler Roman, der auf Ausgewogenheit bedacht ist, das Drama und die Action auf ein Minimum begrenzt, aber mit (wohlweislich gut versteckten) Weisheiten nicht geizt. Nirgendwo ist ein erhobener Zeigefinger zu bemerken, und das muss man dem Prof hoch anrechnen: Stets steht die Geschichte im Vordergrund, und das Wohlergehen seiner Figuren liegt ihm am Herzen, so kurios es auch verlaufen mag.

Es sollte mich nicht wundern, wenn auch dieses Zeitreiseabenteuer bald mal verfilmt wird. Bis dahin müssen aber die Spezialeffekte noch ein wenig besser werden – und die Menschen noch ein wenig mehr über Stringtheorie lernen.

|Info: 288 Seiten
Sprache: Englisch
ISBN-13: 9780441016167|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/ace.html

_Joe Haldeman bei |Buchwurm.info|:_
[„Der ewige Krieg“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=488
[„Die Datenbrücke“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7747

Beer, Annika – Als die schwarzen Feen kamen

Völlig unerwartet wird die fünfzehnjährige Marie von Gabriel, dem Schwarm ihrer Mitschülerinnen, angesprochen. Gabriel vermag die Wesen zu sehen, die sich im Schatten der Menschen verbergen, und in Maries Schatten bemerkt er etwas Beunruhigendes: einen Schwarm gefährlich anmutender schwarzer Feen. Gabriels Angebot, ihr zu helfen, lehnt Marie zunächst ab, doch als es den Feen gelingt, in die Realität einzubrechen, geht sie erneut auf ihn zu. Gemeinsam versuchen sie, das Wesen der schwarzen Feen zu ergründen. Dabei stoßen sie auf eine düstere Stadt aus Obsidian, die Marie einst in ihrer Phantasie erschuf, die jetzt aber von den schwarzen Feen beherrscht wird. Mit Gabriels Hilfe will Marie es wagen, die Obsidianstadt zu betreten, um sich den Feen zu stellen … (Verlagsinfo)

_Kritik_

„Als die schwarzen Feen kamen“ ist der erste Jugendroman aus der Feder von Anika Beer. Die Autorin verwebt hier gekonnt einzigartige Fantasy-Elemente mit einer zeitgemäßen Geschichte über zwei Jugendliche, die trotz oder gerade wegen ihrer Besonderheiten zusammenfinden.

Schon durch die Überlegung der Autorin, wie die schwarzen Feen entstehen, nämlich aus Tränen, birgt Potenzial. Gekonnt vermischt mit der Idee, was mit einer zu Kinderzeiten erdachten Fantasywelt geschieht, wenn diese mit zunehmendem Alter vergessen wird, ergibt sich eine Fülle an Möglichkeiten, die Anika Beer interessant umsetzt. Der Plot zeigt sich spürbar düster und wird von Melancholie durchtränkt. Diese bedrohliche und schwermütige Atmosphäre passt ausgezeichnet zu den Ideen der Autorin, wirkt dabei allerdings sehr bedrückend. Authentisch wurde in die Geschichte eine Romanze eingebettet, die sich langsam und glaubwürdig entwickelt. Passend zu den beteiligten Charakteren, braucht es Zeit, Vertrauen zu entwickeln und zarte Bande zu knüpfen.

Der fesselnde Erzählstil der Autorin lässt sich leicht lesen und passt zu der empfohlenen Zielgruppe. Dem Geschehen können die jungen Leser so spielend folgen. Auch fehlt es nicht an detaillierten Beschreibungen und Erklärungen, welche aber keinen zu großen Raum bekommen. Getragen von der Handlung, den Emotionen und düsteren Begebenheiten, kommen so keine quälenden Längen auf.

Aus der Perspektive einer beobachtenden dritten Person wird die Geschichte wechselnd aus der Sicht der Protagonisten Marie und Gabriel erzählt. So bekommt der Leser einen Einblick in die Gefühlswelten der beiden jungen Darsteller und kann so deren Handlungsweisen nachvollziehen. Dazu kommen Passagen, in denen von einer geheimnisvollen Stadt erzählt wird, welche in einem zähen Nebel unterzugehen scheint.

Bereits im Prolog erzeugt Anika Beer bei ihren Lesern Neugierde und bindet sie an die Geschichte. Nach einer folgenden kurzen Kennlernzeit nimmt der Roman an Spannung auf. Stetig steigt dabei der Spannungsbogen, und zum Ende hin nimmt die Geschichte nochmals deutlich an Tempo auf. Teils überraschend, aber auch etwas vorhersehbar endet die Geschichte letztendlich in sich abgeschlossen.

Mit nur wenigen Worten zeichnet Anika Beer ihre Darsteller. Ausgestattet mit authentischen Charaktereigenschaften, fällt es den Lesern leicht, sich ein Bild von den unterschiedlichen Figuren zu machen. Besonders bei Marie und Gabriel ist dies der Autorin gut gelungen. Marie ist eher eine Außenseiterin, die es geradezu bravourös versteht, sich unsichtbar zu machen. Durch den frühen Tod ihres geliebten Vaters haftet ihr eine Melancholie an, die kaum überwindbar scheint. Merkwürdige Anfälle und Albträume, die Marie seit dem Verlust begleiten, machen regelmäßige Besuche bei ihrem Psychologen Dr. Roth unverzichtbar. Auch Gabriel ist ein anziehender und geheimnisvoller Charakter. Unter seiner Gabe, die Schattenkreaturen seiner Mitmenschen zu sehen, hat er schon in frühester Kindheit gelitten. Erst seit Gabriel diese Gabe verheimlicht, hat er Anerkennung und Beliebtheit erlangt.

_Autorin_

Anika Beer ist ein Herbstkind des Jahres 1983 und wuchs in der Bergstadt Oerlinghausen am Teutoburger Wald auf. Die Welt der fantastischen Geschichten begleitet sie seit frühester Kindheit: Sie lernte mit drei Jahren lesen, im Alter von acht bekam sie eine Schreibmaschine und fing an, erste Geschichten zu schreiben. Anika Beer begeistert sich für Kampfkunst und fremde Kulturen und lebte nach dem Abitur einige Zeit in Spanien, bevor sie in Bielefeld eine Stelle an der Universität annahm. „Als die schwarzen Feen kamen“ ist ihr erster Jugendroman.

_Fazit_

Mit ihrem Roman „Als die schwarzen Feen kamen“ überzeugt die Autorin Anika Beer durch innovative Ideen. Der düstere und bedrohliche Plot, der lebendige und mitreißende Schreibstil und die authentischen Darsteller laden zum Schmökern ein und lassen so schnell nicht wieder los. Bereits durch ihre Fülle an Ideen und deren gekonnte Umsetzung konnte mich Anika Beer überzeugen. Ich hoffe, in dieser Form noch viel von dieser Autorin lesen zu können.

|Broschiert: 448 Seiten
ISBN-13: 978-3570401477
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 12 – 15 Jahre|
http://www.randomhouse.de/cbjugendbuch/

Welcome to the Game!

Hostache, Jean-Baptiste / Henderson, Jason / Salvaggio, Tony – Clockwerx 1: Genesis

_Clockwerx_

_Band 1: „Genesis“_
Band 2: „Sintflut“

_Story:_

London kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert: In den Docks des Hafenviertels kommt es zu mehreren grausamen Verbrechen, die auch Scotland Yard vor ein Rätsel stellen. Ein ausrangierter Polizist, Matt Thurow, nimmt sich der Sache auf eigene Faust an und stellt dabei fest, dass vor allem Schwarzarbeiter zu den Opfern der grausamen Morde zählen. Als er sich in ein anrüchiges Hafenunternehmen einschleust, weht ihm heftiger Gegenwind entgegen, doch schließlich gelingt es ihm, sich seine Sporen zu verdienen und seine Tarnung aufrechtzuerhalten.

Ungefähr zur gleichen Zeit landet das Schiff der berüchtigten Molly Vane im Hafen Londons, jedoch mit dreiwöchiger Verspätung. Vane hat bei der Überfahrt zwar ihren linken Arm verloren, jedoch nicht die geheimnisvolle Ladung, die von entscheidender Bedeutung ist. Denn ebenso wie Vane ist auch die Golden-Shell-Organisation auf das mächtige Lucifrium aus, welches sich unter dem Tower befindet und dessen Energie dazu verwendet werden kann, die mächtigen Clocks-Maschinen anzutreiben, die ihren Besitzern Macht und Vorteile in diesem ungleichen Krieg versprechen.

Die verletzte Molly will auf jeden Fall verhindern, dass die Macher von Golen Shell sich das geheime Gut sichern, doch bei ihrer verspäteten Ankunft scheint bereits alles verloren. Doch Molly kämpft um ihr Recht – ebenso wie Thurow, der noch gar nicht ahnt, in welch brutalen Bandenkrieg er hierbei geraten ist, ohne auf die weitere Unterstützung des Yard bauen zu können …

_Persönlicher Eindruck:_

Eine viel versprechende Kulisse, ein vertraut wirkendes Setting, ein paar starke Charaktere und eine sehr interessante Handlung: „Clockwerx“ bringt reichlich Potenzial mit, den Comic-Markt mit seinen beiden Bänden aufzumischen und trumpft dabei gleich in mehrerer Hinsicht auf. Inhaltlich gibt es einige brisante Verstrickungen und unverhoffte Wendungen, der Background ist ziemlich verworren und kreiert alsbald einen Mythos, und die teils undurchsichtigen Positionierungen der einzelnen Handelnden sorgen bereits schnell dafür, dass die Story im ersten Kapitel rasant und vor allem spannend Fahrt aufnimmt.

Doch mit der gleichen Geschwindigkeit sieht sich der Leser auch wieder einer Ernüchterung entgegengestellt, weil nach dem sehr flotten Anfangsszenario nichts vergleichbar Überzeugendes mehr geschieht und das Autorenteam Hostache/Henderson/Salvaggio nicht mehr allzu viel unternimmt, um die starken Figuren weiter reifen zu lassen und der Geschichte eine ebenso flotte Entwicklung zu spendieren. Die vertrackten Elemente der Handlung bleiben zwar bestehen, jedoch verlagert sich ihr Schwerpunkt gleich mehrfach in eine ungünstige Richtung, sei es nun im Hafenszenario oder aber in den Darstellungen der beiden Fronten, von denen man zwar erfährt, wie verbissen und leidenschaftlich sie um den Sieg kämpfen, die aber letzten Endes immer weiter abstumpfen und den wirklich grandiosen zeichnerischen Bedingungen ab einem gewissen Punkt nicht mehr folgen können. Außerdem bekommen die Dialoge kaum Spielraum und sind in ihrer Quantität ziemlich schmal, was vor allem bei der Schaffung von mehr Hintergrundwissen arg hinderlich erscheint.

Anfangs noch hochdramatisch, stellenweise sogar richtig theatralisch reißt die Sache immer weiter ab und verspielt sich jedweden Kredit, sobald die Vergangenheit und die Gegenwart nicht mehr so clever vermischt werden und die Autoren offenbar den Eindruck haben, es sei nun genug preisgegeben und keine weitere Geheimniskrämerei mehr nötig. Doch mit der Offenbarung der hintergründigen Mysterien verliert „Genesis“ auch spürbar an Reiz, zunehmend an Tiefgang und schließlich auch am Vermögen, den Leser durch und durch zu fesseln.

So entpuppt sich das durchaus überzeugende, fast schon überragende Startszenario leider als irreführender Trugschluss, zumindest was die weiteren Abhandlungen in diesem ersten von zwei Kapiteln betrifft. „Clockwerx“ mag seine Qualitäten haben, liest sich letzten Endes auch fließend und gut, hält aber vorerst nicht, was es auf den ersten Seiten noch verspricht – zumindest inhaltlich nicht.

Ein Lob bleibt trotzdem für die atmosphärisch sehr dichten Zeichnungen, die hier gebotene Detailschärfe und vor allem die illustrierte Umsetzung des Londons zur Jahrhundertwende – doch leider ist das Visuelle eben nur ein Teilaspekt eines Comics, dessen Vollendung in „Genesis“ nicht zufriedenstellend gelingt!

|47 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3868692105|
http://www.splitter-verlag.eu

Collins, Paul – Mord des Jahrhunderts, Der

_Das geschieht:_

Einen ersten Teil des Körpers ziehen spielende Kinder am 26. Juni 1897 in New York aus dem East River: den Brustkorb mit zwei Armen. Einen Tag später stoßen Spaziergänger im spärlich besiedelten Stadtteil Highbridge auf den dazu passenden, im Unterholz abgelegten Unterleib. Die wenig interessierte Polizei tippt auf die illegale Entsorgung einer sezierten Leiche durch Medizinstudenten, bis eine nähere Untersuchung des Brustkorbs ergibt, dass dieser Mann mit einem Messer attackiert wurde und durch einen Stich ins Herz starb.

In einer Großstadt wie New York werden täglich verstümmelte Leichen gefunden, doch diese wird zum Auslöser eines regelrechten Medienkrieges: In Sommer 1897 liefern sich zwei große Zeitungen einen erbitterten Kampf um Kunden und Auflagen. Joseph Pulitzer ist Herr der „New York World“, sein jüngerer Herausforderer William Randolph Hearst leitet das „Evening Journal“. Sie sind Publizisten einer neuen Generation: Die nüchterne Schilderung von Fakten weicht dem Boulevard-Journalismus und damit der spekulativ aufbereiteten, nicht selten selbst inszenierten Sensation.

Weniger wichtig und bisweilen störend sind die Fakten. Als sich herausstellt, dass die deutsche Einwanderin Augusta Nack sich mit der Unterstützung ihres aktuellen Liebhabers Martin Thorn des lästig gewordenen Vorgängers William Guldensuppe entledigt hat, ist dies der Presse vor allem Anlass, ein Eifersuchts- und Morddrama zu inszenieren, in welchem den Beteiligten Rollen zugewiesen werden.

Von den Zeitungen und einer manipulierten Öffentlichkeit vorverurteilt, werden Nack und Thorn zum Spielball der Justiz. Vor Gericht liefern sich ein ehrgeiziger Staatsanwalt und ein skrupelloser Verteidiger eine Schlacht, die wiederum von den parteiischen Medien angeheizt wird. Als das Urteil gesprochen wird, steht immerhin ein Sieger fest: Hearst ist der neue König des Boulevards.

_Übel von gestern als Saat für heute_

Dies ist eine jener Geschichten, deren Realität man sich immer wieder vor Augen führen muss, um sie richtig goutieren zu können. Hätte Paul Collins einen ‚echten‘ Kriminalroman geschrieben, würde man ihm sicherlich den Vorwurf schamloser Übertreibung machen. Doch so kann er kontern: mit einem mehr als 50-seitigen Anhang, der die herangezogenen Quellen akkurat auflistet. Spätestens jetzt versteht man, wieso Collins im Vorwort selbstbewusst behaupten kann: |“Sämtliche in Anführungszeichen gesetzte Aussagen sind Originalzitate, und während ich den Wust an Worten freizügig gekürzt habe, wurde nicht ein einziges Wort hinzugefügt.“|

Diese überwältigende Informationsflut aus der Vergangenheit dürfte vor allem die jüngeren Generationen der Gegenwart verblüffen, die mit dem Internet großgeworden sind und oft davon überzeugt sind, die Ersten zu sein, die für Recherchen aus dem (digitalen) Vollen schöpfen können. Doch „vergangen“ ist kein Synonym für „primitiv“, und auch im ‚analogen‘ Zeitalter wusste man Neuigkeiten an den Mann und die Frau zu bringen. So erschien im New York des Jahres 1897 mehr als ein Dutzend Tageszeitungen – oft in drei Ausgaben täglich.

Auch in dieser Hinsicht ist der Leser nach der Lektüre von „Mord des Jahrhunderts“ schlauer geworden. Collins erzählt nicht nur eine fesselnde „True-Crime“-Story, sondern verknüpft die Darstellung eines Mordereignisses mit der Alltags-Schilderung der Ereigniszeit, was unbedingt erforderlich ist, um den Fall Guldensuppe in seiner Gesamtdimension begreiflich zu machen. Im 21. Jahrhundert ist die Presse – über die gedruckte Zeitung erweitert auf die modernen Massenmedien – als zwar inoffizielle aber einflussreiche „vierte Macht“ (neben Gesetzgebung, Gesetzausübung und Rechtsprechung) etabliert.

Verlorengegangen ist die Tatsache, dass dieser Ehrentitel sich ursprünglich auf eine ’seriöse‘ Presse bezog, die sachlich und ausgewogen über Ereignisse berichtete und Missstände aufdeckte. Die Herrschaft des Boulevards, der auf die Wahrheit nicht angewiesen ist, gründet sich auf Männer wie William Randolph Hearst, und sie reicht keine 150 Jahre zurück.

|Sensationen werden „gemacht“|

Sicherlich gäbe es andere historische Dreh- und Angelpunkte, an denen Collins die Geschichte des US-Boulevard-Journalismus verankern könnte. Nüchtern betrachtet stellt der Mord an William Guldensuppe auch keinen „Mord des Jahrhunderts“ dar. Collins selbst macht daraus keinen Hehl und erwähnt sowohl alternative Sensationen als auch weitere spektakuläre Kapitalverbrechen. Den Fall Guldensuppe greift er auf, weil dieser einer bereits angelaufenen Entwicklung zum exemplarischen und perfekten Katalysator wurde: Die Sensation trägt allemal den Sieg über die Wahrheit davon, wenn man sie nur ansprechend verpackt.

Was in diesem Fall mit dem Appell an die sprichwörtlichen niederen Instinkte gleichzusetzen ist. Der Mensch liebt das Grausige ebenso wie den Skandal und schwelgt darin, solange er nicht selbst betroffen ist. Gaukelt man ihm vor, ihn über solche Dinge, die ihn in der Regel nichts angehen, ‚informieren‘ zu wollen, kommt ein schlechtes Gewissen erst recht nicht auf. Dies gilt erst recht in der Welt des Jahres 1897 und für ein Zeitungspublikum, das noch lernen musste, Information von Klatsch, Lüge und Meinungsmache zu unterscheiden.

Als Bösewichte stehen in diesem Spiel die Journalisten von Hearst und Pulitzer nur vorgeblich fest. Collins weiß zu differenzieren: Er beschreibt Menschen, die in den Sog der eigenen Erfolge geraten. Noch gibt es 1897 kaum Grenzen, die der Presse gesetzt werden. Also darf ein Zeitungsverleger tatsächlich eine eigene Truppe ins Leben rufen, die – besser ausgestattet als die echte Polizei – Ermittlungen anstellt und keine Skrupel hat, gefundene Indizien zu unterschlagen, wenn dadurch die nächste Schlagzeile gesichert ist.

|Die Mörder und die Meute|

Dies ist auch deshalb möglich, weil New York anno 1897 eine nur mühsam verwaltete Millionenstadt in einem Staatengebilde ist, dessen Regierungssystem der individuellen Freiheit größere Rechte einräumt als der Eindämmung der daraus erwachsenden Fehler. Das Glück ist mit dem Tüchtigen, und wer bei der täglichen Jagd nach dem Dollar nicht mithalten und die Ellenbogen einsetzen kann, hat Pech gehabt und trägt ausschließlich selbst die Schuld. Die Armen und Kranken ignoriert man am besten; wenn man Glück hat, gehen sie von allein zugrunde.

Solcher Brachialdarwinismus war noch wesentlich deutlicher als heute ein Wesenszug der US-Gesellschaft. Collins zeichnet das Bild einer unbarmherzigen Welt. Rassismus, Ausbeutung, Hunger, Analphabetentum: Solche alltäglichen Missstände sind der Kompost, der nicht nur Unwissenheit, Krankheit und Verbrechen düngt, sondern auch den Boulevard sprießen lässt. Collins erinnert daran, dass es ohne die Presse einen „Jahrhundertmord“ Guldensuppe gar nicht gegeben hätte – der Fall stand kurz davor, ad acta gelegt zu werden, weil quasi täglich Leichen im Hudson trieben. Besonderer Ermittlungsaufwand wurde für diese Pechvögel nicht getrieben. Ohnehin waren die meisten Polizisten korrupt oder unfähig oder beides.

Man glaube außerdem nicht, dass der Mord an William Guldensuppe ein ‚perfektes‘ Verbrechen darstellt. Die Beteiligten waren Amateure und profitierten zunächst von der Gleichgültigkeit der Behörden. Ohne die Einmischung der Presse wären sowohl Augusta Nack als auch Martin Thorn unbehelligt ihrer Wege gegangen.

|Die Mühlen des Gesetzes|

Erst der Medienwirbel ließ die Maschinerie des Gesetzes anlaufen – stockend, knirschend, schlingernd. Collins widmet sich im zweiten Teil seines Buches verstärkt den Mächten 2 (Legislative) und vor allem 3 (Judikative). Nachdem Nack und Thorn wider Erwarten gefasst sind, wird „Der Mord des Jahrhunderts“ zum „court drama“, während die Presse allzeit bereit in den Hintergrund rückt.

Die Bezeichnung „Drama“ ist doppeldeutig und entlarvend; sie deutet gewisse Besonderheiten des US-Rechtssystems an. Auch vor Gericht scheint die Wahrheit von sekundärer Bedeutung zu sein. Faktisch geht es darum, zwölf Geschworene von der Schuld oder der Unschuld eines Angeklagten zu überzeugen. Dies gelingt nicht nur durch Fakten, sondern wird auch durch das Auftreten von Ankläger und Verteidiger beeinflusst. Sie arbeiten mehr oder weniger manipulativ, denn auch die US-Justiz ist erfolgsorientiert: Der Sieg des Juristen ist wichtiger als der Sieg der Gerechtigkeit.

Auch hier war die Welt von 1897 unbarmherziger – oder ehrlicher. Staatsanwalt Young und vor allem Verteidiger Howe spielen vor Gericht offen Rollen. Vor allem Howe trägt dick auf; er kleidet sich in schreiend bunte Anzüge, trägt Ringe an jedem Finger und täglich eine neue, obszön teure Krawattennadel. Er schüchtert Zeugen ein, ‚führt‘ sie zu Aussagen, die er hören will, arbeitet eng mit der Presse zusammen, um für sich zu werben – dies alles mit Billigung des Gesetzes. Dass womöglich doch die Richtigen verurteilt werden, mutet wie ein glücklicher Zufall an.

_Geschichte in Geschichten_

Wenn man Paul Collins einen Vorwurf machen muss, dann den einer fehlenden Distanz zwischen dem Verfasser und seinem Stoff. Dahinter mag Absicht stecken: Collins kündigt im Vorwort an, dass er den O-Ton nutzen werde, um seine Figuren ’sprechen‘ zu lassen. Deren Aussagen sind freilich dort, wo historische Zeitungen zitiert werden, zeitgenössisch eingefärbt: Zeugen wurden gern ‚korrigiert‘, um ihre Äußerungen schlagzeilenwürdiger zu gestalten. Nach dem Willen der zeitgenössischen Presse war die Welt ein Ort der Wunder und der Gefahren. Also wurde sie entsprechend dargestellt.

Die Realität sah allerdings deutlich nüchterner bzw. alltäglicher aus. Collins macht sich die Atemlosigkeit der Boulevard-Journalisten zu eigen; aufgrund des Themas ein naheliegendes Stilmittel, das er indes ein wenig zu frei einsetzt, weil er auch die Vorurteile konserviert, die deshalb schwer oder gar nicht erkennbar sind. New York wird zum Irrenhaus, dessen geistig wenig regen Bewohner nach den Pfeifen von Hearst oder Pulitzer tanzen: Collins trägt dick auf, was er dort fortsetzt, wo er sich auf originale, nicht für eine Veröffentlichung vorgesehenen Gerichtsprotokolle stützen konnte. Also besetzt er die Geschworenenbank mit ulkig-tumben Bauern und Arbeitern und den Zuschauerraum mit neugierigen Frauen, die nach schlüpfrigen Details gieren, während Richter, Verteidiger und Staatsanwalt eine Show präsentieren, die verdächtig nach US-Fernsehen riecht.

So ist Paul Collins letztlich selbst in den Sog des Boulevards geraten. Mehr Sachlichkeit hätte seinem Buch gutgetan sowie deutlich gemacht, dass er nicht nur in kuriosen, kruden, komischen Episoden aus alter Zeit schwelgen will. Dafür hat er sich zu viel echte Recherche-Arbeit in staubigen Archiven und Bibliotheken gemacht. Wer auf solche Differenzierung keinen Wert legt, kann diese Einwände ignorieren und sich einer ebenso spannende wie irrwitzige Geschichte mit reichlichem Zeitkolorit erfreuen.

_Autor_

Paul Collins wurde 1969 in Perkiomenville im US-Staat Pennsylvania geboren. Er studierte Englische Literatur an der „University of California“, Davis und am „College of William and Mary“, das er 1993 mit einem Magistergrad verließ.

Als Autor hat er sich auf die Wiederentdeckung lange vergessener Sachbücher und Biografien spezialisiert. Darüber verfasste er mehrere Bücher sowie zahlreiche Artikel für Zeitungen und Magazine wie New York Times, Slate oder New Scientist. Als „literary detective“ tritt Collins regelmäßig für das National Public Radio vor das Mikrofon. Für den Verlag McSweeneys Books gründete und betreut er das auf ausgegrabene Titel spezialisierte Imprint Collins Library.

Mit seiner Familie lebt Collins in Portland, Oregon, wo er seit 2005 dem Lehrkörper der „Portland State University“ angehört; er lehrt dort das kreative Schreiben von Sachbüchern.

|Gebunden: 431 Seiten
Originaltitel: The Murder of the Century: The Gilded Age Crime That Scandalized a City and Sparked the Tabloid Wars (New York : Crown 2011)
Übersetzung: Carina Tessari
ISBN-13: 978-3-4241-5122-0|
http://www.randomhouse.de/irisiana

Benkau, Jennifer – Dark Canopy

|Stell dir vor, du musst täglich ums Überleben kämpfen.
Stell dir vor, dein Gegner ist unbesiegbar.
Stell dir vor, du kommst ihm zu nah.
Stell dir vor, du verliebst dich in ihn.|

Die Percents, für den dritten Weltkrieg geschaffene Soldaten, haben die Weltherrschaft übernommen und unterjochen die Menschen. Rebellenclans versuchen, außerhalb des Systems zu überleben. Mit ihnen kämpft die 20-jährige Joy gegen das Gewaltregime. Doch dann fällt sie dem Feind in die Hände und muss feststellen, dass sich auch unter den vermeintlichen Monstern Menschlichkeit findet. Und sogar noch mehr … (Klappentext)

_Kritik_

Bei „Dark Canopy“ handelt es sich um den ersten Teil eines geplanten Zweiteilers aus der Feder von Jennifer Benkau.

Die Autorin entwickelt einen düsteren und brutalen Plot für ihre Dystopie. Die Welt, in der die Protagonisten leben, ist finster. Nicht nur, dass die Sonne bis auf zwei Stunden am Tag durch „Dark Canopy“ hinter einem undurchdringlichen schwarzen Schleier verborgen wird, auch die Lebensumstände ist alles andere als freundlich. Tiefer Hass und Verachtung herrschen unter den verfeindeten Gruppen der Menschen und der Percents. Während die Menschen als Sklaven in der Stadt oder als Rebellen in kompletter Armut leben, herrschen die Percents. Dennoch sind die Menschen keinesfalls unschuldig an der Situation. Letzten Endes waren sie es, die diese emotionslosen Monster geschaffen haben, um diese für einen Krieg zu benutzen.

Besonders im ersten Drittel bekommt der Leser die volle Bandbreite an menschenverachtenden und brutalen Taten zu lesen. Zarte Gemüter werden hier einige Male heftig zu schlucken haben. Gefangenschaft, Missbrauch, Folter und andere erbarmungslose Vergehen an den Menschen beherrschen diesen Romanabschnitt. Im Mittelteil des Romans flaut die Spannung dann etwas ab, langweilig wird er allerdings nicht. Zu sehr ist der Leser von der finsteren Zukunftsversion gefesselt. Obwohl die Autorin eine Welt geschaffen hat, in der die Rassen eigentlich nur Verachtung und Hass füreinander hegen, gelingt es Jennifer Benkau, eine glaubwürdige Liebesgeschichte in ihren Plot einzuweben. Logisch ist, dass dies Zeit braucht. Besonders die weibliche Hauptdarstellerin Joy, bei den Rebellen aufgewachsen, kennt nichts anderes als Hass und Angst vor den Percents. Doch Joy muss feststellen, dass nicht alle Percents über einen Kamm zu scheren sind. Sicher gibt es diese grausamen und kalten Geschöpfe, aber einige wenige sind anders, menschlich.

Mit ihrem kreativen und atmosphärisch dichten Schreibstil lässt die Autorin eine Welt vor den Augen ihrer Leser entstehen, die durchaus glaubwürdig ist. Leicht verständlich und erstaunlich anschaulich entsteht eine spannende Zukunftsversion, die zwar brutal ist, aber auch durch ehrliche Emotionen punktet. Jennifer Benkau hat ihre Geschichte geschickt entworfen und baut überraschende Wendungen ein. Geschickt wirft die Autorin immer wieder Nebenhandlungen ein, wobei sie aber nie den roten Faden verliert. Nicht alles ist zum Ende hin erklärt und in sich abgeschossen, und ein wirklich intelligent gesetzter Cliffhanger macht das Warten auf den zweiten und letzten Teil wirklich zur Qual.

Erzählt in der Ich-Form aus der Perspektive Joys, erleben die Leser die vielfältigen Emotionen der Protagonisten hautnah mit. Verzweiflung, Freundschaft, Hass, Liebe, Angst sind nur einige der Gefühle, mit denen Joy umgehen muss.

Die Charakterzeichnung der Darsteller ist psychologisch vielfältig und gibt den Figuren Raum, sich zu entwickeln und zu lernen. In einer Welt, in der vorwiegend Verachtung und Hass regieren, ist es unmöglich, Figuren zu schaffen, die frei von Ecken und Kanten sind und sich als strahlender Held oder Heldin präsentieren. Menschen sind genauso verachtenswürdig wie die Percents, und im umgekehrten Fall gibt es Percents, die keine emotionslosen Monster sind, sondern dazu in der Lage, sogar freundschaftliche Bindungen zu Menschen einzugehen.

Die Gestaltung der Covers ist passend zum düsteren Plot gehalten. Schon beim ersten Blick darauf bekommt der Leser eine gewisse Ahnung war ihn erwartet, nämlich keine zarte und leichte Romanze, sondern etwas Finsteres, in dem aber dennoch ein funke Hoffnung existiert.

_Autorin_

Jennifer Benkau wurde 1980 in Solingen geboren, wo sie auch heute noch mit ihrem Mann, drei Kindern und zwei Katzen inmitten lauter Musik und vielen Büchern lebt. Nachdem sie in ihrer Kindheit Geschichten in eine Schreibmaschine gehämmert hatte, verfiel sie pünktlich zum Erwachsenwerden in einen literarischen Dornröschenschlaf, aus dem sie zehn Jahre später, an einem verregneten Dezembermorgen, von ihrer ersten Romanidee stürmisch wachgeküsst wurde. Von dem Moment an gab es kein Halten mehr. „Dark Canopy“ ist ihr erster Roman für junge Erwachsene.

_Fazit_

„Dark Canopy“ ist eine brutale und schonungslose Dystopie, die dieses Genre mit allen Konsequenzen repräsentiert. Jennifer Benkau hat hier ein erschreckendes Szenario konzipiert, das nicht mehr loslässt. Glaubwürdige Figuren, ehrliche Emotionen, der düstere Schreibstil und unerwartete Wendungen runden die Geschichte hervorragend ab.

Für mich ist „Dark Canopy“ eine der besten Dystopien, die es momentan auf dem Buchmarkt gibt.

|Hardcover mit Relieflack, Schutzumschlag und Leseband, 524 Seiten
ISBN-13: 978-3839001448|
http://www.script5.de
http://www.jbenkau.bplaced.de

Nehls, Michael – Methusalem-Strategie, Die

Die Frage nach dem Warum ist in der Gesundheitsbranche das täglich Brot, schlägt sich dort allerdings auch nur insoweit nieder, dass anhand präziser Ursachenforschung auf wissenschaftlichem Wege versucht wird, die aktuell immer weiter gehäufte Zahl von typischen Krankheiten und vor allem modernen Verstimmungen zu erforschen. Doch die Frage lautet: Ist es überhaupt vorbestimmt, dass der Normalsterbliche die klassischen Zivilisationskrankheiten durchlebt? Ist es notwendig, Krankheiten medikamentös zu therapieren, die man auch auf viel banalere Art und Weise abwenden kann? Und wie weit kann der Mensch selber sein ‚Glück‘ beeinflussen, seinen Lebensweg körperlich und mental optimieren und schließlich gegen den wachsenden Druck der Konsumgesellschaft bestehen?

Dr. Michael Nehls hat sich eingehend mit diesem Thema beschäftigt und nicht bloß anhand einer Selbstanalyse herausgefunden, an welchen brisanten Eckpunkten des eigenen Lebens fremde Einflüsse auf das eigene Dasein einwirken und die persönliche, ganz individuelle Prioritätenskala fremdbestimmt wird. Als Leiter eines Biotechnologie-Unternehmens hat er nicht nur jahrelang am eigentlichen Kern der Materie gearbeitet, sondern auch in vielen Selbstversuchen veranschaulicht, wie man die eigene Gesundheit nach fast schon urzeitlich anmutenden Prinzipien in die richtige Bahn lenken kann und was genau geschieht, wenn man Stereotypen und Konventionen bricht, die immer wieder dazu verleiten, mit der Masse zu schwimmen und sich vor allem die unangenehmen, aber eben nicht als solche erkennbaren Verhaltensweisen anzunehmen. Zweimal hat er am Race Across America teilgenommen, einem zwölftägigen Radfahr-Marathon, der seine Teilnehmer über 4800 Kilometer von der einen Küste des Landes zur anderen führt. Und viele völlig untypische Muster, die er in seine Planungen einbezogen hat, haben ihm geholfen, das Ziel ohne bleibende körperliche Hinterlassenschaften zu erreichen. Und es sind genau diese Denkmuster, die Nehls seinem Publikum in „Die Methusalem-Strategie“ nahebringen will, dies zwar sehr theoretisch, aber selbst im kleinsten Rahmen problemlos umsetzbar.

Der Biotechnologe erklärt hierbei zunächst die Evolution der Menschheit und den natürlichen Wandel ins Informationszeitalter der heutigen Zeit. Die Ansprüche haben sich verändert, der menschliche Körper jedoch nicht, und genau diesen Kontrast verwendet Nehls immer wieder, um zu verdeutlichen, wie weit man sich immer mehr von seinem persönlichen Selbst entfremdet, wie man Raubbau betreibt, sich Stress aussetzt, Prozesse startet, die einem unerhörten Druck unterliegen, letzten Endes aber in keiner Weise produktiv an sein Ziel kommt, weil der entscheidende Faktor Zeit so häufig missinterpretiert wird. Der Autor belegt dies an vielen kleinen, alltäglich nachvollziehbaren Beispielen, aber auch an individuellen Erfahrungswerten, die sich im Laufe der Jahre angestaut haben.

Die These, dass Termindruck sich auf das Einhalten einer Problemlösung negativ und letzten Endes fristverlängernd auswirkt, kann er dabei sehr leicht untermauern. Physische Prozesse und das Zusammenspiel des seelischen Gedankenerlebens sind die Waffen, die der Mensch immer wieder zu beeinträchtigen versucht – und dennoch lässt sich spielerisch nachweisen, dass ein schädlicher Einfluss auf diese Verhaltensmuster der Produktivität schadet, es unterdessen einfacher wäre, frei heraus zu handeln, sich von keinem äußeren Einfluss (vor allem nicht von Zeit) steuern zu lassen und stattdessen das eigentliche Ziel vor Augen zu haben. Und eben nicht jenes, das der Kalender einem gezwungenermaßen aufzuerlegen gedenkt.

Natürlich sind viele der von Nehls angesprochenen Theorien erst einmal tatsächlich nur theoretisch. Doch der Autor markiert schnell den Unterschied, indem er empirisch vorgeht, logisch durchdachte Eventualitäten vollzieht und somit vor allem eine These mit vielen greifbaren Argumenten verdeutlichen kann: Nämlich dass der gesunde Mensch, sofern er sein Leben wirklich nur nach den natürlichen Mechanismen führt und sich gleichzeitig nicht der Erwartungshaltung beugt, die von außen an ihn herangetragen wird, sein Lebensalter problemlos erhöhen kann. Es sei denn, er ist nicht bereit, den Dingen aus dem Weg zu gehen, die im Zeitalter der Information und damit auch der erheblichen medialen Kontrolle vorgeben wollen, wie das Menschsein zu funktionieren hat.

Als lebenden Vergleich zieht er dabei das Urvolk der Okinawa heran, das den weltweit mit Abstand höchsten Anteil der Bevölkerung jenseits des 100. Lebensjahres stellt, und dies lediglich, weil man die Pfade der modernen Evolution zu beschreiten nicht bereit ist. Es ist sicherlich ein sehr philosophischer Ansatz, den Nehls hier verfolgt, indem er die bewusst natürliche, völlig simple Lebensweise dieser Menschen beschreibt, allerdings verbergen sich darin keine Widersprüche, sondern lediglich logische Konsequenzen, die auch unsereiner ereilen könnten, würde er bewusst einfach nur das tun, was die gesundheitliche Vernunft ihm vorgibt.

Insofern ist „Die Methusalem-Strategie“ eigentlich eine Anleitung zum systematischen Altwerden, sehr eindringlich und gewagt verpackt, aber aus dieser Überzeugung heraus erst wirklich lesenswert, weil es im Grunde genommen so einfach ist, dieser idealen Strategie zu folgen – nicht zuletzt, weil die beschriebenen weiterführenden Ziele absolut erstrebenswert und immer noch erreichbar sind. Mit diesem Buch hat Michael Nehls zweifelsohne eine Art Masterplan verfasst, der sich voll und ganz damit beschäftigt, das Leben zu meistern, es leicht und einfach zu halten, bewusst einmal nein zu sagen, dafür aber den größtmöglichen Nutzen davonzutragen. Die zwanghafte Methodik, die das eigene Leben bestimmt, mag zwar zunächst kaum zu durchbrechen sein – doch mit einer Hilfestellung wie diesem tollen Buch sollte dies zumindest vereinfacht werden!

|176 Seiten
ISBN-13: 978-3981404838|
http://www.michael-nehls.de/verlag-mental-enterprises.htm

Wood, Maryrose – Liebe ist stärker als der Tod (Die Poison Diaries 2)

_|Die Poison Diaries|:_

Band 01: [„Liebe ist unheilbar“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7184
Band 02: _Liebe ist stärker als der Tod_
Band 03: – angekündigt für 28.02.2013 – (noch ohne dt. Titel)

Wer den Tod besiegt, muss mit dem Teufel im Bunde sein …

Jessamine hat ihre Unschuld verloren und den Mann, den sie liebt. Sie weiß, wer die Schuld daran trägt, und sie wird ihn umbringen. Sie wird ihren eigenen Vater mit seinen giftigen Gewächsen töten, die ihm stets mehr wert gewesen sind als seine Tochter. Wird Jessamine ihre große Liebe Weed wiederfinden? Denn nur die Liebe vermag ein bitteres Herz zu heilen … Vergiss niemals: Was zu heilen vermag, das kann auch töten! (Verlagsinfo)

_Kritik_

Unter dem Titel „Liebe ist stärker als der Tod“ ist der zweite Teil der „Poison Diaries“ von Maryrose Wood erschienen. Die Autorin wandelt wie schon im ersten Band „Liebe ist unheilbar“ auf völlig neuen Pfaden. Nicht nur der Plot ist einzigartig, auch die Art zu erzählen bietet den Lesern etwas völlig Neues.

Den Plot hält die Autorin weiterhin düster und geheimnisvoll. Die Welt der Pflanzen wird nachhaltig beschrieben. Im Gegensatz zum ersten Teil passiert sehr viel, Mord und Manipulation spielen eine große Rolle, aber auch der Verlust und die Suche nach Menschlichkeit. Mystisch und oftmals finster ist die Welt von Jessamine und Weed.

Ihrem poetischen und gehobenen Erzählstil belebt die Autorin auch im zweiten Band treu. Prägnante Sätze machen es den Lesern dabei leicht, der Handlung zu folgen. Lebendig und greifbar beschreibt Maryrose Wood die Schauplätze ihrer Handlung. Dabei ist Jessamines Weg von Trauer und Finsternis geprägt, während Weed lichte Gärten der Heilung und der Hoffnung kennenlernen darf. Besonders prägnant wird den Lesern durch Weed Venedig und der wundervolle Garten Orto botanico gezeigt.

Anders als im ersten Band „Liebe ist unheilbar“, in dem vorwiegend Jessamine aus ihrer Perspektive erzählte, wechselt die Perspektive nun zwischen Jessamine und Weed. Der Leser bekommt so einen guten Einblick in die Erlebnisse der beiden Protagonisten.

In den „Poison Diaries“ sollte der Leser keine atemberaubende Spannung erwarten. Hier legt die Autorin mehr Wert auf eine Art der Spannung, die durch die düstere, gruselige und skrupellose Manipulation, die Jessamine erlebt, erzeugt wird. Obwohl „Liebe ist stärker als der Tod“ wieder ein zufriedenstellendes, wenn auch nicht glückliches Ende findet, merkt der Leser deutlich, dass es einen weiteren Teil geben wird.

Sehr glaubwürdig und in ihre Zeit passend werden die einzelnen Protagonisten gezeichnet. Dabei fällt besonders auf, wie Jessamine sich verändert und in die Fänge des Bösen gerät. Besessen von Oleander ist sie zu Taten fähig, welche die Leser ihr im ersten Teil niemals zugetraut hätten. Jessamine ist als Protagonistin gewachsen. Durch den Hass, den sie für ihren Vater mittlerweile empfindet, hat das alles vergiftende Böse allerdings leichtes Spiel bei ihr. Weed macht sich auf der Suche nach Jessamine seine Gabe zunutze, die Sprache der Pflanzen zu verstehen.

Die Gestaltung des Covers passt wieder perfekt zum Inhalt. In dunklen Blautönen gehalten, sind ein düster anmutender Wald sowie ein junges Mädchen zu sehen. Goldene Ranken sowie der in Gold gehaltene und durch Spotlack in Szene gesetzte Titel wirken dabei besonders edel.

_Autorin_

Maryrose Wood wuchs auf Long Island, USA, auf. Sie arbeitete viele Jahre am Theater, ehe sie ihren ersten Roman schrieb. „Die Poison Diaries“ ist das erste Werk, das auf Deutsch erscheint. Maryrose Wood lebt mit ihren zwei Kindern, zwei Katzen und einem kleinen Hund in New York, USA.

_Fazit_

Auch der zweite Teil der „Poison Diaries“ weiß seine Leser auf besondere Weise zu fesseln. Die düster schaurige Welt der Pflanzen und das historische Setting wissen zu überzeugen. Mit Spannung darf der abschließende Band um Jessamine, Oleander und Weed erwartet werden.

|Gebundene Ausgabe: 268 Seiten
ISBN-13: 978-3841421258
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 12 – 15 Jahre
Originaltitel: The Poison Diaries 2|
http://www.fischerverlage.de

Stevenson, D. E. – Stich ins Wespennest

Es gibt Bücher, die waren zu ihrer Zeit durchaus erfolgreich, und trotzdem verschwanden sie aus dem ein oder anderen Grund in der Versenkung. „Stich ins Wespennest“ von D. E. Stevenson ist so ein Fall – 1934 erstmals in England veröffentlicht, sind wohl weder Titel noch Autor dem heutigen Leser ein Begriff. D. E. Stevenson hieß eigentlich Dorothy Emily und der berühmte Louis Stevenson war ein Cousin ihres Vaters. Das Schreiben war ihr also quasi in die Wiege gelegt. In über 40 Romanen hat sie von ihrem Talent Gebrauch gemacht. Nun hat sich der |Manhattan|-Verlag vorgenommen, den Namen der Autorin auch in Deutschland wieder in das Bewusstsein der Leser zu rücken. Und tatsächlich ist es schwer, sich dem Charme von „Stich ins Wespennest“ zu verschließen.

_Der Roman spielt irgendwann_ in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Schauplatz ist ein beschauliches Dorf im Süden Englands. Silverstream ist sozusagen die Blaupause für jede Art menschlichen Zusammenlebens: Es gibt die herrische Furie, die versucht, jegliches gesellschaftliches Leben an sich zu reißen. Es gibt einen alten Junggesellen, sogar ein lesbisches Pärchen. Es gibt Apfelbäume in Vorgärten und Katzen, die sich auf Kaminvorlegern zusammenrollen. Und es gibt Barbara Buncle. Miss Buncle und ihr Hausmädchen Dorcas leben in einem kleinen Cottage von einer jährlichen Dividende, die auf ihr Erbe anfällt. Doch die Weltwirtschaftskrise hat diese lebenswichtige Dividende beunruhigend zusammenschrumpfen lassen. Gemeinsam überlegen Miss Buncle und Dorcas nun, wie man zu Geld kommen könnte. Hühnerhaltung wird sofort verworfen. In Ermangelung jeglicher anderer Ideen wird beschlossen, dass Miss Buncle ein Buch schreibt.

Schon hier wird Miss Buncles Naivität deutlich: Denn wer würde je denken, mit einem Buch Geld verdienen zu können? Darüber hinaus geht Miss Buncle jegliche Fantasie ab, weswegen sie über das schreibt, was sie kennt: Silverstream und dessen Bewohner. Sowohl der Ort als auch die Charaktere werden zwar umbenannt, doch verfremdet werden sie kaum. Als „Der Störenfried“ tatsächlich einen Verleger findet und die Dorfbewohner schließlich auf das Buch stoßen, ist der Aufruhr verständlicherweise groß. Denn Miss Buncle hat zwar keine Fantasie, aber sie ist eine ungemein genaue Beobachterin: Den Einwohnern von Silverstream wird damit ungefragt der Spiegel vorgehalten, und nicht allen gefällt, was sie darin sehen. Da Miss Buncle unter Pseudonym veröffentlicht hat, wird daraufhin wild spekuliert, wer in ihrer Mitte ein solches „Machwerk“ verfasst haben könnte. Von Klage ist die Rede und von Einschüchterungsversuchen. Doch „Der Störenfried“ verkauft sich außerordentlich gut und Miss Buncles Verleger drängt sie, eine Fortsetzung zu schreiben.

_“Stich ins Wespennest“ ist kein großes Buch._ Es ist weder wichtig noch bahnbrechend. Doch es ist charmant, unterhaltsam, komisch und mit sicherem Auge komponiert. Kurz: Die Lektüre macht einfach Spaß, denn „Stich ins Wespennest“ will nichts anderes als den Leser intelligent zu unterhalten. Der Roman möchte gute Laune verbreiten. Man fühlt sich in Silverstream sofort zu Hause – und wenn die Figuren auch fiktiv sind, so kennen wir doch alle eine Miss Buncle, einen Colonel Waterfoot und eine Mrs Weatherstone Hogg. Die Personen sind aus dem Leben gegriffen, und genau deshalb ist es auch so leicht, sich sofort häuslich in „Stich ins Wespennest“ einzurichten.

Barbara Buncle selbst ist ein Herzchen – unglaublich naiv und immer bereit, das Gute im Menschen zu sehen. Nach der Lektüre des Manuskripts kommt Miss Buncles Verleger zu dem Schluss: „Vielmehr war der Autor ein sehr kluger Mensch, der das Buch in ironischer Absicht geschrieben hatte, oder ein sehr schlichter Mensch, der es in gutem Glauben verfasst hatte.“ Letzteres trifft wohl den Nagel auf den Kopf, denn Miss Buncle ist schier überwältigt sowohl von dem Erfolg ihres Buchs als auch von den Reaktionen darauf. In ihrer Gutgläubigkeit hätte sie nie mit so viel aufwallender Feindschaft gerechnet! Doch D. E. Stevenson lässt nie einen Zweifel daran, dass sie einen leichtfüßigen Unterhaltungsroman geschrieben hat. Und so muss der Leser nie Ängste ausstehen: Selbst, wenn die Dorfbewohner fast schon zur Lynchjustiz greifen, um den unbekannten Autor ausfindig zu machen, weiß man als Leser immer, dass alles gut ausgehen wird. Und das ist dann auch so: Barbara Buncle findet die Liebe (oder eher: die Liebe findet sie) und mit ihrem selbst verdienten Geld kann sie das dörfliche Silverstream verlassen und ein neues Leben beginnen.

D. E. Stevenson war mit „Stich ins Wespennest“ ähnlich erfolgreich wie Barbara Buncle mit dem fiktiven „Störenfried“. Und so gibt es auch zu „Stich ins Wespennest“ eine Fortsetzung. Hoffen wir, dass der |Manhattan|-Verlag sich auch „Miss Buncle Married“ vornehmen wird!

|Gebunden: 352 Seiten
Originaltitel: Miss Buncle’s Book
Übersetzung: Thomas Stegers
ISBN-13: 978-3442546879|
http://www.randomhouse.de/manhattan

Perry Rhodan – Aphilie (Silber Edition 81, Teil 2 von 4)

_|Aphilie|:_

Teil 1: 332 MB, 3:56 h, 49 Tracks
_Teil 2: 377 MB, 3:56 h, 50 Tracks_
Teil 3: – erscheint am 22.05.2012 –
Teil 4: – erscheint am 12.06.2012 –

_Die Handlung:_

Im Jahr 3540 steht die Bevölkerung der Erde im Bann der Aphilie. Reine Vernunft und Urinstinkte bestimmen das Verhalten der Terraner, Gefühle zählen nichts mehr. Auch Reginald Bull ist der Aphilie verfallen: Er entmachtet seinen Freund Perry Rhodan und treibt ihn mit mehr als tausend Begleitern in die Verbannung. An Bord des Fernraumschiffs SOL verlassen die Verurteilten ihre Heimat ohne Hoffnung auf eine Rückkehr, aber auch ohne Aussicht, die Milchstraße im Meer der Galaxien zu finden. Eine Odyssee durch Raum und Zeit nimmt ihren Anfang, geprägt vom unbeugsamen Willen der Verbannten, dem Schicksal zu trotzen. Auf der Erde greift die Aphilie indessen unaufhaltsam um sich. Als es Bull gelingt, die Fessel der Aphilie abzuschütteln, wird er ebenfalls zum Gejagten …
(Verlagsinfo für die komplette |Silber Edition 81|)

|Dieser Teil|:

Reginald Bull treibt Perry Rhodan und die SOL weit ins All hinaus. Auf dem Weg dahin nimmt Rhodan noch weitere 6800 Menschen an Bord und lässt durch ein siganesisches Geheimkommando wichtige Daten aus dem lunaren Großcomputer NATHAN erbeuten. Währenddessen schmuggelt sich ein Agent der Organisation Guter Nachbar auf Terra in ein „Stummhaus“ ein, um herauszufinden, was mit den Menschen geschieht, die von den Aphilikern dorthin gebracht werden.

_Mein Eindruck:_

In diesem Teil wird zwar mehreren Handlungsfäden nachgegangen, so recht packen konnte mich aber keiner von ihnen. Nach ein wenig künstlicher Dramatik, in der Reginald Bull seiner Forderung, dass Perry nun endlich mit der SOL verduften soll, Nachdruck verleiht, folgt ein kurzer Grinser beim Hörer. Haben doch die Menschen, die die SOL auf ihrem Abmarsch noch im Malibu-System von Carrent-Fort aufsammeln will, für die Retter unerwartet, Kinder bekommen … ganze 1800 an der Zahl. Wird die SOL nun zu einem fliegenden Kindergarten?

Der Einsatz der Siganesen, die mit ihrem kleinen Raumschiff auf einen Sondereinsatz zu NATHAN fliegen, ist das Spannendste an diesem Teil der |Silber Edition|. Der folgende Part, der dann auf Terra spielt und sich um die „Stummhäuser“ dreht, war mir zu gesellschaftskritisch, als dass er mich von der Handlung her hätte fesseln können.

Einen kleinen Cliffhanger gibts am Ende auch, denn wir verlassen den OGN-Agenten, der noch im Stummhaus steckt, und wissen nicht, wie lange sein Schauspiel und er dabei unentdeckt bleiben.

Nichts Neues gibts derweil von der Prophezeiungs-Front zu berichten. Welche Siegel sollen denn gebrochen werden? Und wo sind sie zu finden? Vielleicht erfahren wir darüber ja mehr im nächsten Teil … oder mit etwas Pech erst in einer der nächsten |Silber Editionen|, der Zyklus ist ja noch lang …

|Das Hör-Erlebnis:|

Monotone Roboterstimmen, ein passend alt klingender Kervin M. Caughens, ein wie immer bestimmter Rhodan und jede Menge Crew-Mitglieder und Terraner hat Andreas Laurenz Maier hier zu vertonen. Und das macht er so gut, dass der Hörer nie den Überblick verliert und immer dicht am Geschehen ist. Dabei variiert er seine Charakterinterpretationen mithilfe von Lautstärke, Modulation der Stimme und Sprechgeschwindigkeit, sodass die jeweilige Stimmung der Menschen und Szenen immer lebendig beim Hörer ankommen. Ein wenig zu krächzig für meinen Geschmack klingen allerdings seine Siganesen.

|Die MP3s|

Die Qualität der MP3s entspricht dem Eins-A-Medien-Standard: 192 kbps, 41,1 kHz und Joint Stereo. Die Tracks sind fortlaufend nummeriert, wobei die Tracknummer im Dateinamen vorn steht und im ID3-Tag am Ende. Auch sämtliche Namen der an der kompletten |Silber Edition| beteiligten Autoren wurden mit in das ID3-Tag der Dateien geschrieben. Dies macht den Eintrag in der Playlist einiger Abspielgeräte so lang, dass nur noch die Autorennamen zu sehen sind und der Titel am Ende abgeschnitten wird.

Diesmal ziert die grafisch aufpolierte Front von Band 701 „Sprung in die Freiheit“ die ID3-Tags. Das Bild liegt dem Hörbuch zusätzlich als JPG- und als PDF-Datei in der Auflösung 1448 x 1444 bei.

Der Download ist auch als One-Track-Version erhältlich.

_Mein Fazit:_

Perry ist ins All vertrieben worden und blickt unbekannten Zielen entgegen. Auf Terra werden alte, von der Gesellschaft der Aphiliker nicht mehr benötigte Menschen in „Stummhäuser“ abgeschoben. Das klingt beides nicht wirklich packend und ist es auch nicht. Andreas Laurenz Maier schafft es als Sprecher aber dennoch, den für-alles-offenen Hörer gut zu unterhalten, auch wenn dies ein eher ruhiger und gesellschaftskritischer Teil ist.

|MP3-Download mit 377 MB Größe
Spieldauer der Lesung: 4:28 h
Anzahl der Tracks: 50
Sprecher: Andreas Laurenz Maier
ISBN-13: 978-3-943393-32-3|
[www.einsamedien.de]http://www.einsamedien.de
[www.perry-rhodan.net]http://www.perry-rhodan.net

|Hinweis:| Die |Silber Edition 81| wird zusammen mit dem letzten Download-Teil ab dem 12. Juni 2012 auch komplett auf zwei MP3-CDs im Handel erhältlich sein.

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RICHELLE MEAD – Falsche Versprechen (Bloodlines 1)

Kurzbeschreibung:

Als Alchemistin ist es Sydneys Aufgabe, die Geheimnisse der Vampire zu bewahren und gleichzeitig die Menschen vor den Blutsaugern zu schützen. Da gerät Jill Dragomir, die Schwester der Vampirkönigin Lissa, in tödliche Gefahr, und die Moroi müssen sie verstecken. Um einen Krieg zwischen den Vampiren zu verhindern, soll Sydney über Jill wachen. Gemeinsam flüchten sich die Mädchen an einen Ort, wo niemand eine Vampirin vermuten würde: ein Internat für menschliche Schüler in Kalifornien. Doch damit fängt der Ärger erst richtig an … (Quelle: |Egmont LYX|)

Inhalt:

Eines Nachts wird Sydney von ihrem Vater geweckt und soll in sein Arbeitszimmer kommen. Dort wird ihr eröffnet, dass sie eine neue Mission erwartet. Aber sie ist nur die zweite Wahl, hat sie doch bei ihrer letzten Mission einem Vampir zur Flucht verholfen. Um ihre Schwester Zoey zu schützen, bekräftigt sie, dass so ein Fehler nicht noch mal vorkommen wird. Nur muss sie mit Keith zusammenarbeiten, mit dem sie eine unglückliche Vergangenheit verbindet. Immer wieder fordert Keith, dass er Zoey bei der Aktion dabeihaben möchte, aber Sydney schafft es mit klugen Argumenten, die anderen Alchemisten davon zu überzeugen, sie nach Kalifornien zu schicken.

Doch nun beginnen die Probleme. Sie muss mit Jill in einem Internat ein Zimmer teilen und sich als Schwester ausgeben. Nun beginnt für sie ein aufregender Abschnitt. Sie wurde immer nur zu Hause unterrichtet und darf jetzt an der Schule so viel lernen, wie sie will, bloß Jill gewöhnt sich nicht an ihre neue Umgebung. Die Sonne laugt Jills die Kräfte aus und auch ihre Verbindung zu Adrian ist schlecht für sie. Sie wird beschuldigt, betrunken zu sein und Alkohol zu verkaufen, was ihre Stellung innerhalb der Schule verschlechtert. Aber dann lernt sie Lee kennen und verliebt sich in ihn.

Sydney muss sich unterdessen mit ihrer Lehrerin auseinandersetzten, die ihr die Chance gibt, ihr bei einem Forschungsprojekt zu helfen. Durch ihr Lilientattoo auf der Wange wird sie beschuldigt, nachgeholfen zu haben. Erst versteht Sydney nicht, was damit gemeint ist, bis ihr erklärt wird, dass es an der Schule normal ist, dass es Tattoos gibt, welche die Leistungsfähigkeit steigern. Auf der Suche nach dem Ort des Tattoostudios braucht sie Adrians Hilfe, was ihr nicht behagt. Sie versucht herauszufinden, wer dafür verantwortlich ist, außerdem muss sie sich um Jill kümmern und Adrian dazu verhelfen, einen Job zu finden, damit er was zu tun hat und sich nicht immer betrinkt.

Als sie dann Keith loswird und herausfindet, wer für das Verschwinden verschiedener Personen verantwortlich ist, ist es vielleicht schon zu spät für Jill, irgendetwas auszurichten.

Meine Meinung:

Sydney, schon bekannt aus Richelle Meads „Vampire Academy“-Reihe, wird hier in der neuen Serie zur Hauptdarstellerin. Sie ist eine durchsetzungsstarke junge Frau, die hier versucht, Jill, die Schwester der Vampirkönigin, zu beschützen. Obwohl sie Angst hat vor den Vampiren, geht sie auf die Mission ein, um ihre kleine Schwester Zoey zu schützen. Jill ist eine kleine, immer mal wieder aufmüpfige Jugendliche, die nach einem Mordversuch beschützt werden muss, bis ein Gesetz auf den Weg gebracht wurde, damit ihre Schwester auch ohne Verwandte auf dem Thron bleiben kann. Eine besondere Bindung zu Jill hat Adrian, die es beiden irgendwie ermöglicht, eine mentale Verbindung aufzubauen. So weiß Jill immer, wie Adrian sich fühlt und was er getan hat. Dies hat nicht nur gute Seiten. Eddie, der große Beschützer von Jill, ist immer an ihrer Seite, um ihr zu helfen. Dabei spielen seine Gefühle ein bisschen verrückt, aber immer ist er der große Bruder.

Über mehrere Handlungsstränge fügt sich das Buch am Ende zusammen und man erkennt den Zusammenhang. Dadurch, dass verstärkende Tattoos an der Schule kursieren, muss Sydney herausfinden, was es damit auf sich hat. Ihr kommt bald die Erkenntnis, dass der Vampir, bei dem die Begleiter von Jill wohnen, dazu dient, diese Tattoo-Substanz herzustellen. Auch das Verschwinden von Vampir-Mädchen in der Stadt deckt Sydney auf. Durch den einen und anderen Zwist oder Wortwechsel mit ihren Begleitern ist dies recht amüsant ausgeführt. Aber das Verhältnis zu ihrem Vater ist für Sydney alles andere als amüsant, denn immer wieder kämpft sie um die Anerkennung, doch die wird sie wahrscheinlich nicht bekommen.

Fazit:

Mit ihrem schriftstellerischen Talent schafft es Richelle Mead, die Leser in eine Welt zu entführen, aus der es schwer ist, wieder aufzutauchen, verliert man sich doch zunehmend in der fantastischen Welt der „Vampire Academy“-Autorin. Mit Sydney hat die Autorin es geschafft, eine Heldin zu erschaffen, die mutig und auch stark ist, aber trotzdem Fehler ihre hat. Versucht sie, ihre Schwester zu beschützen, verletzt sie diese doch unwissentlich. Richelle Mead versucht hier zu zeigen, dass alles, was man macht, Folgen hat, sei es für sich selbst oder andere. Aber sie lässt Sydney auch den Raum, diese Fehler wieder auszubügeln. Auch die anderen Figuren in diesem Buch beschreiten diesen Weg.

Dieses Buch ist absolut lesenswert, besonders wenn man vorher die „Vampire Academy“-Reihe gelesen haben sollte, weil sich vieles in „Bloodlines“ auf die Geschehnisse in der Reihe bezieht und man so dem Buch besser folgen kann, als wenn man sich alles zusammenreimen muss.

Originaltitel: Bloodlines, 2011
350 Seiten
ISBN 13: 978-3802587863

http://www.Egmont-LYX.de

Johan Stenebo – Die Wahrheit über IKEA . Ein Manager packt aus

IKEA – das Casual-Unternehmen mit der weißen Weste, die heutige Mutter aller Studentenmöbel, das Zuhause für all diejenigen, bei denen der Geldbeutel enger geschnürt werden muss. Und noch so viel mehr Positives gibt es im Zusammenhang mit der weltweit erfolgreichsten und größten Möbelhauskette zu berichten, dass sich eigentlich kaum jemand trauen würde, den schwedischen Konzern in irgendeiner Form an den Pranger zu stellen.

Johan Stenebo hat es trotzdem getan und sich nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit, die absolut nicht spurlos an ihm vorübergegangen sind, mit einem Buchprojekt Luft verschafft. Luft, die ihm am Ende seiner Tätigkeit beim großen Skandinavier nicht mehr geblieben war. Und Luft, die er vor allem denjenigen verschaffen möchte, die nach wie vor Teil des Unternehmens sind und womöglich nicht den geringsten Hauch einer Ahnung davon haben, was sich hinterm gelb-blauen Vorhang des Niedrigpreis-Giganten tatsächlich abspielt.

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Schacht, Andrea – Bis ans Ende der Welt (Kyria und Reb 1)

_Kyria und Reb_
Band 1: „Bis ans Ende der Welt“
weitere Bände in Planung

Im Jahr 2125 hat sich Europa in eine Welt der kompletten Überwachung verwandelt. In diesem perfekt gesteuerten System – New Europe – wächst Kyria behütet auf. Bis sie an ihrem 17. Geburtstag erfährt, dass sie an einer tödlichen Krankheit leidet. Jetzt zählt nur noch ein Gedanke: Flucht. In der wenigen Zeit, die ihr bleibt, will sie endlich frei sein! An einem Ort, der dem Zugriff des Systems entzogen ist. Mit ihr auf den Weg macht sich Reb, der vor nichts und niemandem Angst hat. Doch schon bald sind den beiden die Verfolger auf der Spur. Und das ist nicht die einzige Gefahr: Alle, die sich der Macht von New Europe entziehen, drohen furchtbaren Seuchen zum Opfer zu fallen … (Verlagsinfo)

_Kritik_

Mit „Bis ans Ende der Welt“ eröffnet die bekannte Autorin Andrea Schacht ihre spannende Dystopie um Kyria und Reb. Hier wagt sich die für ihre historischen Romane bekannte Autorin an ein ganz anderes Genre. Andrea Schacht konzipiert eine Zukunft, in der Freiheit völlig ausgeschlossen ist und die totale Kontrolle herrscht.

Den Lesern wird eine völlig andere Welt gezeigt, Frauen haben die ausnahmslose Macht und Männer werden medikamentös unter Kontrolle gehalten. Typisch männliche Eigenschaften sind nicht mehr gewünscht und werden daher ausgeschaltet. Komplex und gut durchdacht, wird den Lesern hier eine fesselnde Geschichte erzählt, die durchaus in Erinnerung bleibt.

In dieser Welt wächst die Protagonistin Kyria in dem Glauben, sterbenskrank zu sein, auf. Als Tochter einer angesehenen Politikerin stehen Kyria alle Türen offen. Doch als sie erfährt, dass sie nur noch wenige Wochen zu leben hat, kann sie nur noch an Flucht denken. Sie will ihre Freundin Hazrel, die in einem der wenigen freien Reservate nahe der Küste lebt, besuchen.
Aufgeteilt in zwei Teile, den ersten Teil „Die Flucht der Rebellen“ und den zweiten Teil „Der lange Weg“, werden die Abenteuer der Protagonisten erzählt. Die Geschichte beginnt in New Europe, genannt NuYu, und der Leser wird in die zukünftige Welt eingeführt. Die herrschende Politik und die Lebensumstände in NuYu werden sehr gut dargestellt und den Lesern gelingt es schnell, in diese hineinzufinden. NuYu wirkt dabei sehr futuristisch. An NuYu grenzen die Reservate, in denen die Menschen leben, die sich der totalen Kontrolle entziehen wollen und so rückständiger leben. Die Unterschiede werden nicht nur bei der medizinischen Versorgung und der rückständigen Technik deutlich, auch die Rollenverteilung ist hier eine völlig andere.

Dem Erzählstil der Autorin kann nach kurzer Eingewöhnung spielend gefolgt werden. Andrea Schacht entwickelt für ihre Dystopie einen passenden Sprachstil, der zwar bei den Dialogen so manches Mal recht abgehackt wirkt, dadurch aber sehr gut zu ihren Darstellern passt. Ungewöhnlich und dadurch auffällig sind die Namensgebung und die Benennung der verschiedenen Orte. Dieses trägt zur Glaubwürdigkeit bei, schließlich haben sich in NuYu verschiedene Länder zusammengetan und so eine Sprache entwickelt, die aus Deutsch, Englisch, Italienisch und anderen Sprachen besteht.

Erfrischend ist der eingewobene Humor, der nicht nur in den Streitereien der Protagonisten deutlich wird. Auch verschiedene Redewendungen und Decknamen lassen die Leser so manches Mal schmunzeln, wenn nicht sogar laut lachen.
Erzählt wird der Roman aus der Perspektive von Kyria. Aus ihrer Sicht erlebt der Leser die Geschichte. Vieles, wie die totale Kontrolle und auch die Verteilung der Rollen der Geschlechter, werden so als selbstverständlich dargestellt. Durch Reb erfährt Kyria und somit auch der Leser dann viel von den Lebensumständen bei den Rebellen und den Menschen aus den Reservaten.

Die Darsteller sind sehr komplex und authentisch konzipiert. Auch wenn die Protagonisten Kyria und Reb zu Beginn nicht gerade vor Sympathie sprühen, nimmt der Leser doch Anteil an deren Leben. Häppchenweise werden die verschiedenen Hintergründe der Personen erklärt, geben aber dennoch bis zum Schluss so einige Rätsel auf. Nicht alle werden letztendlich geklärt, was noch viel Potenzial für Folgebände gibt.

Kyria, die sehr behütet aufwuchs, zeigt schnell dass sie ein sehr aufgeschlossener, mitfühlender und mutiger Charakter ist. Anfangs noch sehr naiv, wächst Kyria schnell über sich hinaus und findet sich in die fremden Umstände ein. Schlagfertig und keinesfalls auf den Mund gefallen, gewinnt Kyria so die Sympathie der Leser. Reb ist ein sehr verschlossener Darsteller, bei dem schnell klar wird, dass er bereits so einiges hat einstecken müssen. Ruhig, verschlossen aber dennoch auch hilfsbereit und so manches Mal auch sehr spitzbübisch wird Reb gezeigt.

Die weiteren Figuren werden zwar ausreichend vorgestellt, dennoch fehlt es oft an Tiefe. Da es sich hier allerdings um einen ersten Teil handelt, ist noch vieles möglich.

_Autorin_

Andrea Schacht hat lange Jahre als Wirtschaftsingenieurin gearbeitet, bis sie sich entschloss, ihre wahre Leidenschaft, das Schreiben, zu ihrem Beruf zu machen. Vor allem mit ihren historischen Romanen um die Kölner Begine Almut Bossart erlangte sie große Bekanntheit. Ihre Bücher stehen regelmäßig auf den Bestsellerlisten.

_Fazit_

Mit „Bis zum Ende der Welt“ ist der Bestsellerautorin Andrea Schacht ein fesselnder Roman gelungen. Humor, eine zarte Romanze und eine Zukunftsversion, die so manches Mal erschreckend glaubwürdig scheint, machen den ersten Teil um Kyria und Reb aus. Hier hat Andrea Schacht wirklich alles richtig gemacht.

Mich konnte Andrea Schacht voll in den Bann ziehen und ich habe jede Seite ihrer Dystopie genossen. Ein gemeiner Cliffhanger am Ende der Geschichte lässt darauf hoffen, dass die Autorin schnell einen weiteren Band um Kyria und Reb veröffentlicht.

|Gebundene Ausgabe: 381 Seiten
ISBN-13: 978-3863960162
Vom Verlag empfohlenes Alter: 12 – 15 Jahre|
http://egmont-ink.de
http://www.andrea-schacht.de

_Mehr von Andrea Schacht auf |Buchwurm.info|_
[„Der dunkle Spiegel“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=369 (Begine 1)
[„Das Werk der Teufelin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1764 (Begine 2)
[„Die Sünde aber gebiert den Tod“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1764 (Begine 3)
[„Nehmt Herrin diesen Kranz“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6435 (Alyss 2)
[„Der Sünde Lohn“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7232 (Alyss 3)
[„Im Reich der Katzenkönigin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7424 (Jägermond 1)
[Interview]http://buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=119

Djian, J. B. / Legrand, Olivir / Etien, David – Vier von der Baker Street, Die – Band 2: Die Akte Raboukin

Band 1: [Das Geheimnis des Blauen Vorhangs]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7845

_Story:_

London ist erneut in Aufruhr, denn einstimmigen Berichte zufolge zieht zum wiederholten Male ein Frauenmörder durch die Gassen, der die Befürchtung aufkommen lässt, der legendäre Jack the Ripper sei zurückgekehrt. Die drei Junior-Detektive sind sich nicht einig, ob sie der Sache nachgehen sollen, bis sie schließlich selber Teil eines Komplotts werden, bei dem eine junge Russin fast mit ihrem Leben bezahlen soll. Katja Iwanowa gehört einer Gruppe Revolutionäre an, die im restlichen Europa ihr Exil gesucht haben und nun befürchten müssen, von der Elitepolizei des Herrschers beseitigt zu werden.

Ihr Bruder Viktor wurde inhaftiert, weil mehrere Indizien darauf hinweisen, dass er für die Morde verantwortlich ist. Doch Charlie, Tom und Billy sichern der Dame ihre Hilfe zu und bürgen mit ihren Diensten für Sherlock Holmes, der derzeit in Wien nach einer verschwundenen Geige sucht. Aber die Sache ist verzwickter und gefährlicher, als die jungen Helden befürchtet hatten. Der Zar und seine Helfershelfer agieren mit äußerster Brutalität, und als schließlich weitere Menschen ums Leben kommen, sehen sich die drei erstmals mit ihrem eigenen Tod konfrontiert. Ans Aufgeben denken sie aber dennoch nicht …

_Persönlicher Eindruck:_

War die erste Episode zu „Die Vier aus der Baker Street“ als Einführung noch eine leicht verdauliche Abenteuergeschichte, fährt das Autorenteam in „Die Akte Raboukin“ schon deutlich schwerere Geschütze auf. Die Geschichte hat deutlich mehr Tiefgang, das Setting ist wesentlich aggressiver ausgemalt als in der vorangegangenen Story, die Charaktere sind überdies ebenfalls entschlossener und brutaler in ihrem Vorgehen, und so wird der zweite Fall von Billy, Charlie, Tom und ihrem Kater Watson überraschenderweise zu einer sehr brisanten, teils auch ruppig inszenierten Comic-Erzählung, die vor allem in den Momenten punktet, wenn das Jugendroman-Niveau ausgehebelt wird und man sich dazu entschließt, die Härte des großen Vorbilds auszupacken. Denn diesbezüglich sind sich „Die Akte Raboukin“ und die etwas raueren Holmes-Geschichten am Ende näher, als man es nach dem ersten Band erwartet hätte.

Die Geschichte beginnt dabei noch recht simpel: Jack the Ripper aufzugreifen, erscheint als Wagnis, dem die Serie eigentlich nicht gewachsen scheint, da definitiv davon auszugehen ist, dass inhaltlich mit härteren Bandagen gekämpft wird. Doch den beiden Autoren gelingt der Schwenk in die eigentliche Geschichte sehr gut, da man bereits nach drei Seiten keinen Gedanken mehr an den legendären Killer aus dem Londoner East End verschwendet. Stattdessen befindet man sich sehr rasch in der eigentlichen Handlung, die sich aus einem folgenschweren Komplott, zahlreichen Intrigen, interessanten Charakteren und natürlich dem wagemutigen Vorgehen der drei ‚Superhelden‘ zusammensetzt. Des Weiteren stößt man auf ungeahnte Erzähltiefe, gerade wenn es um den Background der russischen Akteure geht oder aber auch im Bezug auf die ständig schwankende Hauptgeschichte, die am Ende immer wieder neue Überraschungen bereithält. Und auf solche Ereignisse war man nach dem eher strikten Vorgehen im Vorgänger sicherlich nicht vorbereitet.

Doch die zahlreichen Überraschungseffekte sind eine sehr angenehme Entwicklung, von der nicht nur die aktuelle Story als solche, sondern auch die ganze Atmosphäre ungemein profitiert. Die etwas ‚erwachsenere‘ Gestaltung wirkt sich auf das gesamte Setting sehr positiv aus, die kritischen Themen, die abgehandelt werden, weisen zudem einen ziemlich originellen Bezug zu den sozialen Ungereimtheiten des früheren Englands auf. Exilrussen, politische Verschwörungen, listige Gemeinheiten, intrigante Machenschaften im Bereich des höheren Adels – das ist zwar nicht wirklich neu, aber aufgrund der unerwarteten Einflechtungen sehr spannend und interessant in den Plot eingebettet. Lediglich das jüngere Publikum wird vielleicht ein wenig von der offensiven Gangart der zweiten Episode abgeschreckt sein, aber vermutlichen ebenso konstatieren, dass die hier begangene Entwicklung ein Schritt in die richtige Richtung ist. War „Das Geheimnis des Blauen Vorhangs“ mehr oder weniger die pflichtmäßige Einführung in den Stoff, so beginnt mit „Die Akte Raboukin“ nun eine eindrucksvolle Kür!

|55 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3868691740|
http://www.splitter-verlag.eu

Clay & Susan Griffith – Schattenprinz (Vampire Empire 1)

Vampire Empire:

Band 1: „Schattenprinz
Band 2: „Nachtzauber“ (13.08.2012)
Band 3: „The Kingmakers“ (angekündigt, noch ohne dt. Titel)

„Vampire Empire“ – ein Vampirroman mit Schlagreim im Titel; das entbehrt nicht einer gewissen (vermutlich unfreiwilligen) Komik und man fragt sich zwangsläufig, ob mit dem Roman des Autorenduos Susan und Clay Griffith ein neuer Tiefpunkt des Genres erreicht ist.

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Marklund, Liza – Weißer Tod

_|Annika Bengtzon| (chronologisch nach Handlungsfortschritt):_

Band 1: [„Studio 6“ 904
Band 2: [„Der Holzdieb“ 2519
Band 3: [„Paradies“ 1197
Band 4: [„Prime Time“ 385
Band 5: „Olympisches Feuer“
Band 6: [„Der rote Wolf“ 573
Band 7: „Nobels Testament“
Band 8: [„Lebenslänglich“ 6255
Band 9: „Silvesternacht“
Band 10: „Kalter Süden“
Band 11: _“Weißer Tod“_

Bei Liza Marklund heißt es „Hopp oder Topp“! Entweder begeistert sie mich mit ihren Büchern vollauf, fesselt mich für Stunden an ein und dasselbe Buch, oder eben ich langweile mich ganz schrecklich und muss mich von Seite zu Seite quälen. Dazwischen gab es bislang für mich nichts. Mit großen Erwartungen habe ich ihr neuestes Werk aus der „Annika Bengtzon“-Reihe „Weißer Tod“ aufgeschlagen, denn die beiden letzten Bücher, die ich von ihr gelesen habe, waren einfach nur spannend. So aber leider nicht mit ihrem aktuellsten Werk …

_In Afrika entführt_

Im Schnee liegt eine tote Frau – in direkter Nähe zu einer Kindertagesstätte. Wie ist die Frau ums Leben gekommen? Wurde sie ermordet? Und wenn ja, von wem? Alles Fragen, die Annika Bentzon stark beschäftigen. Sie ist ins Mark getroffen und will diesem Fall sofort auf den Grund gehen. Doch dann platzt eine neue Schreckensnachricht in ihr Leben: Ihr Mann Thomas, der sich zurzeit mit einer Delegation in Afrika aufhält, wurde von Rebellen entführt! 40 Millionen Dollar fordern die Geiselnehmer. Völlig ausgeschlossen, dass Annika eine solche Summe aufbringt, auch wenn sie einige Millionen Kronen aus der Versicherungssumme für ihr abgebranntes Häuschen auf dem Konto hat.

Thomas‘ Kollege Jimmy Halenius übernimmt den Kontakt mit den Entführern, er verhandelt mit ihnen und zieht praktisch bei Annika ein, um immer in Reichweite zu sein, wenn ein Anruf aus Afrika kommt. Dabei kommen Annika und Jimmy sich allmählich näher.

Der Fall um die ermordete Frau ist für Annika vergessen, zu groß ist die Sorge, dass Thomas nicht wiederkommen könnte und die Frage, was dann aus den Kindern wird. Um mit Jimmy Halenius in Afrika die Geldübergabe zu machen, muss Annika sich um eine geeignete Betreuung kümmern: Ihre Mutter und ihre Schwester lehnen ab, auch wenn Annika bei ihnen zu Kreuze kriecht. Schweren Herzens fragt sie bei der Frau an, mit der Thomas sie betrogen hat und zu der er zeitweise gezogen war.

Doch in Afrika droht die Geldübergabe zu scheitern, was nun?

_Kuddelmuddel_

Zunächst beginnt das Buch wie ein ganz normaler Kriminalfall, nämlich mit dem Fund einer Frauenleiche. Annikas journalistisches Gespür ist geweckt, gibt es vergleichbare Fälle in Schweden? Haben sie es gar mit einem Serientäter zu tun? Oder handelt es sich schlicht und einfach um häusliche Gewalt? Bevor Annika diese Fragen klären kann, erreicht sie die Nachricht, dass ihr Mann Thomas entführt worden ist. Ihre Welt bricht zusammen, was soll nun aus ihr werden? Und vor allem aus den Kindern?

Annika kratzt alles Geld zusammen, um eine vernünftige Lösegeldsumme zusammen zu bekommen. Gleichzeitig verhandelt Jimmy Halenius mit den Rebellen, um ihnen klar zu machen, dass ihre Forderungen völlig überzogen sind. Dann jedoch wird eine Geisel ermordet – für Thomas wird die Situation immer brenzliger, immer gefährlicher, Annika muss sich beeilen.

Obwohl sie sich schrecklich um Thomas sorgt, nagen die ersten Zweifel an ihr: Wieso ist er eigentlich mit dieser Delegation nach Afrika geflogen? Hat es mit der jungen, gutaussehenden Frau zu tun, die dabei war? Betrügt Thomas sie gar wieder? Immer mehr fühlt sie sich zu Thomas‘ Kollegen hingezogen – was ist hier bloß los?

In einem anderen Handlungsstrang begleiten wir Anders Schyman, Annikas Chef beim Abendblatt, der die Lösegeldsumme aus Zeitungsgeldern erheblich aufstockt, wenn Annika verspricht, ihm eine Exklusivgeschichte zu liefern. Zeitgleich versucht er, die Auflage durch die Berichterstattung über die toten Frauen in die Höhe zu pushen, merkt aber, dass er gar nicht mehr der Richtige ist für den Job und reicht kurzerhand seine Kündigung ein.

Spätestens jetzt wird klar, dass Liza Marklund sich offensichtlich nicht entscheiden konnte, worüber sie überhaupt schreiben will – sollte es ein Buch über einen Entführungsfall werden? Oder über die Sensationsgier der Journalisten? Oder über einen vermeintlichen Serienmörder, der in Schweden Frauen tötet? Die Geschichte franst total aus, mal liefert uns Marklund neue Infos zu den toten Frauen, dann aber geht es über weite Strecken wieder um Thomas‘ Entführung. Als sie schließlich noch beginnt, Anders Schymans Zwiespalt zu thematisieren, reichte es mir komplett. Aus meiner Sicht hätte sie sich mal für ein Thema entscheiden und sich darauf konzentrieren sollen. Dadurch, dass die Serienmorde nur nebenbei abgehandelt werden, bleibt diese Geschichte völlig nebulös, und gleichzeitig bremst sie den eigentlichen Handlungsstrang rund um Thomas‘ Entführung komplett aus.

Sehr wirr fand ich auch die Handlungen der einzelnen Charaktere – man muss schon sehr gut in der Geschichte um Annika Bengtzon drinstecken, um Liza Marklund folgen zu können, denn sie selbst praktisch alles aus Annikas Vergangenheit voraus, wiederholt lediglich mehrfach, dass ihr Exfreund Sven einst ihr kleines Kätzchen ermordet hat, aber alles andere wird vorausgesetzt. Kennt man andere Bücher aus der Reihe, wird einiges klarer, aber wer direkt mit diesem Buch einsteigt, dürfte komplett verwirrt sein: Welche Kämpfe ficht Annika mit ihrer Mutter und ihrer Schwester aus? Was ist da in ihrer Ehe mit Thomas los? Und was ist das für ein Häuschen, das abgebrannt ist? Nichts davon klärt Liza Marklund auf, dieses Wissen muss man aus früheren Romanen mitbringen. Vor dem Hintergrund von Annikas Vorgeschichte wird vielleicht halbwegs verständlich, wie merkwürdig sie manchmal reagiert, dass sie plötzlich mit Jimmy Halenius in die Kiste springt und vor allem, wie sie am Ende des Buches reagiert. Ich fand das alles nicht sonderlich glaubwürdig. Besonders lächerlich fand ich Annikas Verhalten in Afrika. Anders Schyman hat ihr unter anderem aufgetragen, ein Videotagebuch zu drehen. In Afrika allerdings bringt Annika sich und ihre Begleitung zweimal in eine sehr brenzlige Lage, weil sie in den dämlichsten Situationen ihre Videokamera rauskramt. Hier benimmt sie sich dermaßen dämlich, dass ich das nicht mehr nachvollziehbar fand-

Auch Anders Schymans Verhalten fand ich schwer zu durchschauen, für mich kam seine Kündigung aus heiterem Himmel, irgendwie passte der Handlungsstrang rund um seine Karriere, sein Tun und Wirken beim Abendblatt überhaupt nicht hierher.

_Was für ein Flopp_

Es bleibt dabei: Entweder ich versinke komplett in Liza Marklunds Büchern oder sie langweilt mich mit ihren Geschichten halb zu Tode. Letzteres war leider bei ihrem neuesten Werk der Fall. Hätte sie sich auf den Entführungsfall, der wirklich über weite Strecken auch spannend und ergreifend ist, in den Mittelpunkt gestellt und alles Drumherum weggelassen, hätte ein spannendes Buch draus werden können. So aber zerfasert die Handlung komplett, mir ist bis zum Schluss nicht klar geworden, was der Fall um den Serienmörder hier zu suchen hatte und auch diese ganze Diskussion rund um die Auflage der Zeitung, fand ich einfach nur überflüssig. Sehr schade, dieses Buch hatte definitiv Potenzial, aber aus meiner Sicht verschenkt Liza Marklund das komplett!

|Gebunden mit Schutzumschlag, 384 Seiten
Originaltitel: Du Gamla, du fria
Aus dem Schwedischen von Anne Bubenzer, Dagmar Lendt
ISBN-13: 9783550087523|
http://www.ullsteinbuchverlage.de

Graham Bowley – Kein Weg zurück: Leben und sterben am K2

Das Szenario ist ein Altbekanntes: Eine Tragödie während einer Expedition mehrerer Extrembergsteiger lässt sich in den Medien immer gut vermarkten. Das Publikum ergötzt sich am Schicksal der Verunfallten, die Zweifel ob der dringenden Notwendigkeit bzw. des Sinns hinter einem solchen Unternehmen werden wieder lauter, und wenn das Ganze auch noch genutzt wird, um direkt ein Buch darüber zu schreiben, fragt man sich regelrecht, ob die betroffenen Autoren schon darauf warten, sich endlich auf die verkaufsträchtigen, erfolgversprechenden Skandale zu stürzen.

Graham Bowley – Kein Weg zurück: Leben und sterben am K2 weiterlesen

Djian, J. B. (Autor) / Vincent (Zeichner) – Kapuzinerschule 1: Das vergiftete Dorf

_Kapuzinerschule:_

_Band 1: Das vergiftete Dorf“_
Band 2: „Der Erbe“

_Story:_

1852: Nach mehr als 20 Jahren kehrt Honoré Pencrec’h in seine Heimat Kerfilec zurück – eine Zeitreise, die ihn abrupt in seine Vergangenheit zurückbefördert. Einst lernte er an der Kapuzinerschule das junge Mädchen Emma kennen und schenkte ihr sein Herz. Doch eines Tages verschwand das Mädchen spurlos; die Vermutungen gehen dahin, dass es vor den Klippen der Insel Dourduff ertrunken ist, doch niemand weiß etwas Genaues.

Jahre später ist Honoré mit er zwielichtigen Carmille getraut, Emmas Nebenbuhlerin, die ihn bereits kurze Zeit später nach Paris verführt hat. Als sie nun gemeinsam an den Ort ihrer Kindheit zurückkehren, gerät das Dorf in Aufruhr. Niemand traut Carmille über den Weg, und es scheint so, als hätten gleich mehrere Bürger eine Sünde auf ihren Schultern zu tragen, die auch mit dem Verschwinden von Emma zusammenhängt. Als schließlich der jetzige Honoré seinem kindlichen Ebenbild begegnet und daran erinnert wird, dass sein Lebensweg nicht den Prinzipien gefolgt ist, die er als junger Mensch mit seinem Herzen festgelegt hatte, kommt der ältere Mann ins Grübeln. Schließlich ist es ein Attentat auf Carmille, das Bewegung in die Dinge bringt und so manchem Schuldigen den Angstschweiß auf die Stirn treibt …

_Persönlicher Eindruck:_

„Kapuzinerschule“ ist lediglich ein Zweiteiler, der in diesem vermeintlich knappen Umfang jedoch eine Erzähltiefe entwickelt, für die sich J.-B. Djian [(„Die Vier von der Baker Street“)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7845 einen kleinen Comic-Orden anheften darf. Alles beginnt unscheinbar und unspektakulär, als das vermählte Paar zurück in die Heimat reist und sich in vielen kleinen Episoden an die Erlebnisse aus der Kindheit erinnert. Doch schon bald offenbart sich, dass hier eine Menge faul ist, so dass „Das vergiftete Dorf“ sehr rasch in die Position eines richtig temporeichen Thrillers gerückt wird, dessen phantastische Inhalte schließlich den qualitativen Unterschied ausmachen.

Djian lässt seine Leser aber lediglich spekulieren, welches Geheimnis sich hinter der eigentlich verschlafenen Ortschaft Kelferic befindet. Auf wenigen Seiten entwickelt er ein Szenario, dessen Protagonisten auf sehr individuelle Weise Schuld auf sich geladen haben, dies jedoch aus den unterschiedlichsten Motiven. „Kapuzinerschule“ erzählt von einem entflohenen Sträfling, einem unglücklichen Ehemann, einer merkwürdigen Schulleiterin und vielen weiteren suspekten Persönlichkeiten, die alle ihren Teil zum sehr schwer durchschaubaren, inhaltlich aber jederzeit nachvollziehbaren Story-Gerüst beitragen. Jeder hat sein Laster zu tragen, das aus irgendwelchen Vorgängen aus der Vergangenheit rührt, deren wahren Sinngehalt der Autor jedoch konsequent verschweigt.

Binnen weniger Panels entsteht daher eine Art Mythos, etwas Undurchdringliches, irgendwie ein schon greifbares, aber eben noch nicht bestimmbares Arrangement, das viele Fragen aufwirft, aber zu keiner Zeit überfordernd ist. Man ahnt, welche Charaktere mehr zu verbergen haben, man bekommt ein Gespür dafür, was in Kelferic vor mehr als 20 Jahren geschehen ist, und durch die sehr emotionale Darbietung verschenkt man auch schnell Sympathiewerte für einige Beteiligte. Doch am Ende bleibt es bei diesen Vorahnungen, die bereits im ersten Band die Spannung zum Siedepunkt treiben und alle Hoffnung darin vereinen, dass in „Der Erbe“ eine kurze, aber absolut lesenswerte Geschichte ein Finale geschenkt bekommt, das dieses Auftakts würdig ist. Solch gute illustrierte Unterhaltung bekommt man trotz des Qualitätsbewusstseins beim |Splitter|-Verlag nämlich nicht alle Tage geboten!

Bewegend, tiefgängig, spannend, temporeich, sehr dynamisch – man kann viele Worte über „Das vergiftete Dorf“ verlieren, sich aber auch darauf beschränken, Djian den Start in ein Meisterwerk zu attestieren, das bei entsprechender Vollendung zum bedingungslosen Pflichtstoff erklärt werden muss.

|55 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3868692273|
http://www.splitter-verlag.eu

Point Whitmark: Geschöpf der bösen Träume (Folge 36)

_Die Handlung:_

Etwas Unerklärliches geschieht im Haus in der William-Prescott-Road. Jay will und kann es nicht glauben, aber seine Mutter scheint wahrhaftig von einer dämonischen Spukgestalt besessen zu sein. Zudem geht ein plötzlicher Verehrer bei ihnen ein und aus, dessen gefährlichem Charme die verängstigte Mrs Lawrence immer mehr verfällt. Ist besagter Maurice Micklewhite gar schuldig am tragischen Unfall einer jungen Frau in der Nachbarschaft? Tom und Derek setzen alles daran, zu helfen, aber die Zeit rinnt ihnen davon. Auf der Spur der verschwundenen Toten wird auch Jay zum Opfer des teuflischen Nachtmahrs … (Verlagsinfo)

_Mein Eindruck:_

Was für eine Achterbahnfahrt! Es fängt an mit einer wichtigen Zeugin in einem großen Prozess, die (offenbar nicht ganz) zufällig direkt vor ihrer Aussage einem Verkehrsunfall zum Opfer fällt. Dann hat Jays Mutter Alpträume und sieht in wachem Zustand einen Nachtmahr mit glühenden Augen. Und als ob das noch nicht verwirrend und offenbar zusammenhanglos genug wäre, scheint es so, als ob Jays Mutter einen dem Jungen unsympathischen alten Knacker datet.

Was hier seltsam anmutet, wird von Minute zu Minute immer mehr zum Psycho-Thriller … obwohl man aufgrund des Covers ja eher von einer Gruselfolge ausgehen konnte. Aber die Schreie von Jays Mutter gehen dem Hörer gewaltig durchs Mark und spätestens, nachdem auch Jay in die Sache reingezogen wird, kann man es schon mit der Angst zu tun bekommen. Die Altersempfehlung ab 6 Jahren würde ich locker auf mindestens 12 hochschrauben. Diese Folge könnte den einen oder anderen jungen Hörer sonst verstören. Für die ältere Hörerschaft ist das absolut positiv gemeint.

Dass der Autor sich wiedermal ein cleveres Konstrukt ausgedacht hat, das hinter allem steht, und dass am Ende alle Fäden und Personen zusammengeführt und aufgeklärt werden, das bekommt der Hörer leider erst am Ende erzählt. Genau … erzählt … denn in dieser Folge wird sehr viel Wert auf die Psycho-Effekte und Schauerstimmung gelegt und darauf, den Hörer und die Jungs möglichst lange am Grübeln und Gruseln zu halten. Da war dann am Ende einfach kein Platz mehr auf der Silberscheibe, um die Ermittlungen zu Ende zu bringen. Stattdessen erzählen die drei Jungs von dem Sender, der heißt wie die Stadt, in einem Radiobeitrag alles und klären auf.

Das fand ich ein wenig schade und ging ein mir wenig schnell. Erst dachte ich, ich hätte ein paar Tracks übersprungen, aber nein. Tom und Derek ermitteln klassisch und Jay bekommt den Psycho-Teil dieser Folge zu spüren wie auch seine Mutter. Und wer was mit wem und warum getan hat … das gibts dann halt am Ende direkt in einem Zug erzählt. Das fühlte sich dann am Schluss an, als hätte der Hörer eine knappe Stunde lang einen packenden Psycho-Thriller im Kopfkino gesehen und kurz vor dem Abspann wird schnell noch erzählt, wer eigentlich der Mörder war.

Das kann man unbefriedigend finden, aber, besser so, als wenn man zu früh gewusst hätte, worum es geht. Also, bei dieser Folge hat man als mitratender Hörer keine Chance, weil das nicht vorgesehen ist. Stattdessen sollte man sich hier eine Psycho-Folge lang unterhalten und fesseln lassen, denn das tut diese Folge auf jeden Fall, um am Ende selbst auf Jays Kosten den Abschlusslacher auszustoßen.

Ach so, wir lernen übrigens auch etwas, so ist es ja nicht … nämlich, woher der Ausdruck „vom Teufel geritten“ stammt … und das am praktischen Beispiel.

|Die Sprecher und ihre Rollen:|

Erzähler – Jürg Löw
Jay Lawrence – Sven Plate
Tom Cole – Kim Hasper
Derek Ashby – Gerrit Schmidt-Foss
Charles Laughton – Ulrich Voß
Mrs Lawrence – Karin Buchholz
Maurice Micklewhite – Bert Stevens
Dr. Linus – Liane Rudolph
Gallagher – Frank Schaff
Conor O’Reilly – Dietel Memel
weitere: Claus-Dieter Clausnitzer, Ghadha al-Akel

|Technik-Credits:|

Idee & Konzeption: Volker Sassenberg
Drehbuch: Andreas Gloge & Volker Sassenberg
Musik: Matthias Günthert und Volker Sassenberg, Markus Segschneider und Manuel Rösler
Tontechnik und Schnitt: Volker Sassenberg & Marc Sander
Illustration & Cover Design: Ingo Masjoshusmann
Verlegt durch ROBIL BOR Music
Aufgenommen und gemischt unter Finians Regenbogen
Produziert von Volker Sassenberg

|Die Ausstattung:|

Die CD steckt in einem Jewel-Case. Das Booklet enthält eine Bildergalerie der 35 weiteren erschienen Folgen. Zusätzlich werden noch die Sprecher und ihre Rollen aufgeführt sowie die Technik-Credits.

_Mein Fazit:_

Eine anfangs verwirrende und nach und nach zum Psycho-Thriller mutierende Folge, die nicht immer etwas für schwache Nerven ist. Jay und seine Mutter bekommen den Psycho-Teil am eigenen Leib zu spüren und auch beim Hörer steigt das Unbehagen von Minute zu Minute weiter an. Hinter allem steckt ein cleveres Konstrukt der Autoren, die sich wiedermal richtig was einfallen ließen. Das ist aber für nur eine Stunde des Hörens zu komplex und so mag die schnell erzählte Auflösung am Ende den einen oder anderen Hörer ein wenig enttäuschen.

Nichtsdestotrotz gibts von mir die volle Punktzahl für diesen Fall, weil er wirklich schnell zu fesseln weiß, die ganze Zeit über die Spannung hochhält und intelligent aufgebaut ist.

|1 Audio-CD
Spieldauer: 56 Minuten
Tracks: 10
EAN: 886919739022
Vom Verlag empfohlen ab 6 Jahren|
[www.point-whitmark.de]http://www.point-whitmark.de

_|Point Whitmark| bei |Buchwurm.info|:_
Folge 1: [„Die Bucht der 22 Schreie“ 5128
Folge 2: [„Die rote Hand des teufels“ 5256
Folge 22: [„Die blutenden Schlüssel“ 4793
Folge 23: [„Der Duft der Finsternis“ 5058
Folge 24: [„Am Tag der großen Flut“ 5410
Folge 25: [„Die fiebrigen Tränen“ 5551
Folge 26: [„Die Diener der Pest“ 5743
Folge 27: [„Eiland der Gespenster“ 5817
Folge 28: [„Der leere Raum“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6175
Folge 29: [„Der Seelenkünder (1/2)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6518
Folge 30: [„Der Seelenkünder (2/2)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6670
Folge 32: [„Hauptrolle: tot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7330
Folge 33: [„Das Schloss des Blutmalers“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7398
Folge 34: [„Die einäugigen Puppen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7591
Folge 35: [„Verirrt im Spinnenwald“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7749
Folge 36: [„Geschöpf der bösen Träume“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=XXXX