Menger, Ivar Leon / Rohrbeck, Oliver – Prinzessin, Der

Dieses Hörspiel ist eine Sammlung unheimlicher Episoden aus dem Thriller-Genre, verfasst von Ivar Leon Menger, einem unglaublich vielseitigen Drehbuchautor, der für die |Lauscherlounge| auch die neue Serie Dodo schreibt. „Der Prinzessin“ beginnt nach dem Intro gleich mit der ersten Episode, die in zwei Teilen erzählt wird:

In „Der Fremde“ nimmt ein Geistlicher einem Mann die Beichte ab, der behauptet, getötet zu haben. Hier brilliert neben David Nathan vor allem Franz-Josef Steffens als Dekan. Dem grandiosen Sprecher, der leider im Jahr 2006 verstarb, wurde dieses Hörbuch auch gewidmet.

Weiter geht’s anschließend mit der titelgebenden Story „Der Prinzessin“. Dies ist eine äußerst originelle Geschichte, die nicht nur mit einer spannenden Handlung aufwartet, sondern auch mit einem überraschenden Plot: Fabian wartet eines Abends allein auf den Bus, als plötzlich ein Mann in einem rosa Tüllkleidchen erscheint, der nicht ganz koscher zu sein scheint – ein unheimliches Zweierspiel zwischen Patrick Bach als Fabian und Wolfgang Kaven als der Prinzessin. Gerade Kaven liefert hier eine hingebungsvolle und großartige Arbeit ab.

„Der Zahnarzt“ ist ein grauenhafter Horror-Trip, den sich Menschen mit ausgeprägter Dentistophobie nicht unbedingt vor ihrer nächsten Kontroll-Untersuchung anhören sollten. Und auch wenn man schnell ahnt, worauf die Erzählung hinausläuft, ist die Spannung unerträglich. Auch dieses Stück ist ein beklemmendes Kammerspiel, vorgetragen von Jan-David Rönfeldt und Thomas Karallus als Zahnarzt.

Die einzige weibliche Rolle neben dem kleinen Part von Ursula Sieg in diesem Hörspiel spielt Kristina Pauls in „Der Hausmeister“, während ihr Gegenpart von Jens Wawrczeck dargestellt wird. Die Story schließt sich in punkto Qualität und Spannung nahtlos an die anderen Geschichten an und überrascht auch diesmal mit bitterbösen Wendungen.

Das Hörspiel endet schließlich mit dem zweiten Teil von „Der Fremde“ und einem Epilog. Als Erzählerin ist die weibliche Hörspiellegende Katja Brügger zu hören. Nach 74 Minuten extremem Thrill und Suspense wird der Hörer schließlich wieder sich selbst überlassen.

Musikalisch überzeugt „Der Prinzessin“ ebenfalls auf ganzer Linie und vermittelt eine angemessen Thriller-Atmosphäre, ohne aufdringlich zu sein. Äußerlich macht „Der Prinzessin“ einen gediegenen Eindruck und eher durch seinen ungewöhnlichen Titel und den Zusatz „Thriller-Hörspiel“ auf sich aufmerksam. Ein plakativeres und auffälligeres Cover wäre für dieses Hörspiel wohl auch nicht angemessen gewesen.

_Fazit:_ „Der Prinzessin“ ist ein exorbitantes Thriller-Hörspiel mit grandiosen Sprechern und unheimlichen Storys, die durch Hochspannung und überraschende Wendungen überzeugen. Umso erfreulicher, dass es ab Dezember 2008 eine Fortsetzung geben wird, der im Februar 2009 noch ein dritter Teil folgt.

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_Florian Hilleberg_

Liu, Marjorie M. – Shadow Touch

Marjorie M. Liu ist Autorin aus Überzeugung. Obwohl sie neben dem Studium der osteuropäischen Sprachen und Kultur zusätzlich ein Jurastudium absolviert hat, hat sie sich für eine Karriere als Autorin entschied, weil sie nach eigenen Angaben keine Anwältin sein wollte. Ihre Rechnung scheint aufzugehen. In den USA erfreut sich ihre „Dirk and Steele“-Reihe großer Beliebtheit und umfasst bald sieben Bände. Nun soll der Virus auch in Deutschland übergreifen: |Blanvalet| veröffentlicht nach „Tiger Eye“, dem ersten Band, nun auch „Shadow Touch“.

Dieses lässt sich unabhängig vom ersten Band lesen, da völlig andere Protagonisten im Vordergrund stehen. Dies wäre zum einen die junge Elena Baxter, die eine kleine Farm betreibt und ein Geheimnis hat: Durch die Kraft ihrer Gedanken kann sie Menschen heilen und tut dies immer wieder bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit im Krankenhaus. Sie glaubt, diese Fähigkeit verstecken zu müssen, und fühlt sich von anderen Menschen isoliert, weil sie anders ist. Bei Artur, einem ehemaligen russischen Mafiakiller, ist die Situation eine andere. Er hat seine Gabe, in die Seele anderer Menschen blicken zu können, zu seinem Beruf gemacht und ist bei der Detektivagentur |Dirk and Steele| angestellt. Diese beschäftigt ausschließlich Personen mit paranormalen Kräften, die diese dazu benutzen, um Kriminalfälle zu lösen.

Elena und Arthur, die sich nicht kennen, sind einer Gruppierung, die sich |Konsortium| nennt, aufgefallen. Wie man sich denken kann, handelt es sich dabei nicht unbedingt um besonders freundliche Zeitgenossen. Im Gegenteil strebt die Anführerin des Konsortiums eine Verbindung mit den russischen Mafiabossen an, um ihr Imperium zu vergrößern. Da auch sie mit paranormalen Kräften arbeitet, kommen ihr Artur und Elena nur recht. Sie lässt die beiden entführen und in ein geheimes Laboratorium in Russland bringen. Dort begegnen sich die beiden zum ersten Mal. Als Artur zusammenbricht, weil die Dinge, die er in anderer Menschen Seelen gesehen hat, einen „Kurzschluss“ in seinem Gehirn verursachen, rettet Elena ihm mit ihren Kräften das Leben. Doch das bleibt nicht ohne Folgen. Von nun an können die beiden ohne Berührung eine Verbindung zueinander aufbauen, eine noch tiefere Verbindung als Liebe. Gemeinsam mit zwei Gestaltwandlern, die ebenfalls gefangen gehalten werden, begeben sie sich auf eine überstürzte Flucht, als sich ihnen die Gelegenheit bietet. Sie ahnen nicht, dass dies der Anfang zu einem großen Abenteuer ist …

Marjorie M. Liu macht möglich, was man nicht für möglich hält: Sie verbindet Action mit einem guten Schuss Romantik, ohne pathetisch oder eindimensional zu werden. Was ruhig und unspektakulär beginnt, entwickelt sich schnell zu einem rasanten Abenteuer. Die Zutaten der Geschichte sind dabei nicht immer neu, aber gut zusammengesetzt. Sie erhalten durch die ausgefallene Figurenzeichnung eine besondere Note und wirken nicht klischeehaft. Die Verfolgungsjagden und Kämpfe sowie die Enthüllungen von Geheimnissen folgen flott aufeinander und lassen kaum Wünsche offen. Obwohl nicht als Thriller deklariert, können sich einige Bücher dieses Genres eine Scheibe an „Shadow Touch“ abschneiden.

Dabei kommt die leichtfüßige Romantik nicht zu kurz. Auch hier macht die Autorin alles richtig, denn sie wird nie schwülstig oder übertreibt es mit expliziten Szenen, sondern entwickelt eine zarte, authentische und berührende Liebesgeschichte. Diese nimmt nicht zu viel Raum ein, sondern ist eher eine Nebensächlichkeit, ohne ihren Zauber zu verlieren. Das ist insofern vorteilhaft, als dieses Buch nicht nur ausgemachte Romantiker, sondern auch „normale“ Fans von Romanen mit paranormalem Einschlag begeistern wird.

Im Vordergrund stehen dabei immer die beiden Hauptfiguren, deren Persönlichkeiten sich wie ein roter Faden durch die Geschichte ziehen. Anders als man es vielleicht erwartet, hat man es in „Shadow Touch“ nicht mit seichten, oberflächlichen Charakteren zu tun, denen es an Substanz mangelt. Auch wenn die eine Ecke oder Kante zusätzlich nicht geschadet hätte, werden Artur und Elena sehr eigenständig dargestellt. Arturs Vorgeschichte als Straßenjunge und Mafiakiller ist zwar nicht unbedingt innovativ, wird aber auch nicht ausgeschlachtet. Die eigentliche Überraschung ist Elena, da sie anders als ähnlich geartete Figuren gezeichnet wird. Das zeigt sich vor allem in ihrer Schlagfertigkeit und ihrem erdigen Humor. Sie ist emanzipiert, und trotz ihrer tiefen Liebe zu Artur wirkt sie nie blass oder heimchenhaft, aber auch nie wie eine Witzfigur aus einem Frauenroman.

Das Einzige, woran Liu stellenweise noch arbeiten sollte, ist ihr Schreibstil, wobei nicht ersichtlich ist, was ihre und was die Schuld der deutschen Übersetzung ist. Die ersten Seiten des Buchs sind hart. Die häufigen Wiederholungen einzelner Worte in Sätzen wirken gekünstelt und zu bemüht erhaben. Die Geschichte läuft nicht so ganz rund und mutet stellenweise kitschig an. Diese Startschwierigkeiten werden möglicherweise bei Lesern mit wenig Geduld eher zum Zuschlagen des Buches führen. Hat man sich jedoch erstmal in Lius Stil eingelesen, merkt man schnell, dass sie ihre Sache eigentlich gar nicht so schlecht macht. Manchmal klingt sie ein wenig naiv und der oft komische Humor wird nicht richtig herausgearbeitet. Auf der Haben-Seite stehen allerdings die ungewöhnlichen Metaphern und Vergleiche, mit denen sie die Geschichte immer wieder auflockert, auch wenn nicht jedes dieser Stilmittel als gelungen bezeichnet werden kann.

Der Verlag sagt über die Autorin, sie sei „eine außergewöhnlich optimistische junge Frau, die fest daran glaubt, allem im Leben mit einem Lächeln begegnen zu können.“ Bei der Lektüre von „Shadow Touch“ hat man genau dieses Gefühl. Fast ein bisschen naiv wirkt das Buch auf den ersten Seiten, entwickelt sich aber zu einem unerwartet spannenden und stellenweise düsteren Thriller mit einem romantischen Einschlag. Während der Schreibstil erst in Schwung kommen muss, gibt es an der Personenzeichnung und an der Handlung nicht viel zu bekritteln. Marjorie M. Liu gelingt es, ein Buch zu schreiben, das gerne in die Romantikecke gestellt wird, aber nicht so kitschig ist, dass es nicht auch Nichtromantikern gefallen dürfte.

|Originaltitel: Shadow Touch
Originalverlag: Dorchester Publishing, New York 2006
Aus dem Englischen von Wolfgang Thon
406 Seiten, Taschenbuch|

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Luceno, James / Döring, Oliver – Star Wars – Labyrinth des Bösen. Teil 2: Darth Sidious auf der Spur

Folge 1: [ „Gunrays Geheimnis“ 3292
Rezension zur Sammelbox: [„Labyrinth des Bösen, Teil 1-3: Das komplette Hörspiel“ 4794
Rezension zum Buch: [„Star Wars – Labyrinth des Bösen“ 1162

Anakin und Obi-Wan versuchen, hinter das Geheimnis von Darth Sidious zu kommen, der als mächtigster Sith-Lord noch über dem teuflischen Count Dooku steht. Dabei steht bereits ein weiterer mächtiger Feind bereit, die Jedis zu dezimieren: General Grevious wird zum skrupellosesten Befehlshaber der Separatisten und ist mehr als ein Roboter. Der humanoide Cyborg ist ein gelehriger Schüler Count Dookus und ein leidenschaftlicher Sammler von Lichtschwertern, die er getöteten Jedis abnimmt.

Jetzt schickt er sich an, den Planeten Belderone zu unterjochen. Derweil geraten die Jedis immer mehr in ein Gespinst von politischen Intrigen und werden selbst von Seiten Kanzler Palpatines heftig kritisiert. Die Klonkriege sind zu einem Labyrinth des Bösen geworden …

_Meine Meinung:_

Der zweite Teil dieser |Star Wars|-Hörspieltrilogie setzt den hohen Standard von Folge eins nahtlos fort. Wieder geben die Sprecher alles und erledigen ihre Arbeit ebenso gut wie in den Kinofilmen – eigentlich noch besser, wenn man bedenkt, dass sie dieses Mal keine bewegten Bilder vor Augen haben, nach denen sie sich richten können. Die Story spitzt sich immer weiter dramatisch zu und die Charaktere agieren ebenso glaubhaft und authentisch wie in den Filmen.

Vor allem, was die Charakterisierung von Anakin angeht, leistet James Luceno, der sich für die literarische Vorlage verantwortlich zeigt, enorm gute Arbeit. Langsam aber sicher entgleitet dem jungen Mann seine emotionale Kontrolle, immer mehr distanziert sich der hitzköpfige Jedi innerlich von den Lehren von Obi-Wan und Meister Yoda. Hier leistet vor allem Wanja Gerick, der Sprecher dieser Figur, hervorragende Arbeit. In dieser Folge hat eine ganze Reihe neuer, aber dennoch bekannter Sprecher ihren ersten Auftritt innerhalb dieser |Star Wars|-Trilogie: Helmut Krauss, Fanziska Pigulla, Philipp Schepmann und Klaus Sonnenschein, um nur einige zu nennen. Endlich wird auch auf die Vergangenheit und Herkunft von General Grevious eingegangen, der im Kinofilm wenig Profil besaß und lediglich ein weiterer despotischer Bösewicht war. Gesprochen wird der Fiesling übrigens perfekt von Rainer Doering.

Musikalisch überzeugt diese Folge ebenfalls auf ganzer Linie, und |WortArt| kann sich glücklich schätzen, auf den Soundtrack von John Williams zurückgreifen zu können. Das Tüpfelchen auf dem i sind aber zweifellos die realistischen Effekte, die sich genauso anhören wie die Geräusche in den Filmen. Für den fantasiebegabten Hörer läuft vor dem geistigen Auge ein Film ab, der den Vergleich mit den Blockbustern aus dem Kino nicht zu scheuen braucht.

Das Cover zeigt dieses Mal das Konterfei von Obi-Wan Kenobi. Farblich passt es sich ideal dem ersten Teil an, gehört es doch mit diesem zu einem einzigen großartigen Cover, welches die Taschenbuchausgabe von |Blanvalet| ziert.

_Fazit:_

„Darth Sidious auf der Spur“ ist eine großartige Fortsetzung der dreiteiligen Hörspielsaga nach dem Roman von James Luceno. Die Story bildet den Übergang zwischen den Episoden zwei und drei und wird durch die filmreife Geräuschkulisse von |WortArt| zu einem Erlebnis, das sich nicht hinter den Kinofilmen zu verstecken braucht.

|57 Minuten auf 1 CD|
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_Florian Hilleberg_

Schacht, Michael – Aquaretto

„Aquaretto“? Michael Schacht? Moment mal, bestehen hier etwa gewisse Parallelen zu [„Zooloretto“? 4288 Der Autor des derzeit noch aktuellen |Spiels des Jahres| hat sich nach dem Erfolg seines beliebten Zoowärter-Titels nicht auf die faule Haut gelegt, sondern die vergangenen Monate genutzt, um an einer Variation mit Erweiterungscharakter zu arbeiten. Nun wird die Szenerie ins Wasser verlagert und somit auch mit neuen Tierarten gespielt. Doch dies ist bei weitem nicht die einzige Veränderung, die sich im Vergleich zum ‚Original‘ auftut …

_Spielidee_

In „Aquaretto“ übernehmen die Spieler die Regie in einem Wasserpark und bemühen sich auch dieses Mal darum, möglichst viele Besucher in ihre Aquawelten zu locken. Allerdings ist der Platz begrenzt, und da es nicht sinnvoll ist, viele Tiere auf engstem Raum zu beherbergen, muss man ganz genau überlegen, bei welchem Angebot man zugreift und welche Spezies man schließlich in sein großes Bassin lässt. Letzteres lässt sich allerdings gleich viermal ausbauen, so dass man individuell reagieren kann, wenn es doch einmal zu Platznöten kommt.

Und dennoch: Wer konzentriert sammelt, kann auf die Hilfe neuer Mitarbeiter bauen – und nur mit deren Unterstützung wird der Wasserpark letzten Endes so attraktiv, dass entsprechende Punkteboni winken. Aber da sich der grundsätzliche Mechanismus seit „Zooloretto“ kaum verändert hat, wird man noch seine lieben Probleme bekommen, sich auf eine konkreter Auswahl zu beschränken. Womit die Tücke des Spiels ebenfalls genannt wäre …

_Spielmaterial_

• 16 Nachwuchsplättchen (je 2 von 8 Tierarten)
• 88 Tierplättchen (je 11 von 8 Tierarten)
• 10 Münzplättchen
• 16 Mitarbeiter
• 30 Münzen
• 5 Wasserpark-Tafeln
• 10 kleine Ausbautafeln
• 10 große Ausbautafeln
• 5 Depot-Tafeln
• 5 Transporttafeln
• 1 runde Holzscheibe

Der Inhalt der Spielschachtel gleicht weitgehend dem seines Vorgängers und ist gerade grafisch ähnlich liebevoll gestaltet wie der nach wie vor sehr beliebte Preisträger. Auch was die Stabilität des Materials angeht, ist der neue Schacht-Titel mal wieder vorbildlich: dicker Karton und Figuren und Wagen aus Holz – das ist zweckdienlich und dank der schönen Aufarbeitung auch optisch entsprechend reizvoll. Seltsam ist nur, dass die Wasserpark-Tafeln eine normale Wiesenlandschaft zeigen. Spielt man nicht eigentlich jenseits des befestigten Lands? Wie auch immer, die Spielübersicht leider darunter natürlich nicht, weshalb man derartige Ungereimtheiten auch leicht übersehen kann. Befremdlich ist es aber irgendwie schon.

_Spielvorbereitung_

Nachdem festgelegt wurde, wie viele Spieler an der Partie beteiligt sind, wird entschieden, wie viele Tierarten vorab aussortiert werden. „Aquaretto“ ist für insgesamt fünf Spieler ausgerichtet, und für jeden fehlenden Spieler muss schließlich eine Sorte entfernt werden. Anschließend erhält jeder Spieler seinen Wasserpark, jeweils zwei kleine und große Ausbautafeln, ein Depot und zum Start eine Münze. Die übrig gebliebenen Tierplättchen samt Münzplättchen werden in den beiliegenden Beutel gemischt. 15 Plättchen werden schließlich herausgezogen und wie gewohnt mit der roten Holzscheibe verdeckt. Dies sind die Spielplättchen, die in der letzten Runde zum Einsatz kommen. Nachdem für jeden Spieler genau ein Wagen in der Mitte ausgelegt wurde, kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf_

Gespielt wird prinzipiell nach bewährtem „Zooloretto“-Muster. Das bedeutet, jeder Spieler zieht ein neues Plättchen nach und legt es auf einem der Wagen aus oder entscheidet sich, einen Wagen an sich zu nehmen, ganz gleich, ob er ganz oder nur teilweise gefüllt ist. Ziel ist es dabei, möglichst viele Exemplare von möglicht wenigen Tierarten zu sammeln, was auch damit zusammenhängt, dass auf dem Startfeld nur drei unterschiedliche Sorten erlaubt sind. Mit jedem größeren Ausbau, den man später im Spiel vornehmen kann, erhöht sich dieses Limit um eine weitere Tierart.

Des Weiteren gilt es, bestimmte Anlegeregeln zu beachten. Die einzelnen Tiere vertragen sich nämlich untereinander nicht und dürfen somit auch nicht direkt waagerecht oder senkrecht aneinander platziert werden. Ein Sicherheitsabstand von einem Feld ist nötig, was angesichts der Enge des Raums zwangsläufig bedeutet, dass man seinen Wasserzoo nicht zu bunt und tierreich gestalten darf. Außerdem lohnt sich dieses fokussierte Arbeiten langfristig, da man für jedes dritte Exemplar einer Sorte eine Münze zugesteckt bekommt, (mit der man schließlich erst den Ausbau betreibe kann), und jedes fünfte Exemplar sogar einen Mitarbeiter ins wässrige Gehege lockt. Und erst mit ihnen wird das Spiel interessant …

Die Mitarbeiter sind nämlich erst das entscheidende Element im Spiel und sorgen in den verschiedensten Bereichen für Bonuspunkte in der Schlussabrechnung. Dabei darf jeder Spieler selbst entscheiden, welche Funktion der Pfleger haben soll: Fungiert er als Kassierer, wird man am Ende des Spiels mit jeweils einem Punkt pro übrig gebliebener Münze entlohnt. Tierpfleger hingegen bringen Punkte für jedes eigene Tier, welches mit einem Fischsymbol versehen ist. Außerdem ist da noch der Trainer, der sich auf Orcas, Seehunde und Delfine spezialisiert hat. Er darf als Einziger in den Wasserpark gesetzt werden und kassiert dort Punkte für jeden anliegenden Vertreter besagter Arten – es sei denn, diese Tiere sind mit einem Blitz versehen, der diesen Bonus raubt.

Ähnlich wie beim Vorgänger gibt es auch eine Ablagestelle für all diejenigen Tiere, die man gerade nicht ‚einbauen‘ kann. Das ist in diesem Fall das Depot, in welches man allerdings jedes Tier nach Reihenfolge des Erwerbs einordnen und eben rückläufig in dieser Reihenfolge auch wieder ins Spiel bringen muss. Ansonsten stehen am Ende der Partie für jede Tierart zwei Minuspunkte, es sei denn, man setzt einen Mitarbeiter als Manager ein, mit dem sich dieser Malus schließlich halbieren lässt.

In diesem Sinne baut man nun seine Parks aus, versucht natürlich auch Männlein und Weiblein zusammenzubringen, um durch den Nachwuchs ein weiteres Extra-Tierchen geschenkt zu bekommen, und bringt die entsprechenden Sorten zusammen. Abgerechnet wird schließlich, sobald der Stapel mit den letzten 15, vorab aussortierten Plättchen angebrochen wird. Die laufende Runde wird nun noch zu Ende gespielt, anschließend kommt es zur Schlusswertung. Für jedes gesammelte Tier gibt es nun einen Punkt. Dazu kommen die einzelnen Boni für die Mitarbeiter sowie eventuell auch Abzüge durch Tiersorten im Depot. Das Schlussresultat wird wie gehabt gegenübergestellt und derjenige mit dem besten Ergebnis zum Sieger gekürt.

_Persönlicher Eindruck_

„Aquaretto“ ist möglicherweise sogar die lohnenswertere Alternative zu „Zooloretto“, und gerade dieses Resümee ist angesichts der Klasse des Originals überraschend genug. Allerdings offenbart sich in der Wasserwelt noch einiges mehr an Spieltiefe, da durch den Einsatz der Mitarbeiter sowie die freizügigeren Spielpläne ganz neue Freiheiten Einzug in den Spielmechanismus halten und die Handlungsmöglichkeiten noch vielschichtiger gestalten. Andererseits sind die Regeln noch ein wenig verschärft worden, das heißt, dass leichtsinnige Gier bei der Auswahl der Wagen noch härter bestraft wird. Es ist nicht mehr so einfach, Tiere aus dem Depot wieder loszuwerden, und da man je nach Ausbaustand auch nur eine sehr begrenzte Zahl an Tiersorten beherbergen darf, sollten selbst risikofreudige Spieler sehr vorsichtig agieren, um nicht unverhofft ins Hintertreffen zu geraten.

Die Mitarbeiter machen die Hatz nach den Siegpunkten dazu noch komplexer und offerieren eben einen echten Zusatz an Optionen. Dazu gehört im Übrigen auch, dass man sie jederzeit in ihrer Funktion ummodeln kann und somit im gesamten Spiel unberechenbar bleibt. Auch wenn sie als zusätzliches Element eher unscheinbar wirken, so sind sie schlussendlich die wichtigste Bereicherung des Spiels und nutzen einige Lücken, die in „Zooloretto“ noch offen blieben.

Apropos „Zooloretto“: Es bietet sich auch die Möglichkeit, beide Spiele zu kombinieren und nach den jeweiligen Regeln gemeinsam zu spielen. Allerdings wird es nun richtig komplex, angefangen bei den Spielvorbereitungen sowie den einzelnen Differenzierungen, die man abhängig vom Titel in ein und demselben Spiel vornehmen muss. Dementsprechend sollte man vor allem „Aquaretto“ einige Male gespielt haben, um die Krux des Spiels erfasst zu haben, bevor man sich dann an die ultimative, aber wirklich sehr lohnenswerte Doppelpartie heranwagt.

Letzten Endes kann man bei „Aquaretto“ ganz deutliche Parallelen zur [„Zug um Zug“-Serie 4962 ziehen, obschon dort von einer klassischen Erweiterung nicht die Rede sein konnte. Doch auch in Schachts zweitem Tierspiel hat man Bewährtes aufgegriffen, vertieft und mit weiteren interessanten Inhalten ausgestattet, die ein ohnehin schon begeisterndes Spiel noch einmal verbessern konnten. Eine erneute Auszeichnung wird der Autor damit zwar nicht bekommen, doch rein objektiv gesehen, hätte er eine solche mit seinem aktuellen Projekt redlich verdient. Sowohl als eigenständiger Titel als auch in Kombination mit „Zooloretto“ ist „Aquaretto“ bereits jetzt eines der Highlights des Strategiespieljahres 2008.

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Catherine Aird – Skelett mit Folgen

aird-skelett-cover-kleinIn einer Kellerruine wird die skelettierte Leiche einer jungen Frau gefunden, die vor Jahrzehnten einem Mord zum Opfer fiel. Der Täter wird erneut aktiv, um im Wettlauf mit der Polizei mögliche Spuren zu verwischen … – Gediegene britische Krimi-Kunst, die mörderischen Ernst mit beachtlichem Witz zu einem exakt ausbalancierten Lesevergnügen mischt.
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diverse Autoren – Simpsons Classics 13

_Inhalt_

|“Die Qual der Wahl“|

Ausnahmezustand in Springfield: Die gesamte politische Abteilung des Staates macht in der Kleinstadt Halt, um vor den anstehenden Wahlen ihren Wahlkampf zu betreiben. Doch während der riesige Tross die ganze Stadt belagert und die Lebensqualität der Bürger im Zuge dessen stetig sinkt, finden die entsprechenden Diskussionen hinter verschlossenen Türen statt. Vor allem Marge und Lisa müssen schmerzlich erfahren, dass den Politikern das gemeine Volk zuwider ist …

|“Homey allein zu Haus“|

Der verfressene kleine Homer soll krankheitsbedingt das Bett hüten, nutzt aber die Abwesenheit seines Vaters, um es sich vor dem Fernseher mit Süßigkeiten bequem zu machen. Als er von einem entflohenen Sträfling erfährt, baut er sofort eine Verteidigungsmaschinerie, die ihn schützen soll. Als dann jedoch eine Pfadfinderin mit Keksen statt des Schwerverbrechers vor der Türe steht, wird der kleine Homer das Opfer seiner eigenen Aufbauten.

|“Marge Attacks“|

Marge hat es satt, sich von Talkshows und öffentlichen Selbstmitleidsbekundungen berieseln zu lassen, und geht in die Offensive. Sie fordert vom Bürgermeister, der medialen Heuchelei ein Ende zu setzen und für ein besseres Programm einzutreten. Als dieser die Forderung jedoch nicht ernst nimmt, übernimmt Marge schließlich selbst die Initiative und verdrängt selbst Nachrichtensprecher Kent Brockman von seinem Platz.

_Persönlicher Eindruck_

Die quartalsüblichen „Simpsons Classics“ gingen in diesem Frühjahr bereits in ihre 13. Runde und offenbaren ihre womöglich beste und witzigste Zusammenstellung. Insgesamt vier neue bzw. bereits erfolgreich getestete Geschichten warten auf den nimmersatten Fan der gelben Familie, wobei der letzte Plot lediglich eine kurze Abhandlung von Grausamkeiten aus dem Kabinett von Itchy & Scratchy darstellt. Dafür haben es aber die drei regulären Storys wahrhaftig in sich!

Bereits im Auftaktplot geh es richtig zur Sache: Autorin Mary Trainor schießt einige spitze Pfeile gegen das amerikanische Politsystem und dessen mangelnde Volksnähe und zeigt den krassen Kontrast zwischen modifizierter Berichterstattung und Realität auf. Natürlich muss man all dies im Kontext der herberen Simpsons-Storys sehen, doch zweifelsohne sind die Grundideen zu „Die Qual der Wahl“ nicht fiktiv an den Haaren herbeigezogen. Dass Trainor dennoch nicht zu einer sozialkritischen Tirade aufruft, sondern das Ganze immer noch in ein mit viel Wortwitz aufbereitetes Story-Arrangement einfügt, spricht für die Autorin und macht gerade diese (insgesamt auch mit Abstand längste) Geschichte zum Highlight dieser Sammelausgabe.

Die nachfolgende Anspielung auf die Filmstreifen des penetranten Kevin kann gegen diese Gewitter zwar nicht ganz anstinken, bietet aber dennoch ganz nette Abwechslung aus einer Zeit, die insbesondere in der Comic-Serie nur sehr selten aufgerufen wird. Zumindest in jüngster Zeit wurde der jugendliche Homer nur noch selten als Charakter verwendet, was „Homey allein zu Haus“ abseits der eher gewöhnlichen Handlung dennoch ein wenig Exklusivität beschert.

Mit „Marge Attacks“ folgt dann auch schon der zweite inhaltlich deftige Plot, dieses Mal ganz alleine mit Marge in der Hauptrolle. Die kritische Mutter wettert gegen öffentliche Selbstbeweihräucherung und das anstrengende Fernsehprogramm und setzt ihren Kampf gleich auf anderer Ebene bei Bürgermeister Quimby fort. Jamie Angell nutzt dabei das Potenzial der Geschichte vollwertig aus, teilt im weiteren Verlauf einige versteckte Seitenhiebe aus und macht vor allem Marge als Hauptakteurin wesentlich sympathischer, als dies in vergleichbaren Erzählungen bislang oftmals der Fall war. Ergo: Sehr guter Abschluss einer ausnahmslos überzeugenden Sonderausgabe.

Mit der Bezeichnung Klassiker sollte man jederzeit vorsichtig sein, da nicht selten ein Kult heraufbeschworen wird, wo er überhaupt (noch) nicht angebracht ist. Im Falle der „Simpsons Classics Nr. 13“ ist der Name aber durchweg verdient; hier wurden nämlich wirklich drei potenzielle Klassiker der „Simpsons Comics“ zusammengefügt.

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Donn Cortez – CSI Miami: Der Preis der Freiheit

Bizarr und peinlich ist der Tod des Kellners Phillip Mulrooney, der auf der Toilette des vegetarischen Restaurants „Earthly Garden“ sitzend vom Blitz erschlagen wurde. Da das CSI-Team um Lieutenant Horatio Caine diesen Fall untersucht, dauert es nur kurze Zeit, bis Zweifel aufkommen. Die Toilette wurde anscheinend zur Todesfalle umgebaut, der Blitz durch eine kunstreiche Vorrichtung zum Pechvogel Mulrooney geleitet.

Die Ermittlungen ergeben, dass „Earthly Garden“ ein Unternehmen der „Vitality Method“-Klinik ist, die vom charismatischen Dr. Sinhurma geleitet wird. Der hat sich einen Namen als neuer Guru gemacht, der seinen meist prominenten und gut betuchten ‚Patienten‘ seine Lebensphilosophie verkauft. Für Caine ist „Vitality Method“ eine Sekte, die ihre Mitglieder per Gehirnwäsche und Drogen kontrolliert.

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Giesa, Werner K. / Tippner, Thomas – Professor Zamorra 1: Die Quelle des Lebens

Die erste Folge der Hörspielserie nach der gleichnamigen Heftromanserie aus dem |Bastei|-Verlag ist der erste Teil des Jubiläums-Vierteilers, der mit Band 500 begonnen hat.

Professor Zamorra und Nicole Duval besuchen ihren Freund Bryant ap Llewellyn, der bald sterben wird, um in seinem eigenen Sohn wiedergeboren zu werden. Doch merkwürdige Träume plagen den Parapsychologen, und sein alter Freund Bryant hat für den Dämonenjäger eine Überraschung auf Lager, die Zamorra nicht so leicht verkraftet. Erinnerungen überwältigen ihn, die einst verdrängt wurden. Erinnerungen an den Weg zu der Quelle des Lebens, wo er gemeinsam mit Torre Gerret um die Unsterblichkeit kämpfen musste. Ein Kampf um Leben und Tod und nur einer würde das Privileg erhalten, das Wasser der Quelle trinken zu dürfen. Doch welchen Reiz bietet ihm die Unsterblichkeit, wenn die Frau, die er liebt, an seiner Seite altert und er ewige Jugend besitzt?

_Meine Meinung:_

Seit der erfolgreichen Neuvertonung der Serie „John Sinclair“ wurden immer wieder Stimmen laut, die auch vehement eine „Zamorra“-Hörspielserie forderten, und der Chefautor Werner K. Giesa verlor sich meistens in mystischen Andeutungen, ließ aber auch durchblicken, dass über ein solches Projekt nachgedacht werden würde. Der Boom der Hörspiele und Hörbücher wuchs stetig an, und so war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis auch die zweitgrößte Mystery-Serie Deutschlands den Weg in die heimischen CD-Player finden würde. Die Lizenz erhielt |Canora Media|, das aufstrebende junge Label, welches auch den „Orden“ herausgebracht hat. Doch eine Serie wie „Professor Zamorra“ auf den Markt zu bringen, gestaltet sich nicht als ganz so einfach, wie man gemeinhin denken könnte.

Als Erstes stellt sich natürlich die Frage nach der Vorlage. Die ersten Romane waren eine lose Aneinanderreihung von Einzelabenteuern von mehr oder minder durchschnittlicher bis schlechter Qualität, doch später wurden die Romane schlagartig zyklischer und immer verwinkelter. Schließlich fällte man in Absprache mit W. K. Giesa die Entscheidung, den Jubiläumsband 500 als erste Hörspielfolge zu produzieren. Hier wird ein wichtiges Kapitel in dem Leben Zamorras aufgeschlagen, und auch einige wichtige Figuren werden vorgestellt, ohne dass die Handlung bereits zu komplex erscheint. Natürlich ist die neue Hörspielserie in erster Linie für Fans interessant, doch auch Neueinsteiger und Mystery-Freunde sollten den einen oder anderen Lauscher riskieren.

Hier sind zunächst die Sprecher von Interesse, und hier hat |Canora| eine gute Mischung aus bekannten Stimmen der Hörspielbranche und relativ unbekannten Namen zusammengestellt. Erzähler der Geschichten ist Henry König, der den legendären Russen Iwan Kunaritschew in den „Larry Brent“-Hörspielen gesprochen und in der Gruselreihe „Die Psi-Akten“ bereits Erfahrungen als Erzähler unheimlicher Storys gesammelt hat. Die Hauptrolle erhielt Gerhart Hinze, dessen Stimme zunächst gewöhnungsbedürftig klingt, sich aber im Laufe der Handlung immer mehr festigt und sehr gut zu dem Titelhelden passt. Ebenso verhält es sich mit Ghada Al Akel als Nicole Duval. Es ist erfrischend zu hören, dass keine bekannten Synchronsprecher genommen wurden, die mit bestimmten Schauspielern oder Rollen assoziiert werden. Bei dem Dämonenjäger-Pärchen gab es natürlich eine gewisse Erwartungshaltung, da sich jeder die Stimme seiner Helden anders vorstellt und es bereits in den „John Sinclair“-Hörspielen eine Besetzung der beiden Rollen gab. Damals hat Douglas Welbat den Parapsychologen gesprochen und Katja Brügger dessen Gefährtin. Hinze und Akel stehen den beiden Mimen in nichts nach und machen ihre Sache wirklich ausgezeichnet. Mit Rainer Schmitt als Bryant Saris ap Llewellyn wurde ein weiteres Hörspielurgestein gewonnen, nämlich „Larry Brent“ selbst, nur leider klingt die auf alt getrimmte Stimme des ansonsten wirklich herausragenden Sprechers zu bemüht und stellenweise wie Yoda, ohne die falsche Grammatik natürlich. Glücklicherweise gibt es auch einige Vergangenheitspassagen, wo Schmitt unverfälscht und jugendlich sprechen darf. Andreas „David Hasselhoff“ von der Meden hat die Rolle von Butler William erhalten und Robert Missler mimt den Wirt McMour. Alles in allem eine sehr gute und abwechslungsreiche Besetzungsliste.

Die Musik von Carsten Bohm ist leider ein großes Manko des Hörspiels. Obwohl sehr klangvoll, passt sie häufig einfach nicht zum Geschehen. Deutlich wird dies, als die Hüterin der Quelle Zamorra eine unheilschwangere Prophezeiung vermittelt und danach fröhliche, beschwingte Klänge ertönen. Die Effekte sind ordentlich, aber aufgrund der wenigen Action-Sequenzen konnte hier noch nicht das ganze Potenzial der Datenbanken von |Canora Media| ausgeschöpft werden.

Das Skript von Thomas Tippner hält sich wirklich dicht an die Vorlage und dürfte jedem Fan ein Leuchten in die Augen zaubern. Neueinsteigern hingegen könnte die erste Folge ein wenig langweilig erscheinen, da sie einen nicht unbeträchtlichen Krimi-Einschlag besitzt. Doch das Hörspiel verfügt über einen gelungenen Cliffhanger und macht auf jeden Fall Lust auf den zweiten Teil. Wie es nach den ersten vier Folgen weitergehen wird, steht noch in den Sternen. |Canora Media| ließ allerdings durchblicken, dass es mit Zyklen weitergehen wird. Bleibt zu hoffen, dass die Serie ein Erfolg wird und noch viele weitere Umsetzungen erscheinen werden.

Äußerlich präsentiert sich die neue Serie in einem sehr ansprechenden Gewand. Das Layout passt sich den Romanen an und das Logo ist einprägsam und treffend. Die Illustration von Alexander von Wieding orientiert sich stark an den Romanheftcovern, besitzt aber einen eindeutigen comichaften Stil, der allerdings gut zu den Hörspielen passt. Das Booklet selbst bietet dem Hörer dafür nur sehr wenige Informationen. Hier wären gerade für Einsteiger Fakten rund um „Professor Zamorra“ wünschenswert gewesen.

_Fazit:_

„Die Quelle des Lebens“ ist eine sehr gute Vertonung des 500. ZAMORRA-Abenteuers. Frische unverbrauchte Sprecher und ein spannendes Skript versprechen eine knappe Stunde Hörvergnügen. Leider ist die Musik nicht immer angemessen und auch die eine oder andere Rolle wurde ein wenig überzogen dargestellt, doch unterm Strich betrachtet ist das erste Hörspiel der langerwarteten „Professor Zamorra“-Hörspielserie hervorragend gelungen, auch wenn Fans weitaus mehr Freude an der CD haben werden als Hörer, die die Romane nicht kennen.

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_Florian Hilleberg_

Hickman, Leo – Fast nackt. Mein abenteuerlicher Versuch, ethisch korrekt zu leben

Ist es möglich, ein Leben ohne schlechtes Gewissen zu führen? Der in London lebende Journalist Leo Hickman hat den Selbstversuch gemacht. Was ursprünglich nur als Stoff für eine fortlaufende Kolumne für den |Guardian| gedacht war, füllt inzwischen ein ganzes Buch: „Fast nackt. Mein abenteuerlicher Versuch, ethisch korrekt zu leben.“ Bei |Radioropa Hörbuch| liegt der Titel nun auch als Hörbuch vor. Ethisch höchst vorbildlich, denn so musste kein Baum sterben, um als Buch zu enden – obwohl das Produzieren und Abspielen einer mp3-CD natürlich auch Energie kostet und damit gewissermaßen zum Klimawandel beiträgt. Man merkt schon, das mit dem konsequent ethisch korrekten Leben ist gar nicht so einfach …

Genau diese Erfahrung macht auch Leo Hickman. Er geht sein Projekt recht unbedarft und naiv an, und da er weiß, dass er selbst sicherlich nicht die nötige Kompetenz hat zu beurteilen, was ethisch korrekt ist und was nicht, sucht er sich drei Berater, die in Umwelt-, Ernährungs- und Globalisierungsfragen bestens Bescheid wissen. Er lädt die drei ein, ihn und seine Frau Jane in ihrem kleinen Londoner Reihenhaus zu besuchen, um möglichst kritisch unter die Lupe zu nehmen, wie sie mit ihrer kleinen Tochter leben.

Und so wird alles kritisch beäugt: die Lebensmitteln im Kühlschrank, die Putzmittel unter der Spüle, die Kosmetika im Badezimmer, die verwendeten Materialien im Wohnraum, der Kleiderschrank, das Bankkonto, das Kinderzimmer und der handtuchgroße Garten. Schon bald fragen sich Leo und Jane, was sie sich damit angetan haben, denn die Berater finden praktisch überall etwas zu mosern.

Doch Leo hat das Projekt natürlich gestartet, um auch tatsächlich etwas zu verändern, und so versuchen er und seine Frau Jane brav, möglichst viele Tipps der Berater umzusetzen: Eine Gemüse-Abo-Kiste wird bestellt, Küchenabfälle werden im Wurm-Komposter entsorgt, Pampers werden durch auswaschbare Windeln ersetzt und geputzt wird mit Waschsoda und halbierten Zitronen.

Lassen sich manche Anregungen noch relativ leicht umsetzen, so erfordern andere schon eine gehörige Portion Standhaftigkeit und Idealismus. So z. B. der auto- und flugzeugfreie Wanderurlaub in Italien mit dem kleinen Töchterchen. Die Hickmans machen es sich nicht immer leicht und versuchen tatsächlich, ihr Experiment bis an die Grenzen auszureizen, auch wenn dabei so manches Mal der Haussegen schiefhängt …

Resultat dieses Selbstversuchs ist ein Buch bzw. Hörbuch, das gleichermaßen unterhaltsam wie informativ ist. „Fast nackt“ ist eine wunderbare Anregung, die eigenen Lebensgewohnheiten kritisch zu hinterfragen. Dabei stehen eigene Realität und die Tipps der Berater teilweise in krassem Gegensatz. Die Hickmans sind eine ganz normale Durchschnittsfamilie, mit ganz normalen Konsum- und Lebensgewohnheiten, in denen sich so ziemlich jeder ein Stück weit wiederfinden dürfte.

Was die Berater ihnen dann teilweise an Tipps für ein ethischeres Leben mit auf den Weg geben, ist durchtränkt von Idealismus. Manchmal erscheinen sie geradezu kindlich-naiv, wenn sie z. B. Leo davon überzeugen wollen, dass er durch Briefe an seinen Supermarkt seinen Unmut über Teile ihres unethischen Sortiments äußern und durch konstruktiv angebrachte Verbesserungsvorschläge etwas daran ändern sollte.

Auch die völlige Verteufelung des Autos lässt sich nicht aus jeder Lebensperspektive nachvollziehen. Mag der Autoverzicht für den in London lebenden Öko-Single noch toll und befreiend sein, so fällt es mir als Selbstständige im ländlichen Raum mit weit verzweigtem Kundenkreis schon äußerst schwer, in einem Auto das Teufelswerkzeug zu sehen, als das Leos Berater es einstufen.

Und so kann man manchmal über die naive Sichtweise der Berater nur schmunzeln, während Leos Frau Jane in solchen Momenten vorzugsweise mit den Augen rollt. Sehr sympathisch ist eben auch, dass die Hickmans, obwohl sie nicht mit allem etwas anfangen können, was die Berater ihnen empfehlen, doch stets für sich selbst herausfinden wollen, was es mit einer Sache auf sich hat – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

Wenn drei Berater einer Familie zu einer rundum ethisch korrekten Lebensweise verhelfen wollen, dann wird da zwangsläufig auch einiges vereinfacht. Dass Kühe z. B. Mastitis (Euterentzündung) bekommen, weil sie von ihren Kälbern getrennt werden, ist ausgemachter Unfug. Das mag jetzt im ersten Moment etwas negativ klingen, dennoch hat mir „Fast nackt“ ausgesprochen gut gefallen. Auch wenn man viele der grundlegenden Fakten als halbwegs informierter und kritischer Verbraucher kennt, so ist „Fast nackt“ dennoch ein schöner Rundumschlag, der einen immer wieder dazu ermuntert, die eigenen Verhaltensweisen kritisch zu betrachten.

Vieles von dem, was auch die Hickmans in ihrem Selbstversuch erfolgreich umsetzen (z. B. auf „Lebensmittelkilometer“ achten, „Chemiekeulen“ aus dem Haushalt verbannen, Kräuter aus dem eigenen Garten ernten, Abfall vermeiden, etc.), lässt sich relativ leicht umsetzen. Die Sichtweise der Berater mahnt, als Konsument stets hinter die Fassade zu schauen. Alles, was man kauft, wurde irgendwann einmal unter Umständen energieaufwändig und ressourcenverschleißend produziert und transportiert. Sich als Konsument zunehmend kritischer auf die Finger zu schauen, kann also nicht schaden.

Eine besondere Würze von „Fast nackt“ sind die Zuschriften, die Leo Hickman zu seinem Selbstversuch und seiner begleitenden |Guardian|-Kolumne aus aller Welt bekommen hat. Darin erntet er viel Zuspruch und Ermunterungen, mit seinem Projekt fortzufahren, aber ein besonderer Leckerbissen sind die skurrilen Auswüchse ethisch hyperkorrekten Lebens, auf die man einen Blick erhaschen kann. Zumindest kannte ich vorher noch niemanden, der in einem Meditationskurs schon mal einen Spüllappen gehäkelt hat. Auch die Praxis selbstgebastelter Damenbinden war mir bislang noch fremd.

Und so offenbart „Fast nackt“ eben ganz nebenbei auch eine höchst unterhaltsame Komponente. Die hyperkorrekten Tipps der Berater zur ethisch korrekten Lebensweise werden durch den Praxistest einer Otto-Normalverbraucher-Familie wie den Hickmans immer wieder ins rechte Verhältnis gerückt. Und so kommt „Fast nackt“ eben erfrischenderweise ohne mahnend erhobenen Zeigefinger aus. Ethisch korrekt zu leben, ist halt schön und gut, aber deswegen darf das Leben trotzdem noch Spaß machen. Die Hickmans zeigen sehr schön, dass man nicht zum Eremiten werden muss, um sein Leben bewusster und nachhaltiger zu gestalten. Oft genügt es schon, an ein paar kleinen Schrauben zu drehen, um seinen Beitrag zu leisten.

Und so bleibt unterm Strich eben trotz so mancher idealismusdurchtränkter Tipps der Berater ein sehr positiver Eindruck zurück. „Fast nackt“ zeigt auf wunderbar unterhaltsame Art und Weise, wie man mit teils wirklich sehr einfachen Maßnahmen sein Leben ethischer gestalten kann. Die Lesung von Markus Born ist dabei eine gute Alternative zum Buch, wenngleich sie den Nachteil hat, dass man die vielen genannten Internetadressen später schlecht noch mal nachschlagen kann. Alles in allem kann man „Fast nackt“ eigentlich nur jedem ans Herz legen, denn das Thema geht uns schließlich alle an. Man muss ja nicht gleich anfangen, sich seine Spüllappen selber zu häkeln …

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Wellington, David – Stadt der Untoten

Romane und Filme, die sich mit dem Ende unserer heutigen Zivilisation beschäftigen, gibt es in einem breiten Angebot. Zuletzt kämpfte Will Smith im verlassenen New York als letzter überlebender Mensch gegen eine Reihe von Untoten im Film [„I am Legend“.]http://www.powermetal.de/video/review-1376.html Angefangen von „Resident Evil“ bis „28 Weeks Later“ ist die Idee einer tödlichen Seuche, welche die Menschheit bedroht, nicht neu und überrascht uns nicht.

Auch David Wellington ist auf solch eine Thematik verfallen und nutzt die Gunst der Stunde, zwar keine neue Idee damit zu verbinden, doch hat er als Novum seinen Roman „Stadt der Untoten“ erstmalig häppchenweise in seinem Blog den Lesern präsentiert. „Monster Island“ schaffte es so vom Internet auf die Bestsellerlisten, denn die Resonanz der Leser war so positiv gewesen, dass sich schließlich ein Verlag fand und das Werk veröffentlichte. Ähnlich wie sein vorheriges Werk [„Der letzte Vampir“ 4613 ist so auch dieser Roman entstanden.

„Stadt der Untoten“ wird ausgesprochen cineastisch erzählt, und David Wellington ist sich sicherlich dessen bewusst, dass er sich dabei an wohlbekannten Werken von Autoren und Regisseuren bedient.

_Handlung_

New York ist hermetisch abgeriegelt und isoliert, jedoch beileibe nicht als einzige Stadt in den Vereinigten Staaten von Amerika; auch in Europa grassierte eine tödliche Epidemie. Nur bedeutet hierbei der Tod nicht das Ende, denn die Toten erheben sich, als wäre das jüngste Gericht angebrochen, und existieren untot weiter. Ihre einzige Motivation ist die Nahrungssuche, und ohne Intelligenz oder Gefühl töten und infizieren sie andere menschliche Wesen. Einzig und allein der afrikanische Kontinent ist zwar nicht immun gegen diese Seuche, aber doch noch lange nicht so kontaminiert wie Amerika oder Europa – eine Umkehrung der aktuellen Verhältnisse bei der AIDS-Epidemie.

Der ehemalige UN-Waffeninspektor Dekalb, der sich mit seiner Tochter in Afrika aufhält, wird von einem mächtigen weiblichen Warlord aus Somalia dazu gezwungen, möglichst viele AIDS-Medikamente zu besorgen. Andere Möglichkeiten, Medikamente gegen die Immunschwäche auf afrikanischem Gebiet zu organisieren, sind ausgeschöpft und Dekalb unterbreitet den nicht unbedingt ernst gemeinten Vorschlag, doch im verseuchten New York auf die Suche nach ihnen zu gehen. Ironischerweise wird er nun dazu gezwungen, mit Hilfe einer kleinen Gruppe von weiblichen Kindersoldaten die verseuchte Stadt betreten zu müssen, um vielleicht in der medizinischen Forschungs- und Krankenabteilung des UN-Hauptgebäudes die gewünschten Medikamente aufzuspüren. Dekalbs Tochter wird für die Dauer des Selbstmordkommandos als Geisel festgehalten – ein Faustpfand, das dem Waffeninspekteur nur eine Handlungsmöglichkeit lässt.

Bei der Ankunft seiner Truppe in New York empfangen ihn Tausende von untoten Zombies, die auf der Suche nach Nahrung durch die Straßen wandern. Die Flüsse der Stadt und auch die Straßen sind mit verwesenden Leichen verstopft, ein Durchkommen zum UNO-Hauptgebäude erscheint unmöglich. Der erste Versuch, in ein an der Küste liegendes Krankenhaus einzudringen, wird zur Tragödie, denn die Truppe um Dekalb wird angegriffen und fast aufgerieben, die Kommandeurin durch einen Biss infiziert. Unter einigen Verlusten schaffen es die Überlebenden, in einen |VIRGIN Megastore| zu flüchten, doch auch dieser wird wenig später von unzähligen Untoten belagert.

Dekalb, nunmehr neuer Kommandant der Truppe, bekommt unerwartet von Gary, einem Untoten, Unterstützung. Gary wusste, als die Krankheit ausbrach, keinen anderen Ausweg als sich kontrolliert mittels Gas und Eis selbst zu töten, um ein intelligenter Zombie zu werden. Dies ist ihm geglückt, scheinbar als einzigem, denn als Medizinstudent wusste er, dass er im Zwischenstadium der Krankheit sein Gehirn mit Sauerstoff versorgen musste, so dass dessen Aktivität nicht zum Erliegen kam.

Dekalb beginnt Gary zu vertrauen, aber er weiß auch, dass er den intelligenten Untoten niemals aus New York entkommen lassen darf, geschweige denn mitnehmen kann. Doch Dekalbs Naivität hat furchtbare Konsequenzen, denn der Drang Garys nach warmem Fleisch und dem Blut eines Menschen wird übermächtig und die Schicksalsgemeinschaft zerbricht …

_Kritik_

David Wellington erzählt seinen Zombieroman recht geschickt und verteilt die zwei Handlungsebenen parallel in einer unglaublichen Geschwindigkeit. Im Wechsel vereinigen sich diese beiden Szenarien, um sich kurz darauf wieder dramatisch zu trennen – eine Dynamik, die nicht neu, aber ungemein passend gewählt wurde, um die Spannung von Kapitel zu Kapitel zu erhöhen.

Auch die Sicht der beiden Hauptprotagonisten ist interessant aufbereitet. Dekalb berichtet die Geschehnisse der Suche nach den Medikamenten aus seiner verzweifelten Sicht und Gary, der schlaue Untote, erzählt diese Ereignisse aus der distanzierten Perspektive einer dritten Person.

David Wellington verzichtet in „Stadt der Untoten“ auf jegliche Erklärungen und geht auf keine Vorgeschichte ein, denn der vorliegende Roman ist der Anfang einer Trilogie. Im zweiten Roman wird der Leser die Vorgeschichte erfahren, den Ausbruch der Krankheit, und im dritten Part wird Dekalbs Tochter zwanzig Jahre später die Akteurin sein, um die sich alles dreht.

In „Stadt der Untoten“ wird der Leser in die Anfänge der Krankheit, die das Ende der zivilisierten Welt bedeutet, gestoßen. Die Kulisse New York ist wie auch in „I am Legend“ eindrucksvoll und düster beschrieben. Ein Labyrinth aus Straßenschluchten, verzweifelte und überrannte Barrikaden, die eine letzte Bastion darstellten. New York ist in diesem Roman eine Geisterstadt, keine pulsierende lebende Metropole, sondern hier kriecht und schlurft der Tod durch die Straßen der Stadt.

Wie in jeder Zombiegeschichte stürmen die Untoten jedes Hindernis und zeigen außer Hunger keine Gefühlsregungen. Einzig und allein Gary gibt als intelligenter Untoter neue Impulse und wirkt dabei nicht unbedingt bösartig, eher verzweifelt und melancholisch, seinem Schicksal und seiner Zukunft ins Auge blickend. Er ist ein verschlagener, raffinierter Charakter und wird schnell zum Anführer der untoten Armee, mit überraschenden Auswirkungen

„Stadt der Untoten“ bietet neben schauriger und überzeichneter Brutalität, wie sie einem Splatterroman gebührt, ungewöhnliche Handlungsweisen seiner Protagonisten. Überraschend, abwechslungsreich und vielseitig, zudem mit viel Ironie gespickt, beschreitet David Wellington Neuland in diesem Genre.

Viel Mühe hat er mit der Ausarbeitung seiner Charaktere auf sich genommen. Nicht nur Gary wird analysiert und dargestellt, sondern auch Dekalb erhält seinen Part als verzweifelter Vater, der in einer solchen Extremsituation menschliche Fehler begeht. In der gesamten Handlung gibt es allerdings kaum den abwechslungsreichen Part einer weiblichen Komponente. Einzig und allein die Kindersoldatin Ayann nimmt die Rolle einer Ersatztochter für Dekalb ein. Wellington beschreibt sie nicht nur einseitig als verblendete Fundamentalistin, sondern emotional auch als ein Mädchen, das keine Kindheit kennenlernen durfte. Hier gibt es neben viel Blut eben auch weich gezeichnete und emotionale Szenen, denen Beachtung geschenkt werden sollte.

_Fazit_

David Wellington bewegt sich immer auf Messers Schneide zwischen einer Parodie und einer ernst erzählten Geschichte, doch entscheidet er sich im letzten Akt für ein spannendes Drama.

Um auf die filmischen Vergleiche zu Beginn zurückzukommen: „Stadt der Untoten“ könnte man auch sehr gut mit den heutigen Mitteln der Trick- und Filmtechnik auf die Leinwand bringen. Wellington macht sicherlich keinen Hehl daraus, sich bei Ideen anderer (Drehbuch-)Autoren zu bedienen, doch verfolgt er dabei seinen ganz eigenen zynischen Stil.

Wie in jedem Zombieroman gibt es ultraharte und brutale Szenen, jedoch greift Wellington in dieser Horrorgeschichte nicht auf sadistische Folter- und Tötungsfallen wie „Saw“ oder „Hostel“ zurück, sondern überzeugt durch eine spannende und vielschichtige Geschichte, die mit facettenreichen und tiefgründigen Charakteren ihren eigenen Stil findet.

Der Grundstein ist also gelegt für zwei weitere Romane, die hoffentlich ebenso überraschend und unterhaltsam sein werden.

_Der Autor_

David Wellington wurde 1971 in Pittsburgh, Pennsylvania, geboren. Er schloss sein Studium an der Syracuse University mit dem Master in Fine Arts ab und arbeitete als Archivar in der Bibliothek der Vereinten Nationen. Mit „Der letzte Vampir“ hat er den kompromisslosesten und wichtigsten Vampirroman des modernen Horrors und der Dark Fantasy vorgelegt. David Wellington lebt heute mit seiner Frau in New York City, wo er über Zombies, Vampire und andere düstere Gestalten schreibt.

http://www.piper-verlag.de

Morrison, Grant / Quitely, Frank – WE3

_Story_

Hinter den Mauern einer US-Airforce Einrichtung bahnt sich Revolutionäres an: Drei Haustiere, die für eine Testreihe der Kybernetik zu Kampfmaschinen ausgebildet werden sollen, entpuppen sich in der Tat als universell einsetzbare Cyborgs, welche die Kriegsführung der Zukunft maßgeblich prägen sollen. Allerdings sollen die Tiere nur als Prototypen verwendet und im Anschluss an diese Testreihe getötet werden, was ihre langjährige Trainerin Roseanne Berry so nicht akzeptieren möchte. Heimlich befreit sie ihre Schützlinge und ermöglicht ihnen die Flucht.

Aus Furcht vor Entgleisungen und Kenntnisnahme der Öffentlichkeit setzt die Regierung sofort das Militär auf den Hund, die Katze und das Kaninchen an, muss jedoch bald feststellen, dass diese Kampfmaschinen schier unbesiegbar sind und die Angelegenheit vollkommen aus dem Ruder läuft.

_Persönlicher Eindruck_

Grant Morrison gilt gemeinhin als einer der besten und erfolgreichsten Comic-Autoren dieser Zeit, sowohl im Superhelden-Metier als auch in der Sektion der anspruchsvolleren illustrierten Kost. Demnach gehören seine Werke bereits vor dem offiziellen Erscheinungstermin zu den am heißesten ersehnten Exemplaren ihrer Art und sind quasi schon ein Garantieschein für atemberaubende Comic-Action – zumindest bislang.

Mit „WE3“ jedoch hat sich der renommierte Schreiber nun an eine Story herangewagt, die inhaltlich zwar sicherlich innovative Pfade beschreitet, in ihrer Ausarbeitung aber eher dürftig und müde ist. Es fehlt an Stimmung und Atmosphäre, wobei Letztere bisweilen apokalyptische Ausmaße annimmt, aber gerade wegen der mangelhaften Charakterzeichnungen – und hiermit ist auch die Darstellung der kybernetischen Bestien gemeint – vorwiegend steril und unnahbar bleibt.

Die Geschichte birgt dabei sicherlich einiges an Potenzial, ist auch wegen der unterschwelligen Kritik an der Forschung und in Sachen biologischer Aufrüstung sehr gewagt und riskant und könnte gerade deswegen durchaus ein Selbstläufer werden. Auch die Tatsache, dass der Autor mit seinem langjährigen Kollegen Frank Quietly zusammengearbeitet und mit ihm ein illustrativ wirklich fabelhaftes Wechselspiel inszeniert hat, ist gewissermaßen ein Garant für einen spannend strukturierten, außergewöhnlichen Comic, gereicht dem Unternehmen „WE3“ aber ebenfalls nicht zur erwünschten Faszination. Doch woran genau scheitert das Ganze nun?

Tja, die Antwort hierauf ist eigentlich leicht gefunden: Die Story besitzt schlichtweg nicht die gewohnte Tiefe und ist von Anfang an beinahe ausschließlich auf die brutale Action fokussiert. Die drei entflohenen Cyborgs liefern sich eine erbitterte Schlacht mit den ausgesendeten Regierungsbeamten und dem Militär, greifen selbst Zivilisten an, in denen sie eine Bedrohung sehen, und hinterlassen nach nur wenigen Seiten bereits ein Schlachtfeld sondergleichen. Gezüchtet, um ihre Gegner nicht nur zu töten, sondern vollkommen zu vernichten, bündeln sie den Hass auf ihre Verfolger und werden ihrem geplanten Status als Kampfmaschinen vollends gerecht.

Doch zwischen der kompakten Action bleibt letztendlich kaum noch Platz für die Weiterentwicklung der Handlung. Die Dialoge sind aufs Wesentliche beschränkt und letztendlich nur Nebensache, und auch die Charakterbildung der drei tierischen Hauptgestalten kommt im Laufe der Story nicht entsprechend voran und endet in einer Form der Stagnation, die „WE3“ bis zum Schluss nur noch auf die Action reduziert, die Grundaussage der Geschichte hingegen nur dürftig bis unbefriedigend transferiert. Selbst die halbwegs philosophische Schlusssequenz kann diesbezüglich keine Abhilfe mehr verschaffen, mag zwar im Gesamtkomplex der Handlung versöhnlich stimmen, beschreibt aber gleichzeitig auch das Dilemma der mangelnden Tiefgründigkeit, unter der Morrisons Werk leidet.

Was als Endzeit-Thriler mit durchaus realistischem und in seiner zwischenzeitlichen Authentizität auch definitiv erschreckendem Background beginnt, endet schließlich in einer nur lose zusammenhängenden Gewaltorgie, deren versteckte Emotionalität und perfide inszenierte Gesellschaftskritik nicht in dem Maße funktionieren, wie man es von diesem Autor erwarten durfte. Zumindest ist Morrison seinem Grundsatz treu geblieben, Geschichten abseits des Mainstreams zu schreiben. Hinsichtlich der enttäuschenden Durchschnittlichkeit der aktuellen Story ist dies aber nur ein schwacher Trost.

http://www.paninicomics.de

Hensel, Jana / Raether, Elisabeth – Neue deutsche Mädchen

2002 trat Jana Hensels Erinnerungsbuch [„Zonenkinder“ 4989 seinen Siegeszug durch das deutsche Feuilleton und – vor allem – die Bestellerlisten an. Die Idee, die dem Buch vorangestellt war, hatte durchaus Potenzial: Hensel, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung so lange in der BRD wie in der DDR gelebt hatte (als die Mauer fiel, war sie gerade dreizehn), war angetreten, exemplarisch aufzuzeigen, wie es ist, ein Wendekind zu sein. Nur kann man so einen biographischen Knick offensichtlich nicht exemplarisch aufzeigen, und „Zonenkinder“ scheiterte an genau diesem Anspruch. Das kollektive „Wir“, das Hensel während des gesamten Buches beschwor, war nervtötend, anmaßend und schlussendlich falsch.

Mittlerweile ist Jana Hensel irgendwie angekommen im neuen größeren Deutschland und hat sich auch von dem allgemeingültigen Wir verabschiedet. Zusammen mit ihrer Freundin Elisabeth Raether hat sie sich nun noch einmal zusammengetan, um aktuellen Befindlichkeiten nachzuspüren. Wieder ist die zugrunde liegende Idee originell: Hensel mit ihrer DDR-Biographie und Raether als BRD-Kind wollen herausfinden, was es heißt, heute eine Frau zu sein. Alice Schwarzer, deren Name traditionell immer fällt, wenn es um Feminismus in Deutschland geht, spielt dabei eigentlich nur als Aufhänger eine Rolle. Hensel lässt sich zwar zu ein wenig Schwarzer-Kritik hinreißen, aber mit Leidenschaft scheint sie nicht am Werke. Es scheint vielmehr, als fühlten sich die Autorinnen verpflichtet, die große Mutter des Feminismus in Deutschland wenigstens auf einer Seite namentlich zu erwähnen, um dann nahtlos dazu überzugehen, was sie als wichtig empfinden: Liebe oder deren Abwesenheit, Sex, Geld, Arbeit und die Unverbindlichkeit des Berliner Großstadtlebens.

In einzelnen Essays widmen sich Hensel und Raether also verschiedenen Aspekten des Frauseins. Das liest sich durchaus interessant und flüssig. Geradezu anekdotisch erzählen die beiden von (in der Regel missglückten) Affären, von dem Versuch, in der taffen „Männerwelt“ zu bestehen, von der seltsamen Entwurzelung im zusammenwachsenden Berlin. Die Nabelschau hat einen gewissen Tagebuchcharakter: Das Geschehene wird durchaus kritisch betrachtet und analysiert, und doch bleiben die Erzählungen des Scheiterns rein privat. Die Autorinnen sagen „überhaupt nichts aus, was über die jeweiligen Geschichten hinausginge“, meint beispielsweise der Rezensent der |F.A.Z.| und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Hensel und Raether haben ein persönliches Buch geschrieben, ein Buch, in dem sich Frauen ihres Jahrgangs wiederfinden oder auch nicht. Doch über ihre Selbstanalyse hinaus wollen die neuen deutschen Mädchen keine Auskunft darüber geben, wie die Sache mit dem Feminismus denn nun weitergehen sollte. Wenn die Ideen Schwarzers so überkommen sind, womit sollten wir sie ersetzen?

Abgesehen von den persönlichen Betrachtungen, finden sich in dem Buch auch zwei Essays zur Mütterngeneration, die sich durchaus interessant lesen. Da geht es auf der einen Seite um Elisabeth Raethers Mutter, die zunächst eine vollkommen durchschnittliche Mittelschichtenkarriere in der BRD macht: Heirat, Kinder, Hausfrau. Doch dann entscheidet sie, dass das nicht alles gewesen sein kann. Sie lässt sich scheiden, beginnt wieder zu arbeiten, wird ihre eigene Herrin. Für Raether ist diese Mütterbiographie ein Zeichen dafür, dass der Feminismus damals begann, die Mittelschicht zu erobern.

Auch Hensel ist ein Scheidungskind, und auch ihre Mutter steht geradezu beispielhaft für den Lebenslauf vieler Frauen in der noch jungen DDR. Sie arbeitet Vollzeit. Sie zieht aus dem Ledigenwohnheim aus, um zu heiraten. Die kleine Jana wird geboren. Durchaus genau schildert Hensel diese Jahre und analysiert die Unterschiede zur heutigen Zeit. Sie stellt das damalige Denken im „Kollektiv“ dem heutigen Götzen des „Individualismus“ gegenüber. Ihre Mutter, sagt sie, war noch eingebunden in ein großes Ganzes, war ein Rädchen in einer riesigen Maschine. Jana Hensel nennt das „Perspektivlosigkeit“, ist aber gleichzeitig ehrlich genug, einen gewissen Neid zuzugeben. Denn es kann auch sinnstiftend und beruhigend sein, sich als Teil einer Gruppe fühlen zu können. Heute will man das natürlich nicht mehr. Jeder ist sich selbst der nächste. Das Denken kreist nur um das eigene Individuum. Die Frage darf gestattet sein, ob man das, was auch zur Zersplitterung der Gesellschaft beiträgt, nun Fortschritt nennen soll.

Die beiden Mütter-Kapitel bieten den meisten Mehrwert in einem Buch, das ansonsten eher zufällig wirkt. Vielleicht war das auch den Autorinnen klar und sie haben die beiden Essays deshalb in der Mitte des schmalen Bandes platziert. In der Elterngeneration bietet sich die Möglichkeit, eine Rückschau zu halten – eine Sache, die die Analyse ungemein erleichtert. Im Rest des Buches finden sich dagegen kaum Erkenntnisse, die irgendeine Art von Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen könnten.

Das heißt jedoch nicht, dass die Autorinnen sich jeglicher Wertung enthielten. Ganz im Gegenteil! Raether bevorzugt die Innenansicht. Auf geradezu intime Weise nimmt sie den Leser an die Hand und erkundet mit ihm ihre eigene Seelenlandschaft. Geht eine Affäre in die Brüche, so spürt sie den Gründen nach, und der Leser begleitet sie Stück für Stück, wenn ihr Muster in ihrem Verhalten bewusst werden. Jana Hensel ist da anders. Die Gründe für ihr Scheitern (in einer Beziehung, am Arbeitsplatz) sucht sie nicht in erster Linie in sich selbst, sondern in anderen. Und natürlich wird sie fündig. Mal sind es die bösen tradierten Männerstrukturen in einer Berliner Redaktion, dann die reaktionären Familienvorstellungen anderer Leute. Immer jedoch überanalysiert Hensel ihre Deutungsmuster und überreizt sie dadurch.

Was bleibt von „Neue deutsche Mädchen“? Nicht viel, leider. Hensel und Raether haben ein wirklich lesenswertes, ja sogar kurzweiliges Buch über ihr eigenes Leben geschrieben, das sich kaum auf eine ganze Generation verallgemeinern lässt. Sie verweigern sich jeglicher Theorie und konfrontieren den Leser mit ihren persönlichen Geschichten, um ihn dann mit der eventuellen „Deutung“ allein zu lassen. Wie Jana Hensel im Essay „Über eine ostdeutsche Herkunft“ festgestellt hat, geht es nur um das Individuum. Auch „Neue Deutsche Mädchen“ kreist nur um diesen Götzen, und so stellt sich beim Leser leider Leere ein, wo er wohl Erkenntnis erwartet hatte.

http://www.rowohlt.de

Interview mit Boris Koch

|Alisha Bionda führte den ersten Teil eines umfangreichen Interviews mit Boris Koch Ende Mai 2008, das – dreigeteilt – Auskunft über seine Aktivitäten als Autor, Verleger, Musiker und als einer der drei |StirnhirnhinterZimmer|-Männer gibt.|

_Teil I: Der Autor Boris Koch_

_Alisha Bionda:_
Hola Boris, vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein ausführliches Interview nimmst. Vorab aber noch einmal Gratulation zu deinem dir jüngst verliehenen ersten Preis, dem „Hansjörg Martin“-Preis für deinen Jugendkrimi „Feuer im Blut“. Wie stehst du zu Preisen und Auszeichungen?

_Boris Koch:_
Danke zur Gratulation. Preise und Auszeichnungen, die ich bekomme, mag ich natürlich (lacht). Aber im Ernst: Prinzipiell finde ich Preise schon gut. Klar gibt es verdammt viele, aber warum auch nicht? Noch gibt es ja viel mehr Bücher als Preise … Und wenn der Preis eher dazu dient, sich selbst mit berühmten Autorennamen zu schmücken, dann weiß ich auch nicht, ob das im Sinn einer Auszeichnung ist- diese Veranstaltungen, auf denen sich die Preisverleiher selbst ebenso sehr auf die Schultern klopfen wie dem Preisträger. Man muss ja nicht jeden Preis gleich ernst nehmen, und allzu ernst sollte man überhaupt keinen nehmen, aber insgesamt ist es doch schön, wenn irgendwer irgendwen ehren will. Der Preisträger freut sich, kriegt im Idealfall noch einen Scheck mit auf den Heimweg, und es gibt eine lustige Party bei der Verleihung. Was mir auf den Keks geht, sind Wahlen zum schlechtesten Film oder schlechtesten Buch oder dem Flop des Jahres. So etwas ist überflüssig.

_Alisha Bionda:_
Wolltest du immer schon Schriftsteller werden oder wie bist du in die „schreibende Zunft“ gekommen?

_Boris Koch:_
Nein. Als Kind wollte ich Fußballspieler werden, in der Bundesliga und Nationalmannschaft natürlich, aber da fehlte mir doch das Talent und wohl auch der Wille, und wahrscheinlich hätte mein Körper das auch nicht mitgemacht. Später wollte ich dann Bassist werden – aber auch hier fehlte Talent und dieses unbedingte tägliche Üben – ich habe mehr Musik gehört als gemacht. Und eine Zeit lang wollte ich tatsächlich Schatzsucher werden.

Geschrieben habe ich bis neunzehn, zwanzig kaum. Ein bisschen Teenagerlyrik für mich, mit fünfzehn eine Kurzgeschichte für ein Rollenspielzine, mit zehn oder so die erste Seite eines Romans, vielleicht auch nur eine halbe. Und dann, mit etwa neunzehn habe ich erstmals versucht, mit Geschichten nach „draußen“ zu gelangen. Die erste Story versagte gnadenlos bei einem Schreibwettbewerb in Augsburg, mit der zweiten hatte ich Glück, sie wurde veröffentlicht. Und mir wurde das Schreiben immer wichtiger. Es lief eine Weile parallel zum Studium, das ich schließlich geschmissen habe. Und so bin ich Stück für Stück in die schreibende Zunft gerutscht.

_Alisha Bionda:_
Was waren deine ersten Texte?

_Boris Koch:_
Mein erster Text war eine kurze, ein- bis zweiseitige Anti-Kriegs-Fantasy-Story mit böser Pointe oder dem, was ich mit fünfzehn für eine böse Pointe gehalten habe. Dann folgten kurze Horrorgeschichten, teils sehr klassisch, und bissige Grotesken.

_Alisha Bionda:_
Hast du eine fest strukturierte Methode, wie du ein neues Projekt „angehst“? Oder lässt du eher den Dingen ihren freien Lauf?

_Boris Koch:_
Nein, keine feste Methode. Die Arbeitsweise hängt auch immer von dem konkreten Projekt ab. Bei einem Krimi wie „Feuer im Blut“ brauche ich eine für meine Verhältnisse relativ feste Struktur, ich muss natürlich wissen, wer der Täter ist, um über das Buch verteilt erste Hinweise zu platzieren, ich muss aber auch wissen, welche Figur was weiß, damit sie entsprechend reagiert, usw. Und ich muss vorher über Polizeiarbeit und anderes recherchieren.

Bei der Fantasy-Parodie „Die Anderen“ bestand meine Recherche darin, die parodierten Werke zu lesen, und mit diesem Hintergrund im Kopf, mehreren Seiten kurzer Stichpunkte und einer viel weniger starren Struktur habe ich losgeschrieben. Ich wusste, wohin ich mit meinen Figuren wollte, was für ein Showdown geplant war, aber was ihnen an den einzelnen Stationen auf dem Weg dorthin passiert, das entstand überwiegend spontan. Gags lassen sich schwer vorausplanen, die leben von Spontaneität. Ich musste dabei aber darauf achten, nicht völlig auszuufern. Dass ich beispielsweise irgendwann eine Kampfszene in Form eines Chatroom-Protokolls schreiben würde, war nicht geplant, aber da der Text von Anfang an Fußnoten hatte und auch fünf Seiten der Handlung in einem Comic erzählt wurden, gehörten formale Spielereien von Anfang an zum Konzept, und es fügte sich während des Schreibens einfach ein.

Bei Kurzgeschichten und Erzählungen mache ich mir gar keine Notizen, da habe ich die Struktur von Anfang an im Kopf oder lasse sich die Geschichte spontan entwickeln.

_Alisha Bionda:_
Schreibst du gerne zu einer bestimmten Zeit? Lieber tagsüber, lieber abends/nachts? Wie sieht dein Tagesablauf aus?

_Boris Koch:_
Zurzeit schreibe ich lieber tagsüber, beginne direkt nach dem Frühstück und schreibe bis zum späten Nachmittag, und kümmere mich dann um andere Arbeiten, aber dieser Plan wird oft genug durchbrochen, einen richtig festen Tagesablauf habe ich eigentlich nicht. Der hängt immer davon ab, was gerade ansteht.

_Alisha Bionda:_
Bevorzugst du eine bestimmte Atmosphäre wenn du schreibst?

_Boris Koch:_
Auch das hängt vom Projekt ab. Ich schreibe auf jeden Fall am liebsten daheim, wo ich meine Ruhe habe. Und meist mit Musik im Hintergrund. Die Musik wähle ich entsprechend dem Text aus, um die passende Stimmung zu unterstützen. Aber ich stelle keine Kerzen auf oder so …

_Alisha Bionda:_
Schreibst du an mehreren Projekten gleichzeitig oder liegt dir das eher nicht?

_Boris Koch:_
Manchmal ergibt es sich aus irgendwelchen Gründen, dass ich parallel arbeite, aber ich konzentriere mich eigentlich ganz gern auf ein einziges Roman-Projekt. Da laufen ja ohnehin Kurzgeschichten für das |StirnhirnhinterZimmer|, Lesungen, die Arbeit an |Mephisto|, ein Interview wie dieses hier und dergleichen nebenher. Da ist es gut, wenn ich wenigstens nur ein größeres Projekt habe, auf das ich mich konzentrieren muss. Gegen plötzliche Einfälle und Notizen zu anderen oder gar völlig neuen Projekten kann ich mich aber trotzdem nicht wehren.

_Alisha Bionda:_
Welchen Genres ordnest du dich zu? Und welches reizt dich am meisten?

_Boris Koch:_
Keinen. Einzelne Bücher oder Geschichten kann ich bestimmten Genres zuordnen, wenn ich gefragt werde, aber mich komplett als Autor will ich nirgendwo zuordnen. Von daher kann ich – trotz einem Faible für alle möglichen Spielarten der Phantastik – nicht sagen, dass mich ein Genre besonders reizt. Überhaupt reizen mich eher bestimmte Themen oder Ideen, und die werden dann innerhalb eines bestimmten Mediums und Genres umgesetzt. Das Thema, das zentrale Motiv einer Geschichte ist mir wichtiger als das Genre. So ist beispielsweise meine Erzählung „Die Mutter der Tränen“ zwar sicherlich Phantastik, aber in erster Linie ist es für mich eine Geschichte über den Verlust eines geliebten Menschen, über das Zerbrechen einer Familie, über Trauer. Das phantastische Element ist ein Mittel, um dies zu erzählen, es ist nicht die Grundvoraussetzung für die Erzählung.

Ein anderes Beispiel: Natürlich wusste ich, dass ich „Feuer im Blut“ für eine Jugendkrimireihe schreibe, und es ist entsprechend ein Krimi geworden. Aber während des Schreibens ging es darum, Jugendliche, die mit einem Verbrechen konfrontiert werden, möglichst glaubwürdig agieren zu lassen, und dazu gehört auch der Alltag wie der Fußball bei einer Figur und die Musik bei einer anderen, es gibt eine Liebesgeschichte, Schule, Eltern, usw. Es ist ja nichts Weltbewegendes oder Neues, dass sich in einzelnen Büchern oft mehrere Themen und Genres wiederfinden lassen, und ich bin der Meinung, dass man in vielen Fällen – es gibt sicher die berühmten Ausnahmen – sich selbst zu sehr beschränkt, wenn man beim Schreiben allzu sehr darauf achtet, in welchem Genre man schreibt. Ich will eine Geschichte nicht zusammenstutzen, weil irgendwas nicht ins Genre passt. Ich will da kürzen, wo etwas nicht der Geschichte dient. Die konkrete Geschichte ist wichtiger als das Genre.

Einfach mal von mir weg zu einem bekannteren Beispiel: Ich habe neulich mit geschätzten Kollegen über „Harry Potter“ diskutiert, über die Einordnung der Romane in die Fantasy. Gehört es wirklich in diese Schublade? Ausschließlich? Man könnte es ebenso gut als Internatsroman bezeichnen, es hat mindestens so viele Elemente von „Burg Schreckenstein“ wie von „Der Herr der Ringe“, der ja als der Fantasyroman schlechthin gilt.

_Alisha Bionda:_
Deinen Anfang nahmst du mit dem Verfassen von Kurzgeschichten. Es gibt ja etliche Autoren, die sich der Kurzgeschichte eher verschließen, was reizt dich daran?

_Boris Koch:_
Wahrscheinlich, dass man in einer Kurzgeschichte eine Idee, einen Gedanken oder ein Ereignis auf den Punkt bringt. Kurzgeschichten eignen sich zudem wunderbar für Lesungen, weil man dem Publikum da – anders als beim Roman – eine komplette Geschichte präsentieren kann. Es gibt einfach Ideen, die sich nur für die kurze Form eignen. Eine groteske Kurzgeschichte wie „Der adressierte Junge“ funktioniert auf 300 Seiten nicht. Ich kann mit einer solchen Idee dann also eine Kurzgeschichte schreiben oder sie in die Tonne treten.

_Alisha Bionda:_
Hast du eine Kurzgeschichte, die du selbst als deine beste bezeichnen würdest?

_Boris Koch:_
Nein, es gibt nicht die eine Geschichte, die ich über alle anderen stellen würde.

_Alisha Bionda:_
Hast du ein Vorbild? Literarisch oder auch sonst …

_Boris Koch:_
Auch hier ein Nein. Es gibt einige Autoren oder auch Musiker, Maler, Zeichner und andere Künstler, deren Arbeit ich schätze und die mich sicherlich beeinflusst haben, aber ein Vorbild, dem ich nacheifere, gibt es nicht.

_Alisha Bionda:_
Du schreibst ja sowohl allein als auch mit Co-Autoren (z. B. Christian von Aster und Markolf Hoffmann). Was reizt dich mehr? Oder gibt es da keine Gewichtung?

_Boris Koch:_
Wichtig ist mir, beides zu machen. Natürlich kann ich, wenn ich allein schreibe, meine Ideen eigenständiger umsetzen und muss weniger Kompromisse eingehen. Und so möchte ich den Großteil meiner Romanprojekte und Kurzgeschichten umsetzen, aber ich will daneben immer wieder verschiedene Projekte mit anderen zusammen auf die Beine stellen. Sei das mit Zeichnern, Musikern oder anderen Autoren. Es gibt ja Geschichten, die werden in der Zusammenarbeit einfach runder, und die Zusammenarbeiten mit Christian von Aster, Jörg Kleudgen und Kathleen Weise liefen alle unterschiedlich, aber alle sehr schön.

Mit Markolf Hoffmann habe ich übrigens noch keinen größeren Text zusammen geschrieben, lediglich eine kurze Albernheit mit ihm und Christian zusammen fürs |StirnhirnhinterZimmer|. Ansonsten arbeiten wir ja parallel bei der Lesereihe. Aber auch das macht sehr viel Spaß und ist inspirierend.

_Alisha Bionda:_
Was gefällt dir an der Zusammenarbeit mit anderen Autoren?

_Boris Koch:_
Die Kommunikation, das Debattieren um Inhalte, und zu beobachten, wie der andere arbeitet. Zu sehen, was der andere aus einen bestimmten Konstellation macht, wie er eine bestimmte Situation löst, usw. Da kann ich für mein eigenes Schreiben lernen. Und ganz wichtig ist das Gefühl, wenn man fertig ist, dieses „Geschafft“ mit jemandem zu teilen, ist toll. Wie Mannschaftssport (lacht).

_Alisha Bionda:_
Liest du regelmäßig? Wenn ja, was oder wen bevorzugt?

_Boris Koch:_
Ja, und zwar ziemlich querbeet von Comics über diverse Genres bis hin zur allgemeinen Belletristik wie auch das ein oder andere Sachbuch. Aktuell begeistert hat mich Andreas Steinhöfels „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ und ich möchte demnächst endlich Vonneguts „Schlachthof 5“, Ronald Rengs „Der Traumhüter“ und Douglas Adams „Die letzten ihrer Art“ lesen. Allgemein reizt es mich aber gerade, neue, mir unbekannte Autoren auszuprobieren.

_Alisha Bionda:_
Gibt es Menschen, die dich bei deinem schriftstellerischen Werdegang unterstützt haben? Freunde, Familie, Kollegen? In deinen Anfängen und jetzt?

_Boris Koch:_
Ja, zahlreiche. Und wahrscheinlich noch mehr, als mir bewusst ist. Ich kriege das ja nicht automatisch mit, wenn mich jemand irgendwo für eine Lesung empfiehlt oder so.

_Alisha Bionda:_

In den letzten beiden Monaten sind mit „Die Anderen“ (|Heyne|), „Feuer im Blut“ (|Beltz & Gelberg|) und „StirnhinhinterZimmer“ (|Medusenblut/Midras|) drei völlig unterschiedliche Titel von dir erschienen. Ist in einen der Titel „besonderes Herzblut“ geflossen?

_Boris Koch:_
Die drei lassen sich nicht vergleichen, ich kann nicht sagen, dass in ein Buch mehr Herzblut als in die anderen geflossen ist.

_Alisha Bionda:_
Wie kam es zu deiner Zusammearbeit mit |Heyne|?

_Boris Koch:_
Ich habe Sascha Mamczak von |Heyne| im September 2006 auf dem |Elstercon| kennen gelernt, auf dem ich unter anderem die Einführung zur Veranstaltung gemacht habe, wo ich die Ehrengäste augenzwinkernd vorstellte. Im Oktober auf der Buchmesse hat er mir dann eröffnet, dass |Heyne| gerne eine Parodie auf die Völkerromane veröffentlichen würde, ob ich Lust hätte, eine solche zu schreiben. Ich hatte. Und habe mir dann ein Exposé überlegt und den Prolog geschrieben, und das hat ihnen so weit zugesagt, dass es tatsächlich zu „Die Anderen“ kam.

_Alisha Bionda:_
Erzähle den Lesern doch im Groben was sie bei den oben genannten drei Titeln zu erwarten haben.

_Boris Koch:_
Okay. Beginnen wir gleich mit „Die Anderen“, das – wie gerade erwähnt – eine Parodie auf „Die Orks“, „Die Elfen“, „Die Zwerge“ und „Die Trolle“ ist, und auf alles mögliche andere, was sich beim Schreiben so ergeben hat. Kein Buch der leisen Töne …

„Feuer im Blut“ ist ein Jugendkrimi mit der Altersempfehlung „ab 12“, aber ich weiß auch von Erwachsenen, die ihn gelesen haben. Es geht um drei Jungs, die gemeinsam eine illegale Schülerzeitung herausgeben, weil ihnen die Zensur des Direktors auf den Keks geht. Als ein Brandanschlag auf die Turnhalle ihrer Schule verübt wird, ermitteln sie selbst. Es geht um den Kriminalfall, aber auch um falsche Verdächtigungen, ums Verliebtsein, um Musik und um Fußball.

[„Das StirnhirnhinterZimmer“ 4957 enthält 18 Erzählungen aus der Lesereihe, je sechs von Markolf Hoffmann, Christian von Aster und mir. Dabei geht es überwiegend grotesk zu, aber auch ernste Texte sind enthalten. Phantastik im weitesten Sinn, von einer mittelalterlichen Reliquien-Groteske über ein düsteres Märchen zu Pinguinen, die die Weltherrschaft beanspruchen. Eine pseudowissenschaftliche Abhandlung ist ebenso enthalten wie untote Prominente aus Berlin.

_Alisha Bionda:_
Willst du den Lesern zum Abschluss dieses Interviewteiles einen ersten Einblick in deine künftigen Projekte gewähren?

_Boris Koch:_
Gern. Als Nächstes erscheint im Oktober der Jugendkrimi „300 kByte Angst“, der wie „Feuer im Blut“ in der Reihe [Schwarzlichter]http://www.schwarzlichter.com bei |Beltz & Gelberg| erscheint und dieselben Hauptfiguren hat wie der erste Krimi. Diesmal beginnt alles mit einem eher weniger lustigen Handyfilm.

Im Dezember erscheint dann bei |Heyne| ein All-Age-Fantasyroman mit dem Titel „Der Drachenflüsterer“, in dem es – große Überraschung – um Drachen geht.

Weitere Projekte sind angedacht, aber noch nicht spruchreif, wie es immer so schön heißt.

_Alisha Bionda:_
Vielen Dank für das Beantworten der Fragen des ersten Teiles des Interviews. In Teil zwei möchte ich gerne mit dir über „Medusenblut“ und deine Aktivitäten als Verleger besprechen.

_Boris Koch:_
Ich danke dir für dein Interesse.

http://www.boriskoch.de
http://www.medusenblut.de
http://www.stirnhirnhinterzimmer.de

|Ergänzend dazu:|

[Lesungsbericht: StirnhirnhinterZimmer oder: Ein ganz besonderer Abend in Berlin]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=57
[Interview mit Chr. von Aster, B. Koch, M. Hoffman: Das StirnhirnhinterZimmer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=73
[Rezension zu „Der Schattenlehrling“ 3296
[Rezension zu „Der adressierte Junge“ 3249
[Rezension zu „Dionysos tanzt“ 1926

|© Foto: Anna Kuschnarowa|

Ketchum, Jack – Amokjagd

Weil sie jahrelang von ihrem Mann gequält und missbraucht wurde, plant Carole Gardner zusammen mit ihrem Freund Lee Edwards den perfekten Mord. Es läuft auch alles mehr oder weniger wie geplant. Nur ahnt keiner der beiden Täter, dass sie einen Zeugen haben.

Wayne Lock ist seit Jahren auf der Suche nach der richtigen Gelegenheit, um endlich einen Mord zu begehen. Jetzt hat er den Nervenkitzel mit eigenen Augen miterlebt und sieht in Carole und Lee Seelenverwandte, mit denen er zusammen auf Jagd gehen kann. Doch für Carole und Lee war dieser Mord eine Notlösung und eigentlich sinnt das Pärchen auf ein wenig Frieden und ein glückliches Leben. Was die beiden allerdings in den nächsten Tagen erwartet, ist der absolute Psychoterror …

_Meine Meinung:_

Jack Ketchums Name ist mittlerweile ein Garant für den realistischen, unverfälschten Horror, bei dem selbst das Ende immer erschreckend authentisch ist. So auch im vorliegenden Roman, bei dem selbst die Protagonisten Täter sind und niemand wirklich frei von Schuld ist. Ketchums Charaktere sind immer lebensecht und keine strahlenden Helden. Fast jeder trägt ein dunkles Geheimnis und ganz normale, menschliche Schwächen in sich, so auch diesmal Carole Gardner, Lee Edwards und der Polizist Rule. Wayne Lock hingegen ist der typisch amerikanische Psychopath, wie man ihn des Öfteren auch in den Büchern von Dean Koontz und Stephen King trifft; dabei offenbart sich dem Leser das beklemmende Profil eines teuflischen Mörders mit absolut soziopathischen Charakterzügen.

Die Verquickung des wahllos mordenden Amokläufers mit einem kühl und präzise planenden Serienkiller wirkt bei Ketchum äußerst bedrohlich und durchaus denkbar. Dabei frönt der Autor seinem unverwechselbaren Stil, bei brutalen Morden und Vergewaltigungen nicht abzublenden, sondern schonungslos weiterzuschreiben, bis ins Detail. Hier fragt man sich allerdings, ob eine solche Offenheit wirklich nötig ist und vor allem gewünscht wird. „Amokjagd“ liest sich nichtsdestotrotz sehr rasant und weist ein unglaubliches Tempo auf, das bis zum Schluss anhält. Leider wird der Lesefluss an einigen Stellen durch eklatante Druckfehler gestört, wenn beispielsweise ganze Wörter vertauscht werden, wie auf Seite 174: |“In einer weißen Glasschüssel befand sich noch etwa kleine Pfütze Wasser.“|

Auffallend ist die Themenvielfalt des Schriftstellers. „Amokjagd“ ist die dritte deutsche Übersetzung eines Buches von Jack Ketchum. Während sich „Beutezeit“, sein erster publizierter Roman, mit einer Horde Kannibalen beschäftig und [„Evil“ 2151 von der brutalen Folter eines Mädchens handelt, schlägt „Amokjagd“ wieder eine vollkommen andere Richtung ein. Gemein ist den Werken des Autors nur das hohe Maß an erschreckend authentischer Brutalität.

Wen das nicht stört und wer starke Nerven mitbringt, der bekommt einen unheimlichen und gut durchdachten Psychothriller serviert, denn man nicht so einfach verkraften wird. Wer hingegen einfach einen spannenden Unterhaltungsroman sucht, der sollte sich woanders umsehen, denn Ketchums Romane sind real und beklemmend zugleich.

Die Aufmachung des |Heyne|-Verlags ist dieses Mal nicht ganz so gut gelungen wie bei den ersten beiden Werken, die ebenfalls in der Reihe |Heyne Hardcore| erschienen sind. Allerdings stechen der blutrote Schriftzug und der schwarze Einband sofort ins Auge und zeigen dem Leser auch äußerlich, worauf er sich in den kommenden 288 Seiten einrichten kann. Im Gegensatz zu den Bänden [„Beutezeit“ 4272 und „Evil“ gibt es dieses Mal allerdings weder ein Vor- noch ein Nachwort.

_Fazit:_

Erschreckend beklemmendes Horrorszenario mit vielschichtigen Charakteren. Die schonungslose Brutalität ist nicht für jeden Leser geeignet, und wie alle Bücher von Ketchum eignet sich auch „Amokjagd“ nicht als reine Unterhaltungslektüre. Wer sich allerdings näher mit menschlichen Abgründen auseinandersetzen möchte, der wird bei Jack Ketchum anspruchsvoll bedient.

|Originaltitel: Joyride, 1995
Originalverlag: Overlook Connection
Aus dem Amerikanischen von Kristof Kurz
Taschenbuch, 288 Seiten|
http://www.jackketchum.net
http://www.heyne-hardcore.de

_Florian Hilleberg_

Schwartz, Susan (Zietsch, Uschi) / Vlcek, Ernst – SunQuest 1: Fathomless

_Inhalt:_

Shanija Rans Ankunft auf der bizarren Welt „Less“ und der Beginn ihrer Quest mit einer vagen, sehr vagen Hoffnung, ihre Mission doch noch erfüllen zu können, als sie von dem »Schlüssel« erfährt.

Wir schreiben das Jahr 3218 christlicher Zeitrechnung. Die Menschheit stößt auf ein Fremdvolk im Sternbild Schwan – die Quinternen, die die Erde samt Mond und somit die Menschheit zerstören wollen.

Colonel Shanija Ran, Kommandantin der Marine-Eliteeinheit „Wild Rams“, ist mit ihrem Raumjäger unterwegs zur Erde, um das zu verhindern. Denn die Existenz der Menschheit steht auf dem Spiel, der galaktische Krieg gegen die rätselhaften Quinternen scheint verloren – bis jetzt, denn Shanija Ran ist im Besitz von Plänen, die eine entscheidende Wende herbeiführen werden.

Verfolgt von den Quinternen, muss Shanija Ran ein waghalsiges Manöver riskieren – und wird durch eine Anomalie in einem fremden System ausgespuckt, dessen gewaltige Kräfte sich sofort auswirken und sie zur Landung auf einem erdähnlichen Mond zwingen, bei der ihr Schiff völlig zerstört wird. Shanija Ran findet sich in einem unmöglich erscheinenden System wieder – eine Welt mit drei Sonnen.

_“Escensio“_, Teil 1 des Auftaktbandes, bestreitet Uschi Zietsch unter dem Pseudonym Susan Schwartz, ihres Zeichens Autorin und Verlegerin.

Als Shanija auf „Less“ zu sich kommt, muss sie feststellen, dass ihr Jäger, nachdem sie ihn durch die Blaue Sonne steuern ließ, in seine Einzelteile zerlegt wurde und somit eine Rückkehr für Shanija unmöglich ist. Schnell stellt sie fest, dass auf Less keine Technik funktioniert und einiges nicht mehr so ist wie zuvor. So hat sich zum Beispiel „Pong“, ihr hochentwickeltes Computermodul, in einen humorig putzigen Schmuckdrachen entwickelt, der mal unter einem Drachentattoo auf ihrer Brust ruht, dann wieder aus Shanija herauskommt und rülpsend und keck mit seinen gelegentlichen Auftritten die Handlung bereichert und zu eigenständigem Leben erwacht.

Der erste Teil gewährt Einblicke in Shanijas Kindheit, ihre Familie: Vater Barn, Mutter Raje und Bruder Aaron; und der Leser erfährt, dass Shanija eine geborene Tovan ist, sie aber ihren Namen abgelegt hat.

Doch was widerfährt Shanija auf Less? Zuerst trifft sie auf einen wandernden Müllhaufen mit organischem „Innenleben”, wie Rattenwesen und Ameisen, um nur zwei „Gattungen” zu nennen. Er ist somit eine in sich geschlossene Ökologie. Shanija wird von zwei langen Tentakeln, die aus dem Müllhaufen – einer alles fressenden, alles vernichtenden Maschine – erwachsen, an diesen gerissen und gefesselt. Und trifft dort auf das erste menschliche Wesen, das ebenfalls in den Fesseln des wandelnden Schrottberges hängt: As’mala, blond, blauäugig, eine Diebin und Nachfahrin der Besatzung der „Sunquest“.

Den beiden Frauen gelingt es, sich zu befreien und die Flucht und Shanija erfährt, dass auf Less jedes Lebewesen die Gabe der Psimagie besitzt. Shanija fragt sich daraufhin, welche wohl in ihr schlummert und erwachen wird. Sie gelangen in die Stadt Baroma Castata, die wie eine burgähnliche Festung ist. Dort landen Shanija und As’mala in einem Verlies, wohl auch weil As’mala aus dem Baron Castata bei ihrem letzten Besuch der Stadt einen Baron CastRata gemacht hat. Der Baron ist eine zwielichtige Gestalt, die Handel mit Juwelen und Sklaven treibt. Aber auch hier können sich die beiden Frauen befreien – und begegnen sonderbaren Kapuzenwesen, die in Shanija eine starke psimagische Kraft sehen und sie „Die Trägerin der Sonnenkraft” nennen.

Ernst Vlcek bestritt mit _“Terra Incognita“_ den zweiten Part des Bandes

Ranija und As’mala landen nach ihrer Flucht aus dem Verlies der Stadt Castata durch Teleportation im „Niemandsland” und treffen auf den Rebellen Borschkoj, der sich als echter Macho gibt und Ranija sofort suspekt ist, auf den As’mala jedoch, die ohnehin eine stark sexuelle Ausrichtung hat, augenscheinlich anspricht. Gemeinsam machen sie sich auf in ein mystisches Monolithen-Reich, nach „Mandiranei”, ein Königreich und Stadtstaat inmitten eines Monolithen, der in einem See liegt, in welchem es vor Ungeheuern nur so wimmelt. In Mandiranei herrschen der altersschwache König Leeon und seine Gattin Randa, deren Tochter Seiya auf den Thron soll – vor dem eigentlichen Thronerben, ihrem Bruder Tainon.

Ab diesem Teil zwei erhält der Band eine eindeutig phantastische Note. Die drei begegnen auf ihrem Weg Drachenfliegern, Okkuren – auf zwei Beinen aufrecht gehende Eber-Söldner – und werden von Prinzessin Seiya schlussendlich wie Gäste aufgenommen. An ihrer Seite ist ständig Corelius, ein Gnom und Schattenspieler, präsent.

As’mala macht sich jedoch schon bald auf in die Stadt und auf die Suche nach Borschkoj, der sich von den beiden Frauen getrennt und zu den Rebellen, die Prinz Tainon um sich geschart hat, geschlagen hatte. Ihr wird das Mannweib Vosinna als Schutz an die Seite gestellt. Doch As’mala schüttelt diese durch eine List ab und begibt sich in die Unterwelt, in der sie von Yoscan, einem skelettartigen Echsenwesen, zu Borschkoj gebracht wird. Von ihm wird As’mala, die Borschkojs Reizen erliegt, dazu angehalten, eine bestimmte Pforte des Palastes zu öffnen, damit Tainon mit seinen Rebellen den Palast stürmen und die Krönungszeremonie seiner Schwester stören kann, der er nach dem Leben trachtet.

Wieder zurück im Palast, berichtet As’mala der Prinzessin von dem mörderischen Vorhaben ihres Bruders. Die will das jedoch zuerst nicht glauben – doch schließlich gelingt es Tainon tatsächlich, in den Palast einzudringen und seine Eltern und Schwester in die Gewalt zu bringen. Aber Rhanija, As’mala und Seiya gelingt die Flucht und sie kämpfen sich an Borschkojs und Vosinnas Seite durch das felsige Niemandsland, geraten dabei unter anderem in „Strudelfallen”, werden von Säure, die von der Felsdecke tropft, bedroht, erleben, wie eine mörderische Chamäleonzunge plötzlich aus einer scheinbar massiven Wand schießt, und es regnet sogar alle möglichen Skelette. Die drei Frauen stehen zum „guten” Schluss vor einem Abgrund, über den spröde und brüchige Rippenbögen führen. Und am anderen Ende des Abgrunds zeigt sich ihnen ein völlig überraschender Auslöser für all die Gefahren, die ihnen begegnet sind.

_Meine Meinung:_

Phantastischer und rasanter geht es nicht. Somit liegt mit Band eins ein optimaler Einstieg in die Serie vor, der durch ein Glossar im Anschluss an den Romantext erleichtert wird. Auch die Stile der beiden Autoren fügen sich gut ineinander, bedeuten keinen atmosphärischen Bruch, was den Lesefluss wunderbar stützt. „Fathomless“ endet mit einem Cliffhanger, der Appetit auf Band zwei macht. Man möchte einfach mehr über Rhanija und ihre beiden Begleiterinnen lesen, möchte mehr bekommen von der phantastischen Frauenpower, die sich durch den Band zieht.

Bliebe noch die Aufmachung des Romans zu erwähnen, die tadellos ist. Das Papier ist erstklassig, der Satz und das Lektorat sind korrekt und auch die Tatsache, dass es Innenillustrationen gibt, erfreut das Leserherz, wenngleich mir persönlich der Stil, der eher an einen Cartoon erinnert, nicht sonderlich gefällt und nicht so recht zu dem Duktus der Texte zu passen scheint. Doch das bleibt dem Geschmack eines jeden Lesers überlassen und trübt keineswegs den Gesamteindruck des Bandes. Dafür gefällt mir die Idee, dass sowohl die Buchrücken der ersten sechs Bände als auch die Cover – legt man sie nebeneinander – ein Gesamtmotiv ergeben. Auch das Format erfreut. Es ist zwar nicht völlig gängiges Taschenbuchformat, sondern etwas höher, aber – den Höllen sei es getrommelt und gepfiffen – nicht das großformatige Kleinverlagsformat. Dadurch überzeugt auch die Aufmachung der Serie voll und ganz!

_Fazit:_ „Fathomless“ ist ein flott erzählter und optisch sehr ansprechender Auftaktroman zweier Routiniers, der Lust auf mehr diese Serie macht! Sehr empfehlenswert!

|ISBN-13: 9783927071179|
http://www.fabylon-verlag.de
http://www.sunquest-serie.de

Bruen, Ken / Starr, Jason – Flop

Sex & Crime: Achterbahn ohne Handbremse

Wenn du einen Killer für deine Frau engagierst, nimm keinen Psychopathen. Das ist nur eine der bitteren Lektionen für den skrupellosen New Yorker Geschäftsmann Max Fisher. Seine Ehefrau Deirdre ist der Affäre mit der aufregenden Angela im Weg, ein Auftragskiller muss her. Angela empfiehlt ihren „Cousin“. Als sich der Killer „Popeye“ nennt, hätte Max eigentlich klar sein sollen, dass etwas nicht stimmt. Zwei Leichen später weiß Max nicht mehr, wem er noch trauen kann, denn alles gerät außer Kontrolle. Dabei hat Max doch ein so schwaches Herz.

Die Autoren

„(Der Ire) Ken Bruen ist berühmt für seine ‚hardboiled‘-Kriminalromane, für die er bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. Jason Starr schreibt Romane, Kurzgeschichten und Theaterstücke und wurde mit Krimis bekannt. Starr lebt in New York City.“ (Verlagsinfo) Ken Bruen schrieb die Vorlagen für die „Jack-Taylor“-TV-Krimis.

Sprecher & Produktion

Reiner Schöne lebte lange in Hollywood und drehte dort mit Filmgrößen wie Clint Eastwood und Lee van Cleef. Der Schauspieler, Synchronsprecher und Sänger mit der tiefen, markanten Stimme trägt die passende raue Note bei. (abgewandelte Verlagsinfo)

Regie führte Thomas Wolff, den Ton steuerte Oliver Hörth.

Handlung

Max Fisher sitzt in einer Pizzeria und wartet auf den Killer. Der lange Kerl, der schließlich eintritt, ist offensichtlich Ire und Max soll ihn „Popeye“ nennen. Was für ein Witzbold. Und unverschämt: Statt acht verlangt der Kerl jetzt zehn Riesen für den Job. In kleinen Scheinen, im Voraus, und natürlich gleich morgen. Max seufzt: Was tut man nicht alles, um seinen Alte um die Ecke zu bringen und mit der neuen Flamme ganz legal in die Kiste zu steigen.

Angela Petrarkos, Max‘ neue Flamme, ist mit sieben Jahren aus Irland nach New York City gekommen und hat sich schon bald an die Realitätsbedingungen für ein hübsches Mädel für sie angepasst. Nun arbeitet sie im Vorzimmer von Max Fisher und sieht stets scharf aus wie eine Rasierklinge. Doch Max ahnt nicht, dass der Cousin, den sie ihm für den Job empfohlen hat, ihr Lebenspartner Dylan ist, mit dem sie in Queens zusammenlebt. Ein Mädel muss in der großen Stadt schließlich sehen, wo es bleibt. Und mit Dylan scheint sie nicht das große Los gezogen zu haben. In dieser Hinsicht sieht Max schon wesentlich besser aus. Was sie nicht weiß: Dylan hat sie mit Herpes angesteckt.

Dylan macht den Job, allerdings auf seine Art und Weise. Während Max ein wasserdichtes Alibi in einem Klub hat und sich von Angela fernhält, legt Dylan Deirdre Fisher um, wie vorgesehen. Was Max an diesem Abend bei seiner Heimkehr vorfindet und am nächsten Tag in der Zeitung liest, geht aber wesentlich über das Vereinbarte hinaus: Dylan hat auch Max‘ Nichte Stacy Goldenberg umgelegt, eine junge College-Studentin. Er hat Schmuck mitgehen lassen. Und zu guter Letzt hat er einen Scheißhaufen mitten ins Treppenhaus gesetzt. Max‘ Puls geht gegen 200, am liebsten würde er Dylan umlegen. Wenn er bloß nicht so ein schwaches Herz hätte.

Verdacht

Lt. Kenneth Simmons von der New Yorker Polizei kommt Max Fisher sofort wie ein Heuchler vor. Er trauert kaum um seine ermordete Frau Deirdre und die seltsame Sache mit der Alarmanlage in seinem Haus kann der Typ auch nicht zufriedenstellend erklären. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Auftragsmord, doch das muss Simmons erst einmal nachweisen. Hat Fisher eine Geliebte, die er trifft? Er lässt ihn auf jeden Fall mal beschatten.

Nach fast einer Woche sexuellen Entzugs hält es Max nicht mehr ohne Angela aus. Sie verabreden sich: inkognito, in Verkleidung, das volle Programm. Im Hotel entdeckt der Kellner Victor Giametti die vollbusige Schönheit, die hier regelmäßig ihren Macker trifft. Er meldet ihr Auftauchen sofort an seinen alten Kumpel Bobby Roser, der eine Schwäche für gut gebaute Mädels hat und sie im Central Park abknipst, wo niemand einen harmlosen alten Rollstuhlfahrer des Voyeurismus verdächtigt.

Erpressung

Max und Angela sind gerade in Fahrt gekommen, als die Tür ihres Hotelzimmers aufgeht und ein Etagenkellner im Rollstuhl hereinfährt. Er entschuldigt sich sofort und verschwindet wieder. Dass er ein paar Fotos macht, merkt der etwas abgelenkte Max gar nicht. Erst als ihm am nächsten Tag ein Erpresserbrief auf den Schreibtisch flattert, kapiert er, was die Vorstellung sollte. Und der Erpresser begnügt sich nicht mit Kleingeld. Bobby Rosen hat einen Blick in die Zeitung geworfen und Max‘ Gesicht entdeckt, zwei und zwei zusammengezählt und ist auf eine gigantische Summe gekommen: eine Viertelmillion Dollar – für die Unterdrückung ein paar kompromittierender Fotos von Mr. Fisher.

Max zittert nervös. Er könnte klarer denken, wenn nur sein Penis nicht so jucken würde. Seinen Verdacht, dass Angela ihn angesteckt hat, weist sie entrüstet zurück. Allmählich kommt ihm eine gute Idee: Er hätte wieder mal Verwendung für Angelas „Cousin“. Aber Angela fragt sich, was für eine Art von Mann so stark sein kann, den mächtigen Max Fisher in eine solche Notlage zu bringen. Und ein Mädel muss schließlich sehen, wo es bleibt. Sie beschließt, diesem Bobby Rosen einen Besuch abzustatten.

Mein Eindruck

Dies ist Pulp Fiction in unverfälschter und unverminderter Form, weit unter dem Niveau von „Der Pate“, nämlich mitten aus dem garstigen Leben. Männlein und Weiblein treiben das, was sie schon seit Adam und Eva getan haben, und wenn ihnen was dabei in die Quere kommt, holen sie die Keule raus. In diesem Fall hört die Keule auf den Namen Dylan und ist ein psychopathischer Möchtegern-Terrorist, der mit der IRA sympathisiert. Mit so einem Kerl ist nicht gut Kirschen essen, und das merkt auch sein Auftraggeber Max Fisher ziemlich schnell.

Der Bürger als Held

Max Fisher ist ein bürgerlicher Heuchler, der zwar seine Alte um die Ecke bringen lässt, dann aber Gewissensbisse bekommt, wenn zufällig auch seine Nichte draufgeht. Wo gehobelt wird, fallen eben Späne, besonders dann, wenn so grob gehobelt wird wie von Dylan, dem Super-Iren. Im Geschäft mit der Netzwerkinstallation gibt Max den tüchtigen Geschäftsmann, wie ihn sich jeder Unternehmenspräsident zum Schwiegersohn wünscht, doch im Privatleben ist Max ein ganz anderer: ein geiler Bock, der mit der neuen Sekretärin Angela eine schnelle Nummer schieben will. Freudsches Über-Ich und Es, zwischen Anstands-Fassade und Libido liegen stets miteinander im Clinch, und in seiner bürgerlichen Existenz ist Max stets zwischen den beiden zerrissen. Die normale bürgerliche Heuchelei funktioniert ganz gut, sogar noch nach dem Tod seiner Alten.

Nemesis

Jedenfalls bis Bobby Rosen die Karten bzw. Fotos auf den Tisch legt und die Rechnung präsentiert. Während Max schon die ersten Kunden abspringen und die Familie um die Verflossenen trauert, tritt Max‘ Nemesis auf. Max‘ einzige Antwort darauf besteht nicht in Verhandlungen, sondern in einer zweiten Spirale der Gewalt: Er will Rosen umlegen lassen, natürlich wieder von Dylan. Wird es für Max Fisher ein Happy-End oder einen endlosen Teufelskreis geben? Das werde ich nicht verraten.

Humor

Dass der Teufel über eine Menge fiesen Humor verfügt, dürfte sich herumgesprochen haben. Diesmal tritt er zunächst in Form der Geschlechtskrankheit Herpes auf. Wie ein Dingsymbol in einer klassischen Novelle wandert der Herpesvirus von Dylan zu Angela und dann zu Max, als ob er die Spur der Sünde nachzeichnen wolle. Dass Max zwar einen Verdacht hat, aber nicht hartnäckig genug die Spur zur Quelle der Ansteckung verfolgt, soll sich als einer seiner vielen Fehler herausstellen. Wie so oft lügt er sich auch hier selbst in die Tasche. Und der Teufel, der ihn an seinem „besten Freund“ piesackt, lacht sich ins Fäustchen.

Die Amazone

Angela ist eine interessante Figur. Statt nur eine Nebenrolle zu spielen, wie das in vielen Krimis – auch in „Der Pate“ – der Fall ist, steigt sie zu einer mächtigen Akteurin auf, die das Schicksal in ihre eigenen Hände nimmt. Sie erinnert mich an Lauren Bacall in Film-noir-Filmen wie „The Big Sleep“. Würde die amerikanische Zensur eine solche Figur in einem Fantasyroman zulassen (was ich stark bezweifle), dann wäre sie eine Kombination aus Zauberin, Kurtisane und Amazone.

Diese kräftige Mischung verfolgt ihre eigenen Pläne, wie sich leicht denken lässt. Ob Max Fisher und Dylan gegen sie bestehen können, ist eine spannende Frage. Und ob Bobby Rosen ihr Feind wird oder ihr Verbündeter, entscheidet über das Schicksal von Max und Dylan. Angela ist leicht auszurechnen: Sie ist sich selbst die nächste und sucht bei jedem Mann, den sie ausnutzt, ihren eigenen Vorteil, und sei er noch so gefährlich.

Klischees

Eine etwas klischeehafte Figur gibt die Polizei ab, vertreten durch den ehrgeizigen Lt. Kenneth Simmons. Er ist so ehrgeizig, dass er zwar den richtigen Riecher hinsichtlich des bürgerlichen Max‘ hat, aber bei seiner Verfolgung Angelas auf den unberechenbaren Dylan stößt, Dann ist ist er nicht nur mit seinem Latein am Ende. Welches Ende Dylan finden wird, ist eigentlich schon früh absehbar. Er ist zwar skrupellos, aber leider auch dumm wie Bohnenstroh. Warum sonst sollte er seinem Klienten einen Haufen ins Haus kacken? Figuren wie er erleben selten das Ende des Stücks.

Auch wenn es nicht um Rauschgift geht, so ergibt sich ein Bild der menschlichen Gesellschaft, die von niederen Instinkten beherrscht wird: Pulp Fiction pur. Man wähnt sich in den finsteren dreißiger und vierziger Jahren, die im Film noir eingefangen wurden, und doch ist der Schauplatz der Handlung völlig in der Gegenwart verankert. Denn die niederen Instinkte bleiben ja stets die gleichen – und sorgen so für gehörige Spannung.

Der Sprecher

Reiner Schöne war schon vor 30 Jahren in den Hörspielen des Bayerischen Rundfunks zu hören, so etwa in der Titelrolle als [Paul Cox. 4972 Seine Stimme ist „männlich herb“, tief und etwas rau, also genau richtig für ein kriminelles Milieu, in dem die Sitten ebenso rau sind. Er kann heiser auflachen, aufgebracht aufschreien, und zwar sowohl in einer männlichen wie einer weiblichen Rolle. Einmal muss er stottern und flüstern, und Angela muss natürlich verführerisch klingen. Null problemo.

Für die Charakterisierung der Figuren steht ihm allerdings nur ein begrenztes Instrumentarium zur Verfügung. An Rufus Beck reicht er also nicht heran. Die Charakterisierung erfolgt eher durch Situationen und Emotionen, die eine entsprechende Ausdrucksweise, wie oben aufgelistet, erfordern. Als Ergebnis ist mir nie ganz klar geworden, ob Angela, immerhin eine Hauptfigur, nun eine eher durchtriebene und hinterlistige oder eher eine ängstliche bzw. mutige Person ist. Mit Sicherheit ist sie keine göttliche Übermutter, sondern einfach ein Mädel in der großen Stadt, das stets auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist.

An einer Stelle wurde das Hörbuch etwas zu stark gekürzt. Bevor Angela Bobby Rosen besucht, muss sie seine Adresse erfahren. Entweder habe ich gepennt, oder die Art und Weise, wie sie an diese Adresse gelangt, wird wirklich nicht erwähnt. Dann wäre das ein kleiner Logikfehler.

Unterm Strich

Entgegen seinem Titel ist diese Pulp-Fiction-Geschichte aus dem Universum, aus dem Hardboiled-Krimis kommen, überhaupt kein Flop, sondern hat mir tierisch Spaß gemacht. Zum einen liegt es daran, dass etliche Restriktionen der Mainstream-Romane nicht mehr gelten, besonders was die Darstellung von sexuellen Beziehungen und „bad language“ betrifft.

Zum anderen ziehen die Autoren alle Register, um die Handlung sowohl mit allen möglichen Kicks zu versehen (Showdown, Verführung, Tricks) als auch sie möglichst unvorhersehbar verlaufen zu lassen. Das gelingt ihnen vollauf, und so blieb ich bis zuletzt bei der Stange, um zu erfahren, ob Max Fisher doch noch die gerechte Strafe ereilt und was wohl aus der scharfen Angela wird. Der Originaltitel „Bust“ ist vieldeutig, aber eine der Bedeutung lässt sich auf jeden Fall mit Angelas Oberweite in Verbindung bringen.

Das Hörbuch

Reiner Schöne ist fast schon die Idealbesetzung als Erzähler dieser Hardboiled-Krimis, die |Argon| jetzt bringt. Es mag ihm zwar etwas an Flexibilität hinsichtlich seiner Stimme fehlen, aber dafür ist seine Ausdrucksfähigkeit hinsichtlich bestimmter Szenen und Emotionen sehr vielseitig. Er könnte die Figuren aber noch etwas besser charakterisieren.

Diese neue Reihe des |Argon|-Verlags ist für unvoreingenommene Leser von Krimis, die auf Bildungsanspruch pfeifen, ein gefundenes Fressen, und ich werde sicher noch weitere Titel der Reihe vorstellen.

Originaltitel: Bust, 2005
Aus dem US-Englischen übersetzt von Richard Betzenbichler
275 Minuten auf 4 CDs
ISBN-13: 9783866104556

http://www.argon-verlag.de

Hamilton, Donald – Wenn alle Stricke reißen

_Das geschieht:_

Student David Young sieht sich vier Jahre nach Ablauf seines Wehrdienstes wieder einberufen. Der junge Leutnant der US-Marine muss per Anhalter zu seinem Stützpunkt reisen, nachdem er sein Reisegeld für ein alkoholgetränktes Abschiedswochenende zweckentfremdete. Unter den Nachwirkungen leidet er noch, sodass es leicht ist, ihn in eine Falle zu locken: Der Schiffskonstrukteur Lawrence Wilson ist beruflich und privat in der Krise, seit er als potenzieller ‚Kommunist‘ auf der schwarzen Liste steht. Sein Fahrgast kommt ihm gerade recht; spontan beschließt Wilson, in Youngs Haut zu schlüpfen. Er schlägt den Offizier nieder, zieht im seine Kleider an und türkt einen Unfall, bei dem sein Wagen – und Young – in Flammen aufgeht.

Aber Young kann sich retten. Mit Brandverletzungen wird er ins Krankenhaus gebracht. Als er erwacht, muss er verwirrt feststellen, dass ihn alle Welt für Lawrence Wilson hält – seine ‚Gattin‘ Elizabeth eingeschlossen, die ihn sogleich ins gemeinsame Strandhaus in Bayport transportieren lässt. Dort gesteht sie Young, in Notwehr ihren Mann erschossen zu haben, als dieser sie zwingen wollte, den Betrug zu unterstützen, und bittet den Verletzten um Hilfe, da sie nicht ins Gefängnis wandern will.

Young erklärt sich wider Erwarten bereit, die Täuschung aufrechtzuerhalten. Er hat seine Gründe, und außerdem wird er neugierig, als er Wilsons Papiere durchstöbert und dabei auf eine mysteriöse Liste mit Schiffsnamen stößt. War Wilson tatsächlich ein Spion? Das will Young feststellen, so lange ihn sein Gesichtsverband noch schützt, und Bonita Decker aushorchen, die offenbar nicht nur Wilsons Geliebte, sondern auch seine Komplizin war. Dieses Doppelspiel ist freilich gefährlich, denn Elizabeth gedenkt nicht, ihren ‚Ehemann‘ ziehen zu lassen. Dass es noch weitere Beteiligte gibt, die nicht lange fackeln, erkennt Young, als in der Nacht auf ihn geschossen wird …

_Kleiner Krimi mit großen Rätseln_

Ein Krimi-Kammerspiel, das in einem einsamen Strandhaus spielt. Es gibt nur wenige Mitspieler, und mindestens ein Verbrechen ist begangen worden. Dennoch ist „Wenn alle Stricke reißen“ (für den blöden deutschen Titel kann der Autor nichts) kein „Whodunit?“, denn nicht nur der Täter, sondern überhaupt bleibt unklar, was eigentlich vorgeht. Es gibt nur Andeutungen, die sich immer wieder als nicht zutreffend oder relevant erweisen. Gemeinsam mit dem Helden irren wir durch das Geschehen – einem ‚Helden‘ allerdings, der selbst recht suspekt wirkt.

Warum macht er das? Gemeint ist David Young, der den Leser verblüfft, als er die seltsame Scharade, in die er sich verwickelt sieht, erst einmal mitspielt, statt sich sofort als Unfall- und Fast-Mordopfer zu offenbaren. Verfasser Hamilton lässt uns einige Zeit im Ungewissen, doch als Young dann spricht, zeigt sich umgehend, dass er sehr gut in den Kreis seiner ‚Kidnapper‘ passt: Der Seemann hat kein Bedürfnis, auf ein Schiff zurückzukehren. Seit er im Krieg einen Untergang knapp überlebte, leidet er unter einer Psychose und befürchtet zu versagen, sollte er seinen Dienst wieder antreten müssen.

Als er sich besinnt und sich seiner Verantwortung stellen möchte, ist es zu spät: Für alle Welt ist er Larry Wilson, und damit das so bleibt, wird dem nunmehr in seiner Rolle gefangenen Young mit dem Tod gedroht; schließlich ist er offiziell gestorben, und es wäre hilfreich, ihn noch einmal und dieses Mal endgültig von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Das Spiel mit der Identität ist riskant, denn man kann in eine Person schlüpfen, die man erst recht nicht sein möchte – und ein Zurück ist manchmal nicht möglich!

_Frauen sind undurchsichtige Geschöpfe_

Zwar schwört Elizabeth Stein & Bein, genau dies nicht zu planen, doch Young bleibt verständlicherweise misstrauisch. Das Verhalten seiner ‚Gattin‘ ist in der Tat merkwürdig: Sie wirft sich ihm in die Arme und lügt doch wie gedruckt. Als Young sie zur Rede stellt, zeigt sie deutliche Anzeichen einer psychischen Störung.

Young ist in Bayport ein Außenseiter. Das ermöglicht ihm den klaren Blick hinter die Kulissen. Larry Wilson gehört zum alten Maryland-‚Adel‘, ist per Geburt wohlhabend und doch ein Gefangener seiner Herkunft. Mit seiner Frau bewohnt er ein Haus, das kein Heim, sondern Museum ist. Jedes Möbelstück ist Zeuge der Familiengeschichte und ist als solches zu behandeln. Elizabeth hatte nie eine Chance, dem Haus ihren Stempel aufzudrücken. Nur die Küche ‚gehört‘ ihr, und deshalb hält sie sich am liebsten hier auf.

Bonita Decker ist die zweite weibliche Schönheit, der mit Vorsicht zu begegnen ist. Sie weiß offensichtlich mehr über Wilsons Treiben, und sie lässt sich auch nicht durch Young täuschen. Auf welcher Seite sie steht, bleibt eine offene Frage. Andererseits ist Young ohnehin im Nachteil, weil er keine Ahnung hat, was es bedeutet, sich auf eine Seite zu schlagen …

_Das hässliche Gesicht einer Demokratie_

Die erste Hälfte der 1950er Jahre standen in den USA politisch im Zeichen eines rigiden, hysterischen und hässlichen Antikommunismus‘, dem der korrupte Senator Joseph McCarthy das passende Gesicht verlieh. „Wenn alle Stricke reißen“ spielt in dieser Zeit und wird von ihr geprägt, was dem heutigen Leser wahrscheinlich nicht auffällt, auch wenn er sich manchmal über das wundert, was er liest.

So kann man sich (glücklicherweise) kaum mehr vorstellen, dass bereits der Verdacht, mit ‚unerwünschten‘ Ansichten zu liebäugeln und entsprechenden Institutionen nahe zu stehen, einen Menschen beruflich und privat zerstören konnte. Gnadenlos wurde auf mutmaßliche Mitglieder der „Fünften Kolonne“ Jagd gemacht; sie wurden bespitzelt, auf schwarze Listen gesetzt, vor Ausschüsse und Gerichte gezerrt, ihre staatsbürgerlichen Rechte mit Füßen getreten. Unter diesem Aspekt wirkt Lawrence Wilsons Verhalten plötzlich verständlich; ihm kann die Aufmerksamkeit, die er, der ‚Kommunist‘, erregt hat, nur schaden bei dem, was er tatsächlich vorhat.

Auf der anderen Seite steht David Young, der plötzlich den Patrioten in sich entdeckt und eine Anklage als Deserteur oder den Tod riskiert, um das Geheimnis zu lüften, hinter dem sich womöglich eine sowjetische Schliche verbirgt. Er muss sich entscheiden und tut es – ein scharfer Schnitt, der ihn vom Fahnenflüchtling zum patriotischen Bürger aufwertet, was in dieser naiven Radikalität heute kaum mehr funktionieren würde. Aber letztlich erweist sich das Motiv des Landesverrats als „MacGuffin“, d. h. als für die eigentliche Handlung im Grunde nebensächliches oder unwichtiges Element. Im Vordergrund steht stattdessen der klassische Kampf zwischen Gut & Böse, den Autor Hamilton mit erfreulichem Hang zum Verwischen der Grenze in Szene zu setzen weiß. Wer welche Rolle übernimmt, ist entweder unklar oder wechselt unvermittelt: So bleibt das an sich kammerspielähnliche Geschehen bis zum Schluss spannend.

_Autor_

Donald Bengtsson Hamilton wurde am 24. März 1916 im schwedischen Uppsala geboren. Als Achtjähriger emigrierte er 1924 mit seinen Eltern in die Vereinigten Staaten. Ab 1942 leistete Hamilton Kriegsdienst in der Navy. Er brachte es bis zum Offizier, kam aber nicht zum aktiven Einsatz, sondern blieb in Annapolis stationiert, wo er in Marineakademie der Vereinigten Staaten tätig war. Zwei erste Romane entstanden in dieser Zeit, die allerdings unveröffentlicht blieben. Hamilton hielt die Erinnerung an seine Militärzeit wach; immer wieder wurden ehemalige oder noch aktive Marine-Offiziere seine Helden, die in lebensbedrohliche, meist durch Mord eingeleitete Krisen gerieten, in denen sie auf ihre militärischen Erfahrungen zurückgreifen konnten.

Hamilton schrieb Kriminalgeschichten. 1946 gelang ihm ein erster Verkauf an „Collier’s Magazine“. In den nächsten Jahren verkaufte er zahlreiche Storys an ähnliche Publikationen. Hamiltons Romandebüt „Date with Darkness“ von 1947 war ebenfalls ein Krimi – ein klassischer, d. h. düsterer „Noir“-Thriller mit Figuren, die sämtlich gefährliche Geheimnisse hüteten. Moralische Ambivalenz, aber ein persönlicher Ehrenkodex zeichneten zukünftig den typischen Hamilton-‚Helden‘ aus.

1960 suchte der Verlag Fawcett für seine „Gold Medal“-Reihe einen neuen Serienhelden im Stil des zu diesem Zeitpunkt in den USA allerdings noch fast unbekannten James Bond. In „Death of a Citizen“ beginnt Matt Helm seine literarische Karriere. Zwischen 1960 und 1993 veröffentlichte Hamilton 27 Romane der Reihe. Ihr Erfolg war phänomenal; die Auflagenhöhe durchbrach bereits Anfang der 1980er Jahre die 20-Millionen-Grenze.

Nachdem Hamilton die meiste Zeit seines Lebens in Santa Fé, New Mexico, verbracht hatte, kehrte er nach dem Tod seiner Ehefrau in den 1990er Jahren in seine schwedische Heimat zurück, wo er sich in Visby auf der Ostseeinsel Gotland niederließ. Dort ist er am 20. November 2006 im Alter von 90 Jahren gestorben.

diverse Autoren – Simpsons Super-Spektakel 2

[Simpsons Super-Spektakel 1 4117

_Inhalt_

|“Die Liga der außergewöhnlichen Barts“|

Bartman, Törtchenboy und Stretch-Dude werden von Sideshow-Bob in eine Paralleldimension transferiert, um dort den bösen Schurken Bart zu bekämpfen und das gemeine Volk aus seiner Tyrannei zu befreien. Blöd nur, dass alle Figuren den gleichen Ursprung haben …

|“Bongos“|

Sheldon Phillips ist von Beruf Fotograf und immer auf der Suche nach dem perfekten Bild. Doch jede noch so perfekte Gelegenheit wird von einem Superhelden-Zwischenfall zunichte gemacht – und bringt den genervten Phillips auf die Idee, Comic-Karikaturen der Superhelden zu erschaffen.

|“Das Erscheinen von Gastritus“|

Gastritus befehligt seinen Herolden, ihm neues Planetenfutter zu beschaffen, um seinen großen Hunger zu stillen. Doch Silvery Skateboarder, Hairwalker und Mova vermögen nicht, ihn zufriedenzustellen.

|“Das Verbrechen der verrückten Katzenlady“|

Die verrückte Katzenlady überfällt ausgerechnet zu dem Zeitpunkt eine Bank, als Lure Lass ihren Termin im Schönheitssalon wahrnimmt. Zwar ist ihre Kollegin Weasel Woman sofort zur Stelle, zieht jedoch gegen die Ganovin den kürzeren, weil sie unter einer Katzenhaar-Allergie leidet. Zeit für Lure Lass, das Blatt zu wenden.

|“Eine Liga für sich“|

Stretch-Dude, Clobber Girl und Bouncing Battle Baby sehen schweren Zeiten entgegen: Die Liga der weiblichen Wählerinnen bringt ein Verbot für das Bestehen von Superhelden durch und entlässt die drei Nachwuchshelden in die Arbeitslosigkeit. Als die Schurken jedoch das Ruder übernehmen und die Stadt ins Chaos stürzen, packt das Trio die Kostüme wieder aus.

_Persönlicher Eindruck_

Auch im zweiten „Simpsons Super-Spektakel“ hagelt es massenhaft Parodien auf die Comic-Superheldenriege, wobei dieses Mal ganz besonders der renommierte |Marvel|-Verlag sein Fett wegbekommt. Gleich zwei Geschichten beziehen sich ziemlich direkt auf dessen Historie bzw. wichtige Stammfiguren des Superhelden-Verlags, und dies natürlich mit dem ureigenen Charme von Groenings bester Autoren- und Zeichner-Abteilung.

Den Anfang macht dabei noch die unscheinbarste Story, in der die drei Superhelden-Inkarnationen von Bart gegen diesen in einer Paralleldimension kämpfen müssen. Zwar wird dies nicht ganz so effektreich in Szene gesetzt wie die offensichtlich parodierte „Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“, doch da hier wirklich alle elementaren Figuren der TV-Serie in den Plot einbezogen werden, sei es auch nur als Sklaven oder Hilfsarbeiter, entwickelt die Story sofort einen ganz speziellen Reiz.

„Bongos“ wiederum bezieht sich auf den damals publizierten Selbstläufer „Marvels“, der mal einen Blick hinter die Kulissen des |Marvel|-Universums bot. Gleiches wird auch hier versucht, wobei die Hauptfiguren nicht Spider-Man und Co., sondern eher Radioactive Man und seine schurkischen Kontrahenten sind. Hier sticht vor allem das kunstfertige zeichnerische Gesamtbild hervor, welches sich ganz klar vom üblichen Simpsons-Stil unterscheidet und damit auch die eher langweilige Story auffängt. Ähnliches lässt sich im Übrigen auch für den Plot um den Galactus-Ableger Gastritus sagen, dessen witzigster Inhalt wohl in der humoristischen Bezeichnung der Helden besteht. Silvery Skateboarder statt Silver Surfer ermutigt schon zum Schmunzeln, Gastritus hingegen geht echt aufs Zwerchfell.

In den letzten beiden Strängen kommt dann auch ein wenig mehr Action ins Spiel, darüber hinaus aber auch gänzlich neue Figuren wie Lure Lass und Weasel Woman, denen zunächst keine vergleichbare Figur aus Springfield zugrunde liegt. Dies macht jedoch auch nichts, denn ihre Story ist womöglich auch die beste im Rahmen des zweiten „Simpsons Super-Spektakel“. Den Abschluss markiert dann ein eher gewöhnlicher Plot, in dem sich erstmals auch Lisa und Maggie kostümiert versuchen dürfen und somit eventuell auch den Grundstein für ein neues Superhelden-Trio legen. Interessant wäre es allemal, da Radioactive Man und Bartman langsam aber sicher ausgedient haben.

Nun denn, insgesamt ist diese zweite Ausgabe sicherlich ganz ordentlich und birgt eine ganze Reihe netter Ideen. Schade ist allerdings, dass den Geschichten bisweilen die Spannung fehlt und gerade die Vergleiche mit den realen Helden ein wenig bemüht wirken. Andererseits sollte der Wagemut der Autoren belohnt werden, die hier gänzlich neue Wege in der gelben Welt einschlagen und Figuren erschaffen, die durchaus Potenzial für weitere Comics besitzen und diese neue Serie auf Dauer auch halten könnten. Dieses Spektakel ist nämlich eine völlig eigenwillige Alternative zur üblichen Comic-Reihe – und angesichts solch erfrischender Ideen auch eine durchaus willkommene.

http://www.paninicomics.de/simpsons-s10310.html

Handeland, Lori – Wolfskuss (Geschöpfe der Nacht 1)

Die junge Polizistin Jessie McQuade sorgt in der verschlafenen Kleinstadt Miniwa für Recht und Ordnung. Als sie eines Nachts an einen Unfallort gerufen wird, bei dem eine junge Frau namens Karen Larson einen Wolf angefahren hat, ahnt Jessie noch nicht, was ihr bevorsteht: Als Karen Larson am nächsten Tag wieder zur Arbeit geht, erleidet sie einen Tollwut-Anfall und muss erschossen werden. Doch wie kommt es, dass die Frau schon so früh der Tollwut verfallen ist, obwohl diese normalerweise erst nach Monaten auftritt? Und was hat das indianische Wolfstotem am Unfallort zu bedeuten?

Um all den Rätseln auf den Grund zu gehen, beschließt Jessie, einem indianischen Professor namens William Cadotte einen Besuch abzustatten, der sich das Totem genauer ansehen soll. Während die beiden versuchen, die Bedeutung des Totems zu ergründen und sich dabei näherkommen, kommt es in Miniwa zu weiteren Vorfällen: Nicht nur, dass weitere Opfer dieser speziellen Art von Tollwut verfallen und die Leichen sich auf merkwürdige Art und Weise verformen, irgendjemand scheint es auf das Totem abgesehen zu haben. Zusammen mit dem Jäger-Sucher Mandenauer, einem alten Mann, der sich auf die Jagd von Wölfen spezialisiert hat, kommt Jessie hinter ein lange gehütetes, furchtbares Geheimnis – und bald weiß sie nicht mehr, wem sie noch trauen kann …

Bücher aus dem Bereich „Fantasy Romance“ sind in letzter Zeit immer angesagter. Dabei wird oftmals nicht nur Fantasy mit Liebesgeschichten vermischt, sondern es gibt auch noch eine gute Grundlage für weitere, bisher noch wenig verbreitete Genremischungen. Auch „Wolfskuss“ gehört in diese Sparte. So findet man hier auch einige Aspekte, die stark an das Krimigenre erinnern, zugleich sind auch einige indianische Mythen darin zu finden. „Wolfskuss“ bietet also eine große Anzahl verschiedener Genre-Richtungen, was schon im Voraus vermuten lässt, dass es sich hierbei um keine altbekannte Geschichte handelt.

Das muss man der Geschichte auf jeden Fall lassen: Sie ist ohne Zweifel etwas Neues und kann auch mit vielen ungewohnten und guten Ideen überzeugen. Auch die Auflösung und die Erklärung für das Wolfs-Problem wird innovativ und interessant präsentiert. Dennoch benötigt die Geschichte eine Weile, bis sie wirklich spannend wird. Zwar ist sie auch am Anfang nicht gerade langweilig, doch dem Buch fehlt noch das gewisse Etwas, das den Leser dazu bringt, es beinahe gar nicht mehr aus der Hand legen zu können. Später wird das spürbar besser, auch wenn es dem Buch nicht gelungen ist, mich ganz und gar zu überzeugen.

Was mich allerdings gestört hat, war der Großteil der Charaktere. Vor allem die Nebencharaktere in „Wolfskuss“ sind überladen mit Klischees, was nicht wirklich dazu beiträgt, dass die Charaktere real oder sympathisch wirken. So ist der Sheriff von Miniwa beispielsweise ein Wildwest-Gesetzeshüter, wie er mit Kugelbauch, Kautabak und einer rauen Umgangsart typischer nicht sein könnte. Genauso ist es mit dem Jäger-Sucher Mandenauer, der mit seinem Alter einen hervorragenden Schatz an Erfahrungen besitzt und überdies gelegentlich an einen kühlen Rambo erinnert, der die Situation stets im Griff hat. Genau so sieht es auch mit den meisten anderen Nebenfiguren aus. Allesamt erscheinen sie wie pure Klischeeträger und entwickeln dabei keinen wirklich eigenen Charakter. Das wäre ja weiter nicht schlimm, wenn einige von ihnen am Schluss hin nicht noch eine größere Rolle zu spielen hätten. So wirken einige der Personen die meiste Zeit über wie aufgestellte Pappkameraden am Wegesrand, aber wenn das Buch auf die Zielgerade geht, dann sollen sie auf einmal als reale, wichtige Person in den Mittelpunkt der Geschichte treten. Dass das nicht einwandfrei funktioniert, ist wohl offenkundig.

Ebenso bedauerlich ist, dass der Charakter von Cadotte in der Geschichte ziemlich untergeht. Man hat kaum die Gelegenheit, ihn wirklich kennen zu lernen, wodurch er für den Leser zu blass bleibt. Gelegentlich habe ich mich gefragt, was er in der Geschichte eigentlich zu suchen hat. Es scheint so, als wäre er nur für die Liebesgeschichte mit Jessie im Spiel, denn wirklich eine wichtige und tragende Rolle spielt er nicht. Es fällt sehr schwer, Cadotte einzuschätzen, vor allem seine Beweggründe blieben mir die meiste Zeit schleierhaft. Zwar trägt das insofern zu der Geschichte bei, als Jessie bald nicht mehr weiß, ob sie ihm trauen kann oder nicht, aber leider werden die ganzen Umstände später, wenn sich alles geklärt hat, auch nicht wirklich durchsichtiger. Man weiß immer noch nicht wirklich, was er an Jessie findet, und auch nicht, warum er die meiste Zeit nackt durch die Gegend läuft.

Die einzige wirklich gelungene Person ist Jessie. Sie macht sich als Protagonistin sehr gut, ist nicht mit Klischees überladen und wirkt auch nicht zu blass. Mit ihrer lustigen, aber auch verletzlichen Art wirkt sie auf den Leser sofort sympathisch. Ihr ganzes Leben hat sie der Verbrecherjagd in Miniwa verschrieben und daher mit Männern nicht viel am Hut. Sie wird nicht allzu perfekt dargestellt, und das ist genau das, was sie als Protagonistin so faszinierend macht. Obwohl sie als nicht besonders schön und auch nicht attraktiv beschrieben wird, wirkt sie mit ihrem Charakter einfach sympathisch, und die Tatsache, dass sie bei den typischen Protagonistinnen solcher Genrebücher aus der Reihe tanzt, macht sie in gewisser Weise auch zu etwas Besonderem.

Das Ende war leider auch nicht so gelungen, wie ich es mir erhofft hatte. Zwar sind die Ideen, die Lori Handeland in ihren Roman eingebaut hat, wirklich gut, doch diese hat sie nicht völlig ausgeschöpft und auch mit einigen anderen Ideen, die nicht ganz so gut zur Geschichte gepasst haben, wieder ein wenig abgeschwächt. Und natürlich ist das Ende, wie man es leider bei vielen Büchern aus der Fantasy Romance immer wieder vorfindet, ein wenig zu kitschig. Jedes Problem löst sich ins Nichts auf, und dann ist alles wieder perfekt.

Was dagegen zu gefallen weiß, ist der Schreibstil. Die Geschichte wird in der Ich-Form aus Jessies Sicht erzählt, was sehr gut passt. Jessies Art zu erzählen ist sehr lebendig und unterhaltsam und kann für den Gesamteindruck einige Mängel wieder wettmachen.

_Fazit:_

Alles in allem hat Lori Handeland mit „Wolfskuss“ ein gutes Werk aus der Fantasy Romance vorgelegt. Zwar gibt es das ein oder andere zu bemängeln, aber letztendlich hat mir der Auftaktband gefallen. Lori Handeland hat viele gute Ideen eingebaut und die Protagonistin kommt sympathisch rüber.

_Lori Handeland:_

Die Autorin Lori Handeland wohnt mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in Southern Wisconsin und schreibt seit 1993 historische und zeitgenössische Liebesromane. Ihr neuster Roman „Wolfskuss“, der Auftakt der „Night Creatures“-Serie, wurde in den USA mit großer Begeisterung aufgenommen und gewann 2005 den |RITA Award| der |Romance Writers of America|. 2007 folgte der |RITA| für „The Mommy Quest“. „A Soldier’s Quest“ gewann 2005 den |Romantic Times Reviewers‘ Choice Award|.

http://www.lorihandeland.com

|Night-Creatures|:

Band 1: Wolfskuss
Band 2: Wolfsgesang (August 2008)

|Originaltitel: Night Creatures vol 1: Blue Moon
Originalverlag: St. Martin’s Press, New York, 2005
368 Seiten Klappbroschur|
http://www.egmont-lyx.com

Michalewsky, Nikolai von / Redeker, Jochim-C. / Weymarn, Balthasar von – Mark Brandis: Verrat auf der Venus (Hörspiel, Folge 2)

_Verrat auf Luna, Rebellen auf der Station_

Das Jahr 2120: General Gordon B. Smith beherrscht nach seinem Putsch die halbe Erde – auf seinem Weg zur Weltherrschaft stehen ihm nur noch die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR) und die kleine Kolonie auf der Venus im Weg. Seitdem die Venus sich symbolisch von der Union losgesagt hat, muss sie mit der Invasion der religiösen Bewegung der „Reinigenden Flamme“ rechnen. Smiths Anhänger werden zuschlagen, aber keiner weiß, wo zuerst.

Mark Brandis ist nun Commander der |Delta VII|, eines revolutionär schnellen Raumschiff-Prototyps. Obwohl dieses Schiff dem General nicht in die Hände fallen darf, wird ausgerechnet Brandis für eine Geheimdienstmission ausgewählt, die ihn und seine Crew direkt vor die Höhle des Löwen führt: auf den Erdmond …

_Der Autor_

Nikolai von Michalewsky (1931-2000) war bereits Kaffeepflanzer, Industriepolizist, Taucher und Journalist gewesen, als sein erster Roman 1958 veröffentlicht wurde. Am bekanntesten wurde er ab 1970 mit den Mark-Brandis-Büchern, der bis heute (nach Perry Rhodan) mit 31 Bänden erfolgreichsten deutschsprachigen SF-Reihe.

Seine konsequente Vorgehensweise, Probleme der Gegenwart im Kontext der Zukunft zu behandeln, trug Michalewskys Serie eine treue Leserschaft und hohe Auflagenzahlen ein. Seine besondere Zuneigung galt besonders dem Hörspiel. Er gehörte zu den meistbeschäftigten Kriminalhörspiel- und Schulfunkautoren Deutschlands. Ihm und seiner Frau Reinhild ist dieses Hörspiel gewidmet. (Verlagsinfo)

_Die Macher / Die Sprecher / Die Inszenierung_

Die Macher und Regisseure sind |Interplanar.de|:

Jochim-C. Redeker: Sounddesign, Musik und Schnitt
Balthasar von Weymarn: Dramaturgie, Wortregie und Schnitt

Jochim-C. Redeker, geboren 1970, lebt seit 1992 in Hannover. Gelernt hat er das Produzieren in der SAE Frankfurt, seither arbeitet er als Tonmeister für Antenne Niedersachsen. An zwei Virtual-Reality-Projekten hat er als Sounddesigner gearbeitet. Er gibt Audio- und Hörspielseminare und arbeitet als Werbetexter und Werbesprecher für zahlreiche Unternehmen sowie für Kino- und Radiowerbung. Musikalisch betreut er neben seinen eigenen Projekten auch Jingle- und Imageproduktionen. Bereits 1988 brachte ihm eine frühe Hörspielarbeit mit Balthasar den Sonderpreis der Jury für akustische Qualität beim Maxell-Momentaufnahmen-Wettbewerb ein.

Balthasar von Weymarn, geboren 1968, lebt seit 2006 im Taunus bei Frankfurt. Ausgebildeter Dramaturg und Filmproduzent (Filmstudium Hamburg); arbeitet auch als Skriptdoktor, -autor und Ghostwriter für Unternehmen wie Bavaria Film, Odeon Pictures, Tandem Communications, Storyline Entertainment u. a.

Die Aufnahmeleitung lag in den Händen von Thomas Weichler.

Die Sprecher und ihre Rollen:

Michael Lott spricht: Commander Mark Brandis
Martin Wehrmann: Lt. Iwan Stroganow (sein Waffenoffizier
Rasmus Borowski: Lt. Antoine Ibaka (sein Bordingenieur)
Holger Umbreit: Cpt. Robert Monnier
Dorothea Anna Hagena: Ruth O’Hara, Brandis‘ Gattin
Christine Mühlenhof: Bordcomputer CORA (Central Oral Response Avatar)
Daniela Hoffmann: Angelica Nelson (dt. Stimme von Julia Roberts)
Wolfgang Kaven: Lt. Karwik
Leon Boden: Prof. Westhoff, Venus
Thomas Vogt: Major Bogdan Bjelowski, Geheimdienst
Martin Kunze: Colonel Larriand
Michael Westphal: Kommissar Malamud, Venus
Ulrike Kapfer: Iris, Station
Robert Vogel: Sven Björnsen
René Wagner: VEGA Venus
Wolf Frass: Prolog
u. a., darunter Reinhild von Michalewsky.

Das Hörspielmanuskript schrieb Balthasar v. Weymarn nach dem gleichnamigen Roman von Nikolai von Michalewsky.

_Hintergrund und Vorgeschichte_

Die Mark Brandis-Hörspielreihe begann 2005-2007 mit [„Bordbuch Delta VII“. 4995 Inhaltlich unterscheidet sie sich in einigen wichtigen Punkten von den Büchern.

* Die Geschichten sind um 50 Jahre in die Zukunft verlegt, die Saga beginnt also 2119;

* Die Kürzel EAAU und VOR sind zu „die Union“ und „die Republiken“ geworden;

EAAU: Die Europäisch-Amerikanisch-Afrikanische Union (EAAU) ist ein transkontinentaler Staatenverbund und wurde als Zusammenschluss der drei Kontinente Europa, Amerika und Afrika ca. 1999 gegründet – ihr assoziiert ist Australien. Während Europa der Kontinent ist, der über die längste Tradition verfügt, haben sich Afrika und Amerika zu den industriell bedeutendsten Kontinenten entwickelt.
Flagge: ein Ring goldener Planeten um drei kleeblattartig angeordnete grüne Kontinente auf weißem Grund.
Hauptstadt: Metropolis

VOR: Die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR) sind ein transkontinentaler Staatenverbund und umfassen zwischen Ural und der Pazifikküste die asiatischen Staaten einschließlich Ozeaniens.
Flagge: zwei gekreuzte Mongolenschwerter vor einer gelb-roten Sonne.
Hauptstadt: Peking

* Computer müssen nicht jedes Mal neu programmiert werden, sondern kümmern sich selbständig um ihre Aufgaben (daher kein „Technobabble“). |Delta VII| besitzt eine sprechende „Persönlichkeit“ mit dem Namen CORA, die von jedem Ort im Schiff aus zu erreichen ist;

* Die |Delta VII| besteht aus Brücke, Aufenthaltsraum/Messe, Maschinenraum und den Quartieren, dazu noch zwei Schleusen (Hauptschleuse kielseits und Dingischleuse deckseits); sie ist außerdem kein raketenartiger Vertikalstarter mehr;

* Mark Brandis und Ruth O’Hara können sich „Videobriefe“ schreiben; sog. Homeservice-Tapes (erinnert sich hier wer an „Das Arche Noah-Prinzip“?***) und sind bereits verheiratet, dafür hat Lt. Antoine Ibaka seine Frau Lydia erst auf der Venus kennengelernt;

* Die Geschichte ist gestrafft – so beginnt sie bereits mit dem Anflug auf die Erde (statt dem Anflug auf die Venus);
* Die „Reinigende Flamme“ hat bereits einmal (vor dem ersten Band) versucht, die Macht in der EAAU zu übernehmen. Da dieser Putsch damals vereitelt wurde, sind Mitglieder der Regierungen der Bedrohung gegenüber nachlässig geworden;

* Tom Collins‘ Rolle als Wegbereiter Smiths ist ausgedehnt;

* Alexander Repin ist nicht „Vorsitzender des Rates für Innere und Äußere Sicherheit“ auf der Venus, sondern Gouverneur;

* Die Venus leitet Energie aus dem Treibhauseffekt per Fernübertragung an die Erde;

* |Delta VII| kann in der SK-Konfiguration bis zu acht schwere Raketentorpedos neben den Energiewaffen abfeuern;

* Robert Monnier hat eine medizinische Zusatzausbildung;

* Die Technik der Gehirntransplantation (Brigadegeneral Rodriguez) ist durch ein verfeinertes Scanning-Verfahren ersetzt;

* Der Frachterkapitän Nelson (vgl. Aufbruch zu den Sternen) hat eine Tochter, die als Reporterin arbeitet.

***: Am Anfang seiner Spielfilmkarriere ging es Roland Emmerich um eins: Um die Umwelt. Das ARCHE NOAH PRINZIP (1984) könnte man als Öko-Klimakatastrophen-Science-Fiction-Thriller bezeichnen.

|Die Venus-Kolonie|

Die Chinesen errichteten auf dem Mars die erste Kolonie, deshalb wollte die westliche Union lieber die Venus besiedeln. Erst mit der Entdeckung einer chemischen Konstante Mitte des 21. Jahrhunderts gelang ein Durchbruch, und seither macht die Zersetzung von Schwefelsäure und Kohlendioxid in der Venus-Atmosphäre Fortschritte, wird aber erst Ende des 22. Jahrhundert abgeschlossen sein. Aufgrund der hohen Oberflächentemperatur von zunächst 450 °C und der langen Venustage (1 Tag entspricht 5832 Stunden) war und ist eine Besiedlung nur in Polnähe möglich. Bis 2095 wurde eine Strafkolonie unterhalten. Ein Schirm wurde errichtet, Forscher und Zivilisten folgten. Bodenwärme wurde in Energie umgewandelt, und die Venuskolonie prosperiert. (aus dem Booklet, abgewandelt)

_Handlung_

Fünf Monate nach der Unabhängigkeitserklärung der Venus will die Reporterin Angelica Nelson Brandis interviewen, der von Gouverneur Repin zum Commander der |Delta VII| ernannt worden ist, nachdem sich Brandis‘ Vorgänger Commander John Harris bei einem heroischen Einsatz auf der Erde geopfert hat. Doch Brandis lehnt das Interview ab, weil Nelson die Tochter des Kapitäns der |Barbarossa| ist, der sich nun auf der Erde befindet – in der Gewalt von General Smith. Wer weiß, ob er nicht der Gegenseite in die Hände spielen würde.

Als Brandis zusammen mit der Reporterin im Gleiter sitzt und sie durch die Stadt fliegen, ertönt plötzlich der Notalarm. Brandis befiehlt Nelson auszusteigen, doch sie hat zu große Angst vor dem Sprung und stürzt mit dem Gleiter ab. Doch wer oder was hat den Absturz verursacht, fragt sich Brandis, der noch rechtzeitig mit dem Fallschirm „ausgestiegen“ ist. Gibt es Spione und Saboteure auf der Venus?

Brandis wird zu Gouverneur Repin gebeten. Er ist froh, dass Repin die Bitte General Smiths, Stützpunkte auf der Venus errichten zu dürfen, abgelehnt hat. Man hat auch den Heckenschützen gefunden, dem Nelson zum Opfer fiel, doch der Vorfall wird als Unfall vertuscht. Repin will Smith offenbar keinen Grund zur Aggression geben. Die Besetzung droht.

Larriand, der Stellvertreter Repins, macht Brandis klar, dass die Venus einen Spion in der Nähe Smiths habe und man diesen Spion auf dem Mond treffen müsse. Da der Direktor der VEGA, Westerhoff, diese Mission unterstützt, erklärt sich Brandis bereit, den Geheimdienstler Major Bjelowski hinzufliegen. Der Haken daran: Als Pilot wird Brandis sein alter Feind Robert Monnier zugeteilt. Na, das ja heiter werden, denkt der Raumschiffkapitän im Stillen.

Auf dem Mond landen sie bei Camp Luna Fünf. Major Bjelowski steigt aus, um den Abgesandten der VOR-Republiken, General Rodriguez, zu treffen. Doch da tauchen unbekannte Schiffe auf, die die |Delta VII| unter Beschuss nehmen. Sie wurden verraten! Es gelingt Brandis bei einem Alarmstart noch, Rodriguez an Bord zu nehmen, doch was ist mit Bjelowski? Die |Delta VII| schießt die feindlichen Zerstörer, die von der Union kommen, ab. Verblüfft hört Brandis die Stimme eines Totgeglaubten: Commander John Harris! Eine weitere Überraschung wartet auf ihn: Brigadegeneral Rodriguez ist eine Frau.

Als sie zur Venus zurückfliegen, wird Leutnant Ibaka stutzig: Etwas stimmt dort nicht. Ist die Venus bereits von Smiths Sturmtruppen besetzt worden?

_Mein Eindruck_

Selbst ein kleiner Abstecher nach Luna kann doch recht aufregend sein. Leider aber auch verwirrend. Man muss also Zuhörer schon aufpassen wie ein Schießhund und Ohren haben wie ein Luchs, will man dem rasanten Gefecht über der Mondoberfläche einigermaßen folgen. Am besten hört man sich diese Folge mindestens zweimal an.

Hinzu kommt ein zweiter Handlungsschwerpunkt im Anschluss an die Beinahe-Rückkehr zur Venus, die ja mittlerweile nicht mehr anlaufbar ist. Die |Delta VII| braucht eine neue Basis, um weiter operieren zu können. Eine Raumstation zur Nachrichtenübermittlung und Wetterbeobachtung ist mit dem Treibstoff noch erreichbar. Doch auch dort findet ein heftiges Gefecht mit den Smith-Truppen statt. Dies kann Brandis‘ Mannschaft zusammen mit den Widerstandskräften der Station jedoch für sich entscheiden.

In einer „normalen“ Serie hätten die Produzenten diese doppelte Handlung auf zwei Folgen verteilt, doch hier wollte man offenbar die Geschichte auf einer positiven Note enden lassen, wie schon im Vorgänger. Mit dem Erfolg der Rebellen auf der Station ist dies gegeben, und der Hörer kann sich zufrieden zurücklehnen: Brandis & Co. haben mal wieder das Weltall vor dem Schlimmsten bewahrt.

Allerdings muss der Hörer für diese zwei Handlungsschwerpunkte, die nur durch eine actionlose Durststrecke verbunden sind, einen langen Atem mitbringen: Die Episode ist ganze 76 Minuten lang, also rund 20 Minuten mehr Zeit als für eine durchschnittliche |Perry Rhodan|-Folge aufgewendet wird. Aber man kann ja mal eine kleine Pause in der Mitte einlegen, damit man für die zweite Hälfte wieder aufnahmefähig ist. Hab ich natürlich aus Zeitmangel nicht gemacht, sondern mental die Zähne zusammengebissen und bis zum bitteren Ende mitgeschrieben.

_Die Inszenierung_

|Die Sprecher|

Ich fand, dass die Sprecher nicht besonders gut zur Geltung kamen. Das liegt daran, dass sie alle nur sehr kurze Sätze zu sprechen haben. Ich hatte den Eindruck, als würde alles zerhackt werden, um den Eindruck von Dynamik und Entwicklung zu erwecken – was ja auch voll gelungen ist. Diese Vorgehensweise degradiert die Sprecher jedoch zu Lieferanten von Sprechblasen.

Ausdrucksstarke Momente sind dünn gesät, so etwa, als Daniela Hofmann mit ihrer verführerischen Julia-Roberts-Stimme dem harten Raumfahrer Mark Brandis auf die Pelle rückt, oder als die Rebellin Iris sich mit Brandis auf der Raumstation verbündet. Der Rest des Textes besteht meist aus verbalem Schlagabtausch. Ich habe den Verdacht, dass dieser Stil für männliche Zuhörer ganz in Ordnung ist, beim weiblichen Publikum jedoch auf weit weniger Gegenliebe stoßen dürfte. Denn dieses mag es lieber emotional, wenn nicht sogar romantisch. Mit dem Auftreten dreier weiblicher Nebenfiguren dürfte das weibliche Publikum diesmal wesentlich besser bedient sein als im Vorgänger.

|Die Geräusche|

Die Geräuschkulisse erstaunt den Hörer mit einer Vielzahl mehr oder weniger futuristischer Töne, so etwa die Triebwerke der |Delta VII|, doch wenn man ein Fan von SF-Fernsehserien ist, dann dürfte einen dies nicht gerade umhauen, sondern eher ganz normal vorkommen. Immerhin trägt der gute Sound dazu bei, den Hörer direkt ins Geschehen hineinzuversetzen, und das kann man von den wenigsten SF-Fernsehserien behaupten.

Die meisten wie etwa „Classic Star Trek“ oder „Raumpatrouille Orion“ sind viel zu alt für solchen Sound, und „Babylon 5“ oder „Andromeda“ klingen zwar toll, spielen aber in abgelegenen Raumgegenden, wo irdische Ereignisse kaum eine Rolle spielen. Dadurch hebt sich „Mark Brandis“ im Hörspiel bemerkenswert von solchen TV-Produktionen ab, von SF-Hörspielen ganz zu schweigen. Nur „Perry Rhodan“ von |STIL / Lübbe| kann in dieser Liga mitspielen.

|Musik|

Ja, es gibt durchaus Musik in diesem rasant inszenierten Hörspiel. Neben dem Dialog und den zahllosen Sounds bleibt auf der Tonspur auch ein wenig Platz für Musik. Sie ist wie zu erwarten recht dynamisch und flott, aber nicht zu militärisch. Allerdings schrammt sie manchmal hart am Marschrhythmus entlang. Vermutlich ergibt sich aus der Nähe zur militärischen Hierarchie, die auf den Schiffen umgesetzt wird, und dem Zwang des Produzenten, dem Hörer zu suggerieren, dass „unsere Jungs im All“ das Kind schon schaukeln werden.

Hier setzt sich für mich die alte Heinlein-Ideologie fort, wonach es dem Menschen bestimmt sei, den Weltraum zu erobern, und zwar egal, mit welchen Mitteln. Zum Glück setzt sich rechtslastige Ideologie in der Handlung nur auf der Gegenseite durch, und so können Brandis und Co. weiterhin für demokratische Werte eintreten.

_Unterm Strich_

Diesmal wird das Hörspiel von zwei Handlungsschwerpunkten bestritten, die einmal auf dem Erdmond, zum anderen auf einer Raumstation stattfinden. Eigentlich hätte man gut und gern zwei separate Hörspiele daraus gestalten können, so aber ist das Hörspiel zu Überlänge aufgeblasen worden: 76 Minuten. Das erste Hörspiel [„Bordbuch Delta VII“ 4995 war nur 62 Minuten lang, was ein durchaus erträglicher Umfang ist. Bei 76 Minuten sollte der Zuhörer jedoch eine Pause einlegen, um noch aufnahmefähig bleiben zu können. Ansonsten gibt’s mal wieder Action satt.

Ähnlich wie manche Handlungsstränge der „Perry Rhodan“-Hörspiele greift auch die Mark-Brandis-Serie politische Themen auf statt nur auf die Karte der abenteuerlichen Erforschung fremder Welten zu setzen. Das finde ich schon mal sehr löblich, denn so kann der Hörer die gezeigten Vorgänge mit seinen eigenen sozialen und politischen Verhältnissen vergleichen und sie, mit etwas Verstand, auch kritisch bewerten. Unterschwellig warnt der Autor dieses Stoffes vor einer faschistischen Diktatur.

„Mark Brandis“ ist als Hörspiel professionell inszeniert, spannend, stellenweise actionreich und mitunter sogar bewegend. Leider wird ein wenig zu viel auf zu wenig Platz gepackt, und dies degradiert die Sprecher zu Lieferanten von Sprechblasen. Nur selten können sie ernstzunehmende Emotionen ausdrücken, bevor die nächste Attacke von Musik oder Soundeffekten ihren Text unter sich begräbt. Dieser Stil ist zwar auch in „Perry Rhodan“ anzutreffen, aber nicht in den qualitativ höherwertigen POE-Hörspielen. Je nach Stil-Vorliebe dürfte sich dann das Publikum entsprechend entscheiden.

Ich selbst fand das Hörspiel unterhaltsam, aber wegen seiner Überlänge ganz schön anstrengend. Und an die Handlung könnte ich mich ohne meine Notizen beim besten Willen nicht mehr erinnern.

Fazit: vier von fünf Sternen.

|76 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-88698-773-3|
http://www.sprechendebuecher.de
http://www.markbrandis.de
http://www.interplanar.de