Agatha Christie – Tod in den Wolken

Hoch in der Luft wird eine unbeliebte Dame ins Jenseits befördert. Mit an Bord des Fliegers: Detektiv Hercule Poirot, der auf bewährte Weise seine kleinen grauen Zellen strapaziert, um die scheinbar unmögliche Tat aufzuklären … – Agatha Christies Variation des klassischen „Whodunit“ versammelt erneut eine überschaubare Schar von Verdächtigen in einem verschlossenen Raum. Keiner kann’s, doch einer muss es gewesen sein, und gemeinsam mit Poirot ermittelt der Leser bis zum überraschenden Finale: Krimi Vergnügen der sowohl altmodischen als auch zeitlosen Art.
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Arakawa, Hiromu – Fullmetal Alchemist 4

[Band 1 2885
[Band 2 3147
[Band 3 3425

_Story_

Nach einer Explosion im fünften Forschungsinstitut geraten Alphonse und Edward in arge Bedrängnis. Letzterer muss sich gegen die gerissene Envy behaupten und trägt schwerwiegende Verletzungen davon. Mit Winrys Unterstützung kommt er rasch wieder auf die Beine, muss sich nun aber vor den Kollegen in der Armee rechtfertigen, die den heimlichen Vorstoß der beiden Elric-Brüder nicht gutheißen können.

Das zerbrochene Vertrauen innerhalb des Militärs überträgt sich jedoch auch auf Alphonse und Edward, nachdem Al sich mittlerweile immer stärker mit dem Gedanken auseinandersetzen muss, dass in Wirklichkeit lediglich die Erinnerung an Alphonse Elric hinter seiner metallenen Rüstung steckt, nicht jedoch die lebendige Person. Dennoch ist der gemeinsame Wille, den Stein der Weisen zu entdecken und das Schicksal herauszufordern, ungebrochen. Als Oberleutnant Hughes dann jedoch plötzlich heimtückisch ermordet wird, werden ihre Pläne vorerst auf Eis gelegt. Was steckt hinter diesem eigenartigen Komplott, der dieses Opfer forderte?

_Meine Meinung_

Im vierten Band um die Elric-Brüder führt Hiromu Arakawa zum ersten Mal im Laufe der Serie den Strang konsequent fort. Das Aufeinandertreffen von Alphonse und Edward auf der einen und Lust und Envy auf der anderen Seite entwickelt sich zu einem erbitterten Kampf, der beinahe in einer Katastrophe endet. Keiner der beiden Brüder kommt ungeschoren davon, wobei der Schmerz, den Al erleiden muss, eher seelischer Natur ist. Ed hingegen erhält eine Ganzkörperbandage und er bedarf der mentalen und physischen Unterstützung Winrys, um schnell wieder auf die Beine zu kommen. Doch unterdessen muss er die Schelte seiner Kollegen in der Armee fürchten. Dort holt er sich zwar eine geladene Watsche ab, realisiert dann jedoch, dass er als Fullmetal Alchemist über den Dingen stehen sollte und sich nicht als untergebener Soldat behandeln lassen muss. Dies stimmt ihn jedoch auch kaum besser, als er von den Befürchtungen seines Bruders erfährt. Gemeinsam resümieren sie die gemeinsamen letzten Wochen und Ereignisse und kommen zu dem Schluss, dass Alphonse realistisch betrachtet die reale Inkarnation von Alphonse ist. Ob dies aber auch tatsächlich der Fall ist, bleibt unerwiesen.

Während die Elric-Brüder über Moral und persönliche Hintergründe diskutieren, taucht der harmoniebedürftige Oberleutnant Hughes ins Szenario ein und nervt seine Soldaten mit dem ständigen Gerede über seine Familie zu Tode. Doch hinter seinem penetranten Getue scheint sich mehr zu verbergen, als man zunächst erahnen mag. Als Hughes dann auf zwielichtige Art und Weise um die Ecke gebracht wird, eröffnet dies viele Freiräume zur Spekulation. Die Geschichte dokumentiert den Vorfall zwar aus nächster Nähe und zeigt auch ganz offen den Attentäter, doch kann man sich fürs Erste gar keinen Reim auf diesen Akt machen. Die Geschichte wird komplexer, sowohl für den Leser als auch für die Protagonisten, deren Suche nach dem Stein der Wesen nach wie vor höchste Priorität hat. Doch weder Lust und Envy noch die neue unbekannte Kraft schlafen diesbezüglich und setzen dem Brüderpaar ständig neue Hindernisse in den Weg. Und außerdem wäre da noch der untergetauchte Scar, der im Hintergrund bereits die nächsten Missetaten vorbereitet und die Serie weiter spannend hält.

Band 4 der preisgekrönten Serie bietet einmal mehr witzige, aber auch ziemlich spannende Unterhaltung, begleitet durch einen emotionalen Strang um die Geschichte Alphonses. Die Handlung entwickelt in der jüngsten Ausgabe eine neuerliche, aber schließlich nur dezente Komplexität und fügt währenddessen geschickt neue tragende Charaktere und Ideen in die Story ein. So geht es temporeich und fließend weiter, wenngleich große Überraschungen im aktuellen Band ausbleiben. Macht jedoch im Grunde genommen nichts, denn „Fullmetal Alchemist 4“ verfügt über die gewohnt überzeugenden Qualitäten früherer Ausgaben und ist dementsprechend auch eine gelungene Fortsetzung der tollen, mittlerweile auch auf DVD erhältlichen Reihe.

[Verlagsseite zur Reihe]http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10426

Verlagsspezial: http://www.paninicomics.de/fma/

Jonathan Rabb – Die Eisenreich-Verschwörung

Rabb Eisenreich Cover TB 2004 kleinDas geschieht:

In Washington wurde vor einiger Zeit eine streng geheime Untersuchung beschlossen. Diverse ultra-reaktionäre und rechtsradikale Gruppen sollen darauf überprüft werden, ob sie dem Staat gefährlich werden könnten und aus dem stets verdächtigen Ausland Unterstützung erfahren. Dahinter steckt der „Aufsichtsausschuss“, eine der Öffentlichkeit nicht bekannte Abteilung des US-Außenministeriums, die einst gegründet wurde, um jenseits der lästigen Knechtschaft durch niedergeschriebene Gesetze die Bösen dieser Welt zu strafen und auszuschalten.

Agentin Janet Trent taucht hinab in den Sumpf selbst ernannter Tugendwächter und fanatischer Seelenretter, in dem es seit einiger Zeit gefährlich brodelt: Eine Welle äußerst brutaler, dabei militärisch präzise organisierter Terroranschläge erschüttert die USA. Der Aufsichtsausschuss rätselt, ob es der fundamentalistische TV-Demagoge Jonas Tieg ist, der Furcht und Schrecken säen lässt, um die USA innenpolitisch zu destabilisieren und so die Herrschaft an sich zu reißen. Jonathan Rabb – Die Eisenreich-Verschwörung weiterlesen

Bargen, Ascan von – Legenden des Abendsterns, Die

Der |Ubooks|-Verlag ist bekannt für sein ausgefallenes Programm, und dementsprechend passt „Die Legenden des Abendsterns“ von Ascan von Bargen perfekt zu dem kleinen Verlag in der Nähe von Augsburg.

Seltsame Dinge ereignen sich in der Umgebung von London im 17. Jahrhundert. Tote werden gefunden, deren Körper auf grausame Art und Weise entstellt und mit Tätowierungen übersät sind. Als ob das noch nicht genug wäre, erstehen einige der Toten wieder auf.

Grund dafür ist „die Hurentochter“, eine tote Göttin, die einst von einer Gruppe junger Männer zum Leben erweckt wurde und sich nun ihrer Macht besinnt. Die meisten Männer des magischen Zirkels sind bereits verstorben. Einzig Dunclan Claireborne, Sohn des Mannes, der damals den Schaden anrichtete, hält die Waffe gegen die Göttin in der Hand: der Brief seines Vaters. Schafft er es, rechtzeitig die darin enthaltene Botschaft zu enträtseln?

Ascan von Bargen hat es sich zur Aufgabe gemacht, in seinem Buch das England des 17. Jahrhunderts wieder aufleben zu lassen, und das ist ihm sehr gut gelungen. Der Barock hatte zu dieser Zeit seinen Höhepunkt und dementsprechend prunkvoll sind die Menschen gekleidet und gestalten ihren Lebensstil teilweise sehr ausschweifend.

Von Bargen lässt seinen Blick allerdings nur kurz auf dem Prunkgehabe ruhen. Er nutzt den Hintergrund des Barock, um eine sehr finstere Geschichte voll zwielichtiger Gestalten, Degenkämpfe und schlechter Sitten zu stricken, ohne dabei zu sehr die Sex-and-Crime-Schiene zu fahren. Im Gegenteil schafft er es, einen düsteren, aber nicht überzogenen Schauplatz zu kreieren, der einen sehr authentischen Hintergrund für die gruselige Handlung bietet.

Selbige ist nicht wirklich stringent und scheint ab und zu ins Leere zu verlaufen, fängt sich aber auch immer wieder. Leider bleiben die Personen und ihre Motive dem Leser so gut wie verschlossen, weshalb der Zugang zu diesem Buch schwer fällt. Trotzdem kommt man nicht umhin, von Bargens Sorgfalt und Detailgenauigkeit zu loben, auch wenn er diese manchmal so übertreibt, dass das eigentliche Ereignis darin verloren zu gehen scheint.

Die Personen fügen sich gut in dieses Schema ein. Auch sie sind sehr detailreich und scharf umrissen, der Epoche entsprechend. Leider wirken sie etwas steif und es fällt schwer, sich in sie hineinzuversetzen. Erneut stolpert der Autor hier über seinen sehr stark ausschmückenden Stil. Es fällt schwer, zwischen all den Beschreibungen die Person durchschimmern zu sehen, die der Leser sich gerne mit seiner Fantasie selbst zu einem originellen Charakter zusammengesetzt hätte. Ausführliche Beschreibungen sind keine Schande. Wenn sie jedoch geradezu diktatorisch jede Wolke, jeden Stein und jedes noch so kleine Wesensmerkmal wiederzugeben versuchen, engen sie sehr stark ein.

Schuld an dieser Kleinteiligkeit ist sicherlich auch von Bargens Schreibstil, an dem rein technisch nichts auszusetzen ist. Er schreibt sicher, wählt seine Worte treffend und weiß, wie man einen abwechslungsreichen Satzbau schafft. Er passt seine Schreibe ein wenig der Epoche in seinem Buch an, ohne den Leser jedoch zu überfordern. Er unterfordert ihn aber auch nicht. Es ist Konzentration vonnöten, sich durch die dichten Sätze zu kämpfen, was allerdings nicht negativ ist.

Was dagegen viel mehr Probleme bereitet, ist van Bargens bereits erwähnte Art, so umfassend wie möglich zu schreiben. Bei Handlung und Personen fällt das zwar auf, stört aber nicht wirklich. Im Schreibfluss dagegen ist die Anzahl von erklärenden Sätzen und vor allem von ergänzenden Adjektiven – stellenweise befindet sich vor jedem Nomen eines – manchmal irritierend. Hier wäre etwas weniger mehr gewesen, denn diese Fülle von Informationen erfordert manchmal enervierend viel Konzentration.

In der Summe hat Ascan von Bargen eine interessante, nostalgische Horrorgeschichte geschaffen, die mit einigen Struktur- und Schreibproblemen zu kämpfen hat. Trotzdem kann man von „Die Legenden des Abendsterns“ nicht behaupten, dass es nicht gelungen wäre. Dafür ist der Inhalt zu qualitativ hochwertig und der Schreibstil, trotz der Überfülltheit, zu geschliffen.

http://www.ubooks.de
http://www.ubooksshop.de

_Ascan von Bargen bei |Buchwurm.info|:_
[„Annwyn – Die Tore zur Anderwelt“ 1825
[„Annwyn 2“ 2266

Körber, Joachim (Hg.) – zweite Buch des Horrors, Das

Zehn Kurzgeschichten aus den Jahren zwischen 1920 und 1940, in denen aus der klassischen Gespenstergeschichte das „kosmische Grauen“ des [H. P. Lovecraft 345 und seiner diffusen, aber gemeingefährlichen „anderen Wesen“ aus Zeit und Raum entsprang:

_Stefan Grabinski: Der Blick_ („Spojrzeme“, 1922), S. 11-28 – Wenn gewisse Philosophen Recht haben und diese Welt nur eine Illusion ist – wie sieht dann die Realität aus? Grauenhaft, wie Dr. Odonicz weiß, aber er kann es uns sicher nicht mehr mitteilen …

_Jean Ray: Die weiße Bestie_ („La bete blanche“, 1925), S. 29-38 – Ein Einsiedler entdeckt in den Wäldern der Ardennen eine tiefe Höhle, darin eine Goldader – und einen missgestimmten Überlebenden aus der Urzeit …

_Seabury Quinn: Der Poltergeist_ („The Poltergeist“, 1927), S. 39-72 – Jules de Grandin, französischer Meisterdetektiv des Okkulten, rettet eine schöne Maid aus den Klauen eines geilen Gespenstes …

_Howard Phillips Lovecraft: Cthulhus Ruf_ („The Call of Cthulhu“, 1928), S. 73-120 – Des alten Forschers Großneffe und Erbe entdeckt im Vermächtnis Spuren, die auf die Existenz eines Äonen alten Kultes hinweisen, der sich zum Ziel setzt, recht unangenehme „Gottheiten“ auf die Welt zu bringen …

_Frank Belknap Long: Die Dämonen von Tindalos_ („The Hounds of Tindalos“, 1929), S. 121-144 – Allzu neugierig ist ein Forscher, der mit Hilfe einer Droge in die Zeit zurückreist und herausfindet, wer tatsächlich hinter dem biblischen Sündenfall steckt …

_Lady Cynthia Asquith: Gebe Gott, dass sie in Frieden ruht_ („God Grante That She Lye Still“, 1931), S. 145-196 – Ein Unfall riss die junge Frau einst aus ihrem Leben, das sie mehr liebte als ihr Seelenheil. Nun drängt sie zurück ins Diesseits und liefert sich mit einer Nachfahrin einen Kampf auf Leben und Tod um deren Körper …

_David H. Keller: Das Ding im Keller_ („The Thing in the Cellar“, 1932), S. 197-208 – Der kleine Junge fürchtet sich vor dem dunklen Keller. Die beschämten Eltern beschließen, ihn durch eine Schocktherapie zu „heilen“; die spektakulären Folgen dürften zumindest den Leser nicht überraschen …

_Clark Ashton Smith: Teichlandschaft mit Erlen und Weide_ („Genius Loci“, 1933), S. 209-240 – Ein böser Geist nistet an einem verwunschenen Ort, wo er auf unvorsichtige Besucher lauert, um sie ins Verderben zu locken …

_Robert Bloch: Das Grauen von den Sternen_ („The Shambler from the Stars“, 1935), S. 241-258 – Wissen ist Macht; dieses alte Sprichwort bewahrheitet sich für einen Amateur des Okkulten, dem der Zufallsfund eines Zauberbuches ersehnte Gewissheiten und einen grausigen Besucher bringt …

_August Derleth: Jenseits der Schwelle_ („Beyond the Threshold“, 1941), S. 259-302 – In den finsteren Wäldern Neuenglands öffnet ein fanatischer Forscher das Tor zu einer Welt, die von abgrundtief bösen, nur halb stofflichen, aber übermächtigen Kreaturen aus der Urzeit des Universums bevölkert wird …

Die 20er Jahre des 19. Jahrhunderts waren eine Zeit des Umbruchs. Der I. Weltkrieg hatte in Europa die politische Landkarte verändert und gewaltige soziale Umbrüche in Gang gesetzt. Gleichzeitig machten die Naturwissenschaften enorme Fortschritte. Besonders die Physiker drangen in Sphären vor, die sich von den meisten Menschen nur noch ansatzweise erfassen ließen.

Kunst und Literatur blieben von diesen Entwicklungen nicht unberührt. Im phantastischen Genre ging die Ära der klassischen Gespenstergeschichte zu Ende. Natürlich verschwand sie weder abrupt noch vollständig. In dieser Sammlung treffen wir sie bei Seabury Quinn (1889-1969), Lady Cynthia Asquith (1887-1960), David Henry Keller (1880-1966) und Clark Ashton Smith (1893-1961), wobei sie das gesamte Spektrum von trivial (Quinn) über psychologisch (Asquith) bis atmosphärisch (Smith) abdeckt.

Eindrucksvoll ragt aus diesem Quartett die Story von Keller heraus. Dieser recht unbekannte, nicht besonders produktive Autor legt hier eine Geschichte vor, die ihrer Zeit weit voraus ist. Fast dokumentarisch und mit knochentrockenem Humor erzählt er eine bitterböse Gespenstergeschichte, deren Gespenst wie kein einziges Mal zu sehen bekommen. Jeder Satz, jedes Wort steht im Dienst der Geschichte – die Wirkung ist beispielhaft für das Genre!

Jean Ray (d. i. Raymond Jean Marie de Kremer, 1887-1964) baut zumindest in dieser Kollektion eine Brücke zwischen dem „alten“ und dem „neuen“ Horror. Seine „Weiße Bestie“ ist kein übernatürlicher Spuk, sondern ein der Forschung bisher fremdes, aber sehr lebendiges Wesen, das dort, wohin der kluge Zeitgenosse seine Nase nicht stecken sollte, auf allzu Neugierige nicht einmal lauert, sondern einfach nur sein Territorium gegen Fremdlinge verteidigt.

Dieses Konzept wurde Ende der 1920er Jahre von Howard Phillips Lovecraft (1890-1937) weiter entwickelt und zur Vollendung gebracht. „Cthulhus Ruf“ steht am Anfang einer neuen Ära. Lovecrafts böse Geißeln leben in einer Art Parallelwelt, aber auch sie sind und waren durchaus lebendig. Damit verbinden die Cthulhu-Geschichten die Genres Horror und Science-Fiction.

Die SF gab es zwar schon, aber auch sie hatte just einen neuen Entwicklungsschub bekommen: Mitte der 1920er Jahre fand sie einen reichen Nährboden in den „Pulps“, auf billiges, holzhaltiges Papier gedruckte Magazine. Sie wurden gern gekauft und prägten die Szene etwa ein Vierteljahrhundert. Der Bedarf an Geschichten war gewaltig, die Leser jung, der Gegenwart verhaftet und von der Zukunft fasziniert. Grusel aus der guten, alten Zeit stand nicht mehr hoch im Kurs. Schneller und härter – oft genug auch flacher – wurde die Gangart. Bewährte Ideen wurden gern kopiert oder variiert.

Frank Belknap Long (1903-1994), ein Vollprofi der Pulp-Epoche, beweist es mit „Die Dämonen von Tindalos“. Eine spannende, aber routinierte und kaum originelle Geschichte, die Lovecraft indes nicht gefallen haben dürfte, weil Long etwas tut, das der Einsiedler aus Providence stets vermieden hat: Er verquickt den Cthulhu-Kosmos mit der christlichen Mythologie und weist dem tintenfischköpfigen Unhold und seinen nicht minder unfreundlichen Genossen die Rolle schnöder Bibel-Dämonen zu.

Robert Bloch (1917-1994) macht es mit „Das Grauen von den Sternen“ besser. Trotz seiner Jugend – er war 1935 gerade 18 Jahre alt – kopiert er Lovecraft (der den jungen Kollegen schätzte und förderte) nicht einfach, sondern bringt eigene Ideen in den Cthulhu-Mythos ein. Dazu gehört vor allem „De Vermis Mysteriis“, das fiktive Zauberbuch des Erzmagiers Ludvig Prinn, das der Cthulhu-Jünger heute ebenso häufig zitiert wie Lovecrafts „Necronomicon“.

Lovecraft tritt übrigens persönlich in Blochs Geschichte auf. Der Schriftsteller, der ein ereignisarmes Leben führte, wird hier durch ein Ende geadelt, wie es einem Sucher nach der Realität des Grauens zukommt: Er stirbt in den Klauen einer wirklich fiesen Kreatur, was wiederum ein Insider-Gag ist, da es Abdul Alhazred, den Verfasser des „Necronomicons“, genauso erwischt hatte.

August Derleth (1909-1971) gilt als Lovecrafts treuester Jünger, Diener, Nachfolger und Retter. Unermüdlich hat er nach 1937 dessen Werk an die Öffentlichkeit gebracht. Dass Lovecraft den Ruhm der Gegenwart genießt, verdankt er vor allem Derleth. Gleichzeitig hat sich Derleth Freiheiten herausgenommen, die sein Meister kaum gutgeheißen hätte. Dies betrifft Derleths Drang, das kosmische Grauen Lovecrafts zu „ordnen“, d. h. Cthulhu und die Seinen in eine Art dunklen Götterhimmel einzupassen. Doch für Lovecraft gehört das Chaos mit zum Konzept. Verstehen heißt auch: die Furcht verlieren. Das kann kaum im Sinne einer Gruselgeschichte sein.

Fleißig bastelte Derleth an seiner „verbesserten“ Lovecraft-Vision. Lücken im Konzept werden mit eigenen Kreationen gefüllt. Cthulhu wird dabei zu einer Art Elementargeist unter vielen anderen, deren Namen schwierig zu merken sind. Dass man das noch weiter treiben kann, bewies Derleth 1945 mit „The Lurker at the Threshold“, ein Roman, der unzweifelhaft eine Erweiterung von „Jenseits der Schwelle“ darstellt, und in dem sich die bösen Götter aus dem All quasi gegenseitig auf die Füße treten.

Eine hochinteressante Fußnote stellt Stefan Grabinskis (1887-1936) „Der Blick“ dar. Diese Geschichte belegt, dass Lovecraft weder der erste noch der einzige war, der das Konzept des „kosmischen Horrors“ fand. Grabinski bedient sich seiner bereits 1922 völlig unabhängig von der US-amerikanischen Pulp-Szene und mit einer Souveränität, die belegt, dass diese Veränderung offensichtlich in der Luft lag.

Volkers, Mara (Lorentz, Iny) – Reliquie, Die

Mara Volkers ist das Pseudonym von Iny Lorentz. Iny Lorenz ist wiederum das Pseudonym eines Autorenehepaars namens Iny und Elmar. Lorenz hieß Elmars Vater, daher der Nachname Lorentz. Mara stammt vom Namen Elmar ab und Volker hieß Inys Vater, deswegen Mara Volkers. Auch eine Methode, um an ein Pseudonym zu kommen.

„Die Reliquie“ ist bisher das einzige Buch, das unter dem Namen Mara Volkers erschien, während als Iny Lorentz zahlreiche historische Romane wie z. B. [„Die Kastratin“, 980 „Die Wanderhure“, „Die Kastellanin“ oder „Die Tatarin“ erfolgreich veröffentlicht wurden.

_Die Story:_

Im Jahre des Herrn 1268: Der Graf Walther von Eisenstein regiert sein Land brutal und gewissenlos, denn er ist sich seines Einzuges ins Paradies gewiss. Dank eines Holzsplitters vom Kreuze Jesu Christus, den einst einer seiner Vorfahren im Kampf um das Heilige Land mit nach Hause brachte, sind die Seelen seiner Sippe auf alle Ewigkeit gerettet. Für ihn ein Grund, nach Lust und Laune zu morden, zu vergewaltigen und zu rauben. Dabei hat er es vor allem auf das Land seiner Nachbarn und Freibauern abgesehen.

So kommt es eines Tages, dass er den Freibauernhof von Otto und Anna überfällt, den Bauern zusammenschlagen und die Frau mehrfach vergewaltigen lässt. Er lässt die beiden als Hörige in eine Kate bringen und beschlagnahmt sowohl das Land als auch die Tochter Elisabeth, die er als Geliebte mit auf seine Burg nimmt. Die jüngere Tochter Bärbel wird ebenfalls eingesackt, allerdings als hörige Arbeitskraft im Stall, in der Küche oder wo man sie sonst brauchen kann.

Derweil kümmert sich der Meister Ardani um die Kräuterfrau Usch, die von Rache an dem Grafen träumt. Der Zauberer ist sich Bärbels Wert sehr bewusst, durch ihre Verwandtschaft dritten Grades mit dem Grafen ist sie die Einzige, die die Reliquie an sich bringen und damit den Segen von dem Tyrannen nehmen kann. Also befiehlt er der Kräuterfrau, das Mädchen unter ihre Fittiche zu nehmen, dafür zu sorgen, dass das Kind rein und unschuldig bleibt. Usch verwandelt daraufhin die Kleine in einen sogenannten Waldschrat, ein schmutziges, unförmiges Ding, das alle anderen für verrückt halten. Und es wirkt, Bärbels Unschuld bleibt unberührt …

Bleibt also nur noch, die Reliquie zu entwenden und allem Bösen den Garaus zu machen …

_Meine Meinung:_

Dieses Buch beinhaltet historischen Roman, Fantasy-Story und Märchen in einem. Zauberer, Geister, Dämonen und Engel bestimmen die Handlung genauso konsequent wie Grafen, Hörige, Mönche und Eremiten. Hier findet der Leser alles: Krieg und Liebe, Gewalt und Romanze, Intrigen und Verbündungen, Habgier und Freundschaft.

Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet und verströmen eine gewisse Lebendigkeit, die die Seiten schnell vorbeifliegen lässt. Insbesondere der Graf Walther besticht durch eine eiskalte Intelligenz und Bösartigkeit, zieht mordend und plündernd durch sein Land, und was er nicht mit Gewalt erreicht, besorgt er sich mit hinterhältiger Betrügerei.

Dem gegenüber steht das Kind Bärbel, das durch den Zauberer auf sein Erbe erst hingewiesen werden muss und damit nicht wirklich umzugehen weiß. Sie verlässt sich auf ihre Freundin Usch, die allerdings wiederum unter dem Einfluss des Meisters steht, und auf ihre Intuition, die ihr doch immer wieder aus unangenehmen Situationen helfen kann.

Ihre Schwester ist das Betthupferl des Grafen und trägt alsbald dessen Kind unter ihrer Brust. In der Hoffnung, ihr Sohn werde der nächste Graf, lässt Elisabeth ihr Schwesternding gnadenlos fallen und widmet sich nur noch ihrer neuen Karriere. Auch Bärbels Eltern nehmen im Anblick einer neuen Aufstiegsmöglichkeit Abschied von ihrem zweiten Kind, wollen eigentlich nur noch Nachrichten über die „richtige“ Tochter erfahren. Bärbel steht ziemlich allein, bis ein alter Eremit auf der Burg auftaucht und ihr ebenfalls den Auftrag gibt, den Kreuzessplitter zu stehlen.

Selbst die Nebencharaktere sind dicht konstruiert, soll heißen, füllen ihre Rollen mit Realitätssinn und eigenem Stil voll und ganz aus. So ist z. B. des Grafen Haushaltsvorsteherin in diesen verliebt und geifert nach der Ehre, in seinem Bett liegen zu dürfen. In einem Anfall von Wahnsinn will sie ihn mit Hexentrunk verführen und zeigt dabei ihr wahres Gesicht: Durch jahrelangem Verzicht ist sie gelb vor Neid und gemein gegenüber allen weiblichen Wesen in Gegenwart des Grafen. Kurzerhand lässt der Graf sie von allen verfügbaren Knappen und Knechten vergewaltigen.

Der Roman besticht nicht nur durch eine gute Geschichte, sondern ebenfalls durch einen flüssigen und schönen Schreibstil. Häufiger Szenenwechsel hält die Spannung aufrecht und die Detailbeschreibungen sind meiner Meinung nach im richtigen Maß: nicht zu viel, dass es langweilte, und nicht zu wenig, dass man sich nichts vorstellen könnte. Es ist natürlich Unterhaltungsliteratur und dementsprechend gibt es keinerlei Leseschwierigkeiten im Schreibstil. Angenehm und sehr fließend gleiten die Wörter dahin und lassen die passenden Bilder vor dem geistigen Auge entstehen. Allerdings sind die Gewaltszenen doch schon recht deutlich geschildert, und was fehlt, entsteht im Kopf des Lesers sowieso noch dazu. Das ergibt zwischendurch immer mal wieder leichtes Entsetzen, zeigt aber auch sehr nüchtern, wie grausam das Leben in der damaligen Zeit halt war.

Was mich inhaltlich etwas irritierte, war der deutliche Anstieg der fantastischen Elemente zum Schluss des Buches. Auf einmal wimmelte es nur so von Geistern, Engeln und Dämonen. So hatte ich das nicht erwartet, als ich den Roman zu lesen begann. Doch irgendwie passt diese Entwicklung ins Gesamtbild hinein, und deshalb habe ich das Buch bis hin zum Happy-End-Finale auch weiter verschlungen!

Im Großen und Ganzen kann ich diesen Roman allen empfehlen, die Mittelalter-, Fantasy- oder Märchen-Vorlieben besitzen. Es ist sehr gut und leicht zu lesen und die Story unterhält von Anfang bis Ende!

Für den November 2007 ist bei |Bastei Lübbe| der Roman „Die Braut des Magiers“ unter dem Pseudonym Mara Volkers angekündigt.

Homepage von Iny Lorentz: http://www.iny-lorentz.de
http://www.bastei-luebbe.de

Garfield, Richard – Magic: The Gathering – Blick in die Zukunft – Themendeck »Rebellenvereinigung«

_Rebellion in der Zukunft_

In diesem Themendeck hat sich eine stattliche Anzahl mächtiger Rebellen zu einem Team zusammengerauft, welches sowohl aus rauflustigen Kämpfern als auch völlig destruktiven Charakteren besteht. Doch eines ist ihnen gemein: Sie kämpfen für die gute Sache. Geliebte Fähigkeiten wie Regenerieren sind einem nicht zu unterschätzenden Teil der Kreaturen eigen, so dass fast am laufenden Band bereits geopferte Kreaturen wieder aus dem Friedhof hervorgeholt werden können. Gleichzeitig gibt es immer wieder Möglichkeiten, nach dem Versorgungssegment zusätzliche Rebellen ins Spiel und die eigene Einheit damit schnell in eine Überzahlsituation zu bringen. Effektive Zauber wie der „Hexennebel“ oder „Zu Staub zurückkehren“ sollten dem Gegner schließlich den Rest geben und seinen Kartenstamm aufs Minimum reduzieren – wenn dies nicht schon der „Magus der Unterwelt“ erledigt hat. Eins scheint schon mal deutlich: Diese Rebellen haben es in sich!

_Karteninhalt_

Länder:
• 12x Ebene
• 10x Sumpf
• 2x Immerändernde Weite (common)

Kreaturen:
• 2x Samitischer Weihrauchträger (common)
• 1x Amrou-Späher (common)
• 3x Säbel des sechsten Rudels (common)
• 2x Herumziehender Schwarzseher (common)
• 1x Ritter des Heiligenscheins (uncommon)
• 3x Amrou-Sucher (common)
• 1x Avior-Rissbeobachter (common)
• 1x Trotzende Vorhut (zeitverschoben)
• 1x Eiferer il-Vec (common)
• 2x Vorreiter en-Kor (uncommon)
• 1x Zeitspalten-Ritter (uncommon)
• 2x Ramoischer Erweckungsprediger (uncommon)
• 1x Engel der Errettung (rare)
• 1x Fäulnisverheißer (common)
• 2x Verwesender Zyklop (common)
• 1x Riesenwildjäger (uncommon)
• 1x Magus der Unterwelt (rare)

Andere:
• 2x Amulett der Dämmerung (common)
• 3x Feld aus Leuchtfäden (common)
• 2x Durch Stille gefesselt (uncommon)
• 2x Zu Staub zurückkehren (uncommon)
• 1x Hexennebel (uncommon)

_So spielt man das Deck_

Wie natürlich in jeder „Magic“-Partie, so ist es auch hier erst einmal elementar, einen gesunden Stamm an Standardländern aufzubauen, die in diesem Fall aus Ebenen und Sümpfen bestehen. Allerdings erlauben die meisten Zauber und Kreaturen bereits einen raschen Einsatz, weil ihre Manakosten auffällig niedrig sind, so dass schnelle Angriffe sowie die Nutzung der Spezialfähigkeiten bereits in einem der ersten Züge möglich sind. Demenstprechend sind jedoch die basischen Angriffs- und Widerstandswerte der meisten Karte nicht in übermäßigem Maße ausgeprägt, weshalb man in der „Rebellenvereinigung“ viele Schritte über die Zauber und eben die Sonderfertigkeiten der Kreaturen herausholen muss, was jedoch wiederum dank der vielfältigen Möglichkeiten, dem Gegner direkten Schaden zuzufügen, gar nicht mal so schwierig ist. Zudem arbeiten viele Kreaturen aus einer sicheren Deckung heraus; manche sind vor bestimmten Manafarben geschützt, andere hingegen übertragen den eigenen Schaden auf den Gegner – und wer zunächst einmal gar nicht geschützt wird, kann eine Karte mit dem Kreaturenzauber „Durch Stille gefesselt“ belegen und somit eine andere Kreatur komplett stilllegen.

Die Vorgehensweise sieht letztendlich so aus, dass man versucht, zu Beginn der Partie schnellstmöglich eine stattliche Zahl Rebellen ins spiel zu bringen und sich somit einen starken Offensiv- und Verteidigungswall aufzubauen und schließlich mit mächtigen Kreaturen wie dem „Riesenwildjäger“ zuzuschlagen. Letzterer ist zum Beispiel besonders effektiv, weil er für einen vergleichsweise geringen Kostenaufwand (und zusätzliche Wahnsinnskosten) eingesetzt werden kann und dabei jedes Mal eine Kreatur von Stärke 4 und höher vollkommen zerstört. Sollten derartige Kreaturen indes nicht sofort ins Spiel kommen, gibt es in diesem Deck zahlreiche Möglichkeiten, die eigene Bibliothek zu durchforsten und sich entsprechend zu versorgen und auch die erforderlichen Standardländer herauszusuchen.

Während die Angriffstaktik recht eindeutig ist, ist für eine geschützte Defensive ebenfalls gesorgt. Der „Engel der Errettung“ beispielsweise schützt vor den nächsten fünf Schadenspunkten, bedarf jedoch dafür auch eines hohen Mana-Einsatzes. Die „Trotzende Vorhut“ zerstört währenddessen alle geblockten Kreaturen, muss daraufhin aber auch selbst geopfert werden. Aber natürlich kann sie später vom „Ramosischen Erweckungsprediger“ wiederbelebt werden. Und mit dem „Amulett der Dämmerung“ schützt man sich sogar spontan vor allem einfallenden Schaden, so dass es schon beinahe mit unrechten Dingen zugehen müsste, falls diese entschlossene Vereinigung besiegt würde.

_Fazit_

„Rebellenvereinigung“ eröffnet die letzte Erweiterung der „Zeitspirale“, den „Blick in die Zukunft“ mit einem rundum überzeugenden, sehr stark besetzten Deck, welches dank der ausgewogenen Mischung aus regenerativen Defensiv-Systemen und effizienten Angriffsstrategien (meist aus der Überzahl heraus) in seiner Effizienz zweifelsohne zu den besten Themendecks überhaupt gehört. Durch die geringe Kostenverteilung ist es zudem sehr leicht, dieses Set zu beherrschen und mit ihm zu experimentieren, weil man sich nicht von Beginn an auf eine bestimmte Taktik versteifen muss. Und weil man durch die sehr gut aufeinander abgestimmten Karten selbst leichte Rückschläge gut verkraften und immer noch aus der Bedrängnis heraus agieren kann, verfügt man insgesamt doch über ein sehr vielseitiges, dennoch kompaktes Deck, welches sowohl für Einsteiger als auch für Profis bestens geeignet scheint. Drei Partien ohne Niederlage und jeglichen Stress ob einer drohenden Einengung sprechen, so denke ich, fürs Erste für sich. Diese homogene Konstellation kann bedingungslos empfohlen werden.

http://www.magicthegathering.de/
http://www.universal-cards.com
http://www.wizards.com/

|Siehe ergänzend dazu:|

[Magic: The Gathering 9. Edition – Schnelleinstieg 3335
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Armee der Gerechtigkeit« 3337
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Schon wieder tot« 3370
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Luftige Höhen« 3591
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Welt in Flammen« 3592
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Remasuri-Entwicklung« 3371
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Kreuzritter der Hoffnung« 3372
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Pelzige Pilzwesen« 3667
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Realitätsbruch« 3670
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Endloser Marsch« 3731
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Verwirrtes Hirn« 3734
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Ixidors Vermächtnis« 3741
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Rituale der Wiedergeburt« 3746

[Magic: The Gathering – Zeitspirale-Zyklus Band 1 3720
[Outlaw 1864 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 1)
[Der Ketzer 2645 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 2)
[Die Hüterin 3207 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 3)
[Die Monde von Mirrodin 2937 (Magic: The Gathering – Mirrodin #1)

Horn, Dennis / Fiene, Daniel – Podcast-Buch, Das: Das Radio des Web 2.0

„Was sind eigentlich Podcasts?“ Diese Frage bildet den Auftakt des vorliegenden Buches. So simpel und einfach diese Frage für den Fachkundigen auch klingen mag, so ist sie doch zugleich ein Indiz dafür, dass das Buch von Horn und Fiene den Leser tatsächlich „bei Null abzuholen“ vermag. Man muss keine besonderen Vorkenntnisse mitbringen, um sich anhand des Leitfadens dieses Buches tiefer in die Materie des Podcastens einzuarbeiten. Ebenso wie das Buch möchte ich zunächst noch mal kurz darauf verweisen, was ein Podcast denn nun überhaupt ist. Es handelt sich hierbei vereinfacht formuliert um abonnierbares „Internet Radio“. Die Qualität von gegenwärtig im Internet kursierenden Podcasts reicht dabei von „vertonten Weblogs“ über Comedy, Feuilleton und Ratgeber bis hin zu Nachrichtensendungen. So breit das Themenspektrum ist, so differenziert ist auch die Qualitätsskala der zurzeit im Internet verbreiteten Podcasts zu betrachten. Das Buch von Horn und Fiene führt den Leser jedoch schrittweise dazu, ein eigenes und hochwertiges Podcast zu entwickeln.

Ausgehend von der Einführung darüber, was Podcasts sind und welche Unterschiede zu beachten sind, wird das weite Feld des Podcastens sorgfältig und sukzessiv abgesteckt. Dies beginnt beim schlichten Hören von Podcasts, wobei das Autorenduo auch gleich einige der bekannteren Podcasts der Gegenwart vorstellt. Dies ist insofern sinnvoll, als man natürlich selbst kein gutes Produkt erstellen kann, wenn man die Konkurrenz nicht kennt. Durch Verweise auf bestehende Podcasts werden natürlich auch die Inspiration und Kreativität gefördert. Denn es ist eine Sache, über Podcasts zu lesen, aber eine andere, auch wirklich die Materie einmal mit eigenen Ohren erforscht zu haben.

Der nächste logische Schritt besteht natürlich dann im Ausprobieren. Zu diesem Zweck stellt das Buch zunächst die erforderliche Grundausstattung, die man für das Erstellen von Podcasts braucht, kurz und prägnant vor. Die nächsten Stufen bestehen nach der Aufnahme aus dem Schneiden des Materials, der Veröffentlichung und natürlich der Information über die rechtlichen Grundlagen beim Podcasten. Alles sind grundlegend wichtige Aspekte der Arbeit mit Podcasts und wurden nicht nur sinnvoll und übersichtlich gegliedert, sondern zudem auch in klarer und gut verständlicher Sprache dargestellt, die durchaus pointiert und auch angemessen humorig ist.

Das achte Kapitel dieses Buches ist besonders hervorzuheben, da es sich gewissermaßen mit dem Feinschliff eines Podcasts beschäftigt. Die Autoren, die natürlich beide vom Fach sind und sowohl über große Erfahrung mit den Medien Radio und Podcast verfügen, stellen in diesem Kapitel dem Leser ihren Erfahrungsschatz sehr anschaulich zur Verfügung. Der Leser wird mit den Grundregeln der Moderation und der Arbeit mit seiner eigenen Stimme sowie den Voraussetzungen für das Finden eines eigenen individuellen Stils vertraut gemacht. In den beiden letzten Kapiteln des Buches wird noch auf die Zweckmäßigkeit von Homepages zur Unterstützung des eigenen Podcasts und die Verdienstmöglichkeiten eines Podcasters hingewiesen.

Alles in allem handelt es sich bei dem „Podcast-Buch“ um einen klar gegliederten Ratgeber für angehende Podcaster. Die Bebilderung ist abwechslungsreich und unterstützt das Leseverständnis an vielen Stellen ungemein. Das Buch vermag es, Lust auf mehr zu machen, und außerdem überfordert es den Leser zu keiner Zeit. Selbst mit nur minimalen Vorkenntnissen kann der Leser maximalen Nutzen aus dem Buch gewinnen.

http://www.franzis.de/

Uhl, Alois – Sterben der Päpste, Das

Zwei Jahrtausende Sterben und Tod der Päpste werden kommentiert, die vielfältigen Todesursachen, die anschließenden Rituale und Verwicklungen, kuriose und interessante Begleitumstände.

Im Mittelalter waren turbulente Zustände an der Tagesordnung. Gregor VII., einst gefeiertes Idol, wurde von einem Gegenpapst verdrängt und starb im Exil. Die Leiche von Innozenz III. erfuhr eine Plünderung durch Unbekannte, der abgedankte Coelestin V. erlebte seine letzten Stunden eingesperrt hinter Burgmauern. Das nächste Kapitel widmet sich den Leibärzten der Päpste, ihren mitunter ausgefallenen Heilmethoden und ihrer lebensrettenden Einsatzbereitschaft. Es wird informiert über die Präparierung des Leichnams, die Überführung nach St. Peter und die typischen Darstellungen der Epoche wie den Totentanz in Verbindung mit dem Papsttum.

»Das Sterben der Päpste in der Renaissance und Barockzeitalter« berichtet von Mordanschlägen auf Alxeander VI. und Leo X. in den bewegten Zeiten der Borgia und Medici. Das nächste Kapitel widmet sich im Gegensatz dazu den Päpsten, die nach langer Krankheit und im hohen Alter dahinschieden. Es folgt eine Übersicht über diverse letzte Stunden der Päpste, über ihre Sterbezimmer und letzten Worte sowie über die Totenzeremonien und bemerkenswerte Reaktionen der Römer auf ihren verstorbenen Papst.

Der dritte Teil befasst sich mit den Gräbern der Päpste und ihre Legenden. Es beginnt mit dem Petrusgrab über die Bestattungen in der Calixtus-Katakombe, in San Giovanni in Laterano bis hin zu einem makaberen Transport päpstlicher Gebeine in einem Koffer per Eisenbahn. Das nächste Kapitel informiert über Papstgräber außerhalb von Rom, so unter anderem auch über letzte Ruhestätten in Deutschland und schließt mit einer Übersicht über die verschiedenen Grabmale, ihre Ausstattung und ihre Botschaften.

»Das Sterben der Päpste vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart« konzentriert sich auf Leben und Ableben der umstrittenen Päpste Pius VI., Pius VII. und Pius IX., auf den Übergang ins 20. Jahrhundert mit Leo XIII., hin zum viel diskutierten Pontifikats Pius XII., der während des Zweiten Weltkrieges amtierte und über dessen Ableben unsägliche, intime Details an die Öffentlichkeit traten. Mit Johannes XXIII. erlebte die Welt einen engagierten Sympathieträger als Papst, dessen Tod internationale Bestürzung hervorrief.

Das letzte Kapitel befasst sich mit Johannes Paul I. und Johannes Paul II. Der frühe und unerwartete Tod des 33-Tage-Papstes Johannes Paul I. sorgt bis heute für Debatten über einen möglichen Mordanschlag, auch wenn dies mittlerweile zurückgewiesen wird. Im Gegensatz dazu steht das zweitlängste Pontifikat in der Geschichte, das Johannes Paul II. ausübte, der Medienpapst, der trotz Attentat und einer Vielzahl von Krankheiten lange Zeit dem Tode trotzte, bis er am 2. April 2005 verstarb – ein von der Öffentlichkeit verfolgtes Sterben mit enormer Anteilnahme. Den Abschluss bilden zwei Kapitel über die Heiligsprechung der Päpste und den Bezug zum Jüngsten Gericht.

Bücher über Leben und Wirken der Päpste gibt es wie Sand am Meer – umso attraktiver ist da ein Werk, das den Fokus auf ihre letzten Stunden und die Zeit unmittelbar nach ihrem Tod legt. Der Autor Alois Uhl hat eine interessante Übersicht markanter Ereignisse zusammengestellt, die natürlich niemals vollständig sein kann, aber eine ausgewogene Mischung aus spektakulären Todesfällen und herkömmlichem Ableben darstellt.

|Bunte und informative Mischung|

Dabei arbeitet er sich chronologisch vor, vom frühen Mittelalter über das Renaissancezeitalter bis in die Gegenwart. Der Leser erfährt von Papstmördern und Schändungen nach dem Tod, von Konflikten mit Gegenpäpsten und einsamem Sterben in Gefängnissen. Auch wenn, gerade angesichts des Todes von Johannes Paul II., der dieses Thema wieder aktualisierte, inzwischen viele Details bekannt sind, ist es immer wieder interessant, über die zahlreichen Rituale und ihren Wandel im Verlauf der Zeit zu lesen.

So etwa die bis 1978 gültige Aufgabe des Camerlengos, des Kardinalkämmerers, der dreimal dem Verstorbenen mit einem Hämmerchen an die Stirn klopfte und ihn ansprach, um den Tod zu bestätigen, die Schriften des Zeremonienmeisters, die den Ablauf der Totenliturgie festlegen. Dabei kommen auch allerlei kuriose Vorfälle zur Sprache: Nach einer Tradition wurden nach dem Tod von Sixtus IV. seine persönlichen Gegenstände aus dem Sterbezimmer geräumt, mit der Folge, dass dem Zeremonienmeister kein Hemd zum Wechseln zur Verfügung stand, nicht einmal Tücher, um den gewaschenen Leichnam abzutrocknen. Noch härter traf es Alexander VI., gegen den der Zeremonienmeister einen persönlichen Groll hegte und der erst bestattet wurde, nachdem sein Körper bereits deutliche Verwesungsanzeichen aufwies.

|Respektvoll, aber nicht unkritisch|

Sehr angenehm liest sich der Tonfall, in dem das Werk verfasst ist. Der Autor befasst sich in respektvoller Weise, aber nicht unkritisch mit den Themen Kirche und Papsttum. Im Zentrum steht die Aussage, dass auch der Papst, »Seine Heiligkeit«, im Augenblick des Todes ein gewöhnlicher Mensch ist. So wie sich die Päpste menschliche Verfehlungen leisten, so bleiben sie auch nicht von menschlichen Leiden verschont. Sie erlebten schmerzhafte und einsame Tode, langwierige Krankheiten, lebensverlängernde Operationen, mühsame Genesungen, heimtückische Anschläge. Aufgeräumt wird mit dem Vorurteil des frommen und friedlichen Einschlafens, das längst kein Standard in der Geschichte des Paptstumes ist.

Und selbst wenn kein spektakulärer Tod hinter dem Ableben steht, kann der falsche Umgang des Vatikans damit zu großen Turbulenzen führen, etwa im berühmten Fall des »lächelnden Papstes« Johannes Paul I., der zwar ohne Leid und Schmerzen im Schlaf verstarb, über dessen mögliche Ermordung jedoch noch heute wild spekuliert wird – auch weil der Vatikan die Umstände, etwa die scheinbar skandalöse Auffindung durch eine Nonne, vertuschte, was den Gerüchten nur noch mehr Auftrieb verschaffte.

Obgleich der Autor Theologe ist, richtet sich das Werk in Inhalt und Tenor keinesfalls speziell an Christen und Kirchenanhänger. Sachkundig, neutral und mit einem Sinn für das Amüsante und Lächerliche wird hier mit Mythen aufgeräumt und ein Blick hinter die sonst so verschlossenen Kulissen des Vatikans geworfen. Keine Anbiederung schmälert diese Informationen, dafür aber wird der Leser mit allerlei interessanten und aufschlussreichen Details versorgt, die das Werk zu einem Sachbuch machen, das man gerne immer wieder aus dem Regal nimmt.

|Nur winzige Mängel|

Ein paar Bilder mehr hätten es ruhig sein dürfen, vor allem um den Anblick der lebenden Päpste nochmals ins Gedächtnis zurufen. Noch bedauerlicher allerdings ist das Fehlen eines Registers am Ende. Zwar verfügt das Werk über eine chronologische Struktur, doch da man bei der Vielzahl der Päpste eine spezielle Auswahl treffen musste, wäre ein Namensregister sehr angebracht gewesen. Entsprechendes gilt für ein Stichwortregister, etwa um Schlagwörter wie »Camerlengo« und andere Begriffe auf Anhieb zu finden.

_Als Fazit_ bleibt ein interessantes Sachbuch über die vielfältigen letzten Stunden der Päpste und die unmittelbare Zeit nach ihrem Tod, das mit Mythen abschließt und einen durchaus kritischen Blick hinter die Kulissen des Vatikans wirft. Den Leser erwartet eine informative Mischung aus kuriosen und alltäglichen Details aus zwei Jahrtausenden Geschichte des Papstums.

_Der Autor_ Alois Uhl, Jahrgang 1936, studierte Theologie, Philosophie und Pädagogik. Von ihm erschienen bereits die Sachbücher »Papstkinder« sowie »Die Päpste und die Frauen«.

http://www.patmos.de

Millar, Mark (Autor) / Land, Greg (Zeichner) – ultimativen Fantastischen Vier, Die – Band 1: Präsident Thor

_Story_

Ben Grimm fühlt sich in Gestalt des Dings seit langer Zeit nicht mehr wohl. Während die übrigen Superhelden auch als Menschen anerkannt werden, fristet er in der Gestalt des versteinerten Mutanten eine beständige Einsamkeit, für die sich Reed Richards verantwortlich fühlt, dem einst ein großer Fehler unterlief, der zum Teleportationsunfall mit diesem Ausmaß führte. Mithilfe von Zeitsprüngen versucht Richards nun, die Geschichte wieder in den Fluss zu bringen und den Unfall ungeschehen zu machen.

Ein Jahr später scheint dies auch gelungen; die ganze Menschheit ist dank der Pillen, die das außerirdische Volk der Skrulls als Präsent mit zur Erde gebracht hat, zu Superhelden geworden. Lediglich Ben hat auf dieses Geschenk verzichtet und erfreut sich seiner wiedererlangten menschlichen Natürlichkeit. Doch die Skrulls verfolgen finstere Pläne, so dass es an Grimm liegt, die Menschheit als letzter Überlebender vom Aussterben ihrer Art zu retten. Erneut reist er in die Vergangenheit, in der er wiederum das Ding ist. Reed ist verzweifelt; seine Versuche scheinen zum Scheitern verurteilt, und nun ist auch noch Johnny infiziert und droht, in einer Woche zu sterben …

_Meine Meinung_

Fans der „Fantastischen Vier“ sind in den vergangenen Monaten und Jahren gleich vor mehrere härtere Proben gestellt worden. Ständig wurde die Serie auf dem deutschen Markt unterbrochen, wieder neu gestartet und dann sogar das Ende verkündet. Allen Befürchtungen zum Trotz erscheint nun aber doch wieder ein neuer Band mit den vier mutierten Superhelden, dieses Mal jedoch als 96-seitiges Paperback mit den amerikanischen Heftnummern 27-30 von „Die ultimativen Fantastischen Vier“.

Dieses Verwirrspiel macht es für den Leser folglich auch nicht gerade leicht, auf Anhieb den Durchblick zu bekommen. Man darf zwar voraussetzen, dass der Großteil der Leserschaft bereits mit der Hintergrundstory um besagten Unfall vertraut ist, aber man darf auch nicht außer Acht lassen, dass es sich bei dieser Juni-Ausgabe um eine neue Nr. 1 handelt und potenzielle Neueinsteiger sicher auch gerne einiges über die Vorgeschichte erfahren würde, bevor sie in die Story einsteigen. Und diesbezüglich liefert man weder im Vorwort noch in der seltsamen Nachrede, die dieses Mal aus einem Frage/Antwort-Spiel der Leserbrief-Redaktion stammt, wirkliche Aufklärungsarbeit. Keine gute Lösung!

Inhaltlich ist die Geschichte jedoch auch auf eher bescheidenem Niveau angesiedelt und teilweise auch viel zu verwirrend konstruiert. Es wird zwar in groben Zügen klar, dass Reed sich Bens Schicksal angenommen hat und mit aller Macht versucht, die Folgen des Unfalls rückgängig zu machen, doch entwickeln sich die Zeitreisen der Fantastischen Vier zu einigen losgelösten Strängen, bei denen man irgendwann nicht mehr weiß, in welcher Zeit, wo und vor welchem Hintergrund man sich befindet. Zwar ist der Action-Anteil recht hoch und treibt auch das Erzähltempo permanent an, täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die eigentliche Story eher oberflächlich und berechenbar ist.

Spätestens mit dem erneuten Auftauchen des echten Ben Grimms in der ’neuen Welt‘ wird dem Leser allzu deutlich, dass der versteinerte Mutant im Kampf gegen die Skrulls die einzige nützliche Waffe sein kann, deswegen aber auch die erwünschte Rehabilitation nicht erfahren wird. Das Drumherum untermalt dieses Drama zwar ganz ordentlich, aber da die Spannung sich hier auf verhältnismäßig niedrigem Niveau festsetzt und die farbenfrohe Umsetzung sich nur auf das äußere Erscheinungsbild, nicht aber auf den flachen Inhalt bezieht, kommt hier selten die erhoffte Atmosphäre eines typischen „Die Ultimativen Fantastischen Vier“-Comics auf und bringt die vermeintlichen Superhelden nicht in die Rolle, die ihnen eigentlich gebührt. Und das ist insbesondere in einer Geschichte, deren Protagonisten zu den gefeierten Action-Helden des |Marvel|-Universums zählen, schon verheerend.

Die künstlich inszenierten emotionalen Momente verfehlen ihre Wirkung schließlich auch. Das Ding in der Opferrolle bzw. als stetig heulendes, von Suizid-Gedanken geplagtes Geschöpf wirkt kaum authentisch, wenn man an die Einsätze in früheren Storys denkt. Doch all diese Eindrücke harmonieren letztendlich mit dem Schlussgedanken, dass diese hier illustrierte Mini-Serie inhaltlich weit hinter den Erwartungen zurückbleibt. Zu undurchsichtig die als bekannt vorausgesetzten Hintergründe, zu platt die eigentliche Story: „Präsident Thor“, der Schlusspunkt der Ära Millar/Land, ist ein alles andere als überzeugender Einstieg in die neue Serie.

http://www.paninicomics.de

Fröhlich, Susanne – Moppel-Ich

Die Deutschen werden dicker und dicker. Laut einer aktuellen Studie soll inzwischen bereits jeder zweite an Übergewicht leiden – was könnte da also passender sein als ein Diät-Buch? Doch Susanne Fröhlichs „Moppel-Ich“ ist kein typisches Diät-Buch, hier gibt es keine Rezepte zu lesen und auch keine Diät vorgesetzt, nein, hier geht es um das Zwiegespräch mit dem Moppel-Ich, das Susanne Fröhlich während ihrer eigenen (offensichtlich vergangenen) Diät oftmals gehalten hat. Das Moppel-Ich – wer kennt es nicht? – das ist der innere Schweinehund, der einem nach der halben Pizza „gut“ zuredet, dass es nun ja nicht mehr drauf ankomme und man ruhig auch noch die andere Hälfte und das Dessert essen dürfe. Eine Diät könne man immerhin auch morgen anfangen, der heutige Tag sei schließlich mit der ersten Hälfte Pizza bereits ruiniert. Tja, und naiv wie man nun mal ist, möchte man nur allzu gern auf dieses besagte Moppel-Ich hören, das einen immer wieder an einer erfolgreichen Diät hindert.

Wie Susanne Fröhlich richtig erkannt hat – ich kann das aus eigenen leidvollen Erfahrungen bestätigen – ist es tatsächlich das Moppel-Ich, an dem die anvisierte Kleidergröße zwangsläufig scheitern muss. Doch damit soll nun Schluss sein, Fröhlich will den Kampf gegen das eigene Moppel-Ich aufnehmen und schildert in ihrem Diät-Tagebuch von ihren eigenen Abnehmversuchen, die schlussendlich zum Verlust von rund 25 kg geführt haben. Ganz nebenbei erzählt Fröhlich von ihren eigenen unangenehmen Erfahrungen mit dem (Über-)Gewicht, wenn beispielsweise die anprobierte Hose in der Umkleidekabine partout nicht über den Po gehen will und schlussendlich einige Nähte den Anziehversuchen nachgeben müssen oder wenn zickige Schlanke mit ihren spitzen Fragen das Selbstbewusstsein der abnehmenden Dicken erschüttern möchten. Doch Fröhlich will sich von all dem nicht verunsichern oder gar demotivieren lassen, denn sie hat längst erkannt, dass Schlanke ihr den Abnehmerfolg bloß nicht gönnen, weil sie dann zur schlanken Konkurrenz werden könnte. Denn jeder dicke Mensch hat seinen besonderen Status in der Gesellschaft, im Freundeskreis ist es derjenige der dicken und gutmütigen Freundin, die im Bikini garantiert schlechter aussehen wird als man selbst, und auch in der Öffentlichkeit ist es die Rolle der Dicken, gegen die jede andere Frau dann umso schlanker aussehen kann.

In zahlreichen Episoden schildert Susanne Fröhlich uns ihre erfolgreiche Diät, aber sie lässt auch nicht die Rückschläge aus, wenn dann doch die kulinarischen Verlockungen und das Moppel-Ich stärker sind. Aber sie macht Hoffnung darauf, dass ein Rückschlag noch lange nicht das Ende einer Diät sein muss, solange man sich davon nicht so weit deprimieren lässt, dass man instantan die begonnene Diät wieder abbricht. Auch die Analyse des Diät-begleitenden Partners findet Eingang in dieses Buch oder aber die kritische Auseinandersetzung mit heutigen Konfektionsgrößen, die bei gleichem Stoffumfang einen immer erniedrigenderen Namen tragen, denn schon mit Kleidergröße 38 wird man nur schwerlich in die Größe XL in manch einem Geschäft passen, wenn man Fröhlich glauben mag. So ist „Moppel-Ich“ schließlich ein Diät-Potpourri, das viele Seiten (gute wie schlechte) einer Diät aufzeigt und den Leser an die Hand nehmen und dazu motivieren mag, auch sein eigenes Leben und seine Ernährung umzustellen. Erst ganz am Ende berichtet Fröhlich von der Diät, die sie selbst eingeschlagen hat, und beruft sich dabei größtenteils auf die Glyx-Diät. Andere Diät bekommen dagegen im wahrsten Sinne des Wortes ihr Fett weg.

So viel zum Inhalt, an dem man schon erkennen kann, dass sich das vorliegende Buch nur schwer einem Genre zuordnen lässt. Denn es handelt sich dabei weder um einen Roman noch um ein Sachbuch, es gibt keine Romanhandlung, keine fiktiven Figuren, durch deren Leben wir geführt werden, und um sich Sachbuch nennen zu können, fehlen mir persönlich ehrlich gesagt die wissenschaftlich fundierten Fakten. Auf mich macht „Moppel-Ich“ eher den Eindruck eines etwas erweiterten Tagebuchs, das Susanne Fröhlich inzwischen erfolgreich zu viel Geld gemacht hat.

Doch wer soll eigentlich die Zielgruppe für dieses Buch sein? Offensichtlich gehöre ich dazu, denn ich habe den Fehler gemacht, mir das Buch zu kaufen – zugegebenermaßen allerdings unter falschen Voraussetzungen, denn eigentlich hatte ich mir einen lustigen Roman inklusive Romanhandlung darunter vorgestellt. Damit lag ich allerdings weit daneben. Zu „Moppel-Ich“ werden wahrscheinlich all die diätgeplagten Frauen greifen, denen die Hosen vor dem Sommer wieder einmal arg kneifen und bei denen die Bikini-Figur in weiter Ferne liegt. Allerdings wird genau diese Zielgruppe nicht bedient. Denn was hat Frau Fröhlich uns eigentlich zu sagen? Im Grunde genommen nämlich nicht viel und vor allem nichts Neues. Denn dass Sport zu einer Diät dazugehört und dass Frauen größtenteils abnehmen, weil sie in schönere Klamotten passen wollen (die es eben nicht bei Ulla Popken zu kaufen gibt), das ist nun wirklich ein alter Hut. Warum sollte ich also „Moppel-Ich“ lesen? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Das vorliegende Buch ist weder lustig noch informativ, sodass ich alle diätwilligen Frauen, die ein weiteres Diätbuch lesen wollen, nur vor einem Kauf warnen kann; da sollte man lieber bei Helen Fieldings „Bridget Jones“ bleiben – das ist zwar auch kein wirkliches Diätbuch, aber zumindest eins mit einer sympathischen moppeligen Hauptfigur, die die eigenen Sorgen teilt.

Frau Fröhlich möchte hier wohl ihre eigenen Erfahrungen und einige Episoden aus ihrem bewegten Leben mitteilen. Doch leider versucht sie dies mit ziemlich erzwungenem Humor, der einem beim Lesen das Lächeln im Gesicht gefrieren lässt. Ehrlich gesagt glaube ich, dass selbst Hera Lind humorvoller schreiben kann als Susanne Fröhlich. Fröhlichs Episoden verdienen meistens eher den Stempel „peinlich“ als „lustig“, denn was nutzt mir eine 24-seitige Abhandlung über familiäre Diätbremsen, die mir erklärt, dass Kinder, Ehemann und Mutter dick machen, weil sie jede Diät boykottieren? Immerhin kann man seine Familie schlecht abgeben, wenn man denn eine Diät plant; hinterher mag man dann zwar ein paar Kilo verloren haben, aber auch seine Familie und wahrscheinlich gar die Freunde, wenn man mit der Einstellung an eine Diät herangeht, dass alle von außen die Abnehmversuche ohnehin nicht unterstützen werden.

Unter dem Strich bleibt nur noch einmal festzuhalten, dass man vom „Moppel-Ich“ lieber die Finger lassen sollte. Wer ein gutes Diätbuch sucht, sollte sich direkt ein Buch über die Glyx-Diät kaufen, die im übrigen zum Teil sehr informativ sind, und wer einen lustigen Roman sucht, der findet unzählige bessere und unterhaltsamere Bücher. So war das „Moppel-Ich“ meine erste und mit Sicherheit auch letzte „literarische“ Bekanntschaft, die ich mit Susanne Fröhlich geschlossen habe …

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Festa, Frank (Hrsg.) – Pflanzen des Dr. Cinderella, Die

25 Erzählungen der Schauerliteratur aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert geben sich in diesem Sammelband ein unheimliches Stelldichein.

»Das Haus in der Rue M. le Prince« erzählt von einem Spukhaus in Paris, in dem der Ich-Erzähler mit seinem Freund, dem Erben, und zwei weiteren Bekannten eine unheimliche Nacht verbringt. Anfangs sind die Besucher noch guter Dinge, doch schon bald zeigen sich Anzeichen dafür, dass das verfluchte Haus seinen Ruf nicht zu Unrecht trägt … Die erste von insgesamt fünf hier versammelten Reisegeschichten von _Ralph Adams Cram_, die alle aus der Sicht des gleichen Erzählers stammen, stellt einen gelungenen Einstieg in die Anthologie dar. Trotz des altbekannten Plots wird eine dichte unheilvolle Atmosphäre kreiert und zwischen den Zeilen offenbart sich ein leiser Humor, der für gute Unterhaltung sorgt.

In »Das Ding auf dem Dach« erhält der Ich-Erzähler Besuch von seinem alten Bekannten und Forscherkollegen Tussmann. Tussmann braucht seine Hilfe bei der Beschaffung eines Buches, das sich mit geheimnisvollen Kulten und Mysterien befasst. In einem Dschungeltempel soll sich ein sagenhafter Schatz verbergen und der Schlüssel dazu liegt in einem Juwel. Tussmanns Suche hat zwar Erfolg, bringt aber auch fatale Konsequenzen mit sich … Der „Conan“-Autor _Robert E. Howard_ legt hier eine solide Geschichte vor, die mit dunklen Kulten und geheimnisvollen Flüchen spielt. Die Vorhersehbarkeit nimmt der Handlung die Spannung, für Freunde des Themas ist es dennoch eine unterhaltsame Kurz-Erzählung.

»Die Pflanzen des Dr. Cinderella« erzählt von einem Ägyptologen, der einst im Wüstensand eine geheimnisvolle Statue ausgrub, die eine Hieroglyphe nachbildet. Seitdem verspürt er zunehmend Wahnvorstellungen, die ihn in einer planlosen Nacht in ein fremdes Haus treiben … _Gustav Meyrink_ gehört zu den bekanntesten Namen des Bandes, allerdings kann seine Geschichte nicht durchweg überzeugen. Das Zusammenfließen von Wahn und Wirklichkeit ist gut dargestellt, bleibt aber nicht länger im Gedächtnis haften, zumal der Gruselfaktor intensiver hätte sein können.

»Die Kirche von Zinsblech« ist der Ort, an dem sich ein verirrter Wanderer einen Schlafplatz sucht. Er erwacht, als eine merkwürdige Prozession durch den Gang zum Altar zieht, die ihn nicht wahrzunehmen scheint … Auch in dieser Erzählung klingt die antireligiöse Haltung an, die viele Werke von _Oskar Panizza_ durchzieht. Verwirrend-absurde Erlebnisse vermischen sich mit einer schauerlichen Atmosphäre und hinterlassen beim Leser den zwiespaltigen Eindruck einer interessanten, aber gleichzeitig befremdlichen Geschichte.

»Der australische Gast« handelt vom heimgekehrten Mister Rumbold, der nach London zurückkehrt, um dort seinen erworbenen Reichtum zu genießen. Doch ein seltsamer Mann folgt ihm bis in sein Hotel … Zum ersten Mal ist diese wunderbare Erzählung von _Leslie Poles Hartley_ auf Deutsch erschienen, die mit ihrer klaren, flüssigen Sprache, der sich bedrohlich-zuspitzenden Atmosphäre und dem gekonnten Schluss einen weiteren Höhepunkt in der Sammlung bildet.

»Gefangen auf Schloss Kropfsberg« erzählt die schauerliche Legende des bösartigen Grafen Albert, der einst alle Gäste durch ein Feuer auf seinem Schloss umkommen ließ und sich anschließend das Leben nahm. Zwei ungläubige Geisterforscher verbringen eine Nacht in der Ruine, in der es spuken soll … Im Gegensatz zum ersten geisterhaften Reisebericht von _Ralph Adams Cram_ ist der Ich-Erzähler – samt seinem Freund Tom Rendel – nur Teil der Rahmenhandlung, die sich etwas zu ausschweifend an den Anfang setzt. Danach jedoch überzeugt die Geschichte auf ganzer Linie, entwirft ein bedrückend-unheimliches Szenario, das nicht nur die Protagonisten, sondern auch den Leser beeindruckt.

»William Wilson« nennt sich der Ich-Erzähler, der zu Schulzeiten einen Mitschüler gleichen Namens hatte, der ihm sowohl äußerlich als auch charakterlich stark ähnelte und mit dem er von Beginn an rivalisierte. Auch nach Verlassen der Schule fühlt er sich, wohin er auch geht, von ihm verfolgt … Mit dieser stark autobiographisch gefärbten Geschichte von _Edgar Allan Poe_, die sich um das Doppelgänger-Motiv dreht, liegt die wohl bekannteste Erzählung des Bandes vor. Schein und Sein fließen stark ineinander, vor allem im symbolträchigen Schluss. Die Erwartungen, die an Poes Werke geknüpft sind, werden souverän erfüllt.

»Die weiße Villa« bietet dem Protagonisten und seinem Freund Tom Zuflucht für die Nacht, als sie auf einer Italienreise den Rückzug verpassen. Grauenvolle Dinge spielten sich hier vor vielen Jahren ab, welche die Gemäuer auch heute noch nicht verlassen haben … Das italienische Flair wird von _Ralph Adams Cram_ gut eingefangen, der Rest der Geschichte jedoch ist ausgesprochen konventionell und belanglos im Vergleich zu den meisten anderen Erzählungen.

»Der Flötenbläser« ist ein arabischer Mann, der dem jungen Ehepaar Ariadne und Erich auf deren Hochzeitsreise nach Ägypten auf dem Schiff begegnet. Sein trauriges Flötenspiel verwirrt Ariadnes Sinne. An Land trifft sie ihn bald darauf wieder … _Leonhard Stein_, von dessen Biographie man kaum mehr als seinen Namen kennt, hinterlässt eine Reisegeschichte mit Wüstenflair, die mit irrationalen Gefühlen und Suggestion spielt. Der detailverliebte Stil allerdings ist angesichts der recht dünnen Handlung zu überladen.

»Im Haus des Richters« erzählt vom angehenden Examenskandidaten Malcom Malcomson, der sich zum Lernen in eine kleine Stadt zurückzieht. Er quartiert sich im Haus eines verstorbenen Richters ein, in dem es nicht geheuer ist … Diese Geschichte beweist, dass _Bram Stoker_ zu Unrecht immer nur als „Dracula“-Autor gerühmt wird. In erfrischend klarer Sprache bietet sich eine wohlig-gruselige Geistergeschichte dar, die zwar konventionell ist, aber gut unterhält.

»Lemuren« setzt sich zusammen aus den hinterlassenen Tagebucheinträgen des ehemaligen Irrenstaltsinsassen Dr. Wijkander, der sich nach seiner Entlassung in die Wildnis zurückgezogen hat. Je weiter man liest, desto stärker wandeln sich die Einträge in die Worte eines Verfolgten – oder eines Wahnsinnigen … Diese Geschichte von _Willy Seidel_, dem Bruder der bekannten Schriftstellerin Ina Seidel, stellt zwar glaubwürdig die seelische Verfassung des Schreibers dar, gehört aber aufgrund des hektischen, stakkatohaften Stils und des eher unoriginellen Themas zu den schwächeren Texten des Bandes.

»Notre Dame des Eaux« heißt die uralte Kirche, die sich über den Meeresklippen erhebt, in deren Nähe die Familie de Bergerac eine Sommerresidenz einrichtet. Tochter Heloise schläft eines Abends beim Besuch in der Kirche ein und wird Zeugin einer fatalen Begegnung … In schwerfällig-blumiger Sprache wird eine Gruselgeschichte von _Ralph Adams Cram_ dargeboten, die zwar keinen großen Eindruck hinterlässt, aber solide unterhält.

»Wenn man des Nachts sein Spiegelbild anspricht« berichtet von der unglücklichen Liebe zwischen dem Ich-Erzähler und Yseult. Nach einem glücklichen gemeinsamen Sommer kehrt jeder in seine Stadt zurück. Ein Jahr darauf erhält er eine Einladung von ihr zu einem Treffen auf einem Maskenfest. Yseult ist inzwischen verheiratet, aber einmal noch wollen sie eine Nacht zusammen verleben. Dabei spielt der große Spiegel im Vorzimmer eine unheilvolle Rolle … _Max Brod_ ist nicht nur als Autor, sondern auch als enger Freund von Franz Kafka bekannt. Inhaltlich zwar interessant, hinterlässt der allzu überladene Stil aber einen negativen Beigeschmack, ebenso wie die moralisierende Pointe. Der Phantastikcharakter ist zwar gegeben, doch der Grusel- oder gar Horrorfaktor hält sich, im Gegensatz zu anderen Geschichten, stark zurück.

»Das tote Tal« durchqueren zwei Jungs bei Nacht, nachdem sie bei ihrem Ausflug die Zeit vergessen haben. Von Angstzuständen wie gelähmt, machen sie eine grauenvolle Erfahrung … Die Handlung wird von _Ralph Adams Cram_ unspektakulär in Szene gesetzt, besticht aber durch eine intensive Darstellung, die zu Recht von Großmeister Lovecraft gelobt wurde, auch wenn der Beginn sich ein wenig zu lang zieht.

In »Eine eigenartige Abendgesellschaft« gerät der Freund des Erzählers in einer verträumten Frühlingsnacht. Die Dame des Hauses lädt ihn in ihre pompöse Villa ein, in der gerade ein prunkvolles Fest gefeiert wird. Unsicher, aber doch neugierig, lässt er sich darauf ein und genießt die schmeichelnde Aufmerksamkeit. Doch trotz des eleganten Ambientes und der vornehmen Gäste liegt eine seltsame Stimmung in der Luft … Der Ukrainer _Orest M. Somow_, als Vorläufer des großen Nikolaj Gogol gepriesen, legt eine sehr atmosphärische Geschichte vor, die den Leser bis zum Schluss gebannt in Atem hält. Zu bedauern ist nur, dass die ersten Sätze schon einiges vom Ende vorwegnehmen. Wünschenswert wäre gewesen, den Ausgang zunächst völlig offen zu lassen.

Der Instrumentenmacher »Tobias Guarnerius« ist von der fixen Idee besessen, eine Stradivari nachzubauen. Um seinen Erfolg zu krönen, will er die Seele eines Menschen einfangen … Obwohl _Ignaz Franz Castelli_ kein Spezialist für Schauerliteratur war, entwickelt er hier auf der Basis einer Volkssage eine interessante Künstlergeschichte mit phantastischen Elementen, deren geschwollener und umständlicher Stil allerdings einiges an Konzentration vom Leser verlangt.

»Das gespenstische Gasthaus« erzählt von einer düsteren und gefährlichen Fahrt über die Kuhrische Nehrung nach Russland. Vor vielen Jahren nahm dort ein Gasthaus Reisende auf, bis ein Mord und einige unheimliche Begebenheiten Einzug hielten … Die Erzählkunst von _Alexander von Ungern-Sternberg_ ist unbestritten, leider schmälern die dominante Rahmenhandlung, die immer wieder die Handlung unterbricht, und der zu ausführliche Anfangsteil den Gesamteindruck. Amüsant dagegen ist der Abschluss, der trotz der gruseligen Stimmung einen Schuss Humor einfließen lässt.

»Das zweite Gesicht« ist eine Erzählung über morbide Visionen, die einen Baron beim Besuch eines alten Freundes befallen. Von der Schwermut befallen, sucht er beim Abbe Maucombe Ablenkung. Trotz des freundlichen Empfangs und der gemütlichen Ländlichkeit wird er von düsteren Halluzinationen ergriffen … Diese Geschichte stammt aus der Feder des verarmten Adligen _Jean-Marie Villiers de l’Isle-Adam_. Wie auch beim Rest seines Werks, dominiert hier die melancholische Stimmung, die sich vom Protagonisten auf den Leser überträgt. Trotzdem hinterlässt das Ende eher Nachdenklichkeit als Traurigkeit. Eine überzeugende Erzählung, die im Gedächtnis haften bleibt.

Von »Eine(r) Erscheinung« geisterhaften Ursprungs erzählt in gesellschaftlicher Runde der Marquis de la Tour-Samuel. Als junger Mann begegnet er einem Jugendfreund, der unter dem frühen Tod seiner Ehefrau leidet. Da er es nicht über sich bringt, das gemeinsame Schloss noch einmal zu betreten, bittet er seinen Freund, diesen Gang zu übernehmen und einige Papiere zu besorgen. Noch ahnt der Marquis nichts von seiner unheimlichen Begegnung auf dem Schloss … An seine Meisterwerke wie [»Der Horla« 584 oder »Wer weiß« kann diese Erzählung von _Guy de Maupassant_ nicht heranreichen. Der Anfang ist zu geschwätzig gestaltet, das Ende weiß nicht zu überraschen. Es bleibt eine durchschnittliche Geschichte, wenn man die besseren Texte des Autors im Hinterkopf hat.

»Severins Gang in die Finsternis« zeigt das trostlose Leben eines jungen Mannes, der seine Tage im Büro und seine Abende in den dunklen Gassen Prags verbringt. Neuen Auftrieb erhält er durch die Bekanntschaft mit dem Antiquar Lazarus Kain. Durch ihn begegnet er auch Susanna und Karla, die geheime Wünsche in ihm wecken, und nicht zuletzt dem mysteriösen Nikolaus … Dieser wiederentdeckte Kurzroman des zu Unrecht wenig beachteten Autors _Paul Leppin_ thematisiert Zerrissenheit und seelische Abgründe vor dem Hintergrund der Prager Bohème.

»Das Geheimnis in der Gerrard Street« ist die Geschichte des Kaufmanns Wiliam Furlong, der bei seinem geliebten Onkel Richard in Toronto aufwächst. Vor der Hochzeit mit seiner Cousine Alice geht er für ein paar Jahre nach Australien, um dort zu Geld zu kommen. Auf der Rückreise erhält er in Boston überraschend einen Brief seines Onkels der viele Fragen aufwirft … Mit dieser klassischen Geistergeschichte setzt _John Charles Dent_ einen weiteren Höhepunkt in die Sammlung. Sehr behutsam steigert sich die Spannung zu einer rundum überzeugenden Erzählung.

»Die verruchte Stimme« gehört dem berühmten Sänger Balthasar Cesari, genannt Zaffirino, der mit ihrer Hilfe zu töten wusste … _Vernon Lee_ ist das androgyne Pseudonym der vielseitig gebildeten Intellektuellen _Violet Paget_, die hier eine außergewöhnliche, aber auch anstregende Geschichte vorlegt, durchsetzt von inneren Monologen und sprunghaften Gedanken.

»Der Spuk auf der Jarvee« erzählt von einer Schiffreise, die der auf übersinnliche Begebenheiten spezialisierte Detektiv Carnacki unternommen hat. Sein Freund Captain Thompson ist überzeugt davon, dass es auf der Jarvee nicht mit rechten Dingen zugeht … _William Hope Hodgson_ gilt als Meister der unheimlichen Seegeschichten, und auch diese achte von insgesamt neun Erzählungen um die Hauptfigur Carnacki entfaltet eine intensive Atmosphäre, begleitet von wissenschaftlichem Einschlag.

»Die andere Seite« wird die gegenüberliegende Bachseite von den Dorfbewohnern argwöhnisch genannt. Der junge Gabriel begibt sich aus Neugierde hinüber und entdeckt eine Welt voller Abgründe und Geheimnisse … _Eric Count Stenbock_ stand zeitlebens im Schatten des großen Oscar Wilde. Seine morbide Geschichte steht ganz im Zeichen der Dekadenz-Epoche, ist mit seinen blumig-schwerfälligen Schilderungen aber auf sehr spezielle Geschmäcker zugeschnitten.

»Der Skelett-Tänzer« Mac Robert ist der Star der Varietés. Mit einem kunstvollen, leuchtendem Skelettanzug führt er vor dunklem Hintergrund einen unheimlichen Tanz auf, der ihn zu einer gefragten Berühmtheit macht. Eines Tages fordert ihn der undurchsichtige Herr Semert zu einer Partnerschaft auf, die den Ruhm beider noch vergrößert. Als Robert sich nach einer Weile von Semert trennt, ahnt er noch nichts von den katastrophalen Folgen … _Karl Hans Strobl_ setzt mit seiner Totentanz-Geschichte ein Glanzlicht an den Abschluss der Anthologie. Der Text besticht durch unheilvolle Andeutungen, einen unvorhersehbaren Verlauf und eine intensive Atmosphäre und gehört zweifelsfrei zu den Höhepunkten der Sammlung.

_Als Fazit_ bleibt eine äußerst lesenswerte Sammlung klassischer Horrorgeschichten aus dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert. Große Namen wie E. A. Poe und Guy de Maupassant wechseln sich mit viel zu früh vergessenen Literaten der Phantastik ab. Zwar sind auch einzelne schwächere Geschichten enthalten, doch es gibt keinen wirklich negativen Beitrag und der Großteil der Auswahl ist hervorragend gelungen. Die schöne Aufmachung und die jeweiligen Kurzinformationen zu den Autoren runden das positive Gesamtbild ab. Ein Muss für jeden Freund der unheimlichen Phantastik. Einziges Manko: Einige der Geschichten wurden bereits mehrfach in diversen Anthologien abgedruckt.

_Der Herausgeber_ Frank Festa wurde 1966 in Düsseldorf geboren. 1997 gründete er den Kleinverlag „Edition Metzengerstein“, 2001 schließlich den auf Horror und Dark Fantasy spezialisierten |Festa|-Verlag.

http://www.festa-verlag.de

Kirkman, Robert / Adlard, Charlie – Zuflucht, Die (The Walking Dead 3)

Band 1: [„Gute alte Zeit“ 2257
Band 2: [„Ein langer Weg“ 2677

_Story_

Rick und der Trupp der Überlebenden haben in einem Hochsicherheitstrakt eines verlassenen Gefängnisses vorzeitig einen sicheren Zwischenhort auf der Flucht vor den Zombies gefunden. Ein hoher Sicherheitszaun wird erstellt und das gesamte Gebäude eingezäunt, um weitere Angriffe der Untoten im Keim ersticken zu können. Doch während sich vor den Toren des Geländes eine immer größer werdende Schar Zombies versammelt, wächst innerhalb der Festung der Hunger der Verfolgten. Rick bricht mit seinem Motorrad zur Farm des einst verstoßenen Hershel auf, um ihn um Hilfe zu bitten.

Derweil erkunden seine Gefährten das Gebäude und stoßen in der Turnhalle auf eine böse Überraschung: Auch intern befinden sich diverse Untote, die erst einmal ordentlich ausgeräuchert werden müssen. Doch nicht nur das: Auch vier weitere Überlebende, allesamt vergessene Sträflinge, sitzen inmitten der Mauern und verfügen über ein reichhaltiges Kontingent an Vorräten. Doch Rick wird alsbald misstrauisch: Einer von ihnen ist wegen Mord an seiner Familie hinter Gitter gekommen und weckt, mit diesem Makel behaftet, nicht gerade das Vertrauen in der Truppe. Als dann schließlich noch Hershels Kinder auf mysteriöse Weise ums Leben kommen, wird die Gemeinschaft in regelrechte Panik versetzt.

_Meine Meinung_

Auch wenn man mit Zombie-Geschichten in erster Linie Action und blutige Szenarien in Verbindung bringt, tut Robert Kirkman im dritten Sammelband seiner Heftreihe „The Walking Dead“ gut daran, auch einmal näher auf die Emotionen der Beteiligten einzugehen. Brachen in der Vorgeschichte bereits öfter Hysterie und Chaos ob der unbegreiflichen Situation aus, scheinen die Protagonisten in der zeitweiligen Sicherheit des Gefängnistrakts nun zum ersten Mal ein wenig zur Ruhe zu finden. Dies birgt aber auch in sich, dass man Muße findet, sich intensiver mit dem Erlebten zu beschäftigen und all die Verzweiflung, die sich während der schier aussichtslosen Flucht aufgestaut hat, mit einem Mal herauszulassen.

Diese Darstellung ist dem Autor in „Die Zuflucht“ wirklich perfekt gelungen. Leute am Rande des Nervenzusammenbruchs befinden sich auf engstem Raum, stets in bleibender Angst vor der permanenten Bedrohung und der Befürchtung, dass der Tod in den nächsten Tagen bevorsteht. Und dennoch ist man mutig, hält sich aufrecht und kämpft mit den letzten verzweifelten Mitteln um Vernunft und Beherrschung. Doch mit wachsender Dauer gerät das Szenario dennoch aus den Fugen. Selbst die starken Bande zwischen Rick und Tyreese, der zwischenzeitlich sogar mal von Zombies umzingelt und zurückgelassen wird, wird des Öfteren auf eine harte Probe gestellt. Beide maßen sich zudem an, die Führungsrolle der Gemeinschaft zu übernehmen und andere mit ihrer eigenen Meinung zu überstimmen, was bei all den starken Charakteren eine weitere Schwierigkeit ist, die den Frust der Leute fördert und schließlich zu mehreren Eskalationen führt. Nicht zuletzt als die vier verborgenen Gefängnisinsassen entdeckt werden und allerorts verschärfte Diskussionen auslösen, scheint die Situation außer Kontrolle zu geraten. Statt den gemeinsamen Feind zu bekämpfen, gehen die Überlebenden sich selber an die Wäsche und verlieren, geprägt vom Außergewöhnlichen, für kurze Phasen den letzten verbleibenden Teil ihrer Vernunft.

Die vielfältigen Emotionen, die Robert Kirkman in einer solchen Extremsituation beschreibt, mögen zwar lediglich auf dem vollkommen fiktiven Inhalt fußen, erscheinen aber vor dem Hintergrund der sich breitmachenden Verzweiflung erstaunlich authentisch und machen „The Walking Dead“ erneut zu mehr als nur einer bloßen, typischen Zombie-Story. Bereits die Tatsache, dass die verhältnismäßig dürre Präsenz der Untoten sich kaum nachteilig auf die beklemmende Atmosphäre der Handlung niederschlägt, spricht dafür, dass Kirkman ein Künstler auf seinem Gebiet ist und es jederzeit versteht, Action, Zwischenmenschliches und auch den gewissen Anteil Splatter, den er hier eingeflochten hat, zu einem stimmigen Ganzen zusammenwachsen zu lassen. Die Story berührt und verführt zu Gedanken über das eigene Verhalten in einer (natürlich im übertragenen Sinne) vergleichbaren Extremsituation, bleibt dabei ohne Unterlass spannend und bringt die gesamte Serie auf eine noch anspruchsvollere Ebene, was – und das sei hier noch einmal explizit betont – für eine Handlung innerhalb eines solchen Settings mehr als ungewöhnlich ist. Gleichermaßen unterstreicht dies aber auch, wie speziell „The Walking Dead“ in wirklich jederlei Hinsicht ist.

Mit „Die Zuflucht“ erreichen der Plot und die Reihe an sich ihren vorläufigen Höhepunkt und bestätigen eindrucksvoll, dass es sich um die wohl beste illustrierte Geschichte ihrer Art handelt. Wer für das Genre schwärmt und sich noch immer nicht hat verführen lassen, sollte spätestens jetzt nicht zu sehr in den Nachholbedarf abrutschen. „The Walking Dead“ sollte man nämlich als Comic-Liebhaber dringend gelesen haben.

http://www.cross-cult.de/

Winegardner, Mark – Rache des Paten, Die

Im Jahre 1969 veröffentlichte der Autor Mario Puzo den Roman „Der Pate“ (The Godfather) und schaffte damit den Sprung auf die internationalen Bestsellerlisten.

„Der Pate“ erzählte die Geschichte der aus Sizilien stammenden Familie Corleone, die in New York das gesamte organisierte Verbrechen rund um das Glücksspiel steuert. Vito Corleone ist „Der Pate“, wie er von seinen Freunden und Feinden ehrfürchtig und voller Respekt genannt wird. Doch auch New York mit seiner Kriminalität verändert sein Gesicht. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erobert der Drogenhandel nicht nur die amerikanischen Staaten, und Don Vito Corleone ist nicht bereit, sich an dem für ihn schmutzigen Geschäft zu beteiligen.

Killer einer anderen Mafia-Familie verüben einen Mordanschlag auf den „Paten“, den dieser schwerverletzt überlebt. Seine drei Söhne – Sonny, Fredo und Michael, der jüngste – führen die familiären Geschäfte und Interessen weiter, aber Sonny, der älteste Sohn und Nachfolger, verliert die Nerven und rächt mit aller Gewalt den Mordanschlag auf seinen Vater. Es entbrennt ein Mafia-Krieg, der auf vielen Seiten seine Opfer fordern wird.

Schließlich wird auch Sonny das Ziel eines Mordanschlags und brutal an einer Mautstation hingerichtet. Michael Corleone übernimmt nun als Oberhaupt der Familie die Geschäfte und führt einen Rachefeldzug gegen seine Feinde, dabei verschont er auch nicht die eigene Familie …

Das Epos rund um die Geschichte der Familie Corleone wurde erfolgreich in drei Teilen verfilmt. Francis Ford Coppola und der Autor Mario Puzo schrieben gemeinsam an dem Drehbuch. Ein fast einmaliger Erfolg in diesem Genre. Selbst die realen Mafiosi fühlten sich geehrt und sagten aus, dass das Buch und der Film das wahre Lebensgefühl ihres Standes aussagen, also ein kleiner Werbespot für die Mafia in Amerika.

Verfilmt wurde die Saga mit vielen inzwischen bekannten Weltstars wie Robert De Niro, Marlon Brando, Al Pacino, Robert Duvall und anderen, ein Sprungbrett in die Welt des internationalen Films. „Der Pate“ Teil 1 wurde 1972 mit dem Oscar als bester Film prämiert und Marlon Brando sollte als bester Hauptdarsteller auch ausgezeichnet werden, Mario Puzo und Francis Ford Coppola erhielten den dritten Oscar für ihr Drehbuch. Aufgrund dieses Erfolges will man natürlich wissen, wie es weitergeht mit der Familie Corleone. Eigentlich sind sie ja wirklich nette Menschen, auch wenn sie hin und wieder einen Mord begehen … aber das ist für sie nur eine Notwendigkeit im geschäftlichen Sinne.

Der Autor Mark Winegardner wurde von der Erbgemeinschaft Mario Puzos persönlich ausgewählt, die Saga fortzuführen bzw. zu ergänzen. Er hat schon im Jahre 2005 mit „Der Pate kehrt zurück“ einen sehr großen Erfolg erzielen können. Mit dem neuesten Werk „Die Rache des Paten“ sollten noch einige andere offene Fragen, die sich dem Leser oder auch Zuschauer stellten, zufriedenstellend aufgelöst werden können.

_Die Geschichte_

New Orleans 1963. Michael Corleone, nach dem Tod seines Vaters Don Vito Corleone nun „Der Pate“ und Oberhaupt der Familie, konnte seinen Machtbereich ausbauen und die feindlichen Familien durch Mordanschläge quasi auslöschen. Michael versucht immer mehr, sich von seinen illegalen Aktivitäten zu distanzieren. Er versucht durch seine Kontakte in der Politik, seine Geschäften einen legitimierten Anschein zu verleihen. Aber die anderen Dons der großen Familien stehen dem sehr kritisch gegenüber und er wird offen angefeindet und bedrängt, die Geschäfte auf die alte und bewährte Weise zu führen.

Doch Michael geht seinen eigenen Weg, und durch seinen Einfluss macht er den jungen Jimmy Shea zum Präsidenten der Vereinigten Staaten. Entgegen seinem Willen gibt es dennoch Probleme, denn der Präsident ist alles andere als gewillt, mit dem organisierten Verbrechen zusammenzuarbeiten, zumal dieser noch Probleme mit dem südamerikanischen Nachbarn Kuba hat. Politik und Verbrechen geben sich die Hand und arbeiten zusammen, doch jede Partei hat ihre eigenen Gesetze und Motivationen. Der jüngere Bruder des Präsidenten bekämpft das organisierte Verbrechen in einem Kreuzzug und greift auch auf nicht legale Mittel zurück. Ziel ist es für ihn, den Paten von New Orleans, Carlo Tramonti, nach Kolumbien zu deportieren, was ihm zeitweise auch gelingt. Die so genannte Kommission der Cosa Nostra wird damit unter Druck gesetzt, und innerhalb dieser Gruppierung ist man sich uneinig darüber, wie man sich gegenüber den ehemaligen Wohltätern und Förderern in der Politik verhalten soll.

Auch Michael Corleone muss und wird Stellung beziehen müssen. Doch noch andere Probleme lassen den „Paten“ nicht zur Ruhe kommen. Ein ehemaliger Capo, Nick Geraci, ein Unterboß der Corleones, entpuppte sich als Verräter und wird nun gejagt und natürlich weiß dieser zu viele Interna über die illegalen und legalen Geschäfte der ehrenwerten Familie, auch dass die Corleones Killer für die Ausschaltung von Castro ausgebildet haben! Doch Nick Geraci ist nicht gewillt, sich zu verstecken, und verfolgt seine eigenen Rachepläne gegenüber seinem ehemaligen Paten. Er ist mit Sicherheit nicht zu unterschätzen.

Michael Corleone hat noch andere Probleme,; seine Frau und seine Kinder haben sich von ihm getrennt und er leidet sehr unter dem Verlust. In seinen Alpträumen wird er von seinem verstorbenen, älteren Bruder Fredo besucht, den Michael töten ließ, da er illoyal gegenüber seiner Familie gewesen war. Damit kämpft Michael an vielen Fronten und nicht zuletzt gegen sich selbst. Seine Geschäfte hinterlassen körperliche und seelische Spuren. Michael Corleone erkrankt an Diabetes und fühlt sich verlassen, auch wenn er versucht, seine langjährige Geliebte in sein Leben einzugliedern.

Die Situation eskaliert, als der Präsident der Vereinigten Staaten einem Attentat zum Opfer fällt. Wer ist dafür verantwortlich? Für welche Seite wird sich der Nachfolger des Präsidenten entscheiden und was bedeutet dann die veränderte politische Lage für die ehrenwerte Gesellschaft? Doch Michael verliert auch in dieser kritischen Lage nicht den Überblick und setzt seine Interessen wie gewohnt kalt und erbarmungslos durch …

_Kritik_

Mark Winegardner hat es mit seinem Roman „Die Rache des Paten“ hervorragend verstanden, offene Fragen abschließend zu klären. Die Saga rund um den Paten war stets ein Familienepos, in dem es primär um die Sorgen und Nöte der Mitglieder und Freunde der Corleones geht. Der Autor setzt die Hauptcharaktere, die man schon aus den beiden anderen Büchern sowie den drei Filmen kennt, hervorragend ein. Auch reine Randfiguren aus „Der Pate“ wie Woltz, der Regisseur, der dem Wunsch des Paten nicht Folge leisten wollte, oder Johnny Fontane findet man hier gut untergebracht in der Geschichte wieder.

Die Politik und das organisierte Verbrechen sind nicht die Hauptzutaten in diesem Roman. In „Die Rache des Paten“ spielt der „Consigliere“ Tom Hagen eine große Rolle, und einige Fragen, die nach den ersten beiden Teilen des Paten blieben, klärten sich auf. Die Rache der verschiedenen Persönlichkeiten bildet die eigentliche Handlung im Roman, aber diese verbindet die Nebenerzählungen außerordentlich gelungen.

Leider gerät die Entwicklung von Michael Corleone in der Handlung für meine Begriffe etwas zu kurz. Als gebrochener Familienvater und „Pate“ bleiben seine Sorgen und Nöte immer etwas im Hintergrund. Wenn er aber auftritt, und das in oftmals kurzen Passagen, dann als der gewohnt kalt agierende Charakter, der uns auch schon in den Filmen begegnete.

Es ist zu empfehlen, „Der Pate kehrt zurück“ zuerst zu lesen, denn die Vorgeschichte des Nick Geraci, ehemals ein Unterboss der Familie, würde dem Leser sonst zu undurchsichtig erscheinen. In den Filmen taucht dieser zwar als Statist auf, stellt aber keine in der Geschichte wichtige Person dar. In „Die Rache des Paten“ bildet er neben Tom Hagen den zweiten und größten Teil der Handlung heraus.

Mark Winegardner versteht sein literarisches Handwerk. Die geheimnisvolle Aura der Mafia beschreibt der Autor genau wie Mario Puzo spannend und interessant, wenn auch nicht unbedingt der Realität entsprechend. Das Verhältnis der Politik zum Verbrechen haben beide Autorenrecht realitätsgetreu behandelt. In den Filmen wie auch Romanen findet man Parallelen zu tatsächlich stattgefundenen Ereignissen. Gerade in „Die Rache des Paten“ wird das Verhältnis der Geheimdienste zum organisierten Verbrechen mit brisanten Themen zur Diskussion gestellt. Wer also auch hier fleißig recherchiert, wird sich manches Mal verblüfft sehen. Ein anderes Thema wäre der Mord an dem jungen Präsidenten der USA; natürlich ist hier der Mord an J. F. Kennedy eine historische Parallele.

Was ich im Roman vermisst habe, war vielleicht ein Nachwort des Autoren. Seine Sicht der Geschichte hätte ich gerne nachgelesen. Andererseits werden am Anfang des Romans die Zeitlinie der Trilogie und die wichtigsten Hauptpersonen in einem guten Schaubild eingeführt.

_Fazit_

„Die Rache des Paten“ kann ich allen Fans der Mafia-Trilogie sehr empfehlen. Die Lücken und Fragen, welche die Filme und der Roman von Puzo offenlassen, werden geklärt. Der Roman spielt kurz nach „Der Pate Teil 2“ und somit in den Jahren 1963 bis 1965. Beide Romane – „Die Rückkehr des Paten“, sowie „Die Rache des Paten“ – sollen verfilmt werden, was mich nach der Lektüre aber nicht überraschte. Die beiden Romane laden geradewegs dazu ein, verfilmt zu werden, und der Erfolg könnte vielversprechend sein, wenn vielleicht Francis Ford Coppola wieder im Regiestuhl sitzt.

Fassen wir zusammen: „Die Rache des Paten“ liest sich flüssig und spannend, ist informativ, allerdings nur für Leser bestimmt, die die Vorgeschichte schon kennen. Diesmal ist die Bühne der Politik der Hauptbestandteil der Geschichte, doch hat sich der Autor auch viel Zeit für die Familiengeschichte der Corleones genommen, was vielleicht noch wichtiger ist.

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Garfield, Richard – Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Rituale der Wiedergeburt«

_Sterben, um zu leben_

Das vierte und letzte Themendeck der zweiten „Zeitspirale“-Erweiterung „Weltenchaos“ betrachtet den Tod als eigentlichen Lebensquell. Das dreifarbige Set beinhaltet nämlich unheimlich viele regenerative Kräfte, die eine ständige Rückkehr der wertvollsten Kreaturen erlauben, so dass das Portal zum Friedhof quasi als Drehtür fungiert, die man bei entsprechender Kartenhand nach Belieben öffnen und verschließen kann. Es fällt leicht, offensichtliches Kanonenfutter zu opfern, um es später dennoch wiederzubeleben und als ausschlaggebendes Zünglein an der Waage einen Kampf zu den eigenen Gunsten beeinflussen zu lassen. Lebenskrsaft, ständige Wiederbelebung und Wiederauferstehung lauten die Schlüsselworte in „Rituale der Wiedergeburt“ – und machen das Deck zu einem der mächtigsten in der „Magic“-Historie.

_Karteninhalt_

Länder:
• 7x Sumpf
• 11x Wald
• 4x Ebene
• 2x Immerändernde Weite
Kreaturen:
• 1x Sengirischer Aristokrat (zeitverschoben)
• 1x Moorschlange (common)
• 1x Verzerrte Scheußlichkeit (zeitverschoben)
• 3x Pahntasmagorier (uncommon)
• 2x Hüter des Lebenssaftes (common)
• 2x Pflanzensucher (common)
• 3x Seher aus dem Fa’adiyah (common)
• 1x Wurzelmauer (zeitverschoben)
• 1x Stachelnährer (zeitverschoben)
• 2x Havenwood-Wurm (common)
• 1x Jedit Ojanen aus Efrava (rare)
• 2x Icatianische Ausruferin (common)
• 2x Jedits Dragoner (common)
• 1x Teneb der Schnitter (rare)
Andere:
• 3x Furchteinflößende Rückkehr (uncommon)
• 3x Amulett der Eolution (common)
• 2x Suche nach dem Morgen (common)
• 2x In Einklang bringen (uncommon)
• 2x Zurückweisung des Bösen (uncommon)
• 1x Wiederauferstehung (zeitverschoben)

_Wie man das Deck spielt_

In „Rituale der Wiedergeburt“ stehen Offensive und Defensive in einer ständigen Wechselwirkung, die vor allem dadurch bedingt ist, dass die Opferbereitschaft ein wenig größer ist als in den meisten anderen Sets und man durch die Gabe der Regeneration im Zweifelsfalls längst verlorene Kreaturen wieder zurück ins Spiel bringen kann. So sollte man zu Beginn ruhigen Gewissens die vermeintlichen ineffektiveren Figuren ins Rennen schicken und quasi mit der Brechstange in den Gegner eindringen, um ihm schon in den ersten Zügen empfindlichen Schaden zuzufügen. Sollte dieser indes die bessere Ausgangssituation vorweisen können, ist dies erst einmal gar nicht bedenklich, da man sowohl Karten hat, die mit sofortiger Wirkung Lebenspunkte auffrischen (gleich vier sind es zum Beispiel bei Jedits Dragoner), als auch über Kreaturen verfügt, mit deren Hilfe man eine oder mehrere Karten wieder aus dem Friedhof zurückholen kann, wie etwa der Phantasmagorier oder die Hexerei Furchteinflößende Rückkehr.

In eine derartige Verlegenheit wird man aber wahrscheinlich gar nicht kommen, da diverse Karten mit der Fähigkeit aufwarten, mit sofortiger Wirkung Länder ins Spiel zu bringen, um so von Beginn an ein gesundes Basismaß an Manavorräten an seiner Seite zu wissen. Aber auch für eine permanenter Erweiterung der Lebenskraft ist gesorgt, denn sobald die Hüterin des Lebenssafts ins Spiel kommt, erhält man für jede weitere Kreatur, die ihr später folgt, einen zusätzlichen Lebenspunkt – und diese Figur ist gleich in doppelter Ausführung vertreten und kann natürlich notfalls wieder aus dem Friedhof befreit werden.

Die somit gesicherte Defensive erlaubt einem im weiteren Verlauf dann auch wahrlich verheerende Attacken, zum Beispiel mit Teneb dem Schnitter (6/6), der mit zusätzlichem Mana-Einsatz sogar noch eine weitere Karte befreit, und dies natürlich auch aus dem Friedhof. Kaum minder aggressiv schlagen der Havenwood-Wurm und Jedit Ojanen aus Efavra zu, der Erste gar mit Trampelschaden, der Zweite mit Waldtarnung und starken Angriffs- und Verteidigungswerten, und dies zu einem – im Verhältnis zu den meisten anderen Sets – angemessenen Preis.

So geht es schließlich Schlag auf Schlag: Der Manavorrat ist schnell ausgelegt, die mächtigen Kreaturen haben eine Basis, deren Nährung ihnen ihre Spezialfähigkeiten erlauben, und jegliches Anzeichen von Rückzug wird mit der Kraft der Wiederbelebung in all ihren Facetten wieder beseitigt. Dies zu schlagen, scheint mit einem anderen Set aus dieser Reihe, abgesehen von „Endloser Marsch“, schier unmöglich – und wurde in den bisherigen Testphasen auch noch nicht geschafft.

_Fazit_

Aus dem letzten Satz kann man schon schließen, wie stark das Themendeck „Rituale der Wiedergeburt“ aufgebaut ist, aber auch, wie überlegen es den teils arg schwach besetzten anderen Decks dieser Edition ist. Die Wirkung ist ähnlich wie bei „Endloser Marsch“, soll heißen man regeneriert jedweden Verlust in Windeseile, baut währenddessen eine gesunde Angriffsformation auf und schlägt mit den richtig starken Kreaturen im entscheidenden Moment zu. Zauber und Kreaturen stehen sehr schön im Einklang und können dank der vielen ‚grünen‘ Spezialeigenschaften, die das Mana bzw. die Länder dieser Farbe schneller ins Spiel bringen, auch relativ zügig in voller Effizienz losschlagen. So landet man bereits in den ersten Runden den einen oder anderen Treffer, ohne dabei großartig einstecken zu müssen, und verschafft sich so schon einen markanten Vorteil und die besten Voraussetzungen für den Sieg.

Weil das Deck im Gegensatz zu „Verwirrtes Hirn“ auch verhältnismäßig leicht zu beherrschen ist und sich die Bedienung fast schon von selbst versteht, lohnt es sich, über „Rituale der Wiedergeburt“ ebenso wie über „Endloser Marsch“ den Einstieg ins „Weltenchaos“ zu finden und es von seiner wohl besten Seite kennen zu lernen. Hier haben die Macher des Sammelkartenspiels konzeptionell und inhaltlich den Nagel voll auf den Kopf getroffen.

http://www.magicthegathering.de/
http://www.universal-cards.com
http://www.wizards.com/

|Siehe ergänzend dazu:|

[Magic: The Gathering 9. Edition – Schnelleinstieg 3335
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Armee der Gerechtigkeit« 3337
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Schon wieder tot« 3370
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Luftige Höhen« 3591
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Welt in Flammen« 3592
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Remasuri-Entwicklung« 3371
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Kreuzritter der Hoffnung« 3372
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Pelzige Pilzwesen« 3667
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Realitätsbruch« 3670
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Endloser Marsch« 3731
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Verwirrtes Hirn« 3734
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Ixidors Vermächtnis« 3741

[Magic: The Gathering – Zeitspirale-Zyklus Band 1 3720
[Outlaw 1864 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 1)
[Der Ketzer 2645 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 2)
[Die Hüterin 3207 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 3)
[Die Monde von Mirrodin 2937 (Magic: The Gathering – Mirrodin #1)

Kalla, Daniel – Immun

An der Westküste Nordamerikas setzt ein Auftragskiller ein tödliches Bakterium frei. Der Mann, der sich Dennis Lyndon Tyler nennt, verschenkt im Drogenmilieu eine todbringende Droge, die zum Ausbruch eines Bakteriums führt, den die Drogensüchtigen in die ansässigen Krankenhäuser schleppen. Als der Familienvater Thomas Mallek wegen eines Sportunfalls in Vancouver in die Notaufnahme kommt, wird er Zeuge, wie der behandelnde Arzt einer jungen Frau ein Abzess aufsticht. Doch der Eiter spritzt dabei so weit, dass auch Mallek davon getroffen wird. Dieser Spritzer Eiter von der kranken Drogensüchtigen wird Malleks Todesurteil sein. Doch auch in anderen Krankenhäusern an der Westküste breitet sich ein Bakterium aus, das auf keine Antibiotikabehandlung anschlägt, da es gegen sämtliche bekannten Medikamente resistent ist.

Zeitgleich bangt Dr. Ellen Horton um die Zulassung ihres neuen Antibiotikums Oraloxin, denn obwohl es sich im Test gegen Bakterien hervorragend behauptet, macht sich die Wissenschaftlerin Sorgen, denn in den Oraloxin-Testreihen sind bereits drei Schimpansen gestorben. Ellen Horton versucht sich aber zu beruhigen, denn die Tiere wurden über lange Zeit mit einer hohen Dosis behandelt, während Menschen Antibiotika jedoch nur über einen kurzen Zeitraum verabreicht bekommen. Dennoch hält Horton den Gewissenskonflikt kaum aus, da sie den Tod der Schimpansen bisher verheimlicht hat. Nur ihre beiden Kollegen und der für Forschung und Entwicklung zuständige Vizepräsident von SeptoMed Luc Martineau wissen von diesen Problem.

In anderen Handlungssträngen lernen wir Dr. Catalina Lopez kennen, die als Epidemiologin beim EIS (Epidemiologischen Informationsdienst für den pazifischen Nordwesten) arbeitet und durch das neue Bakterium bald viel zu tun bekommt, denn sie ist dafür verantwortlich, die Verbreitung des neuen Bakteriums, das bald MRGAS getauft wird, zu vermeiden. Hilfe erhält sie von Dr. Graham Kilburn, der als praktischer Arzt in Vancouver arbeitet und in seiner Funktion als Spezialist für Infektionskrankheiten ins Krankenhaus gerufen wird, als Thomas Mallek im Sterben liegt und auf keine Antibiotikabehandlung anspricht. Aber auch zwei Polizisten sind dem mysteriösen Bakterium und seinem Verbreiter auf der Spur, nachdem nämlich zwei Drogendealer in Portland ermordet aufgefunden werden, die offensichtlich von einem Profi exekutiert worden sind. Langsam aber sicher kommen Seth Cohen und Roman Leetch dem unbekannten Mörder und damit auch dem Bakterium auf der Spur.

In hohem Tempo und mit schnellen Wechseln der Schauplätze erzählt Daniel Kalla seinen neuen Medizinthriller, der nicht minder packend ist als sein Debütroman [„Pandemie“, 2192 der ebenfalls für schlaflose Nächte gesorgt hat. Seine Zutaten für einen spannenden Thriller sind dabei wieder einmal erfolgversprechend: Er nimmt mutige Protagonisten und solche, die etwas zu verbergen haben und ihr dunkles Geheimnis hüten wollen, und mixt aus seinen verschiedenen Handlungssträngen einen packenden Roman, der gut zu unterhalten weiß.

Im Mittelpunkt stehen dieses Mal allerdings so viele Figuren, dass man zunächst einige Schwierigkeiten hat, sich einzulesen und an den unterschiedlichen Handlungsorten zurechtzufinden. Außerdem erschwert die hohe Anzahl handelnder Charaktere die Identifikation, obwohl sich im Laufe des Romans Catalina Lopez und Graham Kilburn als Helden der Geschichte erweisen werden. Die beiden sind es, die – unterstützt durch die beiden Polizisten – dem gefährlichen Bakterium auf die Spur kommen, denn es will nicht nur ein Weg gefunden werden, um die Verbreitung des Bakteriums zu stoppen, sondern auch eine Medikation, die bereits Betroffenen helfen kann. Darüber hinaus liegt lange Zeit im Dunkeln, wer MRGAS durch einen Auftragskiller verbreiten lässt.

Mit fortschreitender Handlung nimmt die Spannung immer mehr zu; wir nähern uns dem Geheimnis um das Bakterium und seine Entstehung und bangen um das Leben unserer Helden, die plötzlich ins Zielfeuer des Killers geraten, als sie nämlich immer mehr Erfolge bei ihren Nachforschungen vorweisen können. Doch hier tauchen schließlich auch die ersten Kritikpunkte auf, die man nicht verschweigen sollte: Recht schnell zeichnet sich nämlich ab, wer ein gesteigertes Interesse daran haben könnte, MRGAS zu verbreiten und damit das Leben unzähliger Menschen in Gefahr zu bringen. Die Spuren, die Daniel Kalla hier für uns und seine Protagonisten auslegt, sind einfach zu offensichtlich und bergen kaum Überraschungen.

Selbstverständlich baut Kalla am Ende noch ein Überraschungsmoment ein, das den Leser noch einmal erstaunen mag, doch mit dieser finalen Wendung handelt Kalla sich allerdings auch einige logische Patzer ein. Denn die Entwicklung seiner Charaktere ist am Ende einfach nicht mehr schlüssig, wenn man diese Wendung mit einbezieht. Wieso nämlich sollte sich jemand so verdammt auffällig und hinterrücks verhalten, wenn er am Ende doch gar nichts zu verbergen hat und vollkommen unschuldig ist? Das ist mir nicht klar geworden und mindert definitiv das Lesevergnügen. Mir wäre es lieber gewesen, wenn Kalla seine Linie beibehalten hätte, auch wenn es dann am Ende eben keine Überraschung mehr gegeben hätte. Doch dann wäre zumindest sein Plot stimmig gewesen. So gelingt ihm jedenfalls nicht die Gratwanderung, die zu einer gelungenen Überraschung hätte führen können. Ganz im Gegenteil, sein Überraschungsmoment sorgt am Ende höchstens für Verärgerung, denn ich persönlich habe mich schon ein wenig veräppelt gefühlt.

So bleibt festzuhalten, dass Daniel Kalla mit „Immun“ zwar wieder ein hochspannender Pageturner gelungen ist, der über weite Strecken gut zu unterhalten weiß, der aber am Ende doch nicht voll überzeugen kann. Kallas Buchende wirkt auf mich unnötig konstruiert und alles andere als stimmig, sodass der Gesamteindruck des Buches darunter zu leiden hat. Wer darüber hinaus auf der Suche nach ausgefeilter Figurenzeichnung und literarischem Hochgenuss ist, der sollte von „Immun“ lieber die Finger lassen, denn Kalla bedient sich in seinem vorliegenden Roman relativ einfacher Figuren, die wenig Profil gewinnen, aber natürlich nicht die unvermeidliche Liebesgeschichte vermissen lassen. Auch sein Schreibstil ist eher schlicht und schnörkellos gehalten – das wiederum sorgt allerdings für einen gelungenen Spannungsbogen. Insgesamt gefällt „Immun“ über weite Strecken ziemlich gut, handelt sich aber gen Ende so viele Minuspunkte ein, dass der vorliegende Medizinthriller leider nicht über das Mittelmaß hinauskommt.

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Hoyer, Martin – Genotype 1: Varianten

Nachdem im Jahre 2007 eine Pandemie über 60 Prozent der Menschheit auslöschte, hat sich rund 92 Jahre nach dem Ausbruch das Bild der Welt gewandelt: Viele Menschen leben in wenigen – „Habitat“ genannten – Großstädten, in denen das Leben im Wesentlichen wie vor der Seuche verläuft, während andere im dünn besiedelten Wildland außerhalb der Städte ihr Glück versuchen. Neben der notwendigen Neuorganisation der Gesellschaft(en), an der unterschiedlichste Gruppen und Interessenverbände – politische, militärische, wirtschaftliche – mehr oder weniger direkt mitwirken, muss sich die Menschheit mit einem weiteren Erbe der Seuche rumschlagen: immer wieder tauchen Mutanten – Varianten – auf, die zwar in der Regel nicht selbst virulent sind, von denen aber dennoch fast immer ein tödliche Gefahr ausgeht.

Als sein Kollege und Freund Aaron während eines Einsatzes von einer monströsen Variante, einem Xenotaurus, getötet wird, ist Jon Zaatis Karriere bei der City Police beendet. Dieses ist allerdings kein Beinbruch, da er als das letzte überlebende Mitglied der legendären Gunslinger, einer militärisch-experimentellen Eliteeinheit, über einige herausragende physische und psychische Eigenschaften verfügt, die ihn zu einem begehrten Subjekt für Konzern-Headhunter machen.

Daher ist es wenig überraschend, dass Henri Daniels an den Elite-Kämpfer herantritt, um ihm im Namen des CEENEL-Konzerns, welcher das London-Habitat beherrscht, einen Job anzubieten; und zwar in der neu geschaffenen, geheimen Abteilung „Sektion 11“. Nicht zuletzt wegen seiner Kollegin in spe, der ebenfalls frisch angeworbenen, toughen Pilotin Juliette Dsunukkwa, nimmt Jon das Angebot ohne großes Zögern an.

Gleich ihr erster Auftrag führt die beiden Agenten in eine tödliche Konfrontation mit dem Londoner Militär – vertreten durch Major Keyner und seine Synorgs. Als Jon versucht, auf eigene Faust die fragwürdigen Umstände von Aarons Tod zu klären, kommt es für ihn fast zur Katastrophe, denn plötzlich steht er unbewaffnet zwischen einer ganzen Herde der tödlichen Variante auf der einen und den Truppen Keyners auf der anderen Seite.

Nachdem den Xenotauren ein freier Abzug aus dem Habitat zugesichert wurde und sie London in Richtung Wildland verließen, machen sich Jon und Juliette an die Verfolgung. Sie suchen den Führer der Mutanten, um erste Sondierungsgespräche mit dem Ziel einer friedlichen Koexistenz zu wagen. Ihr Weg nach Norden führt sie in ein kleines Dorf, welches sich eines Angriffs einer paramilitärischen Bande erwehren muss, deren Kommandant eine mörderische Rechnung mit den Xenotauren offen hat.

Während die beiden Städter die Dorfbewohner unterstützen, muss sich innerhalb des Habitats Daniels einer politischen Konfrontation stellen. Die EU möchte in London wieder Fuß fassen, was faktisch einer Entmachtung des Konzerns gleichkäme. Dabei zeigen die Politiker ein bemerkenswertes Interesse an den riesigen Bunkern unter der Stadt und senden Major Keyner mit einem kleinen Team aus, diese Anlagen zu inspizieren.

Da der Soldat jedoch scheitert, schickt CEENEL – quasi als Goodwill-Signal – einige Männer und den zwischenzeitlich zurückgekehrten Jon Zaati in den Untergrund, weil dessen „Gunslinger“-Fähigkeiten ihn mit dem Schrecken, der augenscheinlich in dem unterirdischen Labyrinth haust, eher fertig werden lassen sollten.

Juliette hingegen, deren aeronautische Talente in den Katakomben und Gängen nicht wirklich von Nutzen sind, erhält von Daniels den Auftrag, die politische Lage in Prag zu sondieren, denn der Konzern plant, seine Zentrale von London in das tschechische Habitat zu verlegen. Schnell erweist sich Prag als wesentlich heißeres Pflaster als London. Angesichts instabiler Machtverhältnisse und zahlreicher Interessengruppen muss Juliette mehr als nur ihre hübschen Augen zum Einsatz bringen … und auch an Jons Kriecherei ist mehr dran, als auf den ersten Blick scheint.

Obwohl „Varianten“ als Sammelausgabe dreier Heft-Romane erschienen ist und daher fast zwangsläufig Brüche in der Geschichte auftauchen, weil sich der Erzähl-Rhythmus an einem 70-Seiten- und eben nicht an den 220-Seiten-Format orientiert, beeinträchtigt das den Lesefluss überraschend wenig. Allenfalls zwischen „Die Herde“ und „Sprecher der Anderen“ ist der Übergang zunächst etwas holperig. Doch Hoyers lebendiger, angenehm zu lesender Stil und die schließlich doch deutlichen Verbindungen zwischen den beiden Teilen, lassen dieses schnell in Vergessenheit geraten.

Wie nicht anders zu erwarten, liegt der Schwerpunkt der Bände auf der Einführung der Protagonisten, dem Aufbau des Spielfeldes und dem Vorbereiten erster Konflikte, wobei der Leser allerdings wenig Konkretes über die Welt des Jahres 2099 erfährt. Weder erhält er tiefere Einblicke in das Leben der Durchschnittsmenschen oder den gesamtgesellschaftlichen Kontext, noch spielen – mit Ausnahme der sporadisch auftauchenden Synorgs (einer Robocop-Light-Version) – originelle (Hard-)SF- und/oder Horror-Elemente in diesem Stadium der Geschichte eine bedeutende Rolle. Dadurch und aufgrund einiger kleinerer Längen im Mittelteil wirkt „Varianten“ zwar recht konventionell und stellenweise etwas altbacken, jedoch wiegen die sympathischen, gut gezeichneten Charaktere, die lockeren Dialoge und nicht zuletzt das interessante Grundkonzept diesen Mangel fast vollständig auf.

Auch wenn die Serie auf einem Post-Doomsday-Szenario basiert, so ist das Buch weit davon entfernt, ein Endzeitroman zu sein. Der Leser hat zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dem Todeskampf einer dem Untergang geweihten Zivilisation beizuwohnen, sondern, da der Autor eben nicht auf die Düster-Depri-Schiene setzt, den Beginn einer neuen Weltordnung mitzuerleben, wobei deren Entwicklungsrichtung – Utopia oder Dystopia – noch offen ist.

Fazit: Sympathische Charaktere, ein interessanter Background mit viel Potenzial für spannende Abenteuer und ein angenehm zu lesender Stil machen „Varianten“ – trotz kleiner Abzüge in der B-Note – zu einem rundherum empfehlenswerten Lesespaß.

http://www.atlantis-verlag.de/

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Trainor, Mark – Simpsons Comics 127

_Inhalt_

|“Bis dass der Ned uns scheidet“|

Flanders‘ Söhne Todd und Rod reisen ins Bibel-Ferien-Camp und lassen ihren verwitweten Vater für ein paar Tage alleine zurück. Aus Mitleid für den einsamen Ned bittet Marge ihren Gatten, den Nachbarn für diese Zeit im Hause der Simpsons wohnen zu lassen. Flanders stimmt diesem Angebot sofort zu und erlebt im Hause von Homer und Co. den verrückten Alltag. Mit vielen Floskeln nimmt er die sich hier bietenden Hürden und krempelt das Leben der Simpsons gewaltig um.

Während Marge über den Eifer des neuen Mitbewohners begeistert ist, zieht sich Homer genervt zurück. Als Todd und Rod schließlich zurückkommen, realisiert Flanders, dass seine Söhne im Gegensatz zu Bart und Maggie nicht mehr viel Unterstützung brauchen. Also verbringt er weiterhin die Zeit im Nachbarhaus, was Homer dazu veranlasst, es dem verhassten Weltverbesserer gleichzutun und seinerseits nach Todd und Rod zu sehen. Das Chaos ist vorprogrammiert …

_Meine Meinung_

Geschichten, die sich mit der dauerhaften Fehde zwischen Homer und Ned Flanders auseinandersetzen, haben es eigentlich immer in sich, weil das Simpsons-Oberhaupt im Widerstreit mit seinem Nachbarn stets zur Hochform aufläuft. Daher ist er auch sehr genervt, als Marge von ihm verlangt, Flanders in sein Haus einzuladen. Seiner Frau zuliebe resigniert er jedoch und stimmt dem Einzug zu, bereits ahnend, dass dieser einige Schwierigkeiten mit sich bringen wird.

Flanders fühlt sich nämlich in fremder Umgebung von Anfang an pudelwohl und scheint für jedes Problem eine Lösung zu finden. Permanent wirft er mit Redensarten und Sprichwörtern um sich und treibt Homer damit zum Wahnsinn. Auch der Rest der Familie mag die ständigen Weisheiten ihres Nachbarn nicht länger ertragen, erweist sich jedoch standhafter als der älteste Simpson, weil Flanders auf der anderen Seite auch Schwung in den Haushalt bringt. Für jeden nimmt er sich Zeit und packt Dinge an, auf die Homer entweder nie Lust hatte bzw. mit denen dieser überfordert war. Dies geht Marges Gatten irgendwann so auf den Zeiger, dass er einen hinterlistigen Racheplan schmiedet. Er tritt an Neds Stelle als Vaterfigur für Rod und Todd auf und bringt ihnen all die Ungepflogenheiten bei, die Flanders in Jahren konsequenter Erziehung vermeiden wollte. Als Letzterer seine Kinder schließlich in einem verwahrlosten Zustand antrifft, läuft für ihn das Fass des Erträglichen über.

In der aktuellen Geschichte von Mark Trainor steht die Handlung als solche nicht direkt im Mittelpunkt, sondern dient vorrangig als Anlass für eine überdimensionale, ausufernde Phrasendrescherei von Seiten aller Protagonisten. So redet Ned oft im übertragenen Sinne mittels Floskeln, Redewendungen und Sprichwörtern. Auf jeden Einwand hat er eine frohe, klischeehafte Antwort, und überhaupt beinhaltet jeder Kommentar des Mannes mit dem grünen Pulli eine kleine Phrase. Homer bringt dies zur Weißglut, doch weil er seinem Nachbarn Paroli bieten möchte, schlägt er ähnliche Töne an, verdreht dabei aber ein Sprichwort nach dem anderen und strickt sich seine Sätze genau so, wie sie gerade zur Situation passen.

Dies ist dann auch der eigentlich witzige Teil einer Handlung, die inhaltlich nicht ganz so interessant ist und den Leser partiell auch auf eine harte Probe stellt, weil die permanente Phrasendrescherei mitunter sehr anstrengend ist. Lediglich Homers antisoziales Verhalten verleitet wieder zum Schmunzeln und wertet den Plot auf, schützt aber nicht vor der Kritik, dass sie ein wenig einseitig aufgebaut ist. Die Idee hinter „Bis dass der Ned uns scheidet“ mag sicher gut sein, aber wenn das Ganze nach und nach zum unkontrollierten Selbstläufer wird und auch nicht in jeder Situation angebracht scheint, kommt man wieder zu dem Schluss, dass weniger manchmal doch mehr ist – um es standesgemäß ebenfalls mit einer Phrase auszudrücken.

Negativ ist des Weiteren leider auch aufgefallen, dass der Werbeanteil der Ausgabe Nr. 127 mal wieder sehr groß ausgefallen ist. Der Comic nimmt nur gute zwei Drittel des Heftes ein; der Rest wird mit mehr oder minder interessanten Rubriken und seitenweise Anpreisungen für andere Magazine gefüllt. Auch hier würde also das oben zitierte Sprichwort greifen, jedoch mit der Einschränkung, dass die Hintergrundinformationen, die später geliefert werden, wirklich lesenswert sind.

Dennoch ist die neue Ausgabe der „Simpsons Comics“ definitiv keine der besten ihrer Art. Die Hauptgeschichte ist inhaltlich eher durchschnittlich, der knappe Bonus-Strip ziemlich überflüssig und die Werbung nervig. Im Gegensatz zu manch anderer Simpsons-Publikation der letzten Monate ist die Empfehlung daher auch stark eingeschränkt, soll heißen wirklich überzeugt haben die „Simpsons Comics 127“ nicht.

[Verlagsseite]http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10310

Arleston / Floch – falsche Ophyde, Die (Die Schiffbrüchigen von Ythaq 2)

Band 1: [„Terra Incognita“ 3722

_Story_

Granit und Narvarth befinden sich mit ihren neuen Gefährten noch auf der Flucht vor Ophyde und deren rechter Hand Dhokas, als sie plötzlich erneut auf einer kleinen Lichtung inmitten eines Flusses stranden. Der Gaukler Zompar befreit die Truppe und nimmt sie in seinen Wanderzirkus auf, der wiederum alsbald von sich reden macht, als sich die Mitglieder ein Gefecht mit dem Piraten Blaubart liefern. Dieser wird infolge dessen für seinen ungerechten Angriff verurteilt und auf eine Gefängnisinsel verfrachtet, auf der Granit und Co. auch ihre verlorene Gefährtin Callista vermuten.

Nicht wissend, dass jene inzwischen die Stellung der Markgräfin eingenommen hat und ihre Stellung in ihrem neuen Palast auch tatkräftig ausspielt, begibt sich der Trupp der Gestrandeten ebenfalls auf die Seufzerinsel, um nach Callista zu suchen. Ausgerechnet dort soll ein großer Empfang für Ophyde (alias Callista) und ihre Schwester vorbereitet werden, weshalb die falsche Markgräfin befürchtet, ihre falsche Tarnung könnte auffliegen. Doch gerade als ihre Maskerade entlarvt wird, tauchen ihre einstigen Begleiter auf, um sie zu befreien. Mit einem Mal treffen alle Seiten im Turm des Gefängnistrakts aufeinander: Die einen auf der Jagd nach der Betrügerin Callista und ihrem Rettungsteam – und die anderen auf der Suche nach dem großen Geheimnis, welches im Palast von Ythaq seit einer halben Ewigkeit verborgen ist.

_Meine Meinung_

Formidabel und weiterhin mit großem Tempo führt Christophe Arleston die Geschichte um die gestrandeten Weltraumreisenden von Ythaq fort, lässt dabei den Humor des ersten Bandes aber keinesfalls abreißen. Die Action beginnt direkt wieder auf den ersten Seiten, als die Protagonisten bei ihrer Flucht vor den Schergen der Markgräfin von einer Horde Flugtiere attackiert und bei ihrer Rettungsaktion an einen Felsen inmitten eines reißenden Flusses gespült werden. Nur mit Hilfe des Gaukles Zompar können sie ihrer neuen Bredouille entkommen, sind jedoch verpflichtet, sich vorerst an ihn zu binden.

Es geht zurück in die Stadt Kreac’h zum Palast der Markgräfin Ophyde, die ja mittlerweile ermordet und von der gesuchten Callista ersetzt wurde. Granit und ihre Freunde ahnen jedoch nichts von dieser hinterhältigen Tat und suchen in ganz Kreac’h nach ihrer verlorenen Wegbegleiterin. So liefern sie sich Gefechte mit einer gemeinen Piratenbande, dringen in das Gefängnis auf der Seufzerinsel ein und entdecken überraschenderweise weitere Passagiere ihres gestrandeten Schiffes. Auch Callista glauben sie entdeckt zu haben, jedoch handelt es sich bei der befreiten Schönheit um die eingekerkerte Schwester von Ophyde, die wiederum von Callista (in Gestalt von Ophyde) eingesperrt wurde, um die eigene Maskerade nicht ans Tageslicht kommen zu lassen. Erst später fliegen die falschen Verkleidungen auf.

Sein und Schein, der tatsächliche Tod von Ophyde und das Ränkespiel, das Dhokas in der Zwischenzeit betrieben hat, werden offen gelegt und münden in einem rasanten Finale, welches eine plötzliche Wendung nimmt, als den Schiffbrüchigen bewusst wird, dass sich eine neue Möglichkeit ergeben könnte, schnellstmöglich von Ythaq zu verschwinden. Doch hierzu müssen sie genau ins Zentrum des Palastes, vorbei an Dhokas, der inzwischen entflohenen Schwester der Markgräfin und all ihren Wachen. Und dies scheint bei der strengen Bewachung kaum möglich.

Rein inhaltlich passiert im zweiten Band der neuen Arleston-Serie wieder eine ganze Menge, und dies in allen Nebensträngen der Handlung. Granit und Narvarth stehen dabei natürlich im Mittelpunkt bei ihrer Suche nach Callista. Diese bekleidet mittlerweile von Unsicherheit geplagt ihren neuen Posten und verrät sich von Tag zu Tag mehr als falsche Markgräfin. Nur die Hoffnung auf eine rasche Befreiung macht sie weiter stark, und mit einzelnen Verlegenheitstaten gelingt es ihr tatsächlich, sich selbst gegen ihren machtbesessenen Verbündeten Dhokas und die standhafte Schein-Schwester zu behaupten. Doch dann verrät Dhokas ihr, dass er ihr Spiel durchschaut hat. Und von dort an lebt sie im Palast nur noch in Angst.

Auf anderer Ebene wird auch die Geschichte einiger Nebendarsteller erzählt. So zum Beispiel treffen der weise Feng und sein missratener Vater wieder aufeinander und nähern sich nach ihrer schwierigen gemeinsamen Vergangenheit langsam wieder einander. Aber auch die Fehde zweier neuer Figuren, nämlich die zwischen Blaubart und Zompar, wird mehrfach aufgegriffen und im rasanten Schlussabschnitt endgültig entscheiden. Der Kreis schließt sich später, als Granits ehemaliger Vorgesetzter im Gefängnis gemeinsam mit vielen weiteren Insassen des Raumschiffs entdeckt wird und sich mit den Verbliebenen der Besatzung darum bemüht, mit der geheimnisvollen Kraft, die der Palast birgt, wieder von Ythaq zu fliehen. Und somit ist auch schon der Grundstein für die zukünftige Handlung gelegt!

Viel Tempo, viel Inhalt und eine wirklich faszinierend fortgeführte Geschichte – „Die falsche Ophyde“ erweist sich als adäquater Nachfolger zum fantastischen Auftaktband und erweitert die Story um viele weitere interessante Nuancen. Die Charaktere werden von Arleston weiter geformt und die Spannung nimmt durch den brisanten Handlungsverlauf von Seite zu Seite zu. Da zudem auch die Zeichnungen aus der Feder von Adrien Floch höchsten Ansprüchen genügen und der Atmosphäre der Abenteuergeschichte enorm zuträglich sind, bleibt zum Schluss nichts als dem kreativen Team hinter „Die Schiffbrüchigen von Ytahq“ ein weiteres großes Lob für die in Teil zwei geleistete, meisterhafte Arbeit auszusprechen.

http://www.splitter-verlag.de/

Bergting, Peter – The Portent – Zeichen des Unheils 1: Das Reich der Geister

Helden haben’s schwer. Da will man sich als Held nützlich machen und die Welt retten und eh man sich versieht, hat man selbige auch schon versehentlich zerstört. So ergeht es Milo, dem Helden in Peter Bergtings Comic-Werk „The Portent – Zeichen des Unheils 1: Das Reich der Geister“.

Milo ist der Held, der gesandt wurde, die Welt vor den Dämonen zu schützen und den Geist der Menschheit zu retten. Das zumindest glaubt der Rat und schickt Milo zusammen mit zwei Vertretern des Rates los, um genau diese Mission zu erfüllen. Die eine ist die junge Frau Lin, der andere ist der Wächter des Rates Alkuin. Sie sollen zusammen mit Milo Dai-Jiu den ersten und ursprünglichen Geist der Menschheit vor der Zerstörung durch den Mokkurkalven bewahren, einen mächtigen Diener des bösen Dämons Guishen, der die Macht über das Reich der Lebenden erringen will.

Doch die Mission misslingt, am Ende ist Dai-Jui zerstört und die Welt damit dem Untergang geweiht. Nun verdunkelt sich die Welt und das Zeitalter der Toten bricht heran. Milo muss sich in der Welt der Geister direkt Guishen zum Kampf stellen und versuchen, dort einen Sieg zu erringen, um das dunkle Schicksal der Menschheit abzuwenden …

Die Zusammenfassung von „Das Reich der Geister“ klingt nach einem gruseligen Horror-Fantasy-Mix, doch Peter Bergting vereint in „The Portent – Zeichen des Unheils“ einiges mehr. Peter Bergting selbst sagt, dass er das „F-Wort“ (Fantasy) nicht mag, auch wenn sein Verlag „The Portent“ als Fantasy vermarktet. Er sieht sein Werk vor allem als mythologisch inspirierte Horrorgeschichte, aber eben als eine Horrorgeschichte, bei der nicht einfach Dämonen abgeschlachtet werden, sondern als komplexe und vor allem auch dramatische Geschichte voller „echter“ Gefühle.

„The Portent“ ist von der ersten Seite an durch eine melancholische Grundstimmung geprägt, die den Charakter der Geschichte sehr stark dominiert. Bergting bedient sich ausgiebig chinesischer und nordischer Mythologien und bindet sie als feste Bestandteile in seine Geschichte ein. Durch diesen Mythenmix entsteht eine ganz faszinierende Grundstimmung, die „The Portent“ zu einem besonderen Genuss macht.

Mit Milo wirft Bergting eine Art tragischen Antihelden in den Ring. Milo hat gute Absichten, will ein großer Held werden und steht sich dabei doch einigermaßen selbst im Weg. Wenn man hört, dass die Hauptfigur versehentlichen die Welt zerstört, erwartet man einen trotteligen, tollpatschigen und witzigen Titelhelden. Doch diese Vorstellung deckt sich absolut nicht mit dem, was Bergting uns in der Person des Milo serviert. Milo ist selbstbewusst und geht keinem Kampf aus dem Weg. Ihn umgibt ein sonderbares Geheimnis, das sich im Laufe von „Das Reich der Geister“ auch nicht wirklich lüftet.

Die heimliche Heldin der Geschichte ist im Grunde Lin. Sie ist eine weniger ambivalente Figur als Milo, der Held und Zerstörer zugleich ist. Sie weiß, was zu tun ist und schreckt vor keinem Dämon zurück. Sie stellt sich mutig dem Kampf und stellt damit auch Milo leicht mal in den Schatten.

Peter Bergting hat „The Portent“ im Alleingang geschaffen. Er ist der alleinige Autor, er zeichnet und koloriert seine Geschichte selbst. Besonders die Zeichnungen verdienen dabei Lob. Die Farben spiegeln die wunderbar melancholische Atmosphäre der Geschichte wider, schaurige und düstere Elemente kommen sehr schön zur Geltung. Die Ausdruckskraft von Bergtings Geschichte liegt vor allem in der Kraft seiner Bildern begründet.

Ein Grund dafür ist sicherlich auch darin zu suchen, dass Bergting auf erzählerischer Ebene noch einige Schwächen offenbart, die den Lesegenuss von „The Portent“ leider trüben. Da Bergting seine Geschichte an manchen Stellen etwas verwirrend erzählt, da dem Leser manche Verknüpfungen und Zusammenhänge auch bei zweimaliger Lektüre nicht unbedingt klar werden, geht die Anziehungskraft von „The Portent“ eben in erster Linie von den Zeichnungen aus. Von der Geschichte selbst bleibt am Ende leider kaum etwas hängen. Klappt man den Comic zu, wird man das Gefühl nicht los, eine entscheidende Szene verpasst zu haben, und wenn man daraufhin das ganze Werk noch ein zweites Mal liest, ändert sich das Gefühl leider nicht wesentlich.

Manchmal sind es Bezüge zwischen Personen, die Bergting undeutlich lässt, mal ist es der gesamte Handlungsrahmen, der etwas wackelig erscheint. Der Leser bleibt mit vielen unbeantworteten Fragen zurück und dem Wunsch, Bergting hätte sich etwas klarer ausgedrückt. So bleibt der Gesamteindruck am Ende ein flüchtiger und es bleibt einfach zu viel Raum für Interpretationen. Man hat Schwierigkeiten, die Geschichte überhaupt richtig zu rekapitulieren, und so ist „The Portent“ eben auch ein sehr komplexes Werk, das nicht immer klar und verständlich ist. Das ist gerade deswegen sehr bedauerlich, weil ansonsten die Zutaten stimmen: hervorragende Zeichnungen, eine dichte Atmosphäre und ein eigentlich interessanter Plot.

„The Portent“ ist ein Stoff, aus dem man eigentlich Großartiges machen könnte, aber wenn unterm Strich in der Umsetzung nicht alle Elemente überzeugen können und die erzählerischen Mängel sich am Ende als großes Manko entpuppen, bleibt außer schönen Bildern und einer schönen Idee leider nicht mehr viel im Gedächtnis haften. Bleibt zu hoffen, dass Peter Bergting sich mit den folgenden Bänden der Reihe weiterentwickelt und diese anfänglichen Schwächen noch ausbügeln kann.

http://www.cross-cult.de/