Alle Beiträge von Michael Matzer

Lebt in der Nähe von Stuttgart. Journalist und Buchautor.

Priest, Christopher – Der steile Horizont. SF-Roman

Die Welt als Rad und Rätsel

Seit Hal Clements „Unternehmen Schwerkraft“ ist dies der seltsamste Roman, den die Science-Fiction hervorgebracht hat. Clement erfand mit glasklarer Physik die Bedingungen für Lebensformen auf einem Planeten mit extrem hoher Schwerkraft.

Priest erfand eine Welt innerhalb einer Welt: Die ungewöhnliche Stadt, die er beschreibt, bewegt sich durch eine hyperbolisch geformte Landschaft, der Horizont führt steil nach oben und die Sonne ist keine Kugel. (Wat is ’n Hyperbel? Dazu gleich mehr.)

Der Leser sollte sich auf eine Menge paradoxer Dinge gefasst machen. Doch keine Bange: Alles ist ruhig und gefasst erzählt, geradezu von höherer Warte aus.
Priest, Christopher – Der steile Horizont. SF-Roman weiterlesen

Liza Marklund – Prime Time (Lesung)

Die bekannteste Fernsehmoderatorin Schwedens wird erschossen in ihrem Sende-Übertragungswagen aufgefunden. Der Kreis der Tatverdächtigen ist groß: fast alle Teilnehmer ihrer letzten Talkshow. Die Stockholmer Journalistin Annika Bengtzon ermittelt in der Medienszene und stößt in ein Schlangennest, in dem keiner dem anderen etwas gönnt.

_Die Autorin_

Liza Marklund, geboren 1963, studierte Journalismus und arbeitete bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften. Mehrere Jahre war sie Nachrichtenchefin des schwedischen Privatsenders „TV 4“. Diesen Traumjob kündigte sie, um Romane zu schreiben. Für ihren Debütroman „Olympisches Feuer“ (dt. 2000) erhielt sie bedeutende Literaturpreise. Auch die Nachfolgeromane „Studio 6“ und „Paradies“ wurden offenbar erfolgreiche Krimis. Marklund lebt in Stockholm. (Verlagsinfo)

_Die Sprecherin_

Judy Winters Karriere am Theater begann 1962. Die 1944 Geborene wurde von Peter Zadek ans Bremer Theater engagiert und feierte in Musicals wie „My Fair Lady“ oder „Hello Dolly“ große Erfolge. Es folgten zahlreiche TV-Filme, u.a. Simmel-Verfilmungen und der Kult-Tatort „Reifezeugnis“. Mit dem Programm „Marlene“ hat Judy Winter einen Meilenstein ihrer Kunst gesetzt. Damit ging sie im Sommer 2001 auf Japan-Tournee. Sie hat bereits Marklunds Romane „Studio 6“ und „Paradies“ gelesen.

Winter liest die von Gisela Mathiak gekürzte Fassung.

_Handlung_

Annika Bengtzon ist Journalistin bei der Stockholmer Boulevardzeitung „Abendblatt“. Sie will gerade mit Lebensgefährte Thomas und ihren zwei Kindern Ellen und Kalle in einen Kurzurlaub zu Thomas‘ Eltern auf dem Land aufbrechen, als ihr Chef anruft. Da sie Bereitschaftsdienst hat, muss sie seinem Ruf folgen, so Leid es ihr auch tut. Thomas droht: „Das werd‘ ich dir nie verzeihn.“ Sie geht dennoch, denn an diesem Wochenende ist kein anderer Reporter verfügbar. Vielmehr ist der Kollege Karl Wennagren selbst unakömmlich – am Tatort.

Der Grund für den dringenden Einsatz draußen an der Küste ist der Mord an Schwedens erfolgreichster Fernsehmoderatorin Michelle Carlsson. Dort hatte sie auf Schloss Ixterholm einige Sendungen für die Reihen „Sommerschloss“ und „Frauen-Couch“ aufgenommen und drehte parallel dazu einen Dokumentarfilm über sich selbst. Als Annika eintrifft, sind die Medien schon da, können aber nicht in das Schloss, weil die Polizei unter Kommissar Kuh alles abgesperrt hat.

Von ihrer Freundin Anne Snaphane, die sich im Schloss befindet, erfährt Annika, dass der Kommissar rund ein Dutzend Leute festhalten lässt, die als Zeugen angesehen werden. Sie und andere, die schon abgereist sind, waren in der vorhergegangenen Mordnacht im Schloss, als nach der letzten Sendung Radau und Streit ausbrachen. Michelle und ein Rockstar hatten danach in einem abgelegenen Kämmerchen Sex miteinander.

Eine „Neonazi-Tante“, Hannah Persson, hatte die Tatwaffe, einen Revolver, mit in die Sendung gebracht und damit gegenüber den feministischen Anarchistinnen angegeben, die natürlich sofort mit Prügel drohten. Annika erkennt schnell, dass praktisch jeder der zwölf verbliebenen Zeugen ein Motiv hatte, Michelle umzubringen. Folglich muss sie versuchen, mit jedem zu sprechen, um den Täter, den die Polizei nicht findet, aufzuspüren.

Fotos, die Annikas Kollege Karl Wennagren gemacht hat, und eine klammheimlich mitgeschnittene Tonaufnahme aus dem Übertragungswagen, wo man die Leiche fand, spielen eine entscheidende Rolle beim Aufspüren des Täters.

Während ihrer Ermittlungen spitzt sich Annikas Beziehungskrise mit Thomas zu. Doch er muss erst einmal lernen, mit den hohen Ansprüchen seiner Mutter fertig zu werden und innerlich von seiner Exfrau Eleonor, einer Bankdirektorin, Abschied zu nehmen. Zudem befürchtet er, demnächst arbeitslos zu werden, was ja bekanntlich nie gut fürs männliche Ego ist, und muss auch den Haushalt managen.

In diesem Szenengeflecht fällt es kaum auf, dass sich Annika von ihrem Redaktionschef Schümann dazu benutzen lässt, den unfähigen Chefredakteur und Herausgeber des „Abendblatts“, Torstensen, mit einer raffinierten Intrige auszubooten. Ob sie damit den Untergang ihres Blattes abwenden kann?

_Mein Eindruck_

In einer großen deutschen Tageszeitung war ein Porträt von Liza Marklund zu lesen. Darin bekennt sie, dass „Prime Time“ geschrieben wurde, als die Autorin unter dem Einfluss der Ereignisse nach der Ermordung der beliebten schwedischen Ministerin Anna Lindh stand, die sie selbst gut gekannt hatte. Zunächst wollte die Polizei, die unter dem Fahndungsdruck der Medien arbeitete, einen anderen als den wahren Mörder verhaften, musste ihn aber wieder laufen lassen, als die Verdachtsmomente nicht ausreichten.

In „Prime Time“ stellt die ehemalige Reporterin die Fähigkeit der Medien in Frage, überhaupt konstruktiv zur Ermittlung von Tatverdächtigen fähig zu sein. Sie stellt sogar in Frage, dass es ihnen überhaupt um die Wahrheit, um den wahren Täter gehe. Ob ihnen nicht die Quote, die Verkaufszahlen viel wichtiger seien. Und ob es nicht einige unfähige und korrupte Leute zu viel in den Reihen der Medien gebe. Das sind wichtige Fragen, die uns alle angehen.

Andererseits kann sich Marklund nicht hinstellen und mit dem Finger auf bestimmte Leute zeigen. Stattdessen lässt sie ihre Heldin Bengtzon nicht so sehr den Täter ermitteln, sondern vielmehr die Umstände, die zu der Mordtat geführt haben. Sie bezieht das gesamte Umfeld mit ein: Biografie, Psychologie, berufliche Laufbahn, wirtschaftliches Umfeld, personelle Hierarchien – und schließlich auch die Wahrheit des eigentlichen Tathergangs, den zu ermitteln die Polizei offenbar unfähig ist, obwohl Annika Bengtzon und Anna Snaphane das gleiche Material auswerten: Fotos, Tonaufnahmen, Videos.

Die Ermittlerin von eigenen Gnaden Bengtzon erscheint aber nicht als Heilige, die sich zur Richterin aufschwingt, sondern als normale (ziemlich gestresste) Frau, die sich auch um Kinder und einen Lebensgefährten zu kümmern hat. Zu ihrem gelinden Entsetzen merkt sie, dass sie Thomas genau so behandelt wie ihren ersten Mann, den sie in Notwehr tötete. (An einer Stelle heißt es, sie sei auf Bewährung frei.) Sie hat also nichts dazugelernt? Sie merkt es gerade noch rechtzeitig, um das Richtige zu tun.

Sie ist also eine Ermittlerin, die sich stets bemüht, doch mitunter wird auch das missverstanden – oder sogar missbraucht. Denn die Autorin zeigt nicht nur das Fernsehen als Schlangennest, in dem keine der anderen etwas könnt – und das wusste M. Carlsson am besten -, sondern auch Bengtzons eigene Redaktion: Ihr eigener Redaktionschef Schümann schickt sie auf Recherche gegen seinen Chef. Torstensen hat wohl Insidergeschäfte getätigt, aber das muss man ihm erstmal nachweisen. Es ist schon eine vielsagende Szene, wenn Schümann seine „Munition“ herausholt und sich überlegt, welche Unterlagen – die meisten illegal kopiert – er verwenden soll, um Torstensen „abzuschießen“. Gottlob, nur für einen guten Zweck: Um das Revolverblatt, das sich mit jeder Ausgabe eine Verleumdungsklage einhandelt, wieder auf anständigen Kurs zu bringen. Doch es ist sicher kein Zufall, wenn Torstensens Missetat in einem Fernsehinterview enthüllt wird, das Anne Snaphanes Lebensgefährte beim Fernsehen führt. Und Anne ist Annikas beste Freundin. Gelobt sei die Seilschaft!

_Spannung gefällig? Ja, bitte!_

Spannung darf in einem Krimi wie diesem nicht fehlen. Und doch ging sie über längere Strecken hinweg flöten. Das liegt nicht an fehlender Brisanz des Themas – die ist ja gegeben -, sondern an dem dramaturgischen Problem, dass die Heldin knapp ein Dutzend Verdächtige zu beackern hat. Es dauert eine ganze Weile, bis Verdachtsmomente aufgedeckt und geprüft sind. Selbst am Schluss der langwierigen Ermittlungsarbeit bedarf Bengtzon der mutigen Tat ihrer Freundin Anne, um die wahre Täterin zu einem Geständnis zu veranlassen.

Dass dies mit einer Bandaufnahme gelingt, die von der Polizei geprüft wurde, spricht ja nicht gerade für die Qualität der Polizeiarbeit, wie schon die ganze Geschichte hindurch Bengtzon dem Kommissar ihre hilfreichen Tipps geben muss, damit überhaupt etwas vorankommt. Der Inhalt des Bandes wird uns nur häppchenweise mitgeteilt, auch eine clevere Methode, Spannung aufzubauen.

_Sex, massenhaft_

Müssen schwedische Romane immer Sexszenen enthalten? Nicht immer, aber ganz bestimmt, wenn sie die Medien aufs Korn nehmen. Daher finden saftige Fotos ihren Weg in die Redaktion von Annikas Revolverblatt – und der Fotograf würde sie am liebsten auf Seite 1 bringen: Michelle Carlssen beim Sex mit Rockstar John Essex – wow, was für ein Knüller! („Oder wenigstens auf der Homepage, Chef? Bitte!“)

Auch besagte Bandaufnahme dreht sich um Michelles sexuelle Gymnastik, diesmal im Ü-Wagen. Und unter Einsatz eines Schießeisens… Und dass auch Anne Snaphane einen Unterleib hat, belegt ebenfalls eine entsprechende Szene. Als ob wir das nicht schon irgendwie geahnt hätten. Aber die Szene verrät auch ein wenig Humor, wenn Anne und Mehmet von Annes Kind gestört werden. Ansonsten ist der Humor eher grimmiger Art, mit einer gehörigen Portion Zynismus.

_Die Sprecherin _

Judy Winter verfügt über einen unglaublichen Stimmumfang, möglicherweise geschult durch ihre Musicalkarriere. Die Stimme reicht vom maskulinen Bass bis in die Höhen von Kinderstimmchen und Zickengekreisch. Deswegen fällt es ihr auch nicht schwer, Vertreter beider Geschlechter ebenso glaubwürdig zu sprechen wie etwa ein Kind. Und die Hauptfigur des Romans, Annika Bengtzon, hat ja gleich zwei davon. Vereinzelt kommen auch elektronische Verzerrungen hinzu, da ja in der Medienlandschaft laufend Stimmen über irgendwelche Endgeräte verfremdet ausgegeben werden.

Die Wirkung von Judy Winters Vortrag ist durchaus fesselnd. An spannenden Stellen liest sie langsam, an actionreichen natürlich schneller. Dennoch gehört die Mehrheit der Stimmen weiblichen Figuren, und da könnte die Charakterisierung durch unterschiedliche Stimm- oder Tonlagen größer sein, um die jeweilige Figur besser unterscheidbar zu machen – eines der Hauptprobleme bei einem Hörbuchvortrag. Bei einer Handlung mit über einem Dutzend Figuren ist dies umso notwendiger.

Beeindruckend ist Winters Beherrschung des Englischen und Schwedischen, die sie gleichermaßen korrekt aussprechen kann. Mittendrin rezitiert sie eine längere englische Passage, ein Briefzitat. Für den des Englischen nicht Mächtigen ist das vielleicht langweilig, aber ich fand Winters Aussprache einwandfrei. Ihre Aussprache des Schwedischen stellt sicher ähnliche Ansprüche, und wie im Englischen und Deutschen entspricht das geschriebene Wort nicht immer dem gesprochenen. Das kann besonders bei den zahlreichen Namen des Romans Verwirrung stiften, insbesondere dann, falls die Aussprache schwankt. Aber bei Personennamen wie Persson oder Carlssen kann man nicht viel falsch machen, oder?

_Unterm Strich_

„Prime Time“ – der englische Begriff steht für die „Hauptsendezeit“ am frühen Abend zwischen 19 und 21 Uhr. Zu dieser Stunde sind die Quotenjäger unterwegs. Doch einige davon leben recht gefährlich, wie der Mord an der TV-Moderatorin zeigt. Die Geschichte der Aufklärung dieses Mordes ist durchaus spannend mitzuverfolgen, und die Autorin stützt die Authentizität des geschilderten möderischen Medienmilieus mit den Beobachtungen aus ihrer Tätigkeit bei Fernsehen und Zeitung.

Allerdings fragt man sich bisweilen, was das nun werden soll, so ziellos erscheint die Fragerei der Hauptfigur im Kreis der Verdächtigen. Das soll wohl nur verschleiern, dass sich Mosaikstein zu Mosaikstein fügt, bis endlich – beinahe – das Bild komplett ist. In diesem Irrgarten aus Motiven und Tätern erscheint plötzlich selbst die engste Freundin Bengtzons, Anne, als mögliche Täterin: Jeder hatte ein Motiv, Michelle das Lebenslicht auszublasen. Und diese war offensichtlich auch nicht gerade ein Sonnenscheinchen.

Ist also Marklund ein weiblicher Mankell? Das politische und moralische Anliegen hätte sie ja schon mal. Das erzählerische Vermögen geht ihr ebenfalls nicht ab, ganz im Gegenteil. In „Studio 6“ nahm sie die Korruption von Politikern aufs Korn, nun die in einem Medienkonzern und beim Fernsehen.

Eines steht fest: Man kann nach Marklund ebenso süchtig werden wie nach Mankell. Und unweigerlich dürfte sich das ZDF bereits um die Verfilmung dieser Romane bemühen. Nordlandkrimis sind ja in.

Das Hörbuch „Prime Time“ ist zwar auf die wichtigsten Vorgänge gekürzt, mir aber trotzdem immer noch zu lang: Vier CDs statt der 366 Minuten auf fünf CDs hätten auch gereicht. Judy Winter zuzuhören, ist ein Genuss und ein Erlebnis. Sie lässt das Geschehen erst lebendig werden und sorgt für spannende und bewegende Highlights.

_Michael Matzer_ © 2004ff

John Brunner – Probe für die Zukunft

Big Brother lässt grüßen: Schauspieler als Marionetten der Zukunft

Murray Douglas war ein berühmter Schauspieler, ehe er dem Alkohol verfiel. Nach der Entziehungskur versuchte er, wieder Anschluss zu finden. Aber sein Comeback wurde ganz anders, als er sich das vorgestellt hatte. Was war das für eine seltsame Truppe, die in einem hermetisch abgeriegelten Haus das ungeschriebene Stück eines geheimnisvollen Autors probte? (Verlagsinfo)

Die Goldmann-Ausgabe „Probe für die Zukunft“ (1978) basiert auf John Brunners Original „The Productions of Time“, also dem gleichen Roman, auf dem die gekürzte Heyne-Übersetzung „Der Spion aus der Zukunft“ (1970) basiert. Doch der Autor hat den Roman 1977 restauriert, so dass die in meiner Rezension der Heyne-Fassung bedauerten Kürzungen hier hoffentlich behoben wurden.
John Brunner – Probe für die Zukunft weiterlesen

Connelly, Michael – Der Poet

_Überraschend: der Fuchs im Hühnerstall_

Die Nachricht vom Tod seines Zwillingsbruders bringt den Gerichtsreporter Jack McEvoy völlig aus dem Gleichgewicht. Die Denver-Polizei geht von Selbstmord aus, doch Jack zweifelt an dieser Theorie und stellt auf eigene Faust Nachforschungen an, die den Fall in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen: Sein Bruder ist nur einer von zahlreichen ungelösten Todesfällen unter Mordkommissionspolizisten, die rätselhafte Abschiedsbotschaften hinterließen – Verse aus Gedichten von Edgar Allan Poe. Wer ist der „Poet“, der Serienkiller, der es auf Polizisten abgesehen hat?

_Der Autor_

Michael Connelly war selbst wie McEvoy jahrelang Polizei- und Gerichtsreporter in Los Angeles und lernte das Polizeigewerbe von außen kennen. Bekannt wurde er mit seinen Romanen um die Gesetzeshüter Harry Bosch und Terry McCaleb, zuletzt besonders aufgrund der Verfilmung von „Das zweite Herz / Bloodwork“ durch Clint Eastwood.

Zuletzt erschienen die Romane „Kein Engel so rein“ (City of Bones, 2002), „Unbekannt verzogen“ (Chasing the dime) , „Letzte Warnung“ (Lost light) und „Die Rückkehr des Poeten“ (The narrows). Connelly lebt in Florida. Weitere wichtige Romane sind „Schwarze Engel“ (1998); „Der Poet“ (1996) und „Schwarzes Echo“ (1991). Mehr Infos: http://www.michaelconnelly.com.

_Handlung_

Jack McEvoy lebt 1995 in der Nähe von Denver, Colorado, und verdient sich seinen Lebensunterhalt mit Morden. Das heißt, mit dem Berichten über Morde, und zwar für seine Zeitung „Rocky Mountain News“. Der neueste Mord betrifft die 19-jährige Studentin Theresa Lofton, die man nackt und zweigeteilt im Gebüsch gefunden hatte. Jacks Zwillingsbruder Sean, ein Polizist, untersuchte den grausigen Fall eine ganze Weile, kam aber offenbar nicht weiter. Bis jetzt. Er ist tot.

Die Nachricht von Seans Tod trifft Jack ebenso schwer wie Seans Witwe Riley. Nach Angaben der Polizei hat Sean in seinem Wagen, den er in einen Naturpark gefahren hatte, Selbstmord begangen, indem er sich in den Mund schoss. Als letzte Botschaft schrieb er auf die beschlagene Windschutzscheibe die rätselhafte Zeile „Jenseits von Raum – jenseits von Zeit“. Diese Worte geben Jack ebenso Rätsel auf wie den Polizistenkollegen, die Sean zu Grabe tragen.

Rätselhaft sind auch die Umstände von Seans Todestag. Er wollte in einem Hotelrestaurant einen Informanten im Mordfall Lofton treffen, einen Mann namens „Rusher“, doch er kam nie dort an. Auch Theresa Lofton kam nie bei der Autowerkstatt an, wo sie ihren VW Käfer abholen wollte. Jack befragt den Parkwächter, der Sean gefunden hat und bemerkt eine Lücke im zeitlichen Ablauf, die seine Zweifel an der Selbstmordtheorie bestärken. Jemand hätte ohne weiteres Sean töten, die Botschaft anbringen und warten können, bis der Parkwächter gekommen und wieder weggegangen war, um dann in aller Seelenruhe Seans Wagen zu verlassen und zu verschwinden. Die Polizeikollegen sind von den Socken, als Jack noch weitere Argumente anführt. Sie nehmen die Ermittlungen wieder auf.

|Denver, Chicago, Washington|

Jetzt hat Jack eine tolle Story, um den Mord an seinem Bruder aufzuklären – und vielleicht sogar den an Theresa Lofton. Bei seinen Datenbankrecherchen stößt er auf einen ganz ähnlichen Fall – in Chicago. Er fliegt hin und ermittelt. Dort hat sich ein Angehöriger der Mordkommission angeblich wegen seiner Depressionen wegen des Mordes an einem kleinen Jungen erschossen. Die Abschiedsbotschaft ist ein Zitat von Edgar Allan Poe. Jetzt kapiert Jack auch Seans Abschiedsbotschaft – ebenfalls ein Poe-Zitat. Die beiden Todesfälle gehören zusammen. Also ist auch der Polizist in Chicago ein Mordopfer.

Weil aber zusammenhängende Verbrechen in unterschiedlichen Staaten automatisch eine Sache der Bundespolizei werden, muss sich Jack beeilen, um noch vor dem FBI die entsprechenden Aktenprotokolle ausfindig zu machen und für seine Recherche zu nutzen. Hat das FBI erst einmal seine Hand drauf, kann er den Artikel – vielleicht sogar eine Serie! – komplett vergessen.

In Washington, D.C., hat er wahnsinniges Glück: Der Mitarbeiter bei der Stiftung, die solche Verbrechen im Rahmen eines wissenschaftlichen Programms untersucht, ist ein ehemaliger Kollege von der „Los Angeles Times“. So findet Jack auf nicht ganz offiziellem Weg heraus, dass es sechs weitere ähnlich gelagerte Polizistenmorde in den letzten fünf Jahren gegeben hat: ein Serienkiller, der eine blutige Spur hinter sich lässt. Und immer findet sich ein korrespondierender Mordfall, der angeblich den vermeintlichen Selbstmördern zugesetzt hat. Das Muster ist überdeutlich. Jack hat seine Story und informiert seinen Chef in Denver.

Da schlägt das FBI zu. Rachel Walling von der Verhaltensforschungsabteilung des FBI, eine Profilerin, will Jack verhaften und seine Unterlagen kassieren. Um dann selbst die Lorbeeren einzuheimsen, ist Jack klar. Aber er durchschaut ihren fadenscheinigen Vorwand und lässt sie auflaufen. Schließlich hat er sich nichts Unrechtes vorzuwerfen. Wallings Vorgesetzter Robert „Bob“ Backus muss sich auf Jacks Bedingungen einlassen: Jack darf so lange an den FBI-Ermittlungen als Beobachter teilnehmen, wie die Story noch geheim und verwertbar ist. Sollte aber eine Zeitung darüber berichten, kann auch Jack nicht mehr mit seiner Story hinterm Berg halten. Auf diese Weise vermeidet das FBI, den Mörder vorzeitig zu warnen, und kann ihn ungehindert jagen.

Die Spur des Mörders, der wegen seiner Poe-Zitate vom FBI „der Poet“ genannt wird, führt nach Westen, Richtung Los Angeles.

Unterdessen ist der pädophile Fotograf und Mörder William Gladden, Anfang 30, wieder einmal dem Gefängnis entgangen. Die Bullen hatten ihn schon in Santa Monica verhaftet, aber nichts aus ihm herausbekommen. Sie mussten ihn gegen 50.000 Dollar Kaution wieder auf freien Fuß setzen. Nun kann Gladden seinem Pädophilen-Netzwerk weiterhin Fotos liefern – sobald er eine neue Kamera hat, denn die alte haben die Bullen einbehalten. Sie wissen, dass er hinter nackten Kindern her ist. Aber sie kennen nicht einmal seinen wahren Namen. Noch nicht.

Und sie ahnen nicht, wozu er noch alles fähig ist …

_Mein Eindruck_

Der Roman beginnt recht spannend mit Jack McEvoys kognitivem Durchbruch hinsichtlich der Art und Weise, wie sein Zwillingsbruder starb. Weitere Erkenntnisse lassen auf eine Mordserie von landesweiten Ausmaßen schließen, die natürlich Sache der Bundespolizei ist. Was den Leser aber etwas ins Grübeln geraten lässt, ist die Tatsache, dass sich das FBI von einem dahergelaufenen Reporter in die Karten gucken lässt: Er darf die Agenten bei ihrer Arbeit begleiten. Allein dies finde ich schon recht unwahrscheinlich.

Noch einen Tick seltsamer finde ich die darauf folgende Sexaffäre Jacks mit Agentin Rachel Walling. Bis zuletzt wird nicht klar, ob sie ihn im Bett für andere Pläne benutzt und ihn hintergeht oder ob sie es ehrlich meint. Das ist zwar wichtig für die Geschichte, aber vorab kommen doch erhebliche Zweifel auf, ob sich eine echte Agentin auf eine Liaison mit einem Vertreter der „vierten Gewalt“ einlassen würde. Dass sie es laut Vorschrift nicht dürfte, wird bereits im Roman mehrmals gesagt.

Spätestens an dieser Szelle merkt der Leser, wie konstruiert die ganze Story ist. Andererseits erfordert es die innere Logik der Story, dass Jack, der Ich-Erzähler, Zugang zum inneren Zirkel der Poeten-Ermittlungstruppe erhält, um auf die vielen Ungereimtheiten bei dieser Ermittlung zu stoßen. Wer ist der Informant, der seinem Konkurrenten Warren den Tipp über die Poeten-Ermittlung gegeben hat? Jack verdächtigt zunächst seinen Intimfeind, Rachels Ex-Mann Gordon Thorson, aber der streitet das vehement ab. Dennoch muss es ein Insider gewesen sein: ein „Fuchs im Hühnerstall“, wie Jack es so anschaulich ausdrückt.

Sein Verdacht fällt auf sodann auf Rachel. Ist sie wirklich so ein eiskaltes Biest, um so etwas tun zu können? Kann sich Jack so in ihr getäuscht haben? Oder gibt es noch einen weiteren Verdächtigen? Die Frage bleibt offen, bis Jack sich an den Falschen wendet, um das Rätsel aufzuklären. Dann fallen ihm die Schuppen von den Augen. Er weiß, dass ihn sein Wissen in Lebensgefahr bringt. Er ist einfach zu gut als Journalist. Vielleicht hätte er Polizist werden sollen, wie sein Bruder.

Das Finale folgt allen Regeln der Kunst. Der Schauplatz liegt an einem erhöhten Punkt, und unter ihm gähnt ein Abgrund, der nur darauf wartet, das bedauerliche Opfer des Showdowns zu verschlingen. Allerdings ist der Schauplatz kein berühmter – das hätte noch zur Vollkommenheit gefehlt – , sondern ein sehr symbolträchtiges Glashaus, das von einem Erdbeben beschädigt wurde und nun jeden Augenblick zusammenzubrechen und in den Abgrund zu fallen droht: eine veritable Todesfalle. Dass der Autor seinen Schurken entkommen lässt, kann ich mir nicht erklären. Jedenfalls kam es Jahre später zu einer Fortsetzung: „Die Rückkehr des Poeten“.

|Neue Killerspezies|

Serienkiller – sie waren die große Mode und morbide Faszination der neunziger Jahre. Ihr bekanntester fiktiver Exponent war Dr. Hannibal Lecter, bekannt aus „Roter Drache“ und „Das Schweigen der Lämmer“ sowie „Hannibal“. Je bizarrer und inhumaner seine Verbrechen, desto angenehmer der wohlige Schauder des Grusels seitens des Zuschauers oder Lesers. Doch wie wurde aus dem Psychotherapeuten Dr. Lecter eine Kannibale? Bei seinem Erfinder Thomas Harris erfahren wir es nicht.

|VORSICHT SPOILER|

Und auch nicht bei Michael Connelly. Sicher, William Gladden ist ein Killer von horribler Gefühllosigkeit. Aber er ist nicht der „Poet“. Wie erfahren also ironischerweise, wie es zur Entstehung von „William Gladden, Killer“ gekommen ist, aber kaum etwas – lediglich nachgetragene Vermutungen und Gerüchte – über den Titelhelden. Das folgt erst in der Fortsetzung „Die Rückkehr des Poeten“.

Doch es gibt einige Dinge, die Gladden und den Poeten verbinden. Eine davon ist die Vorliebe für Edgar Allan Poe, die dem Poeten seinen Spitznamen eingebracht hat. Seitens des echten Poeten kann dies zwar lediglich Tarnung sein, um Gladden als eigentlichen Täter zu diffamieren, aber die Tarnung ist sehr echt – und sie wird auch noch in der Fortsetzung eingesetzt, als Gladden längst den Löffel abgegeben hat.

Der Poet nennt, Poe zitierend, die irdische Existenz eine „Welt voll Pein“, die von einem „Eidolon“ – einem Phantom – namens NACHT beherrscht werde. Perverserweise nennt er sich selbst „Eidolon“, wenn er sich in das PTL-Netzwerk einloggt und dort seine Ansichten an Pädosexuelle verbreitet. Gladden verkauft den Teilnehmern am PTL-Netzwerk seine pädophilen Kinderfotos – gegen beachtliche Summen, versteht sich. Man fragt sich, ob nicht diese Selbststilisierung zur Selbstrechtfertigung für diese Minderheit Pädophiler gehört, um sich besser zu fühlen.

Im Gegensatz zum Poeten wird also Gladden geradezu verständlich, auch wenn sich unser Verständnis, das von FBI-Einschätzungen genährt wird, nie zum Absegnen seines Tuns versteigt. Er mag ein Killer sein, aber er ist weder hinter Kindern noch Polizisten her. (Seine Tatwaffe ist eher die Digitalkamera, wie sie damals, 1995, schon auf den Markt kam. Die Datenübertragung über Laptop und Modem ins PTL-Netzwerk ist dementsprechend einfach. Die gewöhnlichen Polizisten haben keine Ahnung, womit sie es zu tun haben – da muss erst das FBI kommen, das selbstverständlich technisch auf dem neuesten Kenntnisstand ist.)

Auch Gladden ist nämlich ein Opfer. Wie eine ganze Reihe anderer Jungs wurde er jahrelang von einem „Best Pal“ missbraucht, einem Erwachsenen, der innerhalb eines kommunalen Programms obdachlosen Waisen ein Zuhause bieten soll, aber diese Tarnung nur zur persönlichen Befriedigung sexueller Bedürfnisse ausnutzt. Die erlittene Gewalt scheint Gladden nicht an weiteren Kindern auszulassen, wohl aber tut es der Poet. Seine kindlichen oder schwachen Opfer, so seine perfide Taktik, locken Polizisten wie Sean McEvoy an, die seine eigentlichen Ziele sind. Wahrscheinlich sucht er sich Cops aus, weil sein eigener Vater einer war, und zwar einer der strengsten. In den Polizeiopfern bestraft der Poet also nachträglich seinen eigenen Vater. Man kann diesem Szenario, das der Autor schrittweise enthüllt, folgen oder auch nicht, aber mir leuchtet es ein. Aber ich bin ja auch kein Psychologe.

|SPOILER ENDE|

_Die Übersetzung_

Obwohl die Übersetzung an sich vorzüglich ist, gibt es doch eine Reihe von Flüchtigkeitsfehlern, die, typisch für |Heyne|, vom Korrektor übersehen wurden. So ist beispielsweise auf Seite 336 die Rede von einem Cop namens Matuzak, der aber plötzlich zu „Muzak“ mutiert. Das ist reichlich verwirrend, und zwar nicht nur wegen des unvermutet auftauchenden neuen Namens. „Muzak“ bezeichnet auch noch jene Art von Musik, die in Supermärkten und Kaufhäusern zur emotionalen Beruhigung und Steuerung der Kundschaft eingesetzt wird: Kaufhaus-Gedudel. Diese Bedeutung lag wohl kaum in der Absicht der Übersetzerin Wiemken.

Auf Seite 386 erfahren wir am Anfang von Kapitel 36, dass Jack vom FBI im Wilcox-Hotel, einer schäbigen Absteige am Sunset Boulevard, untergebracht wird. Auf Seite 399 jedoch verwandelt sich das Wilcox- in das Wilton-Hotel, ohne ersichtlichen Grund. Es handelt sich wieder um einen der typischen Flüchtigkeitsfehler, siehe oben. Von der Erwähnung der übrigen Schlampereien will ich mal absehen. Man wird sie ohnehin nie abstellen können.

_Unterm Strich_

Die Konstruktion des Romans ist großartig: Der Autor, vertreten durch seine Hauptfiguren, führt den Leser ebenso in die Irre wie seinen Protagonisten Jack McEvoy. Erst als die vielen Ungereimtheiten geklärt werden müssen, taucht eine ganz andere Perspektive, eine neue Erklärungsmöglichkeit auf: eine sehr unschöne obendrein. Und die erweist sich als ebenso falsch …

Als der Roman vor zehn Jahren erschien, war er ein echter Durchbruch, ein Knaller. Inzwischen haben vor allem weibliche Krimiautoren wie Cornwell, Slaughter, Reichs und Hoffman das Genre derartig um ein Kuriositätenkabinett menschlicher Verirrungen erweitert, dass uns die im „Poeten“ dargebotenen Verbrechen kaum noch ein müdes Heben der Augenbrauen entlocken können.

Dennoch bietet das Buch dem Kenner eine befriedigende Lektüre: Es ist gut recherchiert, sehr kenntnisreich – man merkt, dass der Autor über seine eigene Reporterbranche schreibt, und zwar keineswegs unkritisch. Dass diesmal das FBI ganz schlecht wegkommt, ist der feine Trick des Ganzen: der „Fuchs im Hühnerstall“ stellt den Aufbau und das Selbstverständnis der Bundespolizei in Frage.

Die Hoffnung des Autors dürfte wohl in einer Besserung der Zustände beim FBI gelegen haben. Doch wie Connellys Oberzyniker Harry Bosch in der Fortsetzung „Die Rückkehr des Poeten“ (The narrows) konstatiert, sind die Zustände beim FBI eher noch schlimmer geworden: eine maximale Borniertheit in der Klasse der „Morphs“ (Überfliegertypen auf Managerebene) und eine zunehmende Ausgebranntheit unter den „Empathen“ (gefühlsmäßig Betroffenen) in der FBI-Truppe. Klar, wem Boschs Sympathie gehört. Aber auf welcher Seite steht die undurchsichtige Rachel Walling diesmal?

Keine Frage, dass man „Der Poet“ unbedingt VOR der Fortsetzung lesen sollte. In „The narrows“ wird sehr viel über den Vorgängerband rekapituliert und verraten. Das beeinträchtigt die Spannung – und die Überraschungen – erheblich, wenn man danach „Der Poet“ liest.

|Originaltitel: The poet, 1996
556 Seiten
Aus dem US-Englischen von Christel Wiemken|

Tal M. Klein – Der Zwillingseffekt

Die Tücken der Teleportation

Man schreibt das Jahr 2147. Dank fortschrittlicher Technologie reisen die Menschen inzwischen fast nur noch via Teleportation. Auch KI-Coach Joel Byram hat sich schon hunderte Male teleportieren lassen – doch eines Tages wird er dabei versehentlich dupliziert.

Joel und sein Doppelgänger werden daraufhin nicht nur von religiösen Fanatikern verehrt, sondern auch von einem mächtigen Großkonzern gejagt – und sie kommen einem tödlichen Geheimnis auf die Spur. Für die beiden beginnt ein gnadenloser Wettlauf gegen die Zeit. (Verlagsinfo)
Tal M. Klein – Der Zwillingseffekt weiterlesen

Meyer, Kai / Maetz, Stefan / Berling, Simon / Hagitte, Christian – Vatikan-Verschwörung, Die

_Spannende Mystery: Verfolgungsjagd zum Höllentor_

In Rom stößt der Kunstdetektiv Jupiter auf das Vermächtnis des geheimnisumwitterten Kupferstechers Piranesi. Rätselhafte Morde und unheimliche Erscheinungen führen ihn zum legendären „Haus des Daedalus“, einem vergessenen Ort tief unter den Fundamenten der Vatikanstadt. Verbirgt sich dahinter die Hölle selbst, wie ein vatikanischer Geheimbund vermutet? Jupiter und die Kunststudentin Coralina werden zu Gejagten, als Mönche, Kardinäle und die Geister der Vergangenheit ihre Spur aufnehmen, um ihnen das Vermächtnis Piranesis abzunehmen …

_Der Autor_

Kai Meyer, Jahrgang 1969, studierte Film, Philosophie und Germanistik und arbeitete als Redakteur. Er schrieb schon in jungen Jahren und lieferte u. a. ein paar Jerry-Cotton-Abenteuer. Sein erster großer Erfolg war „Die Geisterseher“, eine historische „Akte X“. Seit 1996 ist er freier Schriftsteller und Drehbuchautor. Bisher sind rund 40 Romane von ihm erschienen. Selbst Kritiker waren von seinem historischen Mystery-Thriller „Die Alchimistin“ begeistert, später folgten „Die fließende Königin“ und „Göttin der Wüste“. Bei |Loewe| erschien mit den „Wellenläufern“ ein Jugend-Fantasyzyklus. „Frostfeuer“ aus dem Jahr 2005 ist ein eigenständiger Jugendroman. Das Buch wurde mit dem internationalen Buchpreis CORINE ausgezeichnet. Kürzlich schloss Meyer eine Trilogie mit chinesischer Fantasy ab: „Seide und Schwert“; „Lanze und Licht“; „Drache und Diamant“.

„Die Vatikan-Verschwörung“ erschien erstmals im Jahr 2000 unter dem Titel „Das Haus des Daedalus“.

|Kai Meyer bei Buchwurm.info:|

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1)

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

Jupiter: Andreas Fröhlich
Coralina: Antje von der Ahe
Janus: Roland Hemmo
Prof. Trojan: Gunter Schoß
Shuvani: Barbara Ratthey
Landini: Christian Gaul
Estacado: Till Hagen
Babio: Fritz Hammer
Cristoforo: Kaspar Eichel
Diana: Heide Domanowski
Remeo: Klaus-Peter Grap
Lorin: Johannes Hubert
Pascale: Raimund Widra
Kardinal von Thaden: Horst lampe
Kapuzinermönch Santino: André Sander

Andreas Fröhlich ist die deutsche Stimme von John Cusack und Edward Norton. Er wurde 1965 in Berlin geboren; bereits mit sieben Jahren begann er mit der Synchronarbeit, nachdem er im Kinderchor des „Sender Freies Berlin“ entdeckt wurde. 1978 stieg er in der Sprecherrolle des Bob Andrews bei einer der bis heute erfolgreichsten Hörspielreihen Deutschlands, „Die drei Fragezeichen“, ein. Nach dem Abitur ging Fröhlich zunächst zum Theater, wo er unter anderem Rollen in Büchners „Woyzeck“ und in Shakespeares „Was ihr wollt“ spielte, bis er 1991 wieder zu seiner Arbeit als Synchronsprecher zurückkehrte. Außer als Sprecher arbeitet er als Synchronregisseur und Drehbuchautor, wo er u. a. für die Synchronisierung von „Der Herr der Ringe“ verantwortlich war. In dieser Trilogie übernahm er z. B. die Synchronisation des Wesens Gollum. Doch auch die deutschen Dialoge in Filmen wie Disneys „Mulan“ und „The Beach“ stammen aus seiner Feder. (Verlagsinfo)

Till Hagen ist die deutsche Stimmbandvertretung für Filmstars wie Kevin Spacey, Billy Bob Thornton und Kevin Kline. Er absolvierte die Schauspielschule in Berlin und war am Theater in Dortmund und Bielefeld engagiert. Seit 1977 ist der professionelle Rundfunksprecher beim RBB und anderen ARD-Sendeanstalten tätig.

Die Musik wird vom Filmorchester Berlin gespielt und der Hochmeisterchor Berlin von Christian Hagitte geleitet.

Die Hörspieladaption erarbeitete Stefan Maetz. Für Regie, Musik und Ton waren Simon Berling und Christian Hagitte zuständig, für Schnitt und Nachbearbeitung Sonja Harth. Die Produktion erfolgte durch das |STIL|-Studio, Berlin, das bekannt ist für seine ausgezeichneten Hörspielproduktion, z. B. der POE-Reihe.

_Handlung_

Wieder mal besucht der Kunstdetektiv Jupiter die Ewige Stadt. Das Taxi bringt ihn durch ein Gewirr von Altstadtgassen zur Kirche Santa Maria del Priorato. Dort erwartet ihn bereits Coralina, die er bereits kannte, als sie noch 15 Jahre alt war, doch jetzt ist die Tochter von Angehörigen des Roma-Volkes eine schwarzhaarige Schönheit. Bevor sie ihm ihre Entdeckung zeigt, fragt sie ihn, was er über Giacomo Piranesi, den geheimnisumwitterten Kupferstecher des 18. Jahrhunderts, weiß. Piranesi sei berühmt-berüchtigt für seine sechzehn Drucke der „Carceri“: Schreckensvisionen von überdimensionalen, labyrinthartigen Kerkern. Der einzige öffentliche Auftrag, den man dem „Spinner“ je gab, war die Restaurierung eben dieser Kirche, in der sie gerade stünden.

Coralinas Entdeckung ist eine Sensation. Hinter einer doppelten Wand ist sie auf die originalen Druckplatten für die „Carceri“-Drucke gestoßen. Das haut Jupiter um, denn die 16 Platten sind Millionen wert. Was Coralina wirklich wissen will: Kann sie den Fund an einen Kunsthehler verkaufen? Jupiter rät ihr: Vergiss es. Also erzählt sie einem Priester von den 16 Platten, aber die 17. Platte verschweigt sie, denn sie hat sie bereits beiseitegeschafft.

In ihrem Antiquitätenladen eröffnet Coralina dem Kunstdetektiv, dass es noch eine 17. Platte gibt. , Er macht ihr klar: Der Wert der 17. Platte ist unschätzbar hoch und sie anzubieten, wäre sehr gefährlich. Doch das Motiv fasziniert ihn: Der Kerker zeigt einen Obelisken, und darauf ist als Scherenschnitt ein Schlüssel zu sehen. Wofür ist der Schlüssel? Coralina hat noch etwas: die Scherbe einer Schale. Die alten Symbole scheinen minoischer Herkunft zu sein, meint Jupiter, doch die neueren Zeichen sind wahrscheinlich aus Piranesis Zeit, wie Jupiter von einem Fachmann erfährt.

|Die Adepten der Schale|

Schon am nächsten Tag geht der Ärger los. Vor der Kirche, wo sie die Piranesi-Platten fanden, hat die Polizei alles abgesperrt. Die Kirche ist geschlossen. Zu allem Überfluss ist auch Kardinal Leonhard von Thaden gekommen, der Leiter der Glaubenskongregation, eine Nachfolgeorganisation der Inquisition. Sein weißhäutiger Assistent Landini wimmelt Coralina ab. Da sieht sie, wie ein Straßenmaler namens Cristoforo, der früher mal im Vatikan als Restaurator arbeitete, auf den Asphalt das Motiv der 17. Druckplatte zeichnet. Coralina und Jupiter sind bestürzt: Woher kennt Cristoforo das Motiv? Doch der Obelisk mit dem Schlüssel fehlt. Kurz entschlossen bringen die beiden den Straßenmaler vor Landini in Sicherheit. Im Taxi murmelt der Alte etwas vom „Haus des Daedalus“ und ewiger Nacht. Sie lassen ihn gehen.

Als sich Jupiter am nächsten Tag dem Versteck Cristoforos nähert, erspäht er einen gut gekleideten Mann im Rollstuhl, den sein Chauffeur „Professor“ nennt und der laut Autokennzeichen aus dem Vatikan kommt. Ob er wohl von Thaden und Landini kennt? Jupiter schließt nichts mehr aus. Cristoforos Versteck ist ein alter Palazzo. An allen Wänden sind Zeichnungen von Piranesis „Carceri“, auch von Nr. 17. Jupiter stößt auf einen Kapuzinermönch, der sich Santino nennt und angibt, er habe Cristoforo nach dessen Rauswurf aus dem Vatikan jahrelang gepflegt. Er murmelt etwas von einem Stier, bevor er sich von Jupiter losreißt und übers Dach flüchtet. Drei schwarzgekleidete Männer dringen in den alten Palazzo ein und legen mit Benzin einen Brand. Jupiter entkommt den Explosionen ums Haaresbreite durch einen kühnen Sprung …

|Das Haus des Daedalus|

Am nächsten Tag erfährt er, dass Cristoforo tot aus dem Tiber gefischt wurde. Jemand im Vatikan geht also auch über Leichen, um das Geheimnis des 17. Piranesi-Drucks zu bewahren. Doch wer ist es genau? Als Jupiter Coralina wiedersieht, erzählt sie ihm vom Haus des Daedalus, von dem Cristoforo sprach. Der Legende nach errichtete der berühmteste Baumeister der Antike, Daedalus, für den minoischen König von Kreta ein Labyrinth, um ein Ungeheuer namens Minotaurus gefangen zu halten und ihm Jungfrauen zu opfern. Doch Daedalus fiel in Ungnade und musste mit seinem Sohn Ikaros fliehen. Ikaros flog mit seinen Wachsflügeln zu hoch und verbrannte entweder, oder das Wachs seiner Flügel schmolz und er stürzte ins Meer.

Wie auch immer: Daedalus errichtete in den römischen Hügeln für die etruskischen Könige ein weiteres Labyrinth. Im Lauf der Jahrtausende ging diese Tatsache fast verloren, Rom wurde errichtet, und nur eine Schale bewahrte das Geheimnis: Deren Bruchstück fanden Coralina und Jupiter in der römischen Kirche als Piranesis Vermächtnis. Doch wo ist das Tor zum Labyrinth, das als „Haus des Daedalus“ in die Legende einging und von manchen nun als die Hölle angesehen wird? Öffnet der Schlüssel auf dem Obelisken der 17. Kupferplatte das Tor selbst?

Jupiter und Coralina beginnen ihre Suche, nicht wissend, dass der vatikanische Geheimbund alles daran setzt, den Zugang vor ihnen zu finden. Beide Gruppen ahnen nicht, dass bereits eine Expedition ins besagte Labyrinth eingedrungen und dort unten auf namenlose Schrecken gestoßen ist …

_Mein Eindruck_

Acht Jahre sind eine lange Zeit, genug, um eine einst vielleicht innovative Story in ein abgedroschenes Klischee zu verwandeln. Nach den Megaerfolgen von Mystery-Thrillern wie [„Illuminati“ 2106 und „Sakrileg“ sieht „Die Vatikan-Verschwörung“ aus, als stamme die Story aus dem Rezeptbuch für die Kategorie „Mystery“. Man nehme einen alten Geheimbund, der im Herzen der sowieso zwielichtigen katholischen Kirche tätig ist; eine alte Legende, die möglichst den meisten bloß zur Hälfte bekannt ist; sowie ein tapferes Ermittlerpärchen, das sämtlichen Gefahren und dem Geheimbund trotzt, um besagter Legende auf den Grund zu gehen. Dass im Finale alle bösen Buben ihr verdientes Ende finden, versteht sich von selbst, und dass die beiden Helden bis an ihr Lebensende glücklich sind und viele |bambini| in die Welt setzen, natürlich ebenfalls.

So weit, so traurig. Denn Meyers Buch hätte sicherlich ein besseres Schicksal verdient. Der Autor hat in erzählerischer Hinsicht alles richtig gemacht. Mit den oben genannten Ingredienzien lässt sich ein gar spannendes Süppchen kochen, und wenn man wie Meyer den richtigen Rhythmus für Spannung und Entspannung, Romanze und Action einhält, so kommt der Leser bzw. Hörer eigentlich voll auf seine Kosten.

Da macht es dann fast gar nichts mehr, dass im Finale die Verwirrung etwas groß wird, wenn nicht bloß ein unheimliches Wesen auftaucht, sondern gleich zwei. Und wer oben genau aufgepasst hat, kann sich sogar ausrechnen, welche zwei Wesen ich meine. Es versteht sich von selbst, dass die Welt noch einmal nur um Haaresbreite einer Katastrophe entgeht.

Ein gar hübscher Einfall ist zudem, dass der Baumeister des Vatikan den wahnwitzigen Plan hat, das Haus des Daedalus auf die ganze Welt auszudehnen, sie sozusagen komplett zu „labyrinthisieren“. Halb ironisch deuten Jupiter und Baumeister Trojan an, dass in Rom die Labyrinthisierung bereits in vollem Gange sei, so dass die Altstadtgassen sich dynamisch verändern, um den ahnungslosen Wanderer in einer Falle zu fangen (was dem Begriff „Touristenfalle“ einen völlig neuen, blutigen Beigeschmack verleiht).

Die Welt als Karzer (Carcero), also Kerker, und als Labyrinth – Piranesi und Dädalus hätten sich sicherlich gefreut. Denn dadurch würde die Welt sämtlich Charakteristika der Hölle annehmen: Es gibt kein Entkommen für die darin Gefangenen, so dass diese auf ewig ihre Strafe erleiden müssen. Dädalus selbst war ja ein Bestrafter, der von seinem Dienstherrn eingesperrt wurde. Der Sage nach entkamen sie aus dem Labyrinth des Minos mit Flügeln, doch nur Ikaros flog zu hoch, das Wachs der Flügel schmolz und er stürzte ins Meer. Dädalus entkam irgendwohin. Warum nicht gar nach Rom, das der Sage nach – und der Roman fußt fortwährend auf Legenden und Sagen – von einem trojanischen Helden namens Aeneas gegründet worden sein soll. Was die etruskischen Könige in dieser Gegend sicher sehr witzig gefunden hätten.

Die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart bildet ein geheimnisvoller Code – und das erinnert uns stark an den „Da Vinci Code“ in [„Sakrileg“. 1897 Der Code steht auf einer zerbrochenen Schale aus minoischen Zeiten. Wer alle Bruchstücke zusammenfügt, wie es die „Adepten der Schale“ tun, soll das Tor zum Haus des Daedalus finden. (Die Verbindung mag zwar historisch völlig unhaltbar sein, aber wenn man wie der Autor mit Sagen und Legenden hantiert, kann man alles nach Belieben verwenden.) Und der Geheimbund ist selbst gespalten: Trojan will die Welt zum Labyrinth machen, doch seine Widersacher wollen die katholische Kirche schützen und das Geheimnis hüten. Sie werden alle gleichermaßen gerichtet werden, weiß der Leser bzw. Hörer im Voraus. Doch bis zum Finale ist es ein langer, sehr spannender Weg. Für gute Unterhaltung ist stets gesorgt.

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

Das Hörspiel wird wie (fast) jede dramatische Form von seinem Zusammenspiel aus Dialogen, Geräuschen und Musik getragen. Keiner der drei Teile darf sich zu sehr in den Vordergrund drängen, sollen die anderen Teile nicht unverständlich werden und störend wirken. So drängt sich beispielsweise in Schätzings Hörspiel [„Tod und Teufel“ 3596 die Musik gar mächtig in den Vordergrund, worunter die Bedeutung der Dialoge leidet. Dass Geräusche und Musik die Dialoge grundsätzlich nicht überlagern dürfen, versteht sich von selbst, denn sonst bleibt der Sinn des Hörspiels auf der Strecke: der dramatische Dialog mit dem Hörer.

|Die Sprecher|

Die Handlung wird nur von zwei Figuren vorangetragen, von Jupiter, der zugleich als Ich-Erzähler fungiert, und von Coralina. Andreas Fröhlich ist ein Großmeister seines Fachs und hat mir auch als Jupiter sehr gut gefallen. Zwar ist seine Stärke eigentlich das ruhige und emotional fein nuancierende Vorlesen (ich sage nur: [Polidori!), 525 aber auch als Quasi-Schauspieler wusste er mich zu überzeugen. Er ist mir am liebsten als ironischer John Cusack, aber auch als Träger der Action ist er nicht zu verachten. Gerade im Finale, das an Dramatik kaum zu überbieten ist, werden nicht viele Worte gebraucht, denn es hagelt stattdessen blaue Bohnen. Fröhlich hat Cusack allerdings auch in romantischen Rollen wie etwa „Serendipity“ (Weil es dich gibt) gesprochen, und diese Fähigkeiten braucht er gegenüber einer so attraktiven Partnerin wie Coralina alias Antje von der Ahe.

Antje von der Ahe zeichnet ihre Coralina (ich muss bei diesem Namen immer an den fast gleichnamigen [Roman 1581 von Neil Gaiman denken) als tapfere junge Frau, die einiges auf dem Kasten hat und in der Not auch eine Autoverfolgungsjagd ohne Schaden überstehen kann. Die Zigeunertochter zeigt jedoch häufig auch ihre empfindsame Seite, als sie sich immer wieder Sorgen um das Schicksal ihrer Großmutter macht, welche den Adepten der Schale wehrlos ausgeliefert ist. Als Frau darf Coralina / von der Ahe durchaus mal schluchzen und weinen, Jupiter / Fröhlich ist dies jedoch verwehrt (wäre ja noch schöner, wenn der Held zum Weichei würde!).

Unter den übrigen Sprechern fielen mir lediglich die alte UFA-Schauspielerin Barbara Ratthey als Shuvani und der Film-, TV- und Hörbuchsprecher Till Hagen als Estacado auf. Leider ist die Rolle des Estacado zu klein, als dass Hagen seine Stärken ausspielen könnte. Doch die Ratthey weiß sich als Zigeunerzauberin gut in Szene zu setzen und strahlt eine sanfte weibliche Autorität aus, die man heute lange suchen muss.

|Geräusche und Soundeffekte|

Die Geräusche des alltäglichen Roms kann man sich leicht vorstellen, denn es sind die jeder Großstadt. Doch hier in der Ewigen Stadt kommen noch die allgegenwärtigen Glocken hinzu sowie die Vögel, die in jedem Park und auf jedem Platz zwitschern und zirpen. Die Glocken dröhnen von Anfang an und läuten buchstäblich die Handlung ein.

Kommen wir zu den Geräuschen, die nicht so natürlich nach Rom passen: Schüsse etwa, Chaos auf der Autobahn, eine Verfolgungsjagd und schließlich noch mehrere donnernde Explosionen. Das hört sich doch schon mehr nach Kino für die Ohren an.

Aber wir sind immer noch nicht beim eigentlichen Schauplatz: dem labyrinthartigen, unterirdischen „Haus des Daedalus“. Zum Glück werden die drei Mönche, die sich in dieses Labyrinth gewagt haben, von Anfang an in die Pausen der Haupthandlung eingefügt, so dass wir Gelegenheit haben, den Fortgang ihrer Exkursion zu verfolgen. Remeo nimmt ein Tonband auf, um das zu protokollieren, was er sieht und mit Pasquale bespricht. Der Klang des Bandes ist schlecht und klingt verzerrt – ein simpler Filtereffekt. Subtiler wird’s dann bei den Soundeffekten, die die bedrückende Atmosphäre in den Gängen des Labyrinths evozieren. Gruseliger sind schließlich die Schreie, das Schnauben und am Ende … das Klappern von Hufen. Diese Kombination wiederholt sich in Variationen im Finale.

|Musik|

Die Musik hat zwei primäre Aufgaben, nämlich Untermalung im Hintergrund und das Füllen der Pausen zwischen den Szenen sowie natürlich Intro und Outro.

Die Pausen sind häufig, aber nicht immer mit einem männlichen Chorgesang ausgefüllt. Nach einer Weile verstand ich auch die lateinischen Wörter: „Domus Daedali“ – „Haus des Daedalus“. Wie passend. Sachte sind Streicher und ein Cello unterlegt. Dieser Chor

Weitaus weniger subtil ist hingegen die Musik der übrigen Pausen und des Hintergrunds. Recht häufig wird die Orgel eingesetzt sowie ein Tutti des gesamten Orchester, das in einem Crescendo die Dramatik auf die Spitze treibt. Mehr als einmal musste ich an die vielfältigen musikalischen Motive zu Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmung denken, die Howard Shore so fabelhaft komponiert hat.

Doch wo bei Shore die Bilder die dramatische Musik ergänzen und rechtfertigen, fehlen im Hörspiel die Bilder – der Hörer muss sie sich im Kopf dazudenken. Entweder fehlt es mir an Phantasie oder am Sinn fürs Dramatische, aber oft erschien mir diese musikalische Untermalung als etwas übertrieben. Andere mögen sie allerdings als genau passend zu einem Mystikthriller empfinden.

_Unterm Strich_

Wenn „Illuminati“ und „Sakrileg“ nicht solch einen großen Erfolg gehabt hätten, wäre der „Vatikan-Verschwörung“ wahrscheinlich ein ebensolcher beschieden gewesen. Heute wirkt die einfallsreiche und sehr spannende Story etwas abgedroschen und klischeehaft. Das tut ihrem hohen Unterhaltungswert aber keinen Abbruch. Inzwischen hat sich eine ganze Industrie auf das Thema „Historische Mystery-Thriller“ eingestellt, und auch der unvermeidbare Wolfgang Hohlbein hat sein Scherflein dazu beigetragen [(„Das Paulus-Evangelium“). 2630 Daher hat sich Kai Meyer wohlweislich auf Jugendabenteuer verlegt und sich exotischeren Gegenden gewidmet: St. Petersburg, die Karibik, das alte China. Und seine Jugendbücher sind durchweg empfehlenswert.

|Das Hörspiel|

Sprecher und Geräusche sind perfekt, um spannendes Kino im Kopf entstehen zu lassen, doch die Musik, wenn auch stilecht und von Profis beigetragen und abgemischt, fand ich zu dick aufgetragen. Aber wahrscheinlich bin ich sowieso ein Fan der leisen Töne. Jedenfalls ist die Musik geeignet, auch noch dem ruhigsten Hörer den Adrenalinpegel zu erhöhen. Das Finale lässt an horrormäßiger Suggestion nichts zu wünschen übrig. Hier hat das renommierte STIL Studio ganze Arbeit geleistet.

|Originaltitel: Das Haus des Daedalus, 2000
158 Minuten auf 2 CDs|
http://www.stil.name
http://www.luebbe-audio.de

Startseite

John Brunner – Gezeiten der Zeit. SF-Roman

Nach dem Experiment: Flucht in die Vergangenheit

Gene und seine Frau Stacey sind auf ihrer Flucht auf einer griechischen Insel gestrandet. Seltsamerweise reisen sie aus ihrer Zukunft zurück in der Zeit, erleben die verschiedenen Eroberer und Völkerschaften. Doch wer überwacht sie, und warum? In Stacey wächst während dieser Monate ein Kind heran. Als sie sich auf die Geburt vorbereitet, treten die Überwacher hervor und verlangen etwas Unmögliches, was schreckliche Folgen hat…
John Brunner – Gezeiten der Zeit. SF-Roman weiterlesen

Jussi Adler-Olsen – Schändung. Die Fasanentöter (Sonderdezernat Q. Fall 02 )

Nemesis der Superreichen

Ein Leichenfund in einem Sommerhaus in Rørvig. Zwei Geschwister sind 1987 brutal ermordet worden und sofort fällt der Verdacht auf eine Gruppe junger Schüler eines exklusiven Privatinternats, die für ihre Gewaltorgien bekannt sind. Einer von ihnen gesteht. Zwanzig Jahre später landet die Akte des Falls auf dem Tisch von Carl Mørck, im Sonderdezernat Q für ungelöste Fälle. Doch wer hat ein Interesse daran, die Geschichte noch einmal aufzurollen?

Zwanzig Jahre später. Als Carl Mørck aus dem Urlaub zurückkommt, stößt ihn sein Assistent Assad mit der Nase auf die verstaubte Rørvig-Akte. Doch von oberster Stelle werden ihnen weitere Ermittlungen verboten. Denn die Spuren führen hinauf bis in die höchsten Kreise der Gesellschaft, in die Welt der Aktienhändler, Reeder und Schönheitschirurgen. Und ganz nach unten …zu Kimmie, die ein Geheimnis mit sich trägt, welches drei Männern zum Verhängnis werden könnte. Die Treibjagd ist eröffnet … (Verlagsinfo)
Jussi Adler-Olsen – Schändung. Die Fasanentöter (Sonderdezernat Q. Fall 02 ) weiterlesen

Connelly, Michael – Das Comeback

_Krimi-Sinfonie der Überraschungen_

Harry Bosch musste anderthalb Jahre „Dienst- und Erholungspause” einlegen und im Einbruchsdezernat arbeiten. Nach dieser langen Zeit hat er endlich einen neuen Fall im Morddezernat von Hollywood. Anthony N. Aliso, ein reicher Produzent mieser Hollywoodstreifen, wird ermordet in seinem Rolls Royce aufgefunden. Er liegt im Kofferraum und hat zwei Schüsse in den Hinterkopf bekommen – die Handschrift der Mafia, die so etwas „trunk music“ nennt. Die Spur des Geldes führt zunächst nach Las Vegas, doch dann gibt es für Harry Bosch eine böse Überraschung …

_Der Autor_

Michael Connelly war jahrelang Polizeireporter in Los Angeles und lernte das Polizeigewerbe von außen kennen. Bekannt wurde er mit seinen Romanen um die Gesetzeshüter Harry Bosch und Terry McCaleb, zuletzt besonders aufgrund der Verfilmung von „Das zweite Herz / Bloodwork“ durch Clint Eastwood. Zuletzt erschienen „Kein Engel so rein“ (City of Bones, 2002), „Unbekannt verzogen“ (Chasing the dime) , „Letzte Warnung“ (Lost light) und „Die Rückkehr des Poeten“ (The narrows).

Weitere wichtige Romane: Schwarze Engel (1998); Der Poet (1996); Schwarzes Echo (1991).

_Handlung_

Detective Hieronymus Bosch darf endlich wieder in sein Element zurück: der erste Fall im Morddezernat. Eineinhalb Jahre lang musste er nach dem üblen Fall mit dem psychopathischen „Poeten“ aussetzen und sich erholen. Nachdem auch ein Erdbeben sein Haus in den Abgrund gerissen hatte, musste er es neu bauen. Er ist noch beim Streichen der Wände, als ihn der Ruf der Polizeidienststelle Hollywood, der er zugewiesen ist, erreicht. Es gibt zu tun.

Auf dem Weg zum Tatort begegnet ihm ein Mann der lokalen Polizeipatrouille. Powers hat den Wagen am Tatort gefunden. Bosch macht ihn zur Sau, weil Sergeant Powers seine Fingerabdrücke am Griff des Kofferraums hinterlassen hat. Wieso hat der Mann keine Latexthandschuhe oder Ähnliches benutzt? Na ja, wie auch immer: Die Leiche im Kofferraum des weißen Rolls Royce Silver Cloud stinkt zum Himmel. Liegt wohl schon zwei Tage hier, was? Seine zwei ihm untergeordneten Kollegen Jerry Edgar und Kizmin Rider, eine kluge Anfängerin im Dezernat, haben die Tötungsmethode identifiziert: Leiche im Kofferraum (= trunk) und zwei Schüsse in den Kopf – „trunk music“ (der Originaltitel) ist die Handschrift der Mafia.

Der Tote ist der Filmproduzent Tony Aliso. Wie sich herausstellt, ist die Qualität seiner Filme aus der untersten Schublade. Wenn er also kein Geld damit machen wollte, wozu war er dann im Filmgeschäft? Die Witwe, Veronica Aliso, ist erstaunlich gefasst, ja sogar kühl, als Rider und Bosch sie erstmals interviewen. Als ob sie den Besuch der Bullen erwartet hätte. Aber sie sieht immer noch verdammt gut aus, kein Wunder, trat sie doch selbst in einem der Filme ihres Mannes auf.

Wie sich aus Riders Durchsicht der Finanzunterlagen des Verstorbenen ergibt, dient die Produktionsfirma TNA Productions als Geldwaschanlage für das organisierte Verbrechen in Las Vegas. Von dort war Aliso am Freitagabend gekommen, als ihn der Todesengel besuchte. Ein Aktenkoffer mit Geld fehlt – wo ist es abgeblieben? Weil das US-Finanzamt IRS eine Buchprüfung bei Aliso angekündigt hatte, hat vielleicht jemand in Vegas kalte Füße bekommen.

Was Bosch jetzt aber am meisten erstaunt, ist die Tatsache, dass die OCID, die Abteilung für die Bekämpfung des organisierten Verbrechens in Los Angeles, abwinkt und den Fall Aliso gar nicht übernehmen will. Als dann auch noch deren Mitarbeiter Carbone auf einem Überwachungsvideo als Einbrecher in Alisos Büro identifiziert wird, erscheint Bosch der Fall immer zwielichtiger. Warum will die OCID verschleiern, dass sie Aliso abhörte? Vielleicht weil die Wanze illegal war? Der OCID-Chef warnt Bosch, die Finger von Aliso zu lassen.

Das macht Bosch natürlich erst recht neugierig. Es führt kein Weg daran vorbei: Er muss nach Vegas fliegen. Doch auch hier laufen die Dinge nicht ganz so wie erwartet. Hier herrscht mit Joey Marks alias Joseph Marconi ein mächtiger Chicago-Gangster, und sein Kontakt zu Aliso scheint Luke Goshen gewesen zu sein, der in North Las Vegas einen Stripclub betreibt. Anscheinend rekrutierte hier Aliso seine Filmstarlets. Und in eine gewisse Layla hatte er sich sogar verliebt – ob das wohl Veronica bekannt war? Höchstwahrscheinlich sogar.

Zu seiner Überraschung stößt er hier auf seine frühere Liebe Eleanor Wish; die ehemalige FBI-Agentin hat ihre fünf Jahre Knast abgesessen und verdient ihren Lebensunterhalt mit Pokerspielen. Sie und Bosch erneuern ihre Bekanntschaft auf angenehmste Weise, und sie kann ihm ein paar Dinge über die Organisation von Joey Marks verklickern. Mit Hilfe der Metropolitan Police nimmt Bosch Luke Goshen hoch, verhört ihn, findet die Mutter von Layla und bringt Goshen nach L.A.

Doch dort gibt es ein böses Erwachen für Harry. Der Fall Aliso entpuppt sich als etwas ganz Anderes, als er und seine Vorgesetzte Lt. Grace Billets dachten. Die Bundespolizei hat ihre Finger drin. Als die Dienstaufsicht IAD herausbekommt, dass Bosch sich mit einer vorbestraften Verbrecherin eingelassen hat, legt sie ihm zusätzlich die Daumenschrauben an, um ihn endlich kleinzukriegen.

Wird ein Vietnamveteran wie Harry Bosch klein beigeben? Eher friert die Hölle zu. Seine von Billets insgeheim gedeckten Ermittlungen bringen noch einige Überraschungen ans Tageslicht. Der Fall Tony Aliso ist noch längst nicht abgeschlossen.

_Mein Eindruck_

Der Autor zeigt dem Leser und seinen Kollegen mal wieder, was eine Harke ist. Nach dem recht standardmäßig begonnenen Fall Aliso führt Connelly den Leser an der Nase herum, doch da ist es für diesen schon viel zu spät: Wir wollen jetzt genau wissen, was eigentlich genau dahinter steckt. Ich verrate nicht allzu viel, wenn ich sage, dass es sich um mindestens vier Ebenen handelt, auf denen der Fall abläuft. Der aufmerksame Leser sollte sich aber schon ganz am Anfang die Leute merken, die mit dem Fall zu tun haben. Sie tauchen garantiert wieder auf.

Um den Fall Aliso abzuschließen, gibt es ein Finale, das sich gewaschen hat und diese Bezeichnung vollauf verdient. Es ist bezeichnend für Connellys Haltung als ehemaliger Gerichtsreporter, dass er auch die angeblich „Bösen“ als Opfer, Verratene und Getriebene darstellt. Der Tod von Veronica Aliso ist nicht nur zwangsläufig notwendig, sondern hat auch tragische Größe. Zu einem gewissen Teil ist es unter anderem auch Boschs Schuld, dass es dazu gekommen ist. Hätte er seine Arbeit besser gemacht, hätte Veronica vielleicht nicht sterben müssen. Doch mit solchen Mutmaßungen über Mitschuld kann sich ein Polizist nicht lange aufhalten, sonst müsste er gleich den Dienst quittieren.

Die vielen Wendungen des Falls haben Connelly den Vorwurf eingetragen, er würde den Leser mit seinen Tricks überfordern. Dieser Vorwurf kommt mir sehr borniert vor. Denn genauso wie die so genannte „Wirklichkeit“ und erst recht die „Wahrheit“ aus jedem Blickwinkel ein anderes Aussehen annimmt, so verändert sich auch der Fall Aliso, je mehr Bosch hinter die Kulissen schauen. Schließlich ändert ja auch eine Sinfonie ihr Tempo und ihre Tonart von Satz zu Satz, mal von Allegro zu Adagio und Andante, bis der Schluss dann in ein mächtiges Finale mündet.

Der Originaltitel „Trunk music“ lässt sich auch auf den unterschiedlichen Verlauf der Ermittlungen anwenden. Der erste Akt des Falles verläuft nach Schema F, doch schon in Vegas beginnen die Variationen des Grundthemas. Das Thema der wiedergefundenen Liebe zu Eleanor Wish zieht sich von da ab bis zum Schluss durch die Handlung. Und jeder Satz weist ein anderes Tempo auf. Sehr gut gefiel mir beispielsweise, wie Harry herausfindet, an welcher Stelle des bekannten Mulholland Drive der oder die Täter Alisos Rolls-Royce stoppten und was dann geschah.

Im Unterholz stöbert Harry weiter und stößt auf das Nachtlager eines Obdachlosen namens George . George trägt die Klamotten des kürzlich verblichenen Tony Aliso. Interessant! Aber wo ist das Geld abgeblieben? In der schnurrigen Unterhaltung mit George erkennt Harry die Chance, wie er herausfinden kann, wo der Zaster ist. Ein Plan – eine Falle – und er braucht natürlich Georges Domizil, um die Falle aufzustellen … Dieses Scherzo hat ironischen Witz und besten Unterhaltungswert. Da gibt es einfach nichts zu meckern.

_Unterm Strich_

Dieser Roman ist zwischen „Der Poet“ (1996), dem größten Bestseller Connellys, und dem von Clint Eastwood verfilmten Krimi „Bloodwork“ angesiedelt. Schon wenig später erschien bei |Heyne| die Übersetzung. Das Veröffentlichungsdatum Oktober 2005 bezeichnet die neueste Wiederauflage.

Innerhalb der beliebten Harry-Bosch-Reihe Michael Connellys stellt das Buch einen recht hellen Kontrast zu all den düsteren anderen Bosch-Abenteuern dar, und zwar vor allem deshalb, weil hier Bosch über weite Strecken einfach nur glücklich ist: Er darf wieder Mordfälle lösen (er weiß, dass er bei Sexualverbrechen keinen Monat lang durchhalten würde) und seine Liebe zu Eleanor Wish erneuern. Ausgesöhnt mit der Welt, ist es ihm sogar schnurzpiepegal, dass sich Tony Alisos Millionen jetzt in den Händen einer jungen Frau befinden, die ihm am Strand von Honolulu über den Weg läuft. Er lässt den lieben Gott einen guten Mann sein und feiert seine Flitterwochen. Take it easy, baby!

|Originaltitel: Trunk music, 1997
427 Seiten
Aus dem US-Englischen von Norbert Puszkar|

Jussi Adler-Olsen: Erlösung. Flaschenpost von P. Sonderdezernat Q. Fall 03

Stimme aus der Vergangenheit
Nach Jahren auf einem schottischen Polizeirevier landet eine Flaschenpost aus Dänemark auf dem Schreibtisch von Kommissar Carl Mørck vom Sonderdezernat Q der Kopenhagener Mordkommission. Die Materialanalyse zeigt, dass, dass die Botschaft mit menschlichem Blut geschrieben wurde. Sie führt Carl Mørck und Assad auf die Spur eines entsetzlichen Verbrechens.

Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass es sich bei der Flaschenpost um das vermutlich letzte Lebenszeichen zweier Jungen handelt, die irgendwann in den neunziger Jahren entführt wurden. Doch wer sind die Jungen? Warum haben ihre Eltern nie eine Vermisstenanzeige aufgegeben? Sind diese Kinder die einzigen Opfer? Oder hat der Täter mehrmals zugeschlagen? Und: Mordet er womöglich immer noch? (gekürzte Verlagsinfo)
Jussi Adler-Olsen: Erlösung. Flaschenpost von P. Sonderdezernat Q. Fall 03 weiterlesen

Dark, Jason / Döring, Oliver – John Sinclair – Die Werwolf-Sippe (Folge 47)

_Die Kinder der Nacht: Familienfeier der Werwölfe_

Die Älteste des Wervolk-Clans prophezeit die Wiedervereinigung ihrer Sippe unter einer neuen Königin, die die Menschen das Fürchten lehren werde. Doch zuerst muss sie die junge Jovanka dem Blutritual unterziehen, das diese zur Werwölfin machen wird …

Die Story erschien erstmals als Band 173 der Bastei-Romanserie.

_Der Autor_

Der unter dem Pseudonym „Jason Dark“ arbeitende deutsche Autor Helmut Rellergerd ist der Schöpfer des Geisterjägers John Sinclair. Am 13. Juli 1973 eröffnete der Roman „Die Nacht des Hexers“ die neue Romanheft-Gruselserie „Gespenster-Krimi“ aus dem Hause Bastei. Inzwischen sind über 1700 John-Sinclair-Romane erschienen, die Gesamtauflage der Serie beträgt laut Verlag über 250 Millionen Exemplare.

_Die Inszenierung_

Frank Glaubrecht spricht den Geisterjäger himself und ist die deutsche Stimme von Al Pacino, Christopher Walken, Kevin Kostner, Jeremy Irons, Pierce Brosnan und vielen mehr.
Wolfgang Pampel, die deutsche Stimme von Harrison Ford, spricht den Erzähler.
Jane Collins: Franziska Pigulla, die deutsche Stimme von Gillian „Scully“ Anderson
Suko: Martin May
Bill Conolly: Detlef Bierstedt (George Clooney, Robert ‚Freddy Kruger‘ Englund)
Sheila Conolly: Daniela Hoffmann (Julia Roberts)
Sir James Powell: Karl-Heinz Tafel
Jovanka Vasely: Berenice Weichert (Anna ‚Rogue‘ Paquin, Scarlett Johansson)
Jurina Vasely: Marianne Rogée
Silva: Anke Reitzenstein (Whitney Houston, Jeri Ryan)
Lupina: Claudia Urbschat-Mingues (Angelina Jolie, Kristanna Loken)
Marcel Vendri: Peter Flechtner (Ben Affleck)
Al Astor: Jörg Doering (Colm Meaney)
Roland Foucert: Udo Schenk (Ray Liotta, Ralph Fiennes, Kevin Bacon, Gary Oldman …)
Margret Rutland: Marianne Groß (Gattin von Lutz Riedel; Angelica Huston, Cher)
Sue Rutland: Dascha Lehmann (Katie Holmes, Jennifer Love Hewitt)
Pfarrer: Bernd Rumpf (Liam Neeson, Alan Rickman)
Sowie Simon Jäger (Heath Ledger, Josh Hartnett, Matt Damon) und andere.

Der Produzent ist Oliver Döring, Jahrgang 1969, der seit 1992 ein gefragter Allrounder in der Medienbranche ist. „Als Autor, Regisseur und Produzent der John-Sinclair-Hörspiele hat er neue Maßstäbe in der Audio-Unterhaltung gesetzt und ‚Breitwandkino für den Kopf‘ geschaffen“, behauptet der Verlag. Immerhin: Dörings preisgekröntes Sinclair-Spezial-Hörspiel [„Der Anfang“ 1818 hielt sich nach Verlagsangaben wochenlang in den deutschen Charts.

Buch und Regie: Oliver Döring
Regieassistenz: Patrick Simon
Hörspielmusik: Christian Hagitte, Simon Bertling, Florian Göbels
Tontechnik: Arne Denneler
Schnittassistenz: Jennifer Keßler
Produktion: Alex Stelkens (|WortArt|) und Marc Sieper (|Lübbe Audio|)

_Handlung_

Dereinst werde eine neue Königin die verstreute Sippe der Werwölfe wieder vereinen und zu neuer Größe führen, prophezeit die alte Jurina Vasely. Jovanka, ihre Enkelin, brennt darauf, sich ihrem Volk endlich anschließen zu können und unterzieht sich dem Blutritual, das sie ebenfalls zur Werwölfin macht. Doch entsetzt muss sie erfahren, dass die Jäger sich bereits nähern und ihre Großmutter nicht vorhat, vor ihnen zu fliehen …

Die Jäger werden vom Pfarrer des nordfranzösischen Städtchens Gravelines angeführt. Er hat von einem Vorgänger eine Axt mit silberner, geweihter Schneide geerbt – ein geeignetes Instrument zur Vernichtung von Werwölfen und anderem Gelichter. Sie stoßen mitten im Wald auf einen verlassenen Planwagen und nähern sich ihm misstrauisch. Ein Wolf bricht daraus hervor, den die Silberaxt des Pfarrers jedoch sofort tötet. Aber wo ist der Rest der bestialischen Sippschaft? Die Suche geht weiter.

Jovanka folgt dem Auftrag ihrer Großmutter, ihre Schwester Silva und ihren Bruder Marcel zu suchen. Als einer der Jäger sie stellt, fällt es ihr leicht, ihn zu überwältigen und den ersten Blutdurst zu stillen. Schon bald ist sie in Gravelines, wo sie im Mädcheninternat ihren Bruder findet, der hier unter dem Namen Marcel Vendri als Lehrer arbeitet. Bedauerlicherweise erhebt bereits ein Menschenweibchen Anspruch auf ihn …

John Sinclair wird von seinem Mitarbeiter Bill Conolly angerufen. Bills Nachbarin Margret Rutledge mache sich Sorgen um ihre Tochter Sue, die sich in einem französischen Internat in Gravelines aufhalte. Doch in der Region Gravelines habe es in letzter Zeit einige grässliche Todesfälle gegeben, und die französischen Behörden fürchten, die legendäre „Bestie von Gévaudan“ sei zurückgekehrt. Gerüchten zufolge soll Sue ein Verhältnis zu ihrem Lehrer Marcel Vendri begonnen haben. Doch der betrüge sie mit einer anderen Frau.

Sheila Conolly zeigt John Sues Brief. Darin bezeichnet sie Lupina als die Geliebte ihres Lehrers. Bei diesem Namen klingeln bei John sämtliche Alarmglocken, denn er hatte selbst mal einige Begegnungen mit Lupina. Sue schreibt, dass sie fürchte, beim nächsten Vollmond werde es wieder Tote geben. John erkennt, dass er sich beeilen muss. Jane Collins, seine Freundin, besteht darauf mitzukommen, ganz besonders, wenn es um Frauen geht, die ihrem John in mancherlei Hinsicht gefährlich werden könnten.

Die beiden nehmen Suko mit und fahren mit der Kanalfähre nach Calais. Auf der Überfahrt haben sie eine denkwürdige Begegnung mit Silva Vasely, die mit ihrem Wanderzirkus von Wölfen unterwegs nach Gravelines ist. John erschießt einen der vermeintlich zahmen Wölfe, was ihm leider keine Sympathiepunkte einbringt.

Unterdessen hat sich in Sue Rutledge genügend Zorn angestaut, dass er sich entladen muss. Als sie ihren Geliebten Marcel eine junge Frau in seine Wohnung führen sieht, kocht der Zorn über. Sie wird ihm gehörig die Leviten lesen! Doch der Besuch bei Marcel erweist sich als alles andere als ein Triumph. Denn die beiden Turteltäubchen enthüllen Sue ihre wahre Natur …

_Mein Eindruck_

Dies ist die erste Hälfte des Doppelhörspiels um das Wiederauftauchen von Lupina in Gestalt von Jovanka Vasely. Man muss schon ein klein wenig mitdenken, um die Sprünge in der Handlungsführung nachvollziehen zu können: Lupina steigt nämlich urplötzlich aus der Versenkung auf. Keiner sagt uns, woher sie kommt, aber es ist anzunehmen, dass Marcel Vendri Bescheid weiß.

Jovanka, die Jungwerwölfin, muss erst einmal ihre Kräfte messen – und siehe da, sie ist weitaus stärker als jeder Mann. Wer hätte das gedacht? Na, jeder von uns! Schließlich kennen wir uns seit dem Spielfilm „Der Pakt der Wölfe“ bestens mit Werwölfen aus. Denken wir zumindest, denn wie sich herausstellt, geht es im Film um alles andere als um Werwölfe. Die „Wölfe“ sind ein Geheimbund, der den Umsturz der Regierung betreibt. Und seine Mitglieder wissen auch erotische Mittel wirkungsvoll einzusetzen.

Tatsächlich verknüpft der Autor „Jason Dark“ ebenfalls weibliche Erotik mit dem Werwolfmotiv. Er wertet die weiblichen Werwölfe, die im Vordergrund stehen, zu einer Art verführerischer Amazonen plus Bestie auf. Eine machtvolle Kombination, der sich im Verlauf der Doppelhandlung nur sehr wenige Figuren entgegenstellen können. Diesmal sind die Frauen eindeutig die dominanten Figuren, was sogar auf Jane zutrifft.

Die Männer sieht man ständig irgendwo gefesselt, gefangen, besoffen oder dem Wahnsinn nahe durch die Handlung taumeln. Kein besonders erbaulicher Werdegang für unsere männlichen Helden. Mit einer einzigen Ausnahme: der Pfarrer. Nur der Mann Gottes weiß den bestialischen Hybridfrauen etwas todsicher Wirkendes entgegenzusetzen: seine Silberaxt. An ihn wendet sich Jane Collins im zweiten Teil – und wird in ihrer Erwartung, dass er ihr gegen die Bestien hilft, nicht enttäuscht.

Auch John Sinclair ist an sich ein Mann Gottes, als „Sohn des Lichts“, doch er hat es ungleich schwerer als der Pfarrer, den Werwölfen zu zeigen, wo der Hammer bzw. das Silberkreuz Hesekiels hängt.

_Die Inszenierung_

Die Macher der „Geisterjäger“-Hörspiele suchen ihren Vorteil im zunehmend schärfer werdenden Wettbewerb der Hörbuchproduktionen offensichtlich darin, dass sie dem Zuhörer nicht nur spannende Gruselunterhaltung bieten, sondern ihm dabei auch noch das Gefühl geben, in einem Film voller Hollywoodstars zu sitzen. Allerdings darf sich niemand auf vergangenen Lorbeeren ausruhen: Bloßes Namedropping zieht nicht, und So-tun-als-ob ebenfalls nicht.

Die Sprecher, die vom Starruhm der synchronisierten Vorbilder zehren, müssen selbst ebenfalls ihre erworbenen Sprechfähigkeiten in die Waagschale werfen. Zum Glück machen Pigulla, Bierstedt, Glaubrecht und Co. dies in hervorragender und glaubwürdiger Weise. Statt gewisse Anfänger zu engagieren, die mangels Erfahrung bei den zahlreichen emotionalen Szenen unter- oder übertreiben könnten, beruht der Erfolg dieser Hörspielreihe ganz wesentlich darauf, dass hier zumeist langjährige Profis mit schlafwandlerischer Sicherheit ihre Sätze vorzutragen wissen.

Übertriebene Ausdrucksweisen heben die Figuren in den Bereich von Games- und Comicfiguren. Das kann bei jugendlichen Hörern ein Vorteil sein. Die Figuren schreien wütend, fauchen hasserfüllt oder lachen hämisch. Den Dialog macht stellenweise der Einsatz von Stimmfiltern abwechslungsreicher, insbesondere beim Einsatz moderner Kommunikationsmittel wie etwa Funkgeräten oder Mobiltelefonen.

|Geräusche|

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem halbwegs realistischen Genre-Spielfilm erwarten würde, und die Geräuschkulisse wird in manchen Schlüsselszenen recht stimmungsvoll aufgebaut. Diesmal herrschen die Geräusche vor, die man im Umfeld von Wäldern und Wölfen zu hören erwartet. Die Geräuschkulisse ist erstaunlich realistisch, wirkt aber nie überladen, sondern stets erscheinen die Geräusche als notwendig. Ein Markenzeichen der Serie sind Schüsse und Funkdurchsagen. Von beidem gibt es stets jede Menge. Und viel spritzendes Blut … Deshalb ist dieses Hörspiel erst ab 16 Jahren zu empfehlen.

|Musik|

Die Musik gibt ziemlich genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und leitet in den kurzen Pausen bzw. Übergängen gleich zur nächsten Szene über. Sie wurde von einem Orchester eingespielt, und so entsteht der Eindruck, die Begleitmusik zu einem alten Hollywood- oder British Horror Movie zu hören. Die Titelmelodie der Serie erschallt in Intro und Outro in einem hämmernden Rock-Rhythmus aus den Lautsprecherboxen, den ich sehr sympathisch fand.

Musik, Geräusche und Stimmen wurde so fein aufeinander abgestimmt, dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Dabei stehen die Dialoge natürlich immer im Vordergrund, damit der Hörer jede Silbe genau hören kann. An keiner Stelle wird der Dialog irgendwie verdeckt.

|Das Booklet|

… enthält im Innenteil Angaben über die zahlreichen Sprecher und die Macher. Der Verlag empfiehlt sein Werk ab 16 Jahren. Ausdrücklich steht „Hörspiel für Erwachsene“ auf dem Cover.

_Unterm Strich_

Das Erwachen Jovankas zur Werwölfin erinnerte mich an den Werdegang von Vampira, die ja achtmal die Hauptfigur in einer Lübbe’schen Hörspielserie war. Lupina, deren Herkunft nicht erklärt wird, ist ebenfalls eine Überfrau und wie Vampira dämonisiert bis zum Gehtnichtmehr. Sie ist die starke, verführerische Amazone, die die Männer reihenweise umhaut und, ähem, verschlingt. Dass sie auch ein Liebesleben haben könnte, wird allerdings nur dezent angedeutet. Als sich Marcels Geliebte Sue zwischen das inzestuöse Pärchen aus Brüderlein und Schwesterlein drängt, um alte Rechte anzumelden, zieht Sue leider den Kürzeren.

Johns Begegnung mit Silva Vasely und ihrem Wanderzirkus – aus Wölfen!? – deutet symbolisch bereits die sehr viel gefährlichere Begegnung mit den Werwölfen an, die John im 2. Teil haben wird. Allerdings sollte sich John ein wenig wundern, was diese Frau ausgerechnet mit Wölfen zu tun hat. Ihr Wanderzirkus dient nämlich nur der Tarnung. Für was, erfahrt ihr im 2. Teil.

Auch jungen Menschen ab 16 Jahren, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert und die Stimmen der Hollywoodstars vermitteln das richtige Kino-Feeling. Die Action kommt niemals zu kurz, was die Game-Freunde doch einigermaßen zufriedenstellen sollte. Nur: Auf das Ballern und Blutspritzen sollte man immer gefasst sein.

|47 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3782-8|
http://www.sinclairhoerspiele.de
http://www.luebbe-audio.de
http://www.wortart.de

_|Geisterjäger John Sinclair| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Anfang“ 1818 (Die Nacht des Hexers: SE01)
[„Der Pfähler“ 2019 (SE02)
[„John Sinclair – Die Comedy“ 3564
[„Im Nachtclub der Vampire“ 2078 (Folge 1)
[„Die Totenkopf-Insel“ 2048 (Folge 2)
[„Achterbahn ins Jenseits“ 2155 (Folge 3)
[„Damona, Dienerin des Satans“ 2460 (Folge 4)
[„Der Mörder mit dem Januskopf“ 2471 (Folge 5)
[„Schach mit dem Dämon“ 2534 (Folge 6)
[„Die Eisvampire“ 2108 (Folge 33)
[„Mr. Mondos Monster“ 2154 (Folge 34, Teil 1)
[„Königin der Wölfe“ 2953 (Folge 35, Teil 2)
[„Der Todesnebel“ 2858 (Folge 36)
[„Dr. Tods Horror-Insel“ 4000 (Folge 37)
[„Im Land des Vampirs“ 4021 (Folge 38)
[„Schreie in der Horror-Gruft“ 4435 (Folge 39)
[„Mein Todesurteil“ 4455 (Folge 40)
[„Die Schöne aus dem Totenreich“ 4516 (Folge 41)
[„Blutiger Halloween“ 4478 (Folge 42)
[„Ich flog in die Todeswolke“ 5008 (Folge 43)
[„Das Elixier des Teufels“ 5092 (Folge 44)
[„Die Teufelsuhr“ 5187 (Folge 45)
[„Myxins Entführung“ 5234 (Folge 46)
[„John Sinclair: Remastered-Box 1“ 5656
[„Die Rückkehr des schwarzen Tods“ 3473 (Buch)

Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter / Sieper, Marc – Durst! (Offenbarung 23, Folge 15)

_In Berliner Unterwelten: Ausbeuter und Vampire_

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätselt wird gelöst.

Warum trug der 1998 verstorbene Berliner Hacker Tron ein Schmuckstück in Form eines „Wassermanns“, wo er selbst doch im Sternzeichen der Zwillinge geboren war? Hat das etwas mit seiner einstigen Expedition in die Berliner Unterwelten zu tun – mit den Resten der vergangenen Stadt „Germania“? Was der Student Georg Brand bei seiner Spurensuche dort unten entdeckt, lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren. Und macht ihn zum Spielball mächtiger Industrieunternehmen, die das wichtigste Lebensmittel der Welt unter ihre Kontrolle bringen wollen: Wasser …

_Der Autor_

Jan Gaspard ist ein Pseudonym. Der reale Mensch hat immerhin eine Mailadresse – das ist doch schon mal was. Laut Verlag soll der Rechercheur für Unternehmer wie Axel Springer, Ross Perot, Rupert Murdoch und sogar Dick Cheney gearbeitet haben. Wer’s glaubt, sollte ihn engagieren. Er zeichnet für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich.

Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von |LPL records|. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern. Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen.

1. Staffel von „Offenbarung 23“:
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

2. Staffel:
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

3. Staffel:
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

4. Staffel:
13) [Das Wissen der Menschheit 3885
14) [Das Bernsteinzimmer 3887
15) Durst!
16) Krauts und Rüben

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de und http://www.vertraue-niemandem.net

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause |LPL records| kennt. Als da wären:

David Nathan spricht die Hauptfigur Georg Brand alias T-Rex und klingt wie Johnny Depp.
Marie Bierstedt spricht Tatjana Junk alias Nolo, die Freundin von „Tron“, und klingt wie Kirsten Dunst, Kate Beckinsale oder Natalie Portman.
Dagmar Berghoff spricht eine Nachrichtensprecherin und klingt wie Dagmar Berghoff (logo!).
Dietmar Wunder spricht T-Rex‘ besten Kumpel Kim Schmittke und klingt wie Cuba Gooding jr. oder Adam Sandler.
Wille Behm: Klaus-Dieter Klebsch klingt nach Alec Baldwin oder Gabriel Byrne.
Sigi Marggraf: Norman Matt klingt wie Cillian Murphy oder Jonathan Rhys-Meyers.
Detlef Bierstedt spricht den Reporter Kai Sickmann und klingt wie George Clooney.
Benjamin Völz spricht Tron alias Boris F. und klingt wie Keanu Reeves oder James Spader.
Friedrich Schoenfelder spricht die „Stimme der Wahrheit“ und klingt wie David Niven.
Helmut Krauss ist der Erzähler und hört sich verdächtig nach Marlon Brando oder Samuel L. Jackson an.

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“, und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo ihrem Freund Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen.

_Handlung_

Der PROLOG versetzt uns in eine allseits bekannte Vampirszenerie. Der Obervampir begrüßt seine „Kinder der Nacht“ und bittet sie, den edlen „roten Trank“ zu genießen, von dem wir bereits ahnen, um was es sich handelt. Der Obermacker begrüßt sodann die Abgesandten des wahren Herrschers der Welt, wer auch immer das sein mag. Schließlich eröffnet er den „danse noir“. Das Fest kann beginnen. Insgeheim jedoch schickt er seinen „Ritter“ Marggraf aus, um das prophezeite „Kind des großen Nichts“ zu schützen …

Die Nachrichtensprecherin Dagmar Berghoff berichtet, dass der Rohstoff Wasser immer wertvoller wird und der Bedarf der Menschheit pro Jahr um 2 bis 3 Prozent steige. Berechnungen hätten ergeben, dass im Jahr 2025 ein Drittel der Menschheit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser mehr hätte.

Georg Brand ist immer noch bei seiner Freundin Nolo und futtert ihre schmackhaften Spaghetti. Er wusste bislang nicht, dass man Basilikum als Aufputschmittel verwenden kann. Als er sich in den Finger schneidet, lutscht sie das Blut genüsslich ab, so dass er auf dumme Gedanken kommt. Ist Nolo eine Kräuterhexe oder gar ein Vampir?

Als er sie nach der Herkunft ihres Bernsteinanhängers fragt, antwortet sie, Tron, ihr Ex, habe ihn vom „Verein Berliner Unterwelten“ bekommen, d. h. er fand ihn auf einer der geführten Exkursionen, die der Verein anbietet, und zwar in einem alten Bunker. Berlin ist übersät mit Bunkern aus dem letzten Weltkrieg. Georg ist fasziniert von der Idee, seinem Vorbild nachzueifern und schlägt eine solche Exkursion vor. Nolo stimmt zu. Sie ist ebenfalls neugierig, was es in der Tiefe zu finden gibt.

Als im Museum des Vereins ihr Führer Wille Behm auftaucht, können sie endlich losmarschieren. Die U-Bahn rumpelt unweit durch die Tunnel, und auch das alte „Germania“, Hitlers geplante Welthauptstadt, ist in Resten zu besichtigen. Wie sich herausstellt, kannte Behm auch Tron und erzählt, dass sich der Hacker Sorgen machte wegen der Privatisierung der Berliner Wasserwerke, die kurz nach seinem Tod im Jahr 1999 erfolgte. Seitdem seien die Wasserpreise um rund 30 Prozent gestiegen, berichtet Behm. Steht dies in Zusammenhang mit dem Wassermann-Zeichen auf Nolos Bernsteinmedaillon? Denn Trons eigenes Sternzeichen waren die Zwillinge.

Die Führung endet in Raum Nr. 23. Sofort denkt Georg an den gleichnamigen Film über den Hacker Karl Koch. Ein Omen? Das Licht geht aus! Behm und Nolo verschwinden! Ein grünlich phosphoreszierendes Licht erscheint und jagt Georg Angst ein. In diesem Licht sieht Behm aus wie ein Vampir. Dann rennt Georg auf das Licht zu – und voll in eine Mauer. Jetzt wird’s wirklich zappenduster …

_Mein Eindruck_

Die Unterwelt ist nur ein thematischer Ausgangspunkt für die beiden Hauptthemen, die daran angeknüpft werden, aber zugegebenermaßen ein spannender und unheimlicher. Daher passt er zum Thema, das bereits im Prolog angeschnitten wird: Vampirismus. Die Frage ist natürlich: Gibt es wirklich Vampire, und wenn ja, worin besteht dann ihr Vampirismus? Glauben die Leute wie der Obervampir und sein Abgesandter Marggraf nur, dass sie Vampire sind, und sind in Wahrheit etwas anderes, nämlich Opfer einer Krankheit? All dies wird im Verlauf der verschlungenen weiteren Handlung erörtert und zu einem gewissen Grad aufgeklärt.

Das zweite Hauptthema hat Wille Behm bereits angesprochen: Wasser. Es wird immer teurer. Aber warum nur – fällt es doch fast jeden Tag kostenlos vom Himmel. Doch Tron hat die Zeichen der Zeit erkannt: Die Privatisierung der Wasserwerke in London und Berlin hat den Wasserpreis in die Höhe getrieben. Und was das Perfide daran ist: Die Verluste, welche die neuen Eigentümer der Wasserwerke bei der Instandhaltung des Netzes angeblich machen, müssen aus dem Säckel des Steuerzahlers ausgeglichen werden. Dabei streichen die Eigentümer eine Rendite von 8 Prozent im Jahr ein. Unsereins zahlt also zweimal: erstens fürs kostbare Nass und zweitens für die Verteiler desselben. Wir bescheißen uns also selbst. Das ist eine der interessantesten Aussagen der gesamten Serie und wirklich einer Recherche wert.

Auf praktisch jeder Flasche Mineralwasser steht, dass dieses Wasser „enteisent“ wurde. Der Grund, so erfährt Georg vom Reporter Sickmann, ist der angeblich schlechte Geschmack des Eisens, aber vor allem dessen rötliche Farbe. Diese Farbe erinnert nicht von ungefähr an menschliches Blut, denn erst durch den Eisengehalt in den Blutkörperchen, dem Hämoglobin, werden diese rot gefärbt. Das Hämoglobin ist für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich.

Was aber passiert bei Anämie? Bei den davon betroffenen Kranken mangelt es am Hämoglobin und sie sehen bleich aus – wie Vampire. Durch Zufuhr gesunden Blutes könnte dieser Mangel ausgeglichen werden, glauben Mediziner und „Vampire“. Siehe dazu den PROLOG. Dass Vampire Bluttrinker sind, hängt einfach nur mit ihrer Anämie zusammen. Doch woher rührt die Anämie, will Georg wissen. Tja, teils von der Stoffwechselkrankheit Porphyrie, die von Bleivergiftung herrührt, Blei, wie es früher in alten Wasserleitungen verwendet wurde und zu Hämoglobinmangel führte. Aber warum nicht auch von der Enteisenung des Wassers, antwortet Sickmann, denn die Wirkung ist die gleiche.

Fazit: Das Wasser, das uns die Wasserkonzerne wie RWE noch zukommen lassen, ist so enteisent, dass es uns zu „Vampiren“ macht. Und der daraus resultierende Sauerstoffmangel macht uns dumm. Was den Mächtigen der Welt vielleicht nicht unrecht ist, um uns besser beherrschen und lenken zu können. Und Dumme kaufen jede Menge Sachen, die sie nicht brauchen, und glauben Dinge, die barer Unsinn sind. Bereits anderthalb Menschen leiden an Eisenmangel, behauptet Wille Behm. Und es werden täglich mehr. Warum und wozu? Georg will es herausfinden.

Und wer nun wissen möchte, wo die gute Nolo abgeblieben ist, muss das Hörspiel schon selbst anhören.

_Unterm Strich_

Das 74 Minuten lange Hörspiel hat mich auf weite Strecken recht gut unterhalten und informiert, und ich fand die Lösung auf das Rätsel der Vampire nicht nur interessant, sondern sogar einleuchtend. Da könnte man glatt Verfolgungswahn bekommen. Und ich höre schon den Slogan der Serie im Ohr: „Es ist alles wahr!“ Diesmal gibt es sogar so etwas wie Action und Horror. Man bleibt aber doch ziemlich auf dem Teppich und steigt nicht in Horrormythen ein, wie es die |Lübbe-Audio|-Serie „Vampira“ tun darf.

|74 Minuten auf 1 CD|
http://www.lpl.de
http://www.offenbarung-23.de
http://www.luebbe-audio.de

John Brunner – Die Dramaturgisten von Yan

Der Weltuntergang als globales Kunstwerk

„Dramaturgisten sind Künstler und Schausteller ganz besonderer Art. Die Schauspiele, die sie aufführen, und die Kulissen, die sie schaffen, geben den Zuschauern das Gefühl, aktiv am Geschehen teilzunehmen …und wer auch immer die wunderbaren Standbilder auf dem Planeten Yan geschaffen hat, muss ein meisterlicher Dramaturgist gewesen sein. Die Herkunft dieser Kunstwerke zu erforschen, ist die Aufgabe der kleinen Kolonie Erdenbewohner. die sich auf Yan niedergelassen hat.

Doch erst als Gregory Chart auftaucht, der berühmteste Dramaturgist der Galaxis, und beschließt, ein spektakuläres Schauspiel aufzuführen, gewinnt die Aufklärung des Rätsels der Standbilder eine immense Bedeutung. Welches Drama findet auf Yan wirklich statt – dieses Schauspiel am Himmel oder die Krise, die sich auf der Oberfläche des Planeten anbahnt?“ (Verlagsinfo)
John Brunner – Die Dramaturgisten von Yan weiterlesen

John Brunner – Von diesem Tage an. Erzählungen

Science-Fiction-Erzählungen: einfallsreich und bissig

Dieser Story-Band versammelt John Brunners Erzählungen aus der Zeit von 1955 bis 1972. Sie belegen seine Vielseitigkeit und seinen Einfallsreichtum in den Genres Science Fiction, Fantasy, Phantastik und Lyrik.
Die Anthologie eignet sich einerseits für Leser, die gute phantastische Erzählungen suchen, andererseits für Leser, die Science Fiction und John Brunner aus dem Effeff kennen und ihre Kenntnisse vertiefen wollen.

„Alle diese Geschichten handeln von Menschen – Individuen oder Gruppen-, die sich plötzlich mit der Zukunft konfrontiert sehen, die sie packt wie der Stahlbügel einer Falle… oder einen Weg vor ihnen aufzeigt, dem sie folgen, bis es zu spät ist, ihn zu verlassen… oder ihnen lediglich ein Leben entwirft, das von hoffnungsloser Resignation gefärbt ist. Die Zukunft lauert im Hinterhalt. Und wo befindet sich dieser Hinterhalt? Welche Frage! – In der Gegenwart. “ John Brunner (zit. nach Amazon.de)
John Brunner – Von diesem Tage an. Erzählungen weiterlesen

Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter / Sieper, Marc – Bernsteinzimmer, Das (Offenbarung 23, Folge 14)

_Das Geheimnis der Sonnensteine_

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätselt wird gelöst.

Es gilt als das achte Weltwunder, das Bernsteinzimmer, das einst im Jahre 1716 vom preußischen König Friedrich Wilhelm I. an den russischen Zaren Peter den Großen verschenkt wurde. In den Wirren des 2. Weltkriegs verschwand es. Seitdem läuft eine abenteuerliche und groteske Schatzsuche nach dem wertvollsten Kunstwerk der Menschheit. Längst ist das Zimmer rekonstruiert, doch die Suche nach dem Original geht weiter. Georg Brand macht sich auf den Weg nach Königsberg, um die Frage zu beantworten, was wirklich hinter dem Mythos der legendären „Brennsteine“ der Alten steckt.

_Der Autor_

Jan Gaspard ist ein Pseudonym. Der reale Mensch hat immerhin eine Mailadresse – das ist doch schon mal was. Laut Verlag soll der Rechercheur für Unternehmer wie Axel Springer, Ross Perot, Rupert Murdoch und sogar Dick Cheney gearbeitet haben. Wer’s glaubt, sollte ihn engagieren. Er zeichnet für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich.

Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von |LPL records|. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern. Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen.

1. Staffel von „Offenbarung 23“:
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

2. Staffel:
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

3. Staffel:
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

4. Staffel:
13) [Das Wissen der Menschheit 3885
14) Das Bernsteinzimmer
15) Durst!
16) Krauts und Rüben

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de und http://www.vertraue-niemandem.net

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause |LPL records| kennt. Als da wären:

David Nathan spricht die Hauptfigur Georg Brand alias T-Rex und klingt wie Johnny Depp.
Marie Bierstedt spricht Tatjana Junk alias Nolo, die Freundin von „Tron“, und klingt wie Kirsten Dunst („Spider-Man“), Kate Beckinsale oder Natalie Portman.
Dagmar Berghoff spricht eine Nachrichtensprecherin und klingt wie Dagmar Berghoff (logo!).
Dietmar Wunder spricht T-Rex‘ besten Kumpel Kim Schmittke und klingt wie Cuba Gooding jr. bzw. Adam Sandler.
Lutz Mackensy spricht Saint Clair und klingt nach Al Pacino, Stanley Tucci oder Jonathan Price.
Björn Schalla spricht Gennadi A. Solnzekow und klingt nach Sean William Scott.
Detlef Bierstedt spricht den Reporter Kai Sickmann und klingt wie George Clooney.
Benjamin Völz spricht Tron alias Boris F. und klingt wie Keanu Reeves oder James Spader.
Friedrich Schoenfelder spricht die „Stimme der Wahrheit“ und klingt wie David Niven oder Vincent Price.
Helmut Krauss ist der Erzähler und hört sich verdächtig nach Marlon Brando oder Samuel L. Jackson an.

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“ und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen.

_Handlung_

Nach ihrem Erlebnis in Schottland finden Georg Brand und sein Kumpel Kim Schmittke auch im heimatlichen Berlin die Spur von Rittern, seien sie nun vom Templerorden wie in Schottland oder vom Orden der Deutschritter. In Ortsbezeichnungen wie Tempelhof und Kreuzberg sind noch ihre Spuren bis heute abzulesen. Es gebe sogar einen Templerverein in Berlin, der echte Rüstungen trage, weiß Kim. Doch als ein paar Finsterlinge Georg direkt am Flugfeld packen und in Gewahrsam nehmen, ist Schluss mit lustig!

Die Nachrichtensprecherin Dagmar Berghoff berichtet am 31. Mai 2003 von der Eröffnung des rekonstruierten Bernsteinzimmers, das der Öffentlichkeit übergeben wird. Es entstand Anfang des 18. Jahrhunderts in der alten Hauptstadt Preußens, Königsberg, und wurde 1716 vom König Friedrich Wilhelm I. dem russischen Zaren Peter dem Großen zum Geschenk gemacht. Im Austausch bekam der Preußenkönig 55 „Lange Kerls“ aus St. Petersburg. Da das Bernsteinzimmer in den Bombennächten des 2. Weltkriegs verschwand, fragt sich die Fachwelt, wo sich das bedeutendste Kunstwerk Mitteleuropas heute befindet.

Ein Mann namens Gennadi A. Solnzekow (abgekürzt G.A.S.) begrüßt den wieder befreiten Georg und bezeichnet sich als Angehörigen des russischen Geheimdienstes GRU und Leutnant der Roten Armee. Sie befinden sich zur Georgs Überraschung mitten im rekonstruierten Bernsteinzimmer. Der herrliche rötliche Glanz der Bernsteinmosaiken führt Georg vor Augen, um was es Solnzekow geht. Georg soll für ihn das echte Bernsteinzimmer finden. Aber wo? Natürlich in Königsberg, wo sonst?

In dem heutigen Kaliningrad, einer russischen Exklave zwischen Polen und Litauen, steigt Georg aus dem Zug. Den Fahrschein hat er bei Trons Exfreundin Tatjana Junk gelöst, die ihm eine weitere Tron-Chiffre zeigte: einen Bernstein-Anhänger mit dem Zeichen des Wassermanns. Georg schaut sich auf dem Bahnhofsvorplatz um, und wer läuft ihm über den Weg? Natürlich St. Clair, der schottische Tempelritter, der Hüter des Wissens der Menschheit. Er nennt Georg halb im Scherz, halb im Ernst „Hermes Trismegistos“. Und Georg erinnert sich an seine bemerkenswerte Show als Hermes in Roslyn Castle.

St. Clair betätigt sich mal wieder als Führer durch die Vergangenheit. Das Königsberger Schloss wurde zwar von den Sowjets 1967 gesprengt, aber ein Turm, der dem Donnergott der Germanen (Donar) gewidmet ist, steht immer noch. Darin zeigt eine Ausstellung wertvolle Juwelen, darunter auch Bernsteine. An der ganzen Ostseeküste wurden diese edlen Steine gefunden, und da der Orden der Deutschritter, der in Königsberg seinen Sitz hatte, das Monopol auf das „Gold der Ostsee“ hatte, wurde er sehr reich. Aus dem Orden gingen die Preußen und daraus wiederum das Deutsche Reich hervor. Das Monopol endete erst 1945.

Aber wo ist denn nun das verschwundene Bernsteinzimmer, will Georg wissen. St. Clair kann ihm nur raten, wieder in Berlin zu suchen. Die Spur führt zu Tatjana und Leutnant Solnzekow zurück, die eine ganz besondere Beziehung verbindet …

_Mein Eindruck_

Auch diese Episode versucht ein wenig Licht auf ein Geheimnis der Menschheit zu werfen, doch zunächst kommt uns das Bernsteinzimmer vielleicht ein wenig zu banal dafür vor. Was soll so besonders an versteinertem Harz sein? Doch offenbar handelt es sich erstens um eine einst ziemlich wertvolle Währung, zweitens wurden die „Sonnensteine“ mit mystischen Kräften ausgestattet und entsprechend verehrt. Drittens hat Bernstein auch noch medizinische Eigenschaften, wenn man ihn erhitzt – es entsteht Kolophonium.

Doch die Offenbarungs-Serie begnügt sich meist nicht mit diesem Niveau von schulgemäßer Aufklärung, denn die Drahtzieher der Geschehnisse um Georg, wie etwa St. Clair, haben für ihn eine besondere Rolle vorgesehen. Die Bühne für diese Rolle ist nichts Geringeres als die Weltpolitik. Wer das nicht glaubt, solle das Hörspiel „Machiavelli“ anhören, das außerhalb der Serie steht. Was aber hat dann das Bernsteinzimmer mit Weltpolitik zu tun? Die Antwort liegt bei den Russen. Schließlich wird Georg von einem angeblichen Russen auf die Suche geschickt. Was Georg findet bzw. von den Russen erzählt bekommt, ergibt jedoch nur weitere Widersprüche.

Wenn die Russen nicht wollen, dass das deutsche Nationalgefühl, das sich angeblich im Bernsteinzimmer manifestiert (siehe Preußen und Deutsches Reich), wieder erwacht, warum übergaben sie dann anno 2003 eine Kopie des Kunstwerks an die Deutschen? Man könnte verstehen, wenn sie das Original zurückhalten. Wollen sie die Deutschen verspotten?

Aber dann wird angedeutet, dass es sich bei der Kopie vielleicht doch um das verloren geglaubte Original handeln könnte, nach dem Poe’schen Prinzip, dass man etwas Gesuchtes am besten dort versteckt, wo es jeder sehen kann (vgl. Poes „The purloined letter“). Jeder Besucher der Ausstellung denkt also, es handle sich nur um eine Kopie, doch es ist in Wahrheit das Original. Und da dessen Pflege und Wartung (Steine sind zu ersetzen) teuer ist, haben sich die Russen sowohl einen Kostenfaktor vom Hals geschafft als auch einen politischen Gegner verspottet. Und angeblich einen Krieg verhindert.

Das klingt ja ganz nett, aber höchst unglaubwürdig. Ungefähr so wie die Theorie, die „Titanic“ sei versenkt worden, um die Versicherung zu kassieren. Aber immerhin lernt der Hörer etwas über den GRU, der fünfmal so groß wie der KGB sein soll und offenbar alle wirklich wichtigen Vorgänge in Russland steuert. Außerdem gibt’s mal wieder Geschichtsunterricht.

Diese Episode greift das Motiv des Wassermanns wieder auf, das im Tarot-Orakel Saint Clairs auf Roslyn Castle auftauchte und für Georg Brand besondere Bedeutung hat. Der Wassermann scheint in Nolos Bernstein-Anhänger eingraviert zu sein. Dass Nolo für Georg eine besondere Bedeutung hat, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Dass sie aber aus Samarkand stammt, der Stadt der Scheherazade, war mir neu und überraschte mich.

Natürlich sind wir jetzt rasend neugierig darauf zu erfahren, wer Nolos Adoptiveltern waren und wie es ihr gelang, von Samarkand nach Berlin zu gelangen, wo sie nun mit Georg Spaghetti kocht.

_Unterm Strich_

Das 70 Minuten lange Hörspiel hat mich auf weite Strecken relativ gut unterhalten, bis auf die ewigen Geschichtsstunden mit Saint Clair. Lustig fand ich ja, dass die Initialen des Leutnant Solnzekow das Wort G.A.S. ergeben. Das hat doch sicher etwas zu bedeuten, oder?! Oder nicht?

Es ist von |Lübbe| und |LPL records| gewohnt sorgfältig produziert worden und ich habe an der Technik nichts auszusetzen. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der gewohnt trivialen Handlung etwas Filmglamour. Die Episode endet mit einer relativ romantischen Szene, die aber dann doch eine faustdicke Pointe bereithält. Also nicht vorzeitig abschalten!

|70 Minuten auf 1 CD|
http://www.lpl.de
http://www.offenbarung-23.de
http://www.luebbe-audio.de

Joachim Zelter – Die Lieb-Haberin. Roman

Der Zauberlehrling und seine Geliebte

Dies ist die Geschichte eines eitlen Mannes, der die Geister, die er rief, nun nicht mehr los wird. Er hat sich eine nette Geliebte für nebenher gewünscht, doch bekommt er weitaus mehr: Sie liebt und ihn hält ihn, bis ihre Vorstellung von der Realität seine bezwingt. Der Verlag DVA würde diese Story gerne als Variation auf „Romeo und Julia“ verkaufen, doch ich sehe das Buch als frivole Variante des „Zauberlehrlings“.
Joachim Zelter – Die Lieb-Haberin. Roman weiterlesen

John Brunner – Die Gussform der Zeit. SF-Roman

Evolution im Schnellvorlauf: Käfer zu den Sternen!

Dies ist eine Art galaktischer Abenteuerroman plus Utopie, doch diesmal sind die Helden insektenartige Aliens. Sie stammen von räuberischen Baumbewohnern ab und haben eine Zivilisation entwickelt, deren Technik vor allem auf der Beherrschung und Manipulation von Organismen beruht – unerlässlich in einer Welt, in der es kaum Metalle gibt.

Als ihr Sonnensystem einen Spiralarm der Galaxis passiert, der vollgepackt ist mit interstellarer Materie, beginnt sich ihre Welt zu verändern: Eiszeiten wechseln mit Hitzeperioden; Meteore verwüsten das Land und verursachen gigantische Flutwellen; immer mehr Mutationen treten auf. Doch das Leben passt sich ebenso an wie die Zivilisation. Sie wird verformt und verändert, kämpft um ihr Überleben und um ihre Traditionen und macht die schmerzhafte Erfahrung, dass nichts das Schicksal der Welt und ihrer Bewohner nachhaltiger bestimmt als die Gussform der Zeit. (Verlagsinfo)
John Brunner – Die Gussform der Zeit. SF-Roman weiterlesen

David Baldacci – Das Versprechen (Lesung)

Nach einem schweren Autounfall verlieren die 12-jährige Lou und der siebenjährige Oz ihren Vater, während ihre Mutter für immer im Koma zu liegen scheint. Sie müssen von der Großstadt nach Virginia in die Berge ziehen, wo sie bei ihrer Urgroßmutter leben können. Doch auch dort ist das Leben keineswegs einfach und sicher. Die Bergbaugesellschaft will die Familie von ihrem angestammten Land vertreiben. Nur das Gewinnen eines Prozesses könnte die Rettung bringen.

_Der Autor_

David Baldacci ist der Verfasser u. a. von „Der Präsident“, das Clint Eastwood unter dem Titel „Absolute Power“ verfilmt hat. Der frühere Strafverteidiger und Wirtschaftsjurist lebt in Virginia, USA.

Weitere Baldacci-Hörfassungen bei Lübbe: „Das Labyrinth“, „Der Abgrund“, „Die Versuchung“, „Die Verschwörung“ und „Die Wahrheit“, „Im Bruchteil der Sekunde“ (September 2004).

_Die Sprecherin_

Franziska Pigulla, die deutsche Stimme von Akte-X-Star Gillian Anderson („Scully“), hat u. a. mit Joachim Kerzel Ken Folletts Hörbuch „Die Leopardin“ gesprochen. Ihre Tonaufnahme ist von erstaunlicher Präsenz und sehr klar. Sie verfügt über ein beeindruckendes Gespür für Dramatik: Ganz gleich, ob sie sanft und weich Liebeserklärungen haucht, mit knurrendem Grollen droht oder mit größter Lautstärke Befehle oder Flüche brüllt – stets kommt sie völlig glaubwürdig und lebendig herüber.

_Handlung_

Die junge Lou Cardinal glaubt nicht mehr an Wunder, seit sie ihren Vater Jack bei einem Autounfall verloren hat und ihre Mutter Amanda nach Wochen noch immer im Wachkoma liegt. Auf der Farm ihrer Urgroßmutter Louisa May Cardinal in den Bergen von Virginia finden sie und ihr jüngerer Bruder Oz ein neues Zuhause. Hier, in der Einsamkeit des Appalachen-Gebirges, lernen die Geschwister, was es heißt, um sein Glück zu kämpfen – und die Hoffnung nie aufzugeben.

Die beiden Stadtkinder aus New York City müssen erst einmal lernen, ohne Strom, Innenklo und fließendes Wasser im Haus auszukommen: Louisa Mays Bauernhof ist technisch auf dem Stand des 19. Jahrhunderts. Immerhin hilft ihn ein Farbiger namens Eugene, und mit dem Nachbarsjungen Jimmy „Diamond“ Skinner können sie spielen und die Gegend erforschen. Dies ist das Land, in dem ihr Vater aufwuchs, bevor er in die Stadt ging. Skinner zeigt ihnen den schönsten Wasserfall der Welt.

Cotton Longfellow ist Oma Louisas Anwalt, allerdings lebt er in Dickens, der Stadt unten im Tal. Während die beiden Kinder dort in die Einheitsschule gehen müssen, kümmert er sich um die geistig abwesende, aber sonst gesunde Mutter der Kinder, Amanda Cardinal: Er liest ihr Bücher vor. Als die Kinder der Einheimischen Oz verprügeln wollen, verhaut Lou deren Anführer, einen Jungen namens Billy Davis. Doch Davis kann nichts dafür, dass er so aggressiv ist, denn sein Vater George, Louisas Nachbar, lässt seine ganze Großfamilie lieber hungern als mal von seiner Arbeit abzulassen.

Eines Abends stoßen Lou, Oz und Diamond auf George Davis‘ Schwarzbrennerei. Sie folgen einem Schwarzbären, der die Destille zerstört. Davis schießt mit seinem Gewehr auf die Kinder, beschwert sich dann sogar noch bei Louisa May über die Lausebengel und verlangt eine Entschädigung. Nur Diamond zahlt: einen alten Silberdollar. Wie sich zeigt, wird Davis sich rächen, indem er Louisa von ihrem Land vertreibt.

Als ein Vertreter und ein Landvermesser von der Kohlenbergbaugesellschaft Southern Valley bei Louisa auftauchen und ihr dieser Mr. Hugh Miller eine Menge Geld für ihr Land bietet, lehnt Louisa May natürlich ab. Sie will ihr Land an die Kinder und Eugene vererben. Durch ihre Weigerung blockiert sie den Landverkauf anderer Bauern und handelt sich damit erhebliche Antipathie ein, die auch Longfellow zu spüren bekommt.

Doch die Minenleute haben sich heimlich in Louisas Mine geschlichen und sind dort auf ein Erdgasvorkommen gestoßen, das sie ausbeuten wollen. Als Tage später Eugene mit den drei Kindern Kohle für den Eigenbedarf holen will, kommt es zu einer Explosion, weil sich das austretende Gas entzündet: Diamond stirbt und Eugene kommt nur knapp mit dem leben davon. Ein klarer Fall von fahrlässiger Tötung, doch man hält es zunächst nur für einen tragischen Unfall.

Wenige Tage später steht die Scheune, in der die Wintervorräte lagern, durch Brandstiftung in Flammen, und die 80-jährige Louisa erleidet einen Schlaganfall. Nun wird die Lage kritisch: Sollte sie sterben, stünden die Kinder ohne Vormund da, und da ihre Mutter keinen Anspruch auf das Land erheben kann, würden sie es verlieren. Diese Chance sehen auch Davis und die Bergbaugesellschaft haarscharf: Sie lassen die Cardinals auf Herausgabe des Landes verklagen.

Werden Lou und Oz ihre neue Heimat verlieren? Oder ist Longfellow wirklich ein so guter Anwalt, wie er immer behauptete? Und dann geschieht doch noch ein Wunder.

_Mein Eindruck_

David Baldacci kombiniert die Schilderung des ursprünglichen Landlebens mit einer juristischen Krise, die vor Gericht entschieden wird. Daher könnte dieses Buch als direkter Konkurrent zu John Grishams „Die Farm“ betrachtet werden.

In der gekürzten Fassung des Hörbuchs wird das Schwergewicht stark auf die Spannung im zentralen Handlungsverlauf gelegt, so dass das Zuhören praktisch nie langweilig wird. Ständig passiert etwas: Sei es ein Geburtstag oder die Weihnachtsfeier, seien es Naturerlebnisse oder eben die erwähnten Katastrophen: Scheunenbrand, Minenexplosion usw. Aber auch der deprimierende Besuch bei der Davis-Familie gehören dazu, bei der sich Oma Louisa erst als Geburtshelferin engagiert, nur um sodann von George Davis mit dem Gewehr bedroht zu werden.

All diese kleinen Dramen bettet Baldacci in die große Umwälzung während des 2. Weltkrieges ein, zu der ein Großteil der Handlung spielt. Virginia ist zwar ein reicher Staat, aber die Companies haben ihn systematisch ausgebeutet und nichts zurückgelassen außer Armut: Wild, Erz, Wald, Kohle, Gas – alles weg. Und die Companies haben die Regierung stets auf ihrer Seite. Immer gibt es einen korrupten Beamten im Apparat, der sich für deren Belange hergibt. Im Falle der Cardinals ist es deren Landenteignung.

Die verschwundene und verschwindende Kultur der Landbevölkerung bewahrt ausschließlich das Schreiben vor dem Vergessen. Erst schrieb Lous Vater Jack über seine Heimat, dann beginnt Lou selbst mit der Schriftstellerei. Wie wir am Schluss erfahren, verewigt sie das Land in 15 Romanen. In dieser Hinsicht hat Baldacci in ihrer Nachfolge geschrieben: einen Heimatroman im besten Sinne, wie ihn im 19. Jahrhundert auch deutsche Autoren wie Stifter, Raabe und Fontane schrieben.

_Die Sprecherin_

Franziska Pigulla spricht die verschiedenen Rollen mit großer Anteilnahme und emotionalem Einsatz. Kein Wunder, denn es ist eine sehr schöne und spannende Geschichte. Besondere Wärme lässt sie den Stimmen der Geschwister und der Urgroßmutter zukommen. Die meisten Männer außer Longfellow kommen weniger gut weg. Eugene Randall, der Farbige, hat eine besonders markante Stimme erhalten: Er spricht ziemlich langsam.

Die Spezialeffekte sind in dieser frühen Hörbuchproduktion von 2001 noch recht einfach. Des Öfteren ist die Stimme der Sprecherin mit Hall unterlegt. Dies soll signalisieren, dass man ihre Gedanken oder Erinnerungen hört. Nun ja: Der Effekt ist nicht sonderlich geglückt und wirkt aufgesetzt. Heute würde man bessere Filter einsetzen.

_Unterm Strich_

Mit Recht fragt sich der Leser, ob dieses Buch einen Thriller darstellt oder so eine Art Heimatschnulze ist. Eine Schnulze à la „Heidi“ von Johanna Spyri – Stadtkind kommt auf die Alm – ist „Das Versprechen“ schon mal gar nicht, obwohl auch die schönen Stunden nicht verschwiegen werden.

Einen Thriller könnte man das Buch durchaus nennen, selbst wenn die handelsüblichen Zutaten wie etwa Serienkiller und Privatdetektive fehlen. Dennoch entpuppt sich George Davis indirekt als Mörder, denn er hat mit seiner Brandstiftung das spätere Ableben Louisas in Kauf genommen. Und die Bergbaugesellschaft ist für Diamond Skinners Tod direkt durch fahrlässige Tötung verantwortlich. Dass all dies abgestritten und vertuscht werden soll, dürfte nicht überraschen. Aber auch die Landenteignung ist ein krimineller Plan, der möglicherweise erst durch eine Gerichtsverhandlung vereitelt werden kann.

Durch die verdichtete Handlung der Hörbuchfassung kommen diese Spannungselemente verstärkt zum Tragen und sorgen für kurzweiliges Hörvergnügen. Franziska Pigulla trägt die Sprechrollen ausgezeichnet vor, so dass ein Gefühl wie bei Filmszenen aufkommt. Beschreibender Text wird aus Lous Perspektive eingefügt, so dass der größere Zusammenhang alle Elemente zu einem Ganzen verbindet. Am Schluss hat man das Gefühl, eine komplette Lebens- und Landesgeschichte gehört zu haben. Ein Epilog bindet die Fäden der Story so ab, dass kaum Fragen offen bleiben.

Verschiedene Szenen des Buches sind nicht für Kinder unter 12 Jahren geeignet. Umfang: 335 Minuten auf 5 CDs

_Michael Matzer_ © 2003ff

Offenbarung 23 – 9-11 (Folge 29)

Zwielichtig: Wer sprengte das WTC-Gebäude Nr. 7?

Die Anschläge auf das aus insgesamt sieben Gebäuden bestehende New Yorker World-Trade-Center haben die Welt verändert. Zwei Türme stürzen ein. Vier Flugzeuge sollen an diesem verhängnisvollen Tag insgesamt zum Absturz gebracht worden sein. Doch – was war es wirklich, das die Welt mit so dramatischen Bildern für immer erschütterte? Ein Terroranschlag? Eine fatale Inszenierung?

Offenbarung 23 – 9-11 (Folge 29) weiterlesen

Patterson, James – Mauer des Schweigens

_Alex Cross beim Militär: extreme Spannung!_

Vietnam-Veteranen begehen in den USA kaltblütige Auftragsmorde, die dann völlig unschuldigen Armeeangehörigen angehängt werden. Doch wer ist der unbekannte Auftraggeber dieser Morde? Alex Cross findet es erst ganz am Schluss heraus. Es soll sein letzter Fall sein. Aber was für einer!

_Der Autor_

James Patterson besaß eine Werbeagentur, bevor er sich der Schriftstellerei zuwandte. Er lebt und schreibt heute in Florida. Unter seinen zahlreichen Thrillern finde ich besonders seine Alex-Cross-Romane gelungen: „… denn zum Küssen sind sie da“, „Sonne, Mord und Sterne“, „Wenn Mäuse Katzen jagen“, „Wer hat Angst vorm Schattenmann“, „Rosenrot Mausetot“, „Die Stunde der Rache“, „Mauer des Schweigen“, „Vor aller Augen“, „Und erlöse uns von dem Bösen“. Dieses Jahr kommt noch „Ave Maria“ auf den deutschen Buchmarkt. Natürlich ist Alex Cross immer nur so gut wie die Schurken, die er zur Strecke bringt: Gary Soneji, Kyle Craig, Jack & Jill und der Killer, der sich „Casanova“ nennt.

_Handlung_

Wie er schon in „Violets are blue“ angekündigt hatte, will Alex Cross nun endgültig den Dienst bei der Polizei von Washington, D.C., quittieren. Er hat ein attraktives Angebot vom Direktor des FBI, Burns, bei der Bundespolizei einzusteigen. Alex freut sich auf mehr Freizeit, die er mit seinen drei Kindern verbringen möchte.

Außerdem scheint er endlich in der Polizistin Jamilla Hughes aus San Francisco die Frau fürs Leben gefunden zu haben. Jedenfalls gibt ihre gemeinsame Liebesnacht in einem opulent ausgestatteten Hotel allen Anlass zu den größten Hoffnungen.

Nur der Gesundheitszustand seiner Großmutter trübt Alex‘ Zuversicht: Nana neigt neuerdings zu Schwäche- und Ohnmachtsanfällen. Sieht ihr gar nicht ähnlich, obwohl sie bereits 82 ist.

|Der letzte Fall?|

Doch da taucht sein alter Freund und Kollege John Sampson auf und bittet Alex um Hilfe. Auf dem Militärstützpunkt Fort Bragg in North Carolina wurden drei Soldatenfrauen brutal mit Messerschnitten und -stichen getötet. Sie wurden mit blauer Farbe angemalt. Wenige Stunden später hatte die Militärpolizei Sampsons Freund, den Oberfeldwebel Ellis Cooper, festgenommen, obwohl er seine Unschuld beteuerte. Man fand die Tatwaffe und Blutspuren der Ermordeten in seinem Haus. Der Staatsanwalt hat leichtes Spiel.

Sampson und Cross gelingt es trotz ihrer Mühe nicht, Cooper aus dem Todestrakt zu holen, in den er nach seiner Verurteilung verlegt worden ist. Cooper wird mittels Giftspritze hingerichtet. Doch die beiden Polizisten stoßen auf mehrere Ungereimtheiten. Warum sollte irgendjemand seine Tatwaffe im eigenen Haus aufbewahren? Kann jemand wirklich so bescheuert sein? Die einzige vernünftige Erklärung: Cooper wurde die Waffe untergeschoben – er ist das Opfer einer Intrige.

Doch wer hätte ein Interesse daran, Cooper hinzurichten? Sampson und Cooper waren zusammen in Vietnam, um dort zwei „Touren“ lang zu dienen. Dabei wurden sie dicke Freunde. Als sich bei ähnlich unschuldig Verurteilten ebenfalls eine Verbindung nach Vorgängen in Vietnam herausstellt, wird Alex Cross gewarnt. Sein Kampf gegen die „graue Mauer des Schweigens“, mit der sich das Militär umgibt, wird als unerlaubte Schnüffelei empfunden. Zum Glück hat er Rückendeckung vom FBI-Direktor.

|Der Horror Vietnams – die geheime Geschichte|

Als er auch noch an der Militärakademie in West Point recherchiert, stößt er auf den Dozenten Owen Handler, der in Vietnam mit einer Ranger-Spezialeinheit zu tun hatte. Deren Aufgabe bestand darin, mitten im Krieg hinter den feindlichen Linien unter den Zivilisten terroristische Akte zu begehen, um den Gegner, den Vietcong, einzuschüchtern. Das gelang den Rangern hervorragend. Nur dumm, dass einige dabei ausrasteten und Gefallen daran fanden, zu brandschatzen und zu vergewaltigen. Handler und der Chef von Fort Bragg, General Hamilton, mussten weitere Ranger reinschicken, um die „Ausgerasteten“ zu eliminieren.

Es sieht für Alex Cross allmählich so aus, als würde solch eine Bereinigungseinheit nun auch in den USA operieren. Kaum ist Owen Handler zu ihm ins Auto gestiegen, um zu reden, werden sie unter Beschuss genommen. Cross überlebt die Attacke, Handler nicht. Das war bestimmt kein Zufall.

Cross sagt sich: Nun erst recht. Er spricht mit einem alten Vietnamveteranen, der im Hochsicherheitsgefängnis in Colorado einsitzt – im gleichen Trakt wie Kyle Craig, der FBI-Verräter (vgl. „Violets are blue“ und „Roses are red“). Die Informationen von diesem alten Vietnamesen, der für die Amis gekämpft hatte, führen Cross in die vietnamesische Botschaft. Dort findet er in unsortierten Unterlagen zum Vietnamkrieg drei Namen: Colonel Tom Starkey, Captain Brownley Harris und Sergeant Warren ‚The Kid‘ Griffin. Ihr Codename: Three Blind Mice (nach einem alten englischen Kinderreim).

|Die drei blinden Mäuse|

Im zivilen Leben arbeiten die inzwischen über Fünfzigjährigen als Vertreter für einen deutschen Waffenhersteller (H&K) und führen vorbildliche Ehen, aber in ihrem „Privatleben“ führen sie Mordaufträge aus. Dabei gehen sie genauso militärisch-vorsichtig vor wie bei ihren Einsätzen in Vietnam. Im Grunde ist es ihnen völlig egal, wen sie für Geld „ausknipsen“, denn die Morde werden stets bestimmten Leuten angehängt. Leuten wie Ellis Cooper. Ihr Verbindungsmann trägt den Codenamen „Fußsoldat“. Seltsam nur, dass auch ein geheimer Tippgeber von Alex Cross diesen Decknamen benutzt – die vierte „blinde Maus“?

Es ist ein erheblicher Schock für den Leser, mit diesen drei Killern bereits in Kapitel zwei Bekanntschaft machen zu müssen. Noch ist ihr Motiv unklar, aber sie stellen sich als höchst unangenehme und gefährliche Zeitgenossen heraus. Auf einer ihrer Killertouren – nach der Pflicht kommt die Kür – ermorden sie ein komplettes Bordell mit Vietnamesinnen. Die „drei blinden Mäuse“ sprechen fließend vietnamesisch. Solche Szenen machen das Buch wenig geeignet für Leser mit schwachem Magen.

|Showdowns|

Nach einem ersten Showdown, bei dem Alex Cross mit knapper Not überlebt, kommt es zu einem zweiten. Wer ist der Auftraggeber der Mordserie, wer ist die vierte „blinde Maus“?

_Mein Eindruck_

Wie man schon der knappen Inhaltsangabe entnehmen kann, ist Patterson wieder ein hammerharter Thriller gelungen, der es mit seinen besten Werken aufnehmen kann. Manche Szenen gehen wirklich an die Nieren. Und das sind bestimmt nicht Sampsons und Cross‘ erotische Liebesszenen. Die drei Killer auf der Menschenjagd zu begleiten, ist nicht jedermanns Sache.

|Fein dosierte Spannung|

Wieder gelingt es dem Autor, das Wissen des Lesers so fein zu dosieren, dass genau die größte Spannung erzeugt wird, aber auch die größten Befürchtungen geschürt werden. So meint man jederzeit, einen Feuerüberfall auf Sampsons und Cross‘ Geliebte erwarten zu müssen. Und tatsächlich: Am hellichten Tag eröffnen unbekannte Killer das Feuer auf das Haus von Alex Cross‘ Familie. Mitten in Washington, D.C. Man kommt sich vor wie in einem Kriegsgebiet.

Der Vietnamkrieg ist nach Hause gekommen – das ist die Botschaft, die uns Patterson überbringt. Und die Amerikaner haben durch den Todesschützen von Washington und Umgebung spüren müssen, dass auch heimgekehrte Golfkriegs- und Afghanistan-Veteranen lebende Zeitbomben darstellen.

An nichts hat mich dieses Buch so erinnert wie an die Vietnamthriller von Peter Straub („Koko“ und „Der Schlund“) und von Eric Van Lustbader („Schwarzes Herz“ und fast jeder andere Roman bis 1990). Denn Patterson wirft natürlich ein Schlaglicht auf die geheime Geschichte dieses besonders schmutzigen Krieges (nun ja: alle Kriege sind schmutzig). Auf die Massaker an Zivilisten, begangen von regulären US-Soldaten. Finstere Symbole fehlen nicht.

|Apokalypse, bitte jetzt!|

Und dass es diese Aufträge ebenso gegeben hat wie diese Soldaten, dürfte wohl klar sein. Denn genau dies sagt ja bereits Martin Sheens Auftraggeber in „Apocalypse Now“. Diesen Film kennt auch einer der „drei blinden Mäuse“. Der Geruch von frischem Blut und Kordit ist „besser als der Geruch von Napalm am Morgen“ (ein berühmt-berüchtigter Spruch aus dem Film, gesagt von Robert Duvall).

Patterson streut noch weit mehr Filmhinweise ein: auf Hitchcocks „Rear Window“, „A Beautiful Mind“, „Dead Man Walking“ und auf den unvermeidlichen Dr. Hannibal Lecter. Dieser habe es inzwischen zu angemessenem Ruhm als elegantes Ungeheuer mit Geschmack gebracht. Hier hält der Autor dem Leser den Spiegel vor. Auch Tom Clancy bekommt sein Fett weg. Und an manchen Stellen in Fort Bragg erinnert der Roman an einen Militärthriller von Joseph Finder („High Crimes“).

|Wer ist dieser Jack Ryan überhaupt?|

Clancys Begeisterung für Geheimdienst- und Militärikonen à la Jack Ryan scheint Patterson mit Argwohn zu betrachten. Denn es ist schließlich auch ein General, der Dreck am Stecken hat: Aus seiner politischen Karriere wird nichts mehr. Die „vierte blinde Maus“ kommt ihm in die Quere – im Original heißt der Roman „Four blind mice“. An manchen Stellen wird Pattersons Roman sehr ironisch.

_Unterm Strich_

Der deutsche Leser kann diesen Roman wohl unbefangener lesen als der US-Leser. Uns interessiert in erster Linie die spannende Handlung, die einen an den Fingernägeln kauen lässt. Sie wird aufgelockert nur durch Cross‘ und Sampsons Liebeserlebnisse und Cross‘ Sorge um seine Oma.

Allerdings könnte man sich auch hierzulande sorgen, wenn man bedenkt, dass unser mächtigster NATO-Partner durchaus auf äußerst fragwürdige Militärmittel zurückzugreifen bereit ist (nicht nur unter Nixon). Schließlich wurden die NATO-Partner von den USA um Beistand gegen den Irak gebeten, obwohl Saddam Hussein niemanden angegriffen hat.

Vom amerikanischen Leser – zumal von Militärangehörigen – könnte der Roman hingegen als Affront aufgefasst werden. Veteranen als bezahlte Killer und Psychopathen? Ehrenhafte Generäle als Auftraggeber geheimer Terrorismusaktionen in Vietnam? Vertuschungsaktionen in der Militärgerichtsbarkeit? Herrje, was denn noch alles?!

Wie man sieht, hat der ehemalige Werbefachmann Patterson wieder ein heißes Eisen angepackt. Und seine Erzählkunst ist so gut (oder so schlecht, je nach Standpunkt) wie eh und je.

_James Patterson auf |Buchwurm.info|:_

[„Das Pandora-Projekt“ 3905 (Maximum Ride 1)
[„Der Zerberus-Faktor“ 4026 (Maximum Ride 2)
[„Das Ikarus-Gen“ 2389
[„Honeymoon“ 3919
[„Ave Maria“ 2398
[„Wer hat Angst vorm Schattenmann“ 1683
[„Mauer des Schweigens“ 1394
[„Stunde der Rache“ 1392
[„Wenn er fällt, dann stirbt er“ 1391
[„Wer sich umdreht oder lacht“ 1390
[„Die Rache des Kreuzfahrers“ 1149
[„Vor aller Augen“ 1087
[„Tagebuch für Nikolas“ 854
[„Sonne, Mord und Sterne“ 537
[„Rosenrot Mausetot“ 429
[„Die Wiege des Bösen“ 47
[„Der 1. Mord“ 1361
[„Die 2. Chance“ 1362
[„Der 3. Grad“ 1370
[„4th of July“ 1565
[„Die 5. Plage“ 3915