Kirkman, Robert / Adlard, Charlie – Ein langer Weg (The Walking Dead 2)

Buch 1: [„Gute alte Zeit“ 2257

Die Zombies leben weiter, und für Rick Grimes und seine Gefährten geht das Abenteuer nach der plötzlichen Invasion der Untoten in die nächste Runde. Endlich ist der Nachfolger des ersten, sehr viel versprechenden Sammelbandes von Autor Robert Kirkman erhältlich – leider aber mit einem etwas bitteren Beigeschmack: Zeichner Tony Moore ist nämlich abgesprungen und überließ die vakante Stelle dem weitaus grober zu Werke gehenden Charlie Adlard. Somit sind zumindest rein optisch einige Abstriche in Kauf zu nehmen. Harte Arbeit für Kirkman, der jedoch mit einer fulminant voranschreitenden Story die Kohlen wieder aus dem Feuer holt. Und wie …

_Story_

Nachdem Shane unter unglücklichen Umständen ums Leben gekommen ist, beschließt die junge Gemeinschaft, ihren mittlerweile unsicheren Standort zu verlassen und sich in unbestimmter Ferne einen neuen Platz des Schutzes zu suchen. Unterwegs trifft die von Ex-Cop Rick Grimes angeführte Truppe auf die Familie des dunkelhäutigen Tyreese, die im einbrechenden Winter fast verhungert und erfroren wäre. Das kleine Team wird von Rick im Kampf gegen die herumstreunenden Zombies willkommen geheißen, selbst wenn die eigenen Nahrungsvorräte dadurch eine noch kürzere Haltbarkeit haben. Doch schon kurze Zeit später dankt Tyreese ihm diese freundliche Geste im Kampf gegen eine ganze Armada von Zombies, die eine komplette Geisterstadt vereinnahmt haben.

Bei der vereinten Suche nach einem neuen Unterschlupf wird Ricks Sohn Carl von einem Jäger angeschossen, der im ersten menschlichen Kontakt seit langer Zeit eine Bedrohung befürchtet hatte. Carl wird sofort auf einen umliegenden Bauernhof verfrachtet, wo tatsächlich noch Menschen in Ruhe leben, die Carl auch wieder gesund pflegen. Auch Rick und die übrigen Überlebenden dürfen auf dem Hof ihre Zelte aufschlagen und ihre hungrigen Mägen füllen. Plötzlich scheint alles vergessen, denn die Idylle des Farmhauses strahlt eine herrliche Ruhe aus und steht im krassen Gegensatz zu den derzeitigen Ereignissen in den großen Städten. Doch der Schein trügt, denn als Rick und seine Mannschaft gegen den Willen des Farmbesitzers einen Blick in dessen abgesperrte Scheune werfen, stellen sie fest, dass man doch nicht so alleine ist, wie man es sich anfangs erhofft hatte …

_Meine Meinung_

Robert Kirkman hat sich nach dem guten Start im ersten Teil mit „Ein langer Weg“ noch einmal gehörig steigern können. Wirkte der Auftakt noch wie eine indirekte Hommage an die großen Zombie-TV-Produktionen aus den Siebzigern und Achtzigern, hat der Autor mittlerweile seinen eigenen Stil gefunden, welcher der fortlaufenden Geschichte auch wesentlich besser zu Gesicht steht als die vielen abgekupferten Inhalte aus dem vorangegangenen Sammelband. Zudem ist es Kirkman diesmal auch noch besser gelungen, die bedrückte Stimmung innerhalb der flüchtenden Gruppe samt ihrer Ängste zu beschreiben. Werden viele Zombie-Geschichten noch mit einem bitterbösen, ironischen Unterton begleitet, der nicht selten auch noch mit einem gewissen schwarzen Humor einhergeht, ist die Lage hier wirklich auch so ernst dargestellt, wie der Kampf ums nackte Überleben in einer solchen Situation real wäre. Es gibt keine Beschönigungen, keine dummen Sprüche und erst recht keine aufgesetzt heiteren Momente, die den Inhalt ad absurdum führen könnten, sondern einfach nur einen gradlinigen, konsequenten und in seiner Wirkung schon fast beängstigenden Plot, dessen Stärken (und das will bei einer Horror/Fantasy-Handlung schon etwas heißen) in der Authentizität der Erzählung liegen.

Kirkman beschreibt in der rasant vorwärts getrieben Handlung die verschiedenen Emotionen, die mit der Angst vorm Tod bzw. mit der Auseinandersetzung mit dem plötzlichen Ableben nahe stehender Personen verbunden sind, und lässt diese von seinem Zeichner Adlard auch gekonnt illustrieren. In diesem Punkt kann der Mann dann übrigens auch überzeugen, wohingegen die von ihm gezeichneten Figuren manchmal etwas sehr grob eingefangen werden.

Doch zurück zur Handlung: Emotionen sind in „Ein langer Weg“ sehr vielfältig beschrieben. Nächstenliebe und Konkurrenzkampf stehen sich hier immer wieder gegenüber und treiben die einzelnen Charakteren in ihrer nackten Angst auch ständig zu unmenschlichen Zügen an. Der Wille, dem anderen zu helfen, ist bei jedem Betroffenen vorhanden, doch erst in Extremsituationen zeigt sich, dass letztendlich doch nur jeder um seine eigene Haut kämpft. Besonders offensichtlich wird dies in der Person des Farmbesitzers Hershel repräsentiert, als dieser sich am Ende nicht mehr bereit zeigt, seinen sicheren Lebensraum mit seinen Mitmenschen zu teilen, obwohl er hierdurch ihr Weiterleben – zumindest für einen überschaubaren Zeitraum – sichern könnte.

Die Fehden untereinander spielen im zweiten Band dann auch eine recht große Rolle. Lange bestehende Freundschaften werden auf eine harte Probe gestellt, das eigene Verantwortungsbewusstsein gerät auf den Prüfstand, und selbst die Ehe zwischen Rick und seiner Frau scheint aus den Fugen zu geraten, als sich andeutet, dass das ungeborene Kind vom umgekommenen Shane stammen könnte. Die Gruppe lebt jedoch von diesen Konflikten und gewinnt fast ausschließlich durch die hieraus resultierenden unkonventionellen Umgangsformen mit ihrer jeweiligen Lage wieder an Zuversicht für den nächsten Tag. Jeder ist sich darüber im Klaren, dass ihre Mission bereits am folgenden Tag zu Ende sein kann, und die dabei mitschwebende Panik wird von Kirkman auch auf erstklassige Art und Weise beschrieben – wenn auch in einer äußerst subtilen Form. Ganz große Klasse.

Fassen wir also zusammen: Kirkman hat die Story in „Ein langer Weg“ absolut spitzenmäßig weiterentwickelt und dem Kampf gegen die Untoten auch weiteren, sehr erfrischenden Nährboden gegeben, indem er den direkten Kampf gegen die Zombies durch eine intensivere Auseinandersetzung mit den inneren Spannungen in der Gruppe der Überlebenden ersetzt. Kirkman geht mehr auf das Seelenleben der angsterfüllten Flüchtlinge ein und widersetzt sich so auch geschickt den gängigen Klischees der plumpen Zombie-Geschichten. Zudem finden die Dialoge auf einem übermäßig hohen Niveau statt und sind selbst dann noch tiefsinnig, wenn die überschwingenden Emotionen schon einmal verbal unter die Gürtellinie gehen. Summa summarum sind es also nur die etwas groberen Zeichnungen, die negativ ins Gewicht fallen, letztendlich aber auch von der superstarken Handlung wieder gänzlich geschluckt werden. Fans der Zombie-Thematik werden diesen üppigen Sammelband wahrscheinlich schon kennen und ggf. auch besitzen. Sollte dies noch nicht der Fall sein, empfehle ich dringend, den bisher erschienenen beiden Bänden etwas Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und sich anschließend die jeweils 16 € für die üppig bestückten Bücher aus der Geldbörse zu kratzen. So viel Spaß haben Zombie-Comics jedenfalls noch nie gemacht – trotz des sehr ernsten Untertons!

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Shocker, Dan – Deborah (Larry Brent, Band 32)

Mit diesem Band wurden die beiden Heftromane Nr. 91 „Im Schloss der teuflischen Deborah“ und Nr. 93 „Wenn die Knochenmänner tanzen“ aus der gleichnamigen Serie des |Zauberkreis|-Verlages nachgedruckt.

_Im Schloss der teuflischen Deborah_

Der spleenige Milliardär Wimburn lässt sich ein echtes Spukschloss aus Großbritannien nach Florida importieren, nicht wissend, dass er damit den Fluch der teuflischen Deborah mit übernimmt. Denn in den Gewölben des alten Schlosses steht ein Kiste mit alten Gemälden, welche ebenfalls nach Amerika gebracht wird. Ausgerechnet der Sohn und die Tochter Wimburns finden das Bild der teuflischen Deborah, dessen mörderischer Geist mit einem großen Holzkreuz in das Gemälde gebannt wurde. Die Jugendlichen nehmen das Kreuz ab und bahnen dem Geist Deborahs den Weg. Der Schrecken beginnt …

Eine klassische Gruselgeschichte erwartet den Leser, welche Dan Shocker nicht in Großbritannien ansiedelte, sondern in Amerika. Doch dem Autor gelingt es wieder meisterhaft, eine unheimliche und gruselige Stimmung aufzubauen. Der mordende Geist, der aus dem Bild steigt, und die stimmungsvolle Vorgeschichte machen diesen Roman zu einem echten Leckerbissen für Larry-Brent-Fans. Die Schwester des PSA-Agenten, Miriam, hat ebenfalls einen kleinen Auftritt erhalten, auch wenn ihr Part recht unmotiviert erscheint. Es wirkt so, als ob ihre Rolle nur dazu diente, ihren Bruder zu informieren, der aber spätestens durch den ersten Mord sowieso Kenntnis von den Ereignissen auf Manor-Castle erhalten hätte. Aber den Reiz dieser Geschichte macht vor allem der mordende Geist der teuflischen Deborah aus, der aus einem Gemälde steigt, welches die einstige Schlossherrin eigens zu diesem Zweck anfertigen ließ. Verstärkt wird diese Gruselstimmung, wenn man sich vor Augen hält, wie echt und gespenstisch alte Gemälde im Zwie- oder Dämmerlicht wirken. Diesen Umstand hat sich der Schriftsteller zu Nutze gemacht, um den Nerv des Lesers zu treffen.

_Wenn die Knochenmänner tanzen_

Die PSA-Agenten Larry Brent und Morna Ulbrandson sollen das Verschwinden eines spanischen Geheimagenten klären, der seinerseits auf der Spur mysteriöser Vermisstenfälle war. Durch Zufall entdecken die Ermittler in einem Zigeunerdorf einen verwirrten deutschen Touristen, der auf der Suche nach seiner toten Frau ist. Das Paar hatte in einem verlassenen, alten Berghotel übernachtet. Als Larry und Morna sich dort einquartieren, ahnen sie nicht, dass sie bald selber zum Mittelpunkt gespenstisch tanzender Skelette werden sollen …

In der zweiten Story verschlägt es die PSA-Agenten nach Spanien, wo lebende Skelette ihr Unwesen treiben. Gemischt mit ein wenig PSI-Horror, kreierte der Autor wieder einen schnörkellosen Gruselroman. Den wohligen Schauder des Gruselns erlebt der Leser vor allem, wenn die unheimlichen Gestalten um das Bett ihres armen Opfers tanzen, um es mit riesigen Fleischermessern zu ermorden. Jeder, der Zeuge dieses grausigen Geschehens wird, fällt selbst den Klingen der Untoten zum Opfer.

Der Roman lässt sich flüssig und rasant lesen und weist nur kleine Längen auf. Das Finale kommt sehr abrupt und wird zum Teil in Rückblicken erzählt, verliert dabei aber nichts von seiner Spannung.

Beide Geschichten beweisen das unglaubliche Erzähltalent des Schriftstellers, dessen Romane auch nach 23 Jahren nichts von ihrer Faszination verloren haben, was nicht zuletzt auch an der professionellen Überarbeitung liegen dürfte.

Vervollständigt werden beide Werke von den Innenillustrationen Pat Hachfelds, der sich eigens für diese Geschichten zu zwei gelungenen Werken inspirieren ließ. Das Titelbild des Buches zeigt das Original-Cover des Larry-Brent-Heftes Nr. 91 von Lonati und macht den Band zu einem echten Blickfang.

Fazit: Gelungene Gruselgeschichten in einem modernen Gewand.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

Doug Allyn – Schwarzwasser

Huron Harbor ist ein kleines Städtchen am Ufer des Michigan-Sees. Hier führt Michelle Mitchell, ehemalige Berufstaucherin, das Restaurant „Krähennest“ und einen kleinen Laden für Tauchsportgeräte. Weil das Geschäft nur mäßig läuft, verdient sie sich gern ein paar Dollar dazu, wenn es darum geht, auf dem Grund des Sees nach verlorenen Bootsmotoren oder Ausrüstungsgegenständen zu fahnden – oder nach den Leichen allzu wagemutiger Süßwassermatrosen.

Dieses Mal ist es ein versunkenes Auto, das im schwarzen Wasser des Odawa Rivers entdeckt wurde. Es ist beladen mit Gepäck, aber ohne Fahrer – und Michelle hat es bereits gesehen. Einige Tage zuvor war Jimmy Calderon ins „Krähennest“ gekommen, um sie nach Owen McClain, einem örtlichen Geschäftsmann, auszuhorchen. Der ist angeblich sein Bruder, wie wenig später Ray Calderon verkündet, der auf der Suche nach seinem Halbbruder just in Huron Harbor eintrifft, als dessen Wagen aus dem Wasser gezogen wird.

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Arne Sommer – Peter Lundt und die Rache des Drachen

Peter Lundt spielt schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken, sein heruntergekommenes Büro mal grundlegend zu renovieren bzw. sich einen neuen Ausgangspunkt für seine Ermittlungen zu leisten. Doch es fehlt an lukrativen Aufträgen und dem dazugehörigen Honorar. Da kommt ihm der bestürzte Zahntechniker Hans Drachmann gerade recht.

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Peter Bogdanovich – Wer hat denn den gedreht?

Bevor sie starben und ihr einmaliges Insiderwissen mit ins Grab nahmen, befragte der junge Journalist und spätere Regisseur Peter Bogdanovich Filmschaffende, die in der „Goldenen Ära“ Hollywoods gearbeitet und Meisterwerke auf die Leinwand gebracht hatten. Viele Jahre später stellte Bogdanovich diese Interviews in einem grandiosen Sammelband vor, der eine große Zeit des klassischen Kinos kundig und ebenso informativ wie anekdotenreich aufleben lässt: ein Meisterwerk! Peter Bogdanovich – Wer hat denn den gedreht? weiterlesen

Wendy Morgan – Von schwarzem Herzen

Ein Jahr ist es her, dass Rose Larrabees Mann Sam in einer Winternacht an einem Stromschlag verstorben ist. Die junge Witwe versucht, ihr Leben so gut es geht ohne ihn zu meistern, vor allem ihren beiden Kindern zuliebe, der sechsjährigen Jenna und dem dreijährige Leo. Zusätzlich geht sie ihrer Arbeit in einem Buchladen nach. Obwohl sie ihr Schicksal tapfer erträgt, hängt sie noch zu sehr an Sam, als dass sie sich für andere Männer interessieren könnte. Neben ihren Kindern sorgt vor allem ihre Schwägerin Leslie für Abwechslung in ihrem Leben. Auch Leslie hat den Tod ihres geliebten Bruders noch nicht verkraftet. Während sie nach außen hin fröhlich und ausgelassen wirkt, vergleicht sie insgeheim immer wieder ihren Verlobten Peter mit dem verstorbenen Sam, um festzustellen, dass Peter lange nicht so fürsorglich und liebevoll ist wie er.

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Bendis, Brian & Coipel, Olivier – House Of M 3 (von 4)

[Band 1 2494
[Band 2 2495

_Story_

Emma Frost gelingt es, Layla dazu zu ermutigen, den Mutanten aus der realen Vergangenheit ins Gewissen zu reden und ihnen wieder die Erinnerung an ihre Superheldenzeit zurückzubringen. Tatsächlich gelingt es den beiden Damen mit Hilfe von Wolverine, das verlorene Gedächtnis der meisten Helden wieder neu aufzufrischen, was besonders beim glücklich verheirateten Peter Parker mit argen Schwierigkeiten verbunden ist. Der nämlich will sich nicht so leicht damit abfinden, dass sein idyllisches Leben lediglich Fiktion ist und von Magneto alias Magnus so initiiert wurde. Doch über den Zweifeln steht der Hass, und von diesem angetrieben, ziehen die Mutanten in den Kampf gegen Lord Magnus und seinen Verbündeten Victor von Doom.

Währenddessen macht sich Emma Frost auf die Suche nach dem verschwundenen und vielleicht schon toten Charles Xavier und macht dabei eine schreckliche Entdeckung …

_Meine Meinung_

Langsam aber sicher steuert Marvels derzeit gewaltigster Kraftakt auf das Ende zu, hat aber alleine bis hierhin schon so viele bestehende Tatsachen umgeworfen, dass der Leser wohl kaum noch weitere verheerende Änderungen wird verkraften können. Dies haben sich Brian Michael Bendis und Olivier Coipel bei der Kreation des dritten Banes auch zu Herze genommen, so dass die Geschichte hier schon ins Finale überleitet, welches schließlich im vierten und letzten Teil der Miniserie stattfinden wird. Leider aber gerät der Autor beim Fertigstellen seines umfassenden Konstrukts ein wenig in Hektik. Nachdem in zahlreichen Tie-ins sowie in der andauernden Reihe ein immer größer werdender Handlungsspielraum ershaffen wurde, fügen sich die vielen Subplots hier in rasantem Tempo wieder zusammen, und als wäre es das Normalste der Welt, können sich die Mutanten mit einem Mal wieder an ihre Vergangenheit erinnern. Gemach, Mr Bendis, das hätte man doch jetzt auch noch etwas ausschmücken können.

Jedenfalls ist es nicht ganz verständlich, warum der Autor die Erzählung so plötzlich zusammenfallen lässt. Wenn alles so einfach wieder rückgängig gemacht werden kann, warum muss dann überhaupt so weit ausgeholt werden? Was die etwas zu simple Lösung bezüglich der Rückkehr der Superhelden anbelangt, haben sich die beiden Köpfe hinter dem „House Of M“ in diesem Teil etwas unglaubwürdig gemacht. Und der unbeholfene Versuch, durch einige komplexe Dialoge und Gedankensprünge die eigene Ideenlosigkeit zu kaschieren, macht das Ganze erst recht nicht besser.

Eigentlich schade um das sehr verzwickte Komplott des Lord Magnus, das man sich mit mühevoller Kleinstarbeit Stück für Stück aufgebaut hat. An so vielen Nebenschauplätzen wurde gefochten, so viele Grabenkämpfe wurden ausgetragen, und dann sollen Laylas Kräfte schon ausreichen, um den geblendeten Mutanten ihr tatsächliches Dasein zu eröffnen? Nun, ganz ehrlich, ich finde diese Lösung weniger toll.

Gott sei Dank gelingt es Bendis dann aber doch noch, die Spannung durch die Wahrung einiger Geheimnisse und den Cliffhanger um das Verschwinden von Charles Xavier aufrecht zu erhalten. Hier zeigt sich dann nach den unverständlichen Zwischenereignissen auch wieder die Klasse der Initiatoren, die im Grunde genommen jedes kleine Detail bedacht haben. Selbst die Konflikte mit der Bewältigung der bis dato unklaren Vergangenheit, gerade im Falle von Spider-Man, haben Bendis und Coipel berücksichtigt und es so letztendlich doch noch hinbekommen, das gesamte Marvel-Universum ein weiteres Mal auf den Kopf zu stellen.

Nach diesen Geschehnissen wird es nämlich für die Superhelden tatsächlich schwierig sein, wieder zur Normalität zu finden, und wenn man dies mal in Betracht zieht, ist das hier bisweilen als unrealistisch erachtete Ziel, im Anschluss an diese Serie völlig neue Wege einzuschlagen, dennoch zu erreichen. Trotz einzelner Schwachstellen darf man also mit großer Vorfreude auf das Ende von „House Of M“ vorausschauen, denn auch wenn Brian Michael Bendis es in der dritten Ausgabe der regulären Serie versäumt hat, das Mysterium um die Scheinrealität zu wahren, so ist die Spannungskurve nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau angesiedelt. Ob „House Of M“ allerdings auch bis zum Ende eine runde Sache bleibt, wird man erst mit dem vierten und letzten Band in Erfahrung bringen können, der übrigens seit dem 6. Juli ebenfalls schon erhältlich ist.

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Russell, Sean – Nachtvogel (Das verlorene Königreich 1)

_Handlungsüberblick_

Tamlyn, sein Vetter Fynnol und dessen Vetter Baore sitzen in einer alten Turmruine, wo sie übernachten wollen. In der Umgebung des Turms haben sie drei Jahre lang nach Altertümern gegraben. Nun wollen sie den Fluss hinunterfahren, um ihre Funde im Unterland zu verkaufen. Vom Erlös wollen sie sich Pferde kaufen. Da taucht plötzlich ein Fremder auf.

Er nennt sich Alaan und bezeichnet sich selbst als Vaganten. Dass der Mann aber nicht nur irgendein einfacher Wanderer sein kann, erfahren die drei Burschen bald, als sie von einem Trupp Ritter angegriffen werden. Die drei können entkommen, weil der Fremde ihnen den Rücken freihält.

Trotzdem wollen sie den Fluss hinunterfahren, Fynnol vor allem. Kurz vorher schließt sich ihnen noch Cynndl an, ein Sagenfinder vom fahrenden Volk der Fáel. Sie sind allerdings nicht lang unterwegs, da müssen sie feststellen, dass die schwarzen Ritter sie noch immer verfolgen! Die Flussfahrt wird zu einer wahren Hetzjagd …

Elise hasst ihren Onkel Menwyn, vor allem, weil er ihren blinden Vater von seinem angestammten Platz als Oberhaupt der Familie Willt verdrängt hat. Jetzt will er sie unter allen Umständen mit dem Sohn des Fürsten von Innes verheiraten, denn der Fürst besitzt ein schlagkräftiges Heer, und eine Heirat würde die Willts in die Lage versetzen, erneut nach der Krone zu greifen, um die sie sich seit Jahrhunderten mit der Familie der Rennés streiten. Wer Elise aber vor allem Angst macht, ist der Berater des Fürsten von Innes, der sich Eremon nennt. Verglichen mit ihm ist ihr rücksichtsloser, machthungriger Onkel geradezu fürsorglich und bescheiden! Dennoch ist Elise entschlossen, sich den Heiratsplänen zu widersetzen. Da erhält sie überraschend Hilfe von einem Fremden …

Nicht nur bei den Willts gibt es Widerstand gegen einen neuen Krieg. Auch Toren, Oberhaupt der Rennés, versucht, den jahrhundertealten Konflikt endlich aus der Welt zu schaffen. Deshalb will er die Schlachteninsel an die Willts zurückgeben. Doch damit sind eine Menge anderer Familienmitglieder nicht einverstanden. Torens Vettern planen Verrat, allen voran sein eifersüchtiger Vetter Baldor …

_Charaktervielfalt_

Sean Russels Zyklus |Das verlorene Königreich| wartet mit einer vielschichtigen Handlung und einer Unmenge an Charakteren auf.

|Fynnol| ist übermütig und unbekümmert, für ihn ist die bevorstehende Flussfahrt ein interessantes Abenteuer und gleichzeitig ein Kinderspiel. An die wundersamen Geschichten, die sich um den Fluss ranken, glaubt er nicht. Sein Vetter |Baore| dagegen ist der stille, hühnenhafte Fels in der Brandung, wortkarg und zupackend, schlicht, aber tiefsinnig. Der wichtigste der Drei aber ist |Tamlyn|, genannt Tam, ein hervorragender Bogenschütze, zwar nicht so still wie Baore, aber ernsthafter als Fynnol, mit einem ausgeprägten Gespür für Stimmungen und einer guten Beobachtungsgabe.

|Cynndl| wirkt gegen diese Drei etwas blaß. Er ist freundlich und lächelt gern, geht aber ansonsten ein wenig unter in den verschiedenen Sagen und Geschichten, die er aufspürt und erzählt.

|Elise| ist ein sehr selbstbewusstes Mädchen. Zwar weiß sie kaum etwas von der Welt außerhalb ihres heimatlichen Tals, aber sie ist anpassungsfähig und zäh, und sie hat auf ihre Weise den sturen Dickschädel der Willts geerbt. Selbst als ihr Widerstand gegen Eremon aussichtslos erscheint, ist sie nicht bereit aufzugeben, selbst wenn sie dafür zum Äußersten greifen muss!

Dass |Eremon| nicht einfach irgendein Mensch ist, wird recht bald klar. Er muss irgendeine besondere Macht besitzen, denn kaum jemand wagt es, sich ihm zu widersetzen. Zwar glauben seine Verbündeten noch, dass er ihren Zielen dient, doch es ist offensichtlich, dass ein solcher Mann dabei nur seine eigenen Pläne verfolgen kann. Er versucht nicht einmal, seine Anmaßung zu verbergen! Seine Kälte und Gleichgültigkeit gegen den Rest der Welt stehen in seltsamem Kontrast zu seinem glühenden Hass auf Alaan.

|Alaan| dagegen ist von einnehmendem Wesen. Auch er verfolgt mit aller Kraft ein Ziel, nämlich, die Ziele Eremons zu vereiteln und ihn dabei auch noch ein wenig zu tratzen! Manchmal hat er etwas von einem Gaukler. Aber auch hier wird recht bald deutlich, dass die Mittel, derer er sich bedient, gelinde gesagt ungewöhnlich sind.

Im Laufe der Handlung treiben die Gruppen um Tam, Elise und Toren allmählich immer weiter aufeinander zu, um sich schließlich in Westrych zu treffen, wo die Gruppen einmal kräftig durcheinander gewirbelt werden.

_Gefahren auf dem Weg: zwei Welten_

Aber erst einmal haben Elise und Tams Gefährten einiges zu überstehen. Nicht nur, dass die eine wie die anderen verfolgt werden. Es stellt sich auch heraus, dass ein großer Teil ihres Weges durch eine Welt führt, die jenseits ihrer eigenen zu liegen scheint!

Der Strom, auf dem die Gefährten mit ihrem Boot unterwegs sind, hat nicht nur die üblichen Zuflüsse, die aus den verschiedenen Tälern an seinen Ufern herunterkommen, sondern auch noch viele geheime Arme, deren Zugänge verborgen sind und welche die meisten nur aus Versehen durchschreiten. Die Reisenden aus dem Seetal scheinen allerdings erstaunlich oft in diese heimlichen Wasserwege zu geraten, was ihnen immer wieder einen Strich durch die Rechnung macht.

Außerdem werden sie von einem geheimnisvollen Wasserwesen verfolgt, das ihnen nicht geheuer ist.
Und auch der Fremde, der Elise zu ihrer Flucht verhalf, ist ständig auf Wegen unterwegs, die völlig anders aussehen als alles, was sie von der Umgebung ihres Hauses kennt. Nur dass dieser Mann nicht aus Versehen auf diese Wege geraten ist.

Die Ursache dafür, dass da zwei Welten parallel nebeneinander existieren, verrät der Autor noch nicht. Auch in vielen anderen Bereichen hält er sich mit Informationen stark zurück. Viele Antworten liegen in der Historie des Landes verborgen, und nur bruchstückhaft erhält der Leser – meist aus Cynndls Sagen – Hinweise, aus denen er das Puzzle selbst zusammensetzen muss. So verwundert es nicht, dass der Leser am Ende des ersten Bandes noch immer nicht weiß, worin der Verrat der Ritter vom heiligen Eid denn nun bestand und warum die Kinder des Zauberers Wyrr einst anfingen, Krieg gegeneinander zu führen.

_Spannungskurve_

Natürlich will der Leser das alles unbedingt noch rausfinden. Aber auch ohne diese Neugierde wird wohl jeder, der den ersten Band gelesen hat, sofort nach dem nächsten greifen. Russel wechselt geschickt zwischen den ruhigeren Passagen, die dem Knobeln gewidmet sind, und den rasanten Stellen, welche die Spannung hochschrauben. Auch gibt es bei Russel kaum gelöste Konflikte. Wenn eine Gefahr überstanden ist, sieht der Leser bereits die nächste kommen, und gelegentlich kommen seine Helden auch vom Regen in die Traufe. Dabei hält er gekonnt die Balance zwischen Gelingen und Fehlschlag.

Auch sprachlich hat mir Russels Erzählung gut gefallen. Seine Beschreibungen entwickeln ihre Stimmung ganz ohne überladene Weitschweifigkeit. Allein die ungekennzeichneten Wechsel zwischen den vielen Handlungssträngen waren gelegentlich etwas anstrengend. Die Charakterzeichnung fiel nicht ganz so deutlich aus, was aber bei der Menge an Charakteren, die im Laufe der Geschichte immer weiter anschwillt, auch nicht möglich wäre. Dafür wird es dem Leser dank des zügigen Erzähltempos und der stark bewegten Handlung niemals langweilig, im Gegenteil. Es ist kaum möglich, zwischen den einzelnen Bänden längere Pausen einzulegen. Und im Hinblick darauf, dass der zweite Band nahtlos am Ende des ersten ansetzt, ist es für den inhaltlichen Zusammenhang auch besser, die Trilogie am Stück zu lesen.

Sean Russell lebt in Vancouver. Er hatte bereits als Kind eine Vorliebe für phantastische Erzählungen und begann schließlich selbst zu schreiben. 1991 erschien sein erstes Buch. Aus seiner Feder stammen „Das Reich unter den Hügeln“ und „Der Seelenkompass“, „Welt ohne Ende“ und „Meer ohne Ufer“ sowie die Barbaren-Trilogie. Nicht alle dieser Bücher sind auf Deutsch erhältlich.

http://www.sfsite.com/seanrussell

Helmut G. Asper – Etwas Besseres als den Tod … – Filmexil in Hollywood

Das Ende der (künstlerischen) Freiheit

Wer weiß heute noch, dass Deutschland einst eine Filmlandschaft war, die sich in Größe fast und in Erfolg und künstlerischem Reichtum auf jeden Fall mit Hollywood messen konnte? In den 10er und 20er Jahren des 20. Jahrhunderts war dies tatsächlich der Fall. Deshalb hielten die großen US-Studios stets die Augen offen, was sich im Land der Dichter und Denker tat, und waren sich nicht zu schade, Talente und Stars für die eigenen Filme abzuwerben. Kein Wunder, denn Deutschland war ein Tummelplatz fabelhafter Unterhaltungskünstler, die auf eine lange und ungebrochene Kultur-Tradition zurückblicken und -greifen konnten.

Dass ein großer Teil dieser Künstler jüdischen Glaubens war, störte nur die üblichen antisemitischen Wirrköpfe, die jedoch ihr Gift hauptsächlich unter ihresgleichen verspritzen mussten und so gering an Zahl blieben, dass ihr Wirken eher störend oder lästig als bedrohlich war. Das änderte sich nachdrücklich und endgültig im Januar 1933, als die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland buchstäblich ergriffen. Hitlers Wahnidee eines verschworenen Weltjudentums, das es im Namen des Guten und Reinen zu bekämpfen und zu vernichten galt, wurde sogleich in die Tat umgesetzt – vorsichtig vorläufig noch, da der Umgang mit dem Instrumentarium der Macht erst erlernt und Rücksicht auf die misstrauischen innen- und vor allem außenpolitischen Gegner der Nazis genommen werden musste, aber bereits konsequent.

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Straczynski, J. Michael / Kirkman, T. / Garney, R. – Spider-Man 27

_Story_

Tony Stark hat in mühevoller Kleinarbeit eine gänzlich neue Uniform für Peter Parker entworfen, die dieser bereits in seinem nächsten Kampf als Spider-Man erfolgreich zur Schau stellt. Doch Parker weiß genau, dass sein Freund und Chef bei solchen Aktionen meist einen Hintergedanken hat. Tatsächlich offenbart Stark ihm ein neues Geheimnis, das Peter noch vorm Rest der Crew verheimlichen soll.

Es handelt sich um eine wichtige Debatte in Washington, zu der Stark vorgeladen wurde und zu der er sich Spider-Mans Begleitung wünscht. Es geht darum, dass sich die Armada der Superhelden ebenfalls offiziell registrieren lassen soll, damit sie bei einem Missbrauch ihrer Fähigkeiten ebenso zur Rechenschaft gezogen werden kann wie die vermeintlichen Schurken. Stark möchte dies aber nicht akzeptieren und wehrt sich vehement gegen die Forderungen des Senats. Als dann nach einer weiteren Vertagung Titanium Man auftaucht, um Stark zu vernichten, werten die Richter dies als Angriff auf den Staat – und finden somit ein gefundenes Fressen für ihre weitere Argumentation …

_Meine Meinung_

Nach der mehrteiligen Serie „Das Andere“ bekommt Spider-Man keine Ruhe. Herrscht zuerst noch die Freude über seine neue Uniform vor, tun sich schon bald neue Konflikte auf, doch dieses Mal sind die Gegner keine Mutanten oder bösartigen Schurken. Vor dem Senat müssen Tony Stark und Peter Parker ihre Rechte als Superhelden vertreten und für ihre eigene Intimsphäre sorgen. Während Starl als Iron-Man bereits entlarvt ist, sieht die Sache bei Parker noch ganz anders aus. Er tritt quasi inkognito für den Schutz des privaten Heldentums ein, verrät dabei aber schon mehr, als er sollte. Durch seine Worte gibt er der fordernden Fraktion gänzlich neue Angriffspunkte, die Stark wiederum in seiner Argumentation gegen den so genannten „Registration Act“ arg zurückwirft. Und dies scheint erst der Anfang eines großen Staatsakts zu sein, der hier mit einem finalen Militärstreich eröffnet wird.

Bereits die Überschrift der hier neu beginnenden Mini-Serie verrät, dass sich mal wieder Großes im Marvel-Universum anbahnt. „Auf dem Weg zum Bürgerkrieg“ lautet der Titel, und nach dem Verlauf des ersten Bandes, der mit zwei Dritteln des amerikanischen Originals „Amazing Spider-Man – Mr. Parker goes to Washington“ gefüllt ist, bekommt man auch schon eine etwaige Vorstellung vom großen Chaos, das unseren Helden hier bevorsteht. Und überhaupt werden die Ereignisse hier wieder rege Diskussionen hervorrufen.

Das Für und Wider der Anonymität der meisten Superhelden wurde ja schon oft zur Rede gestellt und bekommt auch in „Spiderman 27“ wieder eine verstärkte Brisanz. Natürlich will die konservative Fraktion des Leserstamms auch weiterhin die Geheimidentität der Lieblinge wahren, doch würde eine erste Auflockerung den Serien mit all ihren Tie-ins nicht wieder komplett neue Perspektiven eröffnen? Oder wäre es im Falle solch großer Namen wie Batman, Superman und in diesem Falle Spider-Man der Anfang vom Ende eines Mysteriums, das die verschiedenen Reihen jahrelang nährte und oftmals die Basis für die einzelnen Geschichten lieferte? Gute Frage, nächste Frage.

Die Entscheidung liegt letztendlich sowieso bei den Autoren, die vertreten durch J. Michael Straczynski, dem Schöpfer von „Babylon 5“, aber auch sehr interessante Ansätze verfolgen, deren abschließender Auflösung man sich allerdings keinesfalls sicher sein kann. Happy-Ends scheinen einigen Leuten ja in letzter Zeit eh ein Greuel zu sein, und deswegen sollte man sich vor Prognosen, was den Verlauf der neuen Serie angeht, auch vornehm zurückhalten. Feststeht lediglich, dass die Protagonisten auf einen jetzt schon unausweichlichen Bürgerkrieg zusteuern, dessen Ausmaße jedoch noch nicht ersichtlich sind. Spannung pur ist also weiterhin in der „Spider-Man“-Reihe von Marvel Deutschland angesagt, die hier durch einen weiteren fabelhaften Handlungsabschnitt bereichert wird. Und sei es auch nur wegen der neuen Kostümvarianten des Hauptdarstellers, die sowohl optisch als auch vor allem technisch einiges hergeben.

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Walter Moers – Adolf: Der Bonker

Das geschieht:

Berlin, Ende April 1945. Der Krieg ist für das Deutsche Reich an allen Fronten längst verloren, der Feind steht bereits hinter den Toren der Hauptstadt Berlin. Dort sitzt in seinem „Bonker“ Adolf, die Nazi-Sau, einst „Größter Feldherr aller Zeiten“, nun ein geschlagener Diktator, der partout nicht einsehen will, dass seine Herrschaft zu Ende ist.

Keiner nimmt Adolf mehr Ernst. Der britische Premierminister Winston Churchill spielt ihm fiese Telefonstreiche, auf die der humorlose Tyrann stets hereinfällt. Freundin Eva Braun schläft mit jedem außer ihm, für den nur maulige Vorwürfe abfallen, wann der lästige Krieg endlich vorüber sei. Ehemalige Kampfgefährten wie Hermann Göring, Benito Mussolini oder der japanische Kaiser versuchen den störrischen Diktator zur Kapitulation zu bewegen. Aber sowohl sie als auch der Tod, Gott oder Michael Jackson, die in ähnlicher Mission im „Bonker“ auftauchen, bleiben erfolglos. Walter Moers – Adolf: Der Bonker weiterlesen

Clive Barker – Abarat

Das Tor zur Hölle ist zu!

Stattdessen hat Clive Barker das Tor zu einer anderen Welt aufgestoßen, zu Abarat, einem Archipel seltsamer Inseln, seltsamer Kriege, seltsamer Wesen und seltsamer Bräuche. Ein Auftakt ist dieser Band, und drei weitere werden folgen, werfen wir also einen Blick auf diejenige, um die sich alles dreht:

Fear and Loathing in Chickentown.

Candy Quackenbush lebt in Chickentown, Minnesota, und könnte sich nichts Langweiligeres vorstellen als das. Ihr Vater trinkt und schlägt sie, ihre Mutter hat sich schon längst in ihr Schicksal ergeben, und ihre Geschichtslehrerin piesackt sie mit der Hausaufgabe, Interessantes über ihre Heimatstadt herauszufinden. Nun, aber Candy denkt gar nicht daran, irgendwelche staubtrockenen Lehrbuchfakten zusammenzutragen, sondern wendet sich an eine tratschige Supermarkt-Kassiererin, um in skurrilere Tiefen ihrer Heimatstadt abzutauchen.

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Gentle, Mary – 1610: Kinder des Hermes

Band 1: [„Der letzte Alchimist“ 2360

Mary Gentle hat einen ungewöhnlichen und vielseitigen Werdegang aufzuweisen; 1956 in Sussex geboren, arbeitete sie unter anderem in Kinos und für Essen-auf-Rädern, bevor sie 1981 mit ihren Studien begann, die 1995 mit Master-Abschlüssen in Kriegsgeschichte und Geschichte des 17. Jahrhunderts mündeten.

Ihre profunden Kenntnisse stellte sie bereits in der [Legende von Ash, 303 die mit dem |British Science Fiction Award| sowie dem |Sidewise Award for Alternate History| ausgezeichnet wurde, unter Beweis.

Sie hat einen sehr eigenen Stil, der historischen Roman mit Science-Fiction verbindet, ihre Erzählweise ist ebenso eigenwillig. Schwierig zu klassifizieren, sprengt sie Genreschranken und ist eine willkommene Bereicherung des Phantastikgenres.

Mit „1610: Die Kinder des Hermes“ liegt mittlerweile der zweite Teil der Übersetzung von „1610: A Sundial in a Grave“ vor. Als Übersetzer zeichnet wie bereits bei der „Legende von Ash“ Rainer Schumacher verantwortlich, der auch diesmal wieder vortreffliche und tadellose Arbeit geleistet hat.

„1610“ erzählt die Geschichte des bekannten Musketier-Antagonisten Valentin Rochefort. Dieser ist ein überraschend selbstkritischer und amüsanter Erzähler, der die Ereignisse des Jahres 1610 für den Leser in seinen Memoiren niederschreibt. Aus seiner Sicht erfahren wir von dem genialen Mathematiker Robert Fludd, der einen Weg gefunden hat, durch Mathematik die Zukunft vorherzusagen.

Die Zukunft gefällt Fludd aber nicht, und er plant sie zu ändern. Rochefort kommt dabei eine tragende Rolle zu. Der als vermeintlicher Königsmörder in Frankreich in Ungnade gefallene Haudegen soll einen weiteren König, James Stuart, ermorden helfen – damit sein Sohn Heinrich König werden kann und eine Fludd genehmere Zukunft ermöglicht. Die ebenfalls mit der geheimen Mathematik vertraute Schwester Caterina will dies verhindern und hilft Rochefort, der jedoch kaum eine Wahl hat: Seine Hassliebe Dariole wird von Fludd entführt und dient ihm als Geisel.

„Die Kinder des Hermes“ stellt einen typischen Mittelteil dar. Allerdings wird in für Gentle typischer Manier der Höhepunkt herausgezögert, so dass dieser Roman etwas weniger spannend und originell ist als der Vorgänger. Rochefort kann das Komplott gegen König James vereiteln und Dariole retten, die jedoch zuvor vergewaltigt wurde und eine der Ursachen ist, warum Fludds Plan scheiterte: Entgegen seinen Berechnungen beging sie nach der Vergewaltigung durch seine Knechte keinen Selbstmord, Rochefort geriet infolgedessen nicht in Rage und auch der Tod einer weiteren Person, die sich für ihn opfert, war so ebenfalls nicht vorgesehen. Fludds Zukunfts-Kartenhaus bricht zusammen und sein Plan scheitert auf ganzer Linie.

Hier setzt auch meine Kritik an: Bereits auf den ersten Seiten dieses Mittelteils ereignen sich diese entscheidenden Szenen! Die leider aber nicht überzeugen können. So lässt Gentle Rochefort spekulieren, Fludd könne zwar Aktionen berechnen und somit voraussagen, die dahinter stehenden Motive aber nicht. So könnte die (nicht ganz so unvermutet) starke Liebe zwischen Rochefort und Dariole seinen Plan gekippt haben. Zwar muss man als Leser einfach das Zugeständnis machen, dass Fludd die Zukunft perfekt berechnen kann; dass er dann dies aber nicht können sollte, wo er es doch stets schafft, Boten zur rechten Zeit am rechten Ort aufzustellen, um Rochefort Anweisungen zu erteilen, ist ein Schwachpunkt dieser Argumentation.

Die Wiedereinsetzung von König James zieht sich durch den Mittelteil, zwar flüssig zu lesen, aber ohne echte Höhepunkte. Konfliktstoff steckt vielmehr in der Beziehung zwischen Dariole und Rochefort; Letztere ist von der Vergewaltigung tief verletzt und will Rache, während Rochefort Fludd an König James sozusagen als Wahrsager und potenzielles Machtmittel verschachert.

Angesichts seiner mittlerweile von ihm selbst anerkannten Gefühle für Dariole wirkt dies wie Hohn und ergibt wenig Sinn; nur im Kontext der Entwicklung in diesem Roman kann man es halbwegs akzeptieren. Rochefort wird vom Handelnden zum Getriebenen, zum kleinen Gefolgsmann, der von Königen und anderen Mächtigen als Werkzeug behandelt wird, genau wie der einstmals so mächtige Verschwörer Robert Fludd. So tritt der farblose König James von Schottland in den Vordergrund, schillernde Charaktere wie Rochefort, Fludd oder der Samurai Saburo tauchen leider fast völlig unter. Dariole mutiert zu einer nervenden Zicke, allerdings sind zumindest ihre Motive nachvollziehbar: Sie will Fludds Kopf.

Die spannendste Wende erfolgt auf den letzten Seiten: Fludd wird entführt – jemand will sich seine Fähigkeiten zu Nutze machen. Mit dem Hinweis auf Saburo und Japan sowie einer den beiden wie ein Racheengel folgenden Dariole dürfte klar sein, wohin es Rochefort demnächst verschlagen wird …

_Fazit:_

Obwohl „Die Kinder des Hermes“ 396 Seiten umfasst und flüssig und spannend zu lesen ist, fehlt die Klasse des ersten Teils. Zu wenig passiert und einige Widersprüche trüben das Lesevergnügen. Lobenswerterweise wird diesmal zumindest Rainer Schumacher als Übersetzer genannt; dass mit „1610: Söhne der Zeit“ ein dritter Teil folgt, wird leider mit keinem Wort erwähnt – ebenso wenig, dass dieser abschließend ist. Wie bereits bei „Ash“ ist Mary Gentle bisweilen etwas holprig, durch die Teilung der deutschen Fassung wird dies leider auffällig betont. In diesem Band geizt sie auch mit historischen Details, die sonst ihre Stärke sind und ihren Romanen Klasse verleihen. Unterhaltsam ist „Die Kinder des Hermes“ aber allemal, die Andeutungen auf kommende Entwicklungen im dritten Band sind zudem sehr vielversprechend.

Tom Bradby – Der Gott der Dunkelheit

Das geschieht:

Im Juni des Jahres 1942 stürmen die Truppen Hitler-Deutschlands an allen Fronten scheinbar unaufhaltsam vor. Unter dem Kommando Generals Rommel treiben die Nazis in Nordafrika die britischen Verteidiger vor sich her. Nur noch Stunden steht das Afrikakorps vor Kairo, der letzten Bastion. Die Briten sind demoralisiert an der Front und gefährdet in der Etappe. Vor einigen Monaten haben sie König Faruk von Ägypten abgesetzt und regieren das Land seither ganz unverhohlen als Kolonie. Die Ägypter haben das nicht vergessen. Separatisten und Terroristen blieben bisher erfolglos, doch Rommels Nahen lässt sie Oberwasser gewinnen. In den Straßen Kairos macht sich eine gefährliche Stimmung gegen die Briten und für Hitler breit.

In diesem Chaos versucht Major Joe Quinn, Chefermittler des Special Investigation Branch in der Kriminalabteilung der Royal Military Police, einen brutalen Mord aufzuklären. Im Garten seiner Dienstwohnung fand man die Leiche von Captain Rupert Smith, die Kehle durchschnitten, der Körper an einem Baum aufgeknüpft, auf der Brust die Figur von Seth, Gott der Finsternis und des Chaos, eingeritzt, darunter das Wort „Befreiung“. Dies weist auf die Täterschaft der „Arabischen Bruderschaft“ hin, einer besonders aktiven ägyptischen Befreiungsorganisation. Alarmierend ist weiterhin die Tatsache, dass Smith als hoher Offizier der Einheit Movement Control Kenntnis über Position und Kampfstärke jeder britischen Fronteinheit hatte. Wurde dieses hochgeheime Wissen womöglich an die Nazis verraten? Tom Bradby – Der Gott der Dunkelheit weiterlesen

Dixon, Chuck – Simpsons Comics 117

|“Clownstherapie“|

Krusty ist mal wieder mit den Vorgesetzten seines Senders aneinandergeraten, die ihm fortan den Inhalt seiner Sendungen vorschreiben wollen. Den Clown schert dies jedoch nur ziemlich wenig, weshalb er auch sein Programm normal weiterführt. Als es bei der nächsten Show dann aber zu einem Zwischenfall kommt, wird Krusty nahe gelegt, seine Arbeit als Clown niederzulegen. Während sein Sendeplatz an eine Teenie-Serie vergeben wird, heuert Krusty im Atomkraftwerk an. Bart will sich damit allerdings nicht abfinden.

|“Verti-Go-Ariino“|

Als Ned Flanders beim Teppichkauf glaubt, den Satan gesehen zu haben, braucht er im nächsten Café erst einmal eine Abkühlung. Als er dabei aber eine Fau vorbeifahren sieht, die haargenau seiner verstorbenen Gattin Maude gleicht, bekommt er Zweifel an seinem Verstand. Flanders sucht Rat bei seinem Nachbarn, der ihn prompt zum Gespräch in die Kneipe bittet. Zusammen mit Homers Trinkkumpanen werden Pläne geschmiedet, wie man die offensichtliche Doppelgängerin zur Rede stellen kann.

_Meine Meinung_

Die neueste Auflage der „Simpsons Comics“ bietet zwei Geschichten, die sich eher im Umfeld der Familie abspielen. In „Clownstherapie“ wird hierbei ein schon öfter durchgekautes Thema abgerufen, nämlich das Ende von Krustys Karriere, welches ja auch schon in diversen Episoden der TV-Serie prophezeiht und doch wieder widerrufen wurde. Dieses Mal liegt die Ursache in den niedrigen Einschaltquoten begündet, infolge derer die Fädenzieher des Senders dem Clown ins Programm reden wollen. Nichts Neues also. Wirklich interessant wird das Ganze daher erst, als Krusty nach seinem Besuch bei einer Psychologin als einfacher Arbeiter im Atomkraftwerk von Mr. Burns eingestellt wird, wo Homer gerade eine Kernschmelze provoziert hat. Erst als er dort wieder von seinen Qualitäten als Entertainer überzeugt wird und selbst Menschen in höchster Not zum Lachen bringt, erkennt er seine wahre Berufung.

„Clownstherapie“ ist ein typischer Moral-von-der-Geschicht-Plot, von denen es bei den Simpsons ja nach wie vor zahlreiche gibt. Steht meistens Lisa bei diesen Folgen im Mittlpukt, ist es diesmal der rotzfreche Clown, der eine weitere Midlife-Crisis erleidet und diese mit Barts Unterstützung löst. Leider bleibt es im Großen und Ganzen aber nur beim Attribut ‚ganz nett‘, denn wirklich witzig ist diese Geschichte nicht, und bis auf ein paar wenige Anspielungen (so etwa ein leichter Hieb auf den unverkennbaren Humor der „Garfield“-Strips) fehlt es dem Autor hier auch an Gift und Galle. Aber als Überbrückung zur vermutlichen Hauptstory geht das schon in Ordnung.

Diese folgt dann auch mit „Verti-Go-Ariino“, in der Homer seinen Nachbarn Ned Flanders mal wieder unbewusst ins Chaos stürzt. Der streng religiöse Flanders ist hin- und hergerissen ob seiner Sekunden-Begegnung mit einer bekannt aussehenden Dame und braucht dringend Rat. Doch statt ihm hier unter die Arme zu greifen, probiert Homer lieber neue Frisurtrends mit seinem Rasierschaum aus und lädt seine Freunde in Mo’s Taverne schließlich zum kostenfreien Drink auf Neds Deckel ein. Der jedoch ist weiterhin so verwirrt, dass er den Schwindel gar nicht bemerkt und brav das Alkoholikerkonsulat von Springfield unterhält.

Diese zweite Episode ist ein weiteres Meisterstück aus der Feder von Chuck Dixon. Gleich mehrfach werden hier die Lachmuskeln bis aufs Äußerste strapaziert, wobei der Auftritt in der Kneipe wohl der absolute Höhepunkt ist. Den Machern fallen aber tatsächlich auch immer noch dümmere Aktionen ein. Ned muss sich zum Beispiel anhören, ob er nun einen Geist, einen Zombie oder doch einen sexy Geist aus der Zukunft gesehen hat. Göttlich! Und dafür liebt man schließlich auch den steifen Witwer.

Zum Ende des Comics gibt es noch einige kurze Erläuterungen zum Inhalt und der Wortwahl des Comics sowie Informationen über zwei Musiker (James Brown und Robert Goulet), die im Laufe der Jahre zu Simpsons-TV-Ehren gekommen sind. Ergänzt wird das Ganze mit Leserbriefen, einem Malwettbewerb samt Gewinnspiel zur Fußball-WM und einer kurzen Vorschau auf das anstehende 10-jährige Jubiläum der „Simpsons Comics“ in Deutschland.

_Fazit:_ Eine anständige und eine richtig starke Geschichte gibt’s in #117 zu lesen. Auch wenn man dieses Mal auf besondere Extras verzichten muss, lohnt sich der Kioskabholpreis von 2,50 € mal allein schon wieder voll und ganz, um Ned Flanders in peinlicher Mission zu sehen. Wie sagt Krusty so schön: Juk-Juk-Juk-Ahuu-Huu-Huu!

http://www.paninicomics.de

Alexander Kent – Zwölf Sekunden bis zum Untergang

Das geschieht:

1943 steht Nazideutschland auf der Höhe seiner Macht. Der Süden Großbritanniens steht unter Dauerfeuer. Aus der Luft greifen Bomber die Städte an, die Küsten werden von Kriegsschiffen und U-Booten abgeriegelt. Gefürchtet sind auch die deutschen Minen, die aus der Luft abgeworfen oder im Meer versenkt werden. Viele enden als Blindgänger, andere werden entdeckt, bevor sie explodieren können. Alle sind sie zu entschärfen – eine gefährliche Aufgabe, denn die Konstrukteure haben Todesfallen eingebaut. Zwölf Sekunden bleiben dem unglücklichen Entschärfer zu erkennen, dass er einen Fehler gemacht hat, bevor er in Stücke gerissen wird.

So hat der Vorgänger von Korvettenkapitän David Masters seinen Job verloren. Die Royal Navy ernennt den neuen Mann zum Kommandanten der Torpedo- und Versuchsanstalt „HMS Vernon“, wo man sich auf Sprengkörper aller Art spezialisiert hat. Auch Minenleger, -räumer und Entschärfer werden hier ausgebildet; der Bedarf ist groß … Die Angst ist ständiger Begleiter der Männer, die gleichzeitig fasziniert sind vom Kampf mit der Bombe, dem „Biest“, den sie stets ganz allein führen müssen. In der letzten Zeit sind die Verluste höher denn je, denn die Deutschen testen einen neuen Minentyp, der bei jedem Entschärfungsversuch bisher unweigerlich explodierte. Alexander Kent – Zwölf Sekunden bis zum Untergang weiterlesen

Parzzival, S.H.A. – Himbeertod (Titan-Sternenabenteuer 25)

_Story_

Nach dem Attentat auf Shalyn Shan haben die Ärzte die schöne Suuranerin in ein künstliches Koma versetzt und so ihr Leben bewahren können. Allerdings waren hierzu ein paar Schönheitsfehler unvermeidbar, so dass die Kommandantin der TITAN nun eine Glatze tragen muss. In der Zwischenzeit hat die World Police auch alles daran gesetzt, den Attentäter zu stellen und dingfest zu machen – allerdings ohne Erfolg.

Auf Empfehlung eines guten Bekannten wird der Spezialagent Wernher von Witzleben auf den Fall angesetzt, von dem sich Shalyn aber aufgrund der ersten seltsamen Zusammenkunft keine großen Resultate verspricht. Um so überraschter ist sie, als der durchgeknallte Agent, der wie ein alter Action-Held im Fledermauskostüm auf Verbrecherjagd geht, in kürzester Zeit tatsächlich den mutmaßlichen Mörder inhaftiert. Statt ihn aber direkt der World Police auszuhändigen, wählt von Witzleben einen brutaleren Weg und fragt den Attentäter namens Haron nach Motivation und Auftraggebern aus, indem er die Antworten durch körperliche Übergriffe erzwingt.

Doch Haron schweigt beharrlich und kann tatsächlich auch wieder entkommen. Der Spezialagent hat jedoch noch eine zweite Geheimwaffe in der Hinterhand. Er ist auf eine Frau getroffen, die angab, mehr über die Vergangenheit von Monja Anjetta zu wissen. Für Shalyn Shan ist dies die erfreulichste Nachricht seit langem, und so wird auch in Windeseile ein Treffen vereinbart. Doch wer weiß, ob Monja, Shalyn und ihre Kumpanen sich auf den Weg dorthin gemacht hätten, wenn ihnen der Ausgang der Begegnung von vornherein bewusst gewesen wäre …

Währenddessen haben Raumschiffe der Cadschiden eine Invasion in einem italienischen Bergdorf gestartet und den dortigen Bewohnern ihre Gefühle geraubt. Ohne Rücksicht auf die hilflosen Anwohner schwärmen sie mit ihren Kristallen aus und hinterlassen bei den betroffenen Menschen ein Gefühl der Leere – und einen Himbeergschmack, den auch Shalyn Shan gespürt hat, kurz bevor ihr Harons Anschlag die Sinne raubte.

_Meine Meinung_

Im aktuellen Band der „Titan-Sternenabenteuer“ werden die beiden bisherigen Sub-Plots zu einem homogenen Strang zusammengeführt, der allerdings weiterhin genügend Freiräume für etwaige Nebenschauplätze lässt. Im Mittelpunkt steht dabei die ‚Auferstehung‘ der bereits ermordeten Shalyn Shan, die immer mehr darauf bedacht ist, das Geheimnis hinter ihrer Geliebten Monja Anjetta aufzudecken. Deshalb legt sie auch so großen Wert auf die Festnahme des Attentäters, der Gerüchten zufolge ja auch ein Teil von Monjas Vergangenheit gewesen sein soll.

Nicht nur um sich selbst zu beweisen, dass dem nicht so ist, und dass Monja eine weiße Weste hat, sondern auch, um das Gemüt ihrer Freundin zu beruhigen, greift Shalyn Shan mal wieder zu recht unkonventionellen Mitteln, als sie sich auf den Abgesandten der World Police, Wernher von Witzleben, und dessen eigenartige Ermittlungsmethoden einlässt. Shalyn weiß nicht, was sie von der Fledermaus-Maskerade, dem seltsamen Tick für alte Romane aus Papier und der unsympathischen Ausstrahlung des Agenten halten soll, sieht in ihm aber die letzte verzweifelte Chance, um die zunehmend unsichere Situation wieder ins Lot zu bringen. Bis zum Ende hadert sie mit den Entscheidungen ihrer neuen Zweckverbindung, lässt sich aber von dem Erfolg immer wieder blenden. Und dennoch bleibt die Frage im Raume stehen, ob es sich bei von Witzleben um einen Ehrenmann oder doch um den zur Schau gestellten Fiesling handelt, als der er seinen Feinden gegenüber auftritt. Der nächste Band heißt „Fledermaus“, dann gibt’s hierzu sicher mehr …

Davon mal abgesehen, ist man beim silbernen Jubiläum der Serie wieder überraschend kreativ geworden. Die Invasion der Cadschiden wurde von S.H.A. Parzzival ebenso gut in Szene gesetzt wie das Katz-und-Maus-Spiel des von Witzleben und seiner Opfern. Es wird endlich wieder richtig spannend, und nach einigen viel zu transparenten Fortgängen hat man auf der TITAN wieder einen Punkt erreicht, an dem die Handlung voller Überraschungen steckt. Der Leser fiebert mit, wenn Shalyn Shan langsam aber sicher hinter Monjas Identität zu blicken wagt, und hofft natürlich inständig, dass Letztgenannte zu den ‚Guten‘ gehört.

Und je länger man auf die Folter gespannt wird, desto tiefer dringt man auch wieder in die Gesamthandlung ein, die in den letzten Bänden noch recht oberflächlich fortgeführt wurde. Nicht zuletzt durch die Öffnung weiterer Handlungsspielräume und die Einführung neuer Charaktere wie den schrägen Wernher von Witzleben steuert die |TITAN| (deren Motoren in diesem Buch übrigens auch endlich wieder gestartet werden) wieder auf den richtigen Kurs, der lediglich durch einige merkwürdige sprachliche Eigenheiten beeinträchtigt wird.

Manchmal nämlich raubt man sich zu früh die Spannung, in dem man Kapitel mit Sätzen wie „… wenn sie vorher gewusst hätte, was sich dort ereignet …“ enden lässt und dabei praktisch schon aus der Zukunft heraus das bevorstehende Übel beschreibt. Stattddessen hätte man die Geschichte genau so gut bzw. wahrscheinlich noch besser ihrem natürlichen Verlauf überlassen und so auch die Überraschungen noch stärker auf seiner Seite gehabt. Ebenfalls etwas übertrieben finde ich die zweideutigen Wortspiele. Der Name ‚Wernher von Witzleben‘ zum Beispiel ist einfach nur peinlich. Die Autoren der „Titan-Sternenabenteuer“ haben zwar immer schon ein gewisses Maß an Humor vorgewiesen, doch hat man dabei bislang immer noch Grenzen eingehalten, innerhalb derer man auch tatsächlich von Humor sprechen konnte. Leider bestehen diese Limits bei „Himbeertod“ nicht mehr, was zur Folge hat, dass neben von Witzleben selber auch dessen alberne Aktionen (Fledermauskostüm, Schnüffeln an alten Heftromanen, doofe Macho-Sprüche, etc.) äußerst fragwürdig erscheinen. Vielleicht sind es ja Insider, vielleicht wird man damit auch bei einem Teil des Publikums landen, doch bei mir persönlich hat dieser ironische Klamauk nicht gezündet.

Im Großen und Ganzen sind es aber nur ein paar kleine Nebensächlichkeiten, die es bei der 25. Ausgabe der Social-Fiction-Serie zu bemängeln gibt. Bezüglich Geschichte, Weiterentwicklung und Spannung hat S.H.A Parzzival verglichen mit den letzten Bänden indes wieder gehörige Verbesserungen erzielen können, auf denen aufbauend die TITAN hoffentlich auch in Zukunft die Häfen ansteuern wird, die man vorm Umschwung von Science- auf Social-Fiction noch regelmäßig besuchte. Kurzum: Nach der zwischenzeitlichen Flaute wird einem hier endlich wieder das Niveau geboten, das man etwas längere Zeit vermisst hatte – wenn auch nur auf mageren 158 Seiten.

http://www.BLITZ-Verlag.de

Kürthy, Ildikó von – Höhenrausch

|“Mann, bin ich einsam. Sonntagabende sind meiner Empfindung nach für uns Alleinstehende aber auch immer besonders schwer zu bewältigen. Da bleibt man traditionellerweise zu Hause, kocht Nudeln, guckt ‚Tatort‘ und geht, von Sabine Christiansen vergrault, zeitig zu Bett. Der Sonntagabend ist ein ‚Wir-Abend‘. Und ich bin kein Wir mehr. Der Scheißkerl hat mich mit Sabine Christiansen allein gelassen.“|

Wieder einmal spricht Bestsellerautorin Ildikó von Kürthy ihren weiblichen Leserinnen aus der Seele mit ihrem neuen Roman „Höhenrausch“, in dem sie sich erneut dem Singleleben jenseits der 30 widmet, das ich zwar nicht aus eigener Erfahrung kenne, aber nun bereits mehrfach dank von Kürthy miterlebt und mitgefühlt habe.

Linda Schumann ist 35, von Beruf Übersetzerin und frisch verlassen, nachdem sie im Auto ihres nunmehr Exfreundes – dessen Name man nicht mehr nennen darf und der deswegen „Draco“ (angelehnt an „Harry Potter“) getauft wurde – verräterische Fußspuren an der Fensterscheibe entdeckt hat. Kurzerhand tauscht Linda mit dem unbekannten Andreas aus Berlin die Wohnungen, da beide einen Neuanfang wagen wollen. Linda meldet sich bei einer Dating-Agentur an und bekommt auch tatsächlich schnell ein Date vermittelt. Dort stellt sie allerdings fest, dass sie fälschlicherweise mit dem schwulen Erdal aus Hamburg verkuppelt werden soll, der eigentlich Sexgott27 treffen wollte. Obwohl die beiden sich auf Anhieb unsympathisch sind, entwickelt sich dennoch eine Freundschaft aus dieser Zufallsbegegnung, nachdem Erdal Linda durch Antäuschung eines schweren Asthmaanfalls aus einer grausigen und nebligen Theatervorstellung errettet hat.

So kommuniziert Linda per Mail mit dem unbekannten Andreas, der nun ihre Wohnung in Jülich übernommen hat und ihr alle ihre Plüschtiere zuschickt, damit sie sich in Berlin nicht mehr so einsam fühlt, außerdem telefoniert Linda regelmäßig mit ihrer Freundin Silke und natürlich kommen die „Frauenabende“ mit Erdal hinzu. Als unvermittelt Lindas gut aussehender, aber verheirateter, neuer Nachbar Johann vor der Tür steht, ist die Not groß, denn Linda hat sich Hals über Kopf in den attraktiven Mittvierziger verliebt.

Zwischen den beiden entwickelt sich eine Affäre, die natürlich in allen Einzelheiten mit diversen Menschen ausdiskutiert und aus verschiedenen Blickwinkeln analysiert werden muss, und obwohl Linda immer cool und unbeteiligt wirkt, möchte sie Johann ganz für sich gewinnen – bis sie plötzlich seiner Ehefrau gegenübersteht und sie leider äußerst nett findet …

In wunderbarer und erfrischender Weise deckt Ildikó von Kürthy wieder einmal sämtliche weiblichen und auch einige männlichen Macken auf und schmückt sie durch viele sympathische Episoden aus. Und wieder einmal ist es nicht so sehr die Geschichte an sich, die unterhält oder überzeugt, sondern es sind die kleinen Dinge am Rande. Während Linda uns ihre Geschichte erzählt, ihre Probleme durchkaut und ihre geheimsten Gefühle offenbart, kommen ihr immer wieder neue Dinge in den Kopf, die sie vom eigentlichen Thema zwar ablenken, aber doch sehr viel über Linda und ihren Charakter aussagen. Diese abschweifenden Episoden und auch die herrlichen Metaphern sind es, die das vorliegende Buch wieder einmal zu einem herzerfrischenden Lesegenuss machen.

Ildikó von Kürthy beschreibt Dinge, die zwar jeder Frau schon einmal aufgefallen sein dürften, die aber nur die wenigsten Frauen in Worte fassen, Ildikó von Kürthy verleiht diesen Gedanken ihre Stimme und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Insbesondere der oft unverstandene weibliche Schuh-Tick wird hier messerscharf analysiert und dürfte nun auch jedem Mann einsichtig werden:

|“Aber irgendwann kommt in Beziehungen die Zeit der so genannten gemütlichen Abende. Dann machst du den Abwasch nicht mehr nackt und nur mit zwölf Zentimetern Absatz unter dir. Und du bist nicht länger bereit, dieses unermessliche Leid in Kauf zu nehmen, das bereits die Schritte zum Klo auf High Heels auslösen – und das für einen Mann, von dem du ja bereits weißt, dass er dich liebt. […] Eine Frau sollte nur dann Absätze von mehr als elf Zentimetern Höhe tragen, wenn sie Single ist und das nicht bleiben möchte. Oder frisch verliebt ist und das bleiben möchte. Oder den Abend definitiv größtenteils im Liegen verbringen wird.“| (S. 112/113)

Beschreibungen wie diese sind es, die mich immer wieder zu Ildikó von Kürthys Büchern greifen lassen, weil sie so herrlich überzogen sind, im Kern aber doch ziemlich nah an der Wahrheit bleiben. Natürlich sind viele Situationen überzogen und auch die Charaktere nicht wirklich alltäglich, aber genau das ist es, was den Reiz des Buches ausmacht.

Apropos Charaktere: Ildikó von Kürthy schafft es immer wieder, eine sympathische Frauenfigur zu kreieren, die jeder Leserin ans Herz wachsen dürfte. Von Kürthys Ich-Erzählerin steckt stets in der Krise, stets hat sie gerade Liebeskummer und jammert sich im Laufe des Buches ein wenig aus, dabei wird die Ich-Erzählerin – in diesem Fall Linda Schumann – aber nie nervig wie manchmal Becky Bloomwood bei Sophie Kinsella, die sich so naiv und dämlich gibt, dass man sie auch mit viel Geduld nur schlecht ertragen kann. Ganz anders bei Linda Schumann; sie hat genug Macken und macht auch einige Fehler, aber wenn sie zum Beispiel über ihre fehlenden Flirttechniken berichtet, muss man sie einfach gern haben:

|“Ich kann gut Englisch, und ich kann gut kochen. Ich kann gut Briefe schreiben, und wenn es sein muss, kann ich sogar gut auf Kohlenhydrate verzichten. Was ich definitiv nicht kann, ist gut rechnen, elegant auf hohen Schuhen gehen und ergebnisorientiert flirten.“| (S. 84)

In vielen Passagen findet frau sich wieder, aber auch der männliche Leser dürfte neben dem Schuhproblem noch weitere Mysterien aufgedeckt und erklärt bekommen, sodass Ildikó von Kürthy nicht ausschließlich für Frauen schreibt – wie beispielsweise auch das Zitat von Harald Schmidt auf dem Buchrücken beweist: |“Liebe! Romantik! Ein supertolles Buch!“|. Dennoch dürfte der weibliche Teil der Bevölkerung zugegebenermaßen wohl den weitaus größeren Teil der Leser(innen)schaft ausmachen.

Besonders optisch ist das Buch ein Hochgenuss, die verschiedenen Elemente wie die Telefonate mit Silke oder die E-Mails zwischen Linda und Andreas sind in verschiedenen Schriftarten gesetzt und somit leicht erkennbar. Auch sind erneut zahlreiche Bilder eingebaut, die stets zu den beschriebenen Situationen passen, sei es die DVD-Box zu „24“, wenn Linda darüber sinniert, wie lässig Jack Bauer sein aufklappbares Handy ans Ohr halten und „Mr. President, we do have a situation here“ sagen kann oder sei es die Plüschtierparade, wenn Linda über die Anschaffung neuer Kuscheltiere für die neue Berliner Wohnung nachdenkt.

Unter dem Strich ist Ildikó von Kürthy erneut ein überzeugender Roman gelungen, der vielen Frauen aus der Seele sprechen dürfte, der allerdings wie schon zuvor „Blaue Wunder“ nicht an ihre beiden Klassiker „Mondscheintarif“ und „Freizeichen“ heranreichen kann. Bei „Höhenrausch“ ist es die Rahmengeschichte, die nicht wirklich überzeugen kann, die betrogene Mittdreißigerin im Liebeskummer reicht für eine etwa 250-seitige Erzählung eigentlich nicht ganz aus. Die vielen Episoden am Rande sorgen allerdings erfolgreich dafür, dass das Buch trotzdem unterhaltsam ist und eine Menge Spaß bereitet. So werden die Fans von Ildikó von Kürthy das Buch durchaus zufrieden zuklappen, auch wenn die Autorin bereits zwei- bis dreimal bewiesen hat, dass sie es noch deutlich besser kann. Für unbeschwerte sommerliche Nachmittags- und Abendstunden auf dem Balkon ist „Höhenrausch“ aber in jedem Fall genau die richtige Lektüre.

Hohlbein, Wolfgang / Finn, Thomas / Erdmann, Julia / Evers, Momo / Gill, Heiko / Heller, Frank / ua. – Hexer von Salem, Der (Grundregelwerk)

_Allgemein_

Das „Der Hexer von Salem“-Rollenspiel baut auf den gleichnamigen Romanen und Heften von Wolfgang Hohlbein auf. Diese befassen zwar ebenso wie die Geschichten von H.P. Lovecraft mit dem Cthulhu-Mythos, allerdings auf eine etwas actionlastigere Art und Weise. Und genau hier setzt das Hexer-Rollenspiel an, denn es ist nicht nur ein alternatives Setting des „Cthulhu-Rollenspiels“ sondern eine ganz eigene Art, den Mythos kennen zu lernen: „Pulp-Cthulhu“.

_Pulp_

Pulp ist der Begriff, der Heftromane mit richtigen, heroischen Helden beschreibt, die am Ende immer die Jungfrau vor dem Drachen retten oder Ähnliches (ihr wisst schon, was ich meine). Sie sind klischeeüberladen und haben eine klare Trennung von Gut und Böse. Daraus ergibt sich, dass man bei „Der Hexer von Salem“ im Gegensatz zum normalem „Cthulhu“ durchaus Möglichkeiten hat, den Schrecken auch zu bekämpfen, der einem droht. Was sich dabei am Spiel ändert? Eigentlich nicht viel, zumindest regeltechnisch. Die größte Neuerung ist sicherlich, dass man einen Hexer spielen kann, dem es möglich ist, Magie zu wirken, ohne dabei Stabilitätsverluste hinnehmen zu müssen. Die meisten Hexer haben zudem auch noch besondere Gaben und einen Fluch, der sie belastet.

Der eigentliche Pulp resultiert aber daraus, dass die Charaktere erheblich mehr Punkte für Fertigkeiten und dreimal so viele Lebenspunkte zur Verfügung haben als beim klassischen „Cthulhu“. Dies führt dann wiederum dahin, dass man deutlich robuster ist, um gegen etwaige Monster antreten zu können (allerdings ändert sich relativ weinig bezüglich der Stabilitätsverluste und dem Wahnsinn). Man spielt halt einen Helden und keinen Zuschauer.

„Der Hexer von Salem“ ist ein eigenes und eigenständiges Grundregelwerk. Das heißt, man braucht weder das |Cthulhu|-Spieler- noch das Spielleiterhandbuch, um in die Welt von Robert Craven (Hauptfigur der Romane) einzutauchen. Praktisch sind sie aber trotzdem, da zum Beispiel die Fertigkeiten und die beschriebenen Berufe deutlich „abgespeckt“ daherkommen. Allerdings wird man mit etwas Kreativität (die ich bei jedem Rollenspieler mal per se voraussetze) auch ohne gut zurecht kommen. Der Cthulhu-Mythos und seine Monster werden teilweise etwas anders dargestellt, um sie dem Hexer-Universum anzupassen und den Pulp-Gedanken zu fördern.

Genau das Gleiche wurde auch beim Kampfsystem gemacht, für das es eine neue Kampfrundeneinteilung gibt und das allgemein einfach actionreicher daherkommt. So können alle Angriffe kritische Treffer erzielen, und jeder Charakter beherrscht etwa die Fertigkeit „Handgemenge“ mit einer Anfangs-Grundchance von 50 Prozent!

Neben der Action gehören wie schon erwähnt auch die Klischees zum Pulp-Genre. Auch hier wird reichlich Kost geboten, denn die Abenteuer sind nicht nur so konzipiert, sie an der Seite von Robert Craven zu bestehen, sondern auch auf allerlei aus der Literatur bekannte Personen zu treffen. Beispiele herfür wären etwa: Dr. Mabuse, Dr. Frankenstein, H.P. Lovecraft, Kapitän Nemo oder Dr. Fu Manchu. Auch eine Reise in H.G. Wells Zeitmaschine ist alles andere als unmöglich. Natürlich bleibt es jedem selbst überlassen, inwieweit man in die Klischeekiste greifen oder als „Sidekick“ von Robert Craven rumlaufen will.

_Inhalt_

Neben den kompletten benötigten Regeln, den Kreaturen sowie den wichtigen Personen und Organisationen werden auf über 40 Seiten die bisherigen Geschichten von Hohlbein über Robert Craven zusammengefasst. Dies ermöglicht es auch Spielern oder Spielleiter, sich an dieses Rollenspiel zu wagen, die die Romane noch nicht gelesen haben. Auch gibt es hier Anregungen, wie man die Geschichten am besten als spielbare Abenteuer umbauen kann.

Darauf folgen einige ausgewählte wichtige Orte des Hexer-Universums sowie die Magieregeln und äußerst hilfreiche Tipps für angehende Spielleiter. Den krönenden Abschluss bildet ein für einen Regelband äußerst ausführliches und sehr gelungenes Abenteuer von Thomas Finn mit dem Namen „Das Erbe der Templer“. Besonderes Schmankerl hierbei ist ein gedruckter Auktionskatalog – richtig cool.

_Mein Eindruck_

„Der Hexer von Salem“-Grundregelwerk ist wieder einmal eine gelungene Erweiterung der cthuloiden Rollenspielwelt. Dieses Spiel ist deutlich actionreicher und zudem einfacher zu spielen als das klassische Cthulhu-Rollenspiel und daher auch für unerfahrene Gruppen geeignet, da die Stimmung nicht alleine das entscheidende Element ist. Zudem ist der Einstieg in den Cthulhu-Mythos hier deutlich einfacher. Warum das Rollenspiel für Freunde der Romanreihe ein guter Griff ist, brauche ich hier wohl nicht näher zu erläutern. Die Regeln wurden sinnvoll gestutzt und sind nun so ausführlich wie nötig und so kurz wie möglich gehalten.

Sonst ist eigentlich alles beim Alten: Der Band ist in für den |Pegasus|-Verlag typischer hoher Qualität gehalten und zudem äußerst ansprechend gestaltet. Hardcover, reichlich alte Fotos aus den Zwanzigern sowie das obligatorische Lesebändchen – perfekt. Besonders gut gefällt mir zudem das Abenteuer „Das Erbe der Templer“, das mit seinem Umfang, seiner tollen Story und dem beiliegenden Auktionskatalog viele Punkte sammelt.

Zudem hat sich der |Pegasus|-Verlag auch einen Onlinesupport einfallen lassen, denn mit der Onlinezeitschrift [„The Gillian“,]http://www.pegasus.de/828.html die alle zwei bis drei Wochen veröffentlicht wird und immer wieder Bezug auf Abenteuer hat, gibt’s öfter mal neue Anregungen – natürlich kostenlos.

_Fazit_

Tolles Regelwerk, klasse Aufmachung. Wer sich beim „Cthulhu-Rollenspiel“ nach mehr Action sehnt oder wem es einfach zu kompliziert ist, der ist hier richtig aufgehoben. Da sich das „Der Hexer von Salem“-Rollenspiel aber teilweise enorm vom normalen „Cthulhu“ unterscheidet, dürfte es auch genug Anreize für „altgediente“ Rollenspieler bereithalten. Daher ist es sowohl für Neulinge als auch für fortgeschrittene Rollenspieler uneingeschränkt zu empfehlen.

http://www.pegasus.de/cthulhu.html
http://www.cthuloide-welten.de/

[Cthulhu Spieler-Handbuch 1744
[Cthulhu Spielleiter-Handbuch 2016
[Hohlbeins „Der Hexer von Salem“ 249

Vehlmann, Fabien / Bodart, Denis – Green Manor 1: Mörder und Gentlemen

_Inhalt_

Sechs Kurzgeschichten zum Thema Mord, das bietet „Green Manor 1: Mörder und Gentlemen“, der erste Sammelband einer Reihe über intelligent inszenierte Verbrechen, denen stets eine teils ironische, teils sarkastische Moral voraus- oder nacheilt. Vorab schon einmal eine kurze Übersicht über die enthaltenen Geschichten von Mördern und Gentlemen:

* Angenehmes Schaudern
* Postskriptum
* Modus Operandi
* 21 Hellebarden
* Sutter 1801
* Der letzte Weg des Doktor Thompson

_Story_

Ein Professor sucht zum Ende des 19. Jahrhunderts eine psychiatrische Klinik in der Nähe Londons auf und trifft dort auf einen fast 100 Jahre alten Patienten, der während seiner Zeit im Green Manor’s Club so manch seltsames Verbrechen miterlebt hat. So erzählt das ehemalige Clubmitglied seinem interessierten Zuhörer von einer Sitzung, in der es um Morde ohne Opfer und Mörder geht. Das Thema wird heiß diskutiert, bis schließlich der alternde Redner seiner Audienz eröffnet, dass sie bereits komplett vergiftet wurde. Ein unvollzogener Mord an noch lebenden Opfern, aber ohne Mörder. Weiterhin erzählt er die Geschichte eines Detektivs, der einen bereits fest eingeplanten Mord vereiteln soll. Er kennt Zeit und Ort, schaut aber ziemlich dumm drein, als er zum falschen Zeitpunkt an eben jenem falschen Ort steht. Außerdem plante man in Green Manor den Mord an Conan Doyle, dem Urheber der „Sherlock Holmes“-Geschichten, der mit den von ihm verulkten „Hellebarden“ erledigt werden sollte. Zu einem anderen Zeitpunkt wird ein Mörder namens John Smith gesucht, der jedoch anscheinend gar nicht existiert. Und der letzte Weg des Dr. Thompson wird so lange analyisert, bis der Mord dann doch auf dem offensichtlichsten Weg festgestellt wird.

_Meine Meinung_

Die Vermengung von mehreren Kurzgeschichten in einem Sammelband ist oftmals eine brisante, leider auch nicht selten unzufrieden stellend gelöste Angelegenheit, die in den ungünstigen Fällen daran scheitert, dass die einzelnen Erzählungen zu oberflächlich gestaltet wurden. Nicht so bei Fabien Vehlmann. Der Autor der in „Green Manor“ enthaltenen Kriminalgeschichten geht in enorm kurzer Zeit sehr detailliert in die Tiefe und lässt alle sechs Dramen rund um den berüchtigten Club wie kleine Epen erscheinen, deren Substanz schier unerschöpflich ist. Es ist dabei schon fast beängstigend, wie abgeklärt der Autor mit dem Thema Mord umgeht. In „Mörder und Gentlemen“ werden langjährige Bekannte um die Ecke gebracht, Rachepläne ausgeübt und vollzogen, geliebte Freunde getötet und vom Volke verehrte Helden ins Jenseits befördert – und das meist gänzlich ohne Skrupel und Reue.

Der Aufbau ist hierbei stets verschieden; Vehlmann geht die Sache zunächst bedächtig an, entführt den Leser dann urplötzlich und rasant in die zugrunde liegende Thematik und bereitet währenddessen schon die Pointe vor, die in allen Fällen mit einem bittersüßen, schwarzen Humor gezeichnet ist, den man eigentlich schon als typisch britisch bezeichnen müsste. Dabei ist bis auf den Schauplatz der einzelnen Akte hier gar nichts britisch.

Sherlock Holmes scheint dem Autor allerdings ein großes Vorbild gewesen zu sein; vielleicht auch gerade deshalb plant er in „21 Hellebarden“ den vorzeitigen Tod des Schöpfers des wohl berühmtesten Detektivs aller Zeiten. Wobei es fraglich erscheint, dass dieser in den hier vorgestellten Fällen etwas hätte ausrichten können. Zumindest das Verhindern der einzelnen Tathergänge wäre aufgrund der stets feinstens durchdachten Mordpläne unmöglich gewesen.

Statt Holmes sind nun andere die Helden; jedoch sind diese nicht alle so sympathisch wie die bekannte Spürnase. Es sind Gauner, Rachsüchtige, Irrsinnige und Schurken, aber auch Betrunkene, geistig Kranke und Taugenichtse, denen Vehlmann hier ein Forum gibt. Somit liefert er auch ein sehr schönes Bild von der Klassengesellschaft im Großbritannien des 19. Jahrhunderts ab, obwohl er sich bei der Wahl seiner Protagonisten schon deutlich bei der gerissenen und hinterhältigen Oberschicht bedient. Lediglich in „Modus Operandi“ wählt er ein ganzes Sammelsurium an potenziellen Mördern aus den mittelständischen Kasten aus, die die erstbeste Gelegenheit nutzen, um sich eines überdrüssigen Anhängsels zu entledigen und darauf folgend – wenn auch als Inkognito-Figur – einmal im Rampenlicht zu stehen. Genauso gewieft und kongenial geht man in Green Manor vor!

Die zeichnerisch exzellente Aufarbeitung des historischen Hintergrunds (Denis Bordart zeigt sich hier als Meister seines Faches), kombiniert mit der kühlen Atmosphäre und dem jedes Mal aufs Neue bewiesenen erzählerischen Genie von Autor Fabien Vehlmann, liefert schließlich die Basis für einen absolut genialen Sammelband, in dem die Kurzgeschichten deutlich mehr Farbe bekommen, als dies im ‚Normalfall‘ üblich ist. In gerade mal (jeweils) acht Seiten werden hier superspannende Mordgeschichten aus dem viktorianischen England erzählt, allesamt mit dem Ziel, die Planung und Durchführung des perfekten Mordes darzustellen. Enstanden sind sechs packende Erzählungen, die lustig, mitreißend und in gewisser Hinsicht auch sarkastisch zugleich sind und auf jeden Fall Lust auf mehr machen. Ein zweiter Band ist derzeit schon in Vorbereitung. Ich freue mich bereits riesig drauf!

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