Der Schöpfer der Regendrachen

_Buchwurm.info:_ Wie geht es Ihnen? Wo sind Sie? Was machen Sie gerade?

_Karsten Kruschel:_ Abgesehen von einer Bandscheibe unter Fluchtverdacht geht es mir gut. Ich sitze in meinem Arbeitszimmer zu Hause vor dem iMac und will grade die Ideen ins neue Buchmanuskript einarbeiten, die mir im Wartezimmer der Röntgenabteilung gekommen sind.

_Buchwurm.info:_ Aus Ihrer Biografie (s.u.) ist zu erfahren, dass Sie schon früh zum Schreiben kamen, aber auch im Kabarett mitwirkten. Hing das eine mit dem anderen zusammen? Tut es das heute noch?

_Karsten Kruschel:_ Das Kabarett hatte mit dem Schreiben nichts zu tun. Allerdings ertappe ich mich beim Überarbeiten manchmal dabei, daß ich dem einen oder anderen wirklich dusseligen Witz beim Schreiben nicht widerstehen konnte. Das wird dann meist gestrichen. Spätestens beim Lektorat.

_Buchwurm.info:_ Was macht Ihnen am Erzählen den meisten Spaß?

_Karsten Kruschel:_ Das wunderbare Gefühl, wenn „es schreibt“: Wenn die Geschichte begonnen hat, sich selbst nach ihren eigenen, inneren Gesetzen weiterzuentwickeln, und ich als Autor staunend vor dem Ergebnis sitze. Natürlich hab ich anfangs einen Plan, aber an den halten sich die Figuren oft nicht. Es ist schon vorgekommen, daß ich einen Abschnitt schrieb und am nächsten Tag überrascht war, daß eine meiner Lieblingsfiguren dabei ins Gras beißen mußte. Wenn ich feststelle, daß das für die Geschichte gut ist, bleibt es auch dabei.

_Buchwurm.info:_ Sie sind durch Ihre Doktorarbeit und Rezensionen ein Kenner der ost- wie auch westdeutschen Science Fiction geworden. Ist Ihnen der literaturhistorische Hintergrund bewusst, wenn Sie schreiben oder ein Buch veröffentlichen?

_Karsten Kruschel:_ Das muß man trennen. Wenn ich schreibe (wenn „es schreibt“), ist mir die ganze Literaturgeschichte piepegal, und auch, ob jemand schon mal dieselbe Idee hatte. Was unbewußt alles mitspielt, kann ich nicht sagen.

Wenn ich überarbeite – und das ist der weitaus größte Teil des Schreibens –, ist das alles natürlich da. Da werden Sachen, die als unbewußtes Echo von Gelesenem in den Text gerutscht sind, rigoros gestrichen, oder sie werden in etwas Eigenes umgeformt, adaptiert, eingehegt.

Bei meinem Beitrag zur David-Bowie-Anthologie „Hinterland“ beispielsweise war mir schon klar, daß das Thema bereits bei Harrison vorkam, aber die Art, wie ich es verarbeitet habe, macht es zu etwas Eigenem. Das haben die Leser dann auch so gesehen.

_Buchwurm.info:_ Wer sind Ihre Lieblingsautoren und welche Ihre Lieblingsbücher in SF und Phantastik?

_Karsten Kruschel:_ Unter den Autoren natürlich Bradbury, außerdem Lem und die Strugazkis, Cordwainer Smith und James Tiptree jr., Wolfgang Jeschke und Iain Banks, J.G. Ballard, Jonathan Carroll und David R. Bunch, die Steinmüllers und die Brauns.

Bücher: Alle paar Jahre lese ich im Sommer hintereinanderweg erst den „Hobbit“ und dann den „Herrn der Ringe“. Dann fallen mir spontan ein (obengenannte Autoren ausgeschlossen): „Helliconia“ (von Brian W. Aldiss), „Die Jahre des schwarzen Todes“ (von Connie Willis), „Darwinia“ (von Robert Charles Wilson), „Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest“ (von John D. MacDonald), „Ein Feuer auf der Tiefe“ (von Vernor Vinge), „Drachenpiloten“ (von Keith Roberts)…

_Buchwurm.info:_ Ihr in zwei Teile aufgespaltener Roman VILM hat Auszeichnungen und viel Anerkennung erfahren. Freut Sie das? Und was an dieser Anerkennung am meisten?

_Karsten Kruschel:_ Nicht übertreiben. EINE Auszeichnung hat er bekommen: Den Deutschen Science Fiction Preis.

Und natürlich freut mich das. Ich habe mich auch über den dritten Platz beim Kurd-Laßwitz-Preis gefreut – da landet ein Debütroman selten so weit vorne.

Beim DSFP finde ich gut, daß dieser Preis von einer Jury vergeben wird, in der wirklich jeder Juror jedes nominierte Buch liest und in der über die Kandidaten diskutiert wird.

_Buchwurm.info:_ Wollten Sie mit VILM die Evolution einer neuen Gesellschaft schildern, einer Gesellschaft, die von ihrer Umwelt und ihrer Geschichte determiniert wird?

_Karsten Kruschel:_ Die ersten Kapitel entstanden u. a. aus dem Versuch,

a) einer als erstarrt und verkrustet empfundenen Gesellschaft eine vorzuhalten, in der ganz im Gegenteil sich ständig was bewegt und entwickelt; und

b) einer obrigkeitshörigen und obrigkeitsbestimmten Gesellschaft eine vorzuhalten, die prima ohne Obrigkeit auskommt.

Danach hat „es sich geschrieben“…

_Buchwurm.info:_ Wie wichtig sind Ihnen Ihre Figuren? Warum?

_Karsten Kruschel:_ Sehr. Die Figuren sind es, die den Leser in die Geschichte ziehen. Wenn ich einer Figur Leben einhauchen konnte, dann funktionert das auch. Übers Internet haben mir Leser geschrieben, daß sie immer noch mit Eliza mitleiden, weil das mit ihrer Pflaumenpflanzung nichts geworden ist (im letzten Kapitel von „Vilm. Der Regenplanet“) und daß sie immer noch Lafayette hinterhertrauert. Oder daß Leser auch beim zweiten Lesen vor Zorn beben, wenn sie das siebente Kapitel von „Vilm. Die Eingeborenen“ durchhaben. Ja, ich war beim Schreiben auch überrascht, daß Tom die Sache nicht überlebt.

_Buchwurm.info:_ Holen Sie auch andere Meinungen ein, bevor Sie ein Manuskript abgeben? Wie wichtig ist das?

_Karsten Kruschel:_ Gelegentlich liest meine Frau einen unveröffentlichten Text, oder jemand aus meinem Freundeskreis. Wichtig ist, daß ich den Text so lange liegenlasse, bis ich ihn als Fremder lesen kann. Dann geht das Überarbeiten los… Und dann ist da ja noch Heidrun Jänchen, die als Lektorin sehr genau hinschaut und mir schon mal vorrechnet, warum dies oder das nicht stimmen kann.

_Buchwurm.info:_ Recherchieren Sie für bestimmte Bücher? Nutzen Sie dazu Bibliotheken, das Internet oder gar Profis (so wie Peter Prange)?

_Kruschel:_ Wer ist Peter Prange? Hab ich was verpaßt? Firefox an… Kurze Parallel-Recherche im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek und bei Wikipedia. Aha, „Das Bernstein-Amulett“… So mach ich das; sitze aber auch oft im Lesesaal der Stadtbibliothek von Leipzig.

_Buchwurm.info:_ Würden Sie gerne mehr Bücher verkaufen? Sie haben ja schon die 4. Auflage von VILM verkauft.

_Karsten Kruschel:_ Um ausschließlich von der Belletristik leben zu können, müßten es schon noch ein paar mehr sein.

_Buchwurm.info:_ Welche Bedeutung kommt dabei dem jeweiligen Verlag zu, in Ihrem Fall Wurdack?

_Karsten Kruschel:_ Große Bedeutung. Ernst Wurdack sorgt dafür, daß die Texte ordentlich lektoriert werden; sie werden deutlich besser dadurch. Das Manuskript von Vilm ist z. B. um fast hundert Druckseiten erleichtert worden.

Der Wurdack-Verlag sorgt letzten Endes auch dafür, daß Leser überhaupt an ein Buch kommen, listet es bei Amazon und bei Libri und bei buch.de und so weiter. Außerdem ist Ernst Wurdack Grafiker und setzt den Text in einem ordentlichen, gut lesbaren Layout, in dem die Buchstaben Platz zum Atmen haben (andere kleine Verlage füllen dagegen Seiten mit Ameisengewimmel). Und Ernst Wurdack läßt mich beim Cover mitreden. Beim neuen Roman („Galdäa“) hat er sogar die Abdruckrechte für mein Wunschmotiv aus Polen herbeigeschafft.

_Buchwurm.info:_ Sie werden im April VILM 3 veröffentlichen, das den Titel „Galdäa. Der ungeschlagene Krieg“ trägt. Bitte sagen Sie uns, worum es darin geht. Werden wir bekannten Figuren aus VILM 1+2 wiederbegegnen?

_Karsten Kruschel:_ Der neue Roman ist keine direkte Fortsetzung von Vilm, deswegen kommen keine bereits bekannten Figuren vor. Er handelt allerdings im selben Universum und bietet, eingepackt in eine Thriller-Handlung, Besuche auf Atibon Legba und einer Weltenkreuzerwerft sowie noch mehr Goldene und Karnesen. Insofern beantwortet er einige Fragen, die bisher offen geblieben waren.

Den Klappentext kann man bei Amazon nachlesen:
„Wir wollen diesen Krieg beenden. Das kann nur auf zwei Weisen geschehen. Entweder durch die völlige Harmonie der Beteiligten oder die totale Vernichtung einer der Parteien.“ – Tara SKhanayilhkdha Vuvlel TArastoydt, galdäische Konsulin auf Penta V.

Dabei behauptet die offizielle Geschichtsschreibung, die Sicherheit sei schon vor Jahrzehnten wieder hergestellt worden. Allerdings geraten die Dinge in Bewegung, als ein Datenchaos die offiziellen Stellen lahmlegt und Michael Sanderstorm einer unglaublichen Verschwörung auf die Spur kommt.

„Vielleicht ist die Einmischung der Goldenen Bruderschaft ein Akt der Verzweiflung und die die Maden wollen damit nur ihre Pfründe erhalten? Wie gewaltig ist eigentlich das Wespennest, in das wir da gestochen haben?“

Eine schwielige Hand packte seinen Nacken und schob ihn zu seinen Instrumenten und Rechnern hinüber. Eine leidenschaftslose, unbarmherzige Melodie, Verzweiflung und Sehnsucht, süß und scharf, unwiderstehlich, wenn jemand sie spielt, der am Rand eines glassplittergespickten Abgrunds steht.“

Kleine Abschweifung: Die Numerierung ist leider ein bißchen verwirrend geworden. Bei den ersten Galdäa-Ankündigungen stand „Dritter Roman aus dem Vilm-Kosmos“. Daraus wurde dann irgendwo als jetzige Bezeichnung „Vilm 03“ gebastelt, die sich im Internet, bei Distributoren und in Bibliothekskatalogen blitzartig ausgebreitet hat wie Tinte auf Löschpapier. Deswegen lasse ich es jetzt auch so. Viel zu aufwendig, diese Explosionswolke wieder in ihre Dynamitstange zurückzukriegen.

_Buchwurm.info:_ Woran arbeiten Sie gerade? Welche Pläne haben Sie?

_Kruschel:_ Ich schreibe gerade an dem tatsächlichen dritten Band über den Planeten des ewigen Regens – „Vilm. Das Dickicht“ (so der Arbeitstitel). Bis jetzt kommen Will, Eliza, Pak-46-erg und einige andere alte Bekannte vor…

„Emotio“ ist der Titel der nächsten Wurdack-Anthologie, die im Herbst 2011 erscheinen soll. Sie wird, wenn alles gutgeht, meine Geschichte „Violets Verlies“ enthalten.

Zu den Plänen: Eine Hörbuch-Version von Vilm, weitere Romane aus demselben Kosmos, ein in der Gegenwart handelnder Thriller phantastischer Natur, mehrere längere Erzählungen – und ein unveröffentlichtes Kinderbuch, das gerne zwischen zwei Buchdeckel möchte.

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_Biografie_

Karsten Kruschel wuchs in Magdeburg auf, wo er auch Bühnenerfahrung als Kabarettist sammelte – erst mit den Kritiküßchen des legendären Erich Hengstmann, dann mit den Pfeffis des nicht minder legendären Günter Kulbe. Größter Erfolg: Der Titel „Hervorragendes Volkskunstkollektiv“. Erste Veröffentlichungen mit dreizehn (oder so) in der Pionierzeitung „Trommel“, die heute glücklicherweise kaum mehr auffindbar sind. Mitglied im „Zirkel schreibender Arbeiter“ und aktiv in der FDJ-Poetenbewegung; mehrfach Teilnehmer beim Poetenseminar in Schwerin.

In Klein Wanzleben machte Kruschel eine Facharbeiterlehre und begann 1979 ein Studium der Pflanzenproduktion in Halle/Saale, das er nach einem Semester abbrach. Er arbeitete danach als Hilfspfleger in einer Magdeburger Nervenklinik, erste Erzählungen erschienen im Magazin „Neues Leben“. 1980 bis 1984 studierte er in Magdeburg Pädagogik mit der Fachrichtung Deutsch und Geschichte. Während dieser Zeit begann er damit, Rezensionen zu verfassen, die zuerst in der Volksstimme Magdeburg, später auch in anderen Publikationen erschienen. Studienabschluß mit einer Diplomarbeit über die Science-Fiction-Literatur in der DDR.

Kruschel arbeitete ab 1984 als Lehrer in Leipzig-Grünau und absolvierte – kurz ehe er aus Altersgründen dem Wehrkreiskommando entgleiten konnte – den Grundwehrdienst in Eilenburg und Dresden (als Stabssoldat, Lazarettinsasse, Funker, Kfz-Lagerist, Wachsoldat, Küchenlagerist, Pförtner). Die übliche Beförderung zum Gefreiten gegen Ende dieser bewegten Zeit fand wegen fortgesetzter Renitenz nicht statt. 1985 war das erste eigene Werk erschienen, eine Erzählung.

1987 ging Kruschel nach einem kurzen Lehrer-Zwischenspiel (wieder Grünau) als wissenschaftlicher Assistent an die Pädagogische Hochschule Leipzig, wo er mit einer Arbeit über die Science-Fiction-Literatur der DDR promovierte.

Nach dem „Wende“ genannten Ereignis – vermutlich nicht durch seinen 1989 veröffentlichten Band mit Erzählungen verursacht – kam ihm zusammen mit der DDR auch die Hochschule abhanden. Er arbeitete als Projektleiter am „Institut für Bildungsreform und Medienerziehung“ und mehr als ein Jahrzehnt als Chefredakteur einer Baufachzeitschrift in Leipzig. Er hatte eine Zeitlang eine Wohnung in der Berliner Eilenburger Straße und einen Job als Public-Relations-Berater, dann schlug er sich einige Jahre in verschiedenen Call-Centern durch, ehe er sich 2010 als Redakteur und Autor selbständig machte.

Seit seiner Kindheit schreibt Kruschel Prosa und Lyrik, später auch Essays und Literaturkritiken (Volksstimme, Leipziger Volkszeitung, Science Fiction Times, Das Heyne Science Fiction Jahr) sowie Beiträge für Nachschlagewerke und Lexika.
2009 erschienen die beiden Romane „Vilm. Der Regenplanet“ und „Vilm. Die Eingeborenen“ im Wurdack-Verlag. Das Buch wurde vom Internetportal phantastik-couch.de zum „Buch des Monats“ erklärt, für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert und 2010 mit dem Deutschen Science Fiction Preis als bester Roman des Jahres ausgezeichnet; eine Leseprobe ist als Lesung von Rena Larf (mp3, 28 Min., 40 MB) und als PDF-Download verfügbar.

Ein neuer Roman „Galdäa. Der ungeschlagene Krieg“ ist für das 1. Quartal 2011 angekündigt.

_Bibliographie (aus der Wikipedia)_

|Eigenständige Publikationen|

* Raumsprünge, Erzählung (illustriert von Karl Fischer), Neues Leben, Berlin 1985
* Das kleinere Weltall, Science-Fiction-Erzählungen (illustriert von Dieter Heidenreich), Das Neue Berlin, Berlin 1989, ISBN 978-3-360-00245-7
* Bildschirm im Gegenlicht, Texte zur Medienerziehung, 1992 (mit Ralf Hickethier).
* Spielwelten zwischen Wunschbild und Warnbild. Utopisches und Dystopisches in der SF-Literatur der DDR in den achtziger Jahren, Sachbuch, edfc, 1995, ISBN 3-924443-77-7
* Vilm. Der Regenplanet, Roman, Wurdack, Juni 2009, ISBN 978-3938065-36-5
* Vilm. Die Eingeborenen, Roman, Wurdack, 2009, ISBN 978-3-938065-54-9

|Kurzgeschichten und Erzählungen (Auswahl)|

* Aussage des Assistenten, Neues Leben, 1979.
* Theorie der Kugelblitze, Neues Leben, 1979.
* Schach mit Otto, in „Aus dem Tagebuch einer Ameise“, hrsg. von Michael Szameit, 1985.
* … und stets das Vernünftigste tun, in „Lichtjahr 5“, hrsg. von Erik Simon, 1988. ISBN 3-360-00052-8
* Ein Fall von nächtlicher Lebensweise, in „Der lange Weg zum blauen Stern“, hrsg. von Michael Szameit, 1990. ISBN 3-355-01019-7
* Großartige Party, wirklich großartig, in „Johann Sebastian Bach Memorial Barbecue“, hrsg. von Wolfgang Jeschke. 1990. ISBN 3-453-04279-4
* Herrliche Zeiten, in „Alexanders langes Leben, Stalins früher Tod“, hrsg. von Erik Simon, 1999. ISBN 3-453-14912-2
* Regendrachen sterben, wenn die Sonne scheint, in „Lichtjahr 7“, hrsg. von Erik Simon, 1999. ISBN 3-00-005005-1
* Barnabas oder Die Vorzüge kleiner Welten, in „Lotus Effekt“, hrsg. von Heidrun Jänchen und Armin Rößler, 2009. ISBN 3-938065-32-X
* Ende der Jagdsaison auf Orange, in „Die Audienz“, hrsg. von Heidrun Jänchen und Armin Rößler, 2010. ISBN 978-3-938065-62-4
* Vierte und Erste Sinfonie, oder: Müllerbrot, in „Hinterland. 20 Erzählungen, inspiriert von der Musik David Bowies“, hrsg. von Karla Schmidt, 2010. ISBN 978-3-938065-69-3

Schüller, Martin – TATORT: A gmahde Wiesn

Den TATORT kennt heute selbst jedes Kind. Kaum ein Format kann auf eine längere und erfolgreichere Geschichte im deutschen Fernsehen zurückblicken als die legendäre Krimiserie der ARD. 2010 feierte man Vierzigjähriges. Die beliebtesten Kommissare bzw. Ermittlungsteams gehen seit einiger Zeit auch in Buchform auf Verbrecherjagd. Als Vorlage dienen bereits im TV ausgestrahlte Fälle. Die jeweils meist um die 160 Seiten starken Bücher erscheinen seit Ende September 2009 als Broschur bei |Emons| und kosten 8,95 Euro pro Band. Mit der zweiten Veröffentlichungswelle wurde das äußere Erscheinungsbild etwas angepasst. „A gmahde Wiesn“ gehört noch zur ersten Tranche und ist – wie der mundartliche Titel unschwer erkennen lässt – das Stichwort für das beliebte Münchener Trio Leitmayr, Batic und Menzinger.

_Zur Story_

Es ist Wiesn-Zeit in München, das heißt die heiße Phase der Vergabe hat begonnen. Da die Plätze auf der berühmten Theresienwiese begrenzt sind, trifft die Stadt nach einem mehr oder weniger ausgeklügelten Punktesystem die Entscheidung, welcher Wirt und welcher Schausteller – ob überhaupt und in welchem Umfang – eine der begehrten Lizenzen ergattert. Der Konkurrenzdruck, auf dem „größten Volksfest der Welt“ zugegen zu sein, ist hoch. Für manch ansässige Gewerbetreibende ist die Wiesn nicht nur die umsatzstärkste Zeit des Jahres, sondern es geht teilweise sogar um die blanke Existenz, wenn für sie diese lukrative Einnahmequelle wegfallen oder auch nur reduziert werden würde. Fast schon traditionell haben sich Wirte und Schausteller gegenseitig im Visier, gegenüber der anderen Gruppe benachteiligt zu sein.

Das schafft selbstverständlich Nährboden für Gerüchte um angebliche Mauscheleien, versuchte Bestechung und Gefälligkeiten unter Spezis. Vor diesem Hintergrund ist der recht Aufsehen erregende Tod des für die Vergabe maßgeblich verantwortlichen Stadtrates Serner natürlich besonders pikant: Verprügelt, angeschossen und schließlich im Gartenteich seiner Prunkvilla ertrunken. In dieser Reihenfolge. Da es für München um Millionenumsätze geht und man negative Publicity logischerweise fürchtet, werden den Kommissaren Franz Leitmayr, Ivo Batic und Carlo Menzinger von ganz oben Fingerspitzengefühl, absolute Diskretion und rascher Erfolg abverlangt. Damit sieht es aber eher mau aus, denn Ivo verguckt sich ausgerechnet in eine offensichtlich nicht ganz unbeteiligte Zeugin und wird beim intimen Techtelmechtel angeschossen.

_Eindrücke_

Der Titel ist Programm und wie nicht anders zu erwarten durchaus mehrdeutig zu verstehen. „A gmahde Wiesn“ heißt ins Hochdeutsche übersetzt: „Eine gemähte Wiese“. Es bezeichnet aber auch eine bayuwarische Redensart, worunter „eine todsichere/abgemachte Sache“ zu verstehen ist. Und dass die „Wiesn“ letztendlich auch den nun noch fälligen Bezug zum berühmten Oktoberfest herstellt, dürfte ebenfalls klar sein. Überhaupt strotzt der Roman vor Lokalkolorit, welches mit einer feinen Prise Humor und teilweise auch in Mundart serviert wird. Martin Schüller, der sonst eher die nordrheinwestfälischen Kommissare (Thiel/Boerne sowie Ballauf/Schenk) literarisch „betreut“, scheint sich im vermeintlichen Sumpf der Münchener Vetternwirtschaft und in der Gedankenwelt des ermittelnden Trios höchst wohl zu fühlen.

Die manchmal etwas schrulligen Münchener Hauptkommissare (in diesem Fall noch drei, Carlo – im TV dargestellt durch Michael Fitz – verlässt die Serie später) sind im Bewusstsein des Zuschauers stark durch die Schauspieler Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec verankert. Das drückt dem Fall auch in der Romanform seinen Stempel vor dem geistigen Auge auf – jedenfalls wenn man zu den halbwegs kundigen Tatort-Zuschauern gehört. Allerdings gehört die Fernsehfassung zwar zu den sehenswerten Episoden, die man unter dem Prädikat „ganz nett aber durchschnittlich“ einsortieren mag, die Buchfassung toppt sie jedoch problemlos. Das ist eigentlich eher selten, da die Geschichte schließlich fürs TV konzipiert wurde. Dennoch erscheint die Adaption von Friedrich Anis Drehbuch irgendwie runder und flotter als die Vorlage.

_Fazit_

Um im Bild zu bleiben: Eine klare Sache. Die Umsetzung des Stoffes in einen Roman hat der ansonsten absolut identischen Story sehr gut getan und die Essenz sowie Ambiente des Münchener TATORTs exakt getroffen. Der Stil ist fluffig, hat Spannung, Witz, recht authentische Charaktere und gewährt zudem ziemlich glaubhafte Einblicke in die Persönlichkeiten der (Haupt-)Figuren. Das macht die ohnehin charmanten Kommissare noch eine Spur sympathischer und verschafft dem Buch einen deutlichen Vorteil im Vergleich zur Fernsehfassung. Es liest sich auch an den Stellen noch flüssig, an denen die TV-Version ein wenig durchhängt.

|ISBN: 978-3-89705-664-0
160 Seiten, Broschur|
http://www.emons-verlag.de

_Tatort beim Buchwurm:_
[Blinder Glaube]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5914
[Strahlende Zukunft]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5956
[Todesstrafe]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6346
[Aus der Traum]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6547
[Tempelräuber]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6549
[Die Blume des Bösen]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6803

Michelle Paver – Seelenwächter (Chronik der dunklen Wälder 6)

Chronik der dunklen Wälder:

Band 1: „Wolfsbruder“
Band 2: „Seelenwanderer“ auch „Torak – Wanderer zwischen den Welten“
Band 3: „Seelenesser“
Band 4: „Schamanenfluch“
Band 5: „Blutsbruder“
Band 6: „Seelenwächter“

_Auf dem Berg der Geister: Halloween plus Walpurgisnacht_

Die Wälder vor 6000 Jahren erstrecken sich von einem Ende der Welt zum anderen, voller lebendiger Seelen – außer einer … Der 13-jährige Torak, seine Freundin Renn und ein junger Wolf haben die Welt von einem gefährlichen Dämon befreit und auf den Inseln des Robbenclans einen Seelenesser, einen bösen Schmananen, getötet. Doch dann geriet Torak in die Hände der Seelenesser, die ihm ihr Zeichen einbrannten.

Michelle Paver – Seelenwächter (Chronik der dunklen Wälder 6) weiterlesen

von Michalewsky, Nikolai (als Mark Brandis) – Mark Brandis: Alarm für die Erde (Weltraumpartisanen – Band 12)

_Mark Brandis:_

Band 01: [Bordbuch Delta VII]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 02: [Verrat auf der Venus]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6539
Band 03: [Unternehmen Delphin]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6536
Band 04: [Aufstand der Roboter]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6618
Band 05: [Vorstoß zum Uranus]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6630
Band 06: [Die Vollstrecker]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6636
Band 07: [Testakte Kolibri]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6723
Band 08: [Raumsonde Epsilon]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6781
Band 09: [Salomon 76]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6723
Band 10: [Aktenzeichen: Illegal]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6801
Band 11: [Operation Sonnenfracht]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6802

_Band 12: Alarm für die Erde_

Es war eine der erfolgreichsten deutschen SciFi-Serien der Siebziger- und Achtzigerjahre. Nikolai von Michalewsky (1931 – 2000) alias „Mark Brandis“ schuf mit dem gleichnamigen Titelhelden, welcher quasi seine Memoiren in der Ich-Form präsentiert, einen wahren Klassiker. Zwischen 1970 und 1987 brachte er es immerhin auf 31 Bände, wobei die originalen Hardcover des |Herder|-Verlages nur noch antiquarisch und – zumindest die Erstauflage – zu teils horrenden Preisen zu bekommen waren bzw. sind. |Bertelsmann| scheiterte beim Versuch sie als doppelbändige Taschenbuchausgaben über den hauseigenen Buchclub wieder zu etablieren. Bis zum Jahr 2000 senkte sich allmählich immer mehr Vergessen über die „Weltraumpartisanen“.

Ausgerechnet in seinem Todesjahr startete NvM den letzten Versuch der Wiederbelebung und Neuausrichtung seiner Figur, kam aber über einen einzigen – wenig beachteten und noch weniger geliebten – Band („Ambivalente Zone“) nicht mehr hinaus. Erst weitere acht Jahre später nahm sich der |Wurdack|-Verlag der Originalserie noch einmal mit der ihr gebührenden Ernsthaftigkeit an und legte sie komplett neu auf: Jedes Quartal erscheinen seither zwei Bände als broschierte Sammlerausgaben für je 12 Euro. Dabei wurde der Inhalt (sogar die alte Rechtschreibung) unangetastet gelassen, das äußere Erscheinungsbild jedoch deutlich modernisiert und gelegentlich einige Randbeiträge eingebaut.

_Vorgeschichte_

Der Weltraum unseres Sol-Systems wird bereist und die nächsten Himmelskörper sind auch bereits kolonisiert. Die Zeiten einzelner Nationalstaaten sind vorbei. Nur zwei große Machtblöcke belauern sich auf dem Mutterplaneten Erde noch: Die Union Europas, Afrikas und Amerikas (EAAU) und die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR). Commander Mark Brandis, unfreiwilliger Bürgerkriegsheld (Band 1 – 4) und – seit dessen Ende – endlich wieder in der zivilen Institution VEGA (Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik) tätig, hat in den Folgejahren schon so manchen heiklen Job im Dienste der Erde übernommen. Dabei ficht der deutschstämmige Kosmopolit und -pilot vehement für Humanität, Gerechtigkeit, Demokratie und gegen Militar- sowie Rassismus. Kurzum: Eine bessere und friedlichere Welt.

_Zur Story_

Trotz aller Bemühungen, die nuklearen Altlasten vom Kilimandscharo mit eilig umgebauten Frachtraumschiffen auf Nimmerwiedersehen in die Sonne zu schicken, ist der Super-GAU eingetreten (vgl. Band 11 – Operation Sonnenfracht). Der inaktiv geglaubte Vulkan ist im Zuge der tektonischen Unruhen in der Planetenkruste doch ausgebrochen und bläst neben Lava nun auch, wie von den Wissenschaftlern prophezeit, massiv radioaktiv verseuchte Asche in die Atmosphäre. Große Teile Afrikas sind bereits entvölkert, Mensch und Tier an der Strahlenkrankheit krepiert. Die Fall Outs nähern sich auch weiter unaufhaltsam dem Süden Europas. Die anfangs noch planvoll durchgeführten Evakuierungsmaßnahmen der EAAU sind längst in eine heillose Massenflucht mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen gewichen. Gewaltsames Chaos herrscht.

Doch es besteht Hoffnung. Zumindest eine Atempause liegt im Bereich des Möglichen – sofern es gelingt, den Tod und Vernichtung speienden Berg mittels gezielter Sprengungen zur Ruhe zu bringen. So jedenfalls eine sehr gewagte Theorie – aber die einzige derzeit durchführbar scheinende. Der Meinung sind auch die Stabschefs sowie die Regierungsrepräsentanten der EAAU. Denen sitzt zu allem Übel noch die VOR im Nacken, welche die Gelegenheit nutzen, territoriale und politisch-militärische Vorteile aus dem Desaster zu ziehen. Man beauftragt die VEGA mit dieser heiklen Aufgabe, denn um den Kilimanjaro dicht zu bekommen, muss ein bis zum Rand mit Sprengstoff gefüllter Raumer in einer der kurzen Eruptionspausen an einer ganz exakt definierten Position gelandet und zur Detonation gebracht werden.

Das allein ist schon ein absolutes Himmelfahrtskommando mit wenig Überlebenschancen für die entsprechende Crew, da diese mit dem Beiboot innerhalb von rund anderthalb Minuten ausschleusen und buchstäblich aus der Todeszone abzischen müssen. Noch dazu kommt es auf sehr gutes Timing an, denn gleichzeitig wird an anderer Stelle eine Entlastungsöffnung in die gigantische Magmakammer gesprengt. Selbstverständlich ist VEGAs bester Mann dazu angedacht das Kind zu schaukeln, doch Brandis leidet derzeit unter unerträglichen Kopfschmerzen und ist flugunfähig. Ohnehin ist er der Ansicht, das Ganze habe weniger mit Fliegerei als mit Akrobatik zu tun. Freund und Kollege Robert Monnier soll’s nun für die Menschheit richten.

_Eindrücke_

Dieser Band setzt nahtlos am Vorgänger an und bildet somit die Fortsetzung der so unglücklich geendeten „Operation Sonnenfracht“. Dementsprechend finden sich hier eine Menge Figuren wieder ein, die schon dort anzutreffen waren. Brandis‘ Konterpart Pionier-Colonel Friedrich Chemnitzer etwa – und somit auch ein erneuter Schlagabtausch der beiden. Medizinmann John Malembo und seine renitente Guerillatruppe „Fliegende Löwen“ (kurz: FL) sorgen erneut durch ihre Sabotage- und Störaktionen für andauernde Spannungen. Zudem fügen sie der Geschichte einen gewissen Mystery-Faktor hinzu, denn offensichtlich sind die FL, trotz Verzichts auf jegliche Art von Schutz, gegen die Strahlung seltsamerweise immun. Außerdem haben sie – bzw. ihr Anführer Malembo – mit Brandis seit jenen Tagen des Vulkanausbruchs noch eine persönliche Rechnung offen.

Dieses Setup sorgt für ein hohes Tempo. Einzig und allein die ominösen Kopfschmerzepisoden von Mark Brandis bremsen die Pace herunter und erlauben ihm und dem Leser eine distanziertere Sicht. MB ist überdies verhältnismäßig lange zur Untätigkeit verdammt, was durchaus eine neue Komponente in der Serie darstellt. Überhaupt ist die Erzählweise diesmal ein wenig anders gestaltet und erweitert die in der Serie übliche Ich-Form von MB als Erzähler zusätzlich auf Ruth O’Hara, die hier aus ihren – fiktiven – Memoiren („Die Pilotenfrau“) zitiert. Auch VEGA-Chef John Harris streut zwischenzeitlich immer wieder seinen Beitrag ein („Harris-Report“). Diese Kapitel sind kurioserweise allerdings in der dritten Person bzw. aus der Perspektive eines externen, nüchtern-neutralen Beobachters abgefasst. Das erscheint stilistisch etwas inkonsequent.

Wie immer übertrifft die menschliche Komponente die Science Fiction. Während man Nikolai von Michalewsky für den Mut, seinen Heldenvor Angst regelrecht krank und damit untätig werden zu lassen, bis es fast zu spät ist, Respekt zollen muss, kränkelt mal wieder mal die physikalisch-technische Seite. So richtig plausibel ist der Plot diesbezüglich nicht. Insbesondere was Tektonik sowie Radioaktivität angeht, herrscht eine gewisse Naivität vor. NvM macht es sich hinsichtlich solcher gerade für eine glaubwürdige SciFi-Story wichtigen Dinge grundsätzlich zu leicht oder biegt sich die Elemente im Namen der Handlung oft soweit zurecht, sodass sie manchmal arg konstruiert wirken. Spannung aufzubauen gelingt ihm damit allerdings, spätestens beim zweiten Blick sollte man häufig jedoch generös die Augen zudrücken. Kenner der Serie sind darin geübt.

_Spoilerwarnung!_

Selbstverständlich bekommt die Hauptfigur Brandis letztendlich doch noch die Kurve, rettet (wieder mal sowie wenig überraschend) die Menschheit und sich selbst samt Crew, denkbar knapp. Einen kräftigen Schluck aus der Pathos-Pulle muss man – zumindest im Finale – schon verdauen, doch das gehört einfach zu einem MB-Roman. Dabei schafft NvM es auch gleich die noch offenen Nebenhandlungen zu einem halbwegs befriedigenden Abschluss zu bringen. Nur die vielleicht vom einen oder anderen Leser mit Freude erwartete erneute Konfrontation mit dem schmierig-arroganten Colonel Chemnitzer fällt ziemlich zahnlos aus. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben, die beiden vertagen ihre Zwistigkeiten auf den nächsten Band. Die nächste Baustelle wartet nämlich schon auf die Streithammel und so endet der „Alarm für die Erde“ mit einem Cliffhanger.

_Fazit_

„Alarm für die Erde“ bietet solide, action- sowie temporeiche MB-Kost mit allen bekannten Stärken und Schwächen, welche die Serie so sympathisch machten. Dabei überwiegen die positiven Aspekte. Obschon prinzipiell eigenständig, ist dieser Band der mehr oder weniger inoffizielle zweite Teil des gelungenen „Operation Sonnenfracht“ und gleichwohl der Brückenschlag zu „Countdown für die Erde“. Ohne den Vorgänger zu kennen ist das Buch kaum sinnvoll, daher ist es für Quer- wie Neueinsteiger in die Serie eigentlich nicht geeignet.

|ISBN: 978-3-93806-553-2
180 Seiten, Broschur|

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Mayo, Stephfordy – Bis(s) zum Abwinken. Die blutleere Parodie.

Wer heutzutage nicht wenigstens eine vage Ahnung davon hat, worum es in Stephenie Meyers backsteindicker [Twilight-Saga]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4600 geht, der hat in den letzten Jahren unter einem Stein gelebt. Unter einem ziemlich großen und schweren Stein. Der Erfolg der Reihe lässt sich nicht nur daran ablesen, dass tausende (meist jugendliche) Leserinnen an jedem Wort der Autorn hängen. Der Erfolg zeigt sich auch dadurch, dass die Reihe verfilmt wird – und dass sie Parodien hervorbringt, von der Stephfordy Mayos „Biss zum Abwinken“ tatsächlich nur eine ist. Dafür aber eine durchaus lesenswerte.

_Hella Wahn_ (der Name ist Programm) war mal ein Kinderstar in Büchern mit so bezeichnenden Titeln wie „Hella kriegt, was sie will“ und „Hella will noch mehr“. Doch dann ist es still um sie geworden – irgendwie hat sie wohl den Absprung vom Kinderbuchstar zum erwachsenen Charakter nicht so recht geschafft. Doch das soll jetzt anders werden. Deswegen zieht sie zu ihrem Dad nach Spachtel, da sich dort die „Spachtel Akademie für fiktionale Höchstleistungen“ befindet. Mit dieser fundierten Ausbildung, da ist sich Hella sicher, wird sie endlich den Sprung ins ernste Fach schaffen und an alte Erfolge anknüpfen.

Natürlich ist sie etwas vom Lehrstoff abgelenkt, als sie Teddy Kelledy kennen lernt. Die beiden sind Seelenverwandte, das erkennt sie sofort. Und natürlich ist auch Teddy ihr gleich ergeben – bis er sich mal einen Tag nicht blicken lässt und damit Hella in tiefste Depressionen stürzt: Selbstmordgedanken nicht ausgeschlossen. Als Teddy dann auch noch beschließt, für zwei Wochen nach Rumänien zu fahren und Hella ihn schlussendlich retten muss, da er kurz davor steht, einen Pornofilm zu drehen, wird die Handlung schon reichlich konfus. Und als dann auch noch die große UMGESTALTUNG eintritt und alle möglichen Horrorcharaktere sich treffen, um festzulegen, wer für die nächsten Jahre die Oberherrschaft im Film-, Serien- und Buchgeschäft haben wird, da weiß dann auch der letzte Leser – ernst ist anders!

_“Biss zum Abwinken“_ ist wirklich kurzweilige Unterhaltung, durchaus komisch und von einer Autorin geschrieben, die offensichtlich ein sehr gutes Auge für die Untiefen von Meyers erzählerischer Inkompetenz hat. Ein großer Teil der Komik erwächst aus der Tatsache, dass Mayo die Erzählstrategien Meyers gnadenlos bloßlegt und so der Lächerlichkeit preisgibt. Hella und Teddy, Mayos Versionen von Meyers reichlich unrealistischen Charakteren Bella und Edward, sind dafür ein gutes Beispiel. Hella, siebzehn, sieht sich ständig damit konfrontiert, dass sie für jünger gehalten wird, weil sie sich so kindisch benimmt. Auch ist sie eine egozentrische, eingebildete Ziege, die (ganz im Sinne der Pubertät) noch nicht begriffen hat, dass das Universum sich eben nicht um sie dreht. Was daran komisch sein soll? Dass Hella selbst sich als Bella sieht – schüchtern, hilfsbereit und unverstanden -, ihre Handlungen aber genau das Gegenteil implizieren. Der Gegensatz, wie ein Charakter erzählt wird und wie er tatsächlich beim Leser ankommt, ist eine der zentralen Strategien Mayos, um Komik zu erzeugen. Und natürlich kann diese Strategie nur erfolgreich sein, wenn man sie aus Meyers Prosa wiedererkennt.

Der Roman arbeitet einige der wichtigsten Handlungspunkte von Meyers Serie ab, schafft es aber – Gott sei Dank – in viel weniger Seiten zum fast selben Ergebnis zu kommen. Was das über Meyers Erzählerqualitäten aussagt, kann sich jeder selbst ausmalen. Stephfordy Mayo glänzt mit vielen literarischen Bezügen und kleineren artverwandten Gags (so werden beispielsweise den Verlierern bei der UMGESTALTUNG Nebenrollen bei „Supernatural“ versprochen), man könnte also durchaus von einer teilweise metaliterarischen Behandlung des Meyerschen Stoffes sprechen. Schließlich kann eine Parodie nur gut sein, wenn sie die Mechanismen des Originals durchschaut und es dann schafft, sie auf komische Weise sichtbar zu machen.

Das gelingt Mayo auch bei vielen anderen Kleinigkeiten, so zum Beispiel bei der unterdrückten Erotik der Twilight-Bücher. So zeigen sich auch Hella und Teddy reichlich ahnungslos, obwohl die sexuelle Komponente immer mitschwingt. So passiert zum Beispiel folgendes, als Hella intensiv über Teddy nachdenkt: „Warum fühlte sich mein Schritt nur so nass und klebrig an, wenn ich nur an ihn dachte?“ Der Leser kann es sich denken, doch dann kommt die 180-Grad-Drehung: „Ach so, das war ja nur meine verschüttete Limo.“

_“Biss zum Abwinken“_ ist eine wirklich gelungene Parodie. Es bleibt zu hoffen, dass sie nicht am eigentlichen Publikum (nämlich den Fans der Twilight-Reihe) vorbeigeschrieben ist. Denn wie meint Hella so schön: „Jede Geschichte mit mir im Mittelpunkt hat eine Ironie-freie Zone zu sein.“ Wünschen wir also den Fans eine große Dosis Ironie, damit sie über sich und ihr Lieblingsbuch mal herzlich lachen können!

|Broschiert: 254 Seiten
ISBN-13: 978-3492259262
Originaltitel: |New Moan. The Twishite Saga|
Deutsch von Henriette Zeltner|

Briggs, Patricia – Spiel der Wölfe (Alpha & Omega 2)

_ Alpha und Omega:_
Band 1: [„Schatten des Wolfes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5926
Band 2: _Spiel der Wölfe_

Anna hat im ersten Band von Patricia Briggs Serie „Alpha und Omega“ gelernt, dass sie einer der seltenen Omega-Werwölfe ist. Sie steht außerhalb der in einem Rudel so wichtigen Hierarchie und hat dadurch einen beruhigenden Einfluss auf andere. Im zweiten Band, „Spiel der Wölfe“, lernt sie, wie wichtig ihre Omegafähigkeiten sein können und auch, wie begehrt sie sind …

_Der Marrok von_ Amerika, der mächtigste Werwolf in den USA, hat beschlossen, das streng gehütete Geheimnis der Werwölfe preiszugeben. Sie wollen ihr Leben nicht mehr versteckt inmitten der Menschen führen, sondern offen mit ihrem besonderen Wesen umgehen. Doch dieses Vorgehen stößt nicht überall auf Zustimmung. Vor allem die europäischen Werwölfe sind damit nicht einverstanden. Eine gemeinsame Konferenz in Seattle soll Vorbehalte aus der Welt schaffen.

Doch wenn so viele mächtige Alphawölfe auf einer Stelle sind, geht das natürlich nicht ohne Reibung vonstatten. Deshalb schickt der Marrok den mächtigen Charles und die Omega-Wölfin Anna nach Seattle. Doch sehr bald merken sie, dass der Gegenwind aus Europa stärker ist als gedacht. Anna wird bei einem Einkaufsbummel von einer Gruppe Vampire überfallen und wenig später findet man den Alpha der französischen Werwölfe ermordet in seinem Haus auf. Der Verdacht fällt ausgerechnet auf Charles, die Verhandlungen drohen zu kippen …

_Die „Alpha und_ Omega“-Serie spielt in der Welt von Briggs‘ Mercy-Thompson-Romanen. Einige der Figuren sind sogar gleich, die Erzählperspektive ist jedoch eine andere. Charles und Anna erzählen nicht nur von ihrer gemeinsamen Reise, sondern auch von ihrem gemeinsamen Leben. Charles fällt es immer schwerer, seinen Menschen und seinen inneren Wolf auseinander zu halten. Anna, seine Ehefrau, hilft ihm dabei mit ihren Omegafähigkeiten. Gleichzeitig fühlt sie sich nach ihren ersten traumatischen Erfahrungen in einem Werwolfrudel noch immer durch die Regeln und Sitten der Gestaltenwandler verunsichert. Die beiden ergänzen sich als Hauptpersonen gut, doch sie wirken zu distanziert. Für den Leser ist es schwierig, Zugang zu ihnen zu bekommen, worunter auch die Geschichte leidet.

Diese fängt darüber hinaus sehr ruhig an. Es dauert eine Weile, bis etwas wirklich Wichtiges passiert. Erst gegen Ende nimmt die Handlung Fahrt auf und wird spannend. Dann stellt sich nämlich die Frage, wer Anna angegriffen und wer den Werwolf ermordet hat. Allerdings legt Briggs nicht genug Fokus auf diesen Kriminalfall. Sie löst ihn zu schnell und zu simpel. Dadurch bleibt insgesamt doch ein etwas schaler Nachgeschmack zurück. Außer viel Politik, ein wenig Romanze und dem doch eher schwach erzählten Handlungsstrang um den Mord und den Angriff bietet „Spiel der Wölfe“ nicht viel.

Darüber hinaus ist der Schreibstil zumindest am Anfang etwas mühselig. Verwirrende Gedankensprünge und Schachtelsätze machen die Lektüre nicht gerade einfach. Einige Stellen muss man mehrmals nachlesen, um ihren Sinn zu verstehen. Überhaupt erfolgt der Einstieg in die Geschichte sehr hastig, was gerade dann, wenn man nicht alle Informationen aus dem ersten Band sofort wieder parat hat, ärgerlich ist. Mit der Zeit legen sich diese Probleme jedoch. Man steigt besser in die Geschichte ein, die ansonsten flüssig geschrieben ist.

_Doch diese Anlaufschwierigkeiten_ und die etwas simple Handlung sind Schuld daran, dass „Spiel der Wölfe“ nicht wirklich zündet. An die Mercy-Thompson-Reihe kommt „Alpha und Omega“ noch lange nicht heran.

|Taschenbuch, 415 Seiten
Originaltitel: |Hunting Ground|
Deutsch von Vanessa Lamatsch
ISBN-13: 978-3453526792|
http://www.heyne.de
http://www.patriciabriggs.com

_Weitere Bücher von Patricia Briggs bei |buchwurm.info|:_
[„Drachenzauber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3933
[„Rabenzauber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4943
[„Ruf des Mondes (Mercy Thompson 01)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4490
[„Bann des Blutes (Mercy Thompson 02)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5091
[„Zeit der Jäger (Mercy Thompson 04)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6250

Schüller, Martin – TATORT: Die Blume des Bösen

Den TATORT kennt heute selbst jedes Kind. Kaum ein Format kann auf eine längere und erfolgreichere Geschichte im deutschen Fernsehen zurückblicken als die legendäre Krimiserie der ARD. Nun zündete man eine weitere Stufe der Vermarktung. Die beliebtesten Kommissare bzw. Ermittlungsteams gehen nun auch in Buchform auf Verbrecherjagd. Als Vorlage dienen – derzeit zumindest – bereits im TV ausgestrahlte Fälle der Mordkommissionen aus Köln, Saarbrücken, Berlin und München. Die jeweils 160 Seiten starken Bücher erscheinen seit Ende September 2009 als Broschur bei |Emons| und kosten 8,95 Euro pro Band. „Die Blume des Bösen“ spielt in Köln, wo das langjährige Kripo-Dreamteam Ballauf/Schenk ermittelt.

_Zur Story_

Jemand hat seine Hausaufgaben gemacht – und zwar sehr gründlich. Er kennt scheinbar jedes noch so kleine Detail aus dem Leben des Hauptkommissars Max Ballauf. Er sammelt jeden Informationsschnipsel und verfolgt alles, was über den Dienststellenleiter der Kölner Mordkommission durch die Presse geht. Dass er dabei nichts Gutes im Schilde führt, dürfte klar sein. Der derart Observierte ahnt nichts von dem teuflischen Spielchen, welches sein bis dato unbekannter Gegenspieler mit ihm vorhat, als er zusammen mit seinem Kollegen Freddy Schenk zum Kölner Güterbahnhof gerufen wird: Fund einer Frauenleiche in einem Frachtwaggon.

Kein Routinefall – Ballauf kennt das Opfer. Eine Kurzbeziehung, die er vor Jahren einmal hatte. Offensichtlich hat der Täter den Tatort bzw. die Auffindesituation regelrecht inszeniert. Doch ob und was er damit sagen will, bleibt zunächst im Dunkeln. Der Doc stellt bei der Obduktion lediglich ein hochwirksames, synthetisches Spezialgift als Todesursache fest. Eine Substanz, welche so ohne Weiteres nirgendwo erhältlich ist. Ein erster Anhaltspunkt also. Der Täter bleibt derweil nicht inaktiv und beginnt mit präparierten Postsendungen und Drohanrufen, Ballauf aus der Reserve zu locken. Er droht, entführt, fordert Geld und verteilt Rätselaufgaben, die weitere Verbrechen verhindern sollen. Einmal hetzt er ihn sogar zu Fuß quer durch Köln – für Nichts.

Der Schlüssel muss irgendwo in Ballaufs Vergangenheit liegen, doch das Denken fällt ihm derzeit besonders schwer. Es plagen ihn grausame Zahnschmerzen und die Sorge um seine Lieblingscousine Beatrice, welche mit Krebsverdacht zur Untersuchung für einige Tage ins Klinikum bestellt wird. Max macht inzwischen den House- und Babysitter bei ihr und wälzt, während er zwischen Kinderbetreuung, geplatzten Zahnarztterminen und Büro schwankt, teils uralte Akten durch, um heraus zu finden, wem er wann auf die Füße getreten sein mag, sodass er diesen perfiden Rachefeldzug verdient haben könnte. Sein Peiniger schreckt ja nicht einmal davor zurück, Beatrices kleine Tochter trotz Polizeischutzes vom Kindergarten abzufangen.

_Eindrücke_

Schon im Prolog wird deutlich, wie der Hase läuft und der Täter ungefähr gestrickt ist – lediglich die Person und sein Motiv bleiben im Verborgenen. Damit ist der Leser den Protagonisten bereits einen guten Schritt voraus, als das Ermittlerduo Ballauf/Schenk am ersten Tatort eintrifft. In der TV-Episode fällt die gefühlte Spanne etwas kürzer aus, bis bei den beiden der Groschen fällt, dass es sich um einen persönlichen Rachefeldzug handelt. In der Romanadaption kann es Martin Schüller etwas spannender gestalten und den Leser damit geschickter hinhalten, als das beim Drehbuch von Thomas Stiller der Fall ist. Dort steht das Katz-und Mausspiel etwas mehr im Vordergrund und wirkt auch durch audiovisuelle Darstellungsmöglichkeiten actionreicher. Der Bezug zum gleichnamigen Werk von Claude Chabrol kommt übrigens nicht von Ungefähr.

Fernsehfolge und Roman haben – obwohl von Inhalt und Handlungsabfolge her vollkommen identisch – einen leicht unterschiedlichen Grundtenor. Die Buchfassung erscheint allerdings subjektiv insgesamt einen Tick düsterer sowie der Spannungsbogen kontinuierlicher. Dabei ist es schwer zu sagen, welche Variante nun die Bessere ist. Beides hat was und es unterliegt somit sehr stark dem persönlichen Geschmack des Konsumenten, welche Fassung er bevorzugt. Fans der Kölner Mordkommission werden „ihre“ Figuren auf jeden Fall wieder erkennen, wobei die gegenüber Unbedarften schwer im Vorteil sind, da diese die Charaktere bereits fix und fertig im Kopf bzw. vor Augen haben. Ausführliche Personenbeschreibungen fehlen nämlich.

Überhaupt ist das immer der schwierigste Teil einer Adaption: Die richtige Atmosphäre zu treffen. Gerade wenn es sich um solch kultige – insbesondere Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär sei Dank – (Tatort-)Figuren handelt, besteht stets die Gefahr sich irgendwie im Ton zu vergreifen, zu verzetteln oder Dinge herein zu interpretieren, welche mit den TV-Vorbildern kollidieren. Zu unterschiedlich sind die zur Verfügung stehenden stilistischen Mittel der beiden Medien. Martin Schüller, seines Zeichens ebenfalls Buchautor für die bisherigen literarischen Umsetzungen der Tatorte mit Thiel/Boerne (Münster), Batic/Leitmayr (München) und Schimanski/Thanner (Duisburg), lässt hier aber nichts anbrennen und meistert diese Aufgabe ausgesprochen elegant und bis zum Schluss rasant und spannend – sofern man die Fernsehfassung nicht kennt, natürlich.

_Fazit_

Der Fall an sich ist einer der Besseren, obwohl das alte Rache-am-ahnungslosen-Bullen-Thema so neu eben nun doch nicht ist. Das Buch hat die Nase stellenweise vorn, da es das Kopfkino auf ganz andere Art anspricht. Das erfordert naturgegeben eine andere Taktik und Erzählstruktur, als das, was auf dem Bildschirm möglich ist. So ist hier das Tempo vielleicht geringfügig gemächlicher, dafür der Level konstanter und auch das Ambiente ein Stück weit bedrohlicher. Also TV oder Roman? Bei „Blume des Bösen“ eine schwierige Frage. Die gerechteste Antwort wäre sicherlich: Beides.

|Begleitbuch zur gleichnamigen ARD-Serie „Tatort“
Nach einem Drehbuch von Thomas Stiller
ISBN: 978-3-89705-658-9
160 Seiten, Broschur|
http://www.emons-verlag.de

_Tatort beim Buchwurm:_
[Blinder Glaube]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5914
[Strahlende Zukunft]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5956
[Todesstrafe]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6346
[Aus der Traum]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6547
[Tempelräuber]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6549

Fasquelle, Solange – Trio Infernal

_Das geschieht:_

Sie haben sich nicht gesucht, doch wahre Schurken finden sich manchmal selbst: Philomena Schmidt und ihre Schwester Kathrin verschlägt es nach dem Ersten Weltkrieg aus Bayern ins südfranzösische Marseille. Von ehrlicher oder gar harter Arbeit halten sie wenig, was den moralfreien Rechtsbeistand Georges Sarret aufhorchen lässt. Den ehrgeizigen aber im sozialen Abseits stehenden Mann drängt es in die Politik. Dieser Aufstieg ist jedoch teuer, denn seine Verbündeten muss Sarret sich kaufen. Das notwendige Geld verschafft er sich durch Veruntreuungen und Versicherungsbetrug. Geschick und ein guter Leumund haben ihn nie in Verdacht geraten lassen.

Die Schmidt-Schwestern sind bald nicht nur beide seine Geliebten, sondern auch willige Komplizen. Sowohl Philomena als auch Kathrin heiraten beide deutlich ältere und gut versicherte Männer, die wenig später das Zeitliche segnen. Als der Ex-Priester Chambon, ein weiterer Helfershelfer, Sarret zu erpressen beginnt, ist sein Todesurteil gesprochen. Mit Hilfe der Schwestern lockt der Anwalt nicht nur Chambon, sondern auch dessen Lebensgefährtin in eine angemietete, vorteilhaft einsam gelegene Villa. Dort werden beide umgebracht, die Leichen mit Schwefelsäure aufgelöst und die Reste entsorgt. Anschließend macht Sarret den Besitz der Chambons zu Geld.

Da niemand ihnen auf die Schliche kam, werden weitere Verbrechen geplant. Doch die Schwestern und der Anwalt werden gierig und leichtsinnig. Außerdem bricht ein Streit um Beute-Anteile aus. Allerdings ist man einander nach zahlreichen Untaten auf Gedeih und Verderb verbunden. Das rächt sich, als nach Jahren die Polizei endlich misstrauisch wird. Die Mühlen der Justiz mahlen jedoch langsam, was dem infernalischen Trio die Möglichkeit gibt, noch einmal neue kriminelle Höhen zu erklimmen …

_Zu absurd, um nicht wahr zu sein_

Dies ist eine jener Geschichten, die so absurd ablaufen, dass sie einfach wahr sein MÜSSEN. Wie die Autorin in ihrer täuschend naiven Ausdrucksweise gleichsam nebenbei deutlich macht, ist dem freilich keineswegs so: Während man es heutzutage schnell entlarvt hätte, boten die zeitgenössischen Verhältnisse dem Treiben des infernalischen Trios einen idealen Nährboden. Freilich ist die menschliche Dummheit unsterblich. Geht man davon aus, dass Gier, moralfreie Skrupellosigkeit und nicht die Lust aber der Wille zum Mord zeitlose Phänomene sind, könnte unser Trio unter Berücksichtigung der veränderten Grundvoraussetzungen womöglich doch erfolgreich ‚arbeiten‘.

Fest steht, dass sich die von Solange Fasquelle geschilderten Ereignisse in den Jahren 1918 bis 1934 tatsächlich zugetragen haben. Die Autorin stützt sich auf Primär- und Sekundärquellen. Dennoch ist „Trio Infernal“ nur bedingt eine |True-Crime|-Story. Fasquelle berücksichtigt die Fakten, ohne sich von ihnen fesseln zu lassen. Für „Trio Infernal“ werden Sarret, die Schmidt-Schwestern und alle, die ihren Weg kreuzen, zu Romanfiguren. Fasquelle macht sich die meist nur unter Hervorhebung ihrer kriminellen Aktivitäten beschriebenen Personen zu Eigen. Sie vertieft ihre Charaktere, indem sie ihnen, die mit ihren überlieferten Original-Äußerungen vor allem ihre Köpfe retten wollten, Gedanken und Worte gibt: So könnte, so müsste es gewesen sein, als das Trio noch unter sich und mit zahlreichen Übeltaten beschäftigt war.

|Gerade die Kleinen wollen nach oben|

Die Gelegenheit war günstig: Nach dem Ersten Weltkrieg kamen lange verkrustete Systeme endgültig ins Rutschen. Nicht länger war die Herkunft für den Sozialstatus ausschlaggebend. Auch ’neues‘ Geld konnte jetzt den Aufstieg bringen. Wichtig war und blieb dabei die individuelle Einbettung in ein soziales Netz. Georges Sarret hätte die ersehnte Karriere gelingen können. Er stolperte nicht über seine politischen Ambitionen, sondern über seinen – im Doppelsinn – kriminellen Leichtsinn.

Solange Sarret seine Fassade als Bieder- und Ehrenmann aufrecht erhalten konnte, blieb er quasi sakrosankt. Fasquelle schildert vordergründig witzig, dabei aber auch gallig, wie die Polizei nicht das verdächtige Treiben Sarrets, sondern den Gedanken, einen prominenten Mann mit Mord und Leichenbeseitigung in Verbindung zu bringen, für ungehörig hält und verwirft. Als Sarret seinen Schwager umbringt und sich als Täter praktisch auf dem Silbertablett anbietet, greift erneut die Prämisse, dass nicht sein kann, was nicht sein darf: Das neue Establishment beansprucht alte Privilegien.

Im Gegensatz dazu sind die Bedürfnisse der Schmidt-Schwester menschlicher. Sie wollen die Armut und vor allem die Stufe der grauen, öden Dienstboten-Existenz hinter sich lassen. Was zunächst verständlich wirkt, wird von Fasquelle erneut ironisch relativiert: Sobald Philomene und Catherine gelungen ist, wonach sie strebten, verwandeln sie sich in Ebenbilder genau jener Gesellschaftsdamen, die sie zuvor verflucht hatten. Geblieben ist ihnen nur die Furcht vor dem Rücksturz ins Proletariat, den sie deshalb um wirklich jeden Preis verhindern wollen.

|Das vom Teufel getriebene Trio|

Großmannssucht und Angst: Diese beiden Pfeiler stützen das Fundament, auf dem das „Trio Infernal“ knapp zehn Jahre stabil ruht. Fasquelle schildert Sarret, Philomene und Catherine als grundsätzlich alltägliche Zeitgenossen, die höchstens rücksichtsloser und dabei ehrlicher als ihre Mitmenschen vorgehen. Fatal wird es, als diese drei Personen zueinanderfinden. Ein auch von Fasquelle nicht georteter Katalysator lässt aus kleinen Ganoven Kapitalverbrecher werden.

Sie haben sich wie gesagt nicht gesucht aber gefunden, und sie ergänzen einander mit fataler Präzision. Während die Verfilmung stark auf den erotischen Aspekt der Beziehung setzt, konzentriert sich Fasquelle auf die Geldgier als primär verbindenden Faktor. Damit dürfte die Verfasserin die nüchterne Wahrheit besser beschreiben als Drehbuchautor und Regisseur Francis Girod. Sie hält sich an die überlieferten Quellen, und womöglich wahrt sie auch eine Zurückhaltung, die Girod auf dem Weg zum forcierten Film-Skandal scheute und scheuen musste.

Vor allem im Mittelteil gelingt Fasquelle die Schilderung eines Trios, das durch die Ignoranz des geblendeten Establishments eigentlich plumpe Verbrechen begeht, deren Gelingen die drei Personen anstachelt, es immer weiter zu treiben, bis das Glück sie verlässt – und verlassen muss, da die letzten Verbrechen so dreist und unbekümmert inszeniert werden, dass die Entdeckung nicht nur unausweichlich wirkt, sondern tatsächlich ist.

|Abruptes Absturz mit bösem ‚Happy End’|

Die historische Realität, der Fasquelle sich verpflichtet fühlt, wirft ihr einen dramaturgischen Knüppel zwischen die Autorenbeine. Das Ende des Trios kommt zwar, weil es kommen musste, aber es erfolgt dennoch so abrupt, dass ein geschickter Autor es in die Länge ziehen würde. Im letzten Drittel lässt Fasquelle ohnehin die Sorgfalt vermissen, mit der sie bisher die Ereignisse mit Leben erfüllt hat.

Dabei erfasst sie sehr wohl die neuerliche Ironie, die dem Untergang des Trios innewohnt: Die Schmidt-Schwestern, die nach und nach zu bloßen Helfershelfern des immer unerschrockener betrügenden Sarret herabgesunken zu sein schienen, zeigen vor Gericht wesentlich mehr Geschick als ihr alter Meister. Sie nutzen das zeitgenössische Vorurteil, Frauen seien geistig so simpel gestrickt, dass sie leicht verleitet und beherrscht werden können, mit einer Meisterschaft, die genau dies drastisch widerlegt.

Als der Tag der Abrechnung schließlich gekommen ist, bleiben die Köpfe der cleveren Schmidt-Schwestern auf ihren Schultern, während der intelligente und gebildete, alle Register seiner juristischen Kunst ziehende Sarret das Nachsehen unter der Guillotine hat. Begünstigt auch durch ein Sozial- und Rechtssystem, das auf die intellektuelle Zweitklassigkeit der Frau bestand, um sich in selbstzufriedener Wahrung traditioneller Verhältnisse zu wiegen, an denen möglichst nicht gerüttelt werden sollte, trugen die beiden „schwachen Frauen“ den Sieg davon. Insofern bekommen Sarrets letzte überlieferte Worte eine Doppelbedeutung: |“Ich bin Opfer einer Ungerechtigkeit“|. Da hat er – Ironie in buchstäblich letzter Sekunde – durchaus Recht.

|“Trio Infernal“ – der Film|

1974 inszenierte der ehemalige Journalist und spätere Produzent und Drehbuchautor Francis Girod (1944-2006) mit „Trio Infernal“ sein Regiedebüt. Er raffte die sich über ein Jahrzehnt erstreckenden Ereignisse, wich im Finale von der Realität ab und lud seine Geschichte mit aus zeitgenössischer Sicht ‚perversem‘ Sex auf. Mit Michel Piccoli (Sarret), Romy Schneider (Philomene) und Mascha Gonska (Catherine) besetzte Girod die Hauptrollen mit Darstellern, die optisch deutlich attraktiver wirkten als ihre historischen Vorbilder.

Girod gelang ein inhaltlich wie formal überragender Film, der die Gesellschaftskritik der Romanvorlage deutlich überhöhte. Sicherheitshalber setzte der Regie-Neuling zusätzlich auf den Skandal. Die Beseitigung der Leichen nach dem Doppelmord wird bei ihm zur rabenschwarzen Komödie, die den Zuschauer zwischen Übelkeit und Gelächter schwanken lässt. Als sich Jahre später der Skandal-Effekt verflüchtigt hatte, wurde „Trio Infernal“ als Klassiker des (französischen) Films anerkannt.

_Autorin_

Solange Fasquelle wurde 1933 als Tochter der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Edmée de La Rochefoucauld geboren. Dem Vorbild der Mutter folgend, wurde auch die Tochter Autorin. Sie schrieb 25 Bücher, darunter Historienromane, Sachbücher und 1971 den auf Tatsachen basierende Kriminalroman „Le trio infernal“, mit dem sie nicht nur auf literarischer Ebene Aufsehen erregte, als 1974 der gleichnamige Film durch die drastische Darstellung von Mord und Sex zu einem Skandal-Erfolg wurde.

|Hardcover: 192 Seiten
Originaltitel: Le Trio Infernal (Paris : Presses de la Cité 1971)
Übersetzung: Irène Kuhn u. Ralf Stamm
ISBN-13: 978-3-9403-5720-5|
[www.lilienfeld-verlag.de]http://www.lilienfeld-verlag.de

Vitale, Giuseppina – Ich war eine Mafia-Chefin

Die Mafia – in Italien so bekannt wie die gute Gastronomie, das Forum Romanum, Kultur und Geschichte. Na ja, die Mafia ist gleichbedeutend Kultur und Geschichte im Süden Europas und durchdringt nicht nur das gesellschaftliche Leben, sondern natürlich auch Politik und Wirtschaft.

In Sizilien gehört die Mafia zum Alltag. Oftmals sind es Tragödien, die ganze Familien in den Abgrund der Kriminalität, des organisieren Verbrechens reißen, und somit alles in Frage stellen, wofür sie eigentlich leben.

Die Mafia ist für sich eine einzigartige Metropole, in der die „Herrscher“ in den mächtigen Familien sich wie kleine Könige aufführen. Zumeist sind es Männer, die hier in der nicht immer durchsichtigen Hierarchie das Sagen haben. Doch, was ist mit den Frauen dieser mächtigen, kriminellen Familien? Wo bleiben sie, wenn die Männer sich auf der Flucht vor dem Staatsanwalt in wilden Berggegenden verstecken, oder sich durch Verrat oder Überheblichkeit in einem italienischen Gefängnis wiederfinden?

Es ist ein Kampf der Männer um Geld, Macht, Respekt und Einfluss, doch hin und wieder zieht auch eine Frau die Fäden hinter der Bühne, und organisiert die wenig legalen bis zu hochkriminellen Geschäfte ihrer Brüder oder Ehemänner.

In dem Buch „Ich war eine Mafia-Chefin“ von Giuseppina Vitale mit Unterstützung der Journalistin Camilla Costanzo, erzählt die Autorin von ihrem Leben mit der Mafia und ihrer Rolle in diesem Mordsspiel, bei dem es am Ende doch kaum Gewinner gibt.

_Inhalt_

Giuseppina Vitale wächst in Sizilien auf, als viertes Kind und einzige Tochter ihrer Familie ist das Leben nicht einfach. Ihr Vater ein Landwirt, dessen Leidenschaft Pferde sind und ihre Mutter, die ein strenges Regime führt, sind einfache Menschen, die zwar um die Existenz der ehrenwerten Gesellschaft kennen, sich aber distanziert aus allen Geschäften heraushalten.

Doch der Vitale-Clan, wie er auch später im Buch bezeichnet wird, kann sich nicht verschließen. Giuseppinas ältere Brüder wandeln schnell auf kriminellen Pfaden und verirren sich auch schnell unter dem Einfluss von Macht und Gewalt. Diese Gewalt spüren die junge Frau und ihre Eltern am eigenen Leib. Nicht selten werden sie von den drei Söhnen, die nun „Mafiosi“ sind, bedroht und verprügelt, selbst vor ihrem eigenen Vater haben sie kein Respekt mehr. Was hier noch zählt, ist Ehre und damit verbunden seinen Willen durchzusetzen, mit allen Mitteln und gerne mit Gewalt.

Giuseppinas Welt bestimmte 33 Jahre lang die Cosa Nostra. Immer wieder wird sie mit Gewalt konfrontiert, entweder durch ihre Brüder oder durch ihren Ehemann, sie kann sich nicht freimachen und ihre Wurzeln liegen in Partinco, einer Kleinstadt bei Palermo. Unaufhaltsam werden die Brüder von der italienischen „Krake“ – La Piovra in den hierarchischen Stufen an die Spitze der ehrenwerten Gesellschaft gezogen, und somit wird die junge Frau immer mehr in die Geschäfte ihrer Brüder involviert.

In ihrem Buch, das mehr Aufarbeitung und eine Abrechnung ist, beschreibt sie kompromisslos und sehr persönlich ihr Leben. Immer den Schein der Normalität vor sich her tragend beschreibt sie die Brutalität ihrer Brüder, die Verhaftungen und den Besuch in Gefängnissen. Blut ist dicker als Wasser, und hier wurde genau das gelebt, egal wie rücksichtslos ihrer Familie auch zu ihr, geliebt hat sie, sie immer.

Doch auch ihre Brüder zeigen sich „ehrenwert“ ihr gegenüber und verletzen und beschützen sie mit einer Intensität, die man schon als krankhaft bezeichnen kann, und ohne Rücksicht auf andere.

Guiseppina erzählt von der Brutalität der Bosse gegenüber der Politik und der Justiz. In den späten 80er Jahren, wie auch in den 90ern bekämpfen sich die Mafia und der italienische Staat mit allen Mitteln. Höhepunkte sind die brutalen Morde an Richter Falcone und wenig später an dem Staatsanwalt Boresellino. Erst danach sieht sich der Staat gezwungen zu reagieren und ein Krieg entbrennt um die Macht im Staate. Als ihre Brüder entweder auf der Flucht sind oder sich in Haft befinden, fällt die Befehlsgewalt an die junge Frau und damit wird sie zur Chefin eines ganzen Landkreises, und manchmal ist das gleichbedeutend über Leben und Tod zu entscheiden.

In dem Buch vermittelt die junge Frau eine hervorragende Innenansicht der Clans, der Familien und deren finanziellen und auch emotionalen Machtverhältnissen. Leider können wir mit vielen dort genannten Namen nicht wirklich viel anfangen, bis auf wenige Ausnahmen.

Guiseppina erzählt ihre Geschichte zeitlich chronologisch und das mit einer Offenheit, die überzeugend wirkt. Nichtsdestotrotz, so erschreckend plausibel ihre Geschichte auch ist, wirkt sie zwar für den Leser aufwühlend, aber noch lange nicht schockierend.

Ein großes und vielleicht alles entscheidende Manko ist es, dass die Autorin ihre Kindheit und Jugend im Kreise der Familie, also auch im Dunstkreis der Mafia erzählt, erst die letzten Kapitel beschreiben ihre Machtbefugnisse und auch diese sind nur oberflächlich. Als sie verhaftet wird, und das ist wirklich ihre Rettung, ist sie auf einmal auf sich alleine gestellt. Ihr beiden Kinder vermissend, konfrontiert sie sich mit ihrer Vergangenheit und zieht letztlich einen Schlussstrich, der endgültig ist. Ihre Mutter hat nun keine Tochter mehr und ihre eigenen Brüder wünschen ihr den Tod.

Im Kronzeugenprogramm des italienischen Staates, der sie ständig unter polizeilichen Schutz stellt, fühlt sie das erste Mal das Glück, alleinige Entscheidungen zu vertreten. Das ist ein Luxus, den sie sich all die Jahre nicht leisten konnte.

_Fazit_

„Ich war eine Mafia-Chefin“ von Giuseppina Vitale ist ein oberflächliches, vielleicht sogar überflüssiges Buch, da es nicht das bietet, was der Leser eigentlich vermutet. Viel Neues erfährt der Leser aus dem Buch nicht, weder über die Machtspielchen der Mafia, noch über die Verbindungen, die bis in die Politik reichen. Das Buch ist eher eine Abrechnung mit ihrer Vergangenheit, eine Aufarbeitung der Sünden, der Abhängigkeit und des Schmerzes. Die Rolle der Frau eines Mafiosi bleibt fast unangetastet.

Ihre Geschichte ist die Spitze des Eisberges, das eigentliche Volumen bleibt aus welchen Gründen auch immer im Verborgenen. Vielleicht ist es auch zu schmerzhaft, sich tiefer mit ihrer eigenen Psychologie zu befassen, wir werden es nicht erfahren.

„Ich war eine Mafia-Chefin“ ist nur bedingt empfehlbar. Für italienische Frauen nichts Neues, für andere Menschen Europas sowieso nicht nachvollziehbar. Andere Kulturen bergen immer fremde und seltsame Sitten die Außenstehende halt schwerlich begreifen.

_Autorin_

Giuseppina Vitale, geboren 1972, war die erste Frau in der Cosa Nostra, die als Chefin einem Clan vorstand. Nach ihrer Verhaftung hat sie als Kronzeugin vor Gericht ausgesagt. Heute lebt sie zusammen mit ihren Kindern im Zeugenschutzprogramm – weit weg von ihrer Familie und ihrer Heimat Sizilien. (Verlagsinfo)

|Hardcover: 192 Seiten
Originaltitel: Ero cosa loro L’amore di una madre può sconfiggere la Mafia
Originalverlag: Mondadori
Aus dem Italienischen von Julia Eisele
ISBN: 978-3-421-04442-6|
[www.randomhouse.de/dva]http://www.randomhouse.de/dva/index.jsp

Blazon, Nina – Ascheherz

_Summer ist ein junges Mädchen_, das keinerlei Erinnerung an ihr Leben hat. So begann ihr, wie sie es nennt, „Katzenleben“ vor knapp eineinhalb Jahren.

Seitdem ist die junge Schauspielerin und Tänzerin auf der Flucht. In ihren Träumen macht ein Blutmann Jagd auf Summer, um sie zu töten. Dieser düstere Mann macht Summer große Angst, auch wenn sie keinerlei Erinnerung hat, warum dies so ist.

Seit Kurzem befindet Summer sich in Maymara, einer Stadt am Meer und hat sich der Theatergruppe von Mort angeschlossen. Sie ist so glücklich, wie sie es unter ihren Umständen sein kann, bis sie bei einer Vorstellung die Handschuhe des Blutmanns sieht. Summer erschrickt zu Tode und ihre Zeit ist wieder einmal gekommen, um Hals über Kopf zu fliehen.

Auf ihrer Flucht wird Summer von einem jungen Mann namens Anzej gerettet und dieser überzeugt Summer davon, sich ihm anzuschließen. Anzej kommt aus den Nordlanden und ist auf dem Weg in seine Heimat, die er sehr vermisst.

Summer schließt sich Anzej an und neben der Reise in sein Land, begibt die junge Frau sich auf die Reise zu ihrer eigenen Vergangenheit.

_Kritik_

Mit „Ascheherz“ hat die Autorin Nina Blazon wieder einen großartigen Fantasyroman geschrieben, der von der breiten Masse erfreulicherweise deutlich abhebt.

Der Einstieg in den Roman ist anfangs recht stockend. Das Theater und auch das Stück, in dem Summer eine Rolle spielt, werden sehr ausführlich beschrieben, spielen aber im weiteren Verlauf der Geschichte keine Rolle mehr.

Fahrt nimmt der Roman ab dem Erkennen, dass Summer wieder einmal der Blutmann auf die Spur gekommen ist, auf. Der Schock darüber und auch der Verlust den Summer erleidet, wird dem Leser deutlich nahegebracht. Die Autorin beschreibt sehr glaubwürdig, wie ihre Protagonistin unter ihrem Schicksal leidet, keinerlei Erinnerung an die eigene Vergangenheit zu haben und aus rätselhaften Gründen verfolgt, ist Summers Schicksal nicht leicht.

Schon dadurch, dass der Leser, wie auch Summer nicht weiß, warum sie verfolgt wird und welche Tat dem zugrunde liegt, baut sich ein konstanter Spannungsbogen auf. Dieser flacht auch nicht ab, als einige der Geheimnisse gelüftet werden, diese geben dem Leser erneut Rätsel auf, die geklärt werden wollen. Die Autorin hält sich durch die Geschichte an ihren originellen Plot und auch die Nebengeschichten und Rückblenden ergänzen diesen perfekt. Fesselnde Spannung, mystische Elemente und auch eine zarte Liebesgeschichte finden ihren Platz in „Ascheherz“ und wirken sehr überzeugend und realistisch.

Aus der Sicht eines Beobachters, der sich auf Summer konzentriert, wird die Geschichte erzählt, die Spannung wird schon dadurch erhalten, dass auch der Erzähler nie mehr preisgibt, als Summer zum jeweiligen Zeitpunkt weiß.

Mit ihrem leicht verständlichen und doch ausführlichen Schreibstil beschreibt Nina Blazon die Welt, die sie geschaffen hat, so lebendig, dass kaum Fragen offenbleiben. Jedes Wesen, Gebäude und auch die Landschaft werden unter Nina Blazons Feder so perfekt beschrieben, dass beim Lesen vor dem inneren Auge keine Fragen offenbleiben. Trotzdem verrennt sich die Autorin nicht in den Beschreibungen, sondern gibt auch der Handlung den entsprechenden Raum, sich zu entfalten. Mit ihrem atmosphärisch dichten Stil spricht die Autorin die Sinne des Lesers an.

Auch die unterschiedlichen und individuellen Figuren werden sehr greifbar und glaubwürdig erzählt. Jede hat etwas, was sie zu ihren Handlungen treibt, um das zu erreichen, was das Ziel des jeweiligen Charakters ist. Leicht fällt es, durch die präzise Beschreibung des Aussehens der Charaktere, sich diese bildlich vorzustellen, und auch die Charaktereigenschaften und Entwicklungen der Figuren kommen hier nicht zu kurz. Die Beziehungen zwischen den Protagonisten sind dagegen nicht sofort klar, diese schlüsseln sich aber im Verlauf der Handlung auf, und am Ende bleibt auch hier keine Frage ungeklärt.

„Ascheherz“ ist ein gebundener Roman, der ein zauberhaft schönes Cover hat. In hellen blau-lila Tönen gehalten, sieht man das Gesicht einer jungen Frau, deren Mund durch einen blauen Schmetterling verdeckt ist. Dieses passt sehr gut zum Plot des Buches.

_Fazit_

Mit „Ascheherz“ hat die Autorin Nina Blazon einen wirklich fantastischen Roman geschrieben, der sich unter anderem mit dem Thema „Tod“ auseinandersetzt. Trotz des etwas ungewöhnlichen Einstiges, fesselt dieser schnell. Auch, dass er sich deutlich von der breiten Masse der momentanen Fantasyliteratur abhebt, macht „Ascheherz“ zu etwas Besonderem.

Jungen sowie jung gebliebenen Lesern des Genres „Fantasy“ und „Mystik“ kann ich dieses Buch nur ans Herz legen. Eine spannende, mystische Geschichte und eine zarte Liebe erwarten hier den Leser.

_Autorin_

Nina Blazon verbrachte die Kindheit und ihre Jugendzeit in Bayern. Nach dem Studium der Fächer Germanistik und Slawistik an der Universität Würzburg unterrichtete sie als Lehrbeauftragte an den Universitäten Tübingen und Saarbrücken und arbeitete unter anderem für die Cuxhavener Nachrichten und weitere Tageszeitungen sowie als Werbetexterin. Für ihren Fantasyroman „Im Bann des Fluchträgers“, dem ersten Teil der „Woran“-Saga, erhielt sie 2003 den Wolfgang-Hohlbein-Preis. Auf ihrer Homepage befasst sie sich außerdem mit anderen Geschichten und Schriftstellern (u. a. Wolfgang Hohlbein), die sie vorstellt, indem sie ihnen fünf Fragen stellt. Nina Blazon lebt mit ihrer Familie in Baden-Württemberg und betätigt sich nebenbei auch noch als Übersetzerin. (Quelle: Wikipedia)

|Gebundene Ausgabe: 544 Seiten
ISBN-13: 978-3570160657|
[www.randomhouse.de/cbt]http://www.randomhouse.de/cbt

_Nina Blazon bei |Buchwurm.info|:_
[„Der Bund der Wölfe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2380
[„Der Spiegel der Königin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3203

|Woran-Saga|
Teil 1: [„Im Bann des Fluchträgers“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2350
Teil 2: [„Im Labyrinth der alten Könige“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2365
Teil 3: [„Im Reich des Glasvolks“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2369

[„Die Rückkehr der Zehnten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2381
[„Der Maskenmörder von London“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3983

|Die Taverne am Rande der Welten|
Teil 1: [„Reise nach Yndalamor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3463
Teil 2: [„Im Land der Tajumeeren“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3980
Teil 3: [„Das Königreich der Kitsune“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4725

[„Die Sturmrufer“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4180
[„Faunblut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5463
[„Die Königsmalerin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5207
[„Schattenauge“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6275

Parker, Robert B. – Night and Day (Jesse Stone 8)

_Römische Sitten in Paradise: Der Night Hawk geht um_

Ein Spanner macht Paradise unsicher, und Chief Jesse Stone bekommt von ihm sogar nette Briefe. Sie sind allerdings insofern beunruhigend, als der Spanner besessen von seiner Tätigkeit ist und ahnt, dass er bald etwas Schlimmes tun wird. Dann kommt die Meldung vom ersten Hausfriedensbruch, der bald drei weitere folgen. Stone ordnet an, den Swinger-Klub von Paradise mal genauer unter die Lupe zu nehmen …

Eine deutsche Übersetzung liegt noch nicht vor.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) _“Night and Day“_
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) [„Spare Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6852

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
[„Hundred Dollar Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6838
[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
[„Bad Business“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6840
[„Back Story“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6842
[„Painted Ladies“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6843
[„Cold Service“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6844
[„The Professional“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6866
[„Playmates“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6867
„Hugger Mugger“, „Small Vices“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Dieser Sommer fängt ganz harmlos an. Chief Jesse Stone wird in die Oberschule gerufen. Empörte Eltern der Schülerinnen verlangen von ihm aufgebracht, die Rektorin Betsy Ingersoll auf der Stelle zu verhaften. Diese ist allerdings nicht zu sprechen, hat sich eingesperrt. Was könnte nur passiert sein, fragt sich der Polizeichef. Blut ist jedenfalls keines zu sehen. Also ruft er die Eltern und ihre Töchter – es sind ja keine Jungs betroffen – in die Aula.

|Die Panty-Patrouille|

Erst hier stellt sich heraus, dass Betsy offenbar Sittenpolizei gespielt und alle 13-jährigen Mädchen in der Umkleide auf Höschen kontrolliert hat. Wer nur ein Bikini-Höschen anhatte oder gar – Gott bewahr! – einen String-Tanga, der wurde nach Hause geschickt. Da die Verletzung der Intimsphäre der Mädchen jedoch nach den Gesetzen des Bundesstaates Massachusetts kein strafbarer Tatbestand ist, kann Jesse niemanden verhaften und einbuchten. Ein Gespräch mit Betsy Ingersoll ist unergiebig, denn erstens ist der mächtige Anwalt des Staates ihr Mann und zweitens lässt er sie gar nicht zu Wort kommen. Sogar der Bezirksstaatsanwalt droht Jesse, die Finger von Betsy Ingersoll zu lassen. Er denkt gar nicht dran.

|Die Swinger|

Etwas weniger harmlos ist das, was ihm die 13-jährige Missy Clark erzählt, die auch in der Elternversammlung saß: Ihre Eltern gehörten einem Swinger-Klub in Paradise an und würden ihre Treffen auch mal im Hause der Clarks abhalten. Sie ekle sich vor der Orgie und ihren lüsternen Geräuschen immer, sagt Missy, und ihr achtjähriger Bruder mache völlig verstört ins Bett. Jesse verspricht Missy hoch und heilig, etwas für sie zu tun. Vielleicht holt er als Nächstes den Mond vom Himmel? Denn auch gegen das Swingen gibt es kein Gesetz.

|Der Night Hawk|

Das ist aber noch gar nichts gegen die Meldungen von aufgeregten Einwohnern, dass ein Spanner vor ihrem Schlafzimmerfenster aufgetaucht sei – mit einem Fernglas, ganz in Schwarz gekleidet, mit einer Kamera bewaffnet. Auch gegen Voyeurismus an sich gibt es keinen Paragraphen, weiß Jesse, aber wenigstens kann er eine kleine Patrouille aussenden – mit wenig Aussicht auf Erfolg.

In dem ersten Brief, den ihm der „Night Hawk“ (Nachtfalke) schickt, klingt der Bursche noch recht annehmbar und vernünftig. Er ist stolz auf seinen Taten und glaubt, dass ihn ein Dorfdepp wie Stone niemals fangen werde. Na, da sollte man aber nicht drauf wetten! Allerdings sind die nächsten Taten des Night Hawk weitaus rechtsrelevanter: Er begeht eindeutig Hausfriedensbruch, als er am hellichten Tag Häuser von Hausfrauen betritt und diese maskiert, mit vorgehaltener Waffe und gezückter Kamera zwingt, sich vor auszuziehen und fotografieren zu lassen.

Ein weiterer Brief des Spanners verrät Jesse, dass der Kerl auf der Suche nach dem „Geheimnis der Frauen“ sei. Wollen wir das nicht alle kennen, fragt sich Jesse – zumindest wir Männer. Seltsamerweise scheint die Obsession des Spanners durch keine noch so schöne Eroberung gestillt werden zu können. Brief: „Ich kann nicht aufhören, denn Mr. Obsession verlangt von mir, immer weiterzumachen und mehr Reiz herauszuholen.“ Die Serie reißt erst ab, als Gloria, die resolute Hausfrau, den Spanner kurzerhand erbost rauswirft. Wie wird der Peeping Tom auf diese Abfuhr reagieren, fragt sich Jesse besorgt. Wird er den Schritt zur Gewalt machen, um zu bekommen, was er braucht?

Jesse setzt seine Mitarbeiter Molly Crane und Suit Simpson auf die Swinger von Paradise an. Vielleicht gibt es einen Teilnehmer an deren Treffen, der einfach zusehen möchte? Das Ergebnis dieser Untersuchung ist eindeutiger als gedacht: Es gibt nur einen Namen als Verdächtigen. Jesse teilt seine kleine Truppe von gerade mal zwölf Leuten für eine Überwachung, die teils offen, teils verdeckt erfolgen soll. Wieso denn offen, fragen sich Molly und Suit. Tja, das bleibt Jesses Geheimnis.

Da kommt die Meldung, dass der Spanner eingebrochen sei und eine Frau gefesselt habe. Die Anzeige kommt ausgerechnet von Betsy Ingersoll. Beim Namen der Höschen-Kontrolleurin wird Jesse misstrauisch …

_Mein Eindruck_

Obsessionen sind bekanntlich verboten, solange sie nicht in Gewalt und die Verletzung von Persönlichkeitsrechten (Promi-Bilder abdrucken, ohne zu blechen – pfui!) ausarten. Deshalb sind Frauentausch, Voyeurismus und Höschenkontrollen auch keineswegs mit Paragraphen bewehrt, sondern lediglich „nicht gern gesehen“. Ist das wirklich so? Parkers Roman lediglich eine andere Beurteilung nahe. Vielleicht sind diese Dinge nämlich Symptome für das, was mit der westlichen Gesellschaft nicht stimmt.

|Obsessionen|

Und in der Tat stößt Jesse, wiewohl nicht der oberste Moralwächter, schon bald auf besorgniserregende Missstände in den Familien und Beziehungen der Betroffenen. Missy Clark und ihr bettnässender Bruder sind nur die Spitze des Eisberges. Die Ehe ihrer swingenden Eltern ist eine Farce und wird demnächst auseinanderbrechen. Mr. Clark hat das Swingen nur als Vorwand benutzt, um seiner Sex-Obsession nachzugeben.

Wenig anders verhält es sich mit den Eheleuten Ingersoll: Er, der erfolgreiche Star-Anwalt, ist besessen von seiner Tätigkeit als Schürzenjäger. Seine Frau, die überbesorgte Rektorin, weiß um seine permanente Untreue, nimmt sie aber hin – bis Jesse Stone mit impertinenten Fragen auftaucht. Der Polizist hat, zur immensen Empörung des Anwalts, den Nerv, an der Anzeige seiner Frau gegen den Night Hawk zu zweifeln. Dabei hat er sich nicht mal das interessante Foto angesehen, dass der Spanner angeblich von seiner nackten Frau gemacht hat …

„Die Wahrheit wird euch freimachen“, war schon seit jeher der Wahlspruch Jesses – den er aber nie geäußert, sondern stets nur gelebt hat. Er selbst erkennt an sich und seiner Exfrau Jenn jede Menge Obsessionen. Er ist besessen von ihr, ihrer Nähe und dem unvergleichlichen Sex – aber keineswegs von ihrer permanenten Untreue. Sie ist besessen davon, sie den Weg nach oben zu schlafen. Auch jetzt ist sie wieder einem Produzenten – wie schon vor zwölf Jahren in L.A. – gefolgt, um eine Stufenleiter nach oben zu klettern. Als der Typ sie fallenlässt, weil seine Pläne scheitern, jammert sie, dass sie zu Jesse zurück will.

Nach mehreren Gesprächen mit seinem Therapeuten Dix (in den TV-Filmen wunderbar lakonisch vom William „Familiengrab“ Sadler dargestellt) merkt Jesse, dass er Jenn lediglich als Absicherung, als Sicherheitsnetz, als Backup dient – um von dieser Basis den nächsten Anlauf zu nehmen, um untreu sein zu können. Doch diesmal ist sie zu weit gegangen, findet Jesse. Er hat nämlich in der Bostoner Privatdetektivin Sunny Randall (ebenfalls ein Geschöpf Parkers), eine kluge und hilfreiche Partnerin im Privaten wie im Beruflichen, gefunden.

|Der Night Hawk|

Und dann wäre da ja noch der Night Hawk. Was treibt ihn an? Er ist ein interessanter Fall von Mr. Jekyll und Mr. Hyde: Im Alltag ein Normalo, nachts der Night Hawk. Dass er höchst gebildet ist, verrät schon der brieflich formulierte Ausdruck „cri de coeur“. Welcher Spanne würde schon französisch ausdrücken, was ihn im Herzen plagt? Nur ein Akademiker. Und sobald Jesse den Namen des Verdächtigen hat, ist der Weg zur Uni nicht weit, wo die werte Gattin an einer Doktorarbeit schreibt. Wie sich herausstellt, ist sie gefühlskalt und egozentrisch. Sie denkt nur an ihren in Gefahr geratenen guten Ruf – und dass ihr jetzt durch diese „Störung“ die Zeit fürs Diss-Schreiben gestohlen wird. Wie es ihrem werten Gatten dabei geht, eines Sexverbrechens verdächtig zu werden, interessiert sie nicht die Bohne.

Der Autor deutet stets an, dass Obsessionen lediglich unterbewusste Reaktionen auf den Mangel an Respekt, Zuwendung und Wärme sind. Von Sex besessen zu sein, ist genau die Folge davon. Und als Erstes bekommen es die wehrlosen Kinder zu spüren. Kinder wie Missy und ihr Bruder. Aber auch die Frauen, die, um ihre Ehe zu retten, fast alles mitmachen, das Swingen inklusive. Das bedeutet aber nicht, dass es im Swinger Klub nicht auch Überzeugungstäterin gäbe. „Sind unsere Ehen nicht freier und beständiger?“ fragen sie Jesse, der weit davon ist, sie zu verurteilen.

|Showdown|

Die bange Frage, die der Night Hawk selbst in einem seiner Briefe aufwirft, ist die, ob ihn Mr. Obsession (Mr. O) überwältigen und er zum Mittel der Gewalt greifen wird. Durch den Ermittlungsdruck, den Jesse aufgebaut hat, zwingt er den Night Hawk zu einem letzten Schritt, um Jesse zu demütigen: Der Spanner muss eine Frau heimsuchen, die Jesse „am nächsten“ steht. Wer könnte dies wohl sein? Als das klar ist, trifft Jesse mit dem Köder Vorbereitungen, um dem Night Hawk eine tod-sichere Falle zu stellen …

_Unterm Strich_

Diesen Roman zu lesen, war ein pures Vergnügen. Das Garn, das Parker auf seine unnachahmliche Art spinnt, setzt dabei überhaupt nicht auf Action oder knallharte Ermittlungsmethoden, sondern entpuppt sich zum Erstaunen des Lesers zunehmend als Social Engineering. Das bedeutet, dass es genauso wichtig ist, die Psychologie zu nutzen wie die üblichen Ermittlungsmethoden.

Jesse Stone, durch seinen Therapeuten Dix gewitzt, setzt subtile Mittel ein, um hier ein wenig Druck auszuüben und dort ein paar Andeutungen fallenzulassen. Aber er braucht natürlich da, wo handfeste Beweise fehlen – das ist die Regel – vor allem Aussagen und Geständnisse.

|Der Peeping Tom|

Das klappt auch ganz hervorragend, um die meisten Rätsel zu lösen, doch es gibt natürlich kaum ein Mittel, um den Night Hawk, der ja seiner speziellen Besessenheit nicht entkommt, zur Aufgabe zu bewegen. Dabei muss man sich als Leser schon fragen, worin denn der spezielle Reiz von Hausfriedensbruch und Voyeurismus bestehen soll. Auch Jesse fragt sich zusammen mit der feinfühligen Molly Crane, ob der Kick nicht vielmehr im Machtgefühl besteht, das der Night Hawk sich durch das Bedrohen und Abknipsen des Opfers verschafft – der Fotoschuss als symbolische Tötung? Warum nicht gar? Diese Handlungsweise ist vielleicht nur eine Art, es seiner gefühlskalten, egozentrischen Frau heimzuzahlen – eine Übertragung des Wunsches nach Vergeltung.

|Die Lehre|

Der Night Hawk ist ein Spiegel, in dem sich Jesse selbst erblickt. Er spricht mit seinem Therapeuten darüber und mit Sunny Randall, die selbst eine ausgezeichnete Therapeutin konsultiert: Susan Silverman, die Gefährtin der Hauptfigur aus fast allen „Spenser“-Krimis Parkers. (Zusehends verschränken sich die fiktionalen Universen Parkers.) Diese Spiegelsicht Jesses ermöglicht ihm die Selbsterkenntnis, dass er von seiner Ex nur ausgenutzt worden ist. Diese Erkenntnis haben bislang seine Schuldgefühle ihr gegenüber verhindert. Jetzt befreit er sich davon. Ganz im Gegensatz zum Night Hawk: Den kann nur der Tod befreien.

|Bonus|

Für den fleißigen „Parker“-Leser (wie mich) hält dieser Band einige Schmankerln bereit, so etwa den wiederkehrenden Hinweis Stones, dass seine Mitarbeiterin, die brav verheiratete Mutter Molly Crane, es einmal mit einem gewissen Apachen getrieben habe. Der Hinweis gilt Crow, dem bemerkenswerten Apachen in „Trouble in Paradise“ und „Stranger in Paradise“ (das „Night & Day“ vorausgegangen ist). Sogar Spike, der bärenartige Freund Sunny Randalls, spielt eine Rolle in Jesses Plänen: Spike eröffnet ein neues Restaurant in Paradise – und eignet sich bestens zur Einschüchterung renitenter Ehemänner.

|Taschenbuch: 307 Seiten
ISBN-13: 978-0425232996|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836

Ebert, Sabine – Fluch der Hebamme, Der

_Die Reihe:_

Band 1: [„Das Geheimnis der Hebamme“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6864
Band 2: „Die Spur der Hebamme“
Band 3: „Die Entscheidung der Hebamme“
Band 4: [„Blut und Silber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6068
Band 5: _“Der Fluch der Hebamme“_

_Freiberg im Jahre 1189._ Fünf Jahre ist es her, dass sich Christian geopfert hat und Marthe und Lukas den Bund der Ehe schlossen, um Schlimmeres zu verhindern. Zwischen Marthe und Lukas ist aus Freundschaft eine zarte Liebe entstanden und beide vermissen Christian immer noch sehr.

Erneut stehen schwere Zeiten bevor, Markgraf Otto ist mittlerweile nicht mehr der Jüngste und mit seinem Tod ist jederzeit zu rechnen. Da Otto von Wettin das Vertrauen zu seinem ältesten Sohn Albrecht, durch dessen Taten immer mehr verliert, befürchtet dieser, dass sein Vater den jüngeren Bruder Dittrich von Weißenfels bevorzugen könnte und dieser die Markgrafschaft Meißen erbt.

Um dieses zu verhindern, beschließt der grausame Albrecht seinen Vater zu entführen, um sein Erbe zu erpressen und schon jetzt die Herrschaft über die Markgrafschaft übernehmen zu können. Markgraf Otto tappt in die Falle seines ältesten Sohnes und wird auf der Döberner Burg gefangen gehalten. Mit ihm sind Roland und Thomas, die Söhne von Reimund und Christian, auf der Burg und Albrecht nimmt auch die Söhne seiner größten Widersacher fest.

Thomas und Roland bekommen jedoch unerwartet Hilfe und können fliehen. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg nach Freiberg, um Lukas und Marthe zu warnen. Durch Albrecht zu Vogelfreien erklärt, dürfen Roland und Thomas nicht lange in Freiberg verweilen und in Hedwigs Auftrag machen die beiden jungen Ritter sich auf, Kaiser Friedrich von den Ereignissen in der Markgrafschaft Meißen zu unterrichten.

Kaiser Friedrich befindet sich auf dem dritten Kreuzzug, um Jerusalem wieder in christliche Hand zu bringen und in Pressburg treffen Roland und Christian auf das kaiserliche Heer. Nachdem sie dem Kaiser von der Tat Albrechts berichtet haben, tobt dieser vor Zorn. Hat sich Albert doch eigenmächtig über den gottgewollten Gesetzten hinweggesetzt. Kaiser Friedrich befiehlt, dass Otto wieder über die Markgrafschaft regiert, um aber den Frieden zu wahren, soll Otto ihn als Erben einsetzten.

Thomas und Roland schließen sich an. Zurück nach Meißen können sie nicht mehr, sodass sie Dittrich von Weißenfels begleiten.

In der Markgrafschaft Meißen ist der Frieden, trotz des Befehls des Kaisers, nur von kurzer Dauer und unfassbare Dinge geschehen.

_Kritik_

Die Autorin Sabine Ebert hat mit dem Roman „Der Fluch der Hebamme“ den vierten Teil der historischen Saga um die Hebamme Marthe und die noch junge Stadt Freiberg (ehem. Christiansdorf) geschrieben. Die Autorin schafft es auch im vierten Band, sich nochmals zu steigern. Sabine Ebert legt auch in diesem Band wieder viel Wert auf die historische Recherche, sodass dem Leser ein lebendiges Stück Geschichte der Freiberger Region, aber auch des dritten Kreuzzuges präsentiert wird.

Auch reflektiert die Autorin das Leben der Menschen zu dieser Zeit ausgezeichnet wieder. Nicht nur, dass sie Wert auf die authentische Kleidung, Kampftechniken und Lebensumstände legt, auch macht sie deutlich, wie sich die Menschen zu benehmen hatten. Für alle gesellschaftlichen, sozialen Ränge gab es strenge Regeln, an die sich die Menschen zu halten hatten, die Niedriggeborenen blieben am besten unscheinbar, gerade die Frauen um nicht der Willkür der Obrigkeit ausgesetzt zu sein. Aber auch die Ritter, Grafen und Fürsten hatten sich strengen Regeln zu beugen.

In zwei Handlungssträngen erzählt die Autorin die Geschichte der Stadt Freiberg sowie des dritten Kreuzzugs in das Heilige Land. Ihre Figuren webt die Autorin gekonnt in die historisch belegten Fakten ein und schafft es wieder einmal die damaligen Ereignisse lebendig werden zu lassen. Dem lebendigen Schreibstil der Autorin kann der Leser leicht folgen und dank der detaillierten Beschreibungen fällt es leicht, sich das Geschehen anschaulich vorzustellen. Sabine Ebert treibt die Geschichte voran, das Aus-der-Hand-legen des Buches fällt da meinst sehr schwer.

Nicht nur an den Erlebnissen der Figuren in der Markgrafschaft nimmt der Leser teil, auch die Begebenheiten, die das Kreuzfahrerheer unter Kaiser Friedrich zu bestehen hat, werden ausführlich erzählt und einleuchtend weitergegeben. Anhand Marthes Sohn Thomas wird offensichtlich gemacht, dass es nicht nur ein großes Abenteuer war, sich diesem Kreuzzug anzuschließen, sondern dass den Rittern viel abverlangt wurde. Nicht nur Hunger, Durst und schreckliche Krankheiten hatte das Heer zu verkraften, auch hinterhältige Angriffe und Verrat machten dem Heer zu schaffen.

Viel Wert legt Sabine Ebert auch auf die authentische Entwicklung ihrer Figuren. War es im ersten Band der „Hebammen“-Saga noch zu kritisieren, dass zum Beispiel die Figur der Hebamme und Heilerin Marthe sehr klischeehaft konzipiert war, ist davon mittlerweile nichts mehr zu merken. Den historisch belegten, aber auch ihren fiktiven Charakteren, gibt die Autorin eine Geschichte und lässt diese sehr realistisch erscheinen.

War die Hebamme Marthe in den ersten Teilen noch Dreh- und Angelpunkt der Bücher, verschiebt sich dieser, und die Figur steht nun mehr am Rande des Geschehens. Dies tut der Geschichte keinen Abbruch, die Autorin schafft es, den weiteren Protagonisten so viel Leben einzuhauchen und diese in Erlebnisse zu verstricken, dass der Leser zwar um Marthe bangt, trotzdem aber so von den Ereignissen gefangen ist, in die die übrigen Protagonisten schlittern, dass wirkliches Vermissen dieser Figur kaum an die Oberfläche kommt.

Auch wenn Marthe mittlerweile nicht mehr die absolute Hauptdarstellerin ist, wirkt sie trotzdem oder auch gerade deshalb sehr realistisch und glaubwürdig. An ihren Erlebnissen gereift, ist sie besorgt um das Leben ihrer Lieben und in schwachen Stunden sogar bereit, die Markgrafschaft hinter sich zu lassen. Trotzdem kämpft sie weiter für das Wohlergehen ihre Familie und Freunde und bringt sich daher auch wieder in große Gefahr.

Mit einem Verzeichnis sämtlicher Figuren macht Frau Ebert wieder deutlich, welche historisch belegt sind und welche ihrer Feder entspringen. Ein Glossar der historischen Begriffe, eine Karte, die den Weg des kaiserlichen Heeres zeigt und ein Nachwort runden das Buch ab. Weiterhin geht Sabine Ebert in einem exklusiven Text auf die Covergestaltung ein.

_Fazit_

Mit „Der Fluch der Hebamme“ hat Sabine Ebert ihre Saga um das Freiberger Land würdig fortgesetzt. Wieder lässt die Autorin ein Stück Geschichte lebendig werden und es fällt, durch die Art der Autorin diese zu erzählen, leicht in das Geschehen einzutauchen.

„Der Fluch der Hebamme“ kann bedenkenlos an geschichtlich Interessierte weiterempfohlen werden. Nicht nur das Leben in Freiberg wird beschrieben, auch ein Stück Weltgeschichte wird dem Leser fesselnd nahegebracht.

Ich persönlich freue mich schon sehr auf den im Herbst 2011 erscheinenden, abschließenden Teil dieser Reihe.

_Autorin_

Sabine Ebert (* 1958 in Aschersleben) ist eine deutsche Journalistin und Romanautorin.

Geboren in Aschersleben wuchs Sabine Ebert in Berlin auf. Sie absolvierte ihr journalistisches Volontariat in Magdeburg und studierte in Rostock Lateinamerika- und Sprachwissenschaften.

In ihrer Wahlheimat Freiberg/Sachsen war sie 1990 Mitbegründerin der ersten unabhängigen Zeitung der Stadt, deren Redaktion sie mehrere Jahre leitete. Ab 1995 war sie freiberuflich für Tageszeitungen, Fernsehen und Hörfunk tätig und veröffentlichte darüber hinaus eine Reihe von Sachbüchern zur Geschichte Freibergs, darunter das Freiberger Jahrbuch (1991-2006), das die wichtigsten regionalen Ereignisse des Jahres zusammenfasst.

Im Jahr 2006 erschien Sabine Eberts Romandebüt im Knaur-Verlag: „Das Geheimnis der Hebamme“, Auftakt einer fünfbändigen Saga über die Siedlerzüge in den Osten und die ersten Silberfunde im Erzgebirge zur Zeit Barbarossas. Drei Fortsetzungen liegen bereits vor. (Quelle: Wikipedia)

|Taschenbuch: 720 Seiten
ISBN-13: 978-3426506066|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de
[Leseprobe]http://www.droemer-knaur.de/buecher/Der+Fluch+der+Hebamme.3748948.html des Verlags.

Hurwitz, Gregg – Ausbrecher, Der

Medikamente! Jeder kennt sie, jeder benutzt sie. Als kleine Helferchen schützen und bekämpfen sie Krankheiten, die unsere Gesundheit, und damit auch unser Leben bedrohen. In der Pharmazie werden biologische und chemische Elemente, aus denen die Medikamente nun ja auch bestehen, verwendet, um die körpereigenen Schutz- und Heilungsmechanismen zu unterstützen. Im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte hat die Pharmabranche enorm an den Krankheiten verdient, mit exorbitantem Profit. Doch hat sie auch Quantensprünge in der Behandlung von Krankheiten gemacht und dabei viele Leben retten oder verlängern können.

Die Pharmakologie ist ein komplexer Apparat geworden, in den der Außenstehende nur schwerlich einen Blick hineinzuwerfen vermag. Das gleich aus mehreren Gründen, denn einer davon ist sicherlich, dass man sich mit den Themen „Krankheit“, „Medikamente“ und „Behandlung“ erst dann auseinandersetzt, wenn es keine anderen Alternativen mehr gibt. Viele Pharmakonzerne werden von großen privaten Unternehmen geführt, nicht zuletzt werden diese auch durch politische Verbände und Steuergelder unterstützt, was uns bis dato gar nicht klar ist. Medizinische Institute, Universitäten, Kliniken, Stiftungen … all das bleibt immer ein wenig im Schatten.

Fakt ist, die medizinischen Großkonzerne sind mächtig und profitieren von den Krankheiten. Ein Geschäft mit zwei Seiten – Leben und Tod gehen hier oft Hand in Hand durch die Flure. Jedes Medikament weist Risiken auf, kalkulierte – aber immer noch Risiken. Neben dem Wohl und der Gesundheit des Menschen, und da machen wir uns bitte nichts vor, liegt natürlich auch der Profit im Vordergrund.

Doch was würde passieren oder ist schon passiert, wenn man ein „Medikament“ entwickelt, das andere überflüssig macht und deren Wirksam- und Verträglichkeit alle anderen Medikamente ins „Aus“ stellt? Kann es nicht auch sein, dass man lieber ein Medikament auf den Markt bringt, was vielleicht teurer ist und regelmäßiger über einen längeren Zeitraum eingenommen werde muss, als ein universelles und einmalig einzunehmendes?

Gregg Hurwitz beschreibt in seinem neuesten Thriller: „Der Ausbrecher“ die Macht- und Preispolitik eines amerikanischen Pharmakonzerns.

_Inhalt_

Der Ex-Elite Soldat Walker Jameson verbüßt seine Haftstrafe wegen illegalem Waffenhandels in einem Hochsicherheitsgefängnis in Kalifornien. Noch knappe 15 Monate warten auf ihn, bevor er seine Strafe vollständig verbüßt hat. Im Gefängnis wird der stille Mann respektiert und gehört keiner Fraktion innerhalb der Gefangenenfraktionen an. Eine Position, die er sich allerdings auch verdienen musste, aber als extrem gut ausgebildeter Elitesoldat, versteht es Jameson, sich gegen alle Machtspielchen und Provokationen zu wehren.

Als Walker Jameson den „Boss“ und somit den Anführer der Gefangenen tötet und kurz darauf eine kleine Revolte erfolgt, nutzt er die Gelegenheit zu fliehen. US Deputy Marshal Tim Rackley und seine Kollegen verstehen nicht, warum Jameson, der ja nur noch eine begrenzte, kurze Zeit vor sich hatte, geflohen ist!

Inzwischen begibt sich Walker Jameson auf einen Kreuzzug, sein Gegner ist ein Pharmakonzern, dessen dubiose Politik und Machenschaften, seiner Schwester den Tod gebracht haben. Systematisch kämpft sich der von Rache getriebene Ex-Soldat durch die Reihen der Konzernleitung, sein Ziel ist, die Gesellschafterfamilie, die er persönlich für die Tragödie verantwortlich macht.

Tim Rackley folgt der Spur des Todes, die Jameson hinterlässt und ermittelt auch zusammen mit seinem Freund und Kollegen Bear auf eigene Faust. Als er Jamesons Ex-Frau aufsucht, erfährt er von ihr, dass sich die Schwester ihres Ex-Mannes erschossen hat. Aber warum? Schließlich hinterlässt die Selbstmörderin einen kleinen Sohn, der eine unheilbare Leberkrankheit hat, und dem quasi nur eine Spenderleber sein Leben retten könnte. So viele mysteriöse Fragen und kaum Antworten wecken das Misstrauen der beiden Ermittler, und je intensiver sie sich mit Jameson und seinen Opfern auseinandersetzen, desto nachvollziehbarer wird seine Motivation.

Walker Jameson ist ein Profi, eiskalt und berechnend verfolgt er sein Ziel und Tim Rackley, der selbst eine militärische Ausbildung genossen hat, bevor er Marshal wurde, begreift schnell, dass er hier selbst zum Gejagten werden wird, sollte er Jameson aufhalten wollen.

Als frischer Familienvater steht er zwischen Verstand und Mitgefühl. Seine Pflicht Jameson aufzuhalten geht nicht konform mit dem Eingeständnis, dass er ihn im Grunde versteht. Doch es kommt, wie es kommen muss – einer Konfrontation wird man nicht aus dem Weg gehen können, und zum ersten Mal in seiner Laufbahn hat Tim Rackley Angst davor zu sterben, denn sein Gegner ist wahrlich zum Fürchten …

_Kritik_

Die Reihe um und mit dem sympathischen US Marschal geht weiter. Der Autor Gregg Hurwitz baut seine Charaktere von Band zu Band weiter aus. Auch in „Der Ausbrecher“ ist das Familienleben der Rackleys wieder eine Konstante innerhalb der Handlung. Tim Rackley und Dray (Andrea) sind Eltern geworden und genießen den Tumult, den der kleine Racker vollbringt, sehr.

Das Besondere an dieser Reihe ist es, dass sich das Privatleben der Rackleys immer wieder mit dem beruflichen vermischt. Sympathisch und vor allem menschlich beschreibt der Autor seine Protagonisten. Wenig heroisch, dafür umso mehr sensibler präsentieren sich die Charaktere.

Spannend ist der vorliegende Roman „Der Ausbrecher“ allemal. Doch als Thriller gesehen, geht es hier weniger um die Actionszenen, viel mehr bewegt sich der Autor in den Dialogen, beispielsweise wenn Walker Jameson sich bewusst wird, was er unwiderruflich verloren hat und in welcher Verantwortung er sich seinem Neffen gegenüber nun befindet. Walker ist ein verlorener Charakter, auf einem Kreuzzug, den er nicht gewinnen kann, jedenfalls nicht ohne Verluste einzukalkulieren. Trotz seiner Gewalttaten ist Walker Jameson nicht nur Täter, sonder auch ein Opfer. Er ist ein Produkt aus einer militärischen Maschinerie, die nicht immer menschlich arbeitet.

Dass er also dem Leser sympathisch erscheint, ist nicht weiter verwunderlich, auch Tim Rackley hat neben seiner Hochachtung und gehörigen Respekt, auch Sympathie für ihn übrig. Das aus vielerlei Gründen: Zum einen erkennt er sich selbst wieder, teilweise mit Erschrecken, denn was wäre aus ihm geworden, wenn er weiterhin seiner militärischen Laufbahn gefolgt wäre? Würde er ebenso einen durchdachten Kurzschluss bekommen, und zu Richter, Staatsanwalt und Henker werden, um sich in diesem Labyrinth zu verirren? Er war schon mal kurz davor, siehe [„Die Scharfrichter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3295 , vom Weg abzukommen. Als er Jamesons Ex-Frau und seinem Neffen begegnet und versteht, warum der ehemalige Elite-Soldat auf Rache aus ist, wirkt er erschüttert.

Seine sensible und offene Frau Dray konfrontiert ihn immer wieder mit seinen Pflichten und gibt ihm den notwendigen Rückhalt. Ohne Dray, die immer wieder als sein „Gewissen“ und seine geistige Inventur dient, wäre Tim ein verlorener Mensch. Ohne Dray, würde Tim den entflohenen Jameson höchstwahrscheinlich mit wenig Intensität verfolgen, zu viel lässt er sich von dem Fall kompromittieren.

„Der Ausbrecher“ ist ein Wechselbad zwischen Gefühlen und einer spannenden Handlung. Und auch der Humor kommt hier nicht zu kurz, etwas untypisch für die Reihe, aber durchaus gut platziert, wenn der jüngste Spross der Rackleys nichts als Unsinn im Kopf hat und diesen auch intensiv in seinem Umfeld auslebt.

Sehr, sehr interessant beschreibt der Autor, Gregg Hurwitz, die Preis- und Machtpolitik des Pharmakonzerns. Und zwar so komplex und authentisch, dass der Leser gern mehr davon „verstehen“ möchte, wie solche Pharmafirmen funktionieren. Der eine oder andere Leser wird sich gedanklich dann mehr damit befassen, wenn er zu einem Medikament greift, selbst dann, wenn es sich nur um eine harmlose Kopfschmerztablette handelt. Leitlinien eines Konzerns, eines Pharmakonzerns sind wohl primär der Gewinn, der Profit, vielleicht die Außendarstellung des Unternehmens, daneben natürlich die Aktionäre und Gesellschafter, und irgendwann vielleicht am Ende dieser Kette findet sich der Patient wieder! Es lohnt sich jedenfalls mal darüber nachzudenken, denn die Theorie, die uns der Autor vor Augen hält, ist erschreckend nahe an der Realität.

_Fazit_

Der Thriller bietet also vieles, neben einer angemessen Spannung noch ein wenig Hintergrundwissen, benachbart von Humor und ernsten Dialogen, die von Verantwortung, Verpflichtung und Selbstachtung sprechen.

„Der Ausbrecher“ von Gregg Hurwitz, erschienen im Knaur Verlag, verspricht dem Lesen einen hochklassigen Thriller, der nicht durch Tempo, sondern durch Menschlichkeit überzeugt. Nach „Die Meute“ ist der vorliegende, vierte Band um den „Troubleshooter“ Tim Rackley eine deutliche Steigerung.

Gregg Hurwitz hat sein Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft und seine nun sehr realitätsnahe Handlung wird sich, so hoffe ich, auch in den nächsten Bänden wiederfinden.

„Der Ausbrecher“ ist ein Pageturner seines Genres und absolut empfehlenswert.

|Taschenbuch: 592 Seiten
Originaltitel: Last Shot
ISBN-13: 978-3426636930|
[www.droemer-knaur.de/home]http://www.droemer-knaur.de

_Gregg Hurwitz bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Scharfrichter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3295
[„Die Sekte“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4403
[„Blackout“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5400
[„Die Meute“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6481

Perry Rhodan – Die Laren (Silber Edition 75, Teil 3)

_|Die Laren (Silber Edition 75)|:_

Teil 1: [244 MB, 4:20 h]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6775
Teil 2: [247 MB, 4:24 h]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6824
Teil 3: _325 MB, 3:53 h_
Teil 4: – erscheint am 01.02.2011 –

_Die Handlung:_

Man schreibt das Jahr 3459. Die Herrschaft des |Konzils der Sieben| in der Milchstraße ist gefestigt. Niemand vermag den SVE-Raumern der Laren Widerstand zu leisten. Als sogenannter Erster Hetran der Galaxis kooperiert Perry Rhodan zum Schein mit den Okkupanten. In Wirklichkeit bereitet er hinter ihrem Rücken den Befreiungskampf vor. Hilfe verspricht ihm der larische Rebell Roctin-Par, der mit seiner Widerstandsgruppe in der Dunkelwolke Provcon-Faust Unterschlupf gefunden hat. Rhodan erlebt auf seinem Flug in diese Region der Milchstraße die Schrecken der Dunkelwolke. In der Zwischenzeit wird auf der Hundertsonnenwelt der Posbis eine Waffe gegen die SVE-Raumer entwickelt. Doch die Laren reagieren mit fürchterlicher Vergeltung, der offene Krieg droht. Perry Rhodan lässt das Solsystem in die Zukunft versetzen, um die völlige Vernichtung der Erde zu verhindern. Damit zieht sich der Terraner vom Amt des Ersten Hetrans zurück. Andere Mächte wollen an seine Stelle treten – und ein mörderischer Kampf um die Macht entbrennt … (Verlagsinfo für die komplette |Silber Editon| )

|Dieser Teil:|

Die Posbis haben die Laren mit ihrer neuen Waffe angegriffen und sind gescheitert. Aber anstatt einen Vergeltungsschlag auszuführen, ziehen sich die Laren plötzlich zurück. Der Grund wird schnell bekanntgegeben: Die Laren drohen damit, das gesamte SOL-System durch eine Bombe zu vernichten, falls ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Dies kann Perry Rhodan verhindern, beides. Atlan spioniert getarnt als Satago Werbot auf OLYMP, aber wird dabei entdeckt.

_Mein Hör-Eindruck:_

Mit Kapitel 17 geht es los und dem Hörer wird noch mal vor Ohren geführt, dass die Fragmentraumer der Posbis mit ihrer Offensive gescheitert sind und die Laren die Schlacht gewonnen haben. Und zum Grinsen gibt es auch gleich wieder etwas, wenn Maier, wie schon in der letzten Teillesung, das Plasma der Posbi-Raumer als leicht verschlafener |Samson| aus der |Sesamstraße| spricht.

Hatte Jacobs dem Chef der Solaren Abwehr in der letzten |Silber Edition| einen unnötigen amerikanischen Akzent verpasst und Maier das bisher gelassen, so gibt er jetzt Vancan
de Corst, dem Kommandanten der KOSMOPOLIS einen französischen. Dieser klingt leider genauso krächzig, wenn er ihn schnell und hektisch spricht, wie der Vogel, dem man Reginald Bull als Trojanisches Pferd untergejubelt hat. Und wenn mich meine Ohren nicht täuschen, klingt Gucky anfangs auch wieder anders als im letzten Teil, bevor Maier wieder auf einen lispelnden |Bugs Bunny| überschwenkt, bei dem der Zahnarzt die Tampons in den Wangentaschen vergessen hat.

Bei der Springer-Versammlung legt sich Maier allerdings richtig ins Zeug und ist mehr als nur ein ambitionierter Vorleser. Hier verleiht er jedem der hitzigen und mächtigen Springer eine eigene Stimmfarbe und macht sie dadurch gut unterscheidbar.

Leider fängt er später als aufgeregter Lare Hartranta-Too wieder so an zu krächzen, dass es in den Ohren wehtut.

|Die Effekte – Der Hintergrund|

Der dritte Teil von |Die Laren| unterscheidet sich in Sachen Hintergrundgestaltung nicht sonderlich von den Vorgängern. Ein teilweise leicht irritierender New-Age-Klangteppich ist in einigen wenigen Tracks zu finden. Irritierend, weil von diesem Stilmittel so selten Gebrauch gemacht wird, dass sich der Hörer fragt, ob die Geräusche nicht von außen kommen. Ansonsten gibt es vor jedem neuen Kapitel wie gewohnt eine kleine Melodie als Einleitung.

|Die MP3s|

Bei den MP3s ist dieses Mal so einiges neu, anders und teilweise schiefgelaufen. Die Größe des Downloads ließ erst vermuten, dass dieser Teil richtig viel länger sein würde als die Vorgänger. Dem ist aber nicht so. Die Qualität der MP3s ist nicht wie gewohnt: 128kbps, 41,1kHz und Joint Stereo. Dieses Mal gibt es die Lesung in 192kbps, das macht den Größenunterschied aus und entspricht der Qualität, wie sie auch bei der letzten CD-Ausgabe der |Silber Edition 74| verwendet wurde. Die Auflösung birgt die Umgestaltung der Eins-A-Medien-Homepage. In der neuen FAQ wird erläutert, dass es jetzt durchweg 192kbps als MP3-Qualität gibt.

Teil drei ist knappe 80 MB größer und eine halbe Stunde kürzer als der letzte. Die Dateien sind auch nicht, wie gewohnt, fortlaufend durchnummeriert. Die Tracknummer steht hier am Ende der Dateien, was einige MP3-Player in Schwierigkeiten bringen könnte, die die Tracknummer nur am Anfang der Dateien lesen und zuordnen können.

Auch in den ID3-Tags sieht es leider nicht so übersichtlich aus wie in den letzten Teillesungen der |Silber Edition 75|. So tragen alle MP3s den gleichen Namen, was dazu führt, dass Wiedergabelisten (z. B. in iTunes) 44 Mal den gleichen Eintrag „Perry Rhodan Silber Edition 75 – Die Laren (Teil 3) – Track 01“ untereinander anzeigen und der Hörer nur hoffen kann, dass die Reihenfolge dennoch stimmt.

Auch unter den in den ID3-Tags genannten Autoren dieser Teillesung fehlt einer. In diesem Teil der |Silber Edition| sind die Heftromane 660, 661 und 662 enthalten und Hans Kneifel ist nicht zu finden, er hatte den Roman Nr. 661 geschrieben. Lediglich H. G. Ewers und Ernst Vlcek werden hier genannt.

Dieses Mal ziert die Front von Band 662 „Jagd auf einen Toten“ das Cover und die ID3-Tags der MP3s. Das Bild liegt dem Hörbuch zusätzlich als JPG- und als PDF-Datei in der Auflösung 1448 x 1444 bei.

_Mein Fazit:_

Ab und zu lassen sich die unterschiedlichen Charaktere gut unterscheiden, meist, wenn Außerirdische sich unterhalten. Die Stimmen der Humanoiden lassen sich wie schon bei den Vorgängerteilen nur schwer voneinander trennen. Das hohe Krächzen, das Maier oft auflegt, um Dramatik und Aufregung in der Handlung und dem Handeln der Charaktere darzustellen, tut nach wie vor in den Ohren weh.

Die Story bleibt aber weiterhin spannend und das Krächzen ist zum Glück nicht dauerhaft, sodass dieser Teil dennoch Spaß macht. Und besonders der gut gesetzte Cliffhanger am Ende dieses Teil macht Lust auf den finalen Download in drei Wochen.

|MP3-Download mit ca. 325 MB Größe
Spieldauer der Lesung: 3:53 h
Sprecher: Andreas Laurenz Maier
ISBN-13: 978-3939648949|
[einsamedien.connectare.de]http://einsamedien.connectare.de
[www.perry-rhodan.net]http://www.perry-rhodan.net

|Hinweis:| Die |Silber Edition 75| wird zusammen mit dem letzten Download-Teil am 1. Februar 2011 auch auf zwei MP3-CDs im Handel erhältlich sein.

John Dickson Carr – Der Wahrsager und die Wahrheit

Droht der verliebte Richard Markham auf eine skrupellose Giftmischerin hereinzufallen? Einen Mord und diverse Anschläge später überlässt er es lieber dem genialen Ermittler Gideon Fell, ein dichtes Netz aus Lügen und Intrigen zu lichten … – In seinem 15. Fall ist der exzentrische Detektiv auf der Höhe seiner Kunst; die psychologischen Aspekte der Tat/en klar dem Krimi-Rätsel unterordnend, gelingt dem Verfasser ein unterhaltsam verwirrender aber fugenlos konstruierter, ebenso klassischer wie zeitloser „Whodunit“. John Dickson Carr – Der Wahrsager und die Wahrheit weiterlesen

Ebert, Sabine – Entscheidung der Hebamme, Die

_Die Reihe:_

Band 1: [„Das Geheimnis der Hebamme“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6864
Band 2: „Die Spur der Hebamme“
Band 3: _“Die Entscheidung der Hebamme“_
Band 4: [„Blut und Silber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6068
Band 5: „Der Fluch der Hebamme“

_Magdeburg 1179._ Auf dem Hoftag in Magdeburg bei dem auch Ritter Christan und seine heilkundige Ehefrau Marthe anwesend sind, beschließt Kaiser Friederich Barbarossa über Heinrich dem Löwen die Acht zu verhängen. Dafür gilt es den Löwen vorerst von den Hoftagen fernzuhalten. Markgraf Dittrich, der Bruder von Markgaf Otto von Wettin, erhebt daher Klage wegen Hochverrats und fordert ein Gottesurteil. Somit ist auch klar, dass es zum Krieg gegen den Löwen kommt, freiwillig wird der Löwe seine Ländereien nicht hergeben.

Kaiser Barbarossa ruft daher seine Herzöge, Fürsten, Markgrafen und deren Ritter zum Krieg gegen den Löwen auf. Markgraf Otto verlangt auch von Christian an der Belagerung der Burg Haldersleben teilzunehmen und bestimmt seinen ältesten und erbarmungslosen Sohn Albrecht für die Zeit der Belagerung zum Herrscher der Christiansdorfer Burg. Dort soll sein Sohn schon mal das Regieren üben.

Marthe ist Albrecht mehr als nur ein Dorn im Auge, was noch schlimmer wird, als sie seine gesundheitliche Situation erkennt und ihm helfen will. Albrecht unterstellt ihr, ihn vergiften zu wollen und zwingt sie die Heiltränke ebenfalls einzunehmen. Auch stellt er seine Ritter, Marthe hat an einen besonders schlimme Erinnerungen, zur Bewachung der jungen Frau ab. Furcht und Grausamkeit ziehen mit Albrecht und seinen Rittern auf der Christiansdorfer Burg und dem Dorf ein, alle Bewohner sind der Willkür Albrechts ausgesetzt und dieser herrscht mit harter und ungerechter Hand.

Was muss noch alles passieren, bis sich Christians Traum nach einem gerechteren Leben für die Niedriggeborenen seines Dorfes erfüllt?

_Kritik_

Der dritte Teil der „Hebammen“-Saga von Sabine Ebert „Die Entscheidung der Hebamme“ stützt sich wie schon die vorangegangenen Bände auf faktische historische Ereignisse.

Auch im dritten Band beweist die Autorin, dass ihr Potenzial nicht erschöpft ist. Mit ihrem gewohnt flüssigen und anschaulichen Sprachstil verwebt Sabine Ebert geschickt die fiktive Geschichte von Marthe und Christian mit den historischen Ereignissen der damaligen Zeit. Der Leser wird förmlich in die Geschichte katapultiert und der geschickt eingeflochtene Spannungsbogen macht das Beiseitelegen des Buchs fast unmöglich.

Das Leben der damaligen Zeit wird anschaulich beschrieben und die Nöte der einfachen Menschen lebendig erzählt. Auch die Kriegsführung wird ausdrucksvoll erklärt und die Geschichte der Zeit Barbarossas greifbar. Die historische Recherche der Autorin kann man nur loben.

Aus der Sicht eines Beobachters werden die verschiedenen Erlebnisse der Protagonisten erzählt, der Leser ist so immer auf dem neuesten Stand. Da Christan oft mit in den Krieg gegen den Löwen zieht, bekommt der Leser hier viel der realen Geschichte geboten. Das Leben in Christiansdorf kommt keineswegs zu kurz, auch hier wird der Leser nicht enttäuscht.

Die verschiedenen Handlungsstränge passen gut zueinander und ergänzen sich perfekt. Die Liebesgeschichte des Ritters und der Hebamme wird hier zwar nur am Rande behandelt, dies tut der Geschichte keinen Abbruch. Gerade durch die historisch belegten Begebenheiten wird hier auf spannende Weise ein Stück deutsche Gerichte dem Leser nahegebracht.

Die Entwicklung der Protagonisten wird immer glaubwürdiger gestaltet, ohne dass diese dadurch Sympathien einbüßen.

Marthe ist mittlerweile weit weg von der anfangs doch klischeereich konzipierten Figur und daher deutlich glaubwürdiger. Sie arbeitet weiterhin, allen Hindernissen wie ihrem Stand und auch der argwöhnischen Begutachtung durch den sauertöpfischen Pater Sebastian zum Trotz, weiter als Hebamme und Heilerin. Das „Gesicht“, die hellseherischen Fähigkeiten kommen immer weniger vor und werden auch nicht mehr so oft erwähnt, sondern bezieht sich mehr auf dunkle Vorahnungen. Diese sind aber weiterhin ernst zu nehmen. Auch verdaut sie nicht mehr jeden Schicksalsschlag ohne seelische Narben davonzutragen, sondern muss lernen mit ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen.

Christian sorgt sich noch immer mehr um die Siedler die er einst nach Christiansdorf führte, dafür ist er auch bereit einiges, wenn nicht alles zu opfern.

Auch die weiteren bereits bekannten Charaktere wachsen an den Erfahrungen, die sie machen müssen und entwickeln Mut und Gerissenheit, um gegen die Obrigkeit zu bestehen.

Auch der dritte Band und die hier beschriebene Sonderausgabe enthält ein Glossar, in dem historische Begriffe erklärt werden, so wie ein Personenregister. Ein Nachwort, in dem Sabine Ebert die Geschichte noch einmal verdeutlicht und ein exklusiver Text, in dem sie auf die Ereignisse der Erzählung und ihre Beweggründe, die Geschichte so enden zu lassen eingeht, runden das Buch ab.

Das Cover ist zeigt eine junge Frau, wieder dem Stand Marthes angepasst gekleidet, vor nun in grün gehaltenen Hintergrundfarben.

_Fazit_

Auch in „Die Entscheidung der Hebamme“ beweist Sabine Ebert, dass ihr Potenzial noch lange nicht verbraucht ist. Der dritte Teil ist die perfekte Ergänzung der Reihe und der Hebamme Marthe, auch wenn dieser Band den Leser traurig zurücklässt.

Die Recherche der Autorin um das Leben der Menschen in Mittelalter und die historische Richtigkeit, die das Gerüst, auf dem die Autorin ihr Buch aufbaut, trägt, ist hervorragend, so macht Geschichte Spaß und wird lebendig.

Lassen Sie sich in die Geschichte katapultieren, Sie werden begeistert sein …

_Autorin_

Sabine Ebert (* 1958 in Aschersleben) ist eine deutsche Journalistin und Romanautorin.

Geboren in Aschersleben wuchs Sabine Ebert in Berlin auf. Sie absolvierte ihr journalistisches Volontariat in Magdeburg und studierte in Rostock Lateinamerika- und Sprachwissenschaften.

In ihrer Wahlheimat Freiberg/Sachsen war sie 1990 Mitbegründerin der ersten unabhängigen Zeitung der Stadt, deren Redaktion sie mehrere Jahre leitete. Ab 1995 war sie freiberuflich für Tageszeitungen, Fernsehen und Hörfunk tätig und veröffentlichte darüber hinaus eine Reihe von Sachbüchern zur Geschichte Freibergs, darunter das Freiberger Jahrbuch (1991-2006), das die wichtigsten regionalen Ereignisse des Jahres zusammenfasst.

Im Jahr 2006 erschien Sabine Eberts Romandebüt im Knaur-Verlag: „Das Geheimnis der Hebamme“, Auftakt einer fünfbändigen Saga über die Siedlerzüge in den Osten und die ersten Silberfunde im Erzgebirge zur Zeit Barbarossas. Drei Fortsetzungen liegen bereits vor. (Quelle: Wikipedia)

|Taschenbuch: 672 Seiten
ISBN-13: 978-3426638354|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de
[Leseprobe]http://www.droemer-knaur.de/livebook/LP__978-3-426-63835-4/index.html

Lode, Christoph – letzte Traumwanderer, Der (Pandaemonia 1)

_|Pandaemonia|_:

Band 1: _“Der letzte Traumwanderer“_
Band 2: „Die Stadt der Seelen“ (Februar 2011)
Band 3: „Phoenixfeuer“ (Oktober 2011)

In Bradost gärt es. Seit die Lordkanzlerin vor fünf Jahren den Magistrat entmachtet hat, um allein über die Stadt zu herrschen, wächst die Unzufriedenheit im Volk, viele wollen die alte Republik zurück.

Liam und Jackon kümmert das alles wenig. Vorerst. Bis Jackon von Lady Sarka in ihren Palast aufgenommen wird, wo sie ihn im Gebrauch seiner Gabe schulen kann. Denn Jackon ist ein Traumwanderer …

Und bis Liam zusehen muss, wie sein Vater vom Chef der Geheimpolizei ermordet wird!
Plötzlich stecken beide mittendrin in einem Machtkampf, der nicht allein auf ihre eigene Welt beschränkt ist …

_Die Charakterzeichnung ließ_ ein wenig zu wünschen übrig.

Liam zum Beispiel ist durchaus sympathisch, so, wie man jemanden sympathisch findet, dem man gelegentlich auf der Straße begegnet, und der immer gut gelaunt und freundlich grüßt. Aber mehr als dieser oberflächliche Eindruck bleibt nicht zurück.

Auch Jackon fehlt es an Ausstrahlung, zudem wirkt er in seiner fast kindlichen Bewunderung für Lady Sarka wesentlich jünger als ein Fünfzehnjähriger. Von jemandem, der von Kindesbeinen an täglich um sein Überleben kämpfen musste, hätte ich etwas mehr geistige Reife erwartet.

Weitere Figuren wie der Erfinder Quindal, die Alben Lucien und Aziel oder die Gehilfen der Lordkanzlerin, besitzen kaum eigenes Profil.

Wesentlich stimmungsvoller ist Christoph Lodes Darstellung seiner Welt ausgefallen. Die Gassen sind eng und schmutzig, die Häuser schäbig und rußgeschwärzt. Licht scheint es fast ausschließlich außerhalb von Gebäuden zu geben, aber selbst in den Gärten der Lordkanzlerin, die von einem Gärtner gepflegt werden, ist alles voller Ruinen, sind die Statuen fleckig und schadhaft. Viele magische Geschöpfe sind einfach verschwunden, so wie der Phönix, der einst die Stadt bewachte. Es ist eine verfallende, sterbende Welt. Der Lärm und der Ätherdampf aus den zahllosen Fabriken und Manufakturen, die Geschäftigkeit in Quindals Erfinderwerkstadt wirken vor dieser Kulisse wie der klägliche Versuch, kunstvolle Musik durch andere Geräusche und den dadurch entstehenden Mangel an Klang durch noch mehr Geräusche zu ersetzen.

Dennoch gibt es noch immer Magie. Dabei scheint es nicht so zu sein, dass Magie eine universelle Kunst ist, zu der jemand befähigt ist oder nicht. Sie äußert sich – zumindest bei den Menschen – in unterschiedlichen Gaben, so wie Jackons Fähigkeit, durch die Träume anderer Menschen zu wandern. Eine Ausnahme bildet die Alchymie, die ganz offensichtlich eine Menge mit Magie zu tun hat, für die man aber anscheinend keine magische Gabe benötigt.

In dieser düsteren Umgebung hat der Autor seinen Plot entwickelt. Die Grundidee dieses Plots ist nicht neu: Eine kleine, zusammengewürfelte Gruppe mehr oder weniger junger und heldenhafter Personen setzt sich gegen einen übermächtigen Diktator zur Wehr. Was dabei ein wenig stört, ist, dass die Darstellung ein wenig löchrig wirkt. Details darüber, wie die Lordkanzlerin die alleinige Macht an sich gerissen hat, wie sie die städtischen Soldaten auf ihre Seite gebracht hat, und vor allem, warum sie das tut, sind vornehmer Zurückhaltung zum Opfer gefallen. Sicher, die neue Machthaberin lässt ihre Untertanen ununterbrochen bespitzeln und unterdrückt jeden Widerstand sofort auf brutale Weise. Aber was war zuerst da? Die Unterdrückung oder der Widerstand? Und im Falle des Letzteren: Wo kam er her und warum?

Hier lässt der Autor den Leser völlig in der Luft hängen, was ich schade fand. Die Motive aller Beteiligten bleiben dadurch bruchstückhaft, es fehlt eine stabile Basis, auf der die weitere Entwicklung des Plots aufbauen könnte.

Dazu kommt, dass die sich die Handlung weder durch viel Bewegung noch durch Komplexität auszeichnet. Bis alle Personen in Stellung gebracht sind, vergehen einige Seiten, und obwohl der Autor sich darauf beschränkt hat, Gedanken und Gefühle seiner Figuren direkt festzustellen, anstatt sie indirekt durch Beschreibung zu verdeutlichen, nehmen die Entwicklung von Liams und Jackons Freundschaft oder die der Beziehung zwischen Liam und Vivana eine Menge Raum ein. Das wäre nicht unbedingt ein Problem, so denn die Charaktere lebendig und greifbar genug wären, um diese Passagen mit Präsenz zu füllen, was sie leider nicht sind.

Außerdem ist von Anfang an klar, was die Lordkanzlerin vorhat, und auch die Frage, woher der Harlekin die magische Lampe hatte, kann der Leser in dem Moment beantworten, in dem sie gestellt wird. Damit ist der Plot eigentlich schon aufgedeckt, und der Leser fragt sich nur noch, ob es den Protagonisten gelingt, den Plan zu vereiteln oder nicht. Nun, nicht ganz, er fragt sich auch, was es nun eigentlich mit diesem so wichtigen Gelben Buch von Yaro D’ar auf sich hat, aber diese Antwort hat sich der Autor wohlweislich noch aufgehoben.

Letztlich sind es kleine Randfragen, die die Geschichte auch darüber hinaus interessant halten: Was hat es mit der Vergangenheit von Lady Sarkas Leibwächterin auf sich, die einmal so beiläufig, aber sicherlich nicht ohne Absicht erwähnt wurde? Welche Geheimnisse hüten die Manusch, die als fahrendes Volk durchs Land ziehen und von denen Vivana teilweise abstammt? Und woher hat die Lordkanzlerin ihre so außergewöhnlichen Fähigkeiten?

An diesen kleinen Rätseln kann der Leser herumpuzzlen, bis es endlich zum Showdown kommt. Und der wiederum ist nicht nur turbulent, sondern auch durchaus spannend geraten und wartet für alle, die ein paar Seiten zuvor noch dachten: „Das ging jetzt aber leicht!“, mit einer kleinen Überraschung auf. Zusammen mit dem Besuch des Alben Lucius beim Alchemysten Silas Torne ist das die beste Szene des Buches.

_Zurück bleibt ein durchwachsener Eindruck._ Vieles hat mir sehr gut gefallen, so zum Beispiel die einzelnen magischen Gaben, die Darstellung der Stadt Bradost oder die Manusch, die vielleicht nicht unbedingt überaus originell geraten sind, dafür aber ein wenig Farbe mitbringen. Die Charaktere dagegen blieben mir zu blass und zu flach, und auch der Handlung fehlte es bisher noch an Biss und an Tempo. Vielleicht bessert Letzteres sich ja in den Folgebänden, jetzt, wo wir die Aufstellung der Figuren und ihrer Beziehungen zueinander hinter uns haben.

_Christoph Lode_ stammt aus dem Rheinland und ist seit Jahren freiberuflicher Schriftsteller. Nach den Historienromanen „Der Gesandte des Papstes“ und „Das Vermächtnis der Seherin“ ist die |Pandaemonia|-Trilogie sein erster Ausflug ins Fantasy-Genre. Der zweite Band unter dem Titel „Die Stadt der Seelen“ erscheint Mitte Februar, außerdem ist für Mitte April die Veröffentlichung eines weiteren Historienromanes vorgesehen, „Die Bruderschaft des Schwertes“.

|Broschiert: 381 Seiten
ISBN-13: 978-3442471737|
[www.randomhouse.de/goldmann]http://www.randomhouse.de/goldmann
[www.christoph-lode.de]http://www.christoph-lode.de

Parker, Robert B. – Thin Air – Ein Spenser-Krimi

_Unter Räubern: Jungfer in Not befreit sich im Do-it-yourself-Verfahren_

Die junge Frau des Bostoner Cops Frank Belson ist spurlos verschwunden und Privatdetektiv Spenser soll sie finden. Seine Ermittlungen führen ihn bis nach Los Angeles und wieder zurück ins verregnete Massachusetts, in eine aufgegebene Industriestadt namens Proctor, vom lieben Gott verlassen, von irischen Cops verkehrsgeregelt und von zwei rivalisierenden Latino-Gangs beherrscht. Hier irgendwo könnte Lisa St. Claire, Belsons Gattin, über deren Vergangenheit so wenig bekannt ist, stecken. Oder auch nicht.

Titel der Übersetzung: „Brutale Wahrheit“ (1996 bei Rowohlt).

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) [„Spare Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6852

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
[„Hundred Dollar Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6838
[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
[„Bad Business“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6840
[„Back Story“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6842
[„Painted Ladies“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6843
[„Cold Service“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6844
[„The Professional“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6866
[„Playmates“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6867
„Hugger Mugger“, „Small Vices“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Frank Belson ist ein Inspektor der Bostoner Mordkommission, mit dem Privatdetektiv Spenser schon seit 20 Jahren zusammenarbeitet. Als Belson ihm also sagt, dass seine junge Frau Lisa St. Clair verschwunden sei, macht sich Spenser Gedanken: Er war ihr Brautführer bei der Hochzeit. Frank will Lisa, seine zweite Frau, jedoch erst einmal alleine suchen.

Sorgen macht sich Spenser jedoch, als Belson mit drei Einschüssen im Rücken im Krankenhaus landet, und zwar auf der Intensivstation. Offenbar hat jemand etwas gegen Belsons Schnüffelei einzuwenden. Sein Freund beauftragt ihn explizit damit, mit der Suche fortzufahren. Leichter gesagt als getan, denn Frank weiß über seine junge praktisch nichts, außer dass sie als Radio-DJ gearbeitet hat – Prinzip Tabula rasa.

Ist Lisa entführt worden? In ihrer Wohnung fehlt zumindest die Handtasche, ebenso ihr Adressbuch. Auf dem Anrufbeantworter sind vier Nachrichten, darunter von einem Arzt, einem College, einer Freundin und einem fremden Mann. Im College hört Spenser erstmals von Lisas abgelegtem Freund Luis Deleon und von Lisas Freundin, dass Lisa mit Luis geschlafen haben muss, bevor sie Frank Belson heiratete. Aber woher stammt dieser Luis?

Captain Quirk von der Mordkommission, Franks Chef, hat die Fakten: Luis Deleon ist ein ganz schwerer Junge, der schon mehrere Male vor Gericht stand, u. a. wegen Vergewaltigung, aber seltsamerweise nie verurteilt wurde – die Zeugen zogen stets ihre Aussage zurück. Luis scheint mit seiner Hispano-Gang die eine Hälfte der heruntergekommenen Industriestadt Proctor zu beherrschen, während ein Typ namens Freddie Santiago die andere Hälfte sowie den Bürgermeister und die Polizei beherrscht. Luis wird nachgesagt, so Quirk, er zeige Anzeichen von paranoider Schizophrenie – ein netter Bursche …

Quirk weiß auch, wer Lisa St. Clair in Wahrheit ist: Abgesehen davon, dass es für ihre Jahre vor 1990 keine Einträge gibt, heißt sie offenbar Angela Richard und stammt aus Los Angeles, wo sie einem zweifelhaften Beruf nachging: Als Prostituierte und Pornodarstellerin. Soll Spenser das seinem Freund berichten? Besser nicht.

Zusammen mit seiner Freundin Susan Silverman, der Psychotherapeutin, fliegt Spenser nach L.A., um mit seinem Kontaktmann Samuelson vom LAPD zu sprechen. Und um Chollo zu kontaktieren, den spanisch sprechenden Killer, der ihm schon mehrfach beigestanden hat. Zusammen können sie es vielleicht wagen, Luis Deleons Hauptquartier in Angriff zu nehmen, um die dort vermutete Lisa herauszuholen. Aber sie werden Hilfe brauchen. Illegale Hilfe …

_Mein Eindruck_

Zunächst dachte ich – ähnlich wie einer der Kritiker – die Handlung dieses „Spenser“-Krimis würde den üblichen Verlauf nehmen: Eine Dame zweifelhaften Rufes verschwindet, Spenser muss sie unter großen Mühen finden und stößt auf unappetitliche Details; aber natürlich muss er sie vor sich selbst retten, weil sie sich mit einem Mann zweifelhaften Rufes eingelassen hat. So lief das schon in der „April Kyle“-Trilogie („Ceremony“, „Taming a Sea-Horse“ und „Hundred-Dollar Baby“) sowie in „Stardust“.

Auch die andere Hälfte des Plots meinte ich bereits zur Genüge zu kennen, nämlich die Belagerung und Erstürmung der „Festung“ eines Verbrechers, ähnlich wie in „Cold Service“ (das allerdings erst zehn Jahre später veröffentlicht wurde). Dabei bieten Spenser und seine jeweilige Gefährte, sei es Hawk, sei es Chollo, auch die Hilfe anderer Elemente wie etwa Polizisten oder gegnerische Verbrecher auf.

Um die Wahrheit endlich zu verraten: Ganz so läuft es diesmal in „Thin Air“ nicht, aber der Plot ist nicht weit davon entfernt. Die Burg wird belagert, um die „Jungfer in Not“ vor Blaubart zu retten. Doch die Jungfer ist längst keine mehr, und der Blaubart entpuppt sich als etwas anderes. Aber Spenser und Chollo erstürmen die Burg mit einem Trick und einer Ablenkung dennoch. Gerade noch rechtzeitig, bevor das Gebäude in sich zusammenbricht.

|Selbstherapie|

Das Besondere an der weiblichen Hauptfigur in „Thin Air“: Lisa St. Clair alias Angela Richard hat in Kalifornien eine Psychotherapie durchlaufen und sich selbst viel besser kennengelernt. Sie war auf dem Weg der Selbstverbesserung, um nicht auf den Strich gehen und Pornos drehen zu müssen. Sie heiratete sogar einen Cop, um aus dem Sumpf der Halbwelt herauszukommen. Nun hat diese sie wieder zurückgeholt, in Gestalt von Luis Deleon. Als geschulte Therapierte ist Lisa jedoch in der Lage, Luis‘ Psyche und Motive zu durchschauen. Und Luis hat eine Therapie offenbar dringend nötig …

|Das Leben als Film|

Lisas Erlebnisse in dem Gefängnis, in das Luis sie in seiner „Burg“ steckt, machen fast ein Drittel des Romans aus und sind kursiv gesetzt, also leicht zu erkennen. Ihr Blick ist subjektiv und dieser fällt auf das Auffälligste, was ihr Zimmer vorzuweisen hat: Bildschirme! Und auf jedem der Bildschirme sind die Filmszenen zu sehen, die Luis mit ihr in der Hauptrolle gedreht hat, selbst jene, als sie gefesselt und geknebelt im Lieferwagen ihres Entführers lag.

Nun geht Luis noch einen Schritt weiter und inszeniert sein und Lisas Zusammenleben als Filmromanze à la Hollywood. Er steckt sie in Südstaatenkostüme, um als Galan auftreten zu können. Er tritt als reicher mexikanischer Rancher auf – er ist ja Latino (eigentlich Puertoricaner). Fehlt nur noch, dass sie die Jane für seinen Tarzan spielen soll. Der Haken, sagt sie ihm, bei diesen Inszenierungen: Sie liebt ihn nicht, findet diese verlogene Maskerade zum Kotzen und will nach Hause!

|Schocktherapie|

Es kommt endlich, nach einer versuchten Vergewaltigung, zu einem Austausch von Geständnissen. Mit ihrem geschulten Blick erkennt Lisa die Wahrheit in Luis: Er überträgt einfach die Gefühle, die er für seine geliebte MUTTER hegte (und die an einer Überdosis starb), auf Lisa, ohne die Eigenständigkeit Lisas auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Der Haken an Luis‘ Verehrung für Mutter und Lisa: Beide waren Huren und alles andere als die Engel, für die er sie immer noch hält. Also muss sie etwas dagegen unternehmen …

|Der tägliche Rassismus|

Das vierte Element ist eindeutig Rassismus. Spenser stößt nicht nur in Proctor auf Schritt und Tritt auf das „Dilemma Amerikas“, wie der Autor es nennt: Dass die USA den Freiheitssuchenden eine Zufluchtsstätte bieten wollen, aber nicht verstehen, die unterschiedlichen Völkerschaften friedlich miteinander leben zu lassen. Im Gegenteil: Anglos und Latinos tun alles, um die Abgrenzung aufrechtzuerhalten, wobei die Sprachbarriere natürlich sehr hilfreich ist. Lisa hat diese Barriere überschritten und befindet sich nun quasi in Feindesland – in einem hispanischen Teil von Proctor, wo die Latinos am abweisendsten und stolzesten sind, sogar gegen ihre eigenen „Brüder“.

Freddie Santiago erklärt es Spenser: So etwas wie „die Altinos“ gibt es gar nicht. Schließlich kommen diese Menschen aus völlig unterschiedlichen Ländern, aus Puerto Rico oder Guatemala, aus Mexiko oder Kolumbien usw. Wie sollen sie da jemals zu einer Volksgruppe verschmelzen können? Da könnte man ja gleich verlangen, dass sich England und Norwegen zusammenschließen!

_Unterm Strich_

„Spenser“-Krimi Nr. 22 verbindet die bekannte Elemente Suche, Ermittlung, Action und menschliches Drama in neuer Variation. Statt die jammernde Jungfer in Not zu spielen, rettet sich die entführte Polizistengattin vor dem Blaubart selbst. Nicht etwa durch handfeste Prügeleien, sondern durch ein Gespräch, in dem sie durch psychologische Einsicht in ihren Entführer dessen grundlegenden Fehler erkennt und zur Sprache bringt. Mit anderen Worten: Sie therapiert ihn und rettet sich selbst aus der Patsche. Die handfeste Action, also den nötigen Rest, erledigen dann zu ihrer Zufriedenheit Spenser und Chollo. Doch Luis, den Entführer, erwartet ein weitaus traurigeres Schicksal als die Entführte.

Neben den Standardelementen wie Elementen und Action erwartet den Leser als eine unerwartete Zutat: Ungefähr ein Drittel des Romans wird von Lisas Erlebnissen bestritten, die in Kursivschrift gesetzt und somit von deutlich anderer Natur sind als Spensers Erlebnisse. Erst durch die Ergänzung der Informationen aus Lisas Erleben und Spensers Ermittlungsergebnissen ergibt sich ein vollständiges Bild von Lisas Leben. Der amerikanische Traum – sieht er wirklich so aus?

Ich habe für diesen Krimi zwei Tage mehr als sonst (einen Tag) gebraucht. Mit erschien das Thema nämlich zu abgedroschen und die Lösung des Konfliktes als zu lange hinausgezögert. Doch dann entpuppte sich Lisas Erzählstrang als weitaus aufregender und interessanter als erwartet. Sie ist weitaus aktiver, als das Klischee vom Gangsterweibchen es verlangt. Dem Autor gelingt es zudem, in uns Mitgefühl für den Entführer Luis zu wecken. Und der Showdown um Luis‘ Burg ist ebenfalls vom Feinsten.

|Taschenbuch: 293 Seiten
ISBN-13: 978-0425152904|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836

Ebert, Sabine – Spur der Hebamme, Die

_Die Reihe:_

Band 1: [„Das Geheimnis der Hebamme“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6864
Band 2: _“Die Spur der Hebamme“_
Band 3: „Die Entscheidung der Hebamme“
Band 4: [„Blut und Silber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6068
Band 5: „Der Fluch der Hebamme“

_Mark Meißen, Christiansdorf Anno 1173:_ Markgraf Otto hat den Ritter Christian und seine Frau, die Hebamme und Heilerin Marthe in den Stand der Edelfreien erhoben. Beide haben Otto die Lehenstreue geschworen und sind unter Jubel wieder in Christiansdorf eingezogen, glückliche Zeiten sind angebrochen, der Widersacher Randolf ist auf einem Kreuzzug im Heiligen Land. Christian und Marthe gelangen zu großem Ansehen, nicht nur dass sie den Silberabbau vorantreiben und so Wohlstand in Christiansdorf herrscht, auch gelingt es ihnen, im Dorf Frieden zu wahren.

Eines Tages wird Christian wieder zum Markgrafen Otto gerufen, dieser hat schlechte Nachrichten, Randolf befindet sich auf dem Rückweg in die Mark Meißen. Aber nicht nur das, Markgraf Otto erhebt den Feind Marthes in den Stand des Burgvogtes von Christiansdorf.

Gewarnt, versteckt Christian Marte und ihre gemeinsamen Kinder bei einem befreundeten Paar, um seine Familie vorerst in Sicherheit zu wissen, da er auf Ottos Geheiß eine Reise antreten muss.

Doch Marthe wird verraten und sogar der Hexerei bezichtigt, Raimund und seine Frau Elisabeth können lediglich die Kinder Marthes verstecken.

Marthe wird in Ketten abgeführt und landet im Verließ, wo die junge Frau auf grausame Weise gefoltert wird. Ein übereifriger Pfarrer treibt einem Urteil entgegen und verlangt ein Gottesurteil. Dieses besteht Marthe, da sie unerwartete Hilfe erhält. Sie wird wieder in das Verließ gesteckt, vielen ist sie einfach ein Dorn im Auge und gehört damit beseitigt. In Erwartung erneuter Folter wird sie von einem ihrer früheren Peiniger aus dem Verließ gerettet.

So befindet sie sich erneut in Gefangenschaft, Ritter Ekkehart hat Marthe auf seine Burg entführt und dort wird die junge Frau von einer alten Heilerin gepflegt, Marthe ist dem Tode näher als dem Leben.

Unterdessen ist Christian zurück und die Suche nach seiner Frau beginnt …

_Kritik_

Mit „Die Spur der Hebamme“ ist der Autorin eine gelungene Fortsetzung zu ihrem Erstling „Das Geheimnis der Hebamme“ gelungen, mit der sich Sabine Ebert noch gesteigert hat. Drei Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils setzt dieser Roman an.

Die Geschichte Ihrer Protagonisten Christian und Marthe bettet die Autorin geschickt in die historisch belegten Vorkommnisse der Zeit ein. Das Leben, das die verschiedenen Stände im Mittelalter geführt haben, ebenso die Kampftechniken und historische Begebenheiten hat Sabine Ebert gründlich recherchiert und bindet ihre fiktive Geschichte perfekt in die realen Ereignisse ein.

Mit ihrem lebendigen und plastischen Schreibstil schafft die Autorin es, den Leser an die Geschichte zu fesseln. Die Schicksalsschläge, mit denen die Protagonisten umgehen müssen, werden detailliert und authentisch beschrieben, die damaligen Verhältnisse sind glaubwürdig dargestellt. Die Autorin schafft es, die Geschichte der Region lebendig werden zu lassen und entführt die Leser in eine Zeit, in der die meisten Menschen der Willkür höheren Standes Geborener ausgeliefert waren. Auch die beginnende Hexenverfolgung und die Brutalität, die angewandt wurde, um eine Hexe zum Geständnis zu zwingen, wird authentisch beschrieben.

Das Buch ist in vier Teile aufgegliedert, die sich jeweils um ein Thema drehen. Im Ersten „Gefährliche Begegnungen“ wird noch das friedliche Leben in Christiansdorf beschrieben, aber die ersten Begegnungen, die zu den weiteren Vorfällen führen, werden geschildert. Im zweiten Abschnitt „Spurlos verschwunden“ beginnen der Verrat und die Festnahme Marthes. Mit dem dritten Teil „Die Zeit der Feigheit und des Verrats“ und dem letzten „Auf Leben und Tod“ fügen sich die Ereignisse zusammen.

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht einer dritten Person. Dem Leser werden so die verschiedenen Ereignisse der einzelnen Protagonisten erzählt, und fügen sich zu einem glaubwürdigen und ineinander passenden Gesamtbild zusammen.

Die Zeichnung der Protagonisten ist vielfältig und die Autorin schafft es, ihre Figuren zum Leben zu erwecken. Die Charaktere entwickeln sich weiter und lernen aus den Erfahrungen, die ihnen selber und nahestehenden Personen zustoßen. Die Personen, die dem Leser ohnehin schon ans Herz gewachsen sind, beweisen, dass sie das Zeug haben zu reifen und sich dabei nicht selber zu verlieren.

Die nun Edelfreie Marthe arbeitet gegen ihren Stand weiter als Hebamme und Heilerin. Dass sie mit ihren Behandlungen mehr Erfolg als so mancher Medicus hat, bringt Neider auf den Plan und ist auch ihrem Ruf nicht zuträglich. Auch der Kirche ist die selbstbewusste junge Frau schnell ein Dorn im Auge und ein eifernder Beichtvater bringt Marthe ist Schwierigkeiten. Die Entwicklung der jungen Frau ist sehr glaubwürdig und anderes als im ersten Band steckt sie die zerstörenden Erlebnisse nicht mehr so einfach weg. Dies trägt dazu bei, dass diese Figur glaubwürdiger wird.

Auch der Ritter Christian und Ehemann Marthes ist glaubwürdig konzipiert, die Rachegelüste denjenigen gegenüber, die seine Frau in Misskredit bringen, sind leicht nachvollziehbar. Dadurch zeigt sich, dass der an Ehre glaubende und nach den Tugenden der Ritterschaft lebende Edelfreie durchaus hart gegenüber seinen Mitmenschen werden kann und diese auch rächt. Auch die weiteren Charaktere sind komplex und attraktiv gezeichnet, die Grenze zwischen Gut und Böse aber klar. Überraschende Wendungen bei den Protagonisten gibt es selten, sofern diese aber vorkommen, sind sie realistisch durchdacht.

Die hier besprochene Sonderausgabe erhält neben dem Nachwort, in dem die Autorin auf die Geschichte und die historischen Ereignisse eingeht, auch ein ausführliches Personenregister, in der historisch belegte Personen gekennzeichnet sind und ein Glossar, das altertümliche Begriffe erklärt. Ein exklusiver Text, in dem Sabine Ebert beschreibt, wie sie durch den Roman „Das Geheimnis der Hebamme“ Kontakt zu der Mittelalter-Szene bekam, rundet das Buch ab.

Das Cover ist passend zur ersten Sonderausgabe gestaltet, dieses Mal zeigt es eine junge Frau, die standesgemäß gekleidet ist, vor blauem Hintergrund.

_Fazit_

Der zweite Teil der |Hebammen|-Saga, „Die Spur der Hebamme“ ist eine würdige Fortsetzung des ersten Teils, in dem die Protagonisten gereift sind und sich neuen Herausforderungen stellen. Eine Steigerung zum ersten Band der Reihe ist deutlich vorhanden.

Die erstklassige historische Recherche macht deutlich, wie erschreckend das Mittelalter sein konnte. Nicht nur der Willkür der Obrigkeit waren die Siedler ausgesetzt, auch vor Vergewaltigung und Folter wurde kein Halt gemacht, wenn es darum ging, Menschen zu schaden und in Verruf zu bringen. Dass der Stand nicht immer schützte, wird deutlich gemacht.

Diese spannend erzählte Geschichte kann bedenkenlos an historisch Interessierte weiterempfohlen werden, der historisch authentische Hintergrund vor dem die Geschichte der jungen Hebamme spielt, macht die Geschichte der Region lebendig.

_Autorin_

Sabine Ebert (* 1958 in Aschersleben) ist eine deutsche Journalistin und Romanautorin.

Geboren in Aschersleben wuchs Sabine Ebert in Berlin auf. Sie absolvierte ihr journalistisches Volontariat in Magdeburg und studierte in Rostock Lateinamerika- und Sprachwissenschaften. In ihrer Wahlheimat Freiberg/Sachsen war sie 1990 Mitbegründerin der ersten unabhängigen Zeitung der Stadt, deren Redaktion sie mehrere Jahre leitete. Ab 1995 war sie freiberuflich für Tageszeitungen, Fernsehen und Hörfunk tätig und veröffentlichte darüber hinaus eine Reihe von Sachbüchern zur Geschichte Freibergs, darunter das Freiberger Jahrbuch (1991-2006), das die wichtigsten regionalen Ereignisse des Jahres zusammenfasst.

Im Jahr 2006 erschien Sabine Eberts Romandebüt im Knaur-Verlag: „Das Geheimnis der Hebamme“, Auftakt einer fünfbändigen Saga über die Siedlerzüge in den Osten und die ersten Silberfunde im Erzgebirge zur Zeit Barbarossas. Drei Fortsetzungen liegen bereits vor.

Sabine Ebert lebt in Freiberg. (Quelle: Wikipedia)

|Taschenbuch: 672 Seiten
Verlag: Knaur TB (1. November 2007)
ISBN-13: 978-3426636954|

Baldacci, David – Sammler, Die

_Das geschieht:_

In Washington D. C., der Hauptstadt der USA, geraten die vier Mitglieder des „Camel Clubs“ in ein neues Abenteuer. Caleb Shaw, der in der Raritätenabteilung der berühmten Kongressbibliothek beschäftigt ist, sieht sich nach dem jähen Tod seines Abteilungsleiters zu dessen Nachlassverwalter bestimmt. Womöglich ist es beim Tod von Jonathan DeHaven nicht mit rechten Dingen zugegangen. Der „Camel Club“ wird plötzlich observiert. Shaws Freund Oliver Stone, einst selbst Top-Agent, identifiziert die Verfolger als Angehörige der CIA.

Doch nicht der Geheimdienst, sondern zwei kriminelle Mitarbeiter stecken hinter der Überwachung: Albert Trent und Roger Seagraves verschaffen sich einen hübschen Nebenverdienst, indem sie Agenten-Identitäten an Schurkenstaaten verkaufen. Die enttarnten US-Spione werden umgebracht, ebenso ergeht es denen, die den beiden Verrätern auf die Schliche zu kommen drohen. DeHaven hatte dieses Pech, und nun will vor allem Seagraves wissen, ob dieser vor seinem Ende den „Camel Club“ informieren konnte. Zwar trifft dies nicht zu, aber Stone und seine Freunde drehen in der Not den Spieß um, beginnen eigene Recherchen und bringen sich dadurch erst recht in Lebensgefahr.

In Atlantic City drehen die Gauner Annabelle Conroy, Leo Richter, Tony Wallace und Freddy Driscoll das Ding ihres Lebens: Mit einem genialen Trick luchsen sie dem Kasino-Mogul und Gangsterboss Jerry Bagger 40 Millionen Dollar ab. Statt anschließend in einen möglichst abgelegenen Winkel der Erde zu flüchten, reist Annabelle nach Washington: Jonathan DeHaven war die Liebe ihres Lebens. Um sein Ende zu rächen, tut sich Annabelle mit dem „Camel Club“ zusammen. Gemeinsam setzt man Trickreichtum gegen Gewalt; eine Methode, die allerdings nicht immer funktioniert, was für brenzlige Situationen sorgt …

_Hau in die Tasten, Baldacci!_

David Baldacci ist ein fleißiger Autor. Mindestens einen Thriller wirft er jährlich auf jenen Buchmarkt, der vor allem die Gelegenheits-Leser bedient, die während eines Fluges, einer Bahnfahrt oder am Strand bratend eine spannende Geschichte lesen wollen, die sich auch mit abgelenktem Hirn verfolgen lässt. Bei einem solchen Ausstoß gilt es ökonomisch zu arbeiten. Baldacci hat deshalb den Faktor „Originalität“ aus seinem Werk getilgt. Er bedient sich bekannter und bewährter Elemente, die er jeweils routiniert neu kombiniert.

Der empörte Fan wird diese Einschätzung sogleich persönlich nehmen und ablehnen. Allerdings befindet sich der Rezensent mit seiner Einschätzung auf der sicheren Seite, denn Baldacci macht aus seinem Vorgehen nie einen Hehl. Er produziert seine Verbrauchslektüre mit dem redlichen Vorsatz der möglichst intensiven Unterhaltung. Literarische Wertvorstellungen bleiben von vornherein ausgeklammert.

Auf diesem Level funktioniert „Die Sammler“ reibungslos. Obwohl ein Großteil der Handlung in stillen Bibliothekssälen zwischen staubigen Buchregalen spielt, legt Baldacci ab der ersten Seite ein Tempo vor, das er bis zum großen, leichenreichen Finale durchhält. Dabei legt er durchaus Einfallsreichtum an den Tag, wenn er betont harmlose Bücherwürmer in einen aufregend ungleichen Kampf mit skrupellosen CIA-Agenten verwickelt.

|Ist es spannend, wird es verwurstet|

Der moderne US-Mainstream-Thriller gehorcht seit jeher gewissen Regeln, die ihn gleichzeitig spannend und berechenbar machen. Entweder sitzt ‚der Feind‘ in Schurkenstaaten wie Nordkorea, Iran/Irak oder in einem der zahlreichen Nachfolge-Länder der ehemaligen Sowjetunion, oder er ist – ganz besonders heimtückisch! – Teil jener US-Einrichtungen, die Attacken aus dem Ausland abwehren sollen. Baldacci geht auf Nummer Sicher und mischt beide Konzepte. Dabei differenziert er sorgfältig: Gefoltert und gemordet wird nur von lumpigen Individuen. Die von ihnen missbrauchten Institutionen sind selbst Opfer. Scheinbare Kritik an den Praktiken der CIA wird dadurch relativiert: „Die Sammler“ ist ein ‚konservativer‘ Thriller im softkritisch aufgepepptem Gewand.

Behauptet ist ebenfalls jeder Gegenwartsbezug. Baldacci schlachtet Vorurteile gegen Politiker, Lobbyisten, Geheimdienstler, Bürokraten und andere unentbehrliche aber wenig geliebte Gruppen aus. Er instrumentalisiert sie im Rahmen einer Geschichte, die der Leser nicht ernst nehmen sollte, da er sich sonst grob veräppelt fühlen müsste. Was Baldacci als kriminelle Volte verräterischer Geheimagenten ausklügelt, ist nicht raffiniert, sondern so kompliziert und von glücklichen Zufällen abhängig, dass nur Papier-Strolche wie Albert Trent und Roger Seagraves damit durchkommen können. Aber: Es |klingt| plausibel und sorgt für Spannung. Damit ist Baldaccis Primärziel einmal mehr abgedeckt.

|Kuriose Figuren sorgen für Entertainment|

Den gar schröcklichen Finsterbolden stehen ähnlich überzeichnete Gutmenschen gegenüber. Der „Camel Club“ ist eine anachronistische Verbindung, die mit ihrem Idealismus im 19. Jahrhundert besser aufgehoben wäre. Natürlich ist dies Teil von Baldaccis Spiel mit dem Klischee (das er freilich nicht so gut beherrscht, wie er glaubt): Zirkel mit hehren Zielen gehören zum festen Inventar einer versunkenen Epoche der Unterhaltungsliteratur. Von „Lord Percy vom Excentric Club. Der Held und kühne Abenteurer“ (1913) bis zur „Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ hat sich das Konzept erhalten. Erneut überhöht (oder übertreibt) Baldacci das Vorbild, indem er vier ebenso mutige, entschlossene und ehrenhafte wie exzentrische, unkonventionelle und sympathische Figuren als Clubmitglieder vorstellt.

Dass sie im Dienst der guten Sache ständig das Gesetz biegen und brechen, macht sie nur interessanter. Baldaccis Welt ist ohnehin zynisch schwarzgefärbt: Das Establishment schreibt die Regeln vor, ohne sich selbst daran zu halten. Der brave, arglose, dumme Bürger ist ihm hilflos ausgeliefert. Als intellektuelles „A-Team“ tritt dann der „Camel Club“ auf. Er kann die Welt nicht insgesamt bessern aber seinen Teil dazu beitragen – und dabei viele Leser begeistern.

|Schräg-Helden mit Vergangenheiten|

Damit diese Klischees nicht gar zu eindimensional wirken, unterlegt Baldacci seinen vier seltsamen Helden tragische Vergangenheiten. Alle sind sie enttäuschte und gescheiterte Idealisten, die unter einem Panzer fröhlicher Gleichgültigkeit verletzte Menschenwürde durchschimmern lassen, wenn Baldacci ernste Töne anschlagen möchte.

Neu ins Boot kommt in diesem zweiten Abenteuer des „Camel Club“ die Trickdiebin Annabelle Conroy, mit der Baldacci die Figuren-Exzentrik übertreibt und ins Gegenteil verkehrt: Annabelle ist eine Super-Frau, deren Geschick das gesamte Club-Quartett in den Schatten stellt. Sie weiß immer Rat, ist schlagfertig, selbstverständlich wunderschön, und in ihrem Busen hegt sie ein trauriges Herkunfts-Geheimnis, das sie nur uns, den Lesern, und dem weisen Oliver Stone enthüllt, was den Grundstein für eine sicherlich romantische aber komplizierte Lovestory legt.

|Puzzle-Thriller mit zu vielen Teilen|

Womit wir zu den weniger erfreulichen Aspekten dieses Romans kommen. 500 Seiten ist er stark und doch nur Episode, denn Baldacci handhabt seine „Camel Club“-Reihe wie eine TV-Serie. Er beschränkt sich keineswegs auf eine Story. So hat die Jerry-Bagger-Story in diesem Roman eigentlich nichts verloren. Knapp zweihundert Seiten laufen zwei geografisch und thematisch separate Geschichten nebeneinander her. Dass der „Camel-Club“-Strang den Sieg davontragen wird, steht lange nicht fest. Baldacci schildert den Kasino-Coup und seine Beteiligten in Details, die in der zweiten Romanhälfte keine Rolle mehr spielen bzw. nur alibihaft und kurz aufgenommen werden. Erst im Finale tritt Bagger erneut und als personifizierter Schlussgag auf: Er bereitet das nächste Abenteuer des „Camel-Club“-Teams vor, das sich natürlich um Annabelles Rettung vor den vertierten Knechten des Gangsterkönigs drehen wird. (Als „Stone Cold“ – dt. „Die Spieler“ – ist es inzwischen erschienen.)

Baldacci versucht, mit überlappenden Handlungssträngen die Publikumsbindung zu erzwingen. Als Autor gedenkt er sich nicht zu disziplinieren. Er schreibt und schreibt und scheint dabei vor allem das tägliche Seitensoll im Auge zu behalten. Dies würde auch den Stillstand im Mittelteil erklären. Scheinbar geschieht weiterhin viel, aber de facto tritt die Handlung auf der Stelle und wird mit ausladenden Exkursen und durchaus netten Episoden in die Länge gezogen. So erweist sich das mit großem Getöse eingeführte und breit ausgewalzte Geschehen um ein geheimnisvolles Buch als reine Schaumschlägerei, die im Finale alibihaft in ein paar Nebensätzen lächerlich ‚aufgeklärt‘ wird.

|Spannend oder witzig?|

Kühles Kalkül legt der Verfasser schließlich auch an den Tag, wenn er den Grundton seiner Geschichte wählt. „Die Sammler“ soll möglichst alle Thriller-Wünsche befriedigen, also spannend, aktuell, actionreich, komplex und im Detail blutrünstig sein. Dazu mischt Baldacci beinahe mutwillig so viel Humor in seine Mixtur, dass diese immer wieder in einer Thriller-Parodie umzuschlagen droht. Möchte er Kritikern damit den Wind aus den Segeln nehmen? Soll der Leser die Handlung gar nicht ernst genommen werden? Oder möchte Baldacci mit ‚lustigen‘ Einschüben für Entspannung sorgen?

Auf jeden Fall ist sein Verständnis von Komik eher robust. Diversen gelungenen, weil schwarz- und trockenhumorigen Onelinern (die der Übersetzer entweder gut übertragen konnte oder für das deutsche Publikum aufpoliert hat) stehen flaue, sich ständig wiederholende Witzchen – Buchwurm Caleb verliert in kritischer Lage die Nerven, Frauenheld Reuben sabbert der hübschen Annabelle hinterher, die ihn schallend abblitzen lässt, Bibliothekare und Bibliotheksbesucher sind weltfremde Lachgestalten – gegenüber. Sie wirken besonders befremdlich und sogar zynisch, wenn Baldacci wenige Zeilen später CIA-Schergen und Gangster detailfroh foltern und verstümmeln lässt.

Die grob gesponnene Story gewinnt dennoch durch Baldaccis gefälligen Sprach- und Schreibstil. „Die Sammler“ ist kein notdürftig als Roman maskiertes Drehbuch und der Verfasser ein gewandter Routinier, der nur leider allzu geschmeidig seinem Publikum bietet, womit er sich zufriedengibt – nicht weniger, aber auch niemals mehr.

|Taschenbuch: 494 Seiten
Originaltitel: The Collectors (New York : Warner Books 2006)
Übersetzung: Uwe Anton
Deutsche Erstausgabe (geb.): Dezember 2008 (Lübbe Verlag)
ISBN-13: 978-3-7857-2354-8

Als Taschenbuch: Oktober 2010 (Bastei-Lübbe-Verlag/Allgemeine Reihe 16479), 494 Seiten
ISBN-13: 978-3-404-16479-0

Als Hörbuch: November 2008 (Bastei-Lübbe-Verlag)
6 CDs (= 447 min.), gelesen von K. Dieter Klebsch
ISBN-13: 978-3-7857-3842-9

Als (MP3-) Download: November 2008 (Bastei-Lübbe-Verlag)
6 CDs (= 447 min.), gelesen von K. Dieter Klebsch
ISBN-13: 978-3-7857-4097-2|
[Autorenhomepage]http://davidbaldacci.com
[Verlagshomepage]http://www.luebbe.de

_David Baldacci bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Verschwörung“ 396
[„Der Abgrund“ 414
[„Mit jedem Schlag der Stunde“ 2400
[„Die Wächter“ 4513
[„Die Versuchung“ 676
[„Das Versprechen“ 361
[„Im Bruchteil der Sekunde“ 836
[„Das Geschenk“ 815
[„Im Takt des Todes“ 5677
[„Die Sammler“ 5748