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Eric Frank Russell – Gedanken-Vampire

Russell Gedankenvampire Cover kleinDas geschieht:

Im Mai des Jahres 2015 fallen – zunächst unbemerkt – berühmte Wissenschaftler seltsamen ‚Unfällen‘ und ‚Selbstmorden‘ zum Opfer. Bill Graham, Agent der Finanz- und Kreditabteilung der US-Regierung, wird in New York zufällig Zeuge eines solchen Todesfalls und reagiert berufsbedingt neugierig.

Während Leutnant Wohl, der für die Kriminalpolizei im Fenstersturz des Dr. Irwin Webb ermittelt, Wahnsinn oder Drogen als Ursache vermutet, entdeckt Graham die Spuren einer bizarren Verschwörung: Die Todesserie begann mit dem schwedischen Physiker Peter Bjornsen, der als Koryphäe auf dem Gebiet der Optik galt. Er hatte versucht, das Sichtspektrum des menschlichen Auges zu erweitern und war dabei sehr erfolgreich gewesen.

Als weitere Wissenschaftler sterben, die nachweislich mit Bjornsen in Kontakt standen, wird Graham dem US-Geheimdienst überstellt: Die Regierung ist über den akademischen Aderlass besorgt und wünscht rasche Aufklärung. Graham findet einen Forscher des Bjornsen-Kreises, der lang genug lebt, um ihn über die Vitonen aufzuklären: Tief im sonst für den Menschen unsichtbaren Infrarot-Spektrum des Lichts entdeckte Bjornsen blaue Energiewesen, die nicht nur intelligent, sondern auch außerirdischen Ursprungs sind. Seit sie auf die Erde kamen, förderten die Vitonen Konflikte und Kriege, denn sie ernähren sich von den dabei freigesetzten Emotionen.

Auf die Tatsache ihrer Entdeckung reagieren die Vitonen erwartungsgemäß unfreundlich. Fatalerweise können sie das menschliche Hirn nicht nur manipulieren, sondern auf geringe Entfernung auch Gedanken lesen. Wer ihnen in die Quere kommt, kann deshalb rasch ausgeschaltet werden. Dessen ungeachtet bricht ein weltweiter, entbehrungsreicher Kampf um die Freiheit der Menschheit aus …

Böse Geister in harten Zeiten

Die Science Fiction galt einmal als Genre, das der Gegenwart ‚Informationen‘ über den Alltag der Zukunft liefern konnte. Diese Ansicht war vor allem in der „Goldenen Ära“ der SF vor dem II. Weltkrieg verbreitet; sie wurde durch aktuelle Fortschritte in Wissenschaft und Technik unterstützt, die sich scheinbar grenzenlos fortschreiben ließen, weshalb die Menschen in unserer Geschichte zwar ohne Handy oder Internet leben müssen, aber immerhin auf mehrstöckig übereinander montierten Hochstraßen zur Arbeit fahren können.

Tatsächlich besitzt auch der SF-Autor keinen Draht in die Zukunft. Science Fiction ist eine ganz im Hier & Jetzt angesiedelte Literatur, die Gegebenheiten der Gegenwart in zukünftige Zeiten extrapoliert und damit höchstens zufällig ins Schwarze trifft. In „Gedanken-Vampire“ fällt dem Leser der Gegenwart beispielsweise der elektronische „Zeitungswiedergabeschirm“ auf; die dort angezeigten Blätter lassen sich bei Bedarf ausdrucken: Da ist es – irgendwie – doch, das Internet! Dennoch wirkt Russells 2015 jederzeit altmodisch.

Interessant und historisch relevant ist die Extrapolation an sich, die viel über die Entstehungszeit aussagen kann. Dabei darf man freilich nicht übers Ziel hinausschießen und SF nachträglich fehl- bzw. überinterpretieren. „Gedanken-Vampire“ wurde erstmals 1939 – in der März-Ausgabe des legendären Pulp-Magazins „Unknown“ – veröffentlicht und fällt in eine Ära, die ganz im Zeichen eines drohenden zweiten Weltkriegs stand, der bekanntlich noch im gleichen Jahr ausbrach.

Die Vitonen waren vor den Nazis da …

Sind die Vitonen also mit den Nazis gleichzusetzen, die in Mitteleuropa nach Belieben schalteten und walteten, während das Ausland ihrem Treiben scheinbar machtlos ausgeliefert war? Russell selbst gab in einem Vorwort zur überarbeiteten und erweiterten Buchausgabe von 1948 selbst (wenn auch indirekt) die verneinende Antwort: „Falls jemals eine (Science-Fiction-) Story auf Tatsachen beruhte, so ist es diese“. Es folgt eine Schimpfkanonade gegen die etablierte Wissenschaft, die ihr nicht genehme Fakten unterschlage und einsame Propheten lächerlich mache.

Gemeint ist Charles Fort (1874-1932), ein besessener Sammler unerklärter bzw. unerklärlicher Phänomene, die er in mehreren, zu seiner Zeit sehr populären Büchern nicht nur auflistete, sondern ‚erklärte‘. Forts Theorie einer dem Menschen unsichtbaren Welt oberhalb der Wolken, die der Erdball als buchstäblicher Luft-Ozean umgibt, schien Russell einleuchtend. Jenseits dieser „sinister barrier“ lebten nach Fort nicht nur seltsame Kreaturen, sondern lauerten womöglich auch Wesen, die dem Menschen keineswegs wohlgesonnen waren.

In John W. Campbell, Jr. (1906-1972), Herausgeber von „Unknown“ (und dem ungleich berühmteren Magazin „Astounding Science-Fiction“), fand Russell einen Mann, dem solche Spökenkiekerei nicht fremd war; u. a. unterstützte Campbell lange Jahre den „Dianetics“-Humbug des SF-Schreibers L. Ron Hubbard, dem die „Scientology“-Sekte entwucherte. Russells Irrglaube war deutlich harmloser; er hielt sich freilich ähnlich hartnäckig – die Vorstellung einer unsichtbaren Überwelt griff der Verfasser noch in den 1950er Jahren wieder auf.

Vom SF-Krimi zur Apokalypse

Dieser ‚ernsthafte‘ Hintergrund lässt sich viele Jahrzehnte später problemfrei ausblenden. „Gedanken-Vampire“ entpuppt sich (auch in der Version von 1948, die allen deutschen Übersetzungen zugrundeliegt) als typisches Garn der Pulp-Ära. Entschlossene Männer geben heimtückischen Aliens Saures; zwischendurch bleibt Zeit für wilde Verfolgungsjagden und Schießereien, aber auch für eine Liebesgeschichte, denn zumindest der Held begnügt sich nicht mit der Rettung der Welt, sondern freut sich über eine schöne Frau als finale Belohnung.

Diese wird hier weder von geilen „Bug-Eyed“-Monstern gekidnappt oder muss in Ohnmacht fallen, sondern darf sogar ein wenig zur Handlung beitragen. Überhaupt trägt Russell nicht gar so dick auf wie viele seiner Pulp-Kollegen. Ansonsten frönt Russell der in der britischen SF ausgeprägten Lust an der Apokalypse: Während Campbell und sein treuer Kumpel Wohl nach der Achillesferse der Vitonen fahnden, findet quasi im Hintergrund ein globaler Atomkrieg statt.

Vor diesem turbulenten Hintergrund konzentriert sich Russell auf Bill Graham, einen „All American Hero“ aus dem Bilderbuch. Er steht stellvertretend für das gesichtslose Heer der Spezialisten, die sich im Falle einer realen Katastrophe einem Problem stellen. Solche Vereinfachung führt zu der irritierenden Erkenntnis, dass offenbar nur Graham den Vitonen Paroli bietet. Selbst der Präsident wartet ab, was Graham herausfindet und anordnet.

Kampf den blauen Kugeln!

Dabei startet Campbell nicht einmal als Geheimdienstmann ins Gefecht. Er ermittelt für eine Regierungsbehörde, die ein Auge auf verschwenderische Wissenschaftler im Staatsdienst hält. Allerdings sind in diesem Krieg weder Erfahrung noch Intelligenz, sondern Tatkraft, Entschlossenheit und Einfallsreichtum nötig. Es ist ein hübscher Einfall, die klügsten Köpfe der Welt gerade deshalb zum Bersten zu bringen, weil sie sich zu gedankenklar mit den Vitonen beschäftigen, die ihnen so leicht auf die Schliche kommen.

„Gedanken-Vampire“ startet als Kriminalroman. Auch später bedient sich Russell Elemente dieses Genres (weshalb eine deutsche Übersetzung in einer Reihe namens „Utopia Kriminal“ erscheinen konnte). Eine Spur von Indizien, die entschlüsselt und in die korrekte Reihenfolge gebracht werden müssen, führt zu den Vitonen.

SF kommt ins Spiel, wenn geklärt ist, wie man dem Gegner beikommen kann. Weil dem Leser keine Antwort auf zuvor gestellte Fragen vorenthalten bleiben soll, bemüht sich Russell sehr um ‚logische‘ Erklärungen. Diese sind natürlich Humbug, klingen aber immerhin wissenschaftlich und belegen außerdem, dass Technobabbel keine Erfindung des „Star-Trek“-Franchises ist.

Dagegen spart sich Russell eindeutige ‚Informationen‘ über die Vitonen. Über ihre Herkunft und mögliche Motive wird nur spekuliert. Sie bleiben auf diese Weise fremde und gefährliche „Gedanken-Vampire“. Ihre Geschichte ist weder anspruchsvoll noch raffiniert, aber sie besitzt Unterhaltungsqualitäten, mit denen sich noch heute Leser finden lassen – und sei es nur deshalb, weil Russell sich in der Darstellung einer erderschütternden Krise so kurz zu fassen vermag …

Autor

Geboren wurde Eric Frank Russell am 6. Januar 1905 quasi im Schatten der „Royal Military Academy“ in Sandhurst, der Schmiede englischer Berufsoffiziere, zu denen auch der Vater gehörte. Dieser wurde dienstlich oft versetzt, was die Familie an ferne Orte des Empires führte; so lebte man lange in Ägypten und im Sudan.

Schon 1937 hatte Russell eine erste Science-Fiction-Geschichte, „The Saga of Pelican West“, in „Astounding Stories“, einem der besseren der zahllosen Pulp-Magazine dieser Ära, veröffentlicht, die als „Golden Age“ der SF gilt. Noch während des Krieges begann Russell eine Serie von Storys um den Roboter Jay Score, der nicht nur Menschengestalt besitzt, sondern sich bemüht, ein echter Mensch zu werden.

Nach dem II. Weltkrieg und einem kurzen beruflichen Zwischenspiel als Ingenieur wurde Russell Vollzeit-Schriftsteller. Vor allem in „Astounding“ erschienen seine Kurzgeschichten so oft, dass der Autor sich der Pseudonyme Duncan H. Munro und Webster Craig bediente. Was Russell in seiner Zeit bei der Royal Air Force in Sachen Militär-Logik und Bürokratie erlebt hatte, diente ihm als unerschöpflicher Fundus für bissige aber nie bösartige Satire. Zu Klassikern der Science Fiction wurden die Novelle „… And Then There Were None“ (dt. „… dann war‘n sie alle futsch“) oder die 1956 mit einem „Hugo Gernsback Award“ als beste Kurzgeschichte des Jahres ausgezeichnete Story „Allamagoosa“ (dt. „Technischer Bluff“).

Obwohl Russell als Autor beliebt und erfolgreich war, gab er die Schriftstellerei 1964 auf. Er starb am 28. Februar 1978 im Alter von 73 Jahren. Posthum wurde Eric Frank Russell 2000 in die „Science Fiction and Fantasy Hall of Fame“ aufgenommen.

Taschenbuch: 141 Seiten
Originaltitel: Sinister Barrier (Kingswood/Surrey : World’s Work 1943)
Übersetzung: Otto Kühn
http://www.ullsteinbuchverlage.de

Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

E. Richard Johnson – Es kocht in Käfig 5

johnson-kaefig-5-coverEin Massenausbruch in einer Gefängnis-Farm wird vorbereitet aber verraten, was ein beiderseitig gnadenloses Gemetzel auslöst … – Absolut unsentimental und düster erzählt Autor Johnson, der selbst Jahrzehnte hinter Gittern verbrachte, keine originelle, aber spannende und atmosphärisch unerhört dichte Geschichte, zwischen deren Zeilen unerfreuliche Wahrheiten auf den Leser warten: ein richtig böser Reißer!
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Ed McBain – Kings Lösegeld

_Das geschieht:_

Schon in jungen Jahren schuftete Douglas King, Kind armer Eltern und geboren in einem verrufenen Viertel der Großstadt Isola, in der Schuhfabrik Granger. Mit eiserner Disziplin und rücksichtslos hat er sich seinen Weg nach ganz oben gebahnt. Nun steht er vor der Erfüllung seines Herzenswunsches: King kann und wird die Aktenmehrheit und damit die Fabrik übernehmen. Freilich musste er nicht nur sein gesamtes Geldvermögen einsetzen, sondern auch seinen beträchtlichen Besitz verpfänden, um die erforderliche Summe aufzubringen. Platzt das Geschäft, ist Kings Ruf als erfolgreicher Manager dahin und er selbst finanziell ruiniert.

Genau jetzt schlagen die Kleinkriminellen Sy Barnard, Eddie Folsom und seine Ehefrau Kathy zu. Barnard will groß absahnen und plant die Entführung von Bobby, Kings achtjährigem Sohn. Er überredet Eddie mitzumachen, wozu dieser ohne Kathys Wissen bereit ist, denn 500.000 Dollar Lösegeld locken. Doch die unerfahrenen Kidnapper begehen einen kapitalen Fehler: Sie schnappen sich nicht Bobby, sondern Jeff, den Sohn von Kings Chauffeur Charles Reynolds.

Als sich der Schrecken legt, sieht Barnard keinen Grund, die Entführung abzubrechen. King soll für Jeff zahlen. Die Gangster sehen ihn in der Verpflichtung. Genauso geht es Kings Gattin Diane und den Polizisten vom 87. Revier, die mit dem Fall betraut wurden. Deshalb fallen die Beteiligten aus allen Wolken, als King sich weigert: Er kann und will seinen Traum vom Besitz der Schuhfabrik nicht aufgeben. Zwingen kann man ihn nicht, und dem moralischen Druck hält er Stand. Für Steve Carella und seine Kollegen herrscht Alarmstufe Rot. Die Kidnapper dürfen nicht erfahren, dass sie kein Geld bekommen werden. Ohnehin kommt es innerhalb der Bande zum Streit, denn Kathy ahnt, dass Barnard nicht vorhat, Jeff lebendig freizulassen …

_Ein Autor verschafft sich Freiraum_

Ed McBains Kriminalromane um das 87. Polizeirevier enthalten immer ein moralisches Element. In den frühen Werken war es – aus heutiger Sicht – noch recht deutlich und ein wenig aufdringlich. Später verpackte McBain seine Anliegen eleganter und wurde wohl auch ein wenig zynischer; gänzlich mochte er aber nicht auf die Moral von der Geschicht‘ verzichten. „Kings Lösegeld“ ist der 10. Roman um das genannte Revier – 54 wurden es insgesamt – und entstand 1959. Moral stand damals hoch im Kurs, wobei sich ein Gutteil Bigotterie in die Rechtschaffenheit mischte, mit der die braven Bürger auf jene hinabblickten, die ins Straucheln gerieten.

McBain machte da nicht mit. Allerdings war er kein ‚großer‘ Autor, sondern schrieb Unterhaltungsromane. Davon lebte er und musste sich deshalb mit seiner Kritik zurückhalten. Dass er seine Kriminalgeschichten nicht in einer realen Großstadt, sondern in einer fiktiven Metropole spielen ließ, war dabei hilfreich. Isola wurde zwar ein Spiegelbild von New York, doch hier war McBain Herr über seine eigene Welt. Was hier schief lief, musste der empfindliche Leser nicht auf die Realität ’seiner‘ USA beziehen.

|Der reiche Mann liebt sein Geld|

Denn McBain bot mit „Kings Lösegeld“ in mehrfacher Hinsicht durchaus harten Tobak. Da war vor allem die Kardinalfrage nach dem Wert eines Menschenlebens. McBain scheute nicht davor zurück, ein Kind in Lebensgefahr zu bringen. Unabhängig von der Zahlung des Lösegelds wird Jeff die Entführung nicht überleben. Daran lässt der Verfasser keinen Zweifel. Auf diese Weise schürt er die Spannung – wie kann Jeff gerettet werden? – und verschärft gleichzeitig die Gewissensqualen, in denen sich Douglas King windet.

McBain kennt kein Erbarmen. King muss Farbe bekennen. Ausflüchte werden ihm nicht gestattet. Wie würdest du dich entscheiden? Diese Frage stellt McBain auch seinen Lesern, was er geschickt mit der Handlung verknüpft. Als King seine Entscheidung fällt, unterwirft er sich nicht der gängigen Moral, sondern folgt seinem Egoismus. Dafür zahlt er einen hohen Preis: Seine Frau, sein Sohn und die Polizei verachten ihn. Reynolds, Jeffs Vater, demütigt sich in einer schwer erträglichen Szene und fleht seinen Chef an, das Geld zu zahlen. Er bleibt dabei der klägliche Wurm, als den ihn McBain charakterisierte, und King verliert noch den Rest seiner Integrität.

McBain schafft es, seine Leser verstehen zu lassen, wieso King ist, wie er ist bzw. wie er geschaffen wurde. King ist selbst ein Opfer. Seine Menschlichkeit hat er dem finanziellen und gesellschaftlichen Aufstieg geopfert. Angesicht der dabei erfahrenen Erniedrigungen ist es ihm unmöglich, das Erreichte aufs Spiel zu setzen.

|Die Kehrseite der Medaille|

Kidnapper rangieren in der Verbrecherwelt tief unten. Gewalt gegen Kinder sorgt sogar unter Kriminellen für Abscheu. Politisch korrekt hätte McBain Jeffs Entführer als Tiere in Menschengestalt schildern müssen. Solche plumpen Vereinfachungen erspart der Verfasser sich und seinem Publikum. Höchstens der brutale und zum Kindsmord bereite Sy Barnard scheint in diese Kategorie zu fallen, aber auch er überrascht im Finale mit unerwarteter und echter Emotionalität.

Im Zentrum stehen Eddie und Kathy Folsom. Eddie ist Douglas Kings dunkles Spiegelbild – ein Mann, der nach oben will, weil er es ganz unten nicht mehr aushält. Dabei treibt Folsom nicht reiner Eigennutz. Er will seiner Kathy ein Leben bieten, das sie ‚verdient‘. Sie war bisher problemlos einverstanden damit, dass er dies als Räuber und Dieb versuchte. Doch nun hat Eddie eine Grenze überschritten. Kathy muss ihren moralischen Status neu definieren. Sie wird aktiv, will Jeff, sich und Eddie retten. Dafür begibt sie sich notfalls selbst in Lebensgefahr.

„Kings Lösegeld“ endet versöhnlich aber nicht ‚happy‘. Das Schlimmste kann verhindert werden. Nicht alle Entführer enden im Gefängnis. Douglas King muss weder seinen finanziellen noch moralischen Bankrott erklären. Diane kann zu ihm und in ihr luxuriöses Heim zurückkehren – eine ironische Note, mit der McBain das Finale seiner Sentimentalität entkleidet. „King’s Ransom“ lautet der Originaltitel, den er seinem Roman gab. Dies bedeutet nicht nur „Kings Lösegeld“, sondern auch „Kings Erlösung“. Sie wird ihm zuteil, aber McBain lässt offen, ob er sie wirklich verdient hat. Zumindest die Polizisten des 87. Reviers sind da skeptisch.

|Männer des Gesetzes|

Sie sind zwar alle wieder dabei, spielen aber dennoch Nebenrollen und beschränken sich vor allem auf ihre Arbeit, die McBain, der Meister des „police procedural“, gewohnt penibel und trotzdem spannend beschreibt. Aus heutiger Sicht wirken die Methoden veraltet, aber im zeitgenössischen Rahmen funktionieren sie gut genug, um den Kidnappern auf die Spur zu kommen. Einmal mehr macht McBain deutlich, dass Polizisten keine maschinenhaften Vertreter von Law & Order, sondern Menschen sind. Steve Carella ist es dieses Mal, der keinen Hehl aus seiner Verachtung gegenüber King macht, bis er von einem Vorgesetzten zur Ordnung gerufen wird.

Was den Leser heute erstaunt, ist die Tatsache, dass offenbar niemand die geforderten 500.000 Dollar aufzubringen gedenkt, die Douglas King ausgeben soll. Lässt das Gesetz unvermögende Entführungsopfer völlig im Stich? Schießt keine Behörde dieses Geld vor? Leider geht McBain auf diesen Aspekt nicht ein. An der beachtlichen Leistung des Verfassers, der auf weniger als 180 Seiten schnörkelfrei und ohne Längen eine Vielzahl menschlicher Dramen durchspielt, ändert dies freilich nichts.

|Eine ungewöhnliche Verfilmung|

Vier Jahre nach der Veröffentlichung wurde „Kings Lösegeld“ verfilmt – allerdings nicht in den USA, sondern in Japan. Meisterregisseur Akira Kurosawa (1910-1998) faszinierte die Frage, ob der ‚Wert‘ eines Kindes am Vermögen des Vaters zu messen ist. Als |Tengoku to jigoku| (dt. |Zwischen Himmel und Hölle|) inszenierte er mit seinem Schauspieler-Favoriten Toshirō Mifune (1920-1997) eine 143 Minuten lange Mischung aus Krimi und Drama, die nicht zu Kurosawas Glanzleistungen gezählt wird, aber durch die für diesen Regisseur typischen urjapanischen und ‚westlichen‘ Film-Elemente das Beste beider Kino-Welten unterhaltsam vereint.

_Autor_

Ed McBain wurde als Salvatore Albert Lombino am 15. Oktober 1926 geboren. Dies war in den USA in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg kein Name, der einem ehrgeizigen Nachwuchsschriftsteller hilfreich gewesen wäre. Also ‚amerikanisierte‘ sich Lombino 1952 zu Evan Hunter und schrieb ‚richtige‘ Bücher, d. h. Literatur mit Botschaft und Anspruch, darüber hinaus Kinderbücher und Drehbücher.

Da sich der Erfolg in Grenzen hielt, wählte Vollprofi Hunter ein neues Pseudonym und verfasste als „Ed McBain“ den ersten der von Anfang an als Serie konzipierten Kriminalromane um das 87. Polizeirevier. Schnelles Geld sollten sie vor allem bringen und ohne großen Aufwand zu recherchieren sein. Deshalb ist Isola mehr oder weniger das Spiegelbild von New York, wo Lombino im italienischen Getto East Harlems groß wurde. Aber Hunter bzw. McBain kochte nicht einfach alte Erfolgsrezepte auf. Er schuf ein neues Konzept, ließ realistisch gezeichnete Polizisten im Team auf ‚richtigen‘ Straßen ihren Job erledigen. Das Subgenre „police procedural“ hat er nicht erfunden aber entscheidend geprägt.

1956 erschien „Cop Hater“ (dt. „Polizisten leben gefährlich“). Schnell kam der Erfolg und es folgten bis 2005 54 weitere Folgen dieser Serie, der McBain niemals überdrüssig wurde, obwohl er ’nebenher‘ weiter als Evan Hunter publizierte und als McBain die 13-teilige Serie um den Anwalt Matthew Hope verfasste. Mehr als 100 Romane umfasste das Gesamtwerk schließlich – solides Handwerk, oft genug Überdurchschnittliches, geradlinig und gern fast dokumentarisch in Szene gesetzt, immer lesenswert -, als der Verfasser am 6. Juli 2005 einem Krebsleiden erlag.

Taschenbuch: 173 Seiten
Originaltitel: King’s Ransom (New York : Simon & Schuster 1959)
Übersetzung: Gitta Bauer
Deutsche Erstausgabe: 1961 (Ullstein Verlag/Ullstein Kriminalroman 817)
[keine ISBN]
Bisher letzte Ausgabe: August 1994 (Ullstein Verlag/Ullstein Kriminalroman 10657)
ISBN-13: 978-3-548-10657-1
www.ullsteinverlage.de
www.edmcbain.com

Ed McBain – Fahr langsam übers Massengrab

Sechs Leichen bilden nur die Ouvertüre zu einem Gemetzel zwischen drei konkurrierenden Straßenbanden, das schließlich zu einem regelrechten Krieg ausartet, während die Polizei nach dem fanatischen Rädelsführer fahndet … – Weder „Whodunit“ noch „Howdunit“, ist dieser Kriminalroman vor allem Chronik der Kettenreaktion einer Gewalt, die sich aus Führerwahn und Bandenwesen speist; nüchtern und schonungslos schildert McBain einen aussichtslosen Kampf, dessen siegloser Ausgang von Anfang an feststeht. Ed McBain – Fahr langsam übers Massengrab weiterlesen

John Connolly – Der Kollektor [Charlie Parker 6]

Die Suche nach einem verschwundenen Arzt führt Privatdetektiv Parker in die Niederungen einer gut organisierten Päderasten-Bande, die sich ihres Verfolgers mit allen Mitteln zu erwehren sucht … – Das schwierige Thema wird düster und ein wenig zu bedeutungsschwanger aber gewohnt spannend und außergewöhnlich – auch Geister u. a. jenseitige Geschöpfe mischen sich ins Geschehen – dargeboten: kein Höhepunkt der Serie aber weiterhin überdurchschnittlich unterhaltsam.
John Connolly – Der Kollektor [Charlie Parker 6] weiterlesen

Zoran Drvenkar – Sorry

In einer Dienstleistungsgesellschaft wie der unsrigen kann man beinahe alles von anderen erledigen lassen. In Zoran Drvenkars Thriller „Sorry“ kommen vier junge Berliner auf die Idee, die Entschuldigung zur Dienstleistung werden zu lassen – mit unangenehmen Folgen für alle Beteiligten …

Kris, sein Bruder Wolf und die besten Freundinnen Tamara und Frauke kennen sich seit der gemeinsamen Schulzeit. Zehn Jahre danach ziehen sie Bilanz und müssen feststellen, dass die Träume ihrer Jugend sich in Luft aufgelöst haben. Trotz Studium oder Ausbildung haben die meisten von ihnen keinen Job. Während eines gemeinsamen Besäufnisses, bei dem sie über das Leben philosophieren, kommen sie auf die Idee, eine Agentur zu gründen, die sich für andere entschuldigt – auf Unternehmensebene.

Der Einfall scheint wahnwitzig, aber wider Erwarten funktioniert das Geschäft. Die Agentur namens „Sorry“ wird mit Aufträgen überhäuft. Eines Tages fährt Wolf zu einem Geschäftstermin und entdeckt in der Wohnung der Frau, bei der er sich im Auftrag eines Lars Meybachs entschuldigen soll, die Leiche der Bewohnerin. Sie wurde an die Wand genagelt und der Täter erwartet von den vieren, dass sie sich nicht nur bei der Toten entschuldigen, sondern sich auch um die Leiche kümmern. Er droht damit, ihren Familien etwas anzutun, sollten sie sich weigern, seine Befehle auszuführen. Was bleibt ihnen also anderes übrig? Eingeschüchtert machen sie sich daran, die Leiche der Frau zu vergraben, nicht ahnend, dass sie damit eine Kette schicksalhafter Ereignisse in Gang setzen …

Zoran Drvenkar hat ein selten gutes Buch geschrieben, in dem einfach alles stimmt. Das wird bereits auf den ersten Seiten ersichtlich. In kurzen Kapiteln wechseln sich unterschiedliche Abschnitte ab. Mal wird jemand direkt mit „Du“ angesprochen, dann folgt die Einführung der vier Hauptfiguren, zwischendurch finden sich immer wieder zeitlich nach vorne oder hinten verschobene Absätze, die anonym gehalten sind. Der Leser merkt schnell, dass in dem Buch einiges passieren wird, doch er versteht noch nicht, was. Das baut natürlich eine intensive Spannung auf, die ihn nicht mehr so schnell loslässt. Der Autor greift immer wieder vor, legt Irrwege, führt neue Personen ein – er spielt mit dem ganzen Repertoire der Spannungsliteratur und geht dabei weit über das hinaus, was ein normaler Thriller zu bieten hat.

Eine weitere wichtige Komponente von „Sorry“ sind die Personen und ihre Beziehungen untereinander. Darüber hinaus versucht Drvenkar, das Bild einer Generation zu zeichnen, der alle Möglichkeiten offenstehen und die sie trotzdem nicht nutzt. Dies gelingt ihm sehr gut. Kris, Wolf, Tamara und Frauke wirken, als kenne man sie persönlich. Sie besitzen Tiefe und einen eigenen Charakter. Sie sind sehr real gezeichnet und ihre Reaktionen auf die ungewöhnlichen Umstände in der Geschichte wirken glaubwürdig, wenn auch nicht immer moralisch korrekt. Doch hätte man selbst in einer solchen Situation anders gehandelt? „Sorry“ regt zum Nachdenken an; über Schuld, über den Tod – und über sich selbst.

Gekrönt wird das Ganze von einem grandiosen Schreibstil. Drvenkar benutzt wenige Worte, diese dafür aber treffsicher und eindringlich. Seine Beschreibungen sind sparsam gehalten, seine Sprache ist beinahe schon atmosphärisch, streckenweise düster. Er benutzt viel wörtliche Rede, gibt aber auch die Gedanken und Gefühle seiner Hauptpersonen wieder. Dabei wird er häufig schon philosophisch, doch er schweift nie zu sehr ab, sondern bleibt angenehm nah am Handlungsverlauf.

„Sorry“ besitzt eine wichtige Eigenschaft, die diesen Thriller herausragen lässt: Das Buch bringt den Leser zum Nachdenken. Der Berliner Autor Zoran Drvenkar versteht es, Themen wie Tod, Schuld und Unschuld so zu verpacken, dass daraus kein knochentrockener, moralischer Roman wird, sondern ein rasanter und spannender Thriller.

|ISBN-13: 978-3-550-08772-1
397 Seiten, Hardcover|
http://www.drvenkar.de
http://www.ullstein.de

_Zoran Drvenkar bei |Buchwurm.info|:_
[„Du bist zu schnell“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1084

Ed McBain – Neun im Fadenkreuz

McBain Neun Fadenkreuz Cover 1986 kleinDas geschieht:

In diesen Frühlingswochen wird die Bürgerschaft der US-Großstadt Isola durch eine Mordserie erschüttert: Ein Scharfschütze erschießt mit seinem Präzisionsgewehr offenbar wahllos Menschen. Die Beamten Steve Carella und Meyer Meyer vom 87. Polizeirevier, denen der Fall übertragen wird, können trotz intensiver Ermittlungen keine Gemeinsamkeiten zwischen den Opfern erkennen.

Der Druck auf die Polizisten steigt mit der Zahl der Leichen. Panik greift um sich, denn der Täter mordet unerbittlich weiter und bleibt dabei unsichtbar. Erst der Zufall zeigt den Zusammenhang: Alle Opfer wirkten vor vielen Jahren in einer College-Theateraufführung mit. Dass diese bizarre Tatsache der Schlüssel zum Geschehen ist, wird den Beamen bewusst, als weitere Darsteller sterben, bevor sie ausfindig gemacht werden können. Ed McBain – Neun im Fadenkreuz weiterlesen

Moning, Karen Marie – unsterbliche Highlander, Der (Hörbuch)

Band IV: [„Der dunkle Highlander“ 5160
Band V: [„Die Liebe des Highlanders“ 5185

_Sechster Aufguss des ewig gleichen Themas_

Der Feenprinz Amadan (auch bekannt unter dem Namen Adam Black) hat sich genau eine Freiheit zu viel gegenüber seiner Feenkönigin herausgenommen. Dafür ist er nun mit einem Fluch belegt worden, der ihn fast aller seiner Feenkräfte beraubt, ihn menschlich und zudem unsichtbar macht. Während er darauf sinnt, wie es ihm gelingen könnte, die Feenkönigin wieder zu besänftigen und seine Strafe aufzuheben, trifft er in Cincinatti auf Gabrielle O’Callaghan. Die angehende Anwältin entstammt einer Familie von Feenseherinnen, die in grauer Vorzeit hochgeschätzt wurden, in unseren Tagen jedoch eher für verrückt gehalten würden. Aufgrund von in der Familie weitergegebenen Erfahrungsberichten über Jäger, welche die Feenseherinnen gnadenlos töten sollen, lebt sie zwischen der beständigen Furcht und dem heimlichen Anhimmeln dieser wunderschönen, aber kalten Wesen. Dennoch gelingt es Adam, Gabrielle durch seine umfassenden Verführungskünste, die sich durchaus über das sexuelle Verführen auf den Bereich des Lebensgenusses erstrecken, davon zu überzeugen, dass sie ihm dabei helfen muss, den Kontakt zur Königin herzustellen. Letzten Endes ist ihnen auch sein jahrtausendelanger Erzfeind auf den Spuren und nicht nur darauf erpicht, Adam und Gabrielle umzubringen, sondern sogar die Königin zu stürzen.

Den Lesern der vorhergehenden fünf der lose zusammenhängenden Reihe von Highlanderliebesromanen wird die männliche Hauptfigur bekannt vorkommen; zeigte sie sich doch bereits als aalglattes, arrogantes und eher weniger sympathisches Wesen in den vorhergehenden Romanen, bis Adam Black plötzlich in „Der dunkle Highlander“ seine menschliche Seite entdeckt , Daegus MacKeltar von den 13 dunklen Druiden errettet, von denen dieser besessen ist, und dessen Geschichte er somit zum Happy-End wendet.

Der Roman zeichnet sich aber nicht nur im Hinblick auf den Rückgriff auf diese bekannte Figur durch Einfallslosigkeit aus. Der in Gestalt eines starken Schmiedes aus den Highlands dargestellte Adam ist wie die Helden der vorhergehenden Romane natürlich unglaublich attraktiv und mit einem besonders großen Gemächt ausgestattet. Tatsächlich wird er im Vergleich mit den ebenfalls auftauchenden MacKeltar-Zwillingen aus den vorhergehenden zwei Romanen als |“Daegus und Drustan zusammengenommen, dazu etwas Feenstaub und zehnmal mehr Testosteron“| beschrieben. Dabei hat die geneigte Leserin bereits diese Männer für die Offenbahrung an Potenz und Erotik gehalten!

Gabrielle ist wie ihre Vorgängerinnen klein, aber hübsch, zudem klug – obwohl sie diese Intelligenz nie unter Beweis stellen muss, da sie vor allem als Objekt der sexuellen Verführung gezeigt wird – und wie Monings andere Heldinnen mit Mitte zwanzig noch Jungfrau. Moning nötigt sich in diesem Roman immerhin ein Erklärung dafür ab: Sobald sie ihren Freunden von ihrer Sehergabe erzählt hat, waren diese sofort auf und davon, bevor es jemals zu intimeren Momenten kommen konnte. Auf der Suche nach der ultimativen unsterblichen Liebe kam es vermutlich nie in Frage, mit einem Mann zu schlafen, ohne den gesamten Rattenschwanz von Heirat, Kinderkriegen und Offenbahrung der Gabe hinter sich herzuziehen. Doch das ist Monings Universum: Männer mit in Jahrtausenden tatkräftig praktizierten Beischlafes erworbenen sexuellen Kenntnissen verlieben sich unsterblich in ein unberührtes Mädchen, welches sich ein Biest zum Manne wünscht, das letztlich jedoch zum handzahmen Haustier mutiert. Dabei genügt es der Autorin in „Der unsterbliche Highlander“ nicht, beim „und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage“ stehen zu bleiben. Das Ende des Romans wird so weit ausgewalzt, bis klar ist, dass der seine Unsterblichkeit als Fee aufgegeben habende Adam eine unsterbliche Seele erhalten hat, welche das Fortdauern der Liebe über den Tod hinaus garantiert.

Immerhin bewahrt sich Moning noch etwas Witz. So kann Adam Black dem Leser schon fast leid tun, wenn dieser zwei Drittel des Romans mit einer Dauererektion herumlaufen muss (|“Er war nicht mehr unsterblich, doch bis zu seiner Erektion hatte sich das noch nicht herumgesprochen“|). Und auch die Eifersuchtsreaktion von Gabrielle ist recht komisch geschildert, wenn sie den Bediensteten im MacKeltar-Schloss allen Ernstes erklärt, die Ausbuchtung in Adams Hose wäre der alleinige Verdienst von Bananen oder Würsten. Auf der andern Seite erinnert das schon wieder an die Szene mit Gwen und Drustan im Sportgeschäft, wo sie ihn in „Die Liebe des Highlanders“ der Schummelei mit Hilfe von Socken bezichtigt. Auf diese Art kommt dem Leser fast alles irgendwie bekannt vor.

Die Figuren aus vorhergehenden Romanen in der nunmehr sechsten Wiederholung desselben Schemas leisten durch ihre bekannten Vorgeschichten gleichzeitig der Problemlosigkeit und damit der Spannungslosigkeit Vorschub. Beispielsweise ist es kein Problem mehr, die Glaubhaftigkeit eines unsichtbaren Feenmannes gegenüber Menschen zu vertreten, wenn es um die bereits zeitgereisten MacKeltar-Druiden und deren Frauen geht. So zeigt sich neben der Einfallslosigkeit die geringe Imaginationsleistung der Autorin, der gleichzeitig jegliche Spannung zum Opfer fällt. Alles in allem ist „Der unsterbliche Highlander“ nicht mehr als eine schwül-erotische, leichte Urlaubsunterhaltung ohne Überraschungen. |Radioropa| hat diese nun als neun CDs und/oder eine MP3-CD umfassendes Hörbuch in einer stabilen sowie – wie auch bei den vorhergehenden Hörbüchern – wenig an typische Liebesromane erinnernden, zurückhaltend gestalteten Box herausgebracht. Doch fragt man sich, warum. Selbst für Liebhaber des Genres oder der Fantasy-Liebesromane von Karen M. Moning ist dieser Roman kein Muss mehr.

|Originaltitel: The Immortal Highlander
Aus dem Englischen von Ursula Walther
11 Stunden auf 9 CDs + 1 Bonus-MP3-CD|
ISBN-13: 978-3836802567
Buchausgabe bei Ullstein, 2005|
http://www.hoerbuchnetz.de
http://www.karenmoning.com

Moning, Karen Marie – Liebe des Highlanders, Die (Lesung)

_… und wenn sie nicht unterbrochen wurden, dann lieben sie sich noch heute_

Die 25-jährige jungfräuliche und bildschöne Gwen Cassidy fühlt sich seit dem Tod ihrer Eltern sehr einsam. Um dieser Einsamkeit zu entgehen, entschließt sie sich zu einer Rundreise in Schottland, die sich als wenig aufregende Seniorenreise herausstellt. Die Langeweile treibt Gwen auf zu einer Wanderung auf eigene Faust, bei der sie in eine Felsspalte und auf Drustan MacKeltar fällt. Der Zauber einer Hexe hatte ihn dereinst in einen 500-jährigen Schlaf versetzt, dessen Erlösungsformel durch die Umstände von Gwens Absturz unverhofft gegeben ist. Der große, starke und gutaussehende Druide aus der Vergangenheit, der für „Kriege, Eroberung und die Verführung von Frauen geschaffen wurde“, erwacht. In diesem Moment beginnt ein recht amüsantes Verwirrspiel, während dessen Drustan klargemacht werden muss, dass er sich im 21. Jahrhundert befindet.

Ist diese Tatsache erst akzeptiert, wird schnell klar, dass Drustan in die Vergangenheit zurückkehren muss, um den Clan der MacKeltar weiterleben zu lassen, was der Tod von Drustans Zwillingsbruder Daegus und der Zauber der Hexe verhindert hat. Außerdem hat der Clan der MacKeltar einen Pakt mit dem Feenvolk geschlossen, dessen Rituale eingehalten werden müssen, damit es nicht zu Konflikten zwischen dem Menschen- und dem Feenvolk käme. Auf dem Weg zum Steinkreis verlieben sich die beiden ineinander. Als Gwen Drustan dann unfreiwillig auf dieser Zeitreise begleitet, ist es plötzlich an ihr, den völlig fremden und ahnungslosen Drustan des 16. Jahrhunderts davon zu überzeugen, dass ihm Gefahr droht.

Dies ist nicht der erste Highlander-Roman der amerikanischen Liebesromanautorin Karen Marie Moning. Daher findet der Leser im vorliegenden vierten Teil dieser Folge von „Highlander“-Romanen, die jedoch keine zusammenhängende Serie bilden, bereits altbekannte Muster wieder: Scheinbar ist ein Großteil der amerikanischen Frauen noch mit Mitte 20 unberührt. Männer sind immer groß, attraktiv und unheimlich potent. Außerdem sind sie perfekte Verführer und auch in ihrer Lebensplanung genau das, was Frauen wollen: potenzielle Ehemänner und Familienväter. Monings Frauen sind eher klein, etwas naiv und bildschön, sich ihrer Attraktivität jedoch nicht bewusst. Aufgrund des David-und-Goliath-Verhältnisses und den aus der Zeitreise resultierenden Missverständnissen wirken die Wortgefechte zwischen den Hauptpersonen durchaus komisch. Doch sowohl die Charakterisierung der Protagonisten als auch die Entwicklung ihrer Liebesbeziehung wiederholen bekannte Klischees des Genres und sind typisch für Sex-Heftromane, über deren Niveau Moning trotz häufiger Anspielungen auf sowie ausufernder Beschreibung von Sexszenen im Roman nur im Wortumfang hinauswächst.

Wahrscheinlich hätte es ein spannender Liebesroman werden können, wenn es Moning gelungen wäre, den interessanten und durchaus spannenden Plot des Prologs weiter auszubauen. Stattdessen bietet der Roman nicht mehr Stoff als das häufig beschriebene Tangahöschen, das die weibliche Hauptfigur für den entscheidenden Moment mit sich führt. So dreht sich die erste Hälfte der Geschichte nur darum, dass Gwen ihrer Jungfräulichkeit überdrüssig ist und ihrer Defloration entgegenfiebert, d. h. auf der Suche nach ihrem „Kirschenpflücker“ ist. Wirkt der Jammer über ihre Jungfräulichkeit zunächst noch witzig, möchte man bei der x-ten Wiederholung bereits genervt mit den Augen rollen. Welches Glück, dass sie auf Drustan trifft, der zunächst alles daran setzt, sie zu verführen, während sie im 16. Jahrhundert selbst in dieser Sache aktiv werden muss. Somit schreibt Moning, wofür sie von ihren Fans geschätzt wird und womit sie diese immer noch überraschen kann: ausufernde, sehr detaillierte Sexszenen, bei denen man den Eindruck erhält, es gäbe nichts langwierigeres auf Erden als die geschlechtliche Vereinigung – aber natürlich nur mit dem Menschen, mit dem man das weitere Leben zu verbringen gedenkt.

Die Charaktere sind mit der Beschreibung einiger äußerer Merkmale und der Erklärung einiger Familienumstände spärlich vorgegeben, so dass jeder Leser die Schablone füllen kann, wie er mag. Die Beschreibung der Highlands oder anderer Orte, historische Hintergründe, die Charakteristik der Nebenfiguren sowie der Versuch einer wissenschaftlichen Erklärung für Zeitreisen treten für die Autorin in den Hintergrund. Dass Gwen ihren Highlander retten kann, steht im Sinne des Genres außer Frage; wie es ihr gelingt, den sturen Schotten zu retten und die leidenschaftliche Nacht nicht zu einer einmaligen Angelegenheit werden zu lassen, erfährt man in der zweiten Hälfte des Romans. Wenn die Erwartungen der Leser nicht darüber hinausgehen, wird man an „Die Liebe des Highlanders“ seine Freude haben.

Das 2008 erschienen Hörbuch von |Radioropa| kommt in einer stabilen Pappbox daher. Der Aufmachung der Box sieht man den kitschigen Inhalt nicht an. Überhaupt sind alle Hörbücher der Serie in einem dunkleren Farbton gehalten und mit neutralen Bildern versehen. Die rund 13 Stunden Lesezeit wurden auf elf CDs und zwei mp3-CDs gebannt. Die CDs sind noch einmal einzeln in Folientaschen verpackt. Was jedoch fehlt, ist ein Booklet mit einer etwas detaillierteren Zusammenfassung des Inhalts und Auflistung der Begriffe, die man vom Hören nicht unbedingt als Schriftbild vor sich sieht, nebst den entsprechenden Erklärungen (z. B. „Túatha Dé Danann – keltischer Begriff für das Feenvolk“).

Die Sprecherin erhält gleich im Prolog die Chance zur Präsentation ihres Könnens, wenn sie die Zigeuner mit einem osteuropäischen Akzent spricht, dass man sofort ein Bild vor Augen hat. Aber auch darüber hinaus gelingt es ihr, den mäßig spannenden Roman so zu lesen, dass die Zuhörer über die willentlich und auch gelegentlich unbeabsichtigt komischen Zeilen des Romans schmunzeln können. Im Vergleich mit späteren Folgen der Serie ist „Die Liebe des Highlanders“ durchaus ein kurzweiliges Hör- bzw. Lesevergnügen.

|Originaltitel: Kiss of the Highlander
Aus dem Englischen von Ursula Walther
Buchausgabe bei Ullstein, 2003
13:14 Stunden auf 11 CDs + 2 Bonus-MP3-CDs
ISBN-13: 978-3836802550|
http://www.hoerbuchnetz.de

_Karen Marie Moning auf |Buchwurm.info|:_

[„Der dunkle Highlander“ 5160 (Hörbuch)
[„Im Bann des Vampirs“ 4598

Anthony Berkeley – Galgenvögel

berkeley-galgenvoegel-cover-kleinEine allseits ungeliebte Dame stirbt einen bizarren Tod. Selbstmord kann es nicht gewesen sein, wie ein anwesender Hobby-Detektiv feststellt, bevor er unüberlegt die Spuren verwischt. Um nicht selbst auf der Anklagebank zu landen, muss er im Wettlauf mit der misstrauischen Polizei den Fall selbst klären … – Klassischer „Whodunit“-Krimi aus der ganz großen Zeit des Genres. Der Verfasser spielt meisterhaft mit den Regeln ohne sie zu brechen und verschafft dem Leser ein nicht alltägliches Vergnügen: die Jagd nach einem Mörder, den er im Gegensatz zum Detektiv bereits kennt!
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Peter Robinson – Ein seltener Fall

Endlich hat Chief Inspector Alan Banks Zeit gefunden, um einen entspannten Urlaub in Griechenland zu verbringen. Ein Zeitungsartikel aus seiner Heimat bringt ihn jedoch dazu, sofort wieder abzureisen. Seit seiner Kindheit, als sein Freund Graham spurlos verschwand, trägt er ein schweres Schuldgefühl mit sich herum. Kurz zuvor war der junge Banks von einem Fremden belästigt worden, ohne diesen Vorfall der Polizei oder seinen Eltern zu melden. Bis heute fürchtet er, der Unbekannte könnte der Mörder seines damaligen Freundes gewesen sein.

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Moning, Karen Marie – dunkle Highlander, Der (Hörbuch)

_Weichspülerpornografie im Schottenrock_

Chloe Zanders ist 28, studiert alte Sprachen und hegt, ausgelöst durch die Geschichten ihres schottischstämmigen Großvaters, eine Vorliebe für keltische Mythen und Artefakte. Sie lebt ein scheinbar beschauliches Leben in New York, dessen Hauptbestandteil die Arbeit in einem Institut ist. Man könnte daher annehmen, dass sie eine intelligente, selbständige Frau wäre, die mit beiden Beinen fest im Leben steht.

Doch dann lernt sie Daegus MacKeltar kennen; einen geheimnisvollen, fast unwirklich schönen Mann, der es sich in der Minute, in der er Chloes zum ersten Mal ansichtig wird, in den Kopf setzt, diese Frau zu verführen und sie zu seiner Gefährtin zu machen, damit sie ihm hilft, den Fluch zu überwinden, den er als Nebenfigur und Bruder des Haupthelden Drustan MacKeltar im vorhergehenden Roman „Die Liebe eines Highlanders“ auf sich geladen hat. Demnach hat Daegus einen Pakt mit den Túatha Dé Danann (dem schottischen Feenvolk) gebrochen, um seinen Bruder zu retten. Danach haben die Seelen von 13 schwarzen Druiden von Daegus Besitz ergriffen. Sobald sie mächtig genug sein werden, könnte die Welt aus den Fugen geraten.

Wird also Daegus MacKeltar die richtigen Schriften finden, in denen alle Umstände des Pakts festgehalten wurden? Kann Chloe ihm dabei helfen, die Kontrolle über die schwarzen Mächte zu erlangen? Und wer oder was sind die ominösen Dragar? Die Beantwortung dieser Fragen ist für die Autorin Karen Marie Moning, die weitere Highlanderromane und eine ebenso sexlastige Vampirserie veröffentlicht hat, vermutlich ebenso nebensächlich gewesen wie eine spannende Handlung oder mehrdimensionale Charaktere zu entwerfen. Bei Daegus wird aus Chloe Zanders ein „Chloe-Mädchen“, die sich naiv und trottelig wie ein Teenager verhält, der statt im 20. Jahrhundert scheinbar in einem sexuellen Vakuum aufgewachsen ist. Mit ihren 28 Jahren ist sie nicht nur noch Jungfrau, sondern hat auch noch nie selbst Hand an sich gelegt. Bereits der Anblick eines nackten Oberkörpers bringt sie derart aus der Fassung, dass sie nur noch stammeln kann. Die Sprecherin des 2008 bei |Radioropa| erschienen Hörbuchs unterstreicht diese Einfalt durch ein hohes Stimmchen, das fast ins Tonlose übergeht.

So bestehen denn zwei Drittel des Romans bzw. des Hörbuchs aus einem nicht enden wollenden Vorspiel aus Sexszenen mit einer anderen Frau, Gedanken an Sex, Träumen von Sex sowie einer Szene, in der Daegus Chloe im Flugzeug masturbiert und ihr den ersten Orgasmus ihres Lebens verschafft, bis er sie (endlich!) in einem Waldstück niederwirft und entjungfert. Ach, ja, zwischendurch reisen die beiden Protagonisten noch von New York nach Schottland, wo sie auf die Hauptcharaktere des Vorgängerromans, Drustan und Gwen, treffen, damit sich die Zielgruppe über das Wiedersehen und die thematischen Anknüpfungspunkte freuen kann. Dabei wird dem Leser die Einfallslosigkeit der Autorin erst richtig bewusst: Daegus und Drustan sind Zwillinge; darum natürlich beide hünenhaft und gut aussehend. Sowohl Gwen als auch Chloe sind eher zierliche Persönchen und mit Mitte 20 noch sexuell unerfahren.

Beinahe genauso einfach wie das Fliegen in einem Flugzeug ist die anschließende Reise der beiden mit Hilfe eines Steinkreises zu Daegus Vater in das 16. Jahrhundert, welches Moning irrtümlich als „Mittelalter“ bezeichnet. Dort reiten sie ein wenig herum und bekommen eine geheime Kammer gezeigt, die man sie der Spannung halber auch hätte selbst suchen lassen können. In ihr befinden sich alte Schriften, die wichtige Hinweise auf die Möglichkeit der Erlösung vom Fluch geben sollen. Aber eigentlich ist das alles nebensächlich, denn diese Szenen sind doch nur lästige Unterbrechungen des Liebesspiels.

Die größte Bewunderung im Hinblick auf das Hörbuch muss man daher der Sprecherin entgegenbringen, die ihr Möglichstes versucht, die zahlreichen sexuellen Fantasien oder Sätze wie „Er war aufregend, wunderschön und multilingual“ – die in ihrer Zusammensetzung oder Übersteigerung oft schon wieder lächerlich wirken – auszusprechen und auch noch mit Leben zu füllen. Unterstreicht die Sprechweise bei Chloe deren Einfältigkeit, wird Daegus in Szenen mit wörtlicher Rede zwischen Chloe und ihrem dunklen Highlander immer leicht gepresst und knurrend gesprochen, worin man eine Illustration der Tatsache sehen kann, dass Daegus stets gegen die mächtiger werdenden Druiden in seinem Inneren ankämpfen muss. Doch was auch immer die Sprecherin versucht, bereits nach einer von insgesamt zwölfeinhalb Stunden ist der Hörer aufgrund der Handlungsarmut Morpheus‘ Armen näher als den Hauptcharakteren, für die man weder Sympathie aufbringen noch mit ihnen mitfiebern kann. Da hilft es auch nicht, wenn die Autorin ständig wiederholt, wie gut Daegus aussieht, wie potent sein übergroßes Glied daherkommt oder was er mit welchen Stellen des weiblichen Körpers anstellen kann. Irgendwann hat schließlich jeder verstanden, dass der dunkle Highlander ein übermenschlich gut gebauter Sexgott ist.

Hinzu kommt, dass die Autorin nichts erklärt. Das Zeitreisen wird als Möglichkeit hingenommen, die zwar gefährlich sein kann, aber der Moment der Zeitreise wird bewusst außen vor gelassen, um ihn nicht beschreiben zu müssen. Was genau die Druiden in Daegus bewirken oder in welcher Hinsicht die ganze Welt gefährdet ist, erfährt der Leser/Hörer ebenfalls nicht. Andeutungen kann man nur entnehmen, dass sie ihm Magie zur Verfügung stellen. Es baut sich jedoch keine Spannung auf, weil man sich nicht um den Helden ängstigt, der im Grunde sowieso nur das Eine wollen muss, was Moning auch noch damit rechtfertigt, dass es ihm helfe, die Druiden unter Kontrolle zu halten. Im 16. Jahrhundert bewegen sich die Hauptcharaktere (besonders verwunderlich bei Chloe) ebenso selbstverständlich wie im 20. Jahrhundert, abgesehen von der Tatsache, dass Chloe angesichts neuer „alter“ Gegenstände in jeder Szene fast überschnappt. Mit Recherchearbeit war dieser Roman jedenfalls nicht verbunden.

Diese Einfalls- und Spannungsarmut rechtfertigt Moning mehrmals, in dem sie in „Der dunkle Highlander“ auf vorhergehende Werke oder die Vorzüge von Liebesromanen im Allgemeinen anspielt: „Wenn ich Realität will, dann sehe ich CNN.“ Nun verlangt von einem Liebes- oder Zeitreiseroman niemand „Realität“. Dennoch sollte man sich als Leser mit den Personen und ihrer Liebe zueinander identifizieren können. Wenn die Helden in der Vergangenheit sind, muss es auch Unterschiede zur vorhergehenden Realität der Gegenwart und nicht nur einen Kulissenwechsel geben. Spannung resultiert hierbei aus der Wahrscheinlichkeit, aus der Limitierung der Möglichkeiten und einem drohenden Verlust. Diana Gabaldon hat das mit dem ersten Buch ihrer Highlandsaga („Feuer und Stein“) vorgemacht. Daher müssen sich nachfolgende Romane immer an ihr messen lassen.

Auch bei Gabaldon wird die Zeitreise mit Hilfe eines Steinkreises möglich. Nur ähnelt dieser keinem Beamer, den man ständig benutzen kann, sondern fungiert als Manifestation der Trennungslinie zwischen den Zeiten und den Protagonisten. Sie physisch zu übertreten, ist nur an mythologisch besonderen Tagen des Jahres möglich. Ein psychisches Überwinden bleibt in manchen Bereichen gänzlich versagt. In diesen Momenten springen Liebe und Vertrauen ein, damit es zu einer Annäherung zwischen den Charakteren kommen kann. Daraus resultiert bei Gabaldon Spannung und Tragik zugleich. Ihren Protagonisten glaubt der Leser auch, dass sich zwei erwachsene Menschen trotz aller Verständnisschwierigkeiten, die aus der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Jahrhunderten resultieren, sowohl geistig wie auch körperlich lieben. Was Moning hier abgeliefert hat, lässt sich auf die Formel „gut gebauter Highlander beglückt unerfahrene Studentin“ reduzieren. Das ist Weichspülerpornografie, bei der man die Seiten mit der spärlichen Handlung getrost überblättern kann, um sich auf das Wesentliche des Romans zu konzentrieren. Vorgelesen auf zehn CDs wirkt „Der dunkle Highlander“ – so sehr sich die Sprecherin auch bemüht – bestenfalls erheiternd oder als gute Einschlafhilfe.

|Originaltitel: The Dark Highlander
Aus dem Englischen von Ursula Walther
Buchausgabe bei Ullstein, 2004
12:24 Stunden auf 10 CDs + 1 Bonus-MP3-CD|
ISBN-13: 978-3836802574|
http://www.hoerbuchnetz.de

Dave Freedman – Creature

Eine Umweltkatastrophe lässt Tiefsee-Riesenrochen zu lufttauglichen Flugdrachen mutieren, die an der US-Küste gefräßig für Angst, Schrecken & Verluste unter Anwohnern und Touristen sorgen … – Das gute, alte Garn vom Monster aus dem Meer erfährt hier seine genrekonforme, d. h. auf Originalität verzichtende Neuauflage; die Story wird jedoch flott und spannend entwickelt und geschrieben, was mit der Reihung einschlägiger Klischees aussöhnt: Lesefutter der leichten aber bekömmlichen Art.
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Pierre Bottero – Das achte Tor (Der Andere, Band 1)

Die Kinder- und Jugendliteratur ist seit dem Auftauchen Harry Potters wahrlich auferstanden, und nicht nur junge Menschen lesen sie gerne – auch der eine oder andere junggebliebene Erwachsene greift gerne zu dieser Literaturgattung, um ein Stück weit in die Welt der Fantasy einzutauchen.

Die Protagonisten sind meistens Kinder oder Jugendliche, die in einer Extremsituation über sich hinauswachsen und zauberhafte, teils unmenschliche Kräfte entwickeln, natürlich nur, um diese erwartungsgemäß für das Gute einzusetzen – so auch in dem phantastischen Jugendroman „Das achte Tor“ von Pierre Bottero.

Inhalt

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John Connolly – Der brennende Engel [Charlie Parker 5]

Die Suche nach einer vermissten Frau wird für den Privatdetektiv Charlie Parker zum Krieg mit einem gefallenen Erzengel und seinen höllischen Helfershelfern … – Der fünfte Band der Parker-Serie verzichtet nicht auf die ‚realistischen‘ Elemente des Thrillers, erzählt aber eine gänzlich phantastische Geschichte, die zwar die üblichen Strickmuster moderner „Mystery“ bemüht, jedoch aufgrund der erzählerischen Qualitäten des Verfassers und einer Flut bizarrer Einfälle außerordentlich spannend ist.
John Connolly – Der brennende Engel [Charlie Parker 5] weiterlesen

James Powlik – Tod aus der Tiefe

In der Tiefsee mutiert eine Lebensform heran, die jegliches Leben grässlich beenden kann. Mutige Wissenschaftler warnen, doch feige Politiker und gierige Geschäftsleute sorgen dafür, dass sich der Unterwasser-Schrecken pandemisch ausbreiten kann … – Katastrophen-Thriller der Mittelklasse; sämtliche Klischees werden abgearbeitet, in Sachen Originalität bleibt das Garn steril: Lesefutter auch für schläfrige Augen.
James Powlik – Tod aus der Tiefe weiterlesen

Tucker Coe (= Donald E. Westlake) – Der Wachsapfel

coe wachsapfel cover 1987 kleinDas geschieht:

Ex-Cop Mitchell Tobin, der sich seinen Unterhalt aufgrund widriger Umstände nunmehr als privater Ermittler verdienen muss, checkt für seinen aktuellen Auftrag ins Midway-Sanatorium ein. Hier erholen sich 22 gesundende, aber psychisch weiterhin labile Ex-Geisteskranke, bevor sie endgültig ins Alltagsleben zurückkehren. Dr. Frederick Cameron, Gründer und Leiter der Einrichtung, muss seit einiger Zeit um die notwendige Ruhe der Patienten fürchten: Ein Unbekannter stellt ihnen Fallen. Noch blieb es bei leichten Verletzungen, aber die Unruhe steigt.

Tobin soll den Täter fassen. Er hat gerade seinen Koffer abgestellt und will das ihm zugewiesene Zimmer verlassen, da stolpert er über einen Draht und poltert eine Treppe hinunter, wobei ihm ein Arm bricht: Der Fallensteller hat ihn offensichtlich schon erwartet; anonym lässt er ihm ein Fläschchen Bourbon und ein Entschuldigungsschreiben zukommen. Tucker Coe (= Donald E. Westlake) – Der Wachsapfel weiterlesen

Michael Collins – Freak [Dan Fortune 11]

Die Suche nach einem untergetauchten Ehepaar führt den einarmigen Privatdetektiv Dan Fortune mehrfach in die Irre, wird von diversen Morden begleitet und endet in einem Bordell wie aus dem Wilden Westen, das einem psychopatischen Gangsterboss als Hauptquartier dient … – Trotz des absurd anmutenden Plots ist dies ein klassischer, sehr atmosphärischer „private-eye“-Krimi mit Spannung, nie gefühlsduseliger Melancholie und deutlicher Gesellschaftskritik.
Michael Collins – Freak [Dan Fortune 11] weiterlesen

Moning, Karen Marie – Im Bann des Vampirs

MacKayla Lane ist eine typische Southern Belle, eine Südstaatenschönheit, und mehr als stolz darauf. Sie hat lange blonde Haare, perfekt manikürte Nägel und trägt jede Menge Pink. Wir lernen sie kennen, als sie gerade am elterlichen Pool liegt, sich die Sonne auf den Pelz scheinen lässt und ihrer Gute-Laune-Playlist auf dem |iPod| lauscht. Die Idylle wird allerdings jäh gestört, als sie einen Anruf aus Irland erhält: Ihre Schwester Alina, die dort ein Auslandssemester absolvierte, wurde brutal ermordet aufgefunden.

Bald ist Mac überzeugt, dass die irische Polizei ihr Handwerk nicht versteht, denn nach nur einigen Wochen werden die Ermittlungen ergebnislos eingestellt und der Fall landet auf einem Aktenstapel. Mac will sich damit keineswegs zufriedengeben und entschließt sich daher, selbst nach Dublin zu fliegen und die Polizei anzutreiben. Doch dann findet sie auf ihrer Mailbox eine Nachricht von Alina, die diese kurz vor ihrem Tod hinterlassen hat, und alles wird plötzlich reichlich mysteriös.

Einmal in Dublin angekommen, stellt sich bald heraus, dass es viel mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als sich Mac in ihrer Schulweisheit bisher träumen ließ. Alina hatte ihr in ihrer Nachricht aufgetragen, das Sinsar Dubh zu finden, und als Mac endlich herausfindet, worum es sich dabei handelt, findet sie sich schon in einer Welt voller dunkler Wesen wieder. Ihre Aufgabe ist es nun, Alinas Mörder zu finden und gleichzeitig Alinas letzten Wunsch zu erfüllen, indem sie jenes ominöse Sinsar Dubh aufspürt.

Immerhin steht ihr bald Jericho Barrons zur Seite, ein Buchhändler von fragwürdigem Lebenswandel. Barrons hüllt sich in Schweigen, was seine Person angeht, und verfolgt offensichtlich seine eigene Agenda (auch er ist auf der Suche nach dem Sinsar Dubh). Trotzdem rettet er Mac in schöner Regelmäßigkeit das Leben, schließlich ist sie wertvoll für ihn. Wie sich herausstellt, ist sie eine Sidhe-Seherin, die die Anwesenheit von Feenwesen und -objekten erkennen kann. Um das Sinsar Dubh zu finden, ist sie daher unerlässlich.

Karen Marie Moning hat sich als Autorin von sexlastigen Liebesschmonzetten einen Namen gemacht, in denen gut gebaute Highlander in Liebesdingen unerfahrene Amerikanerinnen vernaschen. Mit dieser Masche hat sie sich eine durchaus umfangreiche Fangemeinde (und, wie auf ihrer Webseite zu sehen, einen Porsche) erschrieben. „Im Bann des Vampirs“ ist der Auftakt zu einer neuen Serie, die auf insgesamt fünf Bände angelegt ist. Als Leser sollte man also darauf gefasst sein, dass man sich am Ende des Romans mit mehr Fragen als Antworten konfrontiert sieht. Außerdem sollte man sich darüber im Klaren sein, dass der Titel des Romans unglücklich gewählt ist. Es geht hier um Feen und um Magie. Es kommt zwar ein Vampir vor (dessen Echtheit allerdings bis zum Ende weder bestätigt noch widerlegt ist), doch ganz sicher befindet sich niemand in dessen Bann. Also Punktabzug für den irreführenden Titel.

Moning erzählt aus der Perspektive von Mac und verknüpft damit Fantasy mit |Chick Lit| und einem Schuss Erotik. Ihr Universum ist von Feenwesen, den Sidhe, bevölkert, die ursprünglich in einer anderen Realität lebten, aber nun in Scharen in die menschliche Welt zurückkehren. Die bösen Sidhe, die Unseelie, greifen dabei auch gern mal Menschen an und haben es so zum Beispiel geschafft, ganze Stadtteile von Dublin auszulöschen. Trotzdem sind sich die Menschen der Gefahr nicht bewusst, und so ist es an Eingeweihten wie Mac und Barrons, die Invasion aufzuhalten.

Moning wird nicht müde zu erwähnen, dass die Idee zu „Im Bann des Vampirs“ komplett ausformuliert in ihren Gedanken auftauchte und sie diese nur noch aufschreiben musste. „Diese Welt ist so vollständig, so plastisch und detailliert, dass ich denke, sie müsste irgendwo existieren“, hat Moning in einem Interview gesagt. Das ist natürlich zumindest teilweise Koketterie. Natürlich existiert diese Welt irgendwo irgendwie, schließlich zieht Moning ihre Inspiration aus der gälischen Mythologie und spickt sie dann mit eigenen Ideen. Die Gottwesen der irischen Tuatha Dé Danaan werden bei ihr zu einem bunten Völkchen von Monstern, die Menschen auf die ein oder andere Weise um die Ecke bringen können. Schillerndstes Beispiel ist wohl das Tod-durch-Sex-Wesen (ja, das heißt wirklich so), das auf Menschen so anziehend wirkt, dass sie so lange Sex mit ihm haben, bis sie daran zugrunde gehen. Na ja, wenigstens sterben sie glücklich …

Natürlich trifft auch Mac auf ein derartiges Wesen, was dazu führt, dass sie sich in einem gut besuchten Museum die Kleider vom Leib reißt, um sich selbst zu befriedigen. Moning wird nachgesagt, gute Sexszenen zu schreiben. Die Szenen in „Im Bann des Vampirs“ mögen sexy sein. Erotisch sind sie jedoch nicht, dazu kommen sie zu plakativ und aufdringlich daher. Hier wird auf den billigen Effekt gesetzt, und es ist die sprichwörtliche schnelle Befriedigung, die Moning ihrem Leser hier bietet.

Überhaupt Mac. Als Ich-Erzählerin sieht der Leser zwangsläufig die Welt durch ihre Augen. Umso wichtiger ist es, dass sie dreidimensional, unterhaltsam und überzeugend ist. Stattdessen kommt Mac als verzogene, provinzielle Zicke daher, deren Tiraden weite Teile des Romans einnehmen. Sie ist so von sich und ihrer Lebensweise eingenommen, dass es ihr unmöglich ist, sich einer fremden Kultur zu öffnen. Und so beginnen Sätze ständig mit „bei uns im Süden“, wenn sie mal wieder einen Iren zu unhöflich, grob, laut oder anderweitig unverständlich findet. Wenn Mac nicht gerade vor schwabbeligen Sidhe-Monstern flieht, erheitert sie den Leser mit Schönheitstipps à la: „Die Haut von innen stets mit Flüssigkeit zu versorgen, ist viel wichtiger als eine gute Feuchtigkeitscreme.“ Und als Barrons eine Anspielung auf ihre Kleiderwahl macht, kontert sie mit: „Ich trage nicht nur Pink. Ich besitze auch pfirsich- und lavendelfarbene Sachen.“ Will man so einer Person wirklich fast vierhundert Seiten lang Gesellschaft leisten müssen?

Einzig Barrons vermag den Leser zu fesseln, und das einfach nur, weil er absolut nichts von sich preisgibt. Er ist immer zur rechten Zeit am rechten Ort, doch wie oft Mac ihn auch ausfragt, nie erzählt er mehr über sich. Mac tut offensichtlich gut daran, ihm nicht komplett zu vertrauen, denn er scheint selbst einige dunkle Geheimnisse zu hüten, doch andererseits ist er sich nicht zu schade, auch mal den Helden in schillernder Rüstung zu geben. Dazu sieht er gut aus, hat einen viel besseren Geschmack als Mac (schwarz, natürlich), begegnet Macs naivem Gemüt mit beißendem Zynismus und er besitzt einen Buchladen. Was wünscht man sich als Frau mehr?

In einem Interview zu ihrer neuen Romanserie sagte Moning, sie sei geschockt gewesen zu sehen, wie viel Thanatos sich in ihrem Eros fand. Im Gegensatz zu ihrer Highlander-Serie soll „Im Bann des Vampirs“ also dunkel und gefahrvoll sein. Hier gibt es Monster in dunklen Ecke, brutale Morde und Protagonisten, deren Loyalitäten nicht ganz geklärt sind. Und doch kann Moning von ihrer normalen Kost scheinbar nicht lassen. Bei ihrem neuen Roman handelt es sich um Plüsch-Horror, in dem die frohgemute Heldin hauptsächlich darüber nachdenkt, welches Top sie zur Monsterjagd anziehen soll. Wem das zu zu zuckrig ist, der sollte sich lieber in die Hände von Laurell K. Hamilton begeben. Hamilton weiß zumindest, wie man taffe Heldinnen schreibt.

http://www.karenmoning.com
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Nelson DeMille – Operation Wild Fire

Durchgeknallte einflussreiche und reiche Menschen neigen seit jeher dazu, mit kurzen Eingriffen in die Weltgeschichte das Böse bekämpfen und dem Guten ewigen Frieden bescheren zu wollen. Dabei greifen sie meist auf eher schädliche Mittel zurück, die selten mit »Gut« und »Frieden« vereinbar sind – so wie in diesem Fall die Atombombe.

»Wild Fire« sei ein geheimes Protokoll der US-Regierung, nach dem im Falle eines terroristischen Attentats mit Massenvernichtungswaffen auf amerikanischem Boden ein Massivschlag gegen die islamische Welt geführt werden soll. Mittel des Gegenangriffs, bei dem Milliarden Unschuldige getötet würden und der Auswirkungen auf die gesamte Erde in allen Bereichen hätte: Hunderte von Atombomben, die seit ihrer Entwicklung unter Tausenden ihresgleichen eingelagert werden und Steuergelder verschlingen.

Wild Fire sei aus dem Kalten Krieg hervorgegangen, als beide Großmächte die Folgen eines Erstschlags erkannten und ihn darum vermieden. Laut DeMille ist dieses Geheimprotokoll den islamischen Staaten bekannt, die – bisher erfolgreich – ihre Terrororganisationen vom Einsatz von Massenvernichtungswaffen abhalten sollen.

Was wäre, wenn eine Gruppe »rechtslastiger Spinner«, um mit DeMille zu schreiben, auf die Idee käme, durch einen atomaren Anschlag auf amerikanische Großstädte dieses Wild Fire auszulösen und dadurch ihre Vorstellung von dem »Sieg des Guten« zu verwirklichen? DeMille lässt seinen arroganten Macho John Corey (ehemals NYPD-Detective und Agent einer Antiterrortaskforce ATTF) mit seiner anbetungswürdigen Gattin Kate Mayfield (Special Agent des FBI und Agent der ATTF) auf dieses »Was wäre, wenn« los und hofft, dass sie mit ihren unorthodoxen Ermittlungsweisen rechtzeitig in Reichweite des »Roten Knopfes« kommen.

Den Plan von Madox, einem reichen Ölguru, erfährt man schon anfangsnah durch die Ermittlung eines anderen Agenten, der in Folge dessen von Madox ermordet wird. Gerade das ruft Corey auf den Plan und treibt ihn dazu an, sogar direkte Befehle seiner Vorgesetzten zu missachten und weiter an dem Fall zu arbeiten, um seinen Freund zu rächen und der merkwürdigen Geschichte auf den Grund zu gehen. Hintergrund seiner energischen Ermittlungsart sind seine Erlebnisse am 11. September 2001, an dem er nur durch eigenes Verschulden (er kam zu spät) dem Anschlag entging.

Corey ist eine wunderbare Figur für den Icherzähler. Ein Macho und arrogantes Arschloch, maximal selbstüberzeugt und Sprücheklopfer vorm Herrn. Sein Humor ist trocken, hintergründig oder platt, je nach Situation, oft ironisch oder sarkastisch. Auf jeden Fall reizt er quasi jeden Gesprächspartner zur Weißglut, wenn er ihn nicht leiden kann. Das macht die Erzählung sympathisch und lockert die Spannung, die sich aus den Gedanken und der Ermittlung ergibt, bei welcher der Leser ja bereits um die Details weiß, Corey und Mayfield jedoch im Dunkeln tappen. Es ist eine besondere Leistung DeMilles, daraus einen knackigen Thriller zu zaubern.

Der Erzähler |erzählt| seine Geschichte wirklich. Man merkt es an erklärenden Sätzen und Ausdrücken, aber vor allem daran, dass er eigene Gedanken hat, die er dem Leser nicht verrät. Dadurch kann er ein Netz aus Informationen knüpfen, die der Leser zwar auch kennt, die ihm aber nicht in jedem Fall die gleichen Folgerungen aufdrängen wie Corey. Er ermittelt mehrgleisig und saugt jede Information gierig auf, auch wenn sie dem Leser oder anderen Figuren überflüssig erscheinen oder aber dem Leser aufgrund seines Wissens Schlüsse aufdrängen, die Corey so schnell nicht nachvollziehen kann und dadurch wieder Spannung erzeugt.

Man wird mit Corey in dessen Ermittlungsbahn gezogen und durch sein gedankliches Verschweigen von Denkrichtungen immer wieder mit Ergebnissen überrascht. Man fiebert mit, wenn er seiner Frau neue Erkenntnisse vorträgt oder von ihr bekommt. In einem wichtigen Punkt liegt er lange falsch, aber er begründet logisch die Schlussfolgerung, so dass man ihm sein Fehlen nicht übel nimmt. Umso erstaunlicher, dass DeMille gerade in dieser Information eine Lücke in der Ermittlung belässt, denn obwohl Corey im entscheidenden Moment drauf gestoßen wird, nimmt er sie nicht auf. MAD war nicht die Abkürzung für Madox … Dem Leser war es klar, aber Corey, der sonst alle seine Erkenntnisse auseinanderpflückt, unterschlägt die Tatsache oder übersieht sie wirklich – was nicht zu seinem entwickelten Profil passt.

Insgesamt ist »Operation Wild Fire« ein wirklich spannender Agententhriller, Hauptträger der Spannung ist Corey mit seiner großen Klappe und seinen teils zwiespältigen Gedanken zu gefährlichen Themen. Das Buch liest sich schnell, flüssig, ist sehr humorvoll und behandelt eindrücklich ein ernstes aktuelles Thema.

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