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John Stephens – Emerald (Die Chroniken vom Anbeginn 1)

Die Chroniken vom Anbeginn:

01 „Emerald“
02 „Das Buch Rubyn“
03 „Onyx“

Die Handlung:

Als die drei Geschwister Kate, Michael und Emma, die als Kleinkinder von ihren Eltern getrennt wurden, auf dem Weg in ein neues Waisenhaus in dem abgelegenen Herrenhaus des geheimnisvollen Dr. Pym landen, ahnen sie nicht im Geringsten, wohin diese Reise sie führen wird. Denn bevor sie sich versehen, sind die besonnene Kate, der kluge Michael und die tollkühne kleine Emma in den Kampf um drei magische Bücher voll unermesslicher Macht verstrickt. Sie müssen erfahren, dass es ihre Aufgabe ist, diese
zu finden, wenn sie ihre Eltern je wiedersehen wollen. Auf dem Weg dorthin treten sie gegen finstere Gegner an, finden unerwartete, liebenswerte Verbündete, meistern ihre magischen Talente, entdecken unvorstellbare Wesen und beginnen das Geheimnis ihrer Familie zu lüften.
(Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Bereits Monate vor dem Erscheinen der Erstausgabe wurde um dieses Buch ein riesiger Rummel veranstaltet. Was ist das für eine Geschichte, die bereits in 32 Länder verkauft wurde, bevor die Öffentlichkeit überhaupt nur ein Wort davon gelesen hat? Da müssen sich aber viele Verantwortliche sehr sicher sein, dass die Trilogie um Kate, Michael und Emma ordentlich in den Kinderzimmern dieser Welt einschlagen wird.

Nicht so ganz nachvollziehen kann ich allerdings die Wahl des deutschen Titels. Wie kann man den Originaltitel „Emerald Atlas“ um das sinngebende Element kürzen? So ist es nur noch ein Edelstein, denn „Emerald“ heißt „Smaragd“, und nicht „smaragdgrüner Atlas“, der nämlich, verzaubert wie er ist, eine zentrale Rolle in diesem Buch spielt. So wird der Atlas dann im Buch auch „Buch Emerald“ genannt oder gegen Ende auch „Chronik der Zeit“. Was beides so gar keinen Sinn ergibt, wenn in der Geschichte davon gesprochen wird, dass hier diverse Karten enthalten sind … „wie in einer Chronik“ … Falsch! … In einer Chronik steht Text, in einem Atlas sind Karten! Wenn man schon die Namen der Charaktere direkt übernimmt, dann frage ich mich, warum die Namen der Bücher nicht auch sinngemäß übersetzt wurden, denn auch das Zwergen-Buch, aus dem Michael gern und ständig zitiert, trägt im Original einen ganz anderen Namen.

Es dauert keine Handvoll Seiten, bis der Leser gemerkt hat, dass John Stephens bislang Drehbücher für US-Fernsehserien geschrieben hat. Seine Dialoge sprühen vor Lebendigkeit und Wortwitz. Das Verhältnis der Geschwister untereinander wirkt so echt, wie es nur jemand beschreiben kann, der selbst Geschwister hat. Man ärgert den anderen ständig, aber nicht, weil man ihn nicht leiden kann, sondern weil man ihn liebhat. Aber das würde man natürlich nie öffentlich zugeben. So ähnlich geht es auch den drei „Waisen“ in „Emerald – Die Chroniken vom Anbeginn“. Sind sie das erste Mal voneinander getrennt, merken sie, wie viel sie sich gegenseitig bedeuten. Und das ist auch schon das Kernstück der gesamten Geschichte: Der Zusammenhalt der Familie, der Zusammenhalt von Geschwistern. Durch dick und dünn gehen, aber nie dabei allein sein müssen.

Der lockere Erzählstil von Stephens ist flüssig zu lesen und lässt den Leser nie ins Stocken geraten. Die Kapitel sind kurz genug, um in ein „Eins lese ich noch, dann ist aber Schluss“ zu verfallen.

Gleich zu Anfang merkt der Leser, woher Stephens seine Inspirationen bekommen hat. Sofort denkt man an „Harry Potter“, „Die Chroniken von Narnia“ und „Der goldene Kompass“. Aber trotz aller bekannter Zutaten erfindet Stephens eine neue Geschichte, die mit eigenem Charme begeistert. Seine Ideenvielfalt ist brillant und jedes Kapitel ist wie eine Szene in einer TV-Serie, bei der es alle paar Minuten einen kleinen Höhepunkt gibt und geben muss, bevor dann die Werbung gezeigt wird. Von daher ist seine langjährige Tätigkeit fürs Fernsehen sehr hilfreich gewesen und das kommt auch dem Leser zugute.

Ohne langwierige und langweilige Beschreibungen schafft Stephens es, dem Leser dennoch genug Tiefgang zu vermitteln, dass alle Personen glaubhaft wirken. Schnell entstehen die ersten Bilder im Kopf und das Abenteuer beginnt. Nachdem der erste Mann in der Mitte zerteilt wurde, wusste ich allerdings, warum der Verlag die Altersempfehlung nicht noch weiter heruntergesetzt hat. Abgesehen von dieser Szene sprüht das Buch vor Witz, Charme und Abenteuer. Magische Geheimnisse, Zeitreisen, Zauberer, Zwerge, neue Freundschaften, neue Feindschaften, Schwertkämpfe, all das und mehr erwartet die drei Geschwister und auch den Leser von „Emerald – Die Chroniken vom Anbeginn“.

Die drei verlieren dennoch nie ihr eigentliches Ziel aus den Augen: Ihre Eltern zu finden. Denn sie sind überzeugt davon, dass sie noch leben. Und am Ende dieses Teils weiß der Leser dann, was es mit dem ersten der „drei mächtigsten Zauberbücher, die je geschrieben wurden“ auf sich hat, was man damit anstellen kann und warum diese drei Kinder so entscheidend für das Schicksal der gesamten Menschheit sind.

Die 464 Seiten gehen viel zu schnell zu Ende und der Film, der von der ersten Seite an im Kopf des Lesers abläuft, wird bis zum nächsten Band, dessen Erscheinungstermin leider noch nicht feststeht, leider auf Pause stehen müssen. Aber einen Kinofilm wird es zu diesem Buch mit Sicherheit auch in absehbarer Zeit geben.

Der Autor

John Stephens ist als Drehbuchautor und Produzent bekannt geworden. Er wirkte nach seinem Studium an so erfolgreichen Fernsehserien wie Gossip Girl oder Gilmore Girls mit. Erst Philip Pullmans Goldener Kompass-Trilogie brachte ihn schließlich auf die Idee, sich dem Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern zu widmen. (Verlagsinfo)

Mein Fazit:

Ein fantastisches Abenteuer für die Zielgruppe, für die es hier keine Altersbeschränkung nach oben gibt. Fans von „Harry Potter“ und „Narnia“ finden mit diesem Buch einen ebenbürtigen Lesespaß.

Hardcover: 464 Seiten
Originaltitel: The Emerald Atlas – Books of Beginning
Aus dem Amerikanischen von Alexandra Ernst
Mit Illustrationen von Jon Foster
Vom Verlag empfohlenes Lesealter: 10-13 Jahre
ISBN: 978-3-570-15292-8
www.randomhouse.de/cbjugendbuch
www.EmeraldAtlas.com

Der Autor vergibt: (5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (3 Stimmen, Durchschnitt: 4,67 von 5)

Michelle Paver – Seelenwächter (Chronik der dunklen Wälder 6)

Chronik der dunklen Wälder:

Band 1: „Wolfsbruder“
Band 2: „Seelenwanderer“ auch „Torak – Wanderer zwischen den Welten“
Band 3: „Seelenesser“
Band 4: „Schamanenfluch“
Band 5: „Blutsbruder“
Band 6: „Seelenwächter“

_Auf dem Berg der Geister: Halloween plus Walpurgisnacht_

Die Wälder vor 6000 Jahren erstrecken sich von einem Ende der Welt zum anderen, voller lebendiger Seelen – außer einer … Der 13-jährige Torak, seine Freundin Renn und ein junger Wolf haben die Welt von einem gefährlichen Dämon befreit und auf den Inseln des Robbenclans einen Seelenesser, einen bösen Schmananen, getötet. Doch dann geriet Torak in die Hände der Seelenesser, die ihm ihr Zeichen einbrannten.

Michelle Paver – Seelenwächter (Chronik der dunklen Wälder 6) weiterlesen

Silvana de Mari – Der letzte Elf

Die Reihe um Yorsch:

Band 1: „Der letzte Elf“
Band 2: „Der letzte Ork“
Band 3: „Der letzte Zauberer“
Band 4: „Die letzte Königin“
Band 5: „Die Rückkehr der Elfen“

Seit Jahren verwandelt ein ständiger Regen die Welt in einen großen Schlammsee. Die Menschen geben den Elfen und anderen magischen Wesen die Schuld, schließen diese in Reservate ein und vernichten sie auf teilweise grauenvolle Art.

Nicht verwunderlich ist es daher, dass der Unlängstgeborene, der Elf Yorschkrunsquarkljolnerstrink, künftig genannt Yorsch, nur Schlechtes von den Menschen gehört hat. Besonders warnte seine Großmutter Yorsch vor dem Appetit der Menschen auf Elf mit Rosmarin.

Nach einem schlimmen Schicksalsschlag zieht Yorsch alleine durch den Regen, der alles um ihn zu Schlamm verwandelt, als sein persönlicher Albtraum Wirklichkeit wird. Er begegnet seinem ersten Menschen. Sarja und ihr Hund sind ebenfalls in dem nicht aufhören wollenden Regen unterwegs und so treffen die beiden aufeinander. Yorsch schlottert nun nicht mehr nur vor Kälte, sondern auch vor Angst, Sarja könnte Rosmarin finden und ihn fressen.

Aus Einsamkeit und Verzweiflung schließen sich Yorsch und Sarja zusammen, um einen Teil des Weges gemeinsam zu bestreiten. Yorsch lernt dabei eine ihm unbekannte Art des Menschen langsam kennen, nicht alle scheinen ihn als Snack zu betrachteten. Die Angst bleibt allerdings.

Später treffen Yorsch, Sarja und der Hund ohne Namen auf den Jäger Monser, der Yorsch in die nächste Verzweiflung schickt, tötet dieser doch Tiere und damit kann Yorsch gar nicht leben. Die beiden Menschen passen sich dem Unlängstgeborenen aber an, schon allein um seine Tränenflut zu stoppen, die Sarja und Monser regelmäßig zur Verzweiflung treibt.

Zusammen sorgen Sarja und Monser für den kleinen Yorsch, wohl wissend, dass sie sich damit in große Gefahr begeben.

Nicht lange und das Schlimmste passiert, Yorsch, Sarja, Monser und der Hund ohne Namen werden gefangen genommen und in die Verliese der Stadt Daligar gesperrt. Dank Yorschs Fähigkeiten gelingt ihnen aber doch die Flucht und eingemeißelt in einer Mauer findet Yorsch eine Prophezeiung die lautet:

„Erst wenn der letzte Elf
und der letzte Drach sich finden
und sich Vergangenheit und Zukunft verbinden,
werden die Menschen ihr Schicksal überwinden.“

Yorsch wird damit klar, dass er der Letzte überlebende Elf ist und zusammen mit seinen menschlichen Freunden macht er sich auf, seine Bestimmung zu erfüllen.

Kritik

Mit Der letze Elf hat Silvana De Mari den ersten Teil Ihrer Reihe um den Elfen Yorschkrunsquarkljolnerstrink geschrieben, der die Leser zu verzaubern weiß.

Die Zielgruppe junger Leser wird die Autorin mit ihrem leicht zu lesenden Schreibstil erreichen können. Sie verzichtet auf Kompliziertes und so können auch junge Leser dem Geschehen spielend folgen. Die warmherzige, mitfühlende und dabei auch ionisch witzige Sprache zieht den Leser schnell in seinen Bann und der kleine Elf Yorsch gewinnt die Herzen der Leser sehr schnell. Der Stil ist auf jeden Fall ergreifend und Silvana De Mari schafft es, die Geschichte lebendig zu halten.

Die Orte der Handlung werden nicht zu detailliert beschrieben, der Leser kann sich aber trotzdem ein Bild der Umgebung machen und sich die Welt, in der sich die Charaktere bewegen, gut vorstellen. Zwar wird kaum auf die Welt um das Geschehen herum eingegangen, dies ist aber auch nicht zwingend nötig für die Handlung dieses Romans. Wichtiges erfährt der Leser auf jeden Fall.

Aufgeteilt ist die Geschichte in zwei Stränge: Einmal geht es um die Reise und die Erfüllung des unlängstgeborenen Elfen und darauf folgt die Zeit, in der Yorsch auf dem Weg zum Erwachsenwerden ist. Wo im ersten Teil die Spannung sehr gut erzeugt wird, kommt es im zweiten doch zu kleineren Längen, durch die der Leser auf die nächste Handlung fast warten muss. Dieses tut dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch, will der Leser doch auf jeden Fall wissen, wie der zweite Teil der Prophezeiung lautet. Diesen konnte Yorsch in der Eile der Flucht aus Daligar leider nicht mehr entziffern und weiß daher selber nicht, was ihn noch erwartet.

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht eines Beobachters, der die Geschichte des Yorsch erzählt und daher ausschließlich das berichtet, was der junge Elf wahrnimmt.

Die Protagonisten sind sehr sympathisch, dabei aber leider nicht sehr facettenreich beschrieben. Eine Vorstellung wie die einzelnen Charaktere aussehen könnten gelingt kaum, hier macht mehr das Wesen die Protagonisten aus. Yorsch ist nicht das, was der Leser vielleicht von einem Elf erwartet, ein noch sehr kleines Kind, das sich sehr von den Menschen unterscheidet. Aus der Sicht eines Menschen, macht er viele Sachen sehr kompliziert wenn nicht sogar falsch. Denkt der Leser aber etwas nach, kann er doch schnell zu einem anderen Urteil kommen. So kommt es dazu, dass der Leser mit diesem kleinen Kerl schnell weint, über seine Art lacht und seine Gefühle teilt. Dieses geht auch Yorschs menschlichen Freunden so, mit ihnen kann man sich sehr gut identifizieren. Yorschs Zauber erliegt daher jeder.

Das Cover ist wirklich sehr schön gestaltet, in Grüntönen gehalten ist eine fantastische Landschaft zu sehen, im Vordergund ein Elf und ein Drache. Der Titel ist in silberner Farbe geschrieben und mit Spotlack hervorgehoben.

Fazit

Silvana De Mari hat mit Der letzte Elf ein zauberhaftes Buch, über Freundschaft, Glück aber auch Verlust geschrieben. Die Geschichte ist einfach als zauberhaft und wundervoll zu bezeichnen. Auch die übermittelten Werte können hier punkten.

Der letzte Elf ist ein Buch, das seine junge Zielgruppe genauso zu verzaubern vermag wie auch den erwachsenen Leser des Genres Fantasy. Von mir gibt es daher eine klare Leseempfehlung.

Autor

Silvana De Mari lebt mit ihrer Familie und einem riesigen Hund nahe Turin. Sie arbeitete als Ärztin in Italien und Afrika, bevor sie sich zur Psychotherapeutin ausbilden ließ. Nachdem sie schon kürzere Texte in Zeitschriften publiziert hatte, landete sie mit ihrem ersten Kinderbuch „Der letzte Elf“ einen sensationellen weltweiten Erfolg.

Taschenbuch: 367 Seiten
Originaltitel: L’ultimo Elfo
Übersetzer: Barbara Kleiner
Vom Verlag empfohlenes Alter: 11 – 12 Jahre
ISBN-13: 978-3570134788
www.randomhouse.de/cbjugendbuch

Autorin der Rezension: Nadine Warnke

Isau, Ralf – verbotene Schlüssel, Der

Innerhalb kürzester Zeit hat Sophia sowohl ihre Eltern als auch ihren Großvater verloren. Ihren Großvater hat sie zwar nicht gekannt, aber das macht es nicht wirklich leichter, zumal ihr Großvater ihr seine gesamte Habe vermacht hat. Darunter sind auch ein handgeschriebenes Buch sowie ein rotes Samtkästchen. In Letzterem befindet sich ein überaus kostbares Fabergé-Ei.

Der alte Mann, mit dem Blindenstock allerdings ist ganz offensichtlich nicht hinter dem Schmuckstück her, sondern hinter seinem Inhalt! Und plötzlich ist Sophia auf der Flucht …

Ralf Isau hat seine Geschichte über mehrere Jahrtausende und zwei Welten verteilt.

Die eine Welt ist die Realität, in der Sophia lebt. Sophia ist zwar intelligent, aber auch neugierig. Und da sie natürlich kein Wort von dem glaubt, was ihr Opa in seinem Buch geschrieben hat, tut sie einiges, was sie besser hätte bleiben lassen.

Die andere Welt heißt Mekanis. Mekanis ist das Reich von Oros, dem Herrn der Zeit, und alle seine Untertanen sind Maschinen. Oros arbeitet seit Jahrhunderten daran, seine Welt mit der Realität zu verbinden, mit dem endgültigen Ziel, beide gegeneinander auszutauschen. Da er auf die Realität nicht direkt einwirken kann, ist er darauf angewiesen, Menschen zu beeinflussen.

Einer, der fast von Anfang an dabei war, ist Theo. Theo stammt aus Cäsars Zeiten und ist damit weit über tausend Jahre alt. Weil er den weitaus größten Teil davon in Mekanis verbracht hat, hat er sich sozusagen sein kindliches Wesen bewahrt: Er ist unschuldig und vertrauensvoll. Was nicht heißen soll, dass er naiv wäre. Oros kennt er inzwischen gut genug, um ihm nicht zu trauen.

Die Charakterzeichnung ist durchaus detailliert. Keine der Figuren ist nur auf ihre Funktion in der Geschichte beschränkt. Dennoch will echte Tiefe nicht aufkommen, nicht einmal im Zusammenhang mit der zarten Romanze zwischen Sophia und Theo.

Das liegt zu einem Großteil daran, dass die Handlung – vor allem zu Beginn – so überstürzt und hektisch verläuft. Kaum hat Sophia die Wohnung ihres Großvaters verlassen, wird sie von Oros verfolgt, und es scheint, dass es nirgendwo auf der Welt einen Ort gibt, wo ihr Verfolger sie nicht aufspüren kann. Außerdem gerät Sophia auch nach Mekanis, wo sie wiederum von Oros Schergen verfolgt wird. In Mekanis trifft sie auch Theo, der ihr in den wenigen kurzen Atempausen aus der Vergangenheit erzählt.

Insgesamt ist die Handlung durch die häufigen Wechsel zwischen den vielen Orts- und Zeitebenen ziemlich sprunghaft geraten. Zwar hat der Autor das Ganze sauber aufgebaut, sodass der rote Faden jederzeit problemlos verfolgt werden kann. Allerdings wirkt der Verlauf dadurch doch etwas abgehackt, so ruckelnd wie die Bewegungen von Oros‘ Maschinen.

Flair erhält die Geschichte durch die Verarbeitung verschiedener Mythen, darunter Ys und Atlantis sowie die Umdeutung einiger geschichtlicher Fakten wie die Kalenderreform von Papst Gregor XIII. Im Mittelpunkt steht dabei die Weltenmaschine, eine Art Uhr, die das Funktionsprinzip des gesamten Kosmos abbildet und dadurch Macht über die Zeit verleiht. Pate für diese Weltenuhr stand der Mechanismus von Antikythera, ein komplexes Instrument aus Zahnrädern und Zeigern, das im Jahr 1900 in einem Schiffswrack entdeckt wurde und wohl hauptsächlich astronomischen Zwecken diente.

Mit Hilfe dieser Weltenuhr will Oros sein Ziel erreichen, doch kann die Uhr nur von jemandem bedient werden, der unschuldig ist wie ein Kind. Theo kann die Uhr bedienen, und Sophia. An dieser Stelle wird es philosophisch. Denn diese beiden können nicht nur die Uhr bedienen, ihre Berührung beseelt auch Oros‘ Maschinen, gibt ihnen Gefühle und einen freien Willen. Unwillkürlich fragt sich der Leser, wie groß die Macht der Unschuld wohl tatsächlich ist. Dazu kommen Gedanken über das Wesen und die Auswirkungen von Ideen oder über die Technisierung unserer Welt, die der Autor gewohnt dezent und leise nebenbei einfließen lässt.

Diese Mischung aus Mythen, historischer Recherche und Philosophie verleiht dem Buch das gewisse Etwas, trotz des ausgesprochen unruhigen und gehetzten Handlungsverlaufs. Die Protagonisten sind zwar nicht allzu intensiv gezeichnet, aber sympathisch und gute Identifikationsfiguren für Jugendliche. Die Grundidee ist ungewöhnlich und daher eine angenehme Abwechslung zum üblichen Fantasy-Einerlei, und bis auf ein paar kleine, unbedeutende Details ist die Ausarbeitung frei von logischen Brüchen. Ein interessantes und lesenswertes Buch für Zwölf- bis Vierzehnjährige.

Ralf Isau war ursprünglich in der Informatik tätig und schrieb seine Bücher nebenher. Sein erster großer Erfolg war die Neschan-Trilogie, seither hat er eine ganze Reihe von Romanen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene veröffentlicht. Inzwischen ist er hauptberuflicher Schriftsteller und mit bis zu vier Romanen pro Jahr enorm produktiv. Sein nächstes Buch unter dem Arbeitstitel „Der Nebelwächter“ soll im Frühjahr nächsten Jahres erscheinen.

Gebundene Ausgabe: 505 Seiten
ISBN-13: 978-3570138342

http://www.randomhouse.de/cbjugendbuch/index.jsp
http://www.isau.de/index.html

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Scott Westerfeld – Die geheime Mission (Leviathan 1)

Die Handlung:

Europa am Vorabend des Ersten Weltkriegs auf einer alternativen Erde. Prinz Aleksandar, der Sohn des gerade in Sarajevo ermordeten Erzherzogs Franz Ferdinand, wird von seinen eigenen Leuten gejagt. Er flieht in einem „Stormwalker“. Das ist eine Art Jules-Verne-Ausgabe eines Kampfläufers aus „Star Wars“.

In den Schweizer Alpen trifft Alek auf das lebende britische Luftschiff „Leviathan“, das eigens für die britische Armee erbaut und gezüchtet wurde. Die „Leviathan“ befindet sich auf geheimer Mission ins Osmanische Reich. Mit an Bord ist Deryn, die sich als Junge verkleidet in die Armee der britischen Darwinisten eingeschmuggelt hat. Alek rettet sich an Bord der „Leviathan“ und muss mit Deryn gemeinsame Sache machen … (stark abgeänderte Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Ich mag Steampunk. Ich mag Jules Verne. Und ich mag Jugendbücher, weil sie meist nicht so düster und gewaltverherrlichend sind wie Romane für abgestumpfte Erwachsene, denen „Saw“ nicht blutig und menschenverachtend genug ist.

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Nuyen, Jenny-Mai – Magierlicht (Die Sturmjäger von Aradon 2)

Die Sturmjäger von Aradon:

Band 1: „Feenlicht“
Band 2: „Magierlicht“

Nach den Ereignissen des ersten Bandes ist Aradon überzeugt davon, dass ein Angriff des Alten Reiches unmittelbar bevorsteht, und rüstet seinerseits zum Krieg. Hel und ihre Gefährten sollen unterdessen unter Führung des Magiers Olowain versuchen, den Isen zu fangen, der durch den Tod des Dämons in den Besitz des Totenlichts gelangt ist.

Karat indessen, der von Oyaras Rebellen gesundgepflegt wurde, hat sich ihrem Kampf nicht angeschlossen. Stattdessen folgt der kaum sichtbaren Schemen, die ständig auf ihn einflüstern und ihn vorantreiben, immer Richtung Norden … und verfolgt von Mercurin.

Neuzugänge bei den Charakteren sind nicht zu verzeichnen, dafür aber durchaus Entwicklung.

Hels Skepsis im Zusammenhang mit den Magiern nimmt immer mehr zu. Als ihre Befürchtungen sich schließlich auf ganz unerwartete und erschreckende Weise bestätigen, nimmt sie ihr Leben selbst in die Hand. Aber das ist auch nicht ganz einfach. Denn Hel ist sich keineswegs sicher, wie es nun mit ihr weitergehen soll.

Auch Mercurin ist unsicher. Seit er Hel kennt, ist er von der Richtigkeit seines Tuns nicht mehr so vollständig überzeugt, wie es für die Erledigung seiner Aufgabe eigentlich erforderlich wäre. Diese Unsicherheit steigert sich immer mehr, bis er eine ungewöhnliche Entscheidung trifft.

Wie immer hat Jenny-Mai Nuyen ihre Figuren ausgesprochen plastisch und intensiv gezeichnet. Vor allem Mercurins wachsende Zerrissenheit zwischen seiner Zuneigung zu Hel und seinem Auftrag ist sehr gut gelungen.

Die Handlung ist in diesem Band dafür etwas einfacher gestrickt als im Vorgänger. Das Hauptgewicht liegt auf der Gruppe um Hel, die Karat bis an den Rand der Kauenden Klippen folgt. Die übrigen Handlungsstränge, wie der um Karat oder die Druiden aus dem Alten Reich sind nur in kurzen Absätzen dazwischengestreut. Selbst als Hel sich von den Magiern trennt, entsteht kein gleichwertiger neuer Strang, denn das Augenmerk folgt ausschließlich Hel. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Handlung eingleisig oder unkompliziert wäre. Tatsächlich gibt es in jedem Handlungsstrang einen, der nach den Totenlichtern sucht, selbst in Hels Umfeld, und letzten Endes streben sie alle auf denselben Punkt zu. Das Zusammentreffen der einzelnen Parteien verläuft dementsprechend dramatisch, und doch gelingt es der Autorin, dies noch zu toppen. Der eigentliche Showdown findet letztlich in Aradon statt.

Zusätzlich zur langsam steigenden Spannung wird auch der Schauplatz weiter ausgebaut. Zum ersten Mal erfährt der Leser Details über das Alte Reich und sogar einiges von dem geheimen Wissen der Magier wird verraten. Besonders gut aber gefiel mir die Idee der Elfen. Die leuchtenden, schemenhaften Wesen, die Karat nach Norden führen, nennen sich selbst diejenigen, die immer waren und immer sein werden. Sie scheinen ziemlich mächtig zu sein, vor allem aber sind sie zornig. Denn die Menschheit, die ihre Schöpfung ist, hat sie enttäuscht, indem sie sinnlos Lirium verprasst und damit die Erde fast getötet hätte. Nun wollen sie die Menschen bestrafen. Und die Totenlichter sind ihr Werkzeug.

Was diese Geschöpfe letztlich so interessant macht, ist ihre Widersprüchlichkeit. Denn sie schüren genau jene Gefühle in den Menschen, deretwegen sie auf die Menschen so zornig sind: ihre Gier, ihren Ehrgeiz, ihre Eigensucht. Gibt der Mensch ihrem Drängen nach, verhöhnen sie ihn, tut er es nicht, verhöhnen sie ihn ebenso. Es scheint, als könnte es ihnen niemand recht machen, als wüssten sie selbst nicht, was sie wollen. Dennoch beeinflusst ihr Tun das gesamte Geschehen. Es verleiht sämtlichen Beteiligten etwas Getriebenes, Manisches, vor allem im Zusammenhang mit Hel, die unbedingt das Richtige tun will, sich aber nicht sicher ist.

Unterm Strich bleibt der Eindruck einer stimmungsvollen, eindringlichen und gleichzeitig spannenden Geschichte, mit Figuren, in die man sich hervorragend hineinfühlen kann, einer Welt, die fasziniert, und deren Spannungsfeld ohne übermächtigen Bösewicht, unausweichliche Prophezeiungen oder einzig zur Rettung befähigte Helden auskommt. Jenny-Mai Nuyens Bücher zeichnen sich durch einen angenehmen Mangel an Übertreibung aus, und sind trotzdem weder langweilig noch blass. Stattdessen bleiben sie dadurch wesentlich näher am Leser, der schließlich auch nur Durchschnitt ist. Vielleicht ist auch das ein Grund für ihren Erfolg.

Jenny-Mai Nuyen stammt aus München und schrieb ihre erste Geschichte mit fünf Jahren. Mit dreizehn wusste sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte. „Nijura“, ihr Debüt, begann sie im Alter von sechzehn Jahren. Inzwischen hat sie eine ganze Reihe von Büchern geschrieben. Die Sturmjäger von Aradon ist ihr erster Mehrteiler.

Gebundene Ausgabe: 377 Seiten
ISBN-13: 978-3570160626

www.jenny-mai-nuyen.de/
http://www.randomhouse.de/cbjugendbuch/index.jsp

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Banscherus, Jürgen – Geheimnis von Nr. 7, Das (Jimmi Nightwalker 3)

_Die „Jimmi Nightwalker“-Serie:_

01 – [„Das Rätsel der schwarzen Herren“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6214
02 – „Der Verrat“
03 – _“Das Geheimnis von Nr. 7″_
04 – „Das unheimliche Schiff“

_Astronomische Rätsel an Bord geheimnisvoller Schiffe_

Als JoJo und seine Freunde Murat und Mai Lyn einen merkwürdigen Jungen namens Jimmi kennenlernen, steht ihr Leben plötzlich Kopf. Der grauhaarige Junge weiß weder, wer er ist, noch woher er kommt. Woher stammt er bloß? Eine Spur führt die Freunde nach Hamburg, wo sie auf alte Bekannte treffen: die Kakamura-Brüder (aus Band 1)! Nur mit einem Trick gelingt es ihnen, ihre geheimnisvollen Verfolger abzuhängen, um weiter nach dem roten Schiff zu suchen, das auf Jimmis Karte verzeichnet ist. Doch kaum haben sie es entdeckt und sind an Bord gegangen, schnappt die Falle zu … (Verlagsinfo)

Vom Hersteller empfohlenes Alter: 8 – 9 Jahre.

_Der Autor_

Jürgen Banscherus, geb. 1949, arbeitete nach geistes- und sozialwissenschaftlichem Studium als Journalist, Lektor und Dozent in der Erwachsenenbildung. Er ist Mitglied im PEN und Vorsitzender der Jury beim Bundesentscheid des Vorlesewettbewerbs. Seit mehr als 20 Jahren schreibt er erfolgreich für Kinder und Jugendliche. Seine Bücher wurden vielfach ausgezeichnet und sind in 19 Sprachen übersetzt. Er lebt mit seiner Frau und seiner Familie im Ruhrgebiet.

_Handlung_

JoJo, Murat und Mai Lyn vom Geheimen Buchklub haben in Jimmi einen neuen Freund gefunden. Er ist grauhaarig und hat das Gedächtnis verloren, und das findet auch JoJos 90-jährige Uroma etwas merkwürdig. Noch seltsamer, weiß JoJo, sind jedoch die Brüder Kakamura, die ganz in Schwarz gekleidet sind und sie verfolgen. Was wollen sie bloß von Jimmi, fragt sich JoJo. Schon einmal haben er und seine Freunde den Finsterlingen ein Schnippchen geschlagen. Danach mussten sie Jimmi gegen die Hammer-Boys verteidigen.

Diesmal hat Jimmi eine Zeichnung angefertigt, auf der ein rotes Schiff zu sehen ist. Aber wo ist es zu finden? Als sie genauer hinsehen, entdecken sie das Autokennzeichen HH darauf: Hamburg. Dort sollen sie hin? OK, aber erst nachdem sie Uromas köstliche Brathühnchen gefuttert haben. Köstlich!

Es ist vor allem Murats türkischem Onkel und seinen Taschengeldspenden zu verdanken, dass sie sich die Fahrkarten nach Hamburg leisten können. Doch auch im ICE sind die Kakamuras sehr sonderbar. Im Hafen von Hamburg-Harburg finden sie kein rotes Schiff, sondern bloß Containerschiffe. Ein alter Seebär mit Zöpfen fragt sie, was sie suchen. Er nennt sich Winnetou und ist schon 82 Jahre alt. Sie zeigen ihm die Zeichnung mit dem roten Schiff darauf. Das müsse im Alten Hafen sein, meint er – und ist so freundlich, sie hinzuführen.

Da springt Jimmi auf einmal ins dreckige Hafenwasser! Er hat das Schiff erspäht! Mit einem geliehenen Motorbott fischen sie ihn wieder aus dem schmutzigen Nass und fahren ihn hin. Das rote Schiff heißt WEGA und scheint völlig verlassen zu. Niemand antwortet auf ihre Rufe. Sie gehen einfach an Bord, was den alten Seebären maßlos empört. „Das ist ja wie Hausfriedensbruch!“ schimpft er.

Aber das ist noch gar nichts gegen den Fund, den sie an Bord machen. Das Schiff hat keinen Motor, aber dafür in jeder Kajüte einen schwarzen Klotz. Was hat es damit wohl auf sich, fragt sich JoJo und fasst den Klotz in Kabine Nr. 7 an. Ein Gefühl unendlicher Traurigkeit überkommt ihn, genauso Murat, der den Klotz ebenfalls berührt. In jeder Kajüte ist ein Bild vom Sternbild Leier aufgehängt, dessen Hauptstern bekanntlich die WEGA ist. Aber wie heißt der Nachbarstern, der der durch eine Linie mit der WEGA verbunden ist?

Murat begibt sich in den Laderaum, und da liegt auch so ein schwarzer Klotz. Seltsamerweise ist nur der geheimnisvolle Jimmi in der Lage, den Klotz emporzuheben. Und dabei war doch Winnetou mal Meister im Schwergewichtheben! Plötzlich wird die Leiter aus dem Laderaum emporgezogen und die Luke geschlossen. Warum funktionieren ihre Handys auf einmal nicht?! Kurze Zeit später legt das Schiff ab – mit unbekanntem Ziel!

_Mein Eindruck_

Ich habe das Buch in nur einer Stunde gelesen. Nicht nur, weil es flott erzählt und spannend geschrieben ist, sondern auch, weil die Schrifttype wirklich groß ist und so nur wenig Text auf die Seite passt. Außerdem gibt es eine ganze Reihe von Zeichnungen Thilo Krapps, die unsere Helden zeigen. Die Seiten können also nur so vorüberrauschen. Bevor es zum Finale kommt, kann man praktisch keine Pause einlegen.

Die Geschichte ist für acht- bis neunjährige Jungs und Mädchen geschrieben, und zwar so, dass diese alles verstehen. Ein wenig erinnert der Plot auch an „Momo“, und zwar ähneln die Herren in Schwarz ein wenig den grauen Männern von der Zeitkontrolle. Vor solchen Finsterlingen ist die alsbaldige Verdünnisierung angesagt, das versteht sich von selbst.

Das größte Rätsel ist allerdings Jimmi selbst. Er scheint unter Gedächtnisverlust zu leiden, denn er weiß nicht, wie er auf die Erde kam. Von wo? Das ist die Preisfrage. Und er kam obendrein nackt! Kein Wunder, dass er nicht dran denken will … So viele Rätsel, die es zu lösen gilt, sorgen, das ist klar, für jede Menge Folgebände in dieser neuen Serie. Die Nähe zu den „Drei ???“ und der „Ferienbande“ liegt nahe.

Gut finde ich allerdings, dass diese brandneue Reihe ganz im 21. Jahrhundert spielt und nicht auf Ursprüngen aus den sechziger und siebziger Jahren basiert. Ein durchschnittlicher Jugendlicher wie JoJo ist also standardmäßig mit Mobiltelefon, MP3-Player und Kaugummis ausgerüstet. Jimmi weist nichts davon auf, was ihn schon mal bemitleidenswert macht. Genau deshalb muss man ihm helfen.

Zur Aktualität gehört auch der Multikulti-Hintergrund, vor dem der Geheime Buchclub existiert: Murats Vater ist offenbar Türke, wenn auch ziemlich wohlhabend, und Mai Lyns Eltern sind Boat People: Vietnamesen, die mit einem Boot aus ihrer Heimat flüchteten. Inzwischen sind sie in Deutschland erfolgreiche Leiter einer Großwäscherei. Hartz IV ist demnach also kein Thema. Daraus ergeben sich einige Unterschiede auch zu Amelie Frieds Kinderbuchserie „Taco & Kaninchen“ (siehe meinen Bericht dazu), die in einer Stadt in einem Problem-Viertel spielt.

JoJos Umgebung ist etwas idyllischer, denn er wohnt in einem schönen Haus mit Garten. Und seine Uroma bemuttert ihn, was die Frage aufwirft, wo eigentlich Oma und seine Eltern abgeblieben sind. Diese Frage wurde vielleicht im zweiten Band beantwortet, den ich nicht gelesen habe.

_Unterm Strich_

Auch wenn sich der Plot dieser neuen Serie wohlbekannter Kniffe wie Amnesie, astronomischer Rätsel und anonymer Finsterlinge bedient, so halten die Geheimnisse doch das Interesse an der Geschichte wach. Diesmal tritt ein Rätsel auf, das eher an Sciencefiction denken lässt: die schwarzen Klötze an Bord des roten Schiffes WEGA. Sie haben sonderbare Eigenschaften. Kommen sie nicht von unserer Welt, sondern wie der Meteorit, der in Band 2 gefunden wurde, von einer anderen? Wer weiß schon, wohin die WEGA fährt – oder fliegt?

Keine Frage gibt diese Geschichte Stoff für viele weitere Bände her, wie man hoffen darf. Jedes Buch lässt sich von erfahrenen Lesern wie mir in etwa einer Stunde lesen, eignet sich aber auch gut zum Lesenlernen – dank der großen Schrift. Druckfehler fand ich keine.

|Hardcover: 112 Seiten
Illustriert von Thilo Krapp
ISBN-13: 978-3570135785|
[www.randomhouse.de/cbjugendbuch]http://www.randomhouse.de/cbjugendbuch
[www.juergen-banscherus.de]http://www.juergen-banscherus.de

Markus Zusak – Wilde Hunde

Markus Zusak ist ein oft ausgezeichneter australischer Jugendbuchautor. Zuletzt erhielt sein Roman [„Die Bücherdiebin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4909 2009 den deutschen Jugendliteraturpreis. Cbj veröffentlicht nun den Sammelband „Wilde Hunde“, der die Bücher „Vorstadtfighter“und „Cameron Wolfe“ vereint.

Die fünfköpfige Familie Wolfe wohnt in einer ärmeren Gegend Sidneys. Während der Vater nach einem Unfall arbeitslos ist und zu stolz, um zum Arbeitsamt zu gehen, schuftet die Mutter für den Lebensunterhalt der Familie. Der älteste Sohn Steve versucht alles, um sich aus der Armut hoch zu arbeiten. Seine jüngere Schwester Sarah hingegen feiert vor allem und betrinkt sich.

Markus Zusak – Wilde Hunde weiterlesen

Nuyen, Jenny-Mai – Feenlicht (Die Sturmjäger von Aradon 1)

Die Sturmjäger von Aradon:

Band 1: „Feenlicht“

Hel hat fast ihr gesamtes Leben auf der Schwalbe verbracht. Der Kapitän hält sehr, sehr viel von ihr, und das nicht nur, weil sie die seltene Gabe der zweiten Sicht besitzt. Er hat bereits den Rat der Magier in Aradon davon in Kenntnis gesetzt, dass er Hel zu seiner Nachfolgerin bestimmt hat. Doch dazu kommt es nicht mehr. Ein unerwarteter Sturm reißt das Schiff vom Himmel und zerschmettert es vollständig. Hel ist die einzige Überlebende, und auch sie hat es nur geschafft, weil ein geheimnisvoller Fremder sie gerettet hat. Als sie schließlich nach Aradon gelangt um den Magiern Bericht zu erstatten, stellt sie fest, dass hinter dem Absturz der Schwalbe weit mehr steckt, als sie vermutet hat!

Hel ist ein sehr genügsames, bescheidenes, stilles Mädchen. Sie betrachtet die Schwalbe als ihr Zuhause und ist vollauf damit zufrieden, stundenlang im Mastkorb zu sitzen und Ausschau zu halten. Dass sie auf Grund der Ereignisse plötzlich so im Mittelpunkt der Politik steht, gefällt ihr gar nicht, ganz abgesehen davon, dass die Denk- und Handlungsweise der Mächtigen sich mit ihrer eigenen überhaupt nicht verträgt. Hel ist einfach zu ehrlich und es dauert nicht lange, bis sie sich zum ersten Mal Gedanken darüber macht, wie sie sich vor dem, was sie eigentlich tun soll, drücken kann.

Ihr Freund Nova scheint das genaue Gegenteil zu sein. Wo er auch auftaucht steht er im Mittelpunkt, stets lächelnd und unbeschwert. Er erobert ein Mädchenherz nach dem anderen und lässt sie alle sogleich wieder fallen. Doch der so leichtfertig und oberflächlich wirkende Bursche hat sich offenbar in den Kopf gesetzt, Hel zu beschützen, und lässt sich durch nichts davon abbringen, nicht einmal durch den Zorn der Magier.

Der Magier Olowain, mit dem Hel und Nova vorwiegend zu tun haben, ist Hüter der Bibliothek. Und wie ein echter Wissenschaftler legt er großen Wert darauf, dass etwas nachweisbar sein muss, um als echtes Wissen zu gelten. Was allerdings das aktuelle Geschehen angeht, scheint er weit weniger erpicht auf die Wahrheit als darauf, seine vorgefasste Meinung zu bestätigen. So viel er über die Vergangenheit weiß, so ignorant ist er, was die Gegenwart betrifft.

Karat ist ein einfacher Söldner, der sich weder für Ursachen noch für Gründe interessiert. Seine grausame Vergangenheit hat ihn gelehrt, dass nur das eigene Überleben zählt. Überlebt hat er, aber er lebt nicht, und diesen Mangel spürt er ohne dabei zu wissen, was ihm eigentlich fehlt. Kein Wunder also, dass das Gerücht von einem mordend durch das Land ziehenden Dämon ihn reizt. Er beschließt den Dämon zu jagen, als könne der Kick, den der Kampf gegen ein solches Geschöpf bedeutet, die Lücke in seinem Inneren füllen.

Und dann wäre da natürlich noch der geheimnisvolle Fremde, der Hel aus den Trümmern der Schwalbe gerettet hat. Woher er kommt, ist recht bald klar, das ist aber auch schon alles. Er beantwortet keinerlei Fragen zu seiner Person oder seinem Vorhaben, also bleibt dem Leser nur Beobachtung, und die zeigt bald, dass Hels Retter nicht alles so vorfindet, wie er es erwartet hat, und das scheint ihn zu verunsichern.

Ich finde es immer wieder erstaunlich, mit wie viel Einfühlungsvermögen und Authentizität Jenny-Mai Nuyen ihre Charaktere zeichnet. Das gilt für den fast weltfremd wirkenden Olowain genauso wie für den von Gewalt gezeichneten Karat. Selbst der Fremde, über den der Leser zunächst einmal so gut wie gar nichts erfährt, hat ein eigenes Profil, das über seine bewusst erzeugte Aura des Geheimnisvollen hinausreicht. Die Entwicklungen, die sich im Innern der Figuren vollziehen, erscheinen zu keiner Zeit überstürzt, gekünstelt oder sonst irgendwie unnatürlich, alles bleibt stets behutsam, nachvollziehbar und glaubwürdig.

Die Welt, in der die Geschichte angesiedelt ist, ist eine sterbende Welt. Einst war das Land lebendig, es bewegte und veränderte sich ständig. Verantwortlich dafür ist eine Substanz namens Lirium, die aus dem Kern nach oben steigt und in Adern verläuft, aber auch Pflanzen, Tiere und Menschen erfüllt. Alles, was lebt, lebt durch Lirium. Dieses Lirium ist es, das Hel durch ihre Gabe der zweiten Sicht sehen kann, es erscheint ihr als Licht.

Die Menschen nutzen dieses Lirium als Rohstoff, erhitzen Wasser damit oder beleuchten ihre Häuser. Die exzessive Nutzung hat Lirium knapp werden – und das Land sterben lassen. Ganze Landstriche haben sich seit Generationen nicht mehr verändert, was den Menschen nur lieb ist, denn sie haben die Bewegungen des Landes stets als Bedrohung empfunden. Die Verknappung von Lirium dagegen droht zum Problem zu werden.

Umso erstaunlicher erscheint die Magie, die der Fremde wirkt. Der Lymaerus, auf dem er und Hel reiten, besteht offensichtlich aus purer Magie, doch er scheint sich nicht dadurch zu verbrauchen, dass er die beiden trägt. Es ist, als bestünde zwischen dem Fremden und dem lebendigen Land eine freundschaftliche Verbindung. Das Land unterstützt den Fremden aus freien Stücken. Die Magie, die der Fremde in der Windigen Stadt benutzt, verbraucht dagegen ganz offensichtlich Energie, genauso offensichtlich aber wird diese Energie nicht dem Land entzogen. Der Fremde opfert seine eigene Energie dafür.

Dass es ausgerechnet die „Guten“ sind, deren Kultur auf Ausbeutung beruht, und ihre Gegner diejenigen, die ihre Fähigkeiten im Einklang mit dem Land anwenden, löst jeglichen Schwarz-Weiß-Effekt gekonnt in Wohlgefallen auf.

Das ist aber nur ein Strang der Geschichte. Den anderen stellen die Isen, ein Volk, das von den Inseln südlich des Kontinents stammt. Die Isen, die heute auf dem Kontinent leben, wurden einst dorthin verschleppt und sind noch immer eine unterdrückte Minderheit, was sich unter Anderem darin zeigt, dass die Magier versuchen, die Lirium-Knappheit auf Kosten der Isen zu entschärfen, indem sie den Verkauf von Lirium an Angehörige des Inselvolkes verbieten. Die gärende Unzufriedenheit der Isen nehmen sie nicht ernst und dem Gerücht über die Anführerin einer Rebellengruppe tragen sie lediglich dadurch Rechnung, dass sie eine Attentäterin auf die Frau ansetzen. Politische Gewaltprävention at its best!

All diese Details wurden nahtlos miteinander verknüpft. Es dauert eine Weile bis die Handlung Fahrt aufnimmt. Der erste Teil des Buches lebt hauptsächlich von dem Rätsel um Hels geheimnisvollen Retter, die Handlung verläuft hier ausgesprochen ruhig und wird nur durch die kurze Turbulenz in der Windigen Stadt unterbrochen. Danach rücken die Magier und Isen und mit ihnen Karat mehr in den Vordergrund. Die aufkeimenden Aufstände bringen etwas Leben in diesen Abschnitt, richtig spannend wird es aber erst, als sich endlich die Wege aller Beteiligten kreuzen.

Mit anderen Worten, der erste Band des Sturmjäger-Zyklus ist eher eine ruhige Lektüre, die dem sorgfältigen Aufbau der Welt und der Grundsituation gewidmet ist. Dabei hat Jenny-May Nuyen eine Menge Rätsel eingebaut, nicht nur was Hels Retter angeht, sondern auch Hel selbst umgibt ein Geheimnis; von dem Land jenseits der Berge hat der Leser bisher so gut wie gar nichts erfahren und es dürfte auch kaum überraschen, wenn die Geschichtsschreibung der Magier ein wenig zu subjektiv ausgefallen wäre und einiger Korrekturen bedürfte. Hier hat die Autorin gekonnt die Balance gehalten und gerade genug Fragen beantwortet, um ein Gefühl der Frustration zu vermeiden, gleichzeitig aber auch genug zurück gehalten, um den Leser neugierig zu machen.

Mir hat das Buch gut gefallen. Ein etwas höheres Erzähltempo wäre an manchen Stellen vielleicht nicht schlecht gewesen, aber das sei im Hinblick auf die gelungenen Charaktere und den interessanten Entwurf von Welt und Magie gern verziehen.

Jenny-Mai Nuyen stammt aus München und schrieb ihre erste Geschichte mit fünf Jahren. Mit dreizehn wusste sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte. „Nijura“, ihr Debüt, begann sie im Alter von sechzehn Jahren. „Feenlicht“ ist der Auftakt zu ihrem ersten Mehrteiler Die Sturmjäger von Aradon.

Gebundene Ausgabe: 480 Seiten
ISBN-13: 978-3570160336

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Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)

George R. R. Martin – Adara und der Eisdrache

Weihnachtsgeschenk für alle Winterkinder

Adara ist ein Winterkind. Nur sie kann auf dem Eisdrachen reiten, der die Kälte bringt. Als der Krieg näherkommt und die Drachen des Königs einer nach dem anderen vom Feind besiegt werden, scheint es keine Rettung zu geben. Da träumt Adara von ihrem einzigen Freund, dem Eisdrachen. Zusammen reiten sie. Doch kann Eis auch Drachenfeuer standhalten?

Der Autor

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Philip Reeve – Gwyna – Im Dienste des Zauberers

In Artors Welt: zwischen Illusion und Drama

Als ihr Hof von Artus‘ Kampftruppe geplündert und niedergebrannt wird, rettet sich die junge Gwyna („Maus“) mit einem Sprung in den kalten Fluss. Sie ist eine exzellente Schwimmerin und Taucherin. Artus‘ Barde Myrddin (= Merlin) findet die Halberfrorene am Ufer und nimmt sich ihrer an, denn er weiß sich ihre Tauchfähigkeit zunutze zu machen. Er ist schließlich auch Artus‘ Propagandaminister und will seinen Herrn zum Herrscher über ganz England machen.

In seinem Auftrag schlüpft Gwyna, die er als Junge verkleidet, in verschiedenste Rollen, darunter als Knappe und als Spionin am Hof der Königin. Doch dann wird die Königin Opfer eines Verrats – und Gwyna schwebt als deren Vertraute unvermittelt in Lebensgefahr …

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Nuyen, Jenny-Mai – Rabenmond – Der magische Bund

Mion ist ein Ruinenkind, zerlumpt, hungrig und mit einem Kopf voller Träume von einem besseren Leben. Doch als sie eines Tages mit Pfeil und Bogen auf einen Fuchs schießt, der gar kein Fuchs ist, scheinen ihre Träume jäh zu einem frühen Ende verdammt. Da taucht ein seltsamer Fremder auf, der ihr Rettung anbietet. Aber bedeutet dieses Angebot wirklich Mions Rettung?

Lyrian ist der Sohn des Kaisers. Das hat ihm noch nie besonders gefallen, aber seit der letzten Nacht der Wintersonnwende hat er beschlossen zu fliehen. Seine Freundin Baltipp, die Tochter des Tierpflegers der kaiserlichen Gärten, begleitet ihn. Tatsächlich schaffen sie es bis über das Mitternachtgebirge. Doch dann zeigt sich, dass sie von ihrer Richtung abgewichen sind, mit fatalen Folgen …

Getragen wird die Geschichte hauptsächlich von vier Personen. Mion mag aufgrund der Härten ihrer Kindheit eine raue Schale haben. Sie ist anpassungsfähig, zäh und kann ganz kräftig austeilen. Außerdem spielt sie regelmäßig ein ziemlich hartes Spiel namens Ritus. Aber sie hat einen weichen Kern. Sie hängt sehr an ihrem kleinen Bruder Mirim, und der Schuss auf den Fuchs tut ihr bereits leid, kaum dass sie den Pfeil losgelassen hat. Wie alle Menschen in Elend und Armut träumt sie von einem besseren Leben, doch Mion ist außerdem entschlossen genug, für diesen Traum auch etwas zu riskieren, als sich ihr eine Chance bietet. Diese Mischung aus Rücksichtslosigkeit, Ehrgeiz, Mitgefühl und Sehnsucht wird ihr schließlich zum Verhängnis.

Lyrian ist ähnlich hin- und hergerissen. Auch er besitzt ein freundliches, mitfühlendes Herz, er ist sich seiner Verantwortung als Thronfolger bewusst und voller guter Vorsätze. Leider lässt sich das nicht ohne Weiteres mit dem in Einklang bringen, was seine Eltern und der Adel von ihm erwarten. Die Vorstellungen der Herrschenden darüber, wie ein Kaiser und seine Regierung zu sein haben, laufen Lyrians Denken und Fühlen massiv zuwider. Und sein vages Gefühl, dass da etwas fürchterlich falsch läuft, reicht nicht aus, um den Forderungen seiner Umgebung erfolgreich zu begegnen.

Baltipp ist noch weit weniger geneigt, die herrschende Weltanschauung infrage zu stellen. Für sie sind nur drei Dinge wichtig: ihr Vater, die Tiere, um die sie sich kümmert, und Lyrian. Sie ist weder besonders hübsch noch besonders klug, aber sie ist sehr, sehr treu. Nicht, dass sie sich ernsthafte Hoffnungen machen würde, was Lyrian angeht. Sie ist sich durchaus ihrer Stellung bewusst und zufrieden mit seiner Freundschaft. Andererseits duldet ihre Anhänglichkeit aber auch nicht, dass er sich von ihr entfernt. Als Lyrian sich in ein anderes Mädchen verliebt, ist Baltipp überfordert.

Der rätselhafte, geheimnisvolle Charakter ist in diesem Buch ein Mann namens Jagu. Er ist es, der Mion Hilfe anbietet, als sie wegen des erschossenen Fuchses in der Klemme steckt. Aber über seine Gründe schweigt er. Dass er immer wieder tagelang einfach verschwindet, dass er ständig zwischen Grobheit und Freundlichkeit schwankt, zwischen teilweise brutaler Ehrlichkeit und beharrlichem Schweigen, tut ein Übriges. Mal wirkt er hilflos und verletzlich, mal ist er ausgesprochen kaltschnäuzig und skrupellos. Auch er spielt Ritus, was Mion nicht verstehen kann, denn er ist erfolgreich und wohlhabend und hat es eigentlich nicht nötig, sich in Träume zu flüchten.

Zwischen diesen vier Hauptfiguren entspinnt sich ein kompliziertes Netz aus Beziehungen, Abhängigkeiten und Lügen. Die Charakterzeichnung ist von derselben Intensität, die die Autorin bisher bei all ihren Büchern zu erzeugen wusste; das gilt auch für Nebenfiguren wie Faunia oder die Kaiserin. Sehr gelungen.

Was das Buch aber vor allem interessant macht, ist die eigentliche Thematik. Im Kaiserreich Wynter herrschen die Drachen. Keine feuerspeienden Echsen, sondern Gestaltwandler. Ihre Herrschaft gründet sich auf der Tatsache, dass Drachen denken und Menschen fühlen. Da Gefühle jedoch die Ursache sind für alles Übel, das es auf der Welt gibt, sind alleine die Drachen, die Gefühle nicht kennen, in der Lage, gerecht zu herrschen, denn sie allein sind erhaben über Neid, Ehrgeiz, Rachsucht und Gier. So zumindest lautet die Staatsdoktrin.

Dass diese Ideologie auf einer Lüge basiert, wird nur zu bald deutlich. Drachen fühlen durchaus. Sie fühlen Kummer und Liebe und vor allem Angst! Angst vor der Wahrheit, denn sollte das Volk diese erkennen, wäre es mit der Herrschaft der Drachen vorbei! Und in ihrer Angst verbieten sie, dass das einfache Volk lesen lernt, sie lassen alte Bücher verbrennen und in der Nacht der Wintersonnwende, der einzigen Nacht, in der sie verletzlich sind, kostenlos Wein ausschenken, damit die Menschen sich betrinken und ihnen nicht gefährlich werden können. Gleichzeitig ist Mion der beste Beweis dafür, dass Menschen nicht nur fühlen, sondern auch denken können.

Eines jedoch scheint sich im Verlauf der Handlung zu bestätigen: Gefühle sind die stärksten Triebfedern überhaupt. Und im Fall dieser Geschichte ziehen sie vor allem negative Folgen nach sich. Selbst der völlig uneigennützige Lyrian ist letztlich mitverantwortlich für die zahllosen Toten eines blutigen Massakers, weil er auf sein Herz gehört hat, und nicht auf seinen Verstand. Hier ist es tatsächlich so, dass alles Chaos und alles Blutvergießen seine Ursache in den Gefühlen hat, ganz gleich, ob diejenigen von Menschen oder Drachen.

Jenny-Mai Nuyens Bücher haben sich von Anfang an in keines der gängigen Fantasy-Schemata pressen lassen. Dieses Buch jedoch ist besonders sperrig. Nicht nur, weil es kein Happy End hat, sondern weil es noch einen Schritt weiter geht und sich gegen eine Idee stellt, die auch in anderen Bereichen der Literatur vorherrscht: dass die Liebe allen Widerständen zum Trotz immer siegt und danach alles gut wird. Hier wird nichts gut. Nicht einmal der Sturz der Tyrannen scheint positive Auswirkungen zu haben. Im Kleinen – in der Beziehung zwischen den Hauptfiguren – wie im Großen – in der Politik – münden alle Gefühle und die daraus resultierenden Taten in eine einzige Welle der Zerstörung. Ein Szenario, das sicherlich nicht jedem liegt. So ganz desillusioniert wollen die meisten Leser ihr Buch dann doch nicht zuklappen. Ich fand das Buch jedenfalls sehr gut. Es mag Fantasy sein. Aber es ist trotzdem wahr.

Jenny-Mai Nuyen stammt aus München und schrieb ihre erste Geschichte mit fünf Jahren. Mit dreizehn wusste sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte. „Nijura“, ihr Debüt, begann sie im Alter von sechzehn Jahren. Inzwischen ist sie zwanzig und studiert Film an der New York University.

511 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN-13: 978-3-570-16000-8

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Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Joseph Delaney – Der Kampf des Geisterjägers (Spook 4)

Hexenzauber und nächtliche Action

Der 13-jährige Tom Ward ist der siebte Sohn eines siebten Sohns und daher zum Geisterjäger qualifiziert. Der Spook nimmt ihn in die Lehre und zeigt ihm, was Tom über Hexen, Boggarts und Poltergeister wissen muss. Mehrere schwere Kämpfe muss Tom bestehen. Zum Glück kann sich Tom auf die Hilfe von Alice stützen. Dummerweise ist sie ebenfalls eine Hexe …

Toms Bruder Jack und dessen Familie sind von den Hexen aus Pendle verschleppt worden, mitsamt den Truhen von Toms magiebegabter Mutter, die sein Erbe sind. Während Alice sich auf die Spur der Hexen setzt, bereitet Tom mit seinem Lehrmeister Gregory und dem Priester Stocks den Angriff auf die Hexenstadt vor – nicht nur um Jacks Familie zu befreien und Alice zu helfen, sondern um dem Unwesen der drei Hexenklans von Pendle ein für alle Mal ein Ende zu bereiten. Es ist ein Kampf auf Leben und Tod.
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Madeleine L’Engle – Die Zeitfalte

Klassiker: Suche nach dem geraubten Vater

Meg Murry kann nicht schlafen: Sie macht sich Sorgen um ihren Vater, einen Wissenschaftler, denn er ist seit einem Jahr spurlos verschwunden. Als die merkwürdige Frau Wasdenn auftaucht und behauptet, dass es die Zeitfalte gibt, nach der Megs Vater geforscht hat, brechen Meg und ihr fünfjähriger Bruder Charles Wallace zu einer magischen Reise durch Zeit und Raum auf.

_Die Autorin_

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John Flanagan – Der eiserne Ritter (Die Chroniken von Araluen 3)

Enttäuschender Übergangsband

Sein ganzes Leben hat der 15-jährige Waisenjunge Will davon geträumt, ein Ritter zu werden wie sein Vater. Weil er aber zu klein und schmächtig ist, wird er dem geheimnisvollen Waldläufer Walt als Lehrling zugeteilt. Als das Königreich Araluen von einem altem Feind und dessen ungeheuerlichen Kreaturen angegriffen wird, muss Will sich bewähren und stellt fest, dass das Leben eines Waldläufers viele Herausforderungen, aber auch besondere Möglichkeiten birgt …

Band 2: Der Angriff Morgaraths geht weiter, doch die Waldläufer wissen nicht, wo. Will ist bereits einige Zeit bei den Waldläufern König Duncans, die sowohl Krieger als auch Späher und Agenten sind. Da schickt sein Lehrmeister Walt den jungen Bogenschützen auf eine Mission in das entlegene Nachbarland Celtica. Aber Celticas Dörfer und Kupferminen liegen ausgestorben da. Doch mitten in der Wildnis erhebt sich eine gigantische neue Brücke über einer Schlucht, die das Land Morgaraths begrenzt. Sie wurde offensichtlich erbaut, um heimlich in Araluen einfallen zu können. Wenn Will nicht schnell handelt, ist das Königreich, das Morgarath woanders erwartet, in höchster Gefahr.

Band 3: Der Waldläuferlehrling Will ist mit der Prinzessin Cassandra, die sich Evanlyn nennt, in die Gefangenschaft von nordischen Söldnern Morgaraths geraten. Auf einer stürmischen Insel in Skandia hofft Evanlyn darauf, dass sie freigekauft wird, doch dann erfährt Will, dass Jarl Ragnak ihrem Vater einen Racheschwur geleistet hat. Erführe er, wer Evanlyn in Wahrheit ist, wäre das ihr Ende – und wohl auch das von Will. Unterdessen reitet Walt zusammen mit Wills Freund Horace los, um Will zu suchen und zu befreien.

Der Autor
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Black, Holly / DiTerlizzi, Tony / Versch, Oliver – Spiderwick-Geheimnisse, Die

_In die Welt der Fabelwesen mit Magie und Musik_

Diese Audio-CD-Box umfasst die ersten fünf Abenteuer der Grace-Kinder Jared, Simon und Mallory. Sie leben auf dem spukigen Spiderwick-Anwesen. Dort wimmelt es von Elfen, Trollen, Kobolden und magischen Geheimnissen nur so. ([Abenteuer Nr. 6 4658 ist separat erschienen.)

Als Bonus dieser CD-Box liegt der Hörbuchfilm als CD-ROM bei. Dieser erzählt, wie die Spiderwick-Geheimnisse zum Hörbuch werden.

Die Hörbücher sind für Kinder ab 8 Jahren geeignet.

|Hinweis:| Die Verfilmung kommt am 13. März in unsere Kinos. Dementsprechend prangt auf der Verpackung nicht die Originalillustration, sondern das Motiv des Filmplakats.

_Die Autoren_

Tony DiTerlizzi ist ein mehrfach ausgezeichneter amerikanischer Illustrator von Kinder- und Jugendbüchern sowie Rollenspielbänden. Zu seinen Werken gehören Arbeiten für Bücher von Tolkien, Anne McCaffrey, Peter S. Beagle sowie für das Kartenspiel „Magic the Gathering“ und „Dungeons & Dragons“. Er lebt mit seiner Frau Angela und seinem Mops Goblin (= Kobold!) in Amherst, Massachusetts, einem recht malerischen Städtchen in Neuengland. Lebte nicht auch die Dichterin Emily Dickinson dort? Mehr Infos: http://www.diterlizzi.com.

Holly Black wuchs laut Verlag in einem „alten viktorianischen Haus auf, wo ihre Mutter dafür sorgte, dass ihr die Geister- und Elfengeschichten nie ausgingen“. Ihr erster Jugendroman „Die Zehnte“ (2002) entwirft ein „schauriges Porträt der Elfenwelt“. Es wird von der American Library Association als „Best Book for Young Adults“ bezeichnet, eine gute Empfehlung für politisch korrekte Fantasy. Holly lebt mit ihrem Mann Theo und einem „beeindruckenden Zoo“ in New Jersey. Mehr Infos: http://www.blackholly.com.

Die hier enthaltenen Bände heißen:

1) Eine unglaubliche Entdeckung
2) Gefährliche Suche
3) Im Bann der Elfen
4) Der eiserne Baum
5) Die Rache der Kobolde

_Die Inszenierung_

Martin Baltscheit, der bisher alle Spiderwick-Bände gesprochen hat, ist als Autor, Zeichner, Schauspieler und Sprecher ein echtes Multitalent. Er schreibt Kinderbücher, Hörspiele und Theaterstücke. 2002 erhielt er den Kinderbuchpreis NRW. Mehr Infos unter http://www.baltscheit.de.

Produzent und Regisseur dieses Hörbuchs sind Oliver Versch und seine Firma Spotting Image in Köln. Für das ausgetüftelte Sounddesign zeichnet David Braun verantwortlich.

_Handlungsabrisse der fünf Bände_

_1) Eine unglaubliche Entdeckung_

Die Zwillinge Simon und Jared ziehen mit ihrer älteren Schwester Mallory von New York City aufs Land, nachdem sich ihre Eltern haben scheiden lassen. Sie leben jetzt bei ihrer Mutter, die sich nun keine New Yorker Wohnung mehr leisten kann, aber zum Glück noch ein Domizil von ihrer Großtante Lucinda überlassen bekommt: Haus Spiderwick.

Es sieht wie eine Ansammlung übereinander gestapelter Hütten aus, findet Jared. Und ist mindestens hundert Jahre alt. Und die Wände müssen hohl sein, nach den Geräuschen zu urteilen, die er darin hört. Als Mallory wagemutig mit dem Besenstiel ein Loch in die Wand haut, wird dahinter etwas sehr Merkwürdiges sichtbar: eine winzige Wohnung mit ulkigem Inventar – und ganz bestimmt nicht für Menschenkinder gemacht. Aber wofür dann?

Am nächsten Morgen weckt Jared und Simon ein schrilles Kreischen von ihrer Schwester. Jemand hat ihre Haare am Rahmen ihres Bettes festgebunden. Nein, so etwas haben die beiden noch nie gesehen. Wer oder was kann so etwas nur tun, und warum? Weil Mallory die Wand eingeschlagen hat? Das ist ja wohl lächerlich!

Als Jared erkundet, wohin der Speisenaufzug führt, landet er in einem geheimnisvollen Zimmer, aus dem keine Tür hinausführt. An der Wand hängt ein Porträt seines ehrwürdigen Ahnen Arthur Spiderwick, und auf dem Sekretär liegt ein altes, vergilbtes Blatt Papier. Darauf steht ein Rätsel, und obwohl Jared eigentlich nicht der Bücherwurm der Familie ist, muss er sofort das Rätsel lösen.

Hoch oben im obersten Kämmerchen des Hauses landet er endlich vor einer großen Truhe. Er strengt seinen Grips an und findet darin ein Buch. Es ist das allerseltsamste Buch, das er jemals gesehen hat. Es handelt von Elfen …

_2) Gefährliche Suche_

In der verborgenen Bibliothek findet Jared ein Rätsel und woanders das Buch selbst: [„Arthur Spiderwicks Handbuch für die fantastische Welt um dich herum“. 3195 Das Wichtelmännchen Thimbletack hat Jared gewarnt, das Buch loszuwerden, doch der wollte nicht hören. Nun muss er die Folgen tragen.

Auf der Suche nach seinem verschwundenen Kater Tibbs ist Simon, Jareds Bruder, an den Rand des Gartens geraten. Jared sieht gerade noch, wie Simon mit den Armen fuchtelt, als kämpfe er mit etwas Unsichtbarem. Dann ist sein Bruder verschwunden. Was tun?

Von Thimbletack besorgt sich Jared einen sehenden Stein, den er in ein altes Monokel einsetzt. Jetzt vermag er die „fantastische Welt um sich herum“ wahrzunehmen. Doch da Jared nicht sehr freundlich zu dem Wichtelmännchen war, ist Thimbletack sauer – so muss Jared mit Mallory alleine losziehen.

Leichter gesagt als getan, denn als erstes werden sie von eine Horde Kobolde angegriffen, die sie nur mit Mallorys Florett vertreiben können. Die Kobolde wollten das Handbuch. Als sie ihnen in den düsteren Wald folgen, stoßen sie auf einen gefährlichen Troll, das Versteck der Kobolde und einen zwielichtigen Helfer. Nun muss Jared zeigen, ob er seinen Bruder vor dem Gefressenwerden retten kann.

_3) Im Bann der Elfen_

Wer weiß am besten über die Geheimnisse hinter dem Buch Bescheid?, fragen sich die Kinder. Thimbletack setzt ihnen mit üblen Streichen zu. Ihnen fällt nur Grotante Lucinda ein. Sie besuchen sie im Altenheim, das eher einem Herrenhaus gleicht. Als sie mit der weißhaarigen Dame allein sind, erzählt sie ihnen, wie sie die Elfen kennen gelernt hat. Die kleinen Wesen besuchen sie immer noch.

Als Jared entdeckt, dass jemand sein kostbares Handbuch vertauscht hat, fällt ihm zunächst seine Schwester Mallory ein, aber das ist unfair. Dann enthüllt ein Zettel, dass Thimbletack zugeschlagen hat. Vielleicht befindet es sich nun in Onkel Arthurs riesiger Bibliothek? Dort finden sie zwar nicht das Buch, aber immerhin die Landkarte, die vorne im vorliegenden Band abgedruckt ist.

Durch einen Trick entgehen sie dem Versuch des Irrgrases, sie in die Irre zu führen, und landen im Wald. Auf einem Ast sitzt ein seltsames Wesen, das ihnen lediglich mit rätselhaften Sprüchen antwortet: ein schwarzes, affenartiges Wesen mit Pferdegesicht und Hasenohren (4 Stück!). Sie schlagen seine Warnungen in den Wind und geraten auf eine Lichtung mitten im Wald, die offenbar magisch bewacht wird. Sie sind gefangen.

Drei Waldelfen begrüßen sie, um das Handbuch zurückzuverlangen. Unterdessen macht Mallory die Bekanntschaft mit einem kleinen Einhorn. Jared zermartert sein Hirn, wie er die Elfen reinlegen kann, um wieder in die Freiheit zu gelangen, ohne den Elfen das Buch, das er ja nicht hat, geben zu müssen. Da kommt ihm die Erleuchtung.

_4) Der eiserne Baum_

Mallory, die 13-jährige Tochter der Rumpffamilie Grace, hat einen großen Tag: Sie feiert beim Schulturnier im Florettfechten einen Sieg und erringt eine Medaille. Ihre Brüder Jared und Simon beobachten das Geschehen und bemerken erstaunt, wie sich ein anderes Mädchen an Mallorys Sporttasche zu schaffen macht. Und gleich darauf auch noch ein Junge.

Jared war noch nie ein Grübler und ergreift die Initiative. Er will die beiden zur Rede stellen, doch das gelingt ihm nur mit dem Jungen. Draußen auf dem Gang scheint sich dieser zu verwandeln und Jared zückt vorsichtshalber sein Messer. Da ergreift sein Gegner die Flucht, und es klingt, als lache er. Leider sind die Zeugen, darunter Jareds betrübte Mutter, keineswegs erbaut von Jareds geschickter Handhabung einer illegalen Stichwaffe auf dem Schulgelände und erteilen ihm einen zehntägigen Verweis. Das Messer kann er natürlich vergessen.

Vergeblich suchen Jared und Simon nach ihrer Schwester auf dem Schulgelände. Mallory erscheint wie vom Erdboden verschluckt. Nur ihre Medaille finden sie, in einem Kreis von Steinen. Auf einem der Steine steht „HANDEL“.

Hm, in der Nähe befindet sich ein Steinbruch, fällt ihnen ein. Mit einer Taschenlampe ausgerüstet, explorieren sie das Gelände und landen vor einem Steintor mit der rätselhaften Inschrift: „RÜDE ALM TOPF NUR ELF KAI“. Die Inschrift besteht aus selbst leuchtenden Pilzen. Ulkig, und was bedeutet das?

Nachdem es Simon, dem Schlaukopf, gelungen ist, das Rätsel zu lösen, werden sie am Tor von drei Zwergen mit langen Bärten begrüßt – und sogleich gefangen genommen! Eingesperrt in einen Käfig auf Rädern, stehen sie bald dem Zwergenkönig, dem Korting, gegenüber. Es geht – wie könnte es anders sein – um einen HANDEL: Mallory gegen das „Handbuch für die fantastische Welt um dich herum“.

Damit hat Jared gerechnet und ein Buch mitgebracht, natürlich nicht das „Handbuch“. Womit er hingegen ganz und gar nicht gerechnet hat, ist, seine Schwester in einem gläsernen Sarg wiederzufinden. Sie ist gekleidet in ein weißes Gewand, hält ein Schwert und ist scheinbar – kann es sein? – tot! Schneewittchen lässt grüßen.

_5) Die Rache der Kobolde_

Als die drei Geschwister von ihrem Abenteuer mit den Zwergen zurückkehren, ist ihre Mutter verschwunden. Schon bald finden sie heraus, dass die Kobolde unter ihrem Anführer Mulgarath dahinterstecken. Mulgarath will das Zauberbuch von Arthur Spiderwick, um damit mehr Macht zu gewinnen.

Doch wie sollen sie es mit Mulgarath und seinen wehrhaften Untertanen aufnehmen? Sie brauchen Hilfe, und Jared weiß auch schon, von wem. Er bittet die Elfen, die Arthur in ihrem Reich jenseits unserer Zeit festhalten, dass er mit seinem Uronkel sprechen darf. Dafür muss er jedoch im Gegenzug den Elfen das verhängnisvolle Buch versprechen, das Mulgarath gestohlen hat. Arthur gibt ihm einen schlauen Tipp, wie den Kobolden beizukommen ist.

Doch wie kommen sie in die Festung Mulgaraths hinein? Jared lässt sich einen Trick einfallen und sich und Mallory von einem grünen Kobold namens Hogsqueal, den er schon kennen gelernt hat, „gefangen nehmen“. Während Hogsqueal seine „Gefangenen“ im Triumph in Mulgaraths Festung führt, schwebt hoch über ihren Köpfen Simon auf dem Greif Byron, um im Notfall einzuGREIFen.

Und das wird auch ziemlich bald nötig. Denn die Festung wird nicht nur von Kobolden bewacht, sondern auch von einem Drachen …

_Mein Eindruck_

So beginnen die Abenteuer mit den Elfen in Haus Spiderwick und seiner düsteren, wilden Umgebung. Diese Abenteuer erstrecken sich über mindestens sechs Bände – alle sechs sind bislang erschienen. In Buchform sind es nette und sehr ansehnliche Bilderbücher, die sich wohl ab acht Jahren eignen. Mallory ist jedenfalls schon 13 und kann immer noch etwas mit dem Elfenbuch anfangen. Ältere Leser finden die Bilder vielleicht hübsch, aber die Handlung ist für sie wohl nicht so der Hit. Kinderkram, oder?

Das sollten sie sich noch einmal überlegen. Die Welt, in der die drei Kinder sich nun bewegen, ist nach der Scheidung der Eltern psychologisch aus dem Gleichgewicht geraten. Und zudem geraten sie selbst aus der Moderne in eine entrückte Vergangenheit, in der sie mit Fabelwesen konfrontiert werden – eine Welt der Schatten und des Zwielichts, Raum für Fantasie. Kein Wunder, dass sie selbst ein wenig seltsam werden. Die Charakterisierung ist ungewöhnlich gut gelungen.

Jared beispielsweise ist keineswegs der brave Streber und Mamis Liebling, sondern ein jähzorniger Kerl, der sich gerne prügelt und auf andere wenig Rücksicht nimmt. Das wird ihm noch sehr Leid tun. Simon hingegen, sein eineiiger Zwillingsbruder, ist ganz vernarrt in Tiere, denen er all seine Liebe gibt. Er hütet zwei Mäuse, Jeffrey und Lemondrop. Als sie von den Elfen entführt werden, startet er eine enorme Suchexpedition.

Mallory, die Schwester der ungleichen Zwillinge, ist auch nicht gerade pflegeleicht. Schon ein wenig abgebrüht und desillusioniert, übt sie sich im Fechten mit dem Florett, was das Zeug hält. Wohl dem, der so eine wehrhafte große Schwester hat!

Ihre Mutter hat zwar keinen Namen (im Film heißt sie Helen), aber dafür größte Autorität. Sie führt das Regiment im Spiderwick-Haus. Allerdings hat sie mit ihren drei Rangen alle Hände voll zu tun. Und als sich die Elfen einmischen, geht es im Haus bald drunter und drüber.

|Elfenpack macht Schabernack|

Denn dies sind nicht die Elfen, von denen Tolkien erzählt, auch nicht irgendwelche kuscheligen Fabelwesen aus dem Zauberwald, wie etwa Peter Pans Tinkerbell. Manche der zahlreichen verschiedenen Elfengattungen sind nicht gerade gut auf die menschlichen Eindringlinge zu sprechen. Da gibt es Wichtelmännlein, Irrwichte, die krötenartigen Kobolde – und im Waldbach lauert sogar ein Troll.

Dies sind Gestalten aus der Dark Fantasy, wie sie beispielsweise C. J. Cherryh in „The dreaming tree“ geschildert hat. Doch anders als bei Cherryh fehlen hier die Hochelben völlig. Winzig sind die meisten Elfen, den Pixies und Brownies der englischen Volkssagen näher als Tolkiens Erfindungen. Noch weitere dunkle Gestalten sind das Nachtpferd Phooka und der Fürst der Kobolde, Mulgarath. Ein Phooka ist ein schwarzes Pferd, das der irischen Sage nach denjenigen in die Irre führt, der ihm blindlings folgt. Auch ein Einhorn und ein Greif treten auf.

|Band 3|

In Band 3 dreht sich alles um den Besitz von „Arthur Spiderwicks Handbuch für die fantastische Welt um dich herum“. Onkel Arthur war wohl an allem schuld! Was den Kindern aber neue Hoffnung gibt, ist die Information, die ihnen Großtante Lucinda verrät: dass Arthur eines Tages verschwunden sei. Und was, wenn er in das Land der Elfen gegangen ist, wo bekanntlich die Zeit ganz anders vergeht? Dann könnte er sogar noch am Leben sein und ihnen noch ein paar Tipps geben, wie sie das Handbuch wiederbekommen können. Oder wenigstens, wie sie klüger damit umgehen. Denn es scheint unter den Fabelwesen ein wahrer Zankapfel zu sein. Es verrät den Menschen zu viel über sie und verleiht ihnen Macht. Und dies stellt eine Gefahr dar – wie man am halb verhungerten Greif Byron (aus Band 2) und dem Einhorn ablesen kann.

Wie man sieht, erlernen die Spiderwick-Kinder Schritt für Schritt, dass die Macht, die das Handbuch verleiht, auch Verantwortung mit sich bringt – und jede Menge Ärger mit den Fabelwesen. Das erinnert an die einfache Lehre, die wir aus Spider-Mans Abenteuern ziehen: „Mit großer Macht geht große Verantwortung einher.“

|Band 4|

In Band 4 stehen die Zwerge im Vordergrund. Es ist eine recht interessante Kultur, auf die Jared und Simon treffen. Da Zwerge bekanntlich Meister im Verarbeiten von Metallen und Edelsteinen sind, glänzen und funkeln ihre unterirdischen Hallen nur so davon. Aber sie können noch mehr: Sie sind auch unübertroffen im Herstellen von künstlichen Organismen. Ihre Wachhunde bestehen komplett aus Metall und erscheinen beinahe lebendig. (Wie lebendig sie sind, erfahren die Geschwister auf ihrer Flucht.)

Höchst interessant ist die Überzeugung der Zwerge, den Tod durch ihren Erfindungsreichtum besiegt zu haben. Von Blumen über Vögeln bis hin zu einem ganzen (titelgebenden) Baum besteht alles aus Metall. In merkwürdigem Gegensatz zu dieser Überzeugung steht hingegen, dass die Gesichter aller Zwerge runzlig vor Alter sind. Nichtsdestotrotz glauben sie, dass sie Mallory, ihrem Schneewittchen, einen Gefallen getan haben: Sie sei nun nicht mehr sterblich wie ihre beiden bedauernswerten Brüder. Diese denken jedoch anders darüber. Doch wie können sie Mallory wiedererwecken?

|Band 5|

In einem vorläufigen Abschlussband wie diesem ist es nur natürlich, wenn etliche Themen zu Ende geführt werden. Dazu gehört zum einen der ständig im Hintergrund vorhandene Arthur Spiderwick, der mit seinem Buch so viel Unheil angerichtet hat. Sein Schicksal erfüllt sich in einer Art Zeitreise, kommt er doch aus dem zeitlosen Elfenreich – eine Reminiszenz an die vielen Balladen um Menschen, die Zeit im Feenreich zubringen und sich bei ihrer Rückkehr wundern, warum die Leute so alt geworden sind. Doch Arthurs Schicksal ist zugleich schöner und schlimmer. Mehr sei nicht verraten.

Dann ist da das Thema der Eltern. Dass die drei Kinder diesmal ihre Mutter retten müssen, wurde bereits erwähnt. Leider ist diese Mutter gar nicht so richtig als eigenständiger Mensch zu erkennen: Sie verfügt über keine Eigenschaften, die über das Muttersein hinausweisen. Und zweimal stellt sie die dümmste aller Fragen: „Was ist hier eigentlich los?“ Als ob einmal nicht reichen würde.

Verblüffung herrscht natürlich, als Daddy auftaucht! Jeder hat geglaubt, dass er sich in Kalifornien befinde, doch ihn hier an der Ostküste vorzufinden, noch dazu auf einem Autoschrottplatz in der Mitte von Nirgendwo, ist natürlich eine gewisse Überraschung. Statt sich zu wundern, freuen sich alle. Wirklich alle? Nein, der schlaue Jared traut der Sache nicht. Recht hat er. Denn Mulgarath ist ein ganz besonders fähiger Zauberer, der in die Herzen seiner Opfer schauen kann …

Der Greif Byron musste in den bisherigen Episoden ein relativ nutzloses Dasein führen. In dieser letzten Episode kann er endlich zeigen, wozu es ihn gibt und was er draufhat: Er kann ganz besonders gut Drachen bekämpfen. Jared, der normalerweise sehr jähzornig reagiert, ist im Laufe der Abenteuer und Prüfungen ein kleines bisschen erwachsen geworden. Und so ist er am Schluss bereit, das unheilvolle Zauberbuch den Elfen zur Verwahrung zu übergeben. Daraufhin erlebt er eine Überraschung: Jemand traut ihm Verantwortungsbewusstsein zu! Möge es den jungen Lesern des Buches ebenso gehen.

|Der Sprecher|

Der Sprecher Martin Baltscheit weiß seine Stimme sehr flexibel einzusetzen. Daher fällt es ihm leicht, die einzelnen Figuren auf unterscheidbare Weise zu charakterisieren und sie in spannenden Situationen emotional glaubhaft klingen zu lassen.

Die beiden Jungs klingen ganz normal, aber Simon ein wenig krächzender als Jared. Die Stimmlage aller Frauenfiguren ist natürlich höher als die der männlichen Figuren; so ist Mallory stets sofort zu erkennen, und ihre Mutter ist die Autorität in Person. Der Sprecher scheut sich nicht, mal laut zu rufen, wütend zu fauchen oder quäkend daherzuquasseln, wie Simon es tut.

Eine besondere Rolle in diesem Kreis spielt Thimbletack, das Wichtelmännchen bzw. der Irrwicht, der das Spiderwick-Anwesen bewohnt und den neuen Bewohnern das Leben zur Hölle macht (was Jared ausbaden muss). Thimbletack – eine Zusammensetzung aus den englischen Wörtern für „Fingerhut“ und „Reißzwecke“ – hat die höchste Stimme von allen, quiekt aber nicht direkt. Außerdem ist unverkennbar, dass seine Stimme künstlich verändert wurde. Er klingt wie ein Junge, der in einer Atmosphäre aus Helium spricht. (Wie das klingt, kann jeder nachprüfen, der vorsichtig die Luft aus einem mit Helium gefüllten Ballon einatmet und ein paar Wörter sagt. Es klingt wie Micky Maus.)

|Geräusche und Soundeffekte|

In manchen Szenen erklingen lediglich die typischen Situations- und Umgebungsgeräusche: das Sirren der Zikaden, das Zwitschern von Vögeln . Aber es gibt auch Geräusche, die direkt an Aktionen gebunden sind, oder Stimmengewirr und Gelächter sowie vieles mehr. Dadurch wirkt der Vortrag wesentlich lebendiger und schon fast wie ein Film. Besonders der Speiseaufzug in Band 1 ist so ein fantastisches Gerät: Er quietscht, scheppert und kracht, dass es eine Pracht ist.

|Die Musik|

Die Soundeffekte werden manchmal mit der Musik kombiniert. Diese ist in der Regel im Hintergrund bezaubernder Szenen zu hören, dann ist sie romantisch und zauberhaft. Aber es gibt auch spannende und dramatische Szenen, dann erklingt sie schnell und dynamisch oder sehr basslastig.

Wenn Soundeffekte hinzukommen, dann besonders in arhythmischer und dissonanter Musik, so etwa in dem Moment, als kleine fliegende Irrlichter erscheinen. Hauptsache, dass es nicht kitschig klingt. Der Produzent hat dem Hörbuch auch noch ein halb magisches, halb unheimliches Intro und Outro spendiert, das kurz vor jedem Kapitelanfang kurz anklingt.

Man sieht also, dass diese inszenierte Lesung für den achtjährigen Zuhörer eine Menge an Geräuschkulisse und Musik zu bieten hat. Das muss auch so sein, um die Aufmerksamkeit, die leicht von anderen Dingen abgelenkt werden kann, zu fesseln. Das gelingt auch dem Sprecher ausgezeichnet.

|Die Bonus-CD: der Hörbuchfilm (ca. 4:24 Minuten)|

Die Videodatei liegt in den Formaten Quicktime (.mov) und Windows Media Video (.wmv) vor. Die WMV-Datei ist knapp 16 MB groß, die MOV-Datei gut 120 MB. Beim Vergleich auf meinem sechs Jahre alten Notebook schnitt die WMV-Datei wesentlich besser ab als das Quicktime-Video, welches beim Bild immer wieder hängenblieb, während der Sound einwandfrei war. Hier lohnt es sich offenbar, eine leistungsfähige Grafikkarte zu besitzen.

Der etwa vier Minuten lange Videofilm zeigt den Sprecher Martin Baltscheit beim Vortrag spannender Szenen aus Band 6, „Das Lied der Nixe“. Daher gibt es also keine Überschneidung mit den anderen fünf Bänden. Wie man meiner [Rezension 4658 zum Hörbuch „Das Lied der Nixe“ entnehmen kann, werden mehrere Filter eingesetzt, im Hintergrund läuft filmreife Musik, und obendrein zeigt das Video zusätzlich Illustrationen aus dem Spiderwick-Handbuch und aus Band 6.

Ziemlich witzig fand ich den Effekt der „verwackelten Kamera“, der stets auftritt, sobald die donnernden Schritte des Riesen erwähnt werden. Das dürften Kinder ziemlich witzig finden. Das überdeckt die Tatsache, dass man zugleich eine Art Making-of geliefert bekommt: den Sprecher bei der Arbeit.

Insgesamt ist der Bonus also nicht umwerfend, aber eine nette Zugabe. Allerdings braucht man auf jeden Fall einen PC oder einen DVD-Player mit der Fähigkeit, WMV oder MOV abzuspielen.

_Unterm Strich_

Viele Themen und Handlungsstränge werden in den ersten fünf Büchern der Spiderwick-Serie durchgespielt und weiterentwickelt, sie finden in Band fünf ihren Abschluss. Und so sind auch die Hörbücher mit einer Menge Spannung und Action gefüllt.

Doch auch Familienangelegenheiten kommen nicht zu kurz und führen zu überraschenden Ergebnissen. Jared, der normalerweise sehr jähzornig reagiert, ist im Laufe der Abenteuer und Prüfungen ein kleines bisschen erwachsen geworden. Und so ist er am Schluss bereit, das unheilvolle Zauberbuch den Elfen zur Verwahrung zu übergeben. Daraufhin erlebt er eine Überraschung: Jemand traut ihm Verantwortungsbewusstsein zu! Möge es den jungen Hörern dieser Hörbücher ebenso gehen.

Das Hörbuch bietet als inszenierte Lesung fast die gleiche Soundkulisse wie ein Kinofilm oder Hörspiel – hier hat der Sounddesigner gute Arbeit geleistet. Die flexible und elektronisch mitunter verstärkte Stimme des Sprechers trägt wesentlich zum Vergnügen beim Zuhören bei. Die Bonus-CD vermittelt durch einen Filmclip einen Eindruck von der Arbeit des Sprechers, zeigt eine Menge Elfenbilder und wirkt durch das „verwackelte“ Bild selbst recht witzig. Natürlich stellt der Film auch einen Appetithappen dar, der das Interesse am Erwerb des sechsten Hörbuchs wecken soll.

Fazit: Volltreffer.

|The Spiderwick Chronicles 1-5
Aus dem US-Englischen übersetzt von Anne Brauner
380 Minuten auf 6 CDs|
http://www.spiderwick.de
http://movies.uip.de/diegeheimnissederspiderwicks
http://www.random-house-audio.de

Tamora Pierce – Im Zeichen der Löwin – Die Entscheidung

Tamora Pierce gehört zu den Namen überhaupt in der Kinder- und Jugend-Fantasy. Ihr Zyklus um Alanna von Trebond, die sich als Junge verkleidet an den Königshof schlich, um sich als Ritter ausbilden zu lassen, ist weltbekannt. Mit der Reihe „Im Zeichen der Löwin“ macht sie da weiter, wo sie mit Alanna aufgehört hat: Ein junges Mädchen muss sich in der Männerdomäne der Ritter beweisen.

Allerdings hat Keladry von Mindelan, genannt Kel, es wesentlich einfacher als Alanna, der bislang einzige weibliche Ritter im Königreich. Mittlerweile ist es Mädchen per Gesetz erlaubt, die harte Ausbildung zum Ritter zu machen, doch bislang traute sich noch niemand. Kel möchte die Erste sein, doch bald stellt die Zehnjährige fest, dass das bei weitem nicht so einfach ist, wie sie es sich vorgestellt hat.

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Nuyen, Jenny-Mai – Nocturna – Die Nacht der gestohlenen Schatten

Vampa ist seit neun Jahren vierzehn. Und er hat seine Erinnerungen verloren, selbst die an seinen wirklichen Namen. Das Einzige, woran er sich aus der Zeit vor den letzten neun Jahren erinnert, ist ein gesichtsloser Mann mit Zylinder, der ihm eine Geschichte erzählte. Seine – Vampas – Geschichte, und mit jedem Wort der Erzählung verschwand ein Teil dieser Geschichte aus seinem Gedächtnis und wanderte in das Dritte Buch. Seither ist er auf der Suche nach diesem Dritten Buch. Er will seinen Namen und seine Erinnerungen wiederhaben. Denn ohne sie ist er kein Mensch, kann weder leben noch sterben …

Apolonia dagegen hat ganz andere Probleme. Vor kurzem ist die Buchhandlung ihres Vaters abgebrannt, was diesen den Verstand gekostet hat. Da Apolonias Mutter vor einigen Jahren gestorben ist, bleibt dem Mädchen nun nichts anderes übrig als bei ihrer Tante und ihrem Onkel zu wohnen. Seither löchert sie den mit der Klärung des Falles betrauten Polizeiinspektor nahezu täglich nicht nur mit Fragen nach dem Fortschritt der Ermittlungen, sondern auch mit ihrer Theorie einer Zaubererverschwörung!

Tigwid wiederum ist in die ganze Sache aus purer Neugier hineingeschlittert. Er hat ein paar ungewöhnliche Fähigkeiten, zum Beispiel kann er Dinge bewegen, ohne sie zu berühren, und er kann mit Tieren sprechen. Und er will unbedingt wissen, woher diese Fähigkeiten kommen. Was er nicht weiß: Auch ihm wurden Erinnerungen genommen …

Schon bald stellt sich heraus, dass die hartnäckigen Fragen und Nachforschungen der drei auf denselben Punkt zielen. Einen Punkt, der sie schon bald in große Schwierigkeiten bringt …

Der dominierende Charakter unter den dreien ist Apolonia. Sie ist nicht nur von wohlhabender Herkunft, sie ist auch sehr intelligent. Das hat eine scharfe Zunge und eine gehörige Portion Arroganz zur Folge. Sie ist überzeugt davon, dass ihre Mutter keines natürlichen Todes starb, und dass der Brand im Geschäft ihres Vaters und dessen jetziger Gesundheitszustand damit zusammenhängen. Sie fühlt sich bestohlen, ihrer Familie und ihres Zuhauses beraubt und sinnt auf Rache. Daß sie tatsächlich einen Teil der Wahrheit herausfindet, liegt allerdings mehr an ihrem Mut als an ihrer Intelligenz. Und Letztere kann sie auch nicht davor bewahren, letztlich doch ihren Gegnern auf den Leim zu gehen …

Tigwid ist ein Straßenjunge, der von Diebstählen lebt und von Botengängen für einen der städtischen Unterweltbosse. Ein echter Überlebenskünstler, dem man nur schwer die gute Laune verderben kann. Er besitzt eine gesunde Portion Misstrauen, einen durch seinen Lebenswandel geschulten, sicheren Instinkt und außerdem Köpfchen.

Über Vampa gibt es nicht besonders viel sagen, denn durch den Verlust seiner Erinnerungen ist ihm seine Persönlichkeit abhanden gekommen. Er strahlt vor allem Leere und Kälte aus, was seine Umgebung ziemlich einschüchtert.

Ein interessanter Charakter war Apolonias Tante Nevera, die zunächst wirkt wie eine oberflächliche, egozentrische dumme Gans. Wie sich im Laufe der Geschichte herausstellt, hat sie es aber in sich. Und die Entwicklung vollzieht sich ganz allmählich und ohne Knacks.

Mit anderen Worten, auch in ihrem dritten Buch ist Jenny-Mai Nuyen die Charakterzeichnung wieder gut gelungen. Zwar sind die Figuren nicht ganz so eindringlich geraten wie in ihren ersten Büchern, das mag aber auch daran liegen, dass Tigwid und vor allem natürlich Vampa ein mehr oder weniger großer Teil ihres Ichs fehlt. Trotzdem waren auch Vampas Leblosigkeit und seine Reaktion auf das Buch mit Tigwids Geschichte sehr gut gemacht.

Auch die Grundidee, auf der das Buch basiert, fand ich sehr ungewöhnlich und faszinierend. Eine Gruppe magisch Begabter, die sich die Dichter nennen, stiehlt den Menschen ihre Erinnerungen, um damit Bücher zu schreiben. Diese Bücher üben einen einzigartigen Zauber auf den Leser aus, und zwar deshalb, weil sie echte Gefühle beinhalten. Die Dichter behaupten, dies sei der einzige Weg, andere an den eigenen Gefühlen teilhaben zu lassen, und ihre Taten brächten Liebe und Glück in die Welt und seien deshalb zum Wohle der Menschheit.

Die Originale der Bücher werden mit dem Blut desjenigen geschrieben, dessen Erinnerungen sie enthalten sollen. Worte, die mit Blut geschrieben wurden, besitzen noch eine weitere Eigenschaft, die den Kopien fehlt: Ihren Worten wohnt die Macht inne, so tief in den Geist des Lesers einzudringen, dass er sie für seine eigenen hält. Auf diese Weise können die Dichter Menschen manipulieren, in den Wahnsinn treiben, sogar töten. Daran ist unschwer zu erkennen, dass die Dichter durchaus noch andere Ziele haben, als nur für ihre genialen literarischen Werke bewundert zu werden und ein Vermögen damit zu verdienen.

Um gegen einen solchen Gegner zu bestehen, müssen natürlich die Hauptfiguren der Geschichte auch mit entsprechenden Fähigkeiten ausgestattet sein. So stellt sich schon bald heraus, dass auch Apolonia mit Tieren sprechen kann, und zwar wesentlich besser als Tigwid. Außerdem erhalten sie Unterstützung vom Treuen Bund der Kräfte, ebenfalls magisch begabten Leuten, die die Dichter bekämpfen.
Und dann ist da noch die Polizei, die logischerweise von all dem überhaupt nichts glaubt!

So kommt es, dass es nahezu unmittelbar, nachdem Apolonia ihr Elternhaus verlassen hat, um Tigwid zu folgen, ziemlich drunter und drüber geht. Von allen möglichen Seiten werden die drei verfolgt, getrennt, entführt. Das sorgt zunächst einmal für eine Menge Trubel, spannend wird es aber erst, als Apolonia ins Wanken gerät und nicht mehr weiß, welcher Seite sie glauben soll.

Leider empfand ich gerade diesen wilden Trubel als etwas hektisch und chaotisch. Irgendwie verläuft der Erzählfluss in diesem Teil des Buches nicht ganz glatt, auch wenn er so amüsante Nebensächlichkeiten bot wie die Verbrüderung von Tigwids betrunkenem Boss und Dotti, der mindestens genauso betrunkenen Inhaberin der geheimen Gangsterkneipe.

Auch die physikalische Erklärung der magischen Talente der Motten, wie hier die Zauberer genannt wurden, hakelt etwas. Abgesehen von dem unglücklich gewählten Wort Magnetismus glaube ich nicht, dass die elektrischen Gehirnströme von Erinnerungen sich in irgendetwas von denen anderer Gedanken unterscheiden. Strom ist Strom.

Unterm Strich bleibt zu sagen, dass mir dieses Buch von Jenny-Mai Nuyen recht gut gefallen hat, wenn auch nicht ganz so gut wie ihre ersten beiden. Den Handlungsaufbau fand ich zunächst nicht so gelungen, später wurde es besser. Die Charakterzeichnung war nicht ganz so intensiv, aber immer noch sehr glaubwürdig und anschaulich. Und für die kleinen Knackse entschädigt die ausgefallene Thematik der Geschichte. Mit anderen Worten: Auch wenn es nicht ganz an die beiden Vorgänger heranreicht, ist auch dieses wieder ein sehr gutes Buch der jungen Autorin.

Jenny-Mai Nuyen stammt aus München und schrieb ihre erste Geschichte mit fünf Jahren. Mit dreizehn wußte sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte. „Nijura“, ihr Debüt, begann sie im Alter von sechzehn Jahren. Inzwischen ist sie neunzehn und studiert Filmwissenschaft an der New York University.

Gebundene Ausgabe 580 Seiten
ISBN-13: 978-3-570-13337-8

www.jenny-mai-nuyen.de/
www.randomhouse.de/cbjugendbuch/index.jsp

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Antje Babendererde – Zweiherz

Ursprünglich war es ein ganz normaler Tag für Kaye, als sie Großvater Sam sein Essen brachte. Doch dann erzählt ihr der alte Mann, dass sein Enkel Will bald nach Hause kommen wird. Will, ihr bester Freund, der seit fünf Jahren im Gefängnis sitzt, weil er den Direktor seines Internats getötet hat. Viel früher als erwartet steht er vor der Tür ihres Ladens, und Kaye stellt erschrocken fest, dass das Wiedersehen ganz anders ist, als sie es sich all die Jahre über vorgestellt hat. Will hat sich sehr verändert …

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Nuyen, Jenny-Mai – Drachentor, Das

Es herrscht Krieg. In einer großen Schlacht besiegt Haradons Heer das der Myrdhanen.

Alasar sitzt wie jeden Sonnenaufgang in den letzten Tagen auf einem hohen Felsen und hält Ausschau nach den Rückkehrern aus der Schlacht, nach seinen Eltern und Brüdern. Doch was er an diesem Morgen heranziehen sieht, ist das Heer der Haradonen! Eilig holt Alasar seine Schwester Magaura und alle Einwohner seines Dorfes, die bereit sind, ihm zu folgen, und führt sie hinauf in die Höhlen der Berge, während die Feinde hinter ihm alles in Schutt und Asche legen. Doch was er mit den Flüchtlingen, die wie er fast ausschließlich Kinder sind, aus dem Nichts aufbaut, ist kein Neuanfang …

Ardhes ist die Prinzessin von Awrahell, die personifizierte Hoffnung der Elfen auf eine Zukunft in dem Land, das einst ihnen gehörte, und aus dem die Menschen sie immer weiter verdrängen. Doch Königin Jale, gebürtige Haradonin, verabscheut die Elfen und hat den Elfenkönig Octaris nur um der Macht willen geheiratet. Sie drängt ihre Tochter dazu, einen Menschen zu heiraten und zu Ende zu führen, was sie selbst begonnen hat: die endgültige Vertreibung der Elfen. Da beobachtet Ardhes zufällig ihre Mutter mit einem Geliebten!

Revyn hat für Krieger und Soldaten nichts als Verachtung übrig. Doch um seiner dunklen Vergangenheit zu entfliehen, schließt er sich ihnen an und lässt sich in Logond, der Hauptstadt Haradons, zum Drachenreiter ausbilden. Der Umgang mit den schönen, mächtigen und unsagbar traurigen Wesen ist der einzige Lichtblick in seinem düsteren Leben. In kürzester Zeit hat er sich einen Namen als begnadeter Drachenzähmer gemacht. Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass immer wieder Drachen einfach spurlos verschwinden. Eines Nachts gelingt es einem Mädchen, nahezu sämtliche Drachen zu befreien und aus der Stadt zu führen. Revyn beteiligt sich an der Verfolgung, doch nicht, um das Mädchen einzufangen, sondern um das Rätsel der verschwundenen Drachen zu lösen…

In einem Sog, dem sich keiner der drei entziehen kann, treiben sie aufeinander zu, und ihr Zusammentreffen wird die Welt unwiederbringlich verändern. Denn sie sind Ahirah, Kinder von Ahiris, dem Gott des Schicksals …

Wie schon „Nijura“, so zeigt auch „Das Drachentor“, dass Jenny-Mai Nuyen eine große Begabung für Charakterzeichnungen hat.

Alasar ist der geborene Anführer. Er weiß, wie man andere überzeugt, wie man die Begeisterung in ihnen weckt, die nötig ist, um auch Aufgaben von herkulischem Ausmaß erfolgreich durchzuziehen. Unter seiner Führung hätten die Höhlenkinder zu einer blühenden Gesellschaft werden können. Doch der Krieg hat ihn vergiftet. Verlustängste und der Wunsch nach Rache bestimmen all sein Tun, und sie werden umso stärker, je älter er wird. Er ignoriert die Tatsache, dass die Höhlenkinder erwachsen werden, auch Magaura. Selbst den vernünftigsten Argumenten seines besten Freundes Rahjel ist er schließlich nicht mehr zugänglich, Kritik wird als Verrat gewertet. Alasar ist auf dem besten Weg, ein grausames, kaltherziges Ungeheuer zu werden.

Ardhes ergeht es ähnlich. Jale ist verlogen, intrigant und machthungrig, Octaris dagegen besitzt zwar mächtige Gaben, lässt aber alles um sich herum einfach widerstandslos geschehen. Ardhes verachtet sie beide. Sie fühlt sich ungeliebt und benutzt und reagiert darauf zunächst mit Verweigerung, dann mit Trotz. Dabei verschwendet sie keinen einzigen Gedanken an die Folgen ihres Tuns für andere. Von allen drei Ahirahs zeigt Ardhes am stärksten das Verhalten einer noch unreifen Heranwachsenden, was wiederum nicht verwundert, da sie als Einzige zumindest relativ behütet und sicher aufgewachsen ist.

Revyn dagegen ist ein Kind ohne Wurzeln, nirgendwo fühlt er sich zuhause. Er verabscheut sowohl den Alkohol als auch das Töten, doch sich selbst verabscheut er auch. Erinnerungen und Gewissensbisse verfolgen ihn überall hin. Alles, was er sich wünscht, sind Friede für seine Seele und ein Ort, an den er gehört. Aber all seine Bemühungen, das Richtige zu tun, all seine Versuche der Sühne und Wiedergutmachung scheinen zu seiner wachsenden Verzweiflung nur immer weiter in die Katastrophe zu führen!

Eine gute Portion Einfühlungsvermögen hat diese drei so glaubhaft und lebendig werden lassen, dass man sie förmlich vor sich zu sehen meint. Aber auch die Nebencharaktere wie Königin Jale, König Octaris oder Revyns Kriegskameraden Twit und Capras sind ungemein plastisch und in sich stimmig ausgeführt. Selbst dem König der Myrdhanen, der nur in ein paar kurzen Szenen auftaucht, hat die junge Autorin dieselbe Aufmerksamkeit und Sorgfalt angedeihen lassen wie ihren Hauptfiguren, ohne sich dabei in Details zu verlieren.

Die Geschichte selbst braucht ein wenig Anlaufzeit. Es ist nicht von Anfang an ersichtlich, was die Drachen mit dem Krieg zwischen Haradon und Myrdhan zu tun haben. Erst als zum ersten Mal ein Drache verschwindet, wird dem aufmerksamen Leser die Verbindung deutlich.
Das Hauptaugenmerk des Geschehens liegt zunächst auf einer Prophezeiung, von der Octaris Ardhes erzählt. Wobei Prophezeiung wahrscheinlich nicht unbedingt das richtige Wort ist. Vielmehr handelt es sich um Visionen. Octaris ist ein Seher. Und wenn er nachts zu den Sternen hinaufstarrt, sieht er die Zukunft der Welt, in der die Ahirah eine entscheidende Rolle spielen. Ardhes lauscht diesen Visionen ihres Vaters. Doch wie es bei Visionen oder Prophezeiungen üblich ist, sind sie nicht in klare, eindeutige Worte gefasst. Ardhes ist nicht die Einzige, die aus den Worten ihres Vaters falsche Schlüsse zieht.

Das hört sich jetzt nicht unbedingt neu an. Ist es auch nicht. Aber es ist mit viel Engagement und Herzblut erzählt. Und eines ist tatsächlich ungewöhnlich: Hier gibt es keinen Tyrannen, Zauberer oder finsteren Gott, in dem sich alles Böse konzentriert und den es zu besiegen gilt. Deshalb hat das Buch auch kein Happyend. Es hat überhaupt nur ein halbes Ende, insofern, als der Leser erfährt, was aus zweien der drei Ahirah geworden ist. Doch ein Schicksal bleibt offen.

Auch die Handlung als solche hat nicht den sonst üblichen Abschluss erhalten. Nicht nur, dass der drohende Untergang nicht aufgehalten werden konnte; da es kein personifiziertes Böses gibt, das hätte besiegt werden können, gibt es auch keinen strahlenden Helden, der nach der Schlacht mit dem Wiederaufbau beginnen könnte. Jenny-Mai Nuyen erzählt hier das Ende einer Epoche, ohne einen Blick auf einen Neuanfang zu werfen.

Insofern ist „Das Drachenauge“ für einen Fantasy-Roman unerwartet realistisch. Das Böse ist kein Fremdkörper, der von außen in die bis dahin heile Welt eindringt und mit Heldenmut und Opferbereitschaft wieder vertrieben werden kann. Gut und Böse sind Teil der Welt, waren es immer und werden es immer sein. Sie bleiben von Umwälzungen, von Aufstieg und Fall, völlig unberührt. Trotzdem hat das Buch kein negatives Ende. Denn einer der drei Hauptcharaktere hat eine Wandlung durchgemacht und wirft zumindest ein kleines Hoffnungslicht auf den düsteren Weg ihrer Welt, auf den die Autorin einen Ausblick gegeben hat.

Um es kurz zu machen: Jenny-Mai Nuyen hat die Hoffnungen, die ich in ihr neuestes Buch setzte, voll erfüllt. Ihre Sprache ist nach wie vor bildhaft und ausdrucksstark, sowohl was Stimmungen als auch Landschaften betrifft; ihre Charaktere agieren nicht nur glaubhaft und nachvollziehbar, sie sind voller Leben, als hätte ich sie persönlich gekannt; und auch ihre Ideen, vor allem im Zusammenhang mit der Welt der Drachen, haben mir sehr gut gefallen, auch wenn der Gedanke von Fell bei einem Drachen etwas ungewöhnlich erscheint.

Jemand, der sich langweilt, sobald der Held der Geschichte nicht ununterbrochen von einer unermesslichen Gefahr in die andere stolpert, sollte besser die Finger von dem Buch lassen. Wer dagegen mehr als rasante Action im Sinn hat, dem kann ich das Buch wärmstens empfehlen. Jenny-Mai Nuyen schreibt nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit ihrer Seele. Das ist deutlich zu spüren. Zur Abwechslung mal finde ich das vollmundige Lob von Verlag und Presse, für das ich normalerweise überhaupt nichts übrig habe, durchaus gerechtfertigt.

Jenny-Mai Nuyen stammt aus München und schrieb ihre erste Geschichte mit fünf Jahren. Mit dreizehn wusste sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte. „Nijura“, ihr Debüt, begann sie im Alter von sechzehn Jahren. Inzwischen ist sie neunzehn und studiert Film an der New York University. Ihr neuester Roman „Nocturna – Die Nacht der gestohlenen Schatten“ ist für Juli dieses Jahres angekündigt.

Taschenbuch, 576 Seiten
ISBN-13: 978-3-570-30388-7

www.jenny-mai-nuyen.de/
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Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)