Archiv der Kategorie: Spiel & Spaß

McMurchie, Tom – Tsuro. Der Weg ist das Ziel

_Der Weg ist das Ziel_

Diese altbekannte Floskel beschreibt im Falle des neuen |Kosmos|-Titels „Tsuro“ ziemlich genau, worum es geht. Die Spieler schlüpfen in diesem hierzulande erstmals offiziell aufgelegten Spiel (vorher gab es bereits eine leicht alternierende Variante von |WizKids|, die via |Pegasus| vertrieben wurde) in die Rolle von Wegebauern und müssen sich mittels ihrer Wegekarten über die verschlungensten Pfade kämpfen, dabei jedoch darauf achten, nicht vom rechten Weg abzukommen und aus dem Spielfeld geschoben zu werden. Ziel des Ganzen ist es nämlich, als letzter Spieler in der Welt von Drachen und Phönix zu überleben. Oder anders gesagt: Der Weg ist das Ziel – und wer ihn bis zum Ende nicht verlassen muss, der wird auch seine Bestimmung erreichen!

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 8 Spielfiguren
• 64 Wegekarten

Schlicht, jedoch trotzdem hübsch aufgemacht: „Tsuro“ ist sicherlich kein Spiel, das grafisch auf den ersten Blick aus dem Rahmen fällt, dennoch aber mehr als solides Augenfutter. Ein echter Hingucker ist in diesem Sinne der beidseitig bedruckte Spielplan, der zudem äußerst zweckmäßig aufgebaut ist. Abhängig von der Spielerzahl kann man nämlich den größeren respektive kleineren Plan verwenden, was sich mit ein wenig Spielerfahrung auch als durchaus sinnvoll erweist, da es somit gelingt, die Dynamik unabhängig voneinander ungefähr auf demselben Level zu halten.

Davon abgesehen sind die Spielmittel zu diesem bereits 1979 erstmals erschienen Titel vorrangig zweckdienlich gestaltet, in Sachen Spielbarkeit aber vollkommen überzeugend. Es bedarf nämlich keiner illustrativen Effekthascherei, um den gebührenden Respekt einzufahren. Manchmal – und dementsprechend auch hier – ist weniger eben doch mehr!

_Spielvorbereitung_

Vor jeder Partie werden die Wegekarten in drei ungefähr gleichgroße Nachziehstapel gemischt. Jeder Spieler darf sich nun drei Karten als Einstiegsmaterial auf die Hand nehmen; hiermit gilt es nun in den kommenden Runden zu arbeiten. Nachdem jeder Spieler eine Spielfigur gewählt hat, entscheidet man sich für eine Seite des Spielplans und positioniert seine Figur an einer der am Rand befindlichen Schnüre. Von hier aus startet man nun seine Reise in das quadratische Spielfeld, immer darauf bedacht, es bloß nicht mehr zu verlassen.

_Spielablauf_

Sobald die Figuren aufgestellt sind, darf der älteste Spieler den ersten Zug ausführen und das Spiel beginnen. Dabei befolgt er folgende Schritte:

|1.) Eine Wegekarte legen|

Der Spieler wählt eine seiner drei Wegekarten und legt sie an ein Feld, das direkt an seine eigene Figur grenzt, an. Es ist dabei egal, in welche Richtung man die Karte legt, solange sie nur derart verbunden ist, dass die Spielfigur weitergesetzt werden kann.

|2.) Eigene Spielfigur setzen|

Die Spielfigur setzt er jetzt anhand des sich nun bietenden Weges an den Seilen auf der Karte entlang vorwärts, bis er schließlich am Rand der neu gelegten Karte angelangt ist. Sollten hierbei mehrere Karten miteinander verbunden sein, wandert er so weit, bis seine Spur endet. Auch andere Spielfiguren, deren Wege möglicherweise nun verlängert werden, müssen weitergeschoben werden – eventuell auch ins Aus!

|3.) Eine Wegekarte nachziehen|

Im Anschluss an seinen Zug füllt man seine Kartenhand wieder auf, indem man eine Wegekarte von einem beliebigen Nachziehstapel nimmt.

Das Spiel schreitet nun Zug für Zug fort; die Figuren gehen ihres Weges, es sei denn, sie erfüllen eine der beiden Bedingungen für den vorzeitigen, unfreiwilligen Ausstieg. Sobald sie nämlich am Rand des Spiels ankommen oder aber den Weg eines Mitspielers treffen, müssen sie sofort das Feld räumen. Im letztgenannten Falle scheiden sogar direkt beide Spieler aus.

_Spielende_

In „Tsuro“ überlebt der stärkste Spieler, und das ist derjenige, der als Letzter auf dem Spielfeld stehen geblieben ist. Falls hingegen mehrere Spieler infolge eines Zuges als Letzte das Feld räumen müssen, wird der Sieg untereinander aufgeteilt.

_Persönlicher Eindruck_

„Tsuro“ macht Spaß, ist schnell erlernt, fast noch schneller gespielt und besitzt, zumindest zu Beginn, einen hohen Wiederspielreiz, der darin begründet ist, dass man unablässig nach Taktiken und Strategien sucht, wie man die eigenen Karten am besten positioniert, um nicht zu schnell in eine missliche Lage hineinzugeraten bzw. schnell ins Abseits zu rücken. Gute Voraussetzungen also, um den Neuheiten-Katalog des |Kosmos|-Verlags um ein weiteres Highlight zu ergänzen. Wie sich jedoch von Partie zu Partie immer deutlicher herauskristallisiert, ist der Einfluss, den man auf sein eigenes Schicksal ausüben kann, nicht ganz so groß wie erhofft, da gewissermaßen das Glück oder das Geschick der anderen Spieler dem Verlauf des Spiels viel stärkere Impulse verleihen. So kann es bereits im Spiel zu fünft oder zu sechst schnell geschehen, dass man nach seinem eigenen Zug noch glaubt, das Spiel völlig im Griff zu haben, in den Zügen der anderen Spieler dann aber mit einem Mal in eine Bredouille gerät, die man aus eigenen Kräften kaum mehr verlassen kann. Es besteht die Gefahr, dass man partiell zu sehr vom Spiel gespielt wird, gerade wenn man bei der Entwicklung eigenes Strategien noch unsicher oder aber experimentierfreudig ist – doch was ist in „Tsuro“ schon sicher?

Dennoch funktioniert das Spiel als etwas krassere „Mensch, ärgere dich nicht“-Abart wirklich gut, weil es schlichtweg sehr kommunikativ und interaktiv ist, ein hohes Tempo aufweist und trotz der verschachtelten Wegweisungen völlig simpel strukturiert ist. Was vielleicht fehlt, sind einige taktischere Elemente, um die Spielvielfalt noch ein wenig auszubauen. Bedingt durch die stete Auswahl aus drei Karten kann man seinen Zug nämlich eigentlich immer recht sicher durchführen und ist schließlich stark vom Vorgehen der Mitspieler abhängig. Diesbezüglich hätte das Gleichgewicht sicher noch ein Stück weit in die Richtung des aktiven Spielers gedrängt werden können, damit der eben nicht in einen wachsenden Passiv-Part abfällt. Doch dies sind im Nachhinein alles nur Spekulationen, über die man während des Spiels nur wenig Gedanken verschwenden wird. Im Vordergrund steht nämlich der Spielspaß – und der reißt trotz der genannten Einschränkungen kaum ab!

http://www.kosmos.de/

Bustamente, Frank / Nickoloff, Michael – Testimony Of Jacob Hollow, The

_Lovecraft again …_

Der Großmeister der Horror-SciFi und Ikone der düsterromantischen Bewegung spannt seine Netze immer weiter über den großen Schauplatz der internationalen Spiellandschaft. Lovecrafts Welt der spirituellen Geheimnisse und übersinnlichen Entdeckungen gehört mittlerweile zu einem der Leitmotive bei der Kreation neuer Strategie-, Brett- und Kartenspiele und brachte den Liebhabern des Genres in den vergangenen Jahren schon einige echte Klassiker des Metiers, unter anderem das hoch gelobte [„Arkham Horror“ 4085 aus der erfolgreichen Schmiede von |Fantasy Flight Games|.

Doch auch kleinere Verlage haben sich an diesen großen Namen herangewagt, jüngst zum Beispiel auch das kleine amerikanische Label |Third World Games|, über welches vor nicht allzu langer Zeit ein viel versprechendes Kartenspiel namens „The Testimony Of Jacob Hollow“ veröffentlicht wurde. Monster, Mythen und unheimliche Begegnungen sind hierbei anzutreffen, und bevor man sich versieht, ist man erneut mitten eingetaucht in den großräumigen Fundus von H. P. Lovecrafts Kosmos.

_Spielidee_

In Castle Bay geschehen seit einiger Zeit unheimliche Dinge. Grässliche Gestalten säumen das Bild der mittlerweile verlassenen Stadt, und die Angst derjenigen, die das Krisengebiet neuerlich zu erforschen begonnen haben, wächst von Minute zu Minute mehr. Jeder hat es nun selber in der Hand, sich den Kreaturen zu stellen, sich auf den Horror merkwürdiger Begegnungen einzulassen und in den abgelegenen Schauplätzen des beschaulichen Örtchens Punkte für erledigte Recherchen zu sammeln, die nicht nur das Überleben, sondern auch den Sieg in diesem Spiel sichern. Doch es ist Obacht geboten; häufig sind die Geschöpfe der Finsternis stärker, als man es zunächst vermutet …

_Spielmaterial_

Das Kartenmaterial zu „The Testimony Of Jacob Hollow“ besteht auch insgesamt 110 Einheiten, unterteilt in 90 Terror-, 14 Ortschafts- und 6 Charakterkarten. Jede dieser Karten zeigt ein besonderes Szenario des Spiels und trägt dank der wundervoll illustrierten Grafiken unheimlich deutlich zur schaurigen Spielatmosphäre bei – was die visuelle Komponente betrifft, haben wir es also schon einmal mit einem absoluten Volltreffer zu tun. Bezogen auf Anschaulichkeit und damit auch auf das sich bietende Gameplay muss gesagt werden, dass recht viele Infos auf den Karten enthalten sind, die erst einmal verarbeitet werden müssen. Gerade in der ersten Spielrunde ist die Vielzahl der abgebildeten Werte noch ein wenig verwirrend, weil man nie so recht weiß, welche Punktzahlen nun in welcher Situation gewertet werden bzw. welche Bedeutung der Karteninhalt nun genau für die Entwicklung des Spiels hat. Zwar folgt dies alles einem logischen Aufbau, jedoch ist dieser definitiv nichts für Einsteiger in Sachen strategisches Kartenspiel.

Dennoch ist das Material weitestgehend gefällig und überzeugt letztendlich auf jeden Fall wegen der feinen Horror-Grafik. Nur inwiefern die pinkfarbenen und leuchtend gelben Würfel damit in Einklang zu bringen sind, ist mir nicht ganz verständlich.

_Der Spielablauf_

In „The Testimony Of Jacob Hollow“ übernimmt jeder Spieler die Rolle eines der sechs Charaktere, die vor der Partie zur Auswahl stehen. All diese Charaktere haben in unterschiedlicher Anordnung die Werte vier und fünf für Lebenskraft respektive Willensstärke und müssen nun Runde für Runde an die entlegenen Orte reisen, entscheiden, ob sie sich den dort befindlichen Monstern stellen und möglicherweise auch kämpfen wollen und auf diese Weise versuchen, die erforderlichen zehn Recherchepunkte zu sammeln.

Zu Beginn des Spiels besitzt jeder Spieler genau fünf Terrorkarten auf der Hand sowie seinen Charakter, der ebenfalls als Karte offen ausliegt. Den Spielern bleibt nun selber überlassen, ob sie einen Ort aufsuchen oder doch nur ziellos vor der Gefahr flüchten und die gegebenen 14 Lokalitäten meiden – Letzteres wäre allerdings extrem kontraproduktiv, da man auf diese Weise arg schnell ins Hintertreffen gerät und die Punkte für Recherche leichtfertig den Gegnern überlasst.

Der Aufbau einer Runde gliedert sich nun in die folgenden Spielphasen:

|1.) Karten nachziehen|

Zu Beginn des Spielzuges zieht man bis zu drei Karten nach, bis man auf ein Maximum von fünf Karten kommt.

|2.) Ortschaften besuchen|

Nun kann man sich entschließen, eine neue Karte vom Ortsstapel zu ziehen und sich dorthin zu begeben oder eine bereits ausliegende Location zu besuchen. Die unterschiedlichen Orte haben dabei ganz verschiedene Eigenschaften. Gemeinsam ist ihnen nur, dass dort Investigationspunkte, also in diesem Sinne Siegpunkte, versteckt sind, die man nach erfolgreich bestandener Begegnung einsammeln darf. Allerdings ist dieser Mechanismus ein wenig komplexer, weil man nicht etwa die eigenen Handkarten während der Begegnungen ausspielen darf, sondern blind vom Nachziehstapel der Terrorkarten zieht, um sein Schicksal zu bestimmen. Auf den Location-Karten sind feste Werte abgebildet, die nun über den so genannten Flip-Modus genau getroffen werden müssen, um Monstern auszuweichen und an diesem Ort einigermaßen sicher zu sein. Beispielsweise ist der ‚Evade‘-Wert für die Flucht bei 1, 2 und 4 festgelegt. Der Spieler, der nun am Zuge ist, zieht (flip) nun eine Karte vom Terror-Stapel und betrachtet den Flip-Wert auf dieser Karte. Ist er identisch mit einer der erforderlichen Ziffern, konnte man erfolgreich entkommen. Ansonsten muss man sich der Begegnung stellen und kämpfen. Auch für Letzteres werden Karten nachgezogen, und zwar für sich selbst als auch für das Monster, das man bekämpft. Wer den Kampf gewinnt, überlebt das Szenario und darf nun schauen, ob er erfolgreich Investigationspunkte bekommen kann. Andernfalls droht eine bittere Konsequenz, möglicherweise auch der Tod und damit das Ende des Spiels. Allerdings dürfen vorzeitig Dahingeschiedene weiterhin ihre verbliebenen Terror-Karten ausspielen und die Gegner noch einmal richtig ärgern.

Investigationspunkte sind das A und O in diesem Spiel und führen schließlich auch zum Sieg. Man wird sie nur erlangen, wenn man sich an gefährliche Orte heranwagt und dort entweder vor dem Bösen flieht oder aber die Begegnungen überlebt. Bei Erfolg zieht man nach besagtem Flip-System eine neue Karte, addiert seine Werte für Willensstärke und vergleicht sie mit dem Target-Wert der Location-Karte. Wird dieser übertroffen, hat man die Ortschaft erstürmt und bekommt die entsprechende Punktzahl, die auf der jeweiligen Karte abgebildet ist.

|3.) Terror-Karten ausspielen|

Die Terror-Karten in der Kartenhand erlauben einige Bonusaktionen. So kann man zum Beispiel weitere Begegnungen für sich als auch für die Kontrahenten initiieren, die eigenen Werte aufstocken, die gegnerischen hingegen manipulieren, hilfreiche Gegenstände einsammeln oder direkt gegen neue Monster antreten. Diesbezüglich gibt es keine Begrenzungen, so dass man nach Wunsch sogar direkt alle Karten spielen kann.

|4.) Karten abwerfen|

Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass man mit der aktuellen Kartenhand nicht gänzlich zufrieden ist und bestimmte Karten in der individuellen Spielsituation von eher geringem Nutzen sind. In diesem Falle darf man nun im letzten Zug bis zu drei Karten abwerfen, um sich dieser Lasten zu entledigen.

_Spielende_

Sobald ein Spieler die erforderliche Anzahl Investigation Points besitzt, ist das Spiel sofort zu Ende. Gewonnen hat man „The Testimony Of Jacob Hollow“ mit insgesamt zehn Punkten – doch dies zu erreichen, ist leichter gesagt als getan.

_Persönlicher Eindruck_

Ein Spiel, das sich mit einem Teil des Lovecraft’schen Mythos auseinandersetzt, sollte natürlich vordergründig auf die Umsetzung des Themengebiets überprüft werden, welche in diesem Fall im Grunde genommen von ähnlicher Relevanz wie das Gameplay ist. Grafische Feinheiten werden bewertet, die Spielatmosphäre im Allgemeinen sowie die generelle Stimmung unter den Spielern, die sich während einer Partie dieses Kartenspiels entwickelt. Doch in dieser Hinsicht braucht sich „The Testimony Of Jacob Hollow“ vor keinem vergleichbaren Titel zu verstecken, denn in wirklich allen Belangen auf thematischer Ebene glänzt dieses flinke Horror-Spiel mit Authentizität und inhaltlicher wie visueller Brillanz. Die Illustrationen sind dabei das definitive Highlight und wohlweislich an die größten illustrierten Werke zum Thema Lovecraft angelehnt – zu denen im Übrigen auch das eingangs angeführte „Arkham Horror“ zählt, welches trotz weitaus üppigerer Gesamtausstattung zumindest in der visuellen Ausstrahlung ganz ähnliche Gänsehaut-Momente erzeugen konnte. Der Transfer des zugrunde liegenden Themenbereichs ist dementsprechend schon alleine die Investition wert.

Die Interaktion des Spiels steht diesen positiven Eindrücken indes in nichts nach. Der Mechanismus, mit dem die Begegnungen und Kampfsituationen simuliert werden, mag zwar letztendlich ein echtes Glücksspiel sein, unterstreicht aber die basische Spannung, die mit wachsender Spieldauer steil emporsteigt. Risikofreude und Abenteuerlust sind gefragt, gleichzeitig aber auch Wagemut und Geschick, denn schließlich muss man auch abwägen, inwiefern die Konkurrenz sich bestimmten Orten und Begegnungen stellt. Allerdings sind die Mittel, das eigene Schicksal zu beeinflussen, verhältnismäßig gering, so dass Strategie und Taktik hier nur minimal den Verlauf des Spiels bestimmen. Und dennoch lässt sich eine leichte Komplexität nicht wegdiskutieren, einerseits natürlich bezogen auf den etwas verwirrenden Aufbau der Karten, andererseits aber auch wegen der Fülle an Entscheidungen, die einem hier abverlangt werden. Denn auch wenn so mancher Entschluss sich eigentlich von selbst versteht, ist noch lange nicht alles selbstverständlich und transparent. Doch gerade deshalb – und nicht ausschließlich wegen der thematischen Umsetzung – lohnt es sich, „The Testimony Of Jacob Hollow“ über unzählige Spielrunden zu erforschen, dabei den eigentliche Witz des Spiels herauszufiltern und sich dennoch ständig von der prickelnden Atmosphäre mitreißen zu lassen. Mich persönlich hat das Spiel zunächst nicht überzeugt, nach genauerer Analyse der Dynamik und wachsender Erfahrung schließlich aber begeistert. Zwar scheinen knapp 20 US$ ein wenig happig für ein Kartenspiel, zumal mangels deutschem Vertrieb eventuell noch hohes Porto hinzukommt – doch wer die Chance bekommt, dieses Spiel irgendwie zu beschaffen, und dazu ein Fable für Lovecraft hat, der sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Und damit sind auch diverse Verlage angesprochen …

http://www.thirdworldgames.com/

Garfield, Richard – Magic: The Gathering – Zehnte Edition / Hauptset – Themendeck »Kamahls Temperament«

_Beschleunigtes Temperament_

Das rote Themendeck der zehnten Edition des Hauptsets setzt auf Eile und Geschwindigkeit; mächtige Kreaturen werden beschleunigt ins Rennen geschickt und überdies birgt jeder Zauber eine Garantie für gegnerische Schadenspunkte, manche sogar über den Friedhof hinaus. Dies macht „Kamahls Temperament“ zweifelsohne zum zerstörerischsten der fünf neuen Einsteigersets, mitunter aber auch zum am leichtesten spielbaren Deck der Jubiläumsedition.

Wie gehabt steht die Farbe Rot wieder für Chaos und Wut, derer man in „Kamahls Temperament“ Herr werden muss. Doch wer das rote Mana beherrscht, braucht sich um eventuelle Strategien und Taktiken kaum mehr Gedanken zu machen. Die Welle der Zerstörung schreitet unaufhaltsam fort und spielt sich mit wachsender Dauer fast von alleine. Das perfekte Einsteigerset? Wir werden sehen …

_Karteninhalt_

|Länder|

• 17x Gebirge

|Kreaturen|

• 1x Wütender Goblin (common)
• 1x Viashino-Sandspäher (common)
• 2x Zyklop vom Blutfelsen (common)
• 2x Bogardanischer Feuerunhold (common)
• 1x Verschwenderischer Feuerkundler (common)
• 2x Blitzelementar (common)
• 1x Welpe der Schmelze (uncommon)
• 2x Donnerriese (uncommon)
• 1x Kamahl, der Grubenkämpfer (rare)

|Andere|

• 1x Schock (common)
• 2x Einäscherung (common)
• 2x Kochende Erde (common)
• 1x Bedrohen (uncommon)
• 1x Leitstern der Zerstörung (rare)
• 1x Heiße Glut (uncommon)
• 1x Drachenklaue (uncommon)
• 1x Phyrexianische Gruft (uncommon)

_So spielt man das Deck_

„Kamahls Temperament“ ist ein temporeiches Set, welches sich in einer ganzen Reihe Karten mit der Eigenschaft ‚Eile‘ konstituiert. Kreaturen wie der Donnerriese oder der Blitzelementar können sofort ausgespielt werden, sobald sie aufgedeckt werden, und verfügen zugleich über eine beachtliche Offensivkraft. Des Weiteren besitzt das rote Deck ein recht ausgeprägtes Repertoire angriffslustiger Zauber. Der Leitstern der Zerstörung versetzt zum Beispiel einen heftigen, fünffachen Schadenspunkt-Schlag und darf anschließend wieder in der Bibliothek geschützt werden, wohingegen die Einäscherung immerhin noch drei Schadenspunkte garantiert, die zudem nicht mehr regeneriert werden können. Abhängig von der Zahl der getappten Gebirge können mit der Heißen Glut sowie der Kochende Ehre schließlich äußerst variable Schäden verursacht werden, die den Gegner bereits in den ersten Runden wesentlich zurückwerfen. Bevor dieser sich nämlich versieht, wird er entweder Opfer der Eile oder eines der mächtigen Zaubersprüche.

Nicht zu verachten sind auch die Spezialeigenschaften der Kreaturen; der Zyklop vom Blutfelsen greift mit satter 3/3-Energie ständig an, der Viashino-Sandspäher wandert nach jedem Angriff auf die Hand zurück, um mit ‚Eile‘ erneut zu kontern, und der Bogardanische Feuerunhold schafft es sogar, seinen Gegner selbst nach seinem Tod noch zu verwunden. Der Clou dabei: Die Manakosten für Zauber und Kreaturen sind verhältnismäßig gering, so dass man die eiligen Züge auch ruhigen Gewissens planen und schließlich auch durchführen kann, ohne dabei an anderer Stelle zu knapp zu kommen – und dies ist sicherlich der wohl entscheidende Aspekt von „Kamahls Temperament“. Im Blitztempo hat man sich des Gegners bemächtigt, sein Tempo gedrosselt und seine Defensivlinien durchbrochen. Kamahl der Grubenkämpfer hat schließlich leichtes Spiel und gibt den Kontrahenten endgültig den Rest – fast zu einfach, um wahr zu sein, aber letztendlich erfreuliche Realität!

_Persönlicher Eindruck_

Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie mächtig und ausgewogen die Mana-spezifischen Sets neuer Editionen bereits strukturiert sind. „Kamahls Temperament“ ist mit seiner Einstiegsgröße von lediglich 40 Karten zwar noch kein fähiges Turnierdeck, für Offensivstrategen aber sicherlich ein gutes Anfangsset, um das herum sich eine stete Erweiterung mit destruktiven roten Karten lohnen sollte. Die Angriffselemente sind in der Tat gewaltig, das Zusammenspiel von Kreaturen und Zaubern sogar fantastisch. Dort, wo die eine Partei kleine Lücken lässt, ist die andere bereits zur Stelle, um Chaos und Vernichtung herbeizuführen. Selbst kurze Rückschläge lassen sich ohne regenerative Kräfte wieder leicht ausmerzen, so dass das Deck schon fast zum Selbstläufer wird, zumindest im Vergleich zu den übrigen Decks der neunten Edition.

Und insofern ist „Kamahls Temperament“ auch in gewisser Weise aussagekräftig, was die gesamte zehnte Hauptedition von „Magic: The Gathering“ angeht. Die roten Karten scheinen nämlich mächtiger als je zuvor, selbst die Vielzahl der Common-Karten enthält diesbezüglich einige wirklich interessante und auch innovative Aspekte, die im kleinen Themendeck sehr gut zusammengefügt wurden. Neulinge unter den Befürwortern des erfolgreichsten Trading-Card-Games der Welt sollten auf jeden Fall überlegen, sich zu Beginn mit diesem kleinen Päckchen zu verstärken. „Kamahls Temperament“ ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man ein offensives Deck homogen und enorm effektiv zusammenstellt!

http://www.magicthegathering.de/
http://www.universal-cards.com
http://www.wizards.com/

|Siehe ergänzend dazu:|

[Magic: The Gathering 9. Edition – Schnelleinstieg 3335
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Armee der Gerechtigkeit« 3337
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Schon wieder tot« 3370
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Luftige Höhen« 3591
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Welt in Flammen« 3592
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Handgemachte Kreaturen« 4261
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Remasuri-Entwicklung« 3371
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Kreuzritter der Hoffnung« 3372
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Pelzige Pilzwesen« 3667
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Realitätsbruch« 3670
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Endloser Marsch« 3731
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Verwirrtes Hirn« 3734
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Ixidors Vermächtnis« 3741
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Rituale der Wiedergeburt« 3746
[Magic: The Gathering – Blick in die Zukunft – Themendeck »Rebellenvereinigung« 3748
[Magic: The Gathering – Blick in die Zukunft – Themendeck »Ausgesetztes Urteil« 3800
[Magic: The Gathering – Blick in die Zukunft – Themendeck »Schicksalszündung« 3873

[Magic: The Gathering – Zeitspirale-Zyklus Band 1 3720
[Outlaw 1864 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 1)
[Der Ketzer 2645 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 2)
[Die Hüterin 3207 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 3)
[Die Monde von Mirrodin 2937 (Magic: The Gathering – Mirrodin #1)

Dan Smith – Battle Of The Bands – The Rock & Roll Card Game

Rock & Roll – das Kartenspiel

Eigentlich ist es längst überfällig, das Kartenspiel zur dynamischsten Musikrichtung, die unser Planet seit jeher zu bieten hat, allerdings scheint der Markt in Europa für derartige Ideen nach wie vor nicht offen. Dan Smith sah sich daher gezwungen, seinen „Battle Of The Bands“ über den eigenen Kleinverlag zu publizieren, der jedoch hierzulande nach wie vor einen geeigneten Vertrieb sucht. Zeit also, dem Mann mal unter die Arme zu greifen, schließlich ist seine Idee zum gleichnamigen Kartenspiel in der Tat sehr sympathisch!

_Spielidee_

Dan Smith – Battle Of The Bands – The Rock & Roll Card Game weiterlesen

Cathala, Bruno / Laget, Serge – Schatten über Camelot

_Die Tafelrunde in Bedrängnis_

„Schatten über Camelot“ – ein verheißungsvoller Titel, dessen wahre Bedeutung im gleichnamigen Brettspiel von Bruno Cathala und Serge Laget die Basis für eine echte, spielerische Herausforderung liefert und einmal mehr die berühmten Ritter der Tafelrunde zum Thema macht. Anders als in den bekannten Geschichten um König Artus und seine Gefährten scheint die Bedrohung dieses Mal nämlich kaum noch zu stoppen zu sein; Belagerungsmaschinen warten vor Camelot, Morgana ist kurz davor, ihre Rachepläne endgültig in die Tat umzusetzen, die Sachsen und Pikten stehen quasi schon vor den Toren der legendären Festung, und an Excalibur und den Heiligen Gral bzw. dessen Befreiung ist unter Artus und seinen Gefolgsleuten derzeit nicht zu denken.

Wahrhaftig, es liegt ein Schatten über Camelot, und der einzige Weg, diesen Umstand zu bekämpfen, besteht darin, die Tafelrunde erneut zu versammeln und die sieben verwegensten Ritter in die Schlacht gegen das Böse zu entsenden. Ein letztes Mal müssen sie ihre Gemeinschaft unter Beweis stellen und an allen Fronten für den Weiterbestand ihres elitären Kreises kämpfen. Doch in Zeiten, in denen Camelot derart unter Beschuss steht, schwindet auch die letzte Hoffnung, diesen umfassenden Konflikt siegreich zu bestehen. Nur mit viel Geschick, strategischem Feingefühl, aufeinander abgestimmtem Teamwork und natürlich auch der nötigen Prise Glück kann Camelot gerettet werden – und genau diese Eigenschaften (Spiele Hits für Experten 2005 – Wiener Spiele Akademie; Spiel des Jahres 2006 – Sonderpreis Fantastisches Spiel; Deutscher Spiele Preis 2005 Platz 7; Bruno Faiduttis Spiel des Jahres 2005 …) sollten all diejenigen mitbringen, die sich an den fantastischen, bereits mehrfach ausgezeichneten angehenden Klassiker heranwagen. „Schatten über Camelot“ gilt nämlich nicht umsonst als ein Fest für all diejenigen, die auf dem Brett knifflige Aufgaben und schwierige Herausforderungen suchen …

_Spielmaterial_

• 1 Hauptspielplan
• 3 doppelseitige Questentafeln
• 16 Schwerter der Tafelrunde
• 168 Charakter-, Ereignis- und Treue-Karten
• 7 Wappentafeln
• 7 Standard-Würfel
• 1 Regelheft
• 1 Questenbuch
• 3 Reliquien
• 4 Sachsenkrieger
• 4 Piktenkrieger
• 12 Belagerungsmaschinen
• 7 Ritter

Tolle Grafiken, anschauliches Handling, sehr viel Liebe fürs Detail und generell ein sehr schöner, atmosphärischer Rahmen für die Schlachten der Tafelrunde – bei „Schatten über Camelot“ wurde mit keiner einzigen Facette gegeizt. Gerade was die optische Komponente betrifft, werden Fantasy-Liebhaber Freudentränen vergießen, sobald sich ihnen der umfassende Spielplan und die tollen Illustrationen auf den Karten offenbaren. Aber auch die tolle landschaftliche Adaption des klassischen Camelot und allgemein die sehr schöne Spielübersicht, die trotz allen Facettenreichtums gewährleistet ist, sorgen schon vor der ersten Partie für große Erwartungen, die hinsichtlich des Spielmechanismus im Folgenden auch mehr als genügend befriedigt werden.

Insofern reicht eigentlich schon ein Blick auf den Namen des Herausgebers; derart hochwertiges, stimmiges Material gibt’s bei |Days of Wonder| nämlich serienmäßig!

_Spielidee_

Camelot wird von einer Vielzahl finsterer Gefahren bedroht und scheint der momentanen Situation nicht mehr Herr werden zu können. Die Ritter der Tafelrunde sind ein weiteres Mal gefragt und müssen im Namen des Königs in die Bresche springen, um das drohende Unheil mit vereinten Kräften abwenden zu können. Allerdings ist die Lage brisanter denn je, da gleich von allen Seiten Intrigen gesponnen werden. Die bösen Mächte streben nach dem Besitz Excaliburs und versuchen gleichzeitig, den Heiligen Gral in ihren Besitz zu bringen. Auch die Rüstung Lancelots, ein Garant für Schutz und Zuversicht, ist hart umstritten und droht verloren zu gehen. Derweil marschieren die Sachsen und Pikten auf und greifen die Festung aus nächster Nähe an. Die Belagerungsmaschinen warten mit schweren Geschossen auf ihren Einsatz, und auch der schwarze Ritter nutzt die Gunst der Stunde, um seinen Einfluss auf zerstörerische Art und Weise geltend zu machen.

Die Spieler müssen nun das kombinierte Übel bekämpfen und die Gefahren an allen Fronten abwenden. Zusammen begeben sie sich an die Fronten, kämpfen um die mächtigen Artefakte der Macht und bündeln alle Kräfte, um die anstehenden Questen erfolgreich zu meistern. Ihre Erfolge werden mit symbolischen Schwertern auf der Tafelrunde Camelots gemessen – ebenso wie ihr Versagen. Dabei ist es Ziel der vereinten Ritter, ein Übergewicht zu erzielen, welches durch Bestehen der Questen und der wiederholten erfolgreichen Bekämpfung der Gefahren in Camelots unmittelbarer Umgebung erreicht wird. Erfolge und Misserfolge werden in Camelot gemessen und gewertet; und diejenige Fraktion, die am Ende mehr Schwerter einbringt, besteht die wohl schwerste Schlacht, die Camelot bislang erlebt hat. Doch abseits dessen ist weiterhin Obacht geboten. Möglicherweise intrigiert nämlich ein Verräter die eigenen Reihen und begünstigt im Unglücksfall die Niederlage des eigenen Ritterheers. In Camelot ist eben nichts mehr sicher!

_Vorbereitung_

Eine ganze Weile vor der ersten Partie sollte man sich bereits intensiv mit den Regeln beschäftigen, unter anderem auch, weil der Umfang des Regel- und Questenheftes doch recht anständige Ausmaße annimmt. Zwar ist das Regelwerk sehr übersichtlich und verständlich aufgebaut, doch benötigt man letztendlich doch gut und gerne eine ganze Stunde, um die Inhalte aufzusaugen und sie verständlich und komplett an die übrigen Spieler weiterzugeben. Dies sollte also dringend berücksichtigt werden, damit nicht vorab unnötiger Leerlauf entsteht.

Sobald alle Spieler mit den Regeln vertraut sind, beginnt der Aufbau. Das Hauptspielfeld wird in die Mitte des Tisches platziert, dort herum die einzelnen Questenfelder mit ihrer Oberseite. Anschließend werden die weißen und schwarzen Karten separat gut durchgemischt und auf dem Spielfeld bereitgelegt. Jeder Spieler erhält zu Spielbeginn nun eine weiße Merlinkarten sowie fünf weitere Karten des weißen Nachziehstapels. Außerdem erhält man (natürlich) verdeckt einen der sieben Charaktere bzw. die zugehörige Tafel, auf die man anschließend den passenden Würfel ablegt. Dieser dokumentiert die Lebenskraft des Ritters, die zunächst den Wert 4 hat. Die Ritter-Miniaturen werden schließlich auf die Tafelrunde in Camelot gestellt, die Artefakte hingegen auf die einzelnen Questen. Als Letztes werden nun die Treuekarten verteilt. Möglicherweise erhält nun ein Spieler die Karte des Verräters, in dessen Rolle er im Laufe des Spiels hineinwachsen muss. Diese Option sollte man allerdings gerade in den ersten Partien überdenken, da man sowieso schon genug damit zu tun hat, die einzelnen Finessen des Spiels kennen zu lernen, um nicht plötzlich vom Spiel gespielt zu werden!

_Spielaufbau_

Jeder Spielzug in „Schatten über Camelot“ ist in genau zwei Spielphasen aufgeteilt, in denen sowohl die bösen Mächte als auch die Ritter der Tafelrunde zum Einsatz kommen. Differenzierter dargestellt, teilt sich eine Spielrunde wie folgt auf:

|1.) Fortschritt des Bösen|

Bevor die Ritter zur Tat schreiten können, verbreitet sich zunächst ein weiteres Mal das Übel über Camelot. Gleich drei unterschiedliche Optionen von fast gleicher Brisanz bieten sich dem Helden, wobei jedes Mal wieder individuell im Team entschieden werden muss, welcher Zug nun mehr oder weniger sinnvoll erscheint.

Die unvorhersehbare, wohl auch spannendste Handlungsalternative ist dabei das Ziehen einer schwarzen Karte. Diese bezieht sich jedes Mal auf eine der Questen und bringt schwarze Ritter ins Spiel, bringt Excalibur und den Heiligen Gral dem Bösen näher oder wartet im schlimmsten Fall sogar mit der Spezialeigenschaft eines befeindeten Charakters auf. Jedoch besteht keine andere Wahl: Der Text der Karte muss befolgt und ausgeführt werden, so ungünstig er auch gerade sein mag.

Je nach Situation empfiehlt es sich, stattdessen eine weitere Belagerungsmaschine vor die Felder Camelots zu setzen. Allerdings sollte man beachten, dass das Spiel sofort mit einer Niederlage endet, sobald zwölf Belagerungsmaschinen dort untergebracht sind. Gerade beim Verlust der Artefakte sollte man daher besser auf diese Option verzichten, da die Anzahl der Belagerungsmaschinen in dieser Situation noch schneller anwächst.

Wer sich kaum mehr zu helfen weiß, jedoch noch über die nötige Lebenskraft verfügt, kann auch einen Lebenspunkt opfern, um den Fortschritt des Bösen abzuschließen. Jedoch zählt hier: Ist die Zahl der Lebenspunkte auf 0 gesunken, ist der Spieler sofort aus dem Spiel ausgeschieden und seinen Mitstreitern keine Hilfe mehr.

|2.) Heldentat|

Sobald man die unangenehmen Fortschritte der bösen Kräfte über sich hat ergehen lassen, darf man sich nun zur Wehr setzen und die Gefahren bekämpfen. Insgesamt stehen fünf Heldentaten zur Auswahl, die man jeweils auf das aktuelle Spielgeschehen und – ganz wichtig – auch mit seinen Mitspielern abstimmen muss.

Der wohl am häufigsten gewählte Spielzug ist die Reise von einer Quest zur nächsten. Hierbei bewegt man seine Heldenfigur lediglich von einem Ort zum anderen, verbraucht dafür aber eine ganze Heldentat. Da dies oftmals recht hinderlich sein kann, sollte man darauf achten, dass man sich gezielt auf dem Spielplan verteilt und jeder dort individuell seine Stärken ausspielen kann, wo es ihm seine aktuelle Kartenhand erlaubt.

Sobald man dann an einem Ort angelangt ist, kann man dort eine spezielle Aktion durchführen, um die Quest zugunsten der Ritter zu wenden. Am Heiligen Gral können zum Beispiel Gralkarten abgelegt werden, derer sieben ausreichen würden, um den Gral zu gewinnen. Weiterhin können Kampfkarten gegen den schwarzen Ritter oder bei der Lancelot-Quest ausgespielt , selbige in der Schlacht gegen Pikten und Sachsen verwendet oder in Camelot für Kartennachschub oder Vertreibung von Belagerungsmaschinen gesorgt werden. Die Vielzahl der Möglichkeiten ergibt sich aus den einzelnen Questen, die später noch näher ins Auge gefasst werden. Das A und O ist lediglich eine gute Aufteilung, um diese wohl für den Sieg wichtigste Heldentat durchführen zu können.

Das Ausspielen einer weißen Spezialkarte ist die dritte Option. Hierbei handelt es sich um Karten mit ganz besonderen Kräften, die dem Team einen noch deutlicheren Vorteil gegenüber dem Bösen verschaffen. Dementsprechend begrenzt ist ihre Anzahl und ergo auch Vorsicht beim Umgang mit ihnen geboten.

Ritter, deren Leben beinahe ausgehaucht ist, können sich in einer anderen Heldentat ein Stück weit heilen. Für jeweils drei identische weiße Karten erhält man einen Lebenspunkt zurück. Ein hoher Einsatz, der sich jedoch in Krisensituationen als unvermeidlich herausstellt.

Im Spiel mit dem Verräter bietet sich als Letztes nun noch die Gelegenheit, eine Anklage zu erheben. Hierzu verdächtigt man gezielt eine Person des Verrats, muss aber auch alle damit einhergehenden Konsequenzen tragen. Voraussetzung sind sechs bereits vor Camelot befindliche Belagerungsmaschinen und sechs Schwerter in beliebiger Farbe innerhalb der Tafelrunde. Wer berechtigt anklagt, bringt ein weiteres weißes Schwert nach Camelot. Andernfalls wird ein weißes sofort auf die schwarze Seite umgedreht. Übrigens darf auch der Verräter selbst anklagen und so ein bisschen Verwirrung stiften.

Zusätzlich zu den eigentlichen Heldentaten dürfen die Ritter auch noch eine zusätzliche Tat vollbringen. Wer die Heldentat doppelt ausführen möchte, opfert hierzu einen Lebenspunkt. Man darf aber nie die gleiche Heldentat während eines Zuges zweimal ausführen, soll heißen die zweite Tat im Bunde muss aus dem verbliebenen Repertoire der Heldentaten gewählt werden. Eine weitere Stütze für die Ritter sind die jeweiligen Spezialeigenschaften, die sich weitestgehend auf die Heldentaten beziehen und einige hilfreiche Zusatzoptionen erlauben. Auch dies sollte man in keinem Zug außer Acht lassen.

_Die Questen_

Um die erstrebten weißen Schwerter zu ergattern und Camelot vor dem Untergang zu bewahren, müssen die Spieler verschiedene Questen bestehen, deren Aufgaben grundlegend völlig unterschiedlich sind. Es gibt Soloquesten, die nur von einem Ritter gelöst werden können, wiederkehrende Questen, die niemals endgültig abgeschlossen werden, und Kampfquesten, in denen man die eigene Kampfkraft gegen die des schwarzen Ritters oder Lanzelot behaupten muss. Insgesamt spielt sich das gesamte Szenario parallel in sechs Questen ab, die allesamt nie aus dem Auge gelassen werden dürfen.

|1.) Das Turnier gegen den schwarzen Ritter|

Das Turnier findet auf dem Hauptspielbrett statt und erfordert zwei gleichwertige Pärchen an Kampfkarten, um von Seiten des eigenen Teams beendet zu werden. Dies heißt, es dürfen beispielsweise Karten mit den Werten 2 und 4 in jeweils doppelter Form gespielt werden, um die Queste abzuschließen. Allerdings kann auch der schwarze Ritter beim Fortschritt des Bösen mächtige Karten entgegensetzen. Erst im abschließenden Vergleich der Kampfpunkte wird über Sieg und Niederlage entschieden, wobei es hier jedes Mal wieder um ein gewonnenes oder eben auch verlorenes Schwert geht. Der Kampf gegen den schwarzen Ritter ist eine Soloqueste.

|2.) Die Lanzelot-Queste|

Ähnlich wie bei der vorangegangenen Queste, startet ein Ritter auch hier solo in den Kampf und bemüht sich, durch einen Sieg Lanzelots Rüstung in seinen Besitz zu bringen. Waren es eben noch zwei Pärchen, ist hier ein Full House erforderlich, um ein vorzeitiges Ende herbeizuführen. Dies sollte man auch möglichst schnell erledigen, da die Punktzahlen der Lanzelot-Karten ggf. sehr hoch sind und es verhältnismäßig schwierig ist, sie zu übertrumpfen. Wer die Queste gewinnt, erhält schließlich die Rüstung und darf fortan im Fortschritt des Bösen jedes Mal zwei Karten ziehen und eine wieder unter den Stapel legen, sprich selektieren.

|3.) Die Drachen-Queste|

Sobald die Lanzelot-Queste abgeschlossen ist, beginnt der Kampf gegen den Drachen. Hier geht es nun schon um zwei Schwerter, wobei man jetzt nicht mehr solo antreten muss. Allerdings sind drei Drillinge gesetzt, um den Kampf zu beenden und den Vergleich der Karten zu ermöglichen – und auch hier gilt: Lässt man den Drachen zu lange gewähren, hat man am Ende kaum mehr eine Chance, ihn zu besiegen.

|4.) Die Excalibur-Queste|

Excalibur wird in der Mitte eines Flusses aufbewahrt und soll von dort aus möglichst an das Ufer der guten Seite gebracht werden. Schwarze Excalibur-Karten treiben es jedoch immer weiter ab, so dass ein schnelles Entgegenwirken erforderlich ist. Hierzu bedarf es ausnahmsweise keiner Spezialkarten. Es reicht schon, eine weiße Karte verdeckt abzuwerfen. Wer die Queste gewinnt, erhält nicht nur Excalibur und die Möglichkeit, jedem Kampf einen Wert von +1 hinzuzufügen, sondern gewinnt für das Team zwei weitere, wertvolle Schwerter.

|5.) Die Gral-Queste|

Der Heilige Gral ist die vielleicht am härtesten umkämpfte Gruppenqueste. Weiße Gralskarten stehen der bösartigen schwarzen Zunft gegenüber, und erst dann, wenn endlich eine Seite die andere gänzlich verdrängt hat, sind drei Schwerter fällig. In insgesamt sechs Spielen ist unserer Gruppe dies aber noch nie gelungen.

|6.) Die Pikten- und Sachsenkriege|

Jeweils vier Felder für Sachsen- und Piktenkrieger warten darauf, von Camelot verteidigt zu werden. Es gilt dabei, Kampfkarten mit den Werten 1 bis 5 in der richtigen Reihenfolge auszulegen, bevor der vierte Krieger auf dem jeweiligen Kriegsfeld eintrifft. Ansonsten droht nämlich ein weiteres schwarzes Schwert!

_Spielende_

Das Spiel kann jederzeit plötzlich enden, sobald die zwölfte Belagerungsmaschine Camelot erreicht oder das siebte schwarze Schwert in die Tafelrunde gelegt wird. Ansonsten endet „Schatten über Camelot“ in derjenigen Runde, in welcher das zwölfte Schwert die Tafelrunde komplettiert. Die Siegbedingungen für die gute Seite sind dabei mindestens sieben weiße Schwerter. Bei Gleichstand hat man indes verloren, da sich ein Ritter schließlich niemals mit einem Unentschieden begnügt. Es kann allerdings auch geschehen, dass mehr als zwölf Schwerter in die Tafelrunde kommen, zum Beispiel wenn bereits elf dort ausliegen und schließlich die Gral-Queste mit weiteren drei Schwertern gelöst wird. Insofern sind sechs schwarze Schwerter – und somit ein drohender Gleichstand – noch kein Genickbruch!

Sollte sich bei einer Niederlage herausstellen, dass ein Verräter im Spiel war, hat er alleine gewonnen. Ansonsten hat das gesamte Team gemeinsam verloren bzw. bei Erfüllung der Siegbedingungen auch zusammen gewonnen.

_Persönlicher Eindruck_

Sträfliche zwei Jahre habe ich den Gedanken mit der intensiveren Auseinandersetzung mit diesem Spiel nun schon vor mir hergeschoben, auf den letzten beiden Messen in Essen krampfhaft versucht, einen freien Spieltisch zu ergattern und es endlich zu testen und auch später immer wieder überlegt, endlich den vielen Kritikerstimmen zu folgen und „Schatten über Camelot“ der eigenen Sammlung hinzuzufügen. Mittlerweile ist das Spiel neben „Zug um Zug“ zum erfolgreichsten Titel im hochwertigen Programm von |Days of Wonder| angewachsen, hat eine immense Anzahl ganz unterschiedlicher Spielpreise eingeheimst und genießt unter Freunden des komplexeren Brettspiels bereits seit geraumer Zeit absoluten Kultstatus. Daher stellt sich auch im Nachhinein die unverständliche und auch unbeantwortete Frage, was der langjährigen Zurückhaltung zugrunde lag.

Nun, darüber möchte ich mir nach einigen euphorischen wie verzweifelten Spielrunden keine Gedanken mehr machen: „Schatten über Camelot“ ist nämlich wie ein Virus über meine Spielgemeinschaft eingebrochen und beschäftigt auch nach einer ganzen Reihe mehr oder minder erfolgreicher Partien gegen das Spiel immer noch die Gemüter jedes Einzelnen. Gerade die ersten Spiele entwickelten sich dabei zur hitzigen Diskussionsrunde, da man von den einzelnen Komponenten geradezu überrannt wurde und selbst ohne den Verräter keine Chance sah, die allerorts aktive Bedrohung einzukesseln und zu besiegen. Insbesondere eine Partie zu dritt wurde dabei zum Akt der Verzweiflung, in dem man dem wachsenden, durch die schwarzen Karten ausgelösten Übel nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Aber auch mit etwas mehr Erfahrung und unter Berücksichtigung aller Feinheiten, Finessen und Hinterhalte avancierte der Kampf zwischen der Tafelrunde auf der einen und Camelots Feinden auf der anderen Seite zu einem heißen Kopf-an-Kopf-Rennen, das zumindest bislang in den meisten Fällen verloren ging, weil man letztendlich doch die Prioritäten wieder falsch gewichtet hatte.

Es ist ergo also unheimlich knifflig und auch jederzeit wieder situationsabhängig, in welcher Art man sich aufstellt, wo man fokussierter agiert, welche Bedrohung man als Erste angeht und wie man vermeidet, nur noch zu reagieren, nicht aber mehr zu agieren. Letzteres wird sich zwar kaum vermeiden lassen, jedoch sollte man dennoch mit allen Mitteln versuchen, die Kontrolle im weitesten Sinne auf seiner Seite zu wissen, denn ansonsten geschieht genau das, was fast schon der Garant für die Niederlage ist: Man lässt sich vom Spiel spielen – und welcher begeisterte und erfahrene Brettspieler will sich dieses peinliche Ereignis schon gerne eingestehen?

Fakt ist also, dass „Schatten über Camelot“ trotz zunächst für simpel erachteten Aufbaus im Grunde genommen über einige komplex ineinander verwobene Spielmechanismen verfügt, die sich nicht auf Anhieb durchschauen lassen. Es ist ein steter Lernprozess, des Spiels und der individuellen Situation Herr zu werden, gezielt Taktiken und Strategien zu entwickeln und angesichts der Aussichtslosigkeit der Lage niemals die Geduld und die Hoffnung zu verlieren – und dies kann nur gelingen, wenn man als Team arbeitet, bereit ist, seine eigene Figur zugunsten des Vorteils der anderen Ritter in den Hintergrund zu stellen, und auch mal unliebsame Ereignisse auf sich nimmt, um das konzentrierte Übel nicht zu sehr zu stärken.

Trotz Karten- und Zeitmangel, einer potenziellen Kette von Niederlagen und wachsender Frustration lässt einen das Spiel aber dennoch nicht los und fordert immer wieder zu einer weiteren Partie auf. Der Spielreiz ist unheimlich hoch und endet auch nach dem ersten Sieg nicht, zumal in diesem Fall ein Ausbau durch die Integration des Verräters noch einmal gänzlich neue Eigenschaften freigibt.

Bei aller Komplexität und Verschachtelung bleibt der Spielablauf indes durchweg stimmig und fließend; das Regelwerk liefert hierzu die nötige Basis, die ineinander greifenden Mechanismen erklären sich hingegen nach einigen Zügen wie von selbst. Hinzu kommt ein ausgewogenes Verhältnis aus Strategie und Glück, wobei Letzteres sich vorwiegend durch das Nachziehen der Karten definiert und nur von einer guten Vorausplanung einigermaßen effektiv eingegrenzt werden kann. Der eigentliche Clou ist allerdings das kooperative Element des Spiels; gemeinsam für Camelot zu streiten, ist ein besonderes Gefühl, im Hinblick auf die tolle Atmosphäre und die herausragend umgesetzte Spielidee sowieso. Dass hierzu wirklich alle nötigen Rahmenbedingungen geschaffen wurden, ist schließlich der letzte Baustein zu einem durch und durch genialen, rundum perfekten Brettspiel.

http://www.daysofwonder.com/shadowsovercamelot/de/

Haferkamp, Kai – Rettet den Märchenschatz

|Selecta|, eines der führenden Unternehmen im Bereich von qualitativ hochwertigem Kinderspielzeug, hat zur Wintermesse in Nürnberg dieses Mal ein besonders reichhaltiges Repertoire an Brettspielern für die jüngste Generation zusammengestellt. Damit hat man das bereits bestehende Kontingent maßgeblich erweitert und vor allem auch einmal mehr unter Beweis gestellt, dass man gemeinsam mit Spielzeugverlagen wie |Haba| in diesem Marktbereich richtungsweisend ist – unter anderem auch wegen solch toller Lernspiele wie „Rettet den Märchenschatz“.

_Der Hintergrund_

Der böse König hat sich am wertvollsten Gut des Märchenlandes vergriffen und sämtliche Märchenbücher verbrannt. Nur ein Buch ist noch erhalten geblieben, jedoch hat der König auch hier Schindluder getrieben und es entzwei gerissen. Im gesamten Schlossgarten liegen die durchtrennten Seiten verstreut und warten nur darauf, von ihren Liebhabern wieder aufgelesen zu werden. Mit Mut und Teamgeist begeben sich die Spieler nun in das Labyrinth des königlichen Gartens und bemühen sich, die zusammengehörigen Teile wieder zu kombinieren. Allerdings ist der König währenddessen nicht untätig. Um den Schlossgarten herum schiebt er Wache und lässt den Abenteurern nicht viel Zeit, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Eile und Besonnenheit sind gefragt, um dem strengen Blick des Königs zu trotzen und den letzten Märchenschatz zu retten.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 24 Märchenplättchen
• 21 Gartenplättchen
• 14 Märchenbuchseiten
• 1 Kordel
• 1 Kirschbaum
• 4 Spielfiguren
• 1 König
• 1 Spielanleitung
• 1 Märchenheft „Der Märchenschatz“

Das Material von „Rettet den Märchenschatz“ ist durch und durch hochwertig und steigert die Freude am Spiel bereits vor dem Einstieg in eine Partie. So sind die illustrierten Märchenplättchen sowie die entsprechenden Buchseiten nicht nur stabil gestaltet, sondern auch sehr schön im klassischen Märchenstil illustriert. Weiterhin ist der Spielplan vollkommen robust und vermeidet bereits im Ansatz Beeinträchtigungen im Spielsystem. Lediglich das Verschieben der Plättchen während des Spielverlaufs bereitet teilweise Probleme, die jedoch nicht auf gravierende Mängel bei den Spielmitteln zurückzuführen sind.

Rein optisch sind indes die Spielfiguren die absoluten Highlights und auch ein ständiger Blickfang. Freundlich bemalt und erfinderisch aufgebaut (unter anderem Filz als Haarersatz), setzen sie das i-Tüpfelchen auf das in jeglicher Hinsicht rundum gelungene Spielmaterial.

_Der Aufbau_

Bevor man mit dem Spiel starten kann, gilt es erst einmal, das Spielfeld aufzubauen. Hierzu benötigt man unter anderem auch die Unterseite der Schachtel, in die zunächst der Spielplan und auf diesen schließlich offen die 24 Märchenplättchen abgelegt werden. Jeder Spieler hat nun kurzzeitig die Gelegenheit, sich die Lage der einzelnen Plättchen genauer einzuprägen. Anschließend werden die übrigen Plättchen verdeckt auf die Märchenplättchen gelegt. Das Feld gegenüber vom Eingang des umrandeten Spielfelds wird dabei mit der bunten Seite der Grasplättchen aufgedeckt und darauf anschließend die Spielfiguren platziert.

Am Ende bleiben genau drei Märchenplättchen ohne Bedeckung, damit man die verdeckten Plättchen im Spielverlauf auch flüssig schieben kann. Zum Schluss der Vorbereitungsphase legt man die Seiten des Buches noch offen aus und positioniert den König auf seine Startposition. Der Baum wird in dieselbe Ecke gestellt wie die Spielfiguren und spendet ihnen zum Anfang der Partie ein wenig Schatten. Ist der Spielplan schließlich ordnungsgemäß aufgebaut, kann man mit dem Spiel beginnen.

_Ein Spielzug_

In einer Spielrunde schiebt ein Spieler nun ein beliebiges Plättchen aus der Auslage der Grasplättchen senkrecht oder diagonal über das Spielfeld und deckt so neue Märchenplättchen auf. Es ist auch erlaubt, ganze Reihen zu verschieben, solange man die Schubrichtung nicht verändert. Wenn es einem nun gelungen ist, durch ein- oder zweifaches Verschieben ein zusammengehöriges Märchenplättchen-Paar gleichzeitig aufzudecken, darf man die zugehörige Buchseite an sich nehmen und hat ein weiteres Teil des Buches zurück erkämpft. Außerdem werden nun die Märchenplättchen umgedreht, damit ersichtlich wird, dass das entsprechende Pärchen bereits gefunden wurde. Als Letztes darf man nun eines der Plättchen aus der ‚obersten Plättchenschicht‘ auf die grüne Seite bewegen, um zu einem späteren Zeitpunkt dann die Figur auch über das Feld zu bewegen. Nach jedem eigenen Spielzug darf man sich um genau ein Feld vorwärts bewegen, allerdings auch nur, wenn man sich auf ein grünes, nicht aber auf eines mit der grauen Rückseite als Oberfläche bewegt. Ziel ist es nämlich nicht bloß, die Märchenblätter einzusammeln, sondern das daraufhin zusammengeschnürte Märchenbuch durch den Ausgang aus dem Schlossgarten heraus zu manövrieren. Allerdings zieht auch der König seine Runde um den Schlossgarten, sobald die erste komplette Seite entdeckt wurde, so dass fortan Eile geboten ist, will man den großen Märchenschatz tatsächlich retten. Hat der König seinen Spaziergang nämlich auf dem letzten Feld beendet, bevor man das Buch zusammengeschnürt hat, haben alle Spieler verloren.

Reihum versuchen nun alle möglichst schnell, die verlorenen Buchseiten aufzustöbern und einzusammeln und sich währenddessen Schritt für Schritt zum Ausgang zu bewegen. Im Wettstreit mit dem König beginnt ein eiliges Rennen, das man immer dann verliert, wenn der König zuerst das Ziel erreicht. Prophylaktisch sollte man allerdings auch rechtzeitig Vernunft annehmen und den Garten vorzeitig verlassen. Denn sobald der König gewinnt, ist der gesamte Märchenschatz für immer verloren. Sollte man ihm jedoch zuvorkommen, ohne die Buchseiten gänzlich aufgedeckt zu haben, kann wenigstens noch ein Teil der literarischen Sammlung geschützt werden.

_Spielende_

„Rettet den Märchenschatz“ kann auf unterschiedliche Art und Weise enden. Die schlechteste Variante ist natürlich die vorzeitige Ankunft des Königs; in diesem Fall haben alle Spieler verloren. Wenn die Jäger des Märchenschatzes indes die verheerende Ankunft des Throninhabers nicht abwarten wollen und sich entschließen, noch vor dem Ende ihrer eigentlichen Mission zu flüchten, kommt es zumindest zu einem Patt. Der Idealfall ist jedoch der vollständige Transfer des Märchenschatzes. Sobald dies eintritt, werden die Buchseiten mit der Kordel zusammengebunden. Jetzt darf der Spieler mit den meisten gesammelten Buchseiten sich eine der Geschichten des Schatzes aussuchen. Anschließend wird dieses Märchen vorgelesen.

_Persönlicher Eindruck_

„Rettet den Märchenschatz“ – ein Titel, der eigentlich auch sinnbildlich für den schludrigen Umgang mit den traditionellen Fabeln steht. Die alten Erzählungen werden heuer nur noch höchst selten von Generation zu Generation weitergegeben, geschweige denn ihrem Status entsprechend gewürdigt. Dieser Entwicklung legt Kai Haferkamp nun jedoch einige Steine in den Weg. Mittels Elementen von Spielen wie „Das verrückte Labyrinth“ sowie dem klassischen Memory-Spiel tastet er sich spielerisch an den enormen Fundus alter deutscher Märchen heran und schafft es über diesen Umweg mit einer unverhofften Leichtigkeit, diesen großartigen Schatz seinem jungen Publikum nahezubringen.

Zuvor gilt es jedoch erst einmal, besagten Märchenschatz aufzustöbern, was grundsätzlich keine schwierige Aufgabe ist. Allerdings ist die Erkundungsreise im Märchenwald ein eiliges Unterfangen, denn schon bei der ersten Spur des Erfolges kämpft man gegen den König und damit auch gegen die Zeit. Nun sollte es erwachsenen Spielern sicherlich nicht schwerfallen, innerhalb dieses festgesetzten Zeitrahmens alle zwölf Kartenpärchen zu finden, jedoch darf man selbst dann die Brisanz des eilenden Königs nicht unterschätzen. Ein paar Leichtigkeitsfehler, und schon droht die unheilvolle Niederlage. Aber Haferkamp hat diese frustrierenden Elements aufs Wesentliche beschränkt und gibt allen Spielern eine sehr, sehr faire Chance, rechtzeitig wieder den Garten zu verlassen und unbeschadet davonzukommen.

In diesem Sinne ist „Rettet den Märchenschatz“ wohl auch nur für die zunächst angesprochene Zielgruppe (ab vier Jahren) langfristig interessant, zumal die Knobeleien bei besagten Memory-Spielchen nun wirklich sehr stark vereinfacht sind und der König trotz der oben angeführten Brisanz genügend Felder als Puffer hat, bis er dann doch einmal im Schlossgarten auftaucht. Aber mehr Anspruch und Herausforderung sollte es für dieses Publikum auch nicht sein, unter anderem auch, weil man immer gleich mehrere divergierende Spielzüge ausführen muss, für die eine gewisse Auffassungsgabe eben zwingend erforderlich ist. Der Lohn der Mühen, die Darbietung einer Fabel, ist schließlich der Höhepunkt des gesamten Spiels. Das Vorlesen der Märchengeschichte rundet das kommunikative, interaktive Vergnügen ab, wenngleich diesbezüglich zu bemängeln ist, dass nicht zumindest eine kurze Fassung der beinhalteten Märchen im Begleitheft eingetragen ist. Aber andererseits hat Haferkamp hier einige deutliche Inspirationen zur Anschaffung eines neuen Märchen-Schinkens hinterlassen, anhand dessen hier Abhilfe geschaffen werden könnte.

In jedem Fall hat der Autor ein richtig tolles Konzept erarbeitet, in dem sich Strategie, Glück, Kommunikation und die stimmige Spielatmosphäre gleichberechtigt und auf qualitativ sehr hochwertigem Niveau die Hand reichen können. „Rettet den Märchenschatz“ ist ein wahnsinnig tolles Kinderspiel: Didaktisch, unterhaltsam und bezogen auf die grundsätzliche Idee einfach stark! Wenn letztendlich auch noch ein Bewusstsein über den tatsächlichen Wert des betitelten Schatzes geschaffen werden kann, hat Haferkamp mehr erreicht, als er sich erhoffen konnte. Zu gönnen wäre es dem ambitionierten Spieleschöpfer allemal!

Startseite

Dominique Ehrhard – Condottiere (Dritte Edition)

_Historische Hintergründe_

Italien im Zeitalter der Renaissance; das angehende Bündnis ist noch in eine ganze Reihe Kleinstaaten gespalten, deren Verhältnis untereinander recht angespannt ist. Das Herzogtum Mailand und die Republiken Venedig, Genua und Florenz stehen an der Spitze der Macht und bestimmen zu großen Teilen das Geschehen. In eben jener Zeit treten die Condottiere auf den Plan, mutige Anführer stolzer Söldnerarmeen und versierte Strategen der Kriegskunst. In Windeseile wurden sie zu den gefürchtetsten Persönlichkeiten im gesamten Lande und brachten die unterschiedlichen Staaten gewaltig gegeneinander auf. Ihr Einfluss war immens, so dass es ihnen binnen weniger Jahre gelang, ihre Position durch Kriegsführung derart zu stärken, dass sie schließlich die politischen Geschicke des späteren Italiens in ihre Hände nahmen – und letztendlich ganze Dynastien bildeten, die bis heute nicht in Vergessenheit geraten sind.

_Spielidee_

In „Condottiere“ schlüpfen die Spieler nun in die Rolle der gleichnamigen Söldnerführer und eifern somit berühmten Feldherren wie Francesco Sforza und Giovanni Medici nach. Jeder Spieler repräsentiert einen der berüchtigten Condottieri und versucht, die einzelnen Kleinstaaten unter sein Regiment zu bringen. Ihm zur Seite stehen dabei nicht nur die eigenen Söldner, sondern auch allerhand motivierende Hilfskräfte, beispielsweise die Trommler oder die Heldinnen, die den Wagemut des eigenen Heeres noch einmal erhöhen. Gleichsam müssen die Condottieri jedoch auch mit den Einflüssen der Natur rechnen; im Winter beispielsweise sind selbst die stärksten Söldner kaum belastbar, wohingegen gerade jene zu Beginn des Frühlings besonders aufzutrumpfen wissen. So kämpfen sich die Condottieri durch die Jahreszeiten, stets darum bemüht, die Länder zu unterwerfen und möglichst ganze Regionen in den eigenen Besitz zu bringen. Fünf einzelne Staaten bzw. drei aneinander grenzende Gebiete reichend dabei aus, um als der Größte unter seinesgleichen aus dem Wettstreit hervorzugehen.

_Spielmaterial_

• 58 Söldnerkarten
• 3 Winterkarten
• 3 Frühlingskarten
• 6 Bischofskarten
• 3 Heldinnenkarten
• 3 Kapitulationskarten
• 12 Kurtisanenkarten
• 6 Trommlerkarten
• 16 Vogelscheuchenkarten
• 1 Condottiere-Stein
• 1 Papststein
• 1 Spielplan
• 1 Spielregel

Die Spielmaterialien von „Condottiere“ sind rein optisch betrachtet wirklich prächtig aufgearbeitet; die Grafiken der einzelnen Protagonisten spiegeln die Atmosphäre des kriegerischen Treibens adäquat wider. Allerdings ist aller Anfang schwer, weil die Erläuterungen nicht noch einmal separat aufgeführt sind und man dementsprechend erst einmal eine ausführlichere Kartenkunde betreiben muss, um sicher zu agieren. Doch dies stellt sich bereits nach wenigen Spielrunden als äußerst unproblematisch heraus.

So überwiegen letztendlich der fantastische Eindruck der tollen Grafik (darunter fällt übrigens auch der anschauliche Mini-Spielplan) sowie die optischen Genüsse, die dieses Spiel uneingeschränkt auszeichnen.

_Das Kartenmaterial_

Um sich in „Condottiere“ zurechtzufinden, ist es definitiv erforderlich, sich zunächst umgehend mit den unterschiedlichen Spielkarten auseinanderzusetzen. Im Einzelnen hat das Material dabei folgende Funktionen:

|- Söldner|

Die Söldner bilden den Stamm des Kartenmaterials. Sie entscheiden in den einzelnen Schlachten über Sieg und Niederlage. Insgesamt sind es 58 Karten mit ganz unterschiedlichen Punktewerten, von denen die Kampfstärke eines jeden Einzelnen ausgeht. Damit sind die Söldner auch das vorrangig aktive Element des Spiels.

|- Winter|

Sobald der Winter einbricht und die dies betreffende Karte ausgespielt wird, schrumpfen die Werte aller Söldner auf genau einen einzigen Punkt. Außerdem werden sofort ausliegende Frühlingskarten abgeworfen. Es lohnt sich also, den Winter auszuspielen, um damit die stärkeren Karten des Gegners quasi zu entwerten und die eigene Position indirekt zu stärken.

|- Frühling|

Konträr zum Winter ist der Frühling ein belebendes Element, von dem speziell die stärksten gerade ausliegenden Söldnerkarten profitieren. Sie sind nämlich nun weitere drei Punkte wert, welche die aufstrebende Moral und Lebenskraft symbolisieren. Außerdem verdrängt der Frühling den Winter und eignet sich somit bestens zum Konter.

|- Bischof|

Wer den Bischof ausspielt, darf damit die höchste ausliegende Söldnerkarte aus dem Spiel nehmen. Sollte diese also ein Kontrahent besitzen, erscheint dieser Zug schon einmal als lohnenswert. Des Weiteren ermöglicht der Bischof das Verrücken der Papstfigur. Dort, wo nämlich der Papst seine Audienz hält, darf keine Schlacht ausgeführt werden. Im Hinblick auf die Siegbedingungen, dass bereits drei angrenzende Staaten zum Gewinn des Spiels reichen, sollte man also auch hiermit taktieren.

|- Heldin|

Die Heldin ist unabhängig und wird weder von den Jahreszeiten noch vom Einfluss des Bischofs beeinträchtigt. Sie hat einen festgelegten Kampfwert von zehn Punkten und ist dementsprechend besonders wertvoll – in jeder Schlacht!

|- Kapitulation|

Wer diese Karte ausspielt, zieht sich vom Kampf zurück, kann ihn aber wider jegliche Erwartung dennoch gewinnen. Die Kapitulation beendet nämlich die Schlacht und erklärt denjenigen, der die größte Kampfstärke aufweist, zum Sieger, also möglicherweise auch den, der die Karte ausgespielt hat.

|- Kurtisane|

Die Kurtisanen nehmen ebenfalls an der Schlacht teil, haben jedoch nur eine Kampfstärke von einem Punkt. Dennoch lohnt es sich, sie teilhaben zu lassen, denn der Spieler, der die meisten Kurtisanen zum Kampf beiträgt, darf im Anschluss den Condottiere-Stein weitersetzen – dies ist sonst nämlich immer dem Gewinner der Schlacht vorbehalten. Und da der Condottiere-Stein bestimmt, wo als nächstes gekämpft wird, sollte man diese Option immer wieder in Betracht ziehen.

|- Trommler|

Der Trommler ermutigt die eigene Schlachtreihe, noch schonungsloser zu streiten. Somit verdoppelt sich unter seinem Einsatz die gesamte Kampfkraft des eigenen Heeres – sicher keine schlechte Eigenschaft …

|- Vogelscheuche|

Die Vogelscheuche ist das Bluff-Element des Spiels; sie erlaubt es, eigene Söldnerkarten zurück auf die Hand zu nehmen, was gerade dann sinnvoll erscheint, wenn ihr Einsatz mit einem Mal überflüssig erscheint. So können beispielsweise 10er-Söldner vor Einbruch des Winters befreit werden.

_Spielvorbereitung_

Sobald man die Karten nun etwas genauer studiert hat, kann das eigentliche Spiel beginnen. Vor der ersten Runde wird der Spielplan ausgebreitet; jeder Spieler erhält die Herrschaftssteine in seiner Farbe und legt diese vor sich ab. Der jüngste Spieler nimmt den Condottiere-Spielstein an sich und teilt nun an jeden Spieler verdeckt zehn Karten aus. Schließlich setzt er den Stein auf ein Feld seiner Wahl; dort findet nun die erste Schlacht statt.

_Spielablauf_

Das Spiel gliedert sich insgesamt in drei aufeinander folgende, festgelegte Phasen, die wie folgt konstituiert sind:

|1.) Schlacht beginnen|

Der Spieler, der den Condottiere-Spielstein besitzt, wählt eine Region aus, in der die nächste Schlacht stattfinden soll.

|2.) Karten ausspielen|

Reihum spielen die Kombattanten ihre Karten aus und legen diese offen vor sich ab. Die Auslage bildet nun die eigene Schlachtreihe. Jedes Mal, wenn eine neue Karte hinzugefügt wird, nennt der jeweilige Spieler die Gesamtstärke dieser Schlachtreihe zur besseren Übersicht.

Wer sich nun entscheidet, dass keine weiteren Karten mehr ausgelegt werden sollen, hat die Möglichkeit auszusetzen. In diesem Fall dürfen die übrigen Spieler aber dennoch so lange weiter Karten auslegen, wie es ihnen beliebt. Die Schlacht ist schließlich beendet, sobald kein Spieler mehr Karten auslegen möchte. Eine andere Möglichkeit wäre das Ausspielen der ‚Kapitulation‘, die ebenfalls einen Schlussstrich unter das Kampfgeschehen setzen würde.

|3.) Schlacht beenden|

Sobald die Schlacht ihr Ende gefunden hat, vergleichen die Spieler die Kampfstärke ihrer Schlachtreihen. Derjenige mit der höchsten Punktzahl (unter Berücksichtigung aller Sonderkarten) gewinnt die Schlacht und setzt einen Herrschaftsstein auf das umkämpfte Gebiet. Dieses kann ihm nun nicht mehr genommen werden. Anschließend wird der neue Condottiere bestimmt, wobei man hier auch sehen muss, inwiefern Kurtisanen an der Schlacht beteiligt waren. Der Erwählte darf nun den Stein auf ein neues Schlachtfeld positionieren, wobei bereits erkämpfte Regionen sowie der momentane Aufenthaltsort des Papstes kategorisch auszuschließen sind. Spieler, die nun keine Söldnerkarten mehr auf der Hand haben, können optional die gesamten Handkarten abwerfen. Falls nur noch einer oder gar keiner mehr Karten auf der Hand hat, ist die Runde sofort beendet. In diesem Fall werden alle Karten neu gemischt und erneut zehn an jeden Spieler verteilt. Außerdem bekommt jeder Spieler eine zusätzliche Karte pro in Besitz gebrachte Region. Sollten allerdings noch mindestens zwei Spieler Handkarten besitzen, geht es lediglich in die nächste Schlacht, nicht jedoch in die nächste Runde.

_Spielende_

Sobald ein Spieler drei aneinander grenzende oder fünf unabhängige Staaten besitzt, hat er das Spiel gewonnen. Im Spiel zu zweit und zu dritt erhöht sich diese Zahl um jeweils eins. Nach jeder Schlacht werden also die Siegbedingungen überprüft und möglicherweise frühzeitig der Sieger gekürt.

_Persönlicher Eindruck_

„Condottiere“ machte mich zunächst sehr skeptisch; zwar schien das Spielmaterial auf Anhieb ansprechend, jedoch machte das Spiel nach der Regelkunde einen eher unspektakulären, fast schon langweiligen Eindruck, da die einzelnen Spielzüge in sich widersprüchlich aussahen. Warum sollten zum Beispiel nicht alle Spieler jedes Mal ihre Handkarten komplett abwerfen, um damit das Maximum herauszuholen und gleichzeitig neue Karten zu bekommen? Gerade diese Option stimmte mich vor der ersten Partie skeptisch. Und in der Tat; in der ersten Begegnung zu zweit bestätigten sich die diesbezüglichen Eindrücke, zumal der Schlagabtausch kaum taktisch ausfiel und einzig und allein auf das Glück bei der ersten Kartenauswahl erschien. Auch nach mehreren Partien machte ein direktes Zweierduell nur wenig Sinn, unter anderem auch, weil sich die Herrschaftssteine nicht etwas weitläufiger auf dem Spielfeld verteilten und die Siegbedingungen schnell erfüllt bzw. die dort hinführende Taktik kaum durchbrochen werden konnten.

Gänzlich andere Resultate erzielte indes die Runde im größeren Spielekreis; plötzlich offenbarte sich die zunächst versteckte Spieltiefe und widerlegte Schritt für Schritt alle skeptischen Gedanken. Nun kann es sich nämlich nicht jeder leisten, seine Karten bedingungslos auszuspielen und abzuwerfen, weil man sich somit womöglich für eine weitere oder sogar mehrere folgende Schlachten zu disqualifizieren drohte. Des Weiteren war es nun gar nicht mehr so leicht, Staaten in seinen Besitz zu bringen, die zudem auch noch aneinander grenzten. Alsbald wurden die direkte Umgebung eines gerade gewonnen Feldes nämlich schon von den anderen Condottieri besetzt, so dass man sich bereits wieder anderweitig umschauen musste – und genau dieses Element war eines der wesentlichen Bestandteile, die im Minimalkreis noch vermisst wurden. In diesem Sinne musste die einstweilige Enttäuschung im Nachhinein wieder relativiert und lediglich auf das Spiel zu zweit gemünzt werden.

Sobald jedoch mehrere Spieler an „Condottiere“ beteiligt sind, eröffnet sich ein richtig gutes, bisweilen auch strategisches Kartenspiel mit einigen interessanten Elementen und Mechanismen, die sich erst nach und nach richtig erschließen lassen und somit den anhaltenden Reiz auch im weitesten Sinne definieren. Es hängt zwar unabhängig von der Spielerzahl immer noch sehr viel davon ab, welche Karten man nachzieht, jedoch ist dennoch individuell jeder selber seines eigenen Glückes Schmied und hat auch bei Benachteiligung mit der Kartenhand gute Chancen, das Spiel noch zu seinem eigenen Vorteil zu wenden – und genau dies erfordert schließlich auch ein derartiges Kartenspiel.

Alles in allem überwiegen also doch die positiven Eindrücke, wobei einfach darauf verwiesen werden muss, dass man das Spiel auch nur dann auspacken sollte, wenn man mit mindestens drei oder vier Interessenten zugange ist. Ansonsten zeigt sich die durchaus vorhandene Spieltiefe nämlich nicht einmal im Ansatz und verwässert möglicherweise – da spreche ich nun aus Erfahrung – das positive Resümee.

http://www.heidelberger-spieleverlag.de/
http://www.hds-fantasy.de/

Schacht, Michael – Zooloretto

_Der überraschende Preisträger_

Lange Wochen und Monate nach der letzten Messe wurde bereits gemunkelt, welcher Spieltitel es auf die prestigereiche Liste der fünf auserwählten Titel für den Vorentscheid zum „Spiel des Jahres 2007“ schaffen würden. Dabei galten einige Fan-Favoriten wie beispielsweise „Die Säulen der Erde“ und „Colosseum“ als gesetzt, ebenso „Die Baumeister von Arkadia“ und „Der Dieb von Bagdad“. Während es die letzten beiden Namen auch tatsächlich dorthin brachten und weniger überraschend auch von „Yspahan“ und dem zweiten |Queen Games|-Werk „Jenseits von Theben“ begleitet wurden, waren sich Kritiker zunächst uneins, was „Zooloretto“ in dieser Auswahl verloren hatte. Schon das abschreckende Cover, welches verstärkt an das klassische Memory-Spiel erinnert, stieß vielen auf, ohne dabei aber wirklich zu wissen, was sich hinter dem hübschen Naturbildchen um den kleinen Pandabär verbirgt. Als „Zooloretto“ letzten Endes dann auch tatsächlich noch das Rennen machte, war die Überraschung groß. Doch mittlerweile ist die damit einhergehende Skepsis schon wieder fast gänzlich gewichen. Viele Neugierige haben sich dann doch einmal zu einer Testrunde hinreißen lassen – und wie nun jeder weiß, hat die Jury erneut Recht behalten: „Zooloretto“, und dem kann ich nach mehreren Testrunden nur zustimmen, ist ein würdiger Träger des wohl wichtigsten europäischen Spielpreises und – das darf ich schon einmal vorwegnehmen – definitiv eines der schönsten Familienspiele der vergangenen Jahrgänge!

_Spielidee_

In „Zooloretto“ schlüpfen zwei bis fünf Spieler in die Rolle eines Zoobesitzers, dessen Ziel darin besteht, möglichst viele Besucher in seine Gehege zu locken und dadurch die wichtigen Besucherpunkte zu erhalten. Wer es dabei schafft, seine Gehege zu füllen und dazu auch noch einige lukrative Verkaufsstände zu platzieren, kommt schließlich auch in den Genuss, seinen Zoo ausbauen und die potenzielle Besucherzahl noch weiter hochtreiben zu können. Allerdings sollte man hierbei einer Überfüllung vorbeugen, denn sind die Gehege einmal voll, müssen die Tiere in den Stall – und das mögen sie überhaupt nicht. Es geht also darum, die maximale Gehegegröße auszureizen, gleichzeitig darauf zu achten, dass die Tierarten voneinander abgeschirmt leben können, und schließlich auch Verkaufsstände aufzubauen, um die Besucher in die einzelnen Abschnitte des Zoos zu locken. Wer hierbei die meisten Punkte einheimst, ist der Gewinner des Spiels.

_Spielmaterial_

• 16 runde Nachwuchsplättchen (jeweils 2 von 8 Tierarten)
• 88 quadratische Tierplättchen (jeweils 11 von 8 Tierarten)
• 12 quadratische Verkaufsstände-Plättchen (jeweils 3 in 4 Typen)
• 12 Münzplättchen
• 5 Zootafeln
• 5 Ausbautafeln
• 5 Transportwagen
• 30 Münzen
• 1 runde Holzscheibe
• 5 Übersichtskarten
• 1 Spielregel

In der Tat hat man sich bei der Gestaltung des Materials zu „Zooloretto“ ordentlich ins Zeug gelegt. Das Material ist nicht nur zeichnerisch sehr liebevoll aufgemacht, sondern auch in Sachen Stabilität und Spielbarkeit eine der momentan besten und vorzeigbarsten Produktionen. So hat man für die Plättchen und Tafeln extradicken Karton verwendet, während die Transportwagen und Münzen in ihrer Holzverarbeitung ohnehin sehr massiv sind. Hinzu kommt die simple, aber effiziente Aufmachung jener Plättchen. Das Spiel bzw. der Umgang mit den Materialien erklärt sich nach kurzer Einführung fast von selbst, was ja nicht nur in Anbetracht der jüngsten Preisverleihung ein entscheidendes Element ist. Insofern also ein dickes, dickes Lob an Michael Schacht und die beteiligten Designer. Das Material ist in jeglicher Hinsicht fantastisch!

_Spielvorbereitung_

Abhängig von der Spielerzahl werden zu Beginn einer Partie mehrere Tierarten aus dem Spiel heraussortiert. Lediglich im Spiel zu fünft bleiben alle Tiere erhalten. Die verbleibenden quadratischen Plättchen mit Tieren, Verkaufsständen und Münzen werden nun gemischt und verdeckt auf dem Spieltisch verteilt. Es bietet sich auch an, den mitgelieferten Stoffsack zu verwenden und sie darin zu verstauen. Nun werden 15 Plättchen gezogen und verdeckt aufeinander gelegt. Ans obere Ende legt man schließlich die rote Holzscheibe als Markierung. Sobald alle Plättchen aufgebraucht sind und man in der Aktionsphase auf diesen Stapel zurückgreifen muss, wird die letzte Runde eingeläutet.

Die Nachwuchsplättchen werden indes offen abgelegt, ebenso die Münzen. Für jeden Spieler werden ein Transportwagen, eine Zoo- und eine Ausbautafel genommen. Letztere erhält er nun als sein Spielbrett, wobei die Ausbautafel noch verdeckt bleibt. Außerdem bekommt man ein Startguthaben von zwei Münzen, mit dem nun das Spiel beginnen kann. Der Startspieler wird hierzu per Zufall ausgewählt.

_Spielablauf_

Das Spiel gliedert sich in genau drei Aktionsphasen, aus deren Pool man jeweils eine pro Zug auswählen darf. Folgende Möglichkeiten stehen den Spielern zur Verfügung:

• ein Plättchen auf einen Transportwagen legen
• einen Transportwagen nehmen und aussteigen
• eine Geldaktion durchführen

|a) Ein Plättchen auf einen Transportwagen legen|

Der Spieler nimmt eines der verdeckten Plättchen auf und entscheidet sich nun, auf welchen Transportwagen es abgelegt werden soll. Hierbei muss das Fassungsvermögen von drei Plättchen pro Wagen bedacht werden. Außerdem sollte man überlegen, inwiefern man sich selber einen Vorteil verschaffen und den Gegner gleichzeitig schwächen kann. Eine zu kostbare Zusammenstellung könnte nämlich dazu führen, dass der nächste Spieler einem den prall gefüllten Wagen vor der Nase wegschnappt und man auch noch aktiv dazu beigetragen hat, den Konkurrenten zu bereichern. Daher wird gerade in diesem Schritt schon sehr häufig über den weiteren Verlauf des Spiels entschieden, da der Faktor Risiko hier mit Abstand am höchsten ist.

Sobald alle Wagen gefüllt sind, muss man später auf eine andere Aktionsmöglichkeit ausweichen. Anders schaut es hingegen aus, wenn keine Plättchen mehr auf den regulären Nachziehstapeln liegen. In diesem Fall wird nun der Stapel, der noch von der roten Holzscheibe abgedeckt wird, verwendet und damit auch die letzte Spielrunde eingeleitet.

|b) Einen Transportwagen nehmen und aussteigen|

Auch in dieser Aktion spielt das Risiko eine bedeutende Rolle. Man hat nämlich die Möglichkeit, sich einen Transportwagen vorzeitig zu nehmen, kann aber auch warten, bis er eventuell noch besser gefüllt ist, wobei diesbezüglich nie Garantie besteht. Ohne Risikobereitschaft läuft hier demzufolge also nichts.

Sobald ein Spieler für sich nun für diese Möglichkeit entscheidet, nimmt er einen Wagen an sich und legt die Plättchen in einem seiner drei Gehege oder eben in seinem Stall an. Es sind dabei Bedingungen zu beachten, zum Beispiel dass pro Gehege nur eine Tierart erlaubt ist, so dass man eventuell auf den Stall zurückkommen muss. Dort sind die Tiere aber natürlich unzufrieden, und man sollte schauen, sie schnellstmöglich wieder herauszuholen, damit es am Ende der Partie keine Minuspunkte gibt. Erfreulicher ist stattdessen die Vervollständigung eines Geheges. Sobald das letzte Tierplättchen dort ausgelegt wurde, bekommt man einen auf dem Spielplan verankerten Münzsatz ausgehändigt. Dies kann auch dann geschehen, wenn Männchen und Weibchen einer Tierart aufeinander stoßen. Sollte dies der Fall sein, bekommen sie umgehend Nachwuchs und füllen ein weiteres Feld im Gehege.

Unter den Gütern des Transportwagens könnte sich auch ein Verkaufsstand befinden. Diesen abzugreifen, ist auch eine wichtige Maßnahme, da er selbst in schwächer besetzte Gehege Besucher lockt und auch bei der Endpunktverteilung in diesen Bereichen Punkte sichert. Aber auch Geld ist ein wichtiges Element, denn ohne finanzielle Unterstützung wird man weder seinen Zoo ausbauen noch zwischendurch wichtige Tausch- und Umbauaktionen durchführen.

Wer allerdings den Wagen nimmt, ist für die laufende Runde ruhiggestellt; er darf erst dann wieder aktiv am Spiel teilnehmen, wenn alle Spieler einen Wagen genommen und abgeladen haben.

|c) Eine Geldaktion ausführen|

Mit Geld kann man in „Zooloretto“ Entscheidendes bewegen. Für den Preis einer Münze ist es zum Beispiel möglich, im Stall zwischengelagerte Tiere auf eines der Gehege zu verteilen. Der Preis versteht sich dabei pro Tier. Ausweichend kann man auch Tierarten zwischen zwei Gehegen bzw. dem Stall tauschen, sofern dies logistisch möglich ist. Man spricht bei diesen Aktionen von Umbau. Darunter fällt auch die Versetzung eines Verkaufsstandes innerhalb des Spielplans.

Ein wenig teurer ist der Kauf eines Tieres aus dem gegnerischen Stall. Für zwei Münzen pro Tier (eine geht hiervon an den Spieler, eine an die Bank) kann man hier nach Belieben zugreifen, ohne dass der bisherige Eigentümer eingreifen könnte. Auch die Abgabe eines Tieres aus dem Stall ist zu dieser Summe möglich.

Die teuerste Zugalternative ist schließlich der Ausbau des Zoos. Mit drei Münzen kann man nun die Ausbautafel aufdecken und sie für das weitere Spiel gebrauchen.

Das Spiel wird nun so lange fortgesetzt, bis der Stapel unter der roten Holzscheibe angebrochen wird. Die dann begonnene Runde wird noch zu Ende gespielt und anschließend die Wertung angefügt.

_Spielende und Wertung_

Nach der letzten Spielrunde wird abgerechnet. Jedes volle Gehege bringt eine festgelegte Punktzahl. Leichte Abzüge gibt es, falls genau ein Tier im Gehege fehlt. Diejenigen Tierparks indes, in denen noch mehr Stellplätze frei geblieben sind, werden zunächst einmal nicht mit Punkten gelohnt, es sei denn, dort ist auch ein Verkaufsstand aufgebaut. In diesem Fall bekommt man immerhin noch einen Punkt pro Tierplättchen.
Derweil sind auch Punktabzüge an der Tagesordnung, und zwar jeweils zwei für jeden Verkaufsstand und jede Tierart, die sich noch im Stall befinden.

Das Spiel gewinnt letztendlich derjenige, der aus dieser Schlusswertung mit den meisten Punkten hervorgeht.

_Persönlicher Eindruck_

Zugegeben, ich gehörte auch zur Gruppe der Zweifler und damit zu denjenigen, die potenziell andere Titel der nunmehr bald abgelaufenen Saison an der Spitze gesehen haben. Allerdings muss ich auch ehrlich gestehen, dass mir „Zooloretto“ nur vom Hörensagen ein Begriff war und ich mich kurzzeitig über die Nichtberücksichtigung von „Colosseum“ und „Die Säulen der Erde“ wunderte. Denn nach den Erfahrungen mit diesen beiden Titeln hätte ich mir eine Steigerung in diesem Bereich kaum vorstellen können.

Doch genau dies – und das ist mir mit ein wenig Distanz auch bewusst geworden – soll „Zooloretto“ allerdings auch gar nicht sein, weil man sich einfach ganz klar vor Augen führen muss, dass die vielzitierte Auszeichnung auf ganz individuellen Kriterien aufbaut und vor allem darauf gemünzt ist, einen Titel auszuwählen, der ein sehr breites Publikum anspricht. Und unter Berücksichtigung dessen muss man die Jury zu ihrer Entscheidung beglückwünschen; man hat nämlich wieder einmal ein Spiel gefunden, welches nicht nur für alle Altersklassen geeignet scheint, sondern auch die Bereiche Strategie, Glück, Risikobereitschaft und Langzeitspaß zu einer homogenen Einheit verschweißt und demzufolge als bester Allrounder aus der Wahl hervorgeht. Insofern stimme auch ich zu, dass wir in der Liste der Auserwählten erneut einen würdigen Titelträger ehren können, der sich in die Qualitätshochburg der jüngsten Sieger (sieht man mal vom eher überbewerteten „Niagara“ ab) nahtlos einreiht.

Davon einmal abgesehen, sollte man „Zooloretto“ auf keinen Fall bloß unter dem Aspekt der diesjährigen Ehrung betrachten, selbst wenn die damit einhergehenden Erwartungshaltungen vollends befriedigt werden. Das Spiel ist nämlich auch aus ganz unabhängiger Perspektive gesehen ein richtig tolles Familienspiel mit innovativen strategischen Inhalten, spannender Interaktion und dazu auch sympathischer Aufmachung. Obwohl der generelle Spielaufbau eher schlicht ist, gilt es doch so viel zu berücksichtigen, angefangen bei der Entscheidungsfindung in den aktiven Aktionsmöglichkeiten bis hin zur kniffligen Frage, wann man seine Transportwagen in den Zoo befördert. Runde für Runde bestimmt der persönliche Wagemut über das mehr oder minder glücklichere Schicksal des Spielers und macht das Ganze zu einem unverhofft, aber begrüßenswert taktischen Vergnügen, das zudem auch noch äußerst temporeich sein kann.

Die Kombination dessen sowie die verhältnismäßig kurze Spielzeit animieren schließlich auch Wiederholungstäter immer wieder von neuem und lösen sogar ein kleines Suchtgefühl aus, das ich mir nach den ersten Informationen über das Spiel nie hätte träumen lassen. Doch es macht weiterhin Spaß, mich vom Gegenteil zu überzeugen und das bunte, dynamische Treiben im eigenen Zoo ständig zu begutachten. Und damit haben wir gleich zwei Dinge gelernt: Erstens soll man sich nicht von einem nichts sagenden Cover in der ersten Meinungsbildung beeinflussen lassen, und zweitens sollte man nun wirklich nicht zu viel auf die skeptischen Analysen Dritter geben, bevor man sich selber einen Eindruck verschafft hat. Nichtsdestotrotz hoffe ich jedoch, dass man meinem Resümee vertraut, das da lautet, dass „Zooloretto“ ganz losgelöst von den beabsichtigten Vergleichen mit den übrigen Titelanwärtern berechtigterweise „Spiel des Jahres 2007“ geworden und im Bereich der spielerischen Familienunterhaltung einfach top ist!

http://www.abacusspiele.de

Prinz, Peter – Jenseits von Theben

_Alle Jahre wieder …_

… gelingt es dem fleißigen Team von |Queen Games|, einen ihrer Titel in die Auswahlliste für das |Spiel des Jahres| zu hieven. Nachdem man bislang nur einmal diesen Titel ins Haus holen konnte, nämlich 2003 mit „Der Palast von Alhambra“, standen die Chancen in diesem Jahr wieder sehr gut, zumal unter den Top-5 gleich zwei Spiele aus dem Verlagsprogramm positioniert werden konnten. Neben [„Der Dieb von Bagdad“ 4177 schaffte es dabei ein Titel in die Rangliste, welcher bereits vor dem eigentlichen Release heiß diskutiert wurde: „Jenseits von Theben“. In diesem Familienspiel aus der Feder von Peter Prinz schlüpfen zwei bis vier Spieler in die Rolle von Archäologen, die im 20. Jahrhundert auf gleich drei Kontinenten nach wertvollen Artefakten suchen, um diese später gewinnbringend gegen Siegpunkte auszutauschen oder diese gar in einer Ausstellung präsentieren zu können. Einige neue Spielmechanismen und recht ansprechendes Spielmaterial waren die Referenzen, die „Jenseits von Theben“ heimlich zum Favoriten avancieren ließen – dass letztendlich „Zooloretto“ das Rennen machte, konnten dementsprechend viele nicht so recht nachvollziehen. Warum „Jenseits von Theben“ aber dennoch ein würdiger Titelträger gewesen wäre, soll nun hier näher betrachtet werden.

_Spielmaterial_

• 1 Spielanleitung
• 1 Beiblatt mit Übersicht
• 1 Spielplan
• 4 Archäologen
• 4 Zeitsteine
• 1 Jahresstein
• 85 Forscherkarten
• 10 Ausstellungskarten
• 5 Übersichtskarten
• 4 Chronokel
• 4 Sätze Grabungserlaubnisse
• 155 Grabungsplättchen
• 5 Stoffbeutel

Nicht selten wurde bei der Materialauswahl eines Produktes von |Queen Games| bemängelt, dass der Verlag stets recht ähnliche Materialien verwendet und die Identität eines einzelnen Spiels sich dementsprechend viel schwieriger herausheben kann. Dies kann man im Falle von „Jenseits von Theben“ allerdings nicht behaupten. Mit dem wirklich neuartigen Mechanismus des Chronokels, einer Drehscheibe, die letztendlich entscheidet, inwiefern man seine Grabungen durchführen kann, hat man zum Beispiel eine völlig unbekannte Komponente hinzugefügt, die sofort das Interesse weckt. Des Weiteren ist auch die grafische Gestaltung völlig individuell auf das Thema zugeschnitten und unterscheidet sich doch recht stark vom häufiger bemängelten Standard. Davon mal völlig abgesehen, ist das Material zum Teil auch wirklich sehr edel aufgearbeitet. Die fünf Stoffsäckchen, in denen die einzelnen Artefakte aufbewahrt werden, machen schon auf den ersten Blick etwas her, unter anderem schon wegen der tollen Skizzen, welche die einzelnen Grabungsstätten noch einmal hervorheben. Aber auch die Plättchen und Karten setzen auf das Prinzip Qualitätssicherung und komplettieren das positive Resümee, dass man sich hier wirklich in sämtlichen Details sehr viel Mühe gemacht hat, um „Jenseits von Theben“ mit den bestmöglichen Rahmenbedingungen auszustatten – vorbildlich!

_Ziel des Spiels_

Die Archäologen reisen unabhängig durch einige bedeutende Städte Europas, um dort das nötige Wissen für ihre Grabungsexpeditionen zu sammeln. In Paris, Berlin, London, Wien, Rom und Moskau bietet sich ihnen jederzeit die Möglichkeit, neues Wissen zu erlangen, um später in Ägypten, Griechenland, Palästina, Kreta oder Mesopotamien erfolgreich zu forschen. Allerdings drängt die Zeit, denn in jedem Forschungsgebiet darf pro Jahr nur einmal gegraben werden, und da die Reisen ebenfalls einiges an Zeit verschlingen, ist eine gezielte Planung das A und O, um a) in kürzester Zeit möglichst viel Wissen zu erlangen und b) bei den Ausgrabungen Artefakte hervorzuholen und so die nötigen Siegpunkte zu sammeln. Denn je mehr Wissen man besitzt, desto intensiver darf man an den einzelnen Fundstellen seine Grabungen betreiben.

Das Spiel dauert abhängig von der Spielerzahl zwischen zwei und drei Spielzeitjahren. Wem es in dieser Zeit gelingt, durch solche Grabungen die meisten Siegpunkte zu erlangen, der ist der verdiente Sieger.

_Vorbereitung_

Zunächst werden die Ausstellungskarten und die Forscherkarten nach einem speziellen Mechanismus gemischt, so dass die Ausstellungen erst später gezogen werden können. Der Spielplan wird ausgebreitet und auf die vier freien Stellen für die Forscherkarten jeweils eine Karte ausgelegt. Die Mitspieler entscheiden sich für eine Farbe und bekommen in dieser ihr Chronokel, ihre Grabungserlaubnisse und den Archälogen, den sie auf das Feld der Stadt Warschau setzen. Der Zeitstein wird indes auf das erste Feld der Jahresleiste gesetzt, welche die 52 Wochen eines Jahres symbolisiert. Der Jahresstein markiert zu Beginn das Jahr 1903; immer wenn ein Jahr vorübergeht, wird er ein Feld weiter nach oben bewegt. Als Letztes werden nun die Artefakte in die einzelnen Stoffbeutel verteilt. Lediglich ein Artefakt mit dem Wert 1 wird aus jeder Sorte entnommen und auf den zugehörigen Ausgrabungsort gelegt – wer hier nun als Erster gräbt, bekommt dieses später als Bonus. Jetzt kann das eigentliche Spiel beginnen.

_Spielablauf_

„Jenseits von Theben“ wird nach einem eigenen Mechanismus gespielt, soll heißen es gibt keine festgelegte Spielreihenfolge (beispielsweise im Uhrzeigersinn). Da im Spiel die einzelnen Wochen abgerechnet werden und man für seine Bewegungen immer wieder auf der Zeitleiste voranschreitet, wird dies als Voraussetzung für den nächsten Zug genommen, damit sich alle Spieler ungefähr zeitgleich durchs Spiel bewegen. Dementsprechend ist immer derjenige Spieler an der Reihe, der auf der Zeitleiste hinten steht, damit er möglichst bald zu den anderen aufschließen kann. Dies kann auch zur Folge haben, dass ein Spieler gleich mehrfach hintereinander ziehen darf.

In der jeweiligen Aktionsphase stehen den Spielern dann folgende Handlungen zur Auswahl:

– Eine Forscherkarte nehmen
– Die Kartenauslage austauschen
– Eine Ausgrabung durchführen
– Eine Ausstellung durchführen

|a) Forscherkarte nehmen|

Die offene Auslage der Forscherkarten beschreibt immer, an welchen Orten man derzeit agieren kann. Auf den Karten erfährt man, wo man derzeit Wissen sammeln kann und wie viele Wochen die Aneignung desselben erfordert. Entscheidet man sich für eine der ausliegenden Karten, reist man nun an den zugehörigen Standort (wobei eine Bewegung von Stadt zu Stadt jeweils eine Woche dauert), nimmt die Karte auf, addiert die Wochenzahl für die diesbezüglichen Studien zur Bewegungsdauer und setzt seinen Zeitstein dementsprechend vorwärts. Anschließend wird an die frei gewordene Stelle der Auslage eine neue Forschungskarte platziert.

Es besteht indes auch die Möglichkeit, dass eine Ausstellung aufgedeckt wird. Eine solche Karte wird in die hierfür vorgesehene Auslage auf dem Spielfeld hingelegt und kann in einer späteren Aktion durchgeführt werden.

|b) Die Kartenauslage tauschen|

Falls man mit der aktuellen Auslage der Forschungskarten nicht zufrieden ist und sich keinen Gewinn von ihr verspricht, hat man die Möglichkeit, alle Karten abzuwerfen und die Auslage wieder mit Karten vom Nachziehstapel aufzufüllen. Dieser Vorgang dauert genau eine Woche. Man kann dies auch noch ein zweites und drittes Mal wiederholen, wobei sich die Wochenzahl dann verdoppelt oder gar verdreifacht. Daher ist auch Vorsicht geboten, dass man nicht zu viel Zeit mit eventuellen Austauscharbeiten verschwendet. Davon einmal abgesehen, kann man die Auslage aber auch nur tauschen, wenn man sich derzeit in Warschau befindet – und dort hinzureisen, kostet möglicherweise auch noch einige Wochen …

|c) Eine Ausgrabung durchführen|

Um eine Ausgrabung durchführen zu können, ist zumindest ein Punkt des Spezialwissens für ein ausgewähltes Gebiet, das auf den Forschungskarten zu finden ist, vonnöten, ebenso wie eine gültige Grabungserlaubnis. Letztere bekommt man bereits zu Beginn des Spiels, allerdings verstreicht ihre Gültigkeit nach dem Einsatz so lange, bis das Jahr zu Ende ist.

Der grabungslustige Spieler reist nun zu einem der fünf Grabungsorte, ermittelt vor Ort seine Wissenspunkte und bestimmt mit Hilfe des Chronokels, wie viele Plättchen er aus dem Stoffbeutel des jeweiligen Grabungsorts herausziehen darf. Es ist möglich, dass er dabei auch Nieten, also wertlose Plättchen, zieht und bei seinen Grabungen leer ausgeht. Dies ist aber gerade in den ersten Runden äußerst unwahrscheinlich, weil zu Beginn noch 15 wertvolle Plättchen auf den Archäologen warten.

Sobald man gezogen hat, werden die Artefakte und eventuell auch gezogenes Wissen in die eigene Auslage gelegt. Der Schutt, also die Nieten, wandern hingegen wieder zurück in das Stoffsäckchen. Als Letztes bewegt man nun noch seinen Zeitstein so weit vorwärts, wie die Reise zum Ausgrabungsort und die Grabungen selber gedauert haben.

|d) Eine Ausstellung durchführen|

Ausstellungen wird man erst zu einem späteren Zeitpunkt des Spiels durchführen können, zum einen, weil sie erst in der unteren Hälfte des Nachziehstapels eingemischt sind, und zum anderen, weil man eine gewisse Anzahl unterschiedlicher Artefakte benötigt, um sie auch durchführen zu können. Auf dem Spielfeld finden sich drei Flächen für offen ausliegende Ausstellungskarten. Um an sie heranzukommen, muss man ebenso wie bei den Forschungskarten an die entsprechenden Orte reisen, zudem die erforderlichen Plättchen bereithalten und als Letztes erneut die Wochen abrechnen. Eine Ausstellung bringt jedoch weitere Siegpunkte, ohne dass man hierzu ein größeres Risiko eingehen muss, so dass sie alternativ zu den Grabungen auf jeden Fall sinnig erscheinen.

Binnen der Spieldauer von maximal drei Jahren reisen die Archäologen nun durch Europa, Asien und Afrika, forschen nach neuen Artefakten, versuchen, diese in Ausstellungen zu präsentieren, und sammeln auf diesem Wege Siegpunkte. Nach jedem Jahr wird die Jahresleiste nach oben bewegt, bis schließlich das letzte Jahr vorüber ist und die Wertung eintritt.

_Spielende und Wertung_

Nach der individuellen Spieldauer von zwei bis drei Jahren erfolgt die Schlusswertung. Die Spieler erhalten nun für jedes Artefakt die zugehörigen Siegpunkte, bewerten ihre Ausstellungskarten und eventuell eingesammelte Kongresskarten und vergleichen schließlich noch ihr Spezialwissen. In jeder der fünf Spezialrichtungen wird nun geprüft, wer die meisten Wissenspunkte hat. Dieser bekommt schließlich fünf zusätzliche Siegpunkte bzw. bei Gleichstand jeweils drei. Natürlich hat derjenige mit den meisten Siegpunkten schließlich gewonnen!

_Persönlicher Eindruck_

„Jenseits von Theben“ ist eines dieser Spiele, deren gesammelte Vorzüge sie schon fast zu einer Blaupause für ein strategisches Familienspiel aufsteigen lassen. Wirklich jeder einzelne Spielmechanismus ist genauestens durchdacht, die unterschiedlichen Feinheiten machen es zudem zu einem äußerst detailreichen Titel, und obwohl es derart variantenreich erscheint, ist es doch sehr schnell erlernt, weil es im Prinzip dann doch wieder verhältnismäßig simpel strukturiert ist. Wer also nach wie vor auf die Auszeichnung zum |Spiel des Jahres| pocht … nun, dem kann ich es rückblickend sicher auch nicht verdenken!

Eigentlich nicht sonderlich revolutionär, im Hinblick auf das allgemeine Spielgeschehen jedoch sehr innovativ ist die selbständige Einteilung der Aktionsmöglichkeiten. Jeder Spieler muss seine Wochenplanung selber verwalten und entscheiden, wann er zum günstigsten Zeitpunkt wohin reist und nach Möglichkeit gleich noch ein zweites Mal zum Zuge kommt. Ein genauer Blick auf die Auslage bringt die Spieler immer wieder zum Grübeln, verbunden mit Hoffen, Bangen und Ärgernis ob der Frage, wer gerade welche Forschungskarte gezogen hat bzw. ob die ersuchte Karte für den eigenen Spielzug noch in Frage kommt. Dieses taktische Element ist schließlich auch dasjenige, welches abschließend häufig über Sieg und Niederlage entscheidet, zumal jedem hier zumindest in der Zeiteinteilung die gleichen Voraussetzungen gegeben sind.

Nicht minder strategisch ist schließlich die Aneignung von Wissen. Es scheint lukrativ, in allen Spezialgebieten zu forschen, jedoch macht man erst fette Beute, wenn man in einem Gebiet intensivere Studien durchgeführt hat. So lohnt es sich, die vergleichsweise teureren Joker-Karten mit dem Allgemeinwissen in die Auslage zu holen, da sie zu allen Spezialgebieten hinzugefügt werden können und jede einzelne Grabung unterstützen. Allerdings vergeht damit auch wieder ein Mehr an Zeit, welches man eventuell besser wieder irgendwo anders investiert hätte – ein stetes Abwägen bestimmt letztendlich also doch jeden einzelnen Schritt und Zug!

Als Letztes gilt es dann auch noch, den bestmöglichen Zeitpunkt für die Ausgrabungen zu ermitteln. Man sollte vor den anderen aktiv werden, damit diese nicht schon die wertvollsten Artefakte wegschnappen, allerdings entgehen einem so möglicherweise weitere Wissenspunkte. Und wer vermag schon sein Glück beim Griff in den Stoffbeutel einzuschätzen? Resultate wie zehnmal Schutt und nur ein Artefakt waren in den vergangenen Spielrunden nämlich keine Seltenheit und Grund genug zu Ärgernis.

Diese Glückskomponente wird jedoch insgesamt kaum als unangenehm empfunden, sondern steigert stattdessen die Spannung in jeder einzelnen Runde und ist folglich auch ein weiteres belebendes Element eines sowieso schon äußerst lebhaften, enorm vielseitigen Spiels.

Man sollte also nicht irgendwelchen prestigereichen Auszeichnungen nachtrauern, geschweige denn sich hiervon in irgendeiner Form beeinflussen zu lassen – nicht zuletzt, weil eine Nominierung ja auch schon eine große Ehre ist. „Jenseits von Theben“ kann sich nämlich auch ohne schmückendes Beiwerk als ein fast schon geniales Familienspiel durchsetzen und etablieren und bereichert den |Queen Games|-Katalog nach dem ebenfalls sehr starken „Der Dieb von Bagdad“ um ein weiteres echtes Highlight. In meiner persönlichen Jahresliste belegt „Jenseits von Theben“ jedenfalls schon jetzt eine der führenden Positionen!

http://www.queen-games.de/

Demaegd, Cyril – Ys

_Ys … Ys … Ystari_

Es war einmal ein französischer Verlag, der nannte sich |Ystari|, veröffentlichte bereits zu Debützeiten einige angehende Klassiker und erhielt spätestens mit dem Reichtum an Auszeichnungen für das viel gepriesene „Caylus“ in internationalen Spielerkreisen die gebührende Aufmerksamkeit. Während die Erfolgsgeschichte des einst so kleinen Verlags auch rechtzeitig zur |SPIEL ’07| kein Ende zu nehmen scheint, stöbern immer mehr Neulinge im wirklich interessanten Fundus von |Ystari Games| und werden dort früher oder später auf einen Titel stoßen, der einst parallel zu „Caylus“ präsentiert und publiziert wurde, im Trubel um das fantastische Strategiespiel jedoch beinahe gänzlich unterging: „Ys“. Erst jetzt rückt das Spiel immer deutlicher in den Fokus und hat sich nun, zwei Jahre nach deutscher Erstveröffentlichung, völlig zu Recht als kleiner Bruder des Taktikriesen etabliert. Definitiv Zeit also, „Ys“ einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

_Spielidee_

Der mächtige König Gradion beschloss dereinst, seiner Tochter Dahut die herrliche Stadt Ys zu erbauen und sie zur wertvollsten Stadt der gesamten Bretagne zu machen. Gesagt, getan: Nach der Errichtung der schützenden Deiche florierte das Leben in der Stadt, und auch der Handel stand nie still, nachdem die Königstochter ihren Drachen aussandte, um sich der prall gefüllten Handelsschiffe zu bemächtigen, die fortan den Hafen von Ys ansteuern sollten. Edelsteine sind seitdem auch das wichtigste Gut der Stadt und somit auch das Prestigeobjekt für die Spieler des gleichnamigen Brettspiels. Diese nämlich mimen nun die Händlerprinzen von Ys und übernehmen mit Hilfe ihres Netzwerks von Mittelsmännern den Edelsteinvertrieb der Stadt, um so ihr Gold stetig anzuhäufen. Verdeckt bieten sie in den vier Stadtvierteln für Edelsteine, Einfluss und Gold und bestimmen überdies auch den Marktpreis der begehrten Waren. Letztendlich bleibt Gold jedoch das wertvollste Gut – und wer hiervon am Ende der vier Spielrunden das meiste besitzt, gewinnt.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 56 Mittelsmänner
• 5 Markierungssteine
• 145 Edelsteine
• 1 Set Aufkleber
• 4 Sichtschirme
• 19 Personenkarten
• 24 Schiffskarten
• 6 Spielerreihenfolge-Karten
• 1 Spielregel

Bei der Gestaltung des Spielmaterials haben sich Ystari ganz klar auf die beiden Werte Anschaulichkeit und Stabilität konzentriert, ohne dabei die Optik in irgendeiner Form auszublenden. Der bunte Spielplan macht nämlich definitiv auch etwas fürs Auge her, wenngleich man bei der Kreation der Stadtviertel vielleicht noch etwas mehr Abwechslung hätte einbringen können. Allerdings entschädigt die sehr gute Übersicht diesbezüglich Enttäuschte auf Anhieb wieder, wobei man generell erstaunt sein muss, dass so viele Handlungsräume auf einem vergleichsweise kleinen Plan untergebracht werden konnten – sehr schön, was die beiden Geschwister Cyril und Amaud Demaegd hier aus ihren Möglichkeiten gemacht haben.

Darüber hinaus gefallen die schlichten, aber eben jederzeit stabilen Holzmaterialien, hier verwendet für Mittelsmänner und Edelsteine. Kurzum: Echte Qualitätsarbeit!

_Vorbereitung_

Vor dem ersten Spiel werden zunächst die Aufkleber auf die Mittelsmänner geklebt und diese für alle folgenden Spielrunden präpariert. Anschließend wird der Rundenzähler auf das erste Feld in der entsprechenden Leiste gelegt. Die Schiffskarten werden gemischt und verdeckt neben dem Spielfeld platziert. Dort hält man auch die Karten der Spielerreihenfolge bereit. Die Personenkarten hingegen werden zunächst in blaue und gelbe Karten getrennt. Letztere werden ebenfalls gemischt und zwölf von ihnen blind gezogen. Nun wird auf das Ablagefeld eines jeden Stadtviertels zunächst eine blaue und darauf jeweils drei gelbe Personenkarten gelegt. Am Markt werden die Edelsteinpreisleisten mit jeweils einem Stein in blau, grün, gelb und rot gefüllt. Als Letztes bekommen die Mitspieler ihre aktiven Spielmittel, soll heißen Mittelsmänner und Sichtschirm. Drei Mittelsmänner mit dem Wert ‚2‘ werden nicht benötigt und bleiben in der Spielschachtel, so dass elf Mittelsmänner übrig bleiben.

_Spielablauf_

„Ys“ gliedert sich pro Runde in genau vier Spielphasen, die von den Spielern weitestgehend aktiv gestaltet werden. Eine Runde gliedert sich dabei wie folgt:

|1.) Die Aufstellung|

In jedem Stadtviertel wird die oberste Personenkarte aufgedeckt. Des Weiteren werden die obersten vier Schiffkarten gezogen und jeweils eine in die vier Häfen der Stadt gelegt. Eine fünfte Schiffskarte bestimmt schließlich die Steine, für die man am Markt bieten kann. Sind alle Karten und Edelsteine platziert, endet die Phase bereits.

|2.) Ermittlung der Spielerreihenfolge|

Die Spieler haben nun bereits die Mittelsmänner hinter ihren Sichtschirmen versteckt und beginnen nun zu taktieren. In Phase 2 wird nämlich die Reihenfolge ermittelt, in der die Spieler fortan ihren Zug machen können – und dies per Gebot. Es ist nämlich nicht so, dass bei „YS“ im Uhrzeigersinn gespielt wird. Jeder Spieler nimmt nun verdeckt zwei Mittelsmänner und setzt sie mit der Wertziffer nach unten vor den Sichtschirm. Anschließend werden sie gleichzeitig aufgedeckt. Derjenige mit der höchsten Summe darf sich nun für ein Kärtchen mit der gewünschten Position in der Handlungsreihenfolge entscheiden, derjenige mit der zweithöchsten Summe danach, usw. Bei Gleichstand wird die Position in der Vorrunde beherzigt. Spieler, die dort später am Zuge waren, müssen ihren Kontrahenten in diesem Fall den Vortritt überlassen.

Die Spielerreihenfolge ist ein wichtiges Element im Spiel, da es sich durchaus lohnt, hier den letzten Platz zu belegen, um später auf die Züge der Gegner noch rechtzeitig reagieren zu können. Daher sollte man gerade hier nicht zimperlich mit seinen Ressourcen umgehen!

|3.) Das Einsetzen der Mittelsmänner|

Die dritte Spielphase ist gleichzeitig wohl auch die spannendste, zumal hier auch beinahe ausschließlich Taktik und Strategie greifen. In der jeweiligen Spielerreihenfolge setzt man nun reihum im steten Wechsel seine Mittelsmänner ein, und zwar immer zwei zur gleichen Zeit, nämlich einen offen und einen verdeckt. Insgesamt kann man auf diese Weise viermal (also acht Mittelsmänner) einsetzen. Der Einsatz erfolgt sowohl in den drei Gegenden der Stadtviertel als auch auf dem Markt. Wer sich für Letzteren entscheidet und dort einen Mittelsmann unterbringen kann, bekommt aufgrund des so genannten Marktbonus sofort einen Siegpunkt gutgeschrieben. Lediglich ein Mittelsmann bleibt nun noch übrig; er gesellt sich zu den bereits für diese Runde ausgeschiedenen Mittelsmännern, die seit der Wahl der Spielerreihenfolge vor dem Sichtschirm warten.

|4.) Abrechnung|

Sobald jeder Spieler acht Mittelsmänner auf dem Plan untergebracht hat, erfolgt die Abrechnung. Zunächst wird nun jedes Stadtviertel einzeln gewertet, und darin noch einmal separat die drei Gegenden Hafen, Geschäfte und Palast. Alle verdeckten Mittelsmänner werden nun umgedreht; anschließend wird die Summe im gesamten Stadtviertel verglichen; derjenige mit den meisten Punkten erhält nun zwei der vier angepriesenen Edelsteine im Hafenviertel, der zweite darf aus den übrigen beiden wählen und der Drittplatzierte bekommt immerhin noch den verbliebenen. Dann wird in genau diesem Viertel ein ähnlicher Vergleich im Hafen geführt. Wer hier führt, erhält einen schwarzen Edelstein. Im Geschäft bekommt der Bestplatzierte indes drei Goldstücke (sprich Siegpunkte auf der Zählleiste), und wer im Palast auftrumpft, darf sich die aufgedeckte Personenkarte des Viertels nehmen, die einige interessante Zusatzmöglichkeiten für die nächsten Runden offenbart.

Auch auf dem Markt wird gewertet. Auf dem 4×4 Felder großen Marktplatz betrachtet man zunächst waagerecht die einzelnen Summen zur Ermittlung der zuvor platzierten Edelsteine, die anschließend an die meistbietenden verkauft werden. Bei Gleichstand entscheiden dann jedoch zunächst die Anzahl der Mittelsmänner und dann erst eventuell noch die drei Mittelsmänner vor dem Sichtschirm in ihrer Summe. Doch auch die Summe in senkrechter Form – unabhängig von den Besitzern der Mittelsmänner – wird gewertet. Die Edelsteinfarbe mit der höchsten Gesamtsumme steigt im Preis um zwei Felder, Platz zwei steigt um einen, wohingegen die Ränge drei und vier in dieser Ermittlung sogar einen respektive zwei Preispunkte fallen.

Sobald nun alle Punkte verteilt sind und jeder Spieler seine Edelsteine bekommen hat, beginnt die nächste Runde. Die Spieler nehmen wieder ihre Mittelsmänner auf und beginnen erneut in Phase 1.

_Spielende_

Nach genau vier vollendeten Runden schließt das Spiel mit der großen Abschlusswertung. Jetzt werden die Edelsteinposten der Besitzer noch einmal gesondert abgerechnet und dementsprechend auch das Gold untereinander aufgeteilt. Der Spieler, der die meisten Edelsteine der wertvollsten Sorte besitzt, bekommt für die entsprechende Farbe die meisten Punkte, usw. So wird schließlich jede Edelsteinsorte separat gewertet. Auch die schwarzen Steine bringen Punkte, jedoch ist hier lediglich die Gesamtsumme relevant. Alle Punkte werden anschließend addiert und entsprechend auf der Zählleiste für Gold/Siegpunkte festgehalten. Derjenige, der nun die größte Punktzahl erzielt hat, gewinnt.

_Persönlicher Eindruck_

Auch wenn ich auf der vergangenen Messe des Öfteren bei „Caylus“ hereingeschaut habe und sprichwörtlich von der Ideenfülle und den taktischen Inhalten begeistert war, so gibt es dennoch nur wenige moderne Brettspiele, in denen das Gleichgewicht von Strategie und Glück so sehr in den Bereich des Erstgenannten fällt, wie nun bei „Ys“. Von der ersten Phase der ersten Runde an entscheidet jeder Spieler wirklich unabhängig über sein Glück und hält Zug für Zug alle Trümpfe selber in der Hand. Dabei ist der Spielablauf grundsätzlich eigentlich weniger komplex, jedoch gilt es bei der Verteilung seiner Mittelsmänner allerhand zu bedenken. Man darf wirklich kein Stadtviertel aus den Augen lassen, muss darauf achten, dass die Gegner im Gleichgewicht gehalten werden und sich keinen individuellen Vorteil verschaffen, ist gezwungen, auf dem Markt mitzubieten, um den Preis für die bereits im eigenen Besitz befindlichen Edelsteine hochzudrücken, und sollte auch nicht vergessen, den einen oder anderen schwarzen Edelstein oder doch eine Personenkarte einzuheimsen. Selbst vermeintliche Kleinigkeiten wie die Spielerreihenfolge spielen eine übergeordnete Rolle und müssen in das strategische Denken immer wieder von neuem einbezogen werden, um nicht plötzlich unverhofft ins Hintertreffen zu geraten. Doch je mehr man hier bietet, desto weniger Potenzial bleibt für die Verteilung der Mittelsmänner – und so ist es ein ständiges Abwägen um den eigenen Spielraum, auf dem man immer wieder neue Mittel, Wege und auch Taktiken finden wird, die einem später zum Sieg verhelfen könnten.

Das Potenzial von „Ys“ ist folglich auch beinahe unerschöpflich, weil einfach keine Runde wie die vorherige sein wird. Man wird lernen, mit Prioritäten zu experimentieren, neue Schwerpunkte zu setzen und auf der Suche nach dem besten Mittelweg einiges an Erfahrung sammeln, dabei aber letzten Endes doch nicht wissen, ob er gegen die Strategien der Kontrahenten wirklich wirksam ist.

Um es auf den Punkt zu bringen: „Ys“ ist ein herrliches und gleichsam faszinierendes, in seiner Vielfalt nahezu unbegrenztes Mehrheitenspiel, welches ob der strategischen Nichtlimitierung regelrecht süchtig macht. Und gleichzeitig ist es genau eines dieser Spiele, welche glasklar definieren, warum dieser französische Verlag mitunter die derzeit hochwertigsten Genre-Veröffentlichungen publiziert und man beim Klang des Namens |Ystari| heuer schon fast bedenkenlos die Geldbörse zücken darf. „Ys“ gehört ohne Wenn und Aber in jede vernünftig sortierte Spielesammlung!

http://www.huchandfriends.de/

Accueil

Richard Garfield – Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Handgemachte Kreaturen«

Die raue Kraft des Waldes

Die Farbe Grün symbolisiert auch im fünften und letzten Themendeck des Hauptsets der neunten Edition von „Magic: The Gathering“ die Natur. Und eben jenes grüne Mana steckt voller Leben und Wachstum und verhilft selbst den am harmlosesten anmutenden Kreaturen mit steigender Spielzeit zum Status eines Furcht erregenden Monstrums. Die Gesetze des Dschungels leben auf, sobald Elefanten, Spinnen und Riesenwürmer die Szenerie betreten, und während die ersten Waldläufer bereits die feindlichen Angreifer ausmachen, stehen im Hintergrund auch schon Verzauberungen bereit, um die Angriffswelle brutal zu blocken und mit einem aggressiven Konterschlag ins Gegenteil umzukehren. Wer sich mit den Elementarwesen des Waldes anlegt, sollte also kurzen Prozess machen. Schon die kleinsten Entwicklungen sorgen ansonsten nämlich dafür, dass die Natur Rache übt und in einem erbarmungslosen Scharmützel ihre raue Ursprünglichkeit verteidigt.

Kartenmaterial

Richard Garfield – Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Handgemachte Kreaturen« weiterlesen

Rejchtman, Grzegorz – Ubongo

_Tetris im Geschwindigkeitsrausch_

„Ubongo“ – was für ein eigenartiger Titel für ein Gesellschaftsspiel, da scheint Spaß auf jeden Fall vorprogrammiert. Und tatsächlich hat dieser bereits 2005 als Messeneuheit vorgestellte Titel in den vergangenen beiden Jahren ein echtes Virus freigesetzt, dem auch heute noch Heerscharen von neuen Spielern chancenlos verfallen. Seit geraumer Zeit tummelt sich „Ubongo“ nun schon an der Spitze der Gesellschaftsspiel-Verkaufsschlager eines ganz bekannten Online-Hauses, und tendenziell wird sich an diesem erfreulichen Umstand auch so schnell nichts ändern. Doch was ist so besonders an „Ubongo“? Wieso erliegt man der Tetris-Variante im Speed-Rausch? Nun, die Antwort gibt das Spiel selber. Einmal gespielt, bleibt die Packung nämlich für Stunden geöffnet. Kein Wunder, dass hier bereits seit Monaten vom neuen Brettspiel-Kult geredet wird …

_Die Spielidee_

„Ubongo“ ist grundsätzlich ein simples Spiel, bei dem es zunächst lediglich auf zwei wesentliche Dinge ankommt: logisches Denken und Tempo. Jeder Spieler muss Runde für Runde mithilfe von drei oder vier verschiedenen Formen ein vorgegebenes Muster ausfüllen und dabei auch noch im Zeitfenster der weiterlaufenden Sanduhr bleiben. Und während man gemeinsam knobelt, sollte man auch noch auf den darauf folgenden Zug achten: denn vor Ablauf der Sanduhr gilt es zudem noch, zwei Edelsteine vom Spielbrett zu nehmen und diese in seine Edelsteinsammlung einzupassen. Wer nämlich zum Schluss die meisten Edelsteine in einer Farbe besitzt, der hat das Spiel gewonnen – und dies ist beileibe nicht immer der schnellste …

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 4 Spielfiguren
• 72 Edelsteine
• 36 Legetafeln
• 4 x 12 Legeteile
• 1 Sanduhr
• 1 Sonderwürfel

Das Spielmaterial zu „Ubongo“ ist nicht nur grafisch sehr stimmig, sondern auch in Sachen Langzeitspaß tauglicher als zunächst befürchtet. Zwar sind die Legeteile aus dem üblichen Spielkarton bei ständiger Verwendung der Gefahr ausgesetzt, einige Beschädigungen an den Ecken abzubekommen, doch ist dies insgesamt wohl keine kritisch zu betrachtende Besonderheit. Besonders ist stattdessen die visuelle Aufmachung des Spiels. Begonnen beim simpel, jedoch effektiv illustrierten Spielplan bis hin zur Optik der Schachtel entsteht hier ein durch und durch rundes Bild. Aber auch, was die grundsätzliche Stabilität sowie die generelle Zweckmäßigkeit der zur Verfügung stehenden Mittel anbelangt, gibt es kaum etwas zu meckern. Dies ist Qualität, wie man sie vom größten deutschen Spielverlag kennt und schätzt!

_Spielvorbereitung_

Der Spielplan wird aus zwei Teilen zusammengesteckt und schließlich mit den Edelsteinen gefüllt; jede Öffnung der sechs Spielreihen wird mit jeweils einem Edelstein versehen. Anschließend wird je ein Set der Legeteile pro Spieler ausgehändigt. Als Letztes erhält nun jeder eine Spielfigur und setzt sie auf ein beliebiges der sechs Spielfelder auf dem Plan. Abhängig von der Spielerzahl werden schließlich die Legetafeln aussortiert. Für jeden Spieler müssen individuell neun Tafeln zur Verfügung stehen; die übrigen werden in der folgenden Partie nicht mehr benötigt.

_Spielablauf_

In jeder der neun Runden nimmt sich der Spieler eine Legetafel vom Stapel. Der Startspieler würfelt nun eines der sechs Symbole, welche auf den Legetafeln abgebildet sind, und bestimmt damit, welche Legeteile für den aktuellen Spielzug benötigt werden. Insgesamt sind auf den Legetafeln sechs Symbole mit drei bzw. vier (je nach Schwierigkeitsgrad) zugehörigen Legeteilen dargestellt, an denen man sich nach dem Auswürfeln zu orientieren hat. Gleichzeitig mit dem Würfelwurf wird nun auch die Sanduhr umgedreht. Infolge dessen wählt man nun in Windeseile die erwürfelten Teile aus seinem Vorrat, versucht sie irgendwie so zu positionieren, dass sie genau das auf der Tafel gezeigte Muster ausfüllen, und versucht außerdem, dies alles vor Ablauf der Sanduhr zu schaffen. Wer diese Aufgabe als Erster bewältigt hat, ruft laut „Ubongo!“. Die übrigen Spieler dürfen indes weiterknobeln, bis die Sanduhr abgelaufen ist. In der Reihenfolge der erfolgreichen Lösungen dürfen die Spieler nun ihre Figur drei, zwei, einen oder eben kein Feld weit bewegen und anschließend am Zielort die vordersten Edelsteine aus der Reihe nehmen. Der Clou an der ganzen Sache: Auch dies muss geschehen, während die Sanduhr läuft, ansonsten geht man leer aus.

Die Spielrunde endet, sobald die Uhr durchgelaufen ist. Die Legetafeln werden anschließend gegen neue eingetauscht, und das Procedere wiederholt sich insgesamt noch achtmal.

_Spielende_

Nach insgesamt neun Runden endet die Partie. Anschließend werden die eingesammelten Edelsteine begutachtet und miteinander verglichen. Es gewinnt schließlich nicht derjenige mit den meisten Steinen, sondern der Spieler, der die meisten Edelsteine einer Farbe besitzt. Somit hat man selbst dann Chancen, wenn man nicht immer der schnellste gewesen ist – wenngleich dies natürlich wegen der besseren Zug- und Auswahlmöglichkeiten von Vorteil wäre. Und tatsächlich zeigen Erfahrungen, dass der Schnellste wirklich selten zwangsläufig auch der strategisch Beste sein muss!

_Persönlicher Eindruck_

„Ubongo“ ist definitiv eines dieser Spiele, welche von der ersten Sekunde an zu fesseln vermögen, selbst nach stundenlangem Durchlauf nicht langweilig werden und überdies hinaus zu jedem Anlass geeignet scheinen. In diesem Sinne ist es schon fast schade, dass die Spielerzahl auf vier mögliche Teilnehmer begrenzt ist, da die Grundidee potenziell absolut partytauglich ist. Indes kommt auch im Spiel zu viert, zu dritt und selbst zu zweit eine vergleichbare Stimmung auf, ausgelöst durch die bewusst ausgelöste Hektik und das kunterbunte Treiben auf Spielplan und Legetafel. Ständig kommt es vor, dass man an den simpelsten Tüfteleien scheitert, weil die Zeit wie eine Pistole im Nacken drückt und man plötzlich jeglichen Sinn für Logik kurzzeitig über Brod wirft. Selbst beim vergleichsweise einfacheren Schwierigkeitsgrad mit drei Legeteilen geschehen häufig wirklich dumme Fehler, die man bei klarem Verstand nie und nimmer begangen hätte, unter Druck jedoch plötzlich direkt im Dutzend macht. Die Sanduhr rieselt, die anderen Spieler bereiten einem Sorge, weil sie bei schnellerer Lösung und Aktion möglicherweise heiß ersehnte Edelsteine wegschnappen, und wenn wirklich alles schiefgeht, ist man zwar der Schnellere an der Tafel, bei der kunterbunten Hetzjagd auf dem Spielplan dann aber zu langsam, um die erwünschten Produkte zu ergattern. Schnelligkeit ist also immerzu das A und O.

Indes ist selbst die übelste Frustration schnell wieder ein wohliges Schmunzeln wert; man erleidet zwar teils einige herbe Rückschläge, verliert aber über das ungeheure Spieltempo und die bis zum Schluss beinahe gleichbleibenden Siegchancen nie die Motivation, sich beim nächsten Rätsel noch mehr anzustrengen und gleichzeitig weniger auf die Druckmittel von Konkurrenz und Zeit zu schauen. Gelingt dies, hat man gute Chancen, innerhalb dieser quirligen Interaktion letztendlich vorne zu stehen. Lässt man sich jedoch permanent von der Hektik anstecken, kann’s auf die Dauer ziemlich schlecht aussehen. Und so geht’s unablässig hin und her und hin und her, bis nach viel zu kurzer Zeit neun Runden vorbei sind und eine Entscheidung fällig wird – und damit auch gleich die nächste Partie.

Man spricht bei Gesellschaftsspielen immer wieder gerne vom Suchtfaktor, insbesondere bei Spielen, die in kürzerer Zeit absolviert werden können und somit auch die idealen Voraussetzungen zur permanenten Wiederholung mitbringen. Bislang ist mir jedoch noch kein Spiel untergekommen, welches wirklich derart süchtig macht wie „Ubongo“. Die Idee, die Umsetzung und natürlich auch die Geschwindigkeit sind in ihrer Kombination atemberaubend und nicht zuletzt wegen der zugrunde liegenden Simplizität ein wahres Kunststück. Wer bereits beim Gedanken an „Tetris“ kaum mehr stillsitzen kann, darüber hinaus auch mal gerne lacht, der sollte seine Bestellung noch während der nächsten Minuten absenden. „Ubongo“ ist nämlich dasjenige unter der Masse an Familienspielen, das wirklich jeder kennen und haben muss!

http://www.kosmos.de

Thorsten Gimmler – Der Dieb von Bagdad

Der heimliche Hit der letzten Spielmesse

Jedes Jahr in Essen gibt es verschiedene Großverlage, deren Neuheiten derart intensiv frequentiert werden, dass man ohne die erforderliche Geduld nie in den Genuss kommt, sie adäquat anzutesten. Auch am üppigen Stand von Queen Games steht man Jahr für Jahr Schlange, um einen Blick auf die frischen Produkte zu erhaschen, ganz davon abgesehen, sie auch einmal spielen zu können. Nachdem sich wegen der ständig besetzten Tische vor Ort leider nie die Gelegenheit ergab, die wohl wichtigste Essen-Neuheit 2006 ausführlich zu testen, bin ich nun mit ein wenig zeitlichem Abstand doch noch dazu gekommen, mich intensiver mit „Der Dieb von Bagdad“ zu beschäftigen. Einige Partien und eine mehrtägige Testphase später bin ich mir schließlich auch im Klaren darüber, warum der Titel bei besagter Veranstaltung stets in Beschlag genommen wurde – dieses Spiel ist nämlich zweifelsohne der heimliche Hit des gut besetzten Verlagsprogramms.

Thorsten Gimmler – Der Dieb von Bagdad weiterlesen

Petersen, Anders / Petersen, Christian – Mag-Blast (3. Edition)

_Krawumm und Peng_

Schluss mit jeglicher Diplomatie, zur Hölle mit dem Pazifismus: Jetzt wird erst einmal richtig geballert. In „Mag-Blast“ beginnt das interstellare Wettrüsten auf Punkt und Komma und präsentiert die Science-Fiction auf spielerische Weise von ihrer actionreichsten Seite. Die Galaxis wird zum Beben gebracht, wenn die verschiedensten Kampfflotten aufeinandertreffen und die unterschiedlichen Rassen zum letzten Gefecht rufen. Doch nur derjenige, der zur rechten Zeit auch die passenden Waffen und Verteidigungsmechanismen parat hat, wird sich in diesem packenden Szenario behaupten können. Also, Flanken gesichert, Munition entschärft und rein in ein etwas anderes Sternenabenteuer – rein in den leicht durchgeknallten Kosmos von „Mag-Blast“.

_Die Spielidee_

In „Mag-Blast“ übernehmen die Spieler das Kommando über eine Raumschiffflotte und steuern geraden Kurs zur Eroberung des gesamten Universums. Jeder Kapitän besitzt zunächst ein Kommandoschiff sowie vier Flottenschiffe, die den Leitposten des Kapitäns schützen und vor Angriffen sichern. Nach und nach gelangt man nun an Blasterwaffen, Abwehrschilde und zusätzliche Kampfgeschwader, um die Flotte der Gegner kontinuierlich zu dezimieren. Doch währenddessen muss man ganz besonders darauf achten, nicht selber in Reichweite der feindlichen Laser zu kommen. Ist nämlich erst einmal eine Flanke offen und das Kommandoschiff den Angriffen der Konkurrenz ausgeliefert, dann ist meist das Ende nahe. In dem Moment nämlich, in dem das eigene Kommandoschiff abgeschossen wird, ist die übrige Flotte kopflos und verloren. Letztendlich kann also nur einer überleben – und der hat schließlich auch das Spiel gewonnen.

_Spielmaterial_

• 1 Spielregel
• 10 Kommandoschiff-Karten
• 54 Flottenschiff-Karten
• 101 Aktionskarten

Das Spielmaterial wurde von niemand Geringerem wie John Kovalic illustriert, was als Qualitätsmerkmal für die grafische Umsetzung ja schon mal so einiger erhoffen lässt. Und in der Tat hat der Stammzeichner der „Munchkin“- und „Chez Geek“-Reihen dem Spiel seinen ganz eigenen Stempel aufgedrückt und dafür gesorgt, dass der interstellare Schlagabtausch auch mit dem nötigen Humor ausgestattet wird. Die Zeichnungen sind zwar nicht so überdreht wie in den meisten seiner übrigen Arbeiten, jedoch hat der Mann einen Stil, Figuren und (in diesem Fall) Maschinen zu zeichnen, der auf einer gewissen Ebene einfach nur komisch und lustig ist – und das kommt auch diesem Titel unheimlich zugute. Darauf aufbauend ist das Spielmaterial auch sehr überzeugend; die Karten sind allesamt übersichtlich aufgebaut, die Texte gut verständlich und die Grafik schön eigenwillig. Mit anderen Worten: Hier ist definitiv alles im Lot!

_Die Karten_

Bei „Mag-Blast“ unterscheidet man zwischen drei unterschiedlichen Kartentypen. Die wichtigsten Karten sind dabei zunächst die Kommandoschiffe, insgesamt zehn an der Zahl. Auf ihnen ist eine spezielle Hüllenstärke vermerkt, die angibt, ab wie vielen Trefferpunkten sie zerstört sind, und somit auch, wann das Spiel endet. Des Weiteren ist sie in vier unterschiedliche Zonen untergliedert, die in alle Himmelsrichtungen ausgerichtet sind. In diese Zonen werden später die Flottenschiffe positioniert, um das Kommandoschiff zu schützen. Hinzu kommt schließlich mit der Kommandofähigkeit eine ganz besondere Eigenschaft, die das Volk, das der Spieler in einer Partie anführt, in einem Text aufführt. Die Struktur der Flottenschiffe ist ganz ähnlich. Auch sie haben nur eine begrenzte Hüllenstärke, werden aber auch offensiv eingesetzt, um sich in den Schlachten zur Wehr setzen zu können. Je nach Schiffstyp können sie bestimmte Geschütze einsetzen, deren Typen wiederum auf der Karte individuell farblich markiert sind. Bestenfalls verfügt ein Flottenschiff über alle drei Geschützarten und kann somit universell eingesetzt werden. Bleibt noch die Geschwindigkeit, die später in der Manövrierphase entscheidend und hier ebenfalls aufgelistet ist.

Für den aktiven Teil des Spiels werden schließlich die Aktionskarten verwendet. Hierunter befinden sich vor allem die Blasts, mit denen man die Angriffe kontrolliert, sowie verschiedene Spezialkarten, die sowohl zum Angriff als auch zur Verteidigung eingesetzt werden können. Teilweise sind diese Karten mit Ressourcen-Icons ausgestattet, mit denen man später neue Schiffe erwerben kann. Jedoch ist dieser Stapel recht bunt zusammengestellt, sodass man noch auf die eine oder andere Überraschung stoßen wird …

_Spielvorbereitung_

Vor dem Kampf werden zunächst einmal an alle Spieler Kommandoschiffe ausgeteilt. Dies geschieht jedoch per Zufall. Ebenso erhält jeder Spieler sechs Flottenschiffe ausgehändigt, von denen er schließlich vier behalten darf, um sie in die Zonen um das Kommandoschiff abzulegen. Als Letztes werden pro Spieler fünf Aktionskarten ausgehändigt. Sobald man die Karten angeordnet hat, kann das Spiel nun beginnen.

_Spielablauf_

„Mag-Blast“ ist in insgesamt fünf verschiedene Spielphasen unterteilt, die in chronologischer Reihenfolge gespielt werden. Der Ablauf gestaltet sich wie folgt:

|1.) Abwerfen|

Ausgenommen die erste Runde, darf man in dieser Phase Aktionskarten von der Hand abwerfen, die man nicht zwingend benötigt. Dies ist insofern hilfreich, als man bereits in der nächsten Phase die Kartenhand wieder neu auffüllen kann, dies jedoch nur, wenn man weniger als fünf Karten besitzt.

|2.) Nachziehen|

Sofern man weniger als fünf Aktionskarten besitzt, hat man nun die Gelegenheit, neue Karten hinzuzuziehen. Es gibt jedoch kein Kartenlimit in „Mag-Blast“, so dass man dank einiger Spezialkarten auch gut und gerne zehn Karten besitzen kann. Diese Nachzieh-Phase ist jedoch lediglich so ausgerichtet, dass man bei geringer Kartenmenge wieder auf fünf aufstocken kann.

|3.) Schiffe bauen|

Keine Flotte kann ohne permanente Verstärkung bestehen, selbst wenn sie noch so mächtig bewaffnet und ausgestattet ist. Neue Flottenschiffe sind also dringend nötig, um die Flanken zu sichern und Verluste zu kompensieren. Wer nun Aktionskarten mit den Ressourcen-Icons besitzt – entweder drei von einer Sorte oder von jeder der drei Sorten jeweils eine – darf diese nun ablegen und dafür ein neues Flottenschiff vom Stapel ziehen. Nun hat man die freie Wahl, in welche Zone man das Schiff ablegt, wobei sowohl die Schwächen der Gegner als auch die eigenen in jeder Zone individuell betrachtet werden müssen. Weiterhin sollte man die Manövrierunfähigkeit manch großer Schiffe beachten – sind sie einmal in einer bestimmten Zone abgelegt, bleiben sie dort bis zum Ende des Spiels oder bis zu ihrer Zerstörung. Auch wenn es in dieser Phase manchmal schmerzt, wertvolle Aktionskarten zu opfern, ist es zwingend notwendig, jede Möglichkeit des Schiffbaus zu nutzen. Entsteht nämlich durch den Verlust eines Schiffes eine Lücke, die nicht ausgeglichen wird, ist das Kommandoschiff bereits zum Abschuss freigegeben.

|4.) Manövrieren|

In der vorletzten Phase einer Runde kann man nun alle Schiffe entsprechend ihrer Geschwindigkeit von Zone zu Zone bewegen. Das Tempo entspricht dabei der Reichweite, die man beim Springen zwischen den Zonen zurücklegen darf. Manche Schiffe können sich allerdings nicht bewegen, wie zum Beispiel die Trägerschiffe, die dafür jedoch andere Vorzüge genießen. Man sollte sich bei der Bewegung der Schiffe auf jeden Fall darauf konzentrieren, die Zonen gleichmäßig zu besetzen, um allen gegnerischen Angriffen mit gleicher Stärke trotzen zu können.

|5.) Angreifen|

Dies ist wohl die entscheidende und wichtigste Phase in einer Spielrunde. Nun darf man die Blasts einsetzen und die Konkurrenz mit effizienten Schlägen mächtig schwächen oder sogar gänzlich eliminieren. Man spielt nun einzeln Aktionskarten in beliebiger Reihenfolge und Häufigkeit und versucht natürlich, eine gegnerische Zone komplett aufzuräumen. Hierzu legt man den oder die Blasts auf ein feindliches Flottenschiff; sollte der Besitzer dieses Schiffes keine Verteidigungskarten entgegensetzen können, ist das Schiff um die Stärke des Blasts beschädigt. Um dies zu markieren, wird der Blast unter das Schiff gelegt, bis weitere Blasts folgen und es ganz zerstört ist. Einen konzentrierten Angriff kann man allerdings nicht starten, da jedes Schiff nur einmal angreifen kann. Wenn allerdings mehrere Schiffe in der eigenen Zone sind, kann man auch das Dauerfeuer auf ein und dasselbe Flottenschiff eines anderen Spielers starten.

Fast noch effektiver als die Blasts ist der Angriff eines Geschwaders. Dieser ist aber auch nur durchführbar, wenn ein Trägerschiff als Basis verfügbar ist. Von hier aus entsendet man nun Bomber oder Jäger und landet dabei beim Gegner richtig satte Treffer. Das weitere Procedere gleicht indes dem Angriff mit dem Laser.

Eine letzte, jedoch auch schwierig durchzuführende Angriffstaktik ist der Schlag durch eine Kartenkette, die einen direkten Treffer auslöst. Hierzu spielt man zunächst einen Blast und wartet auf die Reaktion des Gegners. Kann er nicht kontern oder verteidigen, setzt man mit einer weiteren Karte einen direkten Treffer. Bleibt auch dieser unerwidert, legt man eine Karte ‚Wirkung Direkter Treffer‘ ab und erhält nun seine Belohnung. Dies kann unter anderem die komplette Zerstörung eines gegnerischen Schiffes bedeuten oder aber im günstigsten Fall sogar die Eroberung.
Nach der Angriffsphase endet der Zug und der Spieler zur Linken führt die Partie fort.

_Spielende_

Reihum wird nun mit Lasern geschossen, geböllert und taktiert, bis die vorletzte Flotte gefallen ist. Sobald alle Kommandoschiffe bis auf eines zerstört sind, ist der Besitzer des standhaften, letzten Schiffes der Sieger des Spiels.

_Persönlicher Eindruck_

Im Laufe der vergangenen Wochen habe ich ganz unterschiedliche Erfahrungen mit „Mag-Blast“ gemacht, die jedoch alle auf einen Konsens hinausliefen: Dieses Spiel ist genial! Dabei bedurfte es aber besonders in der ersten Partie ein wenig Geduld. Stand auf dem Karton eine Dauer von zehn bis zwanzig Minuten pro Runde angegeben, so wunderte ich mich, als das erste Duell zu zweit nach zwei Stunden immer noch kein Ende fand. Dies war letztendlich aber eher die Ausnahme und im Kennenlernen der Karten sowie der wirklich seltenen Ausgeglichenheit zweier Flotten begründet. Außerdem muss aber auch gesagt werden, dass „Mag-Blast“ erst so richtig seinen Reiz entfaltet, wenn vier oder mehr Leute am Spiel beteiligt sind. Erst dann entwickelt sich ein richtiger Schlagabtausch, infolge dessen es auch zu einigen echt fiesen Scharmützeln kommt. So ist sich anfangs niemand seiner Haut sicher; keiner will direkt einstimmen, wenn ein anderer Spieler in die Enge getrieben wird, weil er fürchten muss, alsbald den entsprechenden Gegenschlag zu kassieren. Allerdings hat man bei einer festen Teambildung seitens der Gegner oft auch gar keine Chance, da sich eine zusammengerottete Vereinigung mit drei, vier gezielten Angriffen sofort ans Kommandoschiff heranarbeiten und dort verheerenden Schaden auslösen kann. Und somit gilt es abzuwägen, welche Strategie man verfolgt, ob man besser neutral bleibt oder sich an den konzentrierten Angriffen beteiligt, um vorerst selber nicht in die Bredouille zu geraten – sofern man überhaupt die Wahl hat. Schlussendlich ist nämlich alles möglich; blitzschnell endet man aus der voreiligen Offensive in der Opferrolle und sieht sich einer Vielzahl angriffswütiger Gegner gegenüber, der man im Normalfall nicht viel entgegenzusetzen hat.

Hierin könnte man aber auch eine Schwäche von „Mag-Blast“ outen. Es könnte beispielsweise passieren, dass man ohne sein eigenes Zutun von allen Seiten bombardiert wird und aus eigener Kraft gar nicht mehr gerettet werden kann. In diesem Fall helfen keine Strategien und Finten mehr, weil man derart vernichtend getroffen wurde, dass eine baldige Rehabilitation ausgeschlossen ist. Aber es folgt sicherlich die nächste Runde, in der man Rache üben kann …

Insgesamt jedoch wirkt sich dieser geringfügige Makel jedoch kaum auf den Spielspaß aus, zumal das Spiel bei jeglicher Spielerzahl auf einen temporeichen Verlauf ausgelegt ist. „Mag-Blast“ ist enorm schnell, kann dabei ziemlich böse sein, macht aber selbst nach unzähligen verlorenen Partien immer noch so viel Spaß wie beim ersten Mal. Unterlegt wird dies durch die sympathische grafische Ausarbeitung von Master Kovalic, der hier zwar nicht seine beste Arbeit abgeliefert, aber dennoch seinen Beitrag an einer stimmigen Konzipierung geleistet hat. Ergo also eine runde Sache, die vor allem für diejenigen lukrativ ist, die auf den Katalog von |Pegasus| schwören. Ich bin mir jedenfalls ziemlich sicher, dass „Mag-Blast“ von „Munchkin“- und „Chez Geek“-Verfechtern trotz des eigenständigen Spielprinzips freudig aufgenommen wird. Und dies anhand der erstklassigen Umsetzung auch völlig zu Recht!

http://www.hds-fantasy.de/

Teuber, Klaus – Anno 1701 – Das Kartenspiel

_Der PC-Klassiker als Kartenspiel-Duell_

Nachdem Klaus Teuber die prestigeträchtige „Anno“-Serie bereits vor einigen Jahren mit einem zugehörigen Brettspiel adaptierte, hat er zum jüngsten Erfolg des PC-Strategie-Klassikers „Anno 1701“ einen weiteren Titel entworfen, der sich rein spieltechnisch allerdings sehr stark am Kartenspiel zu seiner wohl bekanntesten Arbeit „Die Siedler von Catan“ orientiert. Das Spielsystem wurde über weite Strecken übernommen, die Regeln ebenfalls teilweise übertragen. Ergibt es in diesem Sinne überhaupt noch Sinn, ein solches Spiel zu veröffentlichen? Nun, die ersten Eindrücke sowie auch das Resümee nach mehreren Spielrunden lassen letztendlich nur einen Schluss zu: Ja, „Anno 1701“ kann und muss neben dem bekannten Vergleichsprodukt bestehen. Denn bezüglich des Spiel- und Spaßfaktors ist auch Teubers neuester Release absolut empfehlenswert.

_Die Spielidee_

Eine Gemeinschaft von Siedlern landet im Jahre 1701 auf einem unbekannten Eiland und beginnt alsbald, die Insel zu bevölkern. Reichhaltige Rohstoffe begünstigen die schwere Erschließung der Pioniere, und in Windeseile sind die ersten Dörfer erbaut. Doch auf der anderen Seite der Insel ist eine feindliche Siedlertruppe eingetroffen, um ebenfalls Besitz von diesem schönen Fleckchen zu ergreifen. Beide Seiten wetteifern um die Vormachtstellung an diesem speziellen Ort im Jahre 1701 – doch nur eine kann gewinnen.

In „Anno 1701“ schlüpfen zwei Spieler in die Rolle der besagten Siedler und versuchen mit Würfelglück und gezielten strategischen Überlegungen möglichst schnell zu expandieren. Mit den Baustoffen der Insel errichtet man die ersten Häuser, plant kurz darauf Werkstätten und Farmen und sticht anschließend wieder in See, um mit den Piraten und anderen Geschäftsleuten Handel zu betreiben. Schließlich wollen die Einwohner bei Laune bleiben, und dies gelingt besonders gut mit Tabak und Rum. Doch die Konkurrenz schläft nicht und formt ihre Einwohner ebenfalls über mehrere Schritte zu Kaufmännern, vor deren geschickten Handlungstaktiken man sich in Acht nehmen muss. Und schneller, als man glaubt, geht das Zepter verloren. Sobald nämlich eine Gemeinschaft über zwei Kaufmänner verfügt, ist das Spiel zu deren Gunsten beendet. Ansonsten benötigt man die Gunst der Königin, die man jedes Mal gewinnt, wenn ein Einwohner der Insel eine Entwicklung vollzogen hat. Dafür gibt’s schließlich Punkte – und für sieben Gunstpunkte kann man den Sieg sicherstellen.

_Spielmaterial_

• 1 Spielregel
• 120 Karten
• 1 Würfel
• 1 Figur ‚Seemacht‘
• 1 Figur ‚Handelsmacht‘

Gerade im Hinblick auf das Spielmaterial sind die Parallelen zum großen Bruder überdeutlich. Die Karten sind quadratisch geformt und mit einer ähnlichen Symbolik wie das Kartenspiel zu „Die Siedler von Catan“ ausgestattet. Auch auf die Grafik bezogen, lassen sich markante Ähnlichkeiten nicht verleugnen, was man jedoch auch als Qualitätsmerkmal aufnehmen kann. Was nämlich die Bespielbarkeit bzw. die Zweckmäßigkeit betrifft, hat Teuber die überzeugenden Nuancen des indirekten Vorgängers wieder verwendet und sie gekonnt mit den neuen Spielmechanismen verknüpft. Das Resultat ist visuell und technisch betrachtet vollends überzeugend. Aber ehrlich gesagt, durfte man bei den Voraussetzungen auch kaum etwas anderes erwarten.

_Spielvorbereitung_

Vor der ersten Partie sollte man sich erst einmal mit den unterschiedlichen Karten und Kategorien vertraut machen, um später einen schnellen Einstieg in das Spielsystem zu bekommen. Dabei sollte man vor allem einen Blick auf die Aktions- und Ausbaukarten werfen, die im weiteren Verlauf den Handkartenstamm bilden werden, in ihrer Gebrauchsart jedoch sehr differenziert verwendbar sind.

Vor Spielbeginn werden dann die Karten in die verschiedenen Sparten sortiert und jeweils zu einem Haufen zusammengelegt. Die Spieler erhalten die Aufbaukarten in ihrer Spielfarbe und legen sie der Anordnung in der Spielanleitung entsprechend vor sich ab (später kann man dies auch gerne modifizieren), so dass sich beide Beteiligten frontal gegenübersitzen. Nun werden in die Mitte alle übrigen Karten getrennt voneinander abgelegt, sprich Einwohner-, Ausbau- und Handelsschiffkarten. Die Ausbaukarten werden noch einmal gesondert nach römischen Ziffern (I-III) sortiert abgelegt, dies aber auch noch einmal in jeweils zwei Stapeln.

Sobald diese Anordnung vorgenommen wurde und die Bedeutung der einzelnen Kategorien allen klar ist, kann das Spiel beginnen. Nun sollte jeder seine Aufbaukarten positioniert haben, und in der Mitte des Spieltisches befindet sich, quasi als symbolische Abgrenzung, die Reihe mit den unterschiedlichen Kartenstapeln. Die beiden Stapel mit der römischen I werden nun unter den beiden Spielern so eingeteilt, dass jeder von jeweils einem Stapel die obersten drei Karten zieht und diese auf die Hand nimmt. Nun kann das Spiel endlich losgehen.

_Spielablauf_

Die Partie ist in mehrere Runden gegliedert, die wiederum auf jeweils drei chronologisch folgenden Spielphasen aufbauen. Dies schaut schließlich so aus:

|1.) Würfelphase|

Der Spieler, der gerade am Zug ist, würfelt mit beiden Würfeln gleichzeitig und ermittelt den Rohstoffertrag. Nach dem bekannten Catan-Prinzip erhalten beide Spieler nun den Rohstoff, der sich auf der Karte mit der entsprechenden Würfelsumme befindet. Eventuell kann dies auch die Karte mit dem Handelsschiff sein, wobei man in diesem Fall die Stabilität des Schiffes um einen weiteren Punkt ausbauen kann. Markiert wird das Ganze durch Drehen der Karten – aber auch dies ist nicht neu und geht recht schnell in einen vertrauten Ablauf über. Anschließend betrachtet man nun den zweiten Würfel, auf dem sechs verschiedene Symbole abgebildet sind. Je nach Resultat vergleicht man nun diese Symbole mit der Legende auf seinen Karten und führt die dort notierte Aktion durch. Dabei kann es sich unter anderem sowohl um eine Steuerzahlung seitens der eigenen Einwohner oder aber auch um ein Feuer handeln, welches die Bürger massiv bedroht. Auch dieses Würfelergebnis ist für beide Spieler relevant.

|2.) Aktionsphase|

Die Aktionsphase hält eine ganze Reihe verschiedener Möglichkeiten offen, die in beliebiger Reihenfolge und Häufigkeit durchgeführt werden können, sobald das entsprechende Kartenmaterial verfügbar ist. Die wichtigsten Schritte sind diesbezüglich sicherlich die Bauphasen, in denen man sowohl neue Häuser und Fachwerkstätten bauen als auch die Entwicklung seiner Einwohner forcieren kann. Letztere können sich von einfachen Pionieren in Siedler verwandeln, später dann zu Bürgern aufsteigen und letztendlich in die Gilde der Kaufleute aufgenommen werden. Um dies zu erreichen, sind verschiedene Rohstoffe notwendig. Doch je weiter der Aufstieg, desto schwieriger die Beschaffungsmaßnahmen der erforderlichen Mittel. Ein Bürger verlangt zum Beispiel Tabak und Rum, die in den normalen Ertragsphasen nicht erwürfelt werden können. Stattdessen muss man sich hierfür auf die Handelsschiffe begeben und dort im Widerstreit mit den Piraten sein Glück suchen. Aber auch dies geht nicht ohne ein stabiles Schiff, so dass man in dieser zweiten Phase auch die Möglichkeit hat, den Zustand des Mehrmasters mit dem Einsatz von kostspieligem Holz zu verbessern. Ein einmal ramponiertes Schiff hat nämlich später schlechte Karten im Kampf mit den Piraten und ist meistens dazu verurteilt, sang- und klanglos unterzugehen.

Individuelle Vorteile verschaffen einem in dieser zweiten Phase indes die Aktionskarten, die man nun ausspielen kann, um dem Gegner zu schaden oder sich auf Anhieb zu bereichern. Wer indes schon einige Gebäude erbaut hat, kann nun ggf. deren Funktionen nutzen. Hierzu wird noch einmal das Resultat des Zahlenwürfels in Betracht gezogen und mit den Würfelsymbolen auf den Gebäudekarten abgeglichen. Möglicherweise erhält man nun noch zusätzliche Rohstofferträge oder darf eine besondere Zusatzfunktion nutzen.

Sobald man keine Aktionskarten mehr spielen kann oder möchte, beginnt die letzte Phase.

|3.) Schlussphase|

Bevor das Zepter an seinen Gegenspieler übergibt, hat man zwei verschiedene, abschließende Zugmöglichkeiten. Entweder füllt man nun seine Kartenhand wieder auf genau drei Karten auf, oder aber man sticht mit dem Handelsschiff in See und versucht zwischen Wirbelstürmen und Auseinandersetzungen mit den Piraten, Luxusgüter wie Tabak und Rum zu erwerben.

Für die letztgenannte Aktion sind die Kanonen- und Segelsymbole relevant. Die Anzahl der Segel auf allen ausliegenden Karten gibt die Geschwindigkeit an und bestimmt somit, wie viele Karten man nacheinander vom Stapel der Handelsschiffkarten ziehen muss, die Kanonen bestimmten indes die Kampfkraft. Bei einer Handelsfahrt zieht der aktive Spieler nun nacheinander Karten vom vorab gemischten Stapel und führt die Aktionen durch. Dabei kann es sein, dass er seine Kampfkraft zusammen mit dem Würfel mit dem Gegner messen muss, sich durch die Wetterlage der Schiffszustand verschlechtert oder im günstigeren Fall Gold und Waren geboten werden, mit deren Hilfe man schließlich seine Einwohner aufwerten kann. Die Schifffahrt ist sofort beendet, wenn das Schiff beschädigt ist, der Spieler die maximale Kartenanzahl gezogen hat oder er sich freiwillig entschließt, vorzeitig die Segel zu streichen. Sobald dies der Fall ist, beginnt der nächste Spieler seinen Zug.

_Spielende_

Das Spiel ist sofort zu Ende, wenn ein Spieler sieben Gunstpunkte erlangt, wobei jeder dieser Punkte sinnbildlich für die Weiterentwicklung eines Einwohners steht. Anderseits kann man auch gewinnen, wenn man zwei seiner Einwohner zu Kaufleuten geformt hat, auch wenn dies in der Punkterechnung nur sechs Punkte ausmacht. In beiden Situationen ist die Partie sofort beendet.

_Persönlicher Eindruck_

Wie prinzipiell bei allen Titeln aus der Catan-Reihe (und dazu zählt „Anno 1701“ infolge der Ankündigung auf dem Kartondeckel nun auch), so gilt es auch bei diesem Zwei-Personen-Spiel zu analysieren, ob man das weitestgehend ausgereizte Spielprinzip tatsächlich noch einmal hat entscheidend verändern können, oder ob der Autor tatsächlich an der schwierigen Hürde der Fortschrittlichkeit gescheitert ist. Gerade wenn man bedenkt, inwieweit Teuber selbst sein Catan-Kartenspiel schon erweitert hat, stellt sich die Frage, ob es überhaupt sinnig ist, einen neuen Titel, so groß seine Reputation infolge der erfolgreichen PC-Spiel-Reihe auch sein mag, mit fast ähnlichen spielerischen Voraussetzungen ins Rennen zu schicken. Nachdem die Parallelen zum bewährten Klassiker bereits bei der grundsätzlichen Konzipierung deutlich zu erkennen waren, stiegen die diesbezüglichen Zweifel immer stärker an. Der Aufbau ist bekannt und für Catan-Spieler ein solides Grundgerüst, die Aktionsmöglichkeiten variieren insgesamt auch kaum, und auch das Gleichgewicht aus Glück und Strategie scheint im direkten Vergleich unverändert. Ein Todesurteil?

Nun, mitnichten, wie ich nach einer intensiveren Testphase berichten kann. Mit einem kleinen Blick auf die kleinen Details und Facetten, die „Anno 1701“ als eigenständige Inhalte für sich beanspruchen kann, fällt direkt auf, dass das Spiel trotz aller offenkundigen Parallelen über einen recht erfrischenden Aufbau verfügt und sich inhaltlich doch weiter von der Vorlage distanziert, als man zunächst vermuten durfte. Interessante Komponenten wie die Handelsreisen und die vielfältigen Aktionskarten bereichern das bewährte Konzept, und durch die Einbeziehung von Gold als weiterem wichtigem Handelsgut verteilt man die Rohstoffgewinnung auf weitere, bislang nicht präsente Schultern. Außerdem ist der Weg zum Erfolg bei „Anno 1701“ ganz klar vorgegeben. Konnte man sich bei den Siedlern von Catan immer noch durch Hintertürchen durchmogeln, ist es dieses Mal verpflichtend, alle Handlungswege zu begehen, sei es nun per Schiff, durch den Bau der unterschiedlichen Behausungen und Werkstätten oder doch durch den cleveren Tauschhandel, der selbst in diesem Zwei-Spieler-Modus unvermeidlich ist.

Dem Skeptiker mag dies zwar letzten Endes zu wenig sein, jedoch war von vornherein nicht zu erwarten, dass Klaus Teuber die Spielidee revolutionieren, geschweige denn komplett verändern würde. Stattdessen hat er einige markante Nuancen modifiziert und sie geschickt mit dem herkömmlichen Ablauf abgestimmt. Das Resultat ist erneut ein richtig tolles Kartenspiel, das Catan-Fans sich blind auf den Einkaufszettel schreiben können, welches darüber hinaus aber auch prinzipiell für jeden interessant ist, der die sehr gut besetzte Reihe der Zwei-Personen-Spiele aus dem |Kosmos|-Verlag zu schätzen gelernt hat. Mir persönlich hat das Spiel jedenfalls sehr viel Spaß gemacht!

http://www.kosmos.de/

Ross, Bradford – Paroxy

_Paradox und flott_

Auf der Suche nach neuen Party-Spielideen ist der österreichische |Piatnik|-Verlag pünktlich zur diesjährigen Messe wieder mehrfach fündig geworden. Einer der neuen Titel hört auf den Namen „Paroxy“ und ist grob betrachtet eine erweiterte Fassung des berüchtigten Spielehits „Tabu“. In Gruppen aus jeweils zwei bis vier Spielern treten bis zu vier Teams gegeneinander an und versuchen, sich beim Erraten von ganz unterschiedlichen Begriffen zu übertrumpfen. Jedoch ist die bloße Nennung der gesuchten Wörter noch nicht ausreichend. Zunächst muss man die zeitliche Hürde von sechs zu ratenden Begriffen in sechzig Sekunden überbrücken, und anschließend soll es der Rategruppe auch noch gelingen, diese Begriffe in einen vorgegebenen Text einzufügen. Kein Problem? Absolut einfach? Nun, „Paroxy“ zeigt den Spielern so manches Mal die Grenzen auf …

_Spielmaterial_

• 108 Fragekarten (jeweils 18 in 6 verschiedenen Farben)
• 1 Spielplan
• 4 Spielfiguren
• 1 mechanischer Timer
• 1 Block mit kurzen Geschichten
• 1 Würfel
• 1 Spielregel

So genial die Spielidee sein mag, so mäßig ist leider das Spielmaterial konstruiert. Zunächst einmal stellt sich die Frage, warum lediglich 108 Karten enthalten sind. Somit ist der Langzeitspaß schon einmal gehörig eingeschränkt, da man nach nur wenigen Partien auf immer dieselben Begriffe stößt und das Raten zur bloßen Routine wird. Des Weiteren ist auch die Wahl der gesuchten Wörter nicht sonderlich vorteilhaft. Dass beispielsweise die meisten Städte in der Kategorie ‚Wo?‘ aus Italien stammen, mutet ebenso merkwürdig an wie der Umstand, dass bei ‚Warum?‘ menschliche Eigenschaften gesucht werden. Abgesehen davon ist auch der Timer nichts für schwache Nerven; das Gerät, das die Ratezeit von einer Minute abmisst, mag zwar eine nette Erfindung sein, ist aber bei der Zeitmessung so laut, dass man bereits nach wenigen Runden entnervt zur Handy-Stoppuhr greift.

Insgesamt ist der erste Eindruck nach Öffnen der Schachtel also schon mal ziemlich mäßig. Mehr Karten und etwas mehr Liebe zum Detail hätten hier einiges bereinigen können.

_Spielvorbereitung_

Vor dem Spiel werden einzelne Teams gebildet, wobei jedes Team aus mindestens zwei Personen bestehen sollte. Anschließend wird das Kartenmaterial sortiert und in genau sechs Kartenstapeln mit den jeweiligen Kategorien separiert. Der Spielplan wird bereitgelegt und pro Team eine Figur auf das Feld mit der Null gesetzt. Für die erste Runde wird pro Team ein Erklärer ausgewählt, wobei man sich in der Ausübung dieses Parts von Runde zu Runde abwechselt. Sobald das startende Team ermittelt wurde, kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf_

Ein Spieler des ersten Teams würfelt und ermittelt mit dem Würfelergebnis die Nummer der Begriffe, die auf den Karten erraten werden sollen. Auf jeder Karte stehen jeweils sechs Begriffe angeordnet, die mit den unterschiedlichen Würfelsummen übereinstimmen. Sobald nun die Zeitmessung beginnt, nimmt der Erklärer reihum von jedem Kartenstapel die oberste Karte und versucht den erwürfelten Begriff seinen Mitspielern zu erklären. Bedingung dabei: Man darf weder den Begriff selber noch Anteile dessen in der Erklärung verwenden. Ist ein Wort erraten worden, geht man zum nächsten Stapel über und fährt fort, bis die Minute abgelaufen ist. Der Erklärer sollte die Zeit dabei immer genau im Auge behalten, um sich ungefähr an den Richtwert von zehn Sekunden pro erklärtem Wort orientieren zu können. So kann man ausschließen, dass man die komplette Zeit für ein schwieriges Wort opfert. Sobald alle sechs Begriffe erraten sind oder aber die Zeit abgelaufen ist, geht das Spiel in die zweite Phase. Nun müssen die Teammitglieder, die zuvor geraten haben, eine Karte vom Block nehmen und die erratenen Wörter in die entsprechenden Zeilen einfügen. In der Regel ergibt sich dann eine kleine Geschichte, die mitunter auch ganz witzig sein kann. Auch für diesen Part hat man genau eine Minute Zeit.

Nach der Rate- und Notierphase folgt nun die erste Zwischenwertung. Das Team bekommt jeweils einen Punkt für geratene und notierte Worte. Wer es schafft, beides vollständig zu erfüllen, erhält zudem zwei Bonuspunkte. Anschließend wird das Spiel im Uhrzeigersinn fortgeführt.

_Spielende_

Sobald ein Team die Maximalpunktzahl von 65 Punkten erreicht oder überschritten hat, endet das Spiel. Ob die übrigen Teams die Runde noch beenden dürfen, ist in der Spielregel nicht erwähnt, erscheint aber angesichts der Fairness logisch. Danach wird schließlich abgerechnet; gewonnen hat natürlich die Gruppe mit der höchsten Punktzahl.

_Persönlicher Eindruck_

Bevor ich die einzelnen Kritikpunkte zur Umsetzung von „Paroxy“ aufliste, möchte ich zunächst mal eines betonen: Die Spielidee ist wirklich klasse. Leider jedoch wird der Spielspaß durch das limitierte Material recht schnell eingedämmt. Die ersten Runden sind noch vergnügt und lustig, doch je weiter man fortschreitet, desto eindringlicher setzen sich die bereits genannten Begriffe im Gedächtnis fest, und selbst wenn man die Karten mehrfach durchmischt und die Anordnung verändert, verliert das Spiel aufgrund der mäßigen Quantität ein kleines bisschen des anfänglichen Reizes.

Dabei sind die Voraussetzungen wahrhaftig gut; „Paroxy“ kann sich dank des hohen Spieltempos recht schnell als sympathisches und witziges Partyspiel etablieren, wenngleich der Schwierigkeitsgrad in größeren Gruppen wiederum gehörig sinkt. Wir haben das Spiel nun schon in Zweier-, Dreier- und Vierergruppen getestet und sind zu dem Schluss gekommen, dass es wirklich am spannendsten ist, wenn die Teams aus nur jeweils zwei Spielern bestehen. Ansonsten kann man sich die geratenen Begriffe einfach zu leicht für die zweite Phase, das Notieren, merken. Aber immer wieder wird man schließlich mit dem lediglich kurzzeittig interessanten Kartenmaterial konfrontiert, bei dem die Detailverliebtheit einfach fehlt und welches nach mehreren Runden bereits nach Ersatz verlangt. Eventuell legt der Verlag ja alsbald noch neue Karten nach, um diesen unverhältnismäßigen Mangel wieder zu beseitigen, doch damit ist den Interessenten bis auf weiteres nicht geholfen. Um die fortschrittliche Spielidee – „Tabu“-Fans werden sich wohl kaum mehr einkriegen – ist’s daher auch ziemlich schade, denn bei dem Potenzial hätte man an vergleichsweise winzigen Facetten wie der schwachen Besetzung des Kartenmaterials nicht sparen sollen. Doch sei’s drum, letztendlich muss man sich doch eingestehen, dass der Spaß die Schönheitsfehler einigermaßen überspielen kann. Wer nach erfrischender Abwechslung im Partyspiel-Business sucht, ist mit „Paroxy“ also dennoch ziemlich gut bedient – die entsprechende Stimmung ist jedenfalls auch bei den genannten Einbußen uneingeschränkt garantiert.

http://www.piatnik.com/

Henning Poehl – Die Monstermacher

Frankenstein-Flair für Studenten

Also dieser Henning Poehl kommt auf Ideen … Nachdem mich „Popeln“ in Sachen eigenartiger Inspiration schon zum Wahnsinn getrieben hat, nimmt diese Entwicklung nun ein weiteres Extrem an. In „Die Monstermacher“ geht es nämlich darum, den menschlichen Körper bzw. dessen zerrupfte Teile wieder zusammenzusetzen, dies aber wie gehabt auf eher unkonventionelle Art und Weise. Die Spieler schlüpfen eigens hierzu in die Rolle von Studenten der Anatomie, sammeln in Friedhofsgräbern verstümmelte Leichenteile, basteln sie wieder zusammen und versuchen letztendlich, ihr anatomisches Produkt wiederzubeleben. Das kann ja heiter werden, mag man nun denken – und tatsächlich: Es wird heiter!

_Spielmaterial_

• 5 Grabstein-Karten
• 5 Übersichtskarten
• 6 Rumpfkarten
• 36 Körperteilkarten
• 6 linker-Arm-Karten mit den Werten 0-5
• 6 rechter-Arm-Karten mit den Werten 0-5
• 6 linkes-Bein-Karten mit den Werten 0-5
• 6 rechtes-Bein-Karten mit den Werten 0-5
• 6 Kopf-Karten mit den Werten 0-5
• 6 Gehirn-Karten mit den Werten 0-5
• 5×5 Grabräuber-Karten mit den Werten 1-5
• 5 sechsseitige Würfel in rot (die Studienwürfel)
• 1 weißer sechsseitiger Würfel

Der Autor hat sich in Sachen Spieldesign auf makabere, eigensinnig humorvolle Weise dem Thema genähert, ohne dabei die Horror-Atmosphäre außer Acht zu lassen. Die Karten des Friedhofs zum Beispiel sind recht simpel strukturiert, verfehlen ihre teils schaurige Wirkung jedoch nicht. Schon ein wenig heftiger sind indes die Karten mit den Körperteilen, an deren Stümpfen stets noch ein Rest des Blutes sichtbar ist. Dies mag zwar seltsam anmuten, wenn man bedenkt, dass ihre Herkunft ein toter Körper ist, geht aber im Bezug auf die Hintergrundthematik dennoch in Ordnung. Allerdings fehlt es diesen Karten auf der Rückseite ein wenig an Übersicht. Dort sind die Körperteile nämlich ein weiteres Mal, jedoch ohne Punktewert, abgebildet, bieten aber die Schwierigkeit auf, dass man gerade bei den Armen nicht sonderlich gut zwischen Rechts und Links unterscheiden kann. Ein bisschen mehr Detailschärfe wäre diesbezüglich angebracht gewesen, wenngleich dies der einzige Kritikpunkt zum solide konzipierten Material ist.

_Spielziel – worum es geht_

Als Anatomiestudent ist man bestrebt, einen gesamten Körper wieder zusammenzunähen und schließlich Frankensteins Erbe anzutreten. So sammelt man an den Grabmälern die fehlenden Teile, operiert sie mit Hilfe fremder Assistenten aneinander und startet anschließend den Versuch der Wiederbelebung. Jedoch ist nicht gleich derjenige der Sieger des Spiels, der hierbei erfolgreich ist. Die neu konstruierten Leichenteile weisen nämlich einen differenzierten Punktewert auf, der bei der abschließenden Wertung über Sieg und Niederlage entscheidet. Diese Punkte werden addiert und mit eventuellen Boni, zum Beispiel durch die Anlage von drei oder mehreren Teilen mit dem Wert 0, zusammengerechnet. Wer hier am besten abstaubt, ist der Monstermacher schlechthin!

_Spielvorbereitung_

Vor Beginn des Spiels werden die Grabsteine abhängig von der Spielerzahl in der Tischmitte ausgelegt. Anschließend mischt man die Körperteilkarten gut durch und legt jeweils sechs vor die Grabsteine. Die übrigen Karten werden einzeln an die Spieler verteilt bzw. bilden als Überbleibsel den Galgenberg.

Indes bekommt jeder Spieler einen Rumpf plus die vier Karten zum Grabraub sowie einen roten Würfel. Außerdem werden die Übersichtskarten ausgehändigt. Nun kann die Grabschändung beginnen!

_Spielablauf_

„Die Monstermacher“ gliedert sich pro Runde in drei unterschiedliche Aktionsphasen, in der jeweils ganz verschiedene Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Man ist jedoch nicht verpflichtet, alle Aktionen durchzuführen, sondern kann hier beliebig handeln.

In der ersten Aktionsphase kann man nun versuchen, an neue Körperteile für seine Figur zu gelangen. Dies geschieht entweder durch den Raub am Grab, am Galgenberg oder bei den Mitspielern. Wer dabei erfolgreich ist – es gibt jeweils ganz spezielle Bedingungen –, muss seinen anfangs auf der Augenzahl 3 positionierten Würfel um den Wert 1 auf 4 erhöhen. Wer jedoch tatsächlich problemfrei aus dem Grab zurückkehrt, bekommt den Punkt wieder zurück. Sollte die Augenzahl auf dem roten Sechsseiter hingegen bedenklich sein, kann man sich in dieser ersten aktiven Phase auch dazu entschließen, sein Studium vorzubereiten, was schließlich keinen Tribut fordert.

Gegebenenfalls mit neuen Körperteilen ausgestattet, geht es nun in die zweie Aktionsphase. Jetzt kann man im Optimalfall bereits sein gerade ergattertes Körperteil an den Rumpf annähen. Dies erfordert jedoch den Einsatz eines Assistenten, sprich eines Mitspielers, der sich hierzu bereiterklärt. Jedoch hat dieser auch die Möglichkeit, sich das vorgeschlagene Teil des Konkurrenten selber unter den Nagel zu reißen und sich stattdessen ein unbrauchbares, fehlendes Teil aus seinem Lager zu nehmen, um dieses daraufhin seinem Gegner anzunähen. Schließlich muss nur noch entschieden werden, ob die Operation erfolgreich verlaufen ist. Dies ist der Fall, wenn die Augenzahl auf dem weißen Würfel gleich oder größer ist als die Summe auf dem eigenen roten Würfel.

Sobald ein Gehirn und ein Kopf montiert wurden, kann man nun auch versuchen, seine Leiche wiederzubeleben. Auch hierzu wirft man den weißen Würfel, zieht aber für jedes fehlende Körperteil einen Punkt der Würfelsumme ab. Eine zu frühe Wiederbelebung erscheint aufgrund dessen eher unrealistisch. Ruhige Gemüter sollten sich hingegen fürs Studium begeistern. Hierbei kann man seinen Würfel wieder um ein Auge zurückdrehen, bei zuvor getroffener Vorbereitung sogar um zwei.

In der letzten Aktionsphase kann man nun noch mit den Mitspielern feilschen und tauschen. Legitim ist diesbezüglich auch, dass man Würfelaugen tauscht, so dass der Handel ganz nach eigenen Bedingungen abläuft. Alternativ kann man nun auch Grabraub-Karten zurückerlangen, die während der ersten Aktion offen liegengeblieben sind.

_Spielende_

Das Spiel ist sofort zu Ende, wenn einer der Körper wiederbelebt werden konnte. Jedoch ist der Eigner dieses Körpers nicht zwingend der Sieger. Zwar erhält er drei Bonuspunkte für die Entfesselung Frankensteins, darf sich deshalb aber noch längst nicht siegessicher sein, da auch anderweitig Zusatzpunke verteilt werden. In der Schlusswertung werden nun alle Punkte addiert und der Gewinner ermittelt.

_Persönlicher Eindruck_

„Die Monstermacher“ bleibt dem allgemeinen Konzept des |Sphinx|-Verlags in jeglicher Hinsicht treu: Es ist ein außergewöhnliches Kartenspiel in einem interessanten gruseligen Setting, jedoch gleichzeitig mit gehörigem grafischem Humor ausgestattet, der erst den ganz speziellen Reiz an der Sache ausmacht. Des Weiteren ist das für drei bis fünf Spieler konzipierte Werk enorm kommunikativ, denn in fast allen Aktionsphasen steht man im direkten Kontakt mit der Konkurrenz. Insofern ist das vorläufige Resümee auch schon mal echt positiv.

Und dennoch bleibt „Die Monstermacher“ nicht bloß inhaltlich, sondern vor allem auch spieltechnisch eine sehr kontroverse Angelegenheit, die im hiesigen Spielerkreis schon Missmut und Lob zugleich einstecken musste. Gerade bei der ersten Partie kommt man noch nicht so in die Gänge und macht unheimlich viele Leichtsinnsfehler, die beim weiteren Spiel ein wenig verunsichern. Nun ist „Die Monstermacher“ sicherlich kein allzu komplexes Spiel, jedoch braucht es definitiv seine Zeit, bis man die Wenderichtung der Würfel bzw. den geschickten Einsatz seiner Grabraub-Karten durchschaut hat. Gerade Debütanten haben es recht schwer und strengen sich mühselig an, den Reiz des Spiels ausfindig zu machen, wo es doch andererseits ein wenig konfus strukturiert ist.

Die Meinungen gehen daher auch ziemlich deutlich auseinander. Während mich persönlich der Witz des Spiels sowie die Eigenschaft, für eine kurze Zeit Frankenstein zu spielen, von Anfang an begeistert haben, haben Freunde das Spiel eher langweilig empfunden. Dies kann insofern nachvollzogen werden, als man des Öfteren in Sackgassen hineinrennt, aus denen man sich erst wieder befreien kann, wenn es bereits zu spät ist. Es sind nämlich einige Unbekannte im Spiel, darunter auch die glückliche Würfelhand sowie die unschlüssige Auswahl aller Elemente beim Grabraub, bei denen einfach das Glück und nicht der Verstand entscheiden. Aber man muss sich einfach bereitwillig damit arrangieren, dass diese Komponente stärker berücksichtigt wird, um sich allgemein auf „Die Monstermacher“ einlassen zu können.

Als langweilig habe ich das Spiel letztendlich deswegen nicht empfunden, weil die Interaktion immerzu dynamisch ist. Aber auch die Umsetzung des thematischen Hintergrunds mit Einbeziehung Poehls komischen Humors ist einfach stark und überzeugend, ersichtlich in der tollen Atmosphäre, die sich alsbald bei der Zusammensetzung der Leichen einpendelt. Sieht man also von der zunächst verwirrenden Handhabung der Würfel und dem betonten Faktor Würfelglück ab, kann man eigentlich nichts finden, was diesen Titel in irgendeiner Weise angreifbar macht. Es mag zwar sein, dass manche Aktionen etwas ausgeprägter und übersichtlicher hätten dargestellt werden können, und auch hat das Spiel langfristig nur eine verhältnismäßig geringe Tiefe, doch da auch die strategischen Werte nicht zu vernachlässigen sind und die makabere Monsterkreation einfach nur jede Menge Spaß bringt, kann man diese minimalen Schönheitsfehler geflissentlich außer Acht lassen. Meines Erachtens jedenfalls ist „Die Monstermacher“ nicht bloß interessant, sondern in seinem kompletten Erscheinungsbild ein weiterer, ziemlicher lohnenswerter Titel aus dem Hause |Sphinx|!

http://www.sphinxspiele.de

Poehl, Henning – Popeln

_Wer anderen in der Nase bohrt …_

… hat selbst nichts drin. Für so manch einen gibt es nicht Ekelhafteres und Abstoßenderes als die ständige Popelei im Riechkolben. Egal ob in der Schule, im Aufsichtsrat oder bei Gesellschaftsspieleabend – immerzu hat man jemanden in der Nähe, der sich diesem versteckten Hobby widmet, ohne dabei auf seine direkte Umwelt zu achten. Henning Poehl hat aus dieser Not eine Tugend gemacht. Er fand im „Popeln“ die perfekte Inspiration für ein neues Kartenspiel, das sich ausschließlich mit der vollkommen verpönten Angewohnheit beschäftigt. Und dabei hat er vor nichts und niemandem haltgemacht …

_Die Ernte der Nasenkoteletts_

In „Popeln“ geht es darum, so viele Innereien aus der Nase zu fischen, wie es eben geht. Allerdings lässt sich nicht jedes Kotelett problemlos aus den beiden Öffnungen ziehen. In „Popeln“ bedarf es nämlich gewisser Erfordernisse, um überhaupt seinen Finger in die Nase stecken zu können. Breite, Länge und Krümmungswinkel müssen angemessen sein, um die Ernte der Popel antreten zu können. Aber auch hier gilt: Je größer der Inhalt, desto schwerer seine Befreiung. Jedoch fragt sich bei den wirklich fiesen Illustrationen des Naseninneren, ob es nicht manchmal besser wäre, die punktetechnisch lukrativeren, großen Popel in der Nase zu lassen – denn wenn eines fest steht, dann dass „Popeln“ aus zeichnerischen Perspektive betrachtet definitiv nichts für sanfte Gemüter ist!

_Spielmaterial_

• 5 doppelseitig bedruckte Nasenkarten
• 21 Popelkarten in drei Größen
• 40 Nasenbohrkarten mit unterschiedlich langen, breiten und krummen Fingern
• 6 Erkältungskarten
• 2 grüne Popelwürfel

Nun, am Spielmaterial werden sich die Geschmäcker sicherlich scheiden, denn die Abbildungen der ‚Titelhelden‘ sind schon ziemlich eklig. Allerdings vermitteln sie somit auch ein sehr authentisches Gefühl, denn was könnte fieser in der Hand liegen als ein Popel. Aber alleine der Anblick der unterschiedlich großen Kügelchen verdirbt einem sofort den Appetit und macht das Ganze für all diejenigen, die sowieso schnell eine Gänsehaut bekommen, zu keinem echten Vergnügen. Ein wenig Auflockerung vermitteln diesbezüglich die recht skurrilen Fingerdarstellungen sowie die zehn unterschiedlichen Nasenformen, bei denen man vom Riechkolben eines Tattergreises bis hin zum typischen Boxerprofil alles entdeckt, was sich dem eigenwilligen Spielkonzept anpassen kann.

Man muss die Spielmaterialien letztendlich jedoch überwiegend auf Spielbarkeit und Stimmigkeit mit dem Hauptthema prüfen, und gerade darauf bezogen passen die Abbildungen zum inhaltlichen Background wie die Faust auf die Nase.

_Spielaufbau_

Bevor das Spiel beginnt, werden die unterschiedlichen Kartentypen voneinander getrennt und jeweils durchgemischt. Vier der fünf Nasen werden ausgewählt und anschließend in die Tischmitte gelegt. An der rechten Seite jeder Nase befindet sich eine Würfelsumme, die, mit den anderen Nasen addiert, zu Beginn des Spiels nie größer als acht sein darf. Weiterhin wird nun an jede Nase zur Rechten eine Popelkarte angelegt. Die Nasenbohrkarten werden nach dem Mischen an die Spieler aufgeteilt. Jeder bekommt fünf Karten, der Rest geht auf den Nachziehstapel. Hat jeder seine Karten in der Hand, kann das Spiel beginnen.

_Spielverlauf_

„Popeln“ ist in insgesamt fünf aufeinander folgende Phasen untergliedert, die Runde für Runde durchexerziert werden müssen, um schließlich die wertvollen Naseninhalte zu ergattern. Der Aufbau einer Runde sieht dabei wie folgt aus:

|1.) Nasen begutachten|

Zu Beginn des Spiels liegen die vier Nasen in einer bestimmten Anordnung offen auf dem Tisch. Allerdings kann diese Struktur jederzeit durchbrochen werden. Sollte man zum Beispiel mit der aktuell aufgedeckten Nase nicht zufrieden sein, besteht die Möglichkeit, in dieser Phase die Rückseite aufzudecken – und das bei beliebig vielen der vier Nasen. Hierbei sollte man stets berücksichtigen, welche Karten man auf der Hand hat und inwiefern diese nun unter neuen Bedingungen eingesetzt werden könnten.

|2.) Karten ausspielen|

In dieser Phase muss man mindestens eine seiner Nasenbohrkarten ausspielen. Es ist jedoch erlaubt, so viele Karten wie möglich auszuspielen. Jene Nasenbohrkarten zeigen jeweils eine Eigenschaft des darauf abgebildeten Fingers an. Es handelt sich dabei entweder um Länge, Breite oder Krümmung. Will man nun eine seiner Karten an die Nasen anlegen, ist darauf zu achten, dass die Werte der Karten kleiner oder gleich groß wie die der Nase sind, denn nur dann kann man sie auch anlegen. Ein Finger mit Länge 3 kann zum Beispiel nicht an eine Nase mit Länge 1 angelegt werden. Anders verhält es sich mit Sonderkarten. Einen Spezialfinger kann man jederzeit an jede Nase gesondert anlegen. Bei der späteren Ermittlung über den Gewinn von „Popeln“ kann dies entscheidend sein, da die Chancen mit solchen Mitteln definitiv größer sind. Wer indes eine Erkältung innehat, tauscht diese gegen einen weiteren Popel in einer Nase nach Wahl und erhöht somit die späteren Chancen, an dieser Nase erfolgreich zu ernten. Hat man schließlich keine Karten mehr, die man spielen möchte, geht es nun ans Popeln.

|3.) Popeln|

Nun geht es ans Eingemachte. In jeder Nase, die an allen Seiten bestückt ist (soll heißen mit Karten zu Länge, Krümmung und Breite des popelnden Fingers), darf man einmal bohren. Inwiefern man dabei erfolgreich ist, erfährt man durch die Würfel. Sowohl auf den Popelkarten als auch auf den Nasenkarten sind Würfelzahlen angegeben, die nun bei den entscheidenden Würfen in ihrer Summe nicht überschritten werden dürfen. Bonuspunkte gibt es allerdings, wenn die drei Werte der Finger mit denen der Nase übereinstimmen. Für jeden gleichen Wert erhält man beim Würfeln einen Bonuspunkt, ebenso beim Einsatz von Spezialfingern. Sollte das Resultat an einer Nase schließlich kleiner oder gleich groß sein wie der Nasenwert, dann erhält man den Popel und damit auch eine bestimmte Anzahl Popelpunkte. Anschließend muss man bei erfolgreichen Bohrereien an der betreffenden Nase einen Finger entfernen. Spezialfinger, die vorab platziert wurden, verschwinden hingegen in jedem Fall, selbst wenn die Popelei erfolglos war. Nachdem man schließlich an allen ‚vollständigen‘ Nasen gepopelt hat, ist der aktive Part der Runde nun beendet.

|4.) Nasen auffüllen|

Sobald jemand an einer Nase erfolgreich gepopelt hat, wird ein neuer Popel nachgelegt, sofern nicht noch übrige Popel dort abgelegt wurden. Dies geschieht nun in dieser Phase.

|5.) Karten nachziehen|

Bevor man nun an seinen linken Mitspieler übergibt, füllt man seine Kartenhand wieder auf fünf Karten auf. Damit ist der eigene Zug beendet

_Spielende_

Im Folgenden wird nun permanent weitergebohrt und -gepopelt, bis schließlich alle Nasen befreit sind und kein Popel mehr übrig ist. Sobald dies der Fall ist, werden die Finger wieder eingesteckt und die Schlusswertung wird eingeleitet. Jeder Popel hat, je nach Größe, einen bestimmten Punktewert. All diese Punkte zusammen ergeben das persönliche Endresultat. Wie gehabt gewinnt derjenige, der hier am besten abschneidet.

_Persönlicher Eindruck_

Nun, die ersten Eindrücke dieses merkwürdigen Spieltitels sind auch nach mehreren Runden nicht abgeklungen. „Popeln“ ist fies, abstoßend und ekelhaft und rein grafisch betrachtet wohl alles andere als ein Leckerli. Andererseits ist die Spielidee einfach klasse und mutig, darüber hinaus aber vor allem innovativ. Wer bitte schön hat sich denn schon mal damit auseinandergesetzt, was geschieht, wenn man den Finger in anderem Krümmungswinkel in die Nasenlöcher befördert? Und wem war bewusst, wie unterschiedlich die Techniken und Hindernisse beim Hinausbefördern des Naseninhalts tatsächlich sein können? Henning Poehl respektive der |Sphinx|-Verlag haben sich diese abstrusen Gedanken zu Eigen gemacht, um ein prinzipiell simpel strukturiertes, rein spieltechnisch jedoch rundum überzeugendes Konzept zu erstellen, das inhaltlich zwar geschmackliche Grenzen überschreiten mag, gerade deswegen aber so unheimlich interessant ist.

Dabei hat der Autor definitiv alle Scheuklappen abgelegt und auch vor krasseren Abbildungen nicht Halt gemacht, was jedoch nachgewiesen dem etwas ungewöhnlichen Humor des Ideengebers und des Spiels zugute kommt. Auch wenn man sich zu Beginn davor ekeln mag, die einzelnen Popelkarten überhaupt nur anzufassen, so muss man schlussendlich zugestehen, dass diese Authentizität erst den Reiz am Spiel ausmacht und man bedingungslos von einer sehr gelungenen Umsetzung des seltsamen Themas sprechen muss.

Der abstoßende Effekt wirkt indes nur bei den ersten Partien, genauer gesagt bis zu dem Zeitpunkt, an dem die strategische Komponente die visuelle aussticht. Doch selbst dann bleibt dieses Kartenspiel eine sehr unterhaltsame Sache, die man zu jeder Gelegenheit – na gut, vielleicht nicht gerade vor oder direkt nach den Mahlzeiten – auf den Tisch bringen kann. Ich kann jedenfalls nur dazu raten, die nächste Messe in Essen zu nutzen, um das Nasenhandwerk mal zu testen und ggf. auch abzugreifen!

http://www.sphinxspiele.de/

Zeimet, Jacques – Sprache des Manitu, Die

_Gedächtnistraining mit Witz_

Mit „Die Sprache des Manitu“ hat der Schmidt-Subverlag |Drei Magier Spiele| jüngst ein prinzipiell superleichtes, für jedermann meisterbares und dennoch unglaublich unterhaltsames Spiel veröffentlicht, bei dem man anhand von konfusen Silbenzusammenstellungen sein Gedächtnis trainieren kann und muss. Verpackt in ein indianisches Setting, gilt es für zwei bis sechs Spieler(innen), den jeweils anderen bei der Zusammenstellung eines kunterbunten Wortes zu übertreffen und seine Merkfähigkeit gegenüber den Kontrahenten unter Beweis zu stellen. Der Clou an der Sache: Die Wortkombinationen sind teilweise derartige Zungenbrecher, dass die Lachmuskeln oft noch mehr als das Gedächtnis selber strapaziert werden. Keine Frage, hier naht nicht bloß der nächste Klassiker auf dem Kinderspielmarkt, sondern auch der kommende Geheimtipp unter den Partyspielen.

_Spielidee_

Im Grunde genommen basiert das gesamte spiel auf lediglich einer Frage: Wer kann sich das längste Wort in der Sprache des Manitu merken? Dies gilt es nun reihum zu ermitteln, indem sich die Mitspieler jeweils zu übertrumpfen versuchen und nach demjenigen suchen, der das Wort mit den meisten Silben bilden kann. Hierzu werden die 54 Silbenkarten zunächst gut durchgemischt und vom vorab bestimmten Spielleiter, dem Häuptling, an sich genommen. Jeder Spieler wird einmal der Häuptling sein und überprüfen, ob seine Indianer das zusammengesetzte Wort auch richtig nachsprechen können.

Das Spiel beginnt, indem der Spielleiter nun die erste Silbenkarte aufdeckt. Sein linker Nachbar spricht die Silbe nun nach und übergibt den Part an seinen nächsten linken Mitspieler. Wieder wird eine neue Silbe aufgedeckt, während die erste bereits im Kartenhalter des Häuptlings und nur für ihn ersichtlich verschwunden ist. Der zweite Spieler muss nun bereits beide Silben kombiniert aufsagen, bevor der Spielleiter auch die neue Silbe in den Kartenhalter befördert. Im Uhrzeigersinn wird das Wort nun stetig verlängert, jedoch ohne dass den Spielern noch einmal ein Einblick in die vorher gezogenen Silben gewährt wird. Gelingt es einem Spieler irgendwann nicht mehr, es korrekt nachzusprechen, scheidet er in dieser Runde aus. Die Partie wird nun so lange fortgesetzt, bis niemand mehr die Wortkombination bilden kann. Derjenige, der das längste bisherige Wort fehlerfrei aufsagen konnte, gewinnt die Runde und erhält als Lohn die Karten des Häuptlings auf die Hand.

Anschließend wechselt die Rolle des Häuptlings, bis schließlich jeder Spieler einmal diesen Part übernehmen durfte. In der finalen Schlusswertung werden schließlich die errungenen Karten miteinander verglichen. Der Spieler, der dann die meisten Karten besitzt, gewinnt das Spiel.

„Die Sprache des Manitu“ kann auch zu zweit gespielt werden. In diesem Fall spielen zwei Indianer abwechselnd und ermitteln individuell, wie lang das Wort ist, das sie aus den vorgegebenen Silben konstruieren können. Der jeweils andere prüft derweil, ob sein Gegenüber auch fehlerfrei bleibt. Nachher wird erneut die Menge der Karten verglichen und somit der Sieger bestimmt.

_Persönlicher Eindruck_

„Die Sprache des Manitu“ ist ein simpel strukturiertes, aber gleichermaßen begeisterndes Gedächtnisspiel, welches einerseits eine Menge Spaß bringt, andererseits aber auch als wirklich gutes Training für die grauen Zellen betrachtet werden darf. Man mag gar nicht glauben, welchen Ehrgeiz man entwickelt, wenn es darum geht, die sich ständig erweiternden Silbenkombinationen tadellos nachzusprechen und sich nicht vor den Mitspielern die Blöße zu geben. Man neigt tendenziell dazu, die Aufgabe zu unterschätzen, ertappt sich dann aber dabei, wie eine unharmonische Zusammenstellung einen völlig aus dem Konzept bringt und man ggf. sogar schon nach fünf oder sechs Silben kapitulieren muss. Ri-Ra-Re-Ro-Si-Se oder Po-Pi-Pu-Pe-Sch-Sch können einen aber auch wahrhaftig zur Verzweiflung bringen …

Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang weiterhin, dass es gar nicht vieler Spielmaterialien bedarf, um einen solch großen Spielspaß zu vermitteln. Es sind lediglich 54 Karten sowie der Kartenhalter in der Schachtel enthalten, die jedoch für unentwegte Freude an diesem vertrackten Silbenspiel sorgen und einen regelrecht an das schmucke Kleinod fesseln. Lange Reden sind daher an dieser Stelle auch nicht angebracht. Stattdessen schließe ich mit der Überzeugung, eines der schönsten, einfachsten und empfehlenswertesten Spiele für Jung und Alt kennen gelernt zu haben, dessen langfristiges Potenzial es garantiert noch häufig auf den Spieltisch bringen wird.

http://www.schmidtspiele.de/
http://www.dreimagier.de/

Sandfuchs, Ralf – Pyramide des Krimsutep, Die

_Krimsuteps Rückkehr_

Nachdem die „Baumeister von Krimsutep“ zuletzt noch den Spieltisch säumten, folgt nun bereits der nächste Titel aus |Krimsus Krimskrams-Kiste|, dem kleinen Insider-Spielverlag, dessen Auswahl an Kartenspielen bereits in Essen zahlreiche Besucher positiv überraschte. „Die Pyramide des Krimsutep“ ist dabei ein weiterer Titel aus dem Bereich der Ägyptologie und beschäftigt sich inhaltlich mit der Schatzsuche in den entlegenen Winkeln der Pyramiden. Zwei bis fünf Spieler suchen nach Krimsuteps Schätzen und versuchen, diese ins Basislager außerhalb der Pyramide zu transportieren. Doch in den Gemäuern des Pharaos tummeln sich zahlreiche Fallen, die den Forschern das Leben zur Hölle bzw. die Suche zu einem verdammt kniffligen Ereignis machen. Doch so soll’s schließlich auch sein, denn der Sage nach hat man sich ja auch damals in den legendären Labyrinthen Gizehs verlaufen …

_Von Kanopen und Artefakten_

Krimsuteps Pyramide ist reich an verschiedenen Schätzen, die sich den Forschern allerdings erst offenbaren, wenn sie auf ihrer Schatzsuche eine Kanope entdeckt haben. Über verdeckte und offene Gänge startet man die Hatz auf diese Artefakte und verfrachtet sie zunächst einmal ins Basislager, bevor dann der richtige Schatz ausgehoben wird. Problematisch hierbei: Sobald die erste Kanope aufgedeckt wurde, zieht die hinterhältige Mumie durch das Labyrinth der Pyramide und macht sich an den Forschern zu schaffen. Während man sich noch auf dem Rückweg befindet und Rampen, Fallgruben und der Königspyramide ausweicht, nähert sich die vermummte Gestalt fast Zug für Zug und treibt einen in die Enge. Nicht selten wird man dabei erleben, dass man seine Schätze verliert und ganz von vorne beginnen muss. Aber auch die übrigen Forscher greifen, falls nötig, zu unlauteren Mitteln und rauben die Kanopen und Schätze aus den Rucksäcken der Kollegen – denn letztendlich verlässt derjenige siegreich die Pyramide, der als Erster Kanope und Schatz befreit hat.

_Spielmaterial_

• 1 Basislager
• 15 helle Gang-Karten
• 20 dunkle Gang-Karten
• 1 Grabkammer
• 5 Kanopen-Karten
• 5 Schatz-Karten
• 40 Ausgrabungs-Karten
• 5 Forscher-Karten
• 5 Karten mit Forscher-Pöppeln
• 5 Ankh-Anzeiger-Karten
• 5 Regelkarten
• 1 Karte mit Krimsutep-Pöppel
• 1 Karte mit Bauanleitung für die Pöppel
• 1 Karte mit Erläuterungen

Das Spielmaterial von „Die Pyramide des Krimsutep“ ist in erster Linie zweckdienlich gestaltet, allerdings auch ein klein wenig unübersichtlich aufgebaut. Dem Spieler werden zum Beispiel verschiedene Spielhilfen zur Seite gestellt, jedoch verteilen diese sich über die Vor- und Rückseiten mehrerer Karten, so dass man gerade zum Auftakt immer wieder damit beschäftigt ist, auf den Karten nach Symbolen und deren Bedeutung zu suchen.

Davon abgesehen sind die quadratisch geformten Karten mal eine nette Abwechslung zum üblichen genormten Material, zumal sie auch sehr gut in der Hand liegen und vor allem den Platz auf dem Tisch nicht ganz so sehr in Anspruch nehmen. Selbst wenn alle 36 aktiven Gang-Karten im Spiel sind und die Spieler ringsherum ihre Forscherkarten ausgelegt haben, wird es nie wirklich eng, was ja für Spiele mit einer Fülle an ganz unterschiedlichen Karten nicht immer Standard ist.

Bezogen auf das Design sind die Karten indes recht simpel gestrickt, dafür aber verständlich und logisch strukturiert. Schade ist nur, dass der Karton nicht ganz so dick ist, wie man es sich eventuell wünschen würde. Gerade bei den Forscher-Pöppeln, die nach dem üblichen Muster in der Mitte geknickt werden, wächst der Unmut, wenn man sieht, wie stark die Karten beschädigt werden. Dies ist zwar das natürliche Übel eines solchen Spiels, fällt jedoch hier ganz besonders auf. Dennoch: Auch wenn die Spielmittel nicht ganz so souverän abschneiden, so sind sie in Sachen Spielbarkeit doch auf einem ordentlichen Niveau gehalten.

_Spielvorbereitung_

Vor jedem Spiel wird das Kartenspielfeld zunächst einmal aufgebaut. Hierzu nimmt man das Basislager und legt rechts davon in einer aufsteigenden Treppenform die Karten mit den hellen Gängen verdeckt an. In die Karten mit den dunklen Gänge wird nun für jeden Spieler jeweils eine Kanope hineingemischt. Außerdem wird ein Schatz, dessen Karte ein gleiches Göttersymbol wie die Kanope hat, pro Artefakt beiseite gelegt. Auch die eingemischten Kanopen werden gegen Gang-Karten mit gleichem Göttersymbol eingetauscht. Nachdem man gemischt hat, füllt man nun die verbliebenen Plätze mit dunklen Gängen auf, so dass ein sechs mal sechs Karten großes Feld entsteht, welches am oberen rechten Rand von der Grabkammer samt Mumie abgeschlossen wird.

Die Spieler bekommen derweil eine Forscherkarte mit dem dazugehörigen Pöppel, die Karten mit den verkürzten Spielregeln sowie einen Ankh-Anzeiger, der direkt neben die Forscher-Karte angelegt wird. Als Letztes erhält jeder vier Ausgrabungs-Karten. Der Spieler, der am ehesten wie eine Mumie ausschaut, beginnt!

_Spielablauf_

Die Spieler starten allesamt im Basislager, um von dort die Kanopen aufzuspüren, sie sicherzustellen und anschließend die große Schatzsuche zu beginnen. Dies geschieht nun folgendermaßen: Zunächst darf man insgesamt fünf Bewegungspunkte auf seine Forscher-Pöppel aufteilen. Man schaut sich nun auf den Karten der Pyramide um, wägt die Reichweite ab und sucht sich einen Standpunkt aus, an dem der Zug enden soll. Jede Karte verfügt über das Symbol von einem der insgesamt fünf Götter; sobald man sich nun für einen Zielort entscheidet, schaut man sich das betreffende Symbol an, wirft eine Ausgrabungskarte mit dem entsprechenden Symbol ab und versucht nun, ungestört auf jenes Feld zu ziehen. Bedingung dabei: Aufgedeckte Gänge verbrauchen einen Bewegungspunkt, verdeckte Karten den doppelten Wert. Man kann sich während des Zuges desweiteren überlegen, ob man zwischendurch Karten aufdecken möchte, um sich selber einen Vorteil zu verschaffen oder eben gegnerischen Spielern den Weg zu versperren. Dabei kann es jedoch geschehen, dass man ein ungünstiges Feld aufdeckt und möglicherweise deshalb nie am geplanten Zielort ankommt. Man hat allerdings immer die Möglichkeit, Ausgrabungskarten zu spielen und mit ihnen zum Beispiel beliebige Karten aufzudecken oder aber unter anliegende Karten zu schauen, um anschließend abzuwägen, ob sie besser offen oder verdeckt bleiben.

Dies geschieht nun so lange, bis eine Kanope entdeckt wurde, was wiederum den Einsatz des mumifizierten Pharaos nach sich zieht. Dieser tritt immer dann in Bewegung, wenn ein Forscher diagonal zur Mumie steht. Dann darf der aktive Spieler die Mumie um bis zu zwei Felder verrücken und eventuell auch Mitspieler angreifen. Wer unterdessen ein Artefakt oder sogar den Schatz mit sich führt, verliert ihn nun wieder. Dies geschieht jedoch auch, sobald eine Rampe oder die Königspyramide im Wege sind. In diesem Fall startet man erneut im Basislager und wiederholt sein Vorgehen, bis man die beiden Teile jeweils dort abgeliefert hat.

Anschließend wird dann der Schatz, der mit der betroffenen Kanope in Zusammenhang steht, gegen eine Gang-Karte mit gleichem Göttersymbol vom Spielfeld getauscht, unter die ausliegenden Karten gemischt und wieder aufs Spielfeld verteilt. Für denjenigen, der die Kanope bereits sichergestellt hat, kann nun die Schatzsuche beginnen. Sobald der Schatz gefunden ist, gehört er ebenfalls ins Basislager. Allerdings stehen auch hier die üblichen Hürden im Weg, begonnen bei verschlossenen Gängen bis hin zu Mauern am Rande eines Gangs, durch die man sich höchstens mit einer Geheimtür winden kann. Und wenn alles unbeschadet voranschreitet, ist dort immer noch der wandelnde Pharao, der einem das Leben schwer macht. In die Pyramide hineinzukommen, ist dementsprechend leicht. Später aber wieder einen Ausgang aus den verschachtelten Gängen zu finden, ist wesentlich schwerer.

Jedoch kann man ja auf weitere Hilfen zurückgreifen und nötigenfalls auch mal einen Überfall starten. Ein Revolver zwischen den Ausgrabungskarten könnte beispielsweise beim Raub eines Artefakts hilfreich sein, mit Brille und Schaufel hingegen erfährt man mehr über die Geheimnisse unter den verdeckten Karten. Außerdem kann man auch Ankhs sammeln, die hier auf einer Punkteleiste geführt werden und zu unterschiedlichen Kursen gegen allerhand besondere Optionen eingelöst werden können. Man kann seine Bewegungspunkte pro Runde um einen Punkt erhöhen, Fallen ignorieren, Karten tauschen, etc. – abhängig davon, was man finanzieren kann.

Zum Ende eines Zuges, ganz gleich, wie weit man fortgeschritten ist, hat man die Möglichkeit, eine ungeliebte Ausgrabungskarte abzulegen und maximal zwei neue zu ziehen, jedoch stets auf ein Handlimit von fünf Karten festgesetzt.

So zieht man nun durch die Pyramide, zunächst als Jäger, schließlich als Gejagter und immerzu auf der Flucht vor allen möglichen Gefahren, bis es schließlich gelungen ist, den Schatz als Erster zu bergen. Sobald dies der Fall ist, findet das Spiel sein Ende. Der erfolgreiche Träger des Schatzes ist natürlich der Sieger.

_Persönlicher Eindruck_

„Die Pyramide des Krimsutep“ ist eines dieser Spiele, welche von Partie zu Partie wachsen und unterdessen immer mehr Kniffe und Strategien freilegen, mit denen man später in die nächste Runde zieht. Zunächst einmal mutet die Schatzsuche ganz easy an: Man hat in Windeseile eine Kanope entdeckt und trottet zufrieden und siegessicher gen Basislager. Doch da hat man die Rechnung ohne seine Mitspieler gemacht, die nun natürlich alles daran setzen, den Weg zu versperren und Karten aufzudecken, die in Sackgassen münden. Solange man über die verdeckten Karten wandert, ist man nämlich frei in seinen Bewegungen. Sind schließlich jedoch Gänge freigelegt, muss man sich an ihrem Verlauf orientieren und gerät nebst der Gefahr durch Rampen, Mumie und dergleichen alsbald ziemlich in die Bredouille.

Und nun entwickelt das Spiel seine Stärken. Es wird mittels der Ausgrabungskarten, auf denen sich jeweils drei Symbole / Aktionsmöglichkeiten zur Auswahl befinden, taktiert, immer wieder mal der Verlust eines Gegenstandes hingenommen, um einer Sackgasse zu entkommen, und mit den irrsten Versuchen schlussendlich doch noch ein Weg gefunden, gleich zweimal schadlos aus der Pyramide zu entkommen. Doch dies ist ein teilweise sehr langer Weg; die Spielzeitangabe von 75 Minuten mag auf den ersten Blick nämlich noch übertrieben erscheinen – sobald jedoch die Spielerzahl ausgereizt ist, reicht dieser Rahmen oftmals noch nicht einmal, um den Sieger zu küren.

Insofern verwandelt sich das zunächst so simpel anmutende Kartenspiel mit wachsender Dauer zu einer richtig ausgefuchsten Taktikschlacht, in der man stets alle Hühneraugen auf den Gegner richten muss, denn ihn aufzuhalten, ist grundsätzlich immer wichtiger als selber durchzukommen. Man hat schließlich Zeit, irgendwann später einmal zuzuschlagen, wohingegen durchgeschlängelte Konkurrenten später klar im Vorteil sind. Doch diesen Egoismus zu besiegen und in die defensive Abwartungshaltung zu wechseln, ist bisweilen ziemlich schwer, aber wohl die treffende Strategie, um mit den besten Chancen in eine Partie zu gehen.

Insgesamt hat mich „Die Pyramide des Krimsutep“ ob der genannten Gründe weitestgehend überzeugt. So manche Runde ist zwar ein wenig langwierig geraten, doch da prinzipiell bis zum Ende des Spiels ein ausgewogenes Chancenverhältnis besteht, bleibt die Spannung auch bis zum letzten Zug erhalten – und dies ist gerade in solchen Spielen ein nicht zu unterschätzendes Element. Indes sind aber auch die Spielidee sowie die thematische Umsetzung sehr gut gelungen, übertrumpft allerdings vom stets kniffligen Wettstreit, der sich in diesem Titel von Ralf Sandfuchs von der ersten bis zur letzten Sekunde etabliert. Wer Spaß, Kurzweil und vor allem Taktik in kombinierter Form in einem Kartenspiel sucht, sollte „Die Pyramide des Krimsutep“ auf der diesjährigen Spielmesse in Essen definitiv mal antesten. Dieses Spiel belegt recht gut, warum die vielen Geheimtipps (und darunter eben auch dieser) aus |Krimsus Krimskrams-Kiste| nicht bloß Insidern vorbehalten bleiben sollten!

http://www.krimsu.de/