Alle Beiträge von Meike Schulte-Meyer

Apple, Sam – Schlepping durch die Alpen

Ein österreichischer Wanderhirte, der, unterwegs auf saftigen Almwiesen und österreichischen Landstraßen, jiddische Volkslieder trällert – das klingt nicht gerade nach dem Stoff, aus dem Autorenträume geschnitzt werden (von Leserträumen mal ganz zu schweigen). Doch was auf den ersten Blick eher abschreckend anmutet, macht schon beim Blick auf den kuriosen Buchtitel „Schlepping durch die Alpen“ samt Pfeife schmauchendem Schaf auf dem Titelbild zumindest ein bisschen neugierig. Vielleicht sind österreichisches Wanderhirtentum und jiddisches Volksliedgut ja doch nicht so öde, wie man meinen mag …

Was der New Yorker Autor Sam Apple dann vor dem Leser ausbreitet, ist nicht nur gar nicht öde, sondern geradezu unterhaltsam – und das sage ich nicht nur weil ich ein heimliches Faible für Schafe hege. Sam Apple hat mit „Schlepping durch die Alpen“ ein Reisebuch der etwas anderen Art abgeliefert.

Alles beginnt mit einer folgenreichen Begegnung in New York, wo Sam Apple den österreichischen Wanderhirten Hans Breuer trifft. Hans Breuer ist nicht nur aufgrund der Tatsache, dass er der letzte Wanderhirte Österreichs ist, eine Art lebendes Kuriosum. Es ist vor allem seine Liebe zu jiddischen Volksliedern, die ihn auszeichnet. Das fasziniert den Juden Sam Apple, und so beschließt er, Hans in Österreich zu besuchen, ihn auf seinen Reisen zu begleiten und über ihn zu schreiben.

Er will nicht nur Hans näher kennenlernen, es geht ihm auch um einen anderen Aspekt Österreichs. Sam reist zwei Jahre nach dem furiosen Wahlerfolg der FPÖ nach Wien und will herausfinden, wie es um den Antisemitismus in Österreich bestellt ist. Ist Österreich immer noch voller Nazis? Oder ist das vielleicht nur ein dummes Vorurteil? Mit journalistischem Eifer macht Sam Apple sich auf seine ganz eigene Art auf die Suche nach Antworten.

Und so macht Sam sich, ausgestattet mit Diktaphon, 50 Paar Tageslinsen und schicken Designerboots auf in ein alpines Abenteuer. Dass er für die Tücken des alpinen Wanderhirtentums nicht wirklich gut gerüstet ist, muss er schon bald einsehen. Doch all das betrachtet der Autor mit einem sympathischen Augenzwinkern. Er bekennt sich dazu, ein Hypochonder zu sein und offenbart dem Leser auf liebenswürdige Art seine Neurosen. Das steuert eine wunderbar leichtfüßige, selbstironische und sehr unterhaltsame Note zur Geschichte bei, und so sorgt Sam Apple allein schon durch seine liebenswürdig schonungslose Ehrlichkeit gegenüber seiner eigene Person für einen nicht zu leugnenden Unterhaltungswert.

Sam Apples Reisebericht ist ein sehr persönlicher, denn letztendlich erfährt er nicht nur etwas über jiddische Volkslieder und österreichische Geschichte, sondern lernt am Ende auch eine ganze Menge über sich selbst. Und so wird aus einem eigentlich journalistischen Reisebericht schon fast so etwas wie ein Entwicklungsroman. Die Qualitäten von „Schlepping durch die Alpen“ liegen eben auch teilweise in der etwas romanhaften Erzählweise des Buches. Das mag zum einen an dem sympathischen, selbstironischen Erzählstil von Sam Apple liegen, zum anderen liegt es auch daran, dass die Lebensgeschichte von Hans Breuer anmutet, als wäre sie einem Roman entsprungen.

Hans Breuer ist Halbjude, dessen Eltern sich dem Kommunismus verbunden fühlen. Linkes Gedankengut hat er schon in die Wiege gelegt bekommen, und entsprechend farbenprächtig und radikal sehen seine Jugendjahre in den 60ern aus. Hans hat jahrelang in einer Kommune gelebt, bevor er sein Außenseitertum als Wanderhirte manifestierte. Immer wieder streut Sam Apple Episoden aus Hans‘ Leben in die Erzählung ein, und obwohl Hans auch am Ende immer noch eine eigenartige und schwer greifbare Figur bleibt, wird doch vieles klarer.

Doch Hans Breuer und sein Leben als Wanderhirte sind eben nur der eine Teil des Buches. Im anderen Teil schildert Sam Apple seine Begegnungen mit den verschiedensten Menschen in Österreich. Er trifft viele Juden und befragt sie nach ihrem Leben in Österreich. Er sucht im Alltag und auf der Straße nach Anzeichen für Antisemitismus. Er trifft unter anderem ein jüdisches Mitglied der FPÖ und einen nackten Museumswärter, aber er trifft auch jede Menge ganz normaler Österreicher. Und so skizziert Sam Apple nach und nach ein Bild vom heutigen Österreich und seinem Verhältnis zur eigenen Geschichte. Er schlägt viele kritische und nachdenklich stimmende Töne an, findet dafür aber auch immer wieder einen Ausgleich, indem er amüsante Episoden schildert.

Apple beweist ein Talent als feinfühliger Beobachter und gibt den Figuren, die im Zentrum seiner Betrachtungen stehen, Raum, um auf den Leser zu wirken. Dabei vergisst er keinesfalls die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Person und den eigenen Ansichten, und das ist etwas, das ihn durchaus sympathisch macht. Wenn ein Jude sich mit gegenwärtigem Antisemitismus insbesondere im deutschsprachigen Raum auseinandersetzt, dann schwingt für gewöhnlich meist der erhobene Zeigefinger mit. Auch Sam Apple kann natürlich aus seiner Haut als Jude nicht heraus, und das soll er ja auch gar nicht, aber auch für ihn wird die Reise durch Österreich eine Auseinandersetzung mit den eigenen Vorurteilen.

Und so ist „Schlepping durch die Alpen“ wunderbar ausgewogene Kost. Einerseits österreichische Geschichtsbewältigung, andererseits eine Geschichte über einen liebenswürdigen, komischen Kauz, der mit 625 Schafen im Schlepptau durch die Alpen tingelt, und ganz nebenbei eben auch ein wunderbar ehrliches und selbstironisches Reisetagebuch.

Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass es sowohl über jiddische Volkslieder als auch über das Wanderhirtentum in Österreich niemals ein unterhaltsameres Buch gegeben hat als dieses. Sam Apple hat mit „Schlepping durch die Alpen“ einen herrlich lesenswerten Reisebericht vorgelegt, an dem nicht nur Schafsliebhaber ihre Freude haben dürften: humorvoll und selbstironisch, aber auch kritisch und nachdenklich stimmend.

http://www.atrium-verlag.com/

Kayser, Marc – Trias

Wo man nur hinschaut, da sind die explodierenden Energiepreise ein Thema, das alle Gemüter erregt. Auch literarisch bietet das Thema Stoff für energiegeladene Lektüre, wie Andreas Eschbach z. B. mit [„Ausgebrannt“ 3487 bewiesen hat, seinem Roman vom Ende des Erdölzeitalters. Ein anderer, der sich der Problematik annimmt, ist Marc Kayser, dessen Roman „Trias“ dennoch überhaupt nicht mit Eschbachs düsterem Szenario vergleichbar ist.

„Trias“ spielt nur wenige Jahre in der Zukunft. Die Rohölpreise steigen explosionsartig, der globale Wettkampf der Konzerne um die beste Position im Geschacher um die knapper werdenden Rohstoffe bestimmt den wirtschaftlichen Alltag. Es ist die Zeit kurz vor einem wichtigen G8-Gipfel im beschaulichen deutschen Ostseebad Marienstrand, als mehrere tödliche Attentate die Regierungen in Berlin, Washington und Moskau erschüttern. Zunächst wird in Deutschland das Dienstfahrzeug von Stefan Rumpf, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, in die Luft gesprengt. Dann stürzt das Flugzeug des stellvertretenden russischen Außenministers Viktor Kirijenko unter höchst verdächtigen Umständen ab.

Diese beiden Todesfälle sind nur der Auftakt zu einer Reihe weiterer Attentate, die alle Personen betreffen, die an einem streng geheimen Vertrag arbeiten, der am Rande des G8-Treffens von Moskau, Washington und Berlin unterzeichnet werden soll: Trias. Trias ist ein Vertrag, mit dem sich drei rohstoffhungrige Großmächte zusammentun, um sich selbst für die nächsten Jahrzehnte eine Vormachtstellung am Energiemarkt zu sichern. Klar, dass dies ein Vorhaben ist, mit dem man schnell die halbe Welt gegen sich aufbringt, nicht nur die arabischen Öllieferanten, sondern auch andere europäische Nationen und vor allem die aufstrebende Großmacht China.

Die Hintergründe der Anschläge sind extrem undurchsichtig und keiner weiß so recht, wer die Drahtzieher sind. Markus Croy, Undercover-Agent des BKA, taucht in einen Sumpf aus Intrigen und perfiden Machtspielen mit gezinkten Karten ein, um die Täter zu entlarven. Ein riskantes Spiel, in dem mehr als nur ein Mitspieler falsch spielt und Croy und dem BKA läuft die Zeit davon. Bis zum G8-Gipfel muss der Fall geklärt sein, damit das Treffen nicht zu einem blutigen Fiasko wird …

Das Szenario klingt für sich genommen erst einmal sehr spannend. Ein Thriller, der im undurchsichtigen Geflecht zwischen Wirtschaft, Geheimdiensten, Politik und zwielichtigen Verbänden angesiedelt ist, ein Fall, der obendrein in einen Wettlauf gegen die Zeit gipfelt – das sind genau die Zutaten, die für reichlich Spannungsmomente sorgen. Die Grundlage des Trias-Vertrages ist eine raffinierte und faszinierende Idee, mit der Marc Kayser einen interessanten Denkansatz offenbart. Drei wirtschaftlich bedeutende Nationen schließen sich zusammen zu einem Bündnis, das ihnen die Versorgung mit Energie für die nächsten Jahrzehnte sichert – auf Basis einer raffinierten Übereinkunft, der allen Vertragspartnern Vorteile bringt.

Doch eine Sache bleibt in Kaysers Szenario etwas blass: Warum Deutschland? Das habe ich mich bei der Lektüre immer wieder gefragt. Warum messen Amerikaner und Russen den Deutschen, die ja nicht einmal so ernst zu nehmen sind, dass sie einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat verdient hätten, auf einmal eine so herausragende Bedeutung zu, dass sie ein Exklusivbündnis nur mit ihnen eingehen? Darauf hat auch Kayser keine wirklich zufriedenstellende Antwort, und das ist ein Glaubwürdigkeitsmangel, der während der gesamten Lektüre einen ziemlich langen Schatten auf den Plot wirft.

Kaysers Roman jongliert mit vielen Komponenten und vielen Figuren, von denen viele zudem ein doppeltes Spiel spielen. Er wechselt ständig Perspektive und Handlungsort, und das macht den Einstieg in die Lektüre nicht unbedingt leichter. Kaysers Schreibstil ist sehr nüchtern, fast ein wenig farblos, und so wirken auch die Figuren in den ersten Kapiteln noch irgendwie blutleer.

Immer wieder benutzt Kayser recht eigentümliche Worte. So beschreibt er Personen immer wieder als „alert“ oder lässt sie mit den Füßen „schurren“. Nervig (obwohl glücklicherweise nicht all zu häufig auftauchend) ist sein Hang, deutsche Wörter in vollkommen sinnfreier Art und Weise durch Anglizismen zu ersetzen. Was ist so schlecht an einem Wort wie „Büro“, dass man stattdessen „Office“ sagen muss? Oder was ist an „Basement“ besser als an „Keller“?

Man kann sich „Trias“ als Film wunderbar darstellen: viel Action, schnelle Schnitte, undurchsichtige Figuren, ein strahlender Held und ein explosives Thema. Für einen Roman lässt Kayser dann aber doch immer mal wieder die nötige Tiefe vermissen. Markus Croy wirkt am Anfang wie die kleine BKA-Ausgabe von James Bond. Als Croy eine Spur nach Prag verfolgt und dort schon von den Häschern der Gegenseite erwartet wird, die überlegene Art, wie er sich aus dieser misslichen Lage herausmanövriert, und die Souveränität, mit der er sich durch Prag bewegt, lassen den Leser immer wieder an eine so unwirkliche Figur wie James Bond denken. Das macht es aber leider auch schwer, mit dem Protagonisten mitzufiebern. So wie er stets Herr der Lage ist, trägt man gar keine Sorge, dass die Sache der Guten scheitern könnte, und das ist ein Faktor, der vor allem in der actiongeladenen ersten Romanhälfte ein wenig die Spannung untergräbt.

Ein menschlicheres Profil entwickelt Croy erst im weiteren Verlauf der Geschichte, und dazu bedient sich Kayser ganz simpel und klischeehaft natürlich einer Liebesgeschichte. Als Leser springt man zumindest halbwegs darauf an, auch wenn man den Kniff durchschaut, und so kommt die Spannung zum Ende hin doch noch etwas in Fahrt. Den Showdown gibt es dann erwartungsgemäß zum G8-Gipfel, wo Croy wieder einmal mehr oder weniger im Alleingang agiert und man sich schon fragt, ob das BKA eigentlich nur einen einzigen fähigen Beamten aufzubieten hat. Croys Liebschaft zu der Journalistin Katja Kirchner ist am Ende, trotz ihrer Bedeutung im Mittelteil des Buches, schon wieder in der Versenkung verschwunden. Gekrönt wird das Ganze noch von einem relativ offenen Ende (obwohl der Plot in sich abgeschlossen wirkt), das den Leser vermutlich auf die Fortsetzung neugierig machen soll, an der Kayser derzeit schreibt.

Was unterm Strich bleibt, ist also in erster Linie ein interessantes, wenn auch nicht restlos glaubwürdiges Szenario. Kayser denkt in eine ganz ungewöhnliche Richtung ,und das ist es, was die Lektüre interessant macht. Auch die Einblicke in den Alltag des politischen Machtapparates haben noch ihren Reiz. Als Thriller ist „Trias“ jedoch nicht mehr als Mittelmaß.

http://www.heyne.de
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Rucka, Greg / Lieber, Steve – Whiteout

Das Leben in der Antarktis ist nicht leicht. U.S. Marshal Carrie Stetko kann davon ein Lied singen. Allein in so gut wie rein männlicher Gesellschaft, Witterungsbedingungen, welche die Antarktis zum vermutlich lebensfeindlichsten Ort des Planeten machen – und dann geschieht auch noch ein Mord.

Es liegt an Carrie, den Fall aufzuklären und den Täter in der antarktischen Eiswüste dingfest zu machen. Doch Carrie hat wenig Zeit. Der Winter steht unmittelbar bevor, die meisten Menschen werden in ihre Heimat ausgeflogen, und wenn Carrie den Täter nicht vorher findet, brechen sechs Monate Dunkelheit über sie herein – in der Ungewissheit, dass der Täter sich noch irgendwo da draußen befindet, während sie für sechs Monate von der Außenwelt abgeschnitten ist.

Carries Ermittlungen werden durch die ungünstigen Witterungsbedingungen erschwert und zudem machen ihre Vorgesetzten auch noch Druck: Löst sie den Fall nicht bis zum Einbruch des Winters, ist sie ihren Job los. Doch Carrie bekommt die unerwartete Unterstützung einer britischen Kollegin namens Lily Sharpe. Gemeinsam machen die beiden sich auf die Suche nach dem Täter und stolpern dabei über weitere Leichen. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt …

Was Greg Rucka und Steve Lieber mit „Whiteout“ aufs Papier gezaubert haben, ist ein Krimi in ebenso eindrucksvoller wie ungewöhnlicher Kulisse. Die Antarktis ist als Handlungsort mit das unverbrauchteste Terrain, das man sich vorstellen kann, und das macht zu einem nicht unerheblichen Teil den Reiz der Geschichte aus. Genaugenommen ist es dabei das Zusammenspiel von Ort und Zeit.

Die Antarktis ist kurz vor Wintereinbruch ein Ort in Aufbruchstimmung. Die meisten Menschen werden in ihre Heimat ausgeflogen, bevor die restlichen Verbliebenen für sechs Monate in der Dunkelheit des antarktischen Winters eingeschlossen sind. Carrie muss den Mörder unbedingt rechtzeitig finden – zum einen, um zu verhindern, dass er vorher in Richtung Heimat verschwindet, zum anderen (falls er zur Winterbesatzung gehört), um nicht für die nächsten sechs Monate mit ihm zusammen an einem Ort festzustecken, der von der Außenwelt abgeschnitten ist.

Auch die Britin Lily Sharpe weiß um dieses Problem. Die Antarktis teilt sich in verschiedene Zuständigkeitsbereiche auf, je nachdem, unter wessen organisatorischer Leitung die jeweiligen Antarktis-Stationen stehen. Ein einzelner U.S. Marshal allein kommt da nicht weit. Die entmutigende Frauenquote von etwa zweihundert zu eins macht den beiden ermittelnden Damen die Sache nicht unbedingt leichter. Aber Stetko und Sharpe schieben nicht umsonst Dienst in der Antarktis. Sie sind aus hartem Holz geschnitzt und meistern sowohl die widrigen Witterungsbedingungen als auch die männliche Übermacht.

Der Fall an sich nimmt einen durchaus spannenden, aber auch etwas vorhersehbaren Verlauf. Der aufmerksame Leser bekommt schon recht früh einen sehr entscheidenden Hinweis zur Lösung des Falls präsentiert. Es ist der Wettlauf gegen die Zeit, der die Sache spannend macht, und mit zunehmender Seitenzahl ist es auch die Befürchtung, dass die beiden Heldinnen drauf und dran sind, in eine Falle zu tappen, weil sie Zusammenhänge, die der Leser schon erkannt hat, selbst noch nicht erfasst haben.

Eine wichtige Rolle spielt natürlich auch der Handlungsort selbst. Die spannendste Szene der Geschichte spielt sich folglich mitten in einem verheerenden antarktischen Sturm ab. Daher hat die Geschichte auch ihren Titel, denn die Stürme der Antarktis mit Minusgraden bis in den dreistelligen Bereich und Sichtweiten, die im dichten Treiben von Schnee und Eiskristallen teilweise nur bei fünfzehn Zentimetern liegen, nennt man |Whiteout|. In so einen Whiteout geraten auch Carrie und Lily. Ihr Leben hängt an einem Leitseil, das die einzige Möglichkeit darstellt, sich innerhalb der Basis fortzubewegen, ohne völlig orientierungslos im Sturm zu erfrieren. Das verspricht Spannungsmomente allererster Güte und dürfte auch in der in diesem Jahr in den Kinos anlaufenden [Verfilmung]http://www.imdb.com/title/tt0365929/ des Stoffs – mit Kate Beckinsale in der Rolle der Carrie Stetko, Regier führt Dominic Sena („Passwort: Swordfish“) – ein echter Leckerbissen werden.

Besonders stimmig wirkt die Geschichte aufgrund der Zeichnungen von Steve Lieber. Er fängt die beklemmende Atmosphäre der antarktischen Kälte wunderbar ein. Man möchte meinen, dass Schwarz-Weiß-Zeichnungen bei einem Handlungsort wie der Antarktis schnell etwas öde werden, aber Lieber beweist das Gegenteil. Er arbeitet viel mit diffusen Grauschattierungen, kehrt aber auch immer wieder harte Kontraste heraus. Und so erweckt er die Geschichte wunderbar zum Leben.

Bleibt unterm Strich ein positiver Eindruck zurück. Greg Rucka und Steve Lieber haben mit „Whiteout“ eine Geschichte abgeliefert, die als Krimi sehr solide ist, aber durch ihren ungewöhnlichen Handlungsort und die damit einhergehenden besonderen äußeren Umstände ein absolut besonderes und ungewöhnliches Lesevergnügen ist. Und so kann man „Whiteout“ Krimi-Freunden und Graphic-Novel-Liebhabern gleichermaßen sehr ans Herz legen.

http://www.cross-cult.de

Marzi, Christoph – Fabula

Christoph Marzi macht es einem nicht leicht. Nachdem er mit seiner „Lycidas“-Reihe so grandios gestartet ist, entpuppte sich schon die Fortsetzung seines Jugendbuchromans [„Malfuria“ 3398 als Enttäuschung. Mit seinem neuesten Werk „Fabula“ knüpft er schon rein äußerlich an die „Lycidas“-Zeiten an und so hofft man als Leser zu Recht darauf, dass „Malfuria“ nur ein Ausrutscher war und Marzi sich mit „Fabula“ zurück auf sein anfängliches hohes Qualitätsniveau begibt.

„Fabula“ ist eine Art fantastisches Märchen, das in Schottland spielt. Colin Darcy lebt schon seit Jahren in London, lehrt an der London Business School und ist heilfroh darüber, Ravenscraig, seinem Elternhaus in den Rhinns of Galloway, entronnen zu sein. Vor allem an seine Mutter Helen Darcy hegt Colin keine allzu positiven Erinnerungen. Seinem jüngeren Bruder Danny geht es nicht anders. Ihn zog es sogar bis in die USA, wo er Karriere als Musiker macht.

Eigentlich ist Colin mit seinem Leben ganz zufrieden, als ihn eines Tages eine Reihe unvorhergesehener Ereignisse aus seinen so geregelten Bahnen wirft. Zunächst stirbt sein Freund und Kollege Arthur Sedgwick unter mysteriösen Umständen bei einem Autounfall und dann erreicht ihn ein Anruf aus der alten Heimat: Seine Mutter ist verschwunden – und zwar kurz bevor sein Bruder Danny ebenfalls verschwand, der sich, aus Gründen, die Colin schleierhaft sind, in Ravenscraig aufhielt.

Colin bleibt nichts anderes übrig, als in seine alte Heimat zu reisen und herauszufinden, was den beiden zugestoßen ist. Und so ist er nach jahrelangem Verdrängen jetzt auch dazu gezwungen, sich seiner Vergangenheit zu stellen – und damit den Geschichten, die Helen Darcy ihren Kindern zu erzählen pflegte und die auf magische Weise immer wahr wurden …

Den Zutaten nach ist auch „Fabula“ eigentlich wieder ein typischer Marzi. Er sucht sich Elementen aus unterschiedlichsten Einflüsse, nimmt eine Prise keltische Mythologie, einen guten Schuss „1001 Nacht“, garniert das Ganze mit ein wenig klassischer Western-Atmosphäre und schmeckt es am Ende mit ein paar Rockmusik-Anleihen ab. Die Mischung ist in gewohnter Manier höchst eigenwillig und unterhaltsam. Dennoch muss auch „Fabula“ wieder ein wenig hinter dem Glanzstück [„Lycidas“ 1081 zurückstecken.

Da wäre zum einen die Figur des Colin Darcy. Kurz gesagt ist Colin Darcy ein Langweiler. Ein trockener Wirtschaftswissenschaftler, der nun wirklich nicht die Ausstrahlung eines Helden hat. Zwar mausert er sich im Laufe der Handlung und wächst in seine Rolle hinein, je mehr er sich darauf einlässt, sich an seine Vergangenheit zu erinnern, doch so ganz kann er halt nicht raus aus seiner Haut. Und so braucht das Buch, das am Anfang ja erst einmal nur Colin näher beleuchtet, seine Zeit, um in Fahrt zu kommen.

So wirklich interessant wird es also erst in dem Moment, als Colin in Schottland eintrifft und dort auch ganz unverhofft seine große Liebe von damals wiedersieht. Die wiederum ist als Figur wesentlich interessanter und geheimnisvoller. Liviana Lassandri ist ein Friedhofsmädchen, die Tochter eines Bestattungsunternehmers. Sie ist sympathisch und eigenwillig und verleiht der Handlung mit ihrem Auftauchen den nötigen Schwung, der bis dahin fehlt.

Dabei ist das Grundthema der Geschichte eigentlich ein ganz schönes, das Marzi sich bei „1001 Nacht“ ausgeliehen hat. Helen Darcy hat eine Begabung, mit der sie ihre Kinder immer wieder das Fürchten lehrt. Sie ist magisch begabt im Umgang mit Worten. Geschichten, die sie erzählt, werden auf magische Weise wahr. Die Geschichten erwachen zum Leben, und plötzlichen stecken ihre eigenen Kinder mittendrin in der Handlung einer Geschichte, die nicht selten einen schaurigen, furchtbaren Verlauf nimmt. Marzi gelingt es sehr gut dieses Element in die Geschichte einzufügen. Obwohl die Geschichte im Hier und Jetzt spielt, fügt sich die Fantasy-Komponente der Handlung stimmig in den Plot ein, und so kann die Romankomposition im Großen und Ganzen durchaus überzeugen.

Kommt die Geschichte erst einmal auf Touren, weiß Marzi den Leser ausgesprochen gut zu unterhalten. Nachdem sich die ersten gut 110 Seiten in wenig ziehen, kommt die Geschichte mit Colins Ortswechsel nach Schottland und den ersten aufkommenden Erinnerungen an die Geschichten seiner Mutter ganz gut in Fahrt. Zum Ende hin baut Marzi dann sogar noch richtig Spannung auf und strafft das Tempo der Erzählung. Und so kommt es dann, dass im Finale dann plötzlich alles sehr schnell geht. Die Auflösung ist zwar stimmig konstruiert, kommt aber eben auch sehr plötzlich. Die erzählerische Balance und das Gefühl für das Tempo und den Spannungsbogen hat Marzi in der wesentlich umfangreicheren „Lycidas“-Reihe einfach besser hinbekommen.

Dennoch ist „Fabula“ durchaus unterhaltsame Kost für Freunde der Urban Fantasy. Mag die Geschichte um die uralte Metropole auch um einiges besser sein – nachdem Marzi mit dem zweiten Teil von „Malfuria“ ein erschreckend schwaches Buch abgeliefert hat, ist hier doch schon wieder eine deutliche Steigerung der Qualität wahrzunehmen.

Bleibt als Fazit festzuhalten, dass „Lycidas“ zwar unerreicht bleibt, Marzi aber mit „Fabula“ dennoch einen durchaus unterhaltsamen Roman abgeliefert hat. Colin Darcy ist zwar nicht unbedingt ein Vorzeigeprotagonist, aber trotzdem weiß „Fabula“ den Leser zu unterhalten, nachdem der Plot erst einmal in Bewegung gekommen ist. Marzis Meisterwerk ist und bleibt aber die „Lycidas“-Reihe.

http://www.christophmarzi.de/
http://www.heyne.de

_Christoph Marzi auf |Buchwurm.info|:_

[„Lycidas“ 1081
[„Lilith“ 2070
[„Lumen“ 3036
[„Malfuria“ 3398
[„Malfuria – Die Hüterin der Nebelsteine“ 4167

Willingham, Bill / Buckingham, Mark – Fables 4 – Die letzte Festung

Wer bereits mit den ersten drei Teilen der „Fables“-Reihe vertraut ist, der wird in etwa wissen, was er von dem mittlerweile vierten Band um die Märchenfiguren im Exil erwarten kann. Nachdem Autor Bill Willingham sich ausführlich dem Leben seiner Helden in Fabletown und auf der Farm der Tiere gewidmet hat und der Leser nun weiß, wie es den Märchenfiguren so geht, die unerkannt in New York als geschlossene Gemeinschaft im Exil leben, gibt es nun einen Blick in Richtung alte Heimat.

In „Fables: Die letzte Festung“ steht nun einmal Blue Boy im Mittelpunkt, der bislang eher unscheinbar gebliebene Gehilfe von Snow White. Blue Boy ist in düsterer Stimmung. Es ist der Jahrestag der glücklichen Flucht der letzten Fables aus der alten Heimat – der Tag, an dem das letzte Schiff in unsere Welt aufbracht. Und es ist auch der Tag, an dem Blue Boy seine große Liebe verlor, da er auf dem letzten Schiff war und sie nicht. Und so erinnert sich Blue Boy, wie es dazu kam: die letzte große Schlacht gegen den Feind. Der aussichtslose Kampf, der dazu dient, die letzte Festung und damit das letzte Tor in unsere Welt so lange wie möglich zu verteidigen. Blue Boy war dabei, als viele tapfere Fables ihr Leben lassen mussten.

Im Anschluss an diesen dunklen Moment in der Geschichte der Fables springt Willingham in der nächsten Geschichte zurück in die Gegenwart. „Aufmarsch der Holzsoldaten“ hängt zumindest insofern inhaltlich mit „Die letzte Festung“ zusammen, als dass diese Geschichte erzählt, wie Red Riding Hood – damals die große Liebe von Blue Boy, die er im Kampf um die letzte Festung für immer verloren geglaubt hat – heute durch das Tor zur Welt der Menschen gelangt und nach Fabletown kommt. Doch so ganz viel Wiedersehensfreude mag nicht aufkommen, vermutet Bigby Wolf hinter dem plötzlichen Auftauchen der Dame doch etwas ganz anderes als einen glücklichen Zufall. Etwa zur gleichen Zeit tauchen drei merkwürdige Gestalten zweifelhafter Herkunft und Gesinnung in Fabletown auf …

Ganz pauschal kann man schon mal sagen, dass die „Fables“ sich auch mit dem vierten Band in gewohnt guter Manier präsentieren. Was Willingham und sein Zeichnerteam mit den ersten drei Bänden so wunderbar vollzogen haben, setzt sich auch in „Die letzte Festung“ fort. Mark Buckingham sorgt für die gewohnt gute Optik der Geschichten und wird diesmal von Craig Hamilton und Philip Craig Russel unterstützt.

Inhaltlich zieht Willingham wieder einmal kräftig an der Spannungsschraube. Gerade die zweite Geschichte „Aufmarsch der Holzsoldaten“, die in einem ganz gemeinen Cliffhanger endet, der den Leser quasi nägelkauend auf den nächsten Band warten lässt, strotzt nur so vor Spannung. Was Willingham hier aufbaut, ist eine unverhofft komplexe Geschichte um Spionage, Intrigen und Verrat, die auch im nächsten Band noch viel Spannung bescheren dürfte.

Prince Charming steigt in den Wahlkampf ein (genaugenommen gab es in Fabletown zuvor noch nie einen Wahlkampf, da noch nie jemand die Kompetenz des amtierenden Bürgermeisters King Cole in Zweifel gezogen hat). Fabletown stehen nicht nur politisch einschneidende Veränderungen bevor. Getreu dem Motto „Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus“, schürt der „Aufmarsch der Holzsoldaten“ dunkle Erwartungen für den nächsten Band. Was Willingham da auffährt, dürfte, nach dem Verlauf dieser Geschichte zu urteilen, noch spannender und düsterer werden.

Wer hätte am Anfang der Fables-Reihe gedacht, dass ein paar im Exil lebende Märchenfiguren so viel Potenzial für nervenaufreibend spannende Geschichten bieten? Dass man das eigentlich so nicht erwartet, unterstreicht im Grunde nur, was Bill Willingham für ein hochkarätiger Autor ist.

Er versteht sich darauf, die unterschiedlichen Facetten seiner Figuren auszuleuchten, er erzählt mal lustige, mal verzwickte Geschichten, er schürt Spannung und sorgt für Schmunzler, und so bleibt einem gar nichts anderes übrig, als den Hut zu ziehen. Mit jedem Band lernt der Leser neue Figuren näher kennen, jeder Band hat seine ganz eigene Grundstimmung, und doch ist das Gesamtkonzept in sich stimmig.

Bleibt also festzuhalten, dass Bill Willingham und seinem Zeichnerteam wieder mal eine schöne Fortsetzung der „Fables“-Reihe geglückt ist. Ich war nie so gespannt auf den nächsten Band, wie ich es nach diesem bin. „Die letzte Festung“ ist spannend, atmosphärisch dicht und wird getragen von düsteren Vorahnungen. Bleibt zu hoffen, dass wir nicht zu lange auf die Fortsetzung warten müssen …

http://www.paninicomics.de

_Die „Fables“ bei |Buchwurm.info|:_
[„Fables 1 – Legenden im Exil“ 3175
[„Fables 2 – Farm der Tiere“ 3506
[„Fables 3 – Märchenhafte Liebschaften“ 4062

Tufts, Gayle – Weihnacht at Tiffany\’s

Gayle Tufts schafft es immer wieder, mit ihrem sympathischen Denglisch-Kauderwelsch die kulturellen Unterschiede zwischen ihrer Ex-Heimat Amerika und ihrer Neu-Heimat Deutschland herauszukehren. Dabei kriegen stets beide Seiten ihr Fett weg, Deutsche mit all ihren kulturellen Absonderlichkeiten genauso wie die den Deutschen in nichts nachstehenden Amerikaner. Auch beim Thema Weihnachten scheiden sich zwischen Amerika und Deutschland die Geister: Lebkuchen und Christkindlmarkt diesseits des Atlantiks, Lamettawahn und Kitschalarm auf der anderen Seite.

In „Weihnacht at Tiffany’s“ schildert Gayle Tufts nun also ihre Erfahrungen mit dem Weihnachtsfest beiderseits des Atlantiks, und wer Gayle Tufts kennt, der weiß, dass das keine trockene Angelegenheit ist, sondern reichlich Stoff zum Schmunzeln birgt. Dabei ist Gayle Tufts ein bekennender Weihnachts-Fan, und so liegt der Humor auch mehr im Kleinen, als dass Tufts sich eines unsentimentalen Brachial-Humors bedienen müsste, der in einem einzigen Rundumschlag alles an Weihnachten durch den Kakao zieht.

Dass Gayle Tufts das ganze Drumherum an Weihnachten sehr schätzt, lässt sie immer wieder deutlich werden. Sie ist mit den großen „Christmas Shows“ des amerikanischen Fernsehens groß geworden, und das hat ihre Weihnachtseinstellung sehr mitgeprägt, ohne dass sie dabei den Bezug zur Realität verloren hätte. Immer wieder streut sie Anekdoten ein, erzählt von ihren diversen Weihnachtserlebnissen in Deutschland und mit ihrer Familie in Amerika. Sie versteht es, die Komik der Situation herauszukehren, und das auf eine verschmitzte, schwarzhumorige Art, die sie sehr sympathisch wirken lässt.

Ein Teil des Buches schildert Gayles Tufts Erlebnisse während ihrer eigenen „Christmas Show“, die unter dem Titel „White Christmas“ vor einiger Zeit in Berlin lief. Sie berichtet von den Vorbereitungen, den Arbeiten vor und hinter der Bühne, und von den unterschiedlichen Dingen, die Weihnachten für die an der Show beteiligten Menschen bedeutet. Das ist für den Leser nicht zu jedem Zeitpunkt gleichermaßen interessant, vor allem, weil mir bei „Weihnacht at Tiffany’s“ die Gagdichte nicht ganz so hoch zu sein scheint, wie es noch bei [„Miss Amerika“ 2557 der Fall war.

Dennoch macht die Lektüre von „Weihnacht at Tiffany’s“ in der Summe wirklich Spaß. Dass nicht jede Seite vor Schenkelklopfern überquillt, sorgt immerhin auch dafür, dass Gayle Tufts mit ihrer Hommage an das Weihnachtsfest auch ein wenig weihnachtliche Stimmung hervorzaubert. Das Buch an einem verregneten Adventssonntag mit der Kuscheldecke auf dem Sofa zu lesen, trägt wirklich dazu bei, dem Leser ein bisschen weihnachtlich ums Herz werden zu lassen.

Zusätzlich serviert Gayle Tufts im Laufe des Buches immer wieder Auszüge aus dem „Holiday Songbook“: Weihnachtslieder, die in ihren Anekdoten eine Rolle spielen. Meistens ist einfach nur der englische Text abgedruckt, teilweise gibt’s eine Übersetzung von Gayle Tufts und in einigen wenigen Fällen hat sie die Texte in ihr ganz eigenes, so sympathisches Denglisch-Kauderwelsch umgedichtet.

Mit das Schönste an „Weihnacht at Tiffany’s“ aber sind „Gayles ultimative Christmas Top Ten“: die zehn besten Weihnachtssongs, die zehn besten Weihnachtsoutfits, zehn Dinge, die man Kindern auf keinen Fall schenken sollte, die zehn besten Weihnachtsfilme oder zehn Dinge, die man unbedingt an Weihnachten tun sollte – alles fundiert begründet und mit einen Augenzwinkern erzählt.

Mit dieser bunten Mischung aus Anekdoten, Songs und Gags schafft Gayle Tufts es in jedem Fall, dem Leser ein bisschen Weihnachtsstimmung zu bereiten – und das auf eine gleichermaßen charmante wie humorvolle Art. „Weihnacht at Tiffany’s“ ist schöne, locker-leichte Unterhaltungslektüre zur Weihnachtszeit.

http://www.aufbau-verlag.de/

Lewycka, Marina – Caravan

Nachdem Marina Lewycka mit ihrem Debütroman [„Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch“ 2970 einen großartigen Erfolg gelandet hat, der mittlerweile schon in 33 Sprachen übersetzt wurde, hat sie nun mit „Caravan“ ihren zweiten Roman abgeliefert. Die Thematik ist eine ganz ähnliche wie schon in ihrem Erstlingswerk. Es geht wieder einmal um ukrainische Einwanderer und ihren Lebensalltag in England – ein Themenkomplex, der Marina Lewycka schon aufgrund ihrer eigenen Biographie am Herzen liegen dürfte. Sie ist selbst Kind ukrainischer Flüchtlinge, in einem Flüchtlingslager in Kiel geboren und in England aufgewachsen.

Auch die Protagonisten ihres aktuellen Romans sind nach England gekommen, weil sie sich dort ein besseres Leben erhoffen. Irina möchte eigentlich Schriftstellerin werden, verdient ihren Unterhalt aber mehr schlecht als recht zusammen mit anderen Leidensgenossen auf den Erdbeerfeldern des skrupellosen Bauern Leapish. Für einen ausbeuterischen Lohn, für die Unterbringung in einem heruntergekommenen Wohnwagen am Rand des Erdbeerfeldes und die ziemlich magere Versorgung mit Lebensmitteln schuftet sie mit anderen Ukrainern, Polen, Chinesen und einem Afrikaner von früh bis spät auf den Feldern.

Dabei hatte sich Irina ihr Leben in England doch ganz anders erträumt: Sie wollte ihr Englisch verbessern und sich verlieben – in einen romantischen Engländer. Auch Andrij hatte sich das Leben in England irgendwie besser vorgestellt. Er hat die Ukraine verlassen, um auf keinen Fall als Bergmann in den Stollen des Donbass zu enden, wie sein Vater, und natürlich auch, um die große Liebe zu finden: seine „Angliska rosa“. Dann wären da noch der alternde polnische Hippietyp Tomasz, die erfahrene polnische Erdbeerpflückerin Jola mit ihrer frommen Nichte Marta, die der Truppe mit ihren Kochkünsten aus wenigen Zutaten so manches Festmahl bereitet, zwei asiatische Mädchen, von denen eines aus Malaysia kommt, und der gottesfürchtige Teenager Emanuel aus Malawi.

Als ihr ausbeuterischer Arbeitgeber Bauer Leapish eines Tages überfahren wird, ergreifen sie zusammen die Flucht – in einem klapprigen Wohnwagen. Doch das Leben in England ist nicht einfach und die Verwirklichung ihrer Träume scheint in immer weitere Ferne zu rücken. Überall lauern ausbeuterische Arbeitgeber, maßregelnde Behörden und zwielichtige, bewaffnete Gangster, und so wird die Flucht der Erdbeerpflücker durch England zu einem aufregenden Abenteuer …

Was Marina Lewyckas Debütroman „Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch“ so liebenswürdig macht, ist Lewyckas gelungene Verquickung aus einer ironischen Betrachtungsweise ihrer Protagonisten und der Ernsthaftigkeit des Alltags. Auch in ihrem aktuellen Roman sind genau das wieder die Zutaten, die die Lektüre so interessant machen.

Etwas naiv betrachten die Erdbeerpflücker ihr Leben in England und die Möglichkeit, dort ihre Träume zu verwirklichen, ohne zu sehen, dass sie nie eine Chance darauf haben, wirklich Teil der Gesellschaft zu werden. Sie fallen auf dubiose Jobangebote herein, glauben „Jobvermittlern“, die ihnen das Blaue vom Himmel herunterlügen, und wundern sich dann, dass die versprochene Luxusunterkunft eine billige, überfüllte Absteige ist.

Eine traurige Ironie zieht sich durch das ganze Buch, wenn man sieht, wie blind die Erdbeerpflücker sich auf solche Offerten einlassen und es dabei schaffen, sich ihre Träume von einem besseren Leben zu bewahren, während sie in Wahrheit von Gangstern ausgenommen werden. Dennoch schafft Lewycka den Balanceakt, dass nicht der Eindruck entsteht, sie würde sich über die Naivität der Einwanderer lustig machen.

Diese Perspektive der außenstehenden, ausländischen Arbeitskräfte, die sämtliche Arbeiten verrichten, für die sich kein Engländer mehr opfern würde, ermöglicht Lewycka auch einen kritischen Blick auf die westliche Konsumgesellschaft, der sich vor allem in der Familie der MacKenzies manifestiert. Die MacKenzies sind reiche Leute, mit deren Sohn Emanuel während dessen freiwilligem Sozialdienst in Malawi Freundschaft geschlossen hat. Eine reiche Familie, im Luxus lebend, aber unglücklich, erzeugt bei Andrij nur ein müdes Kopfschütteln. Dennoch sind auch die Erdbeerpflücker voller naiver Bewunderung für die westlichen Konsumgüter.

Die Art der Jobs, die die Erdbeerpflücker im Laufe ihrer Reise durch England verrichten, ist ein nächster Ansatzpunkt für unterschwellige Gesellschaftskritik. Tomasz‘ Erlebnisse auf der Hühnerfarm und später auch im Schlachthof können einem schon gehörig den Appetit verderben. Lewycka gelingt es mit spielerischer Leichtigkeit, in einem unterhaltsamen und teilweise humorvollen Roman immer wieder ernsthafte Untertöne anklingen zu lassen. All das meistert Lewycka mit einem so lockeren Plauderton, dass man an manchen Stellen über den unverhofften Tiefgang der Geschichte staunt.

„Caravan“ ist ein Roman, der sich in viele einzelne Handlungsstränge gliedert. Mal beobachtet man die eine Figur, mal steht eine andere im Mittelpunkt. Jeder geht mit der Zeit seine eigenen Wege, jeder versucht auf eigene Art in England glücklich zu werden. Nett ist dabei auch immer wieder, wie die gleiche Situation aus unterschiedlichen Perspektiven beschrieben und jeweils anders beurteilt wird. Die Erlebnisse der Erdbeerpflücker muten teilweise schon recht skurril an und sie begegnen allerhand interessanten Figuren. Ein Leckerbissen für alle, die schon den Vorgängerroman „Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch“ mochten, ist das unverhoffte Wiedersehen mit Nicolai Majevski – mittlerweile ein paar Jahre älter, aber noch genauso herrlich schräg.

Trotz aller positiven Aspekte bleiben an „Caravan“ aber auch ein paar vereinzelte Schwachpunkte festzuhalten. Da wäre zum einen der plötzliche Wandel von Vittali. An einem Tag noch Erdbeerpflücker, am nächsten Tag geschniegelter „Mobilfon-Mann“. Der Wandel geht derart schnell, dass man geneigt ist, prompt noch mal zurückzublättern, weil man glaubt, man hätte einen größeren zeitlichen Sprung übersehen, aber den gibt es nicht.

Dann wäre da der Hund, der der Truppe zuläuft und fortan mitreist. Auch dessen Gedanken werden dem Leser offenbart, aber das ist oft wenig relevant und in abgehacktem Stil in Großbuchstaben geschrieben und stört somit irgendwie den Lesefluss. Und zu guter Letzt wären da die vielen Zufälle. Immer wieder laufen die Protagonisten den gleichen Figuren über den Weg, was bei einer Reise quer durch England irgendwie eigenartig anmutet. Diese Schwachpunkte tragen dazu bei, dass „Caravan“ nicht ganz so ein hochkarätiger Lesegenuss ist wie die „Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch“.

Bleibt unterm Strich ein positiver, wenn auch schwächerer Eindruck zurück, als es noch beim Debütroman von Marina Lewycka der Fall war. Sie erzählt zwar eine unterhaltsame Geschichte, die gleichermaßen mit ernsten und traurigen wie mit humorvollen und ironischen Momenten gespickt ist, dennoch ist die „Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch“ insgesamt noch etwas besser.

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Dahlquist, Gordon – Glasbücher der Traumfresser, Die

Was Gordon Dahlquist mit seinem Debütroman „Die Glasbücher der Traumfresser“ abgeliefert hat, ist schon rein optisch ein Hingucker: Ein großformatiger Schuber mit zehn handlichen Einzelbänden. Ein Hauch von Groschenroman weht da mit, genau wie eine gehörige Portion Nostalgie, wenn man im Klappentext liest: |“Zehn komfortabel zu lesende Bände für die schlanke Damenhand und für den Herrn auf Reisen“.|

Gordon Dahlquist hat ein durch und durch viktorianisches Buch geschrieben – das fängt bei der Skizzierung von Zeit und Figuren an und hört erst beim zeitgemäßen optischen Erscheinungsbild des Werkes auf. Insgesamt klingt die Geschichte von Dahlquists Debütroman, als wäre sie selbst einem Roman entsprungen. Angefangen hat alles mit einem Traum, es folgten ein Zwei-Millionen-Dollar-Deal mit dem Verlagshaus |Bantam| und der Verkauf der Filmrechte, und damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Längst hat Dahlquist den zweiten Teil geschrieben, der im nächsten Jahr im englischsprachigen Raum erscheinen wird.

„Die Glasbücher der Traumfresser“ entwickelte sich schnell zum Bestseller, dabei klingt der Plot nicht wirklich so, als würde er Stoff für eine sich millionenfach verkaufende Geschichte liefern. Und wie das Ganze überhaupt verfilmt werden soll … Na ja, warten wir’s ab. Man tut sich schwer, den Inhalt in wenigen Worten zusammenzufassen, denn dafür ist die Handlung teilweise einfach zu abgefahren.

Alles beginnt ganz harmlos, als Celeste Temple, frisch von ihrem Verlobten Roger Bascombe abserviert, selbigem heimlich zu einem Maskenball aufs Land in das noble Anwesen Harshmort House folgt. Eigentlich will sie nur den Grund für Rogers plötzlichen Sinneswandel wissen, doch unversehens findet sich Miss Temple mitten in einer undurchsichtigen Konspiration wieder. In Harshmort House wird sie Zeugin höchst eigenartiger Vorgänge und Orgien, wird obendrein beinahe das Opfer einer Vergewaltigung und entgeht nur knapp einem Mordversuch.

Wenig später trifft Celeste Temple auf zwei unverhoffte Mitstreiter, die ebenso begierig darauf sind, zu erfahren, was in Harshmort House und rund um den merkwürdigen Comte d’Orkancz und die eigenwillige Schönheit Contessa Lacquer-Sforza vor sich geht. Einer der beiden ist ein Auftragskiller, der sich Kardinal Chang nennt. Ein Mann mit vielen Narben und einer Vorliebe für seinen extravaganten und nicht minder auffälligen roten Mantel. Auch er wird durch eine eigentlich unbedeutende Geschichte in die Verwicklungen von Harshmort House gezogen und muss schon bald, wie seine beiden Verbündeten, um sein Leben bangen.

Der Dritte im Bunde ist der Leibarzt des mecklenburgischen Prinzen Karl-Horst. Dr. Adelbard Svenson will eigentlich nur seinen Schützling Karl-Horst vor Schaden bewahren, bevor der sich wieder kopfüber in irgendeine ausschweifende Sache stürzt, die später seinem Ruf und seiner Gesundheit schadet. Doch schon kurze Zeit später wird Prinz Karl-Horst entführt und Svenson schließt sich mit Miss Temple und Chang zusammen, um mit ihnen gemeinsam der Sache auf den Grund zu gehen, denn es scheint ein Zusammenhang zu bestehen zwischen dem Verschwinden von Karl-Horst und den Vorkommnissen in Harshmort House.

Was folgt, ist ein rasantes Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Verschwörern und ihren drei Kontrahenten Miss Temple, Chang und Dr. Svenson. Im Laufe der Zeit finden die drei heraus, dass seltsame Glasbücher, in denen der Comte und seine Gefolgschaft offenbar Träume und Gedanken anderer Menschen konservieren, eine wichtige Rolle spielen. Doch was hat es mit den Glasbüchern auf sich? Und welchem Zweck dienen sie?

Die Geschichte an sich ist eine recht komplexe. Fast 900 Seiten umfasst der Roman, und die Zeitspanne, in der sich die Handlung abspielt, zieht sich über kaum mehr als zwei oder drei Tage. Von Anfang an setzt Dahlquist auf einen straffen Spannungsbogen, der teilweise auch davon lebt, dass der Leser nach Lektüre des Klappentextes keinen Schimmer hat, was ihn eigentlich erwartet. Er wird unvermittelt in den Plot gezogen, folgt neugierig Miss Temple auf den Maskenball und sieht dann erstaunt und ein wenig ratlos, wie die merkwürdigsten Dinge vor sich gehen und Miss Temple ganz unerwartet von einer brenzligen Lage in die nächste stolpert.

Noch nie habe ich einen Roman gelesen, in dem schon im ersten Kapitel dermaßen viel passiert, und dementsprechend vollgestopft sind auch die folgenden neun Kapitel. Stets hält Dahlquist den Spannungsbogen aufs Äußerste gestrafft und gönnt dem Leser kaum eine Verschnaufpause. Das führt mit zunehmender Seitenzahl zu gewissen Ermüdungserscheinungen. Natürlich gibt es Beispiele, in denen ein Autor es schafft, den Spannungsbogen stets auf einem Maximum zu halten, aber solche Romane sind doch eher Ausnahmeerscheinungen, wie z. B. [„Sakrileg“ 184 von Dan Brown. Dahlquists Geschichte aber spielt sich eben nicht auf 400 bis 500 Seiten ab, sondern auf knapp 900, und da scheint der stetig straffe Spannungsbogen dann doch mit der Zeit etwas auszuleiern.

Die Geschichte an sich offenbart einen wilden, eigenwilligen Genremix, der sich jeder Kategorisierung entzieht. Ein großer Schuss viktorianischer Roman, eine Prise Jules Verne, ein Spritzer Gothic Novel, vermengt zu einem blutrünstig-erotisiertem Thriller-Spektakel mit ausgeprägtem Verschwörungs- und Weltherrschaftsaroma – fertig ist die obskure Mischung, die Dahlquist dem Leser serviert.

Romantisch verklärte Bilder des viktorianischen England mischt der Autor mit unheimlichen Ideen voller Alchemie oder gar einer Prise Science-Fiction, und das ist ein Mix, der einen unwiderstehlichen Reiz auf den Leser auszuüben vermag. Inszeniert hat Dahlquist das Ganze als Geschichte einer großangelegten Verschwörung, in der es (natürlich) um nichts anderes als die Weltherrschaft geht.

Die Groschenroman-Optik des Buches täuscht dabei ein wenig über die eigentliche Tiefe des Plots hinweg. Man muss schon konzentriert lesen, um den Faden nicht zu verlieren. Mit jedem Kapitel begleitet der Leser eine andere Figur, mal Miss Temple, mal den Doktor, mal Chang, teilweise kreuzen sich die Wege aller drei Figuren im Laufe eines Kapitels aber auch. Daraus ergeben sich natürlich Sprünge im zeitlichen Ablauf. Man verfolgt eine Szene später oft noch einmal aus dem Blickwinkel einer anderen Figur, mit anderen Einschätzungen und Sichtweisen. Dabei das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren, erfordert schon einige Konzentration, die über die knapp 900 Seiten aufrechtzuerhalten schon eine gewisse Anstrengung darstellt. Eine Straffung hätte dem Buch sicherlich gutgetan, obgleich es vor Erscheinung schon gehörig gestrafft wurde (von 1300 auf die jetzigen knapp 900 Seiten).

Und genau das ist auch die größte Schwierigkeit. Es gibt so viele Namen, so viele undurchsichtige Figuren, deren Rollen von den unterschiedlichen Protagonisten jeweils unterschiedlich eingeschätzt werden. Man kann im Laufe der Zeit wirklich leicht den Überblick verlieren, eben auch deswegen, weil der sich abnutzende Spannungsbogen für gewisse Ermüdungserscheinungen sorgt. Die ganze Geschichte bleibt auch am Ende noch einigermaßen schwer nachvollziehbar, und das schmälert dann doch ein wenig die Freude.

Passend zum viktorianischen Zeitalter bedient Dahlquist sich eines Erzählstils, der die Zeit widerspiegelt: ausgeschmückt, ein wenig altertümlich und mit feinen ironischen Nuancen versehen. Das macht das Buch zu einer angenehmen Lektüre, wenngleich man auch immer wieder über etwas holprige Stellen stolpert. Ob das nun dem Autor selbst oder vielmehr der Übersetzung anzulasten ist, lässt sich ohne Blick in das Original nicht klären.

„Die Glasbücher der Traumfresser“ ist in jedem Fall ein Buch, das seinesgleichen sucht. Man muss als Leser offen und auf alles gefasst sein, ähnlich wie beispielsweise bei den Büchern von Robert Anton Wilson, dann wird man im Großen und Ganzen schon seine Freude an der Lektüre haben. Man muss aber auch stets gleichermaßen konzentriert bei der Sache sein, um im Meer der Figuren und zwielichtigen Gestalten nicht den Faden zu verlieren.

Bleibt unterm Strich festzuhalten, dass Gordon Dahlquist mit „Die Glasbücher der Traumfresser“ ein beachtenswertes Debüt geglückt ist, ein ungewöhnlicher Roman und ein wilder Genremix mit vielen verrückten Einfällen. Zwar bemüht Dahlquist sich, die Spannung von Anfang bis Ende kontinuierlich hoch zu halten, dennoch nutzt sich der Spannungsbogen mit der Zeit ab. Etwas straffer und nachvollziehbarer erzählt, könnte „Die Glasbücher der Traumfresser“ ein echter „Pageturner“ sein. So bleiben aber einzelnen Schwachpunkte in einem faszinierend vielschichtigen Plot, der eine aufgeschlossene Leserschaft sucht.

|Originaltitel: The Glass Books of the Dream Eaters
Originalverlag: Bantam, New York 2006
Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kempen
Deutsche Erstausgabe 2007
Paperback, 896 Seiten, 15,0 x 22,7 cm
Luxusausgabe in 10 Bänden in eleganter Geschenkbox|
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Tropper, Jonathan – Mein fast perfektes Leben

Nachdem Lolly Winston das Leben einer jungen Witwe in [„Himmelblau und Rabenschwarz“ 1819 bereits auf tragikkomische Weise ergründet hat, legt Jonathan Tropper mit „Mein fast perfektes Leben“ nun quasi das männliche Gegenstück vor.

Doug Parkers Leben könnte eigentlich so glücklich sein: Seine Zeitungskolumne erfreut sich großer Beliebtheit, er wohnt in einem schönen Haus in einem schnuckeligen Vorort und seine Familie ist liebevoll und zufrieden. Bis eines Tages Dougs Ehefrau Hailey bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommt. Für den bis dahin so glücklichen Doug, der eigentlichen kaum fassen konnte, wie er sich eine tolle Frau wie Hailey angeln konnte, bricht die Welt zusammen.

Auch ein Jahr nach dem Tod seiner Frau klammert Doug sich noch immer eisern an seine Trauer. Seine Kolumne befasst sich nun nicht mehr wie vor dem Unglück mit dem Leben und Treiben in Hollywood, sondern erläutert den „richtigen Umgang mit Witwern“. Mit seiner rührend-ironischen Art schildert Doug sein Witwerleben und eröffnet sich so ganz neue schriftstellerische Perspektiven. Er könnte eigentlich seinen Wunsch vom eigenen Buch wahrmachen, doch Doug hat Hemmungen, irgendetwas zu tun, das erst durch Haileys Tod möglich wird.

Aber nach einem Jahr wird irgendwann dann doch mal erwartet, dass man sich zurück ins Leben traut. Die Hausfrauen der Nachbarschaft bringen Doug nicht mehr abwechselnd ein warmes Mittagessen vorbei, nur noch die hübsche rothaarige Frau seines Freundes Dave Potter hält an dieser Tradition fest – und hat dabei noch etwas ganz anderes im Sinn.

Währenddessen häufen sich die Probleme mit Russ, Haileys pubertierendem Sohn aus erster Ehe. Dougs Vater verliert nach einem Schlaganfall langsam aber sicher den Verstand, während Dougs Zwillingsschwester Claire aus der Eintönigkeit ihres Ehelebens flieht und erst einmal bei Doug einzieht. Dougs Leben gerät damit mehr und mehr aus den Fugen. Trauer und Schmerz lassen sich einfach nicht mehr so hemmungslos ausleben, wenn rund um einen das Leben tobt. Doug hat es schon nicht leicht mit seiner Familie, aber zumindest versetzt die ihm endlich mal einen Tritt in die richtige Richtung …

|“Ich hatte eine Frau. Ihr Name war Hailey. Ich habe sie verloren. Und mich dazu.“| Wie ein Mantra gibt Doug diese Worte immer wieder von sich. Wie ein Schutzschild umgibt dieses Motto ihn, dient als Ausrede für jede gesellschaftliche Unpässlichkeit und als handfester Grund dafür, sich von der Welt abzuschotten. Doch so sehr der Verlust auch schmerzt, irgendwann kommt der Punkt, da kann Trauer keine Ausrede mehr dafür sein, warum man sich zurückzieht und seine wohlwollenden Mitmenschen unfair behandelt.

Dougs jüngere Schwester Deborah stellt ihn in dieser Beziehung auf eine harte Probe. Sie heiratet Dougs Freund Mike, den sie pikanterweise bei der Totenwache in Dougs Haus kennengelernt hat. Wäre Hailey nicht gestorben, hätten die beiden sich vielleicht nie getroffen. Doug hat ein schmerzhaftes Problem damit, dass eine neue Beziehung entsteht, später vielleicht auch Kinder geboren werden, nur weil Hailey gestorben ist. Solche Gedankengänge bestimmen sein Leben und sorgen dafür, dass er gut gemeinte Versuche, ihn ins Leben und die Normalität zurückzuholen, oft etwas schroff zurückweist.

Doug hat Angst, das Andenken an Hailey zu beschmutzen, wenn sein Leben nach einem Jahr Trauer jetzt allmählich mal wieder weitergehen soll, wenn er nach Hailey irgendetwas Neues anfängt, egal ob beruflich oder privat. Er versucht, sein Leben in dem Zustand einzufrieren, wie Hailey ihn verlassen hat, und schafft es so nicht einmal, ihre Wäsche in den Schrank zu hängen.

Ein schönes Mittel, Dougs tiefe Trauer und seine Hilflosigkeit gegenüber dem Leben und einer Rückkehr zum Alltag auszudrücken, sind seine Kolumnen, die Jonathan Tropper immer wieder in die Handlung einstreut. Ironisch, rührend und offenherzig plaudert Doug hier über die Probleme des Witwerdaseins. Jonathan Tropper beweist, wie schon andere vor ihm, dass das Thema Trauerbewältigung leichtfüßiger Unterhaltung nicht unbedingt im Wege steht. Er verknüpft Selbstironie und einen lockeren Erzählstil mit einer ernsten Thematik und vollbringt dabei einen Balanceakt. Mal rührend, mal komisch erzählt er eine Geschichte, die trotz des allgegenwärtigen Themas Tod vor Leben strotzt.

Die Zutaten sind stimmig und garantieren einen gewissen Unterhaltungswert. Ein selbstironischer, tragikkomischer Protagonist, eine schräge, aber sympathische Familie, in der jeder seine ganz eigenen Macken hat und sich so manche interessante Verwicklung ergibt, und ein Plot, der geradezu dazu einlädt, dass Hollywood sich irgendwann dieses Stoffs annimmt.

Es ist vor allem auch Jonathan Troppers Erzählstil, der die Würze dieser Komposition ausmacht. Er verknüpft Ernsthaftigkeit mit einer gewitzten Art, die zu keiner Zeit Gefahr läuft, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen. Treffsicher entblättert er das Seelenleben seiner Protagonisten und macht sie so für den Leser/Hörer begreifbar. Er erzählt eine Geschichte, die immer wieder ihre rührenden Augenblicke hat, ohne dass er dabei ins Kitschige abzudriften droht. „Mein fast perfektes Leben“ wird dadurch zu einem wirklichen Genuss.

Natürlich läuft eine solche Geschichte am Ende immer Gefahr, in einem kitschigen Friede-Freude-Eierkuchen-Finale zu gipfeln. So ergeht es beispielsweise auch Lolly Winston mit „Himmelblau und Rabenschwarz“, die es am Ende dann doch etwas zu gut mit ihrer gebeutelten Hauptfigur meint. Auch bei Jonathan Tropper habe ich diesen Effekt befürchtet, doch zieht der Autor sich geschickt aus der Affäre. Er lässt am Ende einige Punkte offen. Man kann sich denken, wie sich die Geschichte weiterentwickelt, aber die Tatsache, dass Tropper zum Schluss doch nicht zum großangelegten Happy-End ansetzt, lässt der Fantasie angenehmen Spielraum.

Besonders lohnenswert ist „Mein fast perfektes Leben“ als Hörbuch. Als Sprecher wurde der Schauspieler Sebastian Blomberg verpflichtet, der eine wunderbar sympathische, warme und ruhige Erzählstimme hat. Wenn er die Facetten der unterschiedlichen Figuren auslotet, wirft er sein schauspielerisches Talent in die Waagschale und ist so trotz seiner eigentlichen sehr ruhigen und gleichmäßigen Erzählweise dazu in der Lage, die Geschichte wunderbar mit Leben zu füllen.

Bleibt unterm Strich also ein positiver Eindruck zurück. „Mein fast perfektes Leben“ ist ein schöner Unterhaltungsroman, der eine ernste Thematik mit viel Feingefühl und einer humorvollen Note rüberbringt. Da Tropper sich am Ende dann auch nicht zu überspitzt ins Friede-Freude-Eierkuchen-Ende stürzt, ist „Mein fast perfektes Leben“ eben auch noch etwas besser als „Himmelblau und Rabenschwarz“ von Lolly Winston. Freunde der leichtfüßigen Unterhaltungsliteratur können getrost zuschlagen und dürften an Jonathan Tropper ihre Freude haben.

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Sage, Angie – Septimus Heap – Physic

Mit „Physic“ legt Angie Sage den mittlerweile dritten Band ihrer „Septimus Heap“-Reihe vor. Septimus Heap, der als siebter Sohn eines siebten Sohnes ein ganz besonderes magisches Potenzial aufweist, hat in den beiden vorangegangenen Bänden [„Magyk“ 1856 und „Flyte“ bereits so manches haarsträubende Abenteuer bestehen müssen. In „Physic“ muss er sich einer ganz neuen Gefahr stellen, die ihn tief in die Vergangenheit der Burg befördert.

Alles beginnt damit, dass Silas Heap, der Vater von Septimus, ohne es zu ahnen den versiegelten Geist der grausamen Königin Etheldredda befreit. Etheldredda regierte die Burg vor 500 Jahren und sie ist besessen davon, die Macht in der Burg wieder an sich zu reißen und dann, dank der Wunder der Alchemie, ewig zu leben und zu regieren. Ehe Septimus sich versieht, wird er auch schon Teil der finsteren Pläne Etheldreddas. Durch einen Spiegel wird Septimus 500 Jahre in die Vergangenheit befördert, um dem Alchemisten Marcellus Pye als Lehrling zur Hand zu gehen – beim Brauen eines Tranks, der ewiges Leben verheißt.

Septimus ist gleichermaßen verstört wie fasziniert. Die Alchemie hält spannende Aufgaben für ihn bereit, wenngleich ihm vieles sonderbar erscheint. Die Verwandlung von Metall in Gold, die Formel für ewiges Leben, all das übersteigt seinen Horizont. Sein Interesse ist eher von pragmatischerem Denken geleitet. Ihn interessieren vor allem das Herstellen von Gegengiften und das Brauen von Heiltränken. Das wäre ihm auch in seinem alten Leben von Nutzen, wo eine eigenartige Seuche die Burgbewohner dahinrafft.

Trotz all der nützlichen Dinge, die Septimus bei Marcellus Pye lernt, will er eigentlich nur eines: zurück in sein altes Leben, zurück in die Gegenwart. Doch Marcellus hält den jungen Lehrling in der Vergangenheit gefangen. Nur der Weg durch die Türen der Zeit könnte Septimus zurückbringen, aber den Schlüssel dazu trägt Marcellus stets an einer Kette um den Hals.

Derweil lassen auch Septimus‘ Freunde in der Gegenwart nichts unversucht, um Septimus zurückzuholen. Prinzessin Jenna, Septimus‘ Bruder Nicko und der Drache Feuerspei suchen nach einem Weg, durch den Spiegel zu Septimus zu gelangen. Sie schaffen es schließlich, doch wie soll es weitergehen? Wie sollen sie gemeinsam wieder heimkehren? Dazu bräuchten sie immer noch den Schlüssel für die Türen der Zeit …

Der Plot an sich klingt zunächst vielversprechend. Statt mit simpler Magie darf Septimus hier mit Alchemie hantieren. Er beschäftigt sich mit der Heilkunst, und so erhält seine Arbeit als Lehrling einen etwas wissenschaftlicheren Anstrich, der dennoch seine Schattenseite hat: die dunklen Geheimnisse der Alchemie.

Das klingt eigentlich sehr spannungsverheißend, bleibt dann aber doch etwas unspektakulär. Bei Marcellus muss Septimus dessen sagenumwobenen Almanach mit fertigstellen und geht ihm beim Brauen verschiedener Tränke zur Hand. Obwohl Septimus ja im Grunde das Opfer einer Entführung ist, wird er von Marcellus nicht schlecht behandelt. Im Grunde geht es ihm gut und er lernt eine Menge Dinge, die er bei seiner eigentlichen Lehrmeisterin, der außergewöhnlichen Zauberin Marcia Overstrand, niemals lernen könnte.

Und so verlaufen der Ereignisse nach Septimus‘ Entführung in die Vergangenheit auch eher unspektakulär. Septimus arbeitet für Marcellus, während Jenna mit ihren Freunden einen Weg sucht, Septimus zu befreien. Dazu bedient sie sich des Drachens Feuerspei, den sie auf Septimus‘ Fährte ansetzt. Auch dieses Unterfangen verläuft an sich nicht sonderlich aufregend, und so kommt der Spannungsbogen erst richtig in Fahrt, als Jenna durch einen anderen Spiegel ebenfalls 500 Jahre in die Vergangenheit reist und dort auf Septimus trifft.

Für Jenna bedeutet die Reise in die Vergangenheit eine wirkliche Gefahr. Etheldredda, die bereits ihre eigenen Kinder ermordet hat, schickt sich an, auch die junge Prinzessin zu meucheln, denn schließlich könnte eine Thronfolgerin ihrem Streben nach ewiger Macht im Wege stehen. Doch um an diesen spannenden Punkt der Handlung zu gelangen, muss man erst einmal 300 Seiten hinter sich bringen, die höchstens eine Handvoll kleinerer Spannungsmomente bereithalten. Erst auf den letzten gut 150 Seiten kommt der Spannungsbogen richtig auf Touren und die Geschichte beginnt, den Leser zu fesseln.

Die Flucht der Kinder vor der bösen Königin Etheldredda und ihre Versuche, zurück in die Gegenwart zu gelangen, sind der interessanteste Aspekt der Geschichte. Die übrigen Momente bleiben oft etwas farblos dagegen. Gerade mit Blick auf die Figuren leistet Angie Sage sich auch einige Schwächen, die vor allem auch dadurch zutage treten, dass der Plot diesmal insgesamt etwas spannungsärmer verläuft. Septimus wirkt in seiner Rolle als Entführungsopfer etwas blass. Er wurde zwar in eine Zeit gebracht, in der er sich nicht wohlfühlt, und er vermisst seine Freunde, aber emotional ist das auch schon so ziemlich alles, was sein Charakter offenbart.

Ähnlich sieht es mit den übrigen Figuren aus. Sonderlich weiterentwickelt haben sie sich seit dem letzten Band [„Flyte“ 3057 nicht, und ihr Seelenleben bleibt etwas zu eindimensional, als dass man wirklich mit ihnen fiebern könnte. Die einzige interessante neue Figur ist das junge Händlermädchen Snorri Snorrelssen, das mit einer Katze umherreist, die sich des Nachts in einen Panther verwandelt, und eher zufällig in das Abenteuer von Jenna, Nicko und Feuerspei hineingezogen wird. Ihre Rolle am Ende ist eine ganz seltsam diffuse, die dazu beiträgt, dass das Finale etwas eigenartig konstruiert wirkt. Wie schon im letzten Band, bleibt auch hier so manches offen. Sage hält sich also potenziellen Erzählstoff für einen vierten Band warm.

Was die ersten beiden Bände der Reihe so sympathisch macht, ist die Vielzahl fantasievoller Einfälle, mit denen Sage ihren Plot garniert. Sie entwirft interessante Kreaturen und würzt die Geschichte mit einer humorvollen Note. Mit dem dritten Band beginnen diese Stilmittel sich allmählich etwas abzunutzen. Die Gags wiederholen sich im Grunde – man kann halt nicht endlos schmunzeln über die Gefräßigkeit des Drachen und die Größe seiner „Häufchen“.

Neue interessante Kreaturen gibt es auch kaum. Die interessanteste wäre schon Snorris Katze/Panther, ansonsten hat Sage in dieser Beziehung nicht mehr viel zu bieten. Das sind wiederum zwei Aspekte, die den Unterhaltungswert des Romans schmälern. Man merkt, dass der Geschichte mit dem dritten Band so langsam die Puste auszugehen droht.

Der Plot verliert an Dynamik und die Figuren bleiben blass – das ist der Eindruck, der sich mit zunehmender Seitenzahl aufdrängt. Waren „Magyk“ und „Flyte“ noch angenehm fantasievoll, farbenprächtig und unterhaltsam erzählt, so bleibt „Physic“ doch recht deutlich hinter den Qualitäten der ersten beiden „Septimus Heap“-Romane zurück.

Bleiben unterm Strich also vor allem enttäuschte Erwartungen zurück, eine Geschichte, die viel Potenzial verschenkt und deren Figuren mit der Zeit zunehmend verblassen. „Septimus Heap“ ist nicht mehr das schöne, unterhaltsame Lesevergnügen für Jung und Alt, das die ersten beiden Bände versprochen haben. Die Geschichte ist abgeflacht und spannungsarm und die Figuren werden zunehmend uninteressant. Schade eigentlich, denn der Beginn der Reihe war Sage noch wirklich gut gelungen.

[Website zum Buch]http://www.septimus-heap.de/
[Hanser-Verlag]http://www.hanser-verlag.de/
[Reihe Hanser im dtv]http://www.dtvjunior.de/dtvjunior.cfm?bereich=RH

Kit Whitfield – Wolfsspur

Man weiß nicht so recht, in welche Schublade man Kit Whitfield mit ihrem Debütroman „Wolfsspur“ stecken soll, so viele verschiedene Genres verschmilzt sie zu einer einzigen Geschichte. Grob trifft es wohl der Begriff „Urban Fantasy“, auch wenn eine solche Kategorisierung gleichermaßen etwas ganz anders verspricht, als man bei Kit Whitfield erwarten sollte.

Ganz der reißerischen Titelgrafik entsprechend, geht es um Werwölfe. Doch wer deswegen nun spannende, actiongeladene Fantasy mit Gruselfaktor erwartet, der ist falsch gepolt. „Wolfsspur“ weist eine immense Tiefe auf, die man hinter einem so billig aufgemachten Buchdeckel niemals erwarten würde. Fantasy, Thriller, Liebesgeschichte, düstere Utopie und Sozialdrama – all diese Elemente verwebt Whitfield zu einer eigenwilligen und faszinierenden Geschichte.

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Carroll, Steven – Gabe der Geschwindigkeit, Die

Mit seinem Roman [„Die Kunst des Lokomotivführens“ 2853 gelang dem Australier Steven Carroll eine beachtenswerte Momentaufnahme um Liebe, Lebensträume und enttäuschte Hoffnungen. Nun liegt mit „Die Gabe der Geschwindigkeit“ der Nachfolgeband vor.

Gleiche Figuren, gleicher Ort, aber eine andere Zeit. Spielte der Vorgängerroman noch Anfang der fünfziger Jahre in einem verschlafenen Vorort von Melbourne, so sind seitdem knapp zehn Jahre vergangen. Vic, der ehemalige Lokomotivführer ist mittlerweile den ganzen Tag zu Hause und träumt von einem besseren Leben weit weg. Seine Frau Rita dagegen träumt von schicken französischen Fenstertüren und zeigt damit wieder einmal, dass ihr Geschmack, ihr Stil eigentlich ein bisschen zu gut für diesen Vorort ist.

Sohn Michael interessiert das alles herzlich wenig, denn die Welt des Sechszehnjährigen dreht sich in erster Linie um einen kleinen roten Ball. Von morgens bis abends übt er das Werfen und träumt von der großen Kricketkarriere. Eines Tages muss sie sich ihm doch offenbaren, die Gabe der Geschwindigkeit, und dann könnte ihr Schwung ihn aus der Einöde dieses Vorortes hinauskatapultieren. Bis es so weit ist, übt Michael Werfen, tagein, tagaus.

Doch als Michael Kathleen Marsden begegnet, ändert das einiges in seinem sonst so überschaubaren Leben. Kathleen weckt Gefühle in Michael, die er bislang nicht kannte, und die Begegnung mit ihr ist es, die Michael zeigt, dass es noch andere wichtige Dinge im Leben gibt außer Kricket.

So wie „Die Kunst des Lokomotivführens“ eine Momentaufnahme ist, so lässt sich auch „Die Gabe der Geschwindigkeit“ einordnen. Carroll schildert den Moment in Michaels Leben, in dem seine Kindheit unwiederbringlich zu Ende ist. Die gesamte Handlung läuft auf einen bestimmten Moment zu. Dennoch ist der Roman gänzlich anders als sein Vorgänger. Diesmal spielt die Handlung über einen längeren Zeitraum, während der gesamte Vorgängerroman an nur einem einzigen Abend spielt.

Carroll zieht die Handlung etwas auseinander, baut zeitliche und räumliche Sprünge ein und ordnet mehr Figuren in den Gesamtkontext ein. Vics Mutter, die nach einem Unfall in Vics und Ritas Haus untergekommen ist, erlaubt dem Leser Einblicke in Vics Kindheit und in ein Geheimnis, das der Mutter ihr ganzes Leben lang schon auf den Schultern lastet.

Und auch dem Kapitän der westindischen Kricketmannschaft Frank Worrell kommt eine Rolle zu. Die Handlung des Romans beginnt und endet mit einem Kricketturnier, zu dem Worrell mit seiner Mannschaft anreist. Dem Leser offenbart Carroll Worrells Gedanken während des Turniers ebenso wie die Einsamkeit, in die ihn die Kapitänsbürde zwingt.

Und dann wäre da noch der einsame Fabrikbesitzer Webster, der in seinen schlaflosen Nächten in einem schicken Sportwagen durch die Vororte braust und damit eine geheime Leidenschaft auslebt, von der nicht einmal seine Frau weiß.

Diese Vielfalt an Figuren, die neben Rita, Vic und Michael genauer betrachtet werden, zieht die Handlung etwas in die Länge. Insbesondere in der ersten Hälfte des Romans wirkt die Handlung schnappschussartig. Carroll schaut mal hierhin, schaut mal dorthin, und so ganz weiß man als Leser während dieser Zeit noch nicht, in welche Richtung das überhaupt abzielen soll. Das war in „Die Kunst des Lokomotivführens“ zwar ähnlich, durch eine stärkere räumliche und zeitliche Konzentration der Handlung aber wesentlich greifbarer.

Zwar fügt Carroll die Handlungsstränge am Ende zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen, zwar schafft er es dabei auch, zum Ende hin eine gewisse Spannung aufzubauen, dennoch ist mir die Atmosphäre aus dem Vorgängerroman als wesentlich dichter in Erinnerung. Man spürt, dass alles auf einen unausweichlichen Augenblick hinausläuft, der alles verändern wird, und dass die Protagonisten danach nicht mehr dieselben sein werden wie vorher. Auch „Die Gabe der Geschwindigkeit“ steuert auf so einen Punkt zu, allerdings vor allem in der ersten Hälfte wesentlich weniger konzentriert und zielstrebig.

Lebte „Die Kunst des Lokomotivführens“ von dem tiefen Einblick in die Figuren und von der greifbaren Spannung des Augenblicks, so zieht sich der Nachfolger in den ersten Kapiteln etwas zähflüssig und langsam dahin. Carroll ist kein Mann für temporeiche Plots, keiner, der viel Wirbel um seine Handlung macht und seine Geschichte mit Effekten und Actioneinlagen aufbläht. Er ist ein Autor der leisen Töne, der zurückhaltenden Beobachtung und der ausgefeilten Persönlichkeitsskizzierung. Bei „Die Kunst des Lokomotivführens“ sind das die Zutaten, in denen man sich als Leser verlieren kann. Der Roman entwickelt eine ganz eigene Spannung, und genau die lässt in den ersten Kapiteln von „Die Gabe der Geschwindigkeit“ auf sich warten.

Zum Teil liegt das auch an den sprachlichen Mitteln. Carroll beschreibt stets sehr genau, mit einem Blick für kleine Details und den tieferen Sinn der Dinge. Das lässt sich auch im aktuellen Roman nicht leugnen. Dennoch entwickelt er einen Zug, der mit fortschreitender Seitenzahl stets ein bisschen mehr nervt: Er neigt zu Wiederholungen. Bestimmte Formulierungen schleichen sich wieder ein, nachdem sie ein paar Zeilen zuvor schon aufgetaucht waren, und das lässt Carrolls Stil hie und da überausführlich erscheinen.

Und so dauert es diesmal, bis sich das Spannungsfeld der Figuren, das Besondere des Augenblicks überhaupt richtig entfalten kann. Erst ab etwa der Hälfte fängt die Geschichte an, den Leser gefangen zu nehmen. Michaels Leben steuert auf den Punkt zu, an dem er erwachsen wird. Alles läuft in einem Augenblick zusammen, und man kann sich der aufkommenden Spannung kaum entziehen.

Aber bis dahin hat man erst einmal eine einige Kapitel andauernde Durststrecke zu überwinden. „Die Gabe der Geschwindigkeit“ ist ein literarisches Kleinod, das es dem Leser nicht leicht macht. Nur wer ausreichendes Durchhaltevermögen beweist, wird am Ende belohnt. Aber diese Belohnung reicht leider nicht ganz aus, um den etwas faden Beigeschmack der langatmigen ersten Buchhälfte vergessen zu machen.

Bleibt unterm Strich also ein durchwachsener Eindruck zurück. Einerseits wunderbar tiefe und vielschichtige Charakterskizzierungen, andererseits aber eine etwas zähe und langatmige Lektüre in der ersten Buchhälfte. Man braucht schon einen Sinn für die feinen Töne in Carrolls Buch, ansonsten reicht am Ende das Durchhaltevermögen nicht. Im Vergleich dazu ist [„Die Kunst des Lokomotivführens“ 2853 dichter und kompakter erzählt und damit eben auch um einiges besser.

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Delaney, Joseph – Spook 3 – Das Geheimnis des Geisterjägers

Mit „Spook – Das Geheimnis des Geisterjägers“ legt Joseph Delaney nun den dritten Band seiner „Spook“-Reihe vor, mit deren ersten beiden Teilen er sich schmeichelnde Worte redlich verdient hat. „Spook“ erzählt von den Abenteuern des jungen Thomas Ward, der als siebter Sohn eines siebten Sohnes mit besonderen Gaben gesegnet ist und deshalb eine Ausbildung zum Geisterjäger absolviert.

Bereits in den ersten beiden Teilen [„Der Schüler des Geisterjägers“ 2303 und „Der Fluch des Geisterjägers“ hat Tom erfolgreich seinen Mut bewiesen, wenn es darum ging, bösartige Hexen und skrupellose Boggarts zu bannen. In „Das Geheimnis des Geisterjägers“ zieht Tom mit seinem Lehrmeister, dem alten Spook, nach Anglezarke, in das Winterquartier des Geisterjägers.

Tom wäre zwar lieber im beschaulichen Chipenden geblieben als in das düstere und unwirtliche Anglezarke zu ziehen, aber ihm bleibt logischerweise keine andere Wahl. Der Spook hingegen hat triftige Gründe für einen Ortswechsel. In Anglezarke sind die Winter lang und dunkel und in dieser Zeit treiben sich dort so allerlei unheimliche Kreaturen herum, die das Volk in Angst und Schrecken versetzen. Für den Spook und seinen Lehrling gibt es also eine Menge Arbeit.

Dass Tom sich nicht so recht wohlfühlt in Anglezarke, verwundert nicht. Im Keller des Hauses hocken jede Menge gebannte Boggarts und gefährliche Hexen in ihren Gruben. Doch das ist nicht das einzige Problem, dem sich Tom stellen muss. Eines Tages taucht ein eigenartiger Mann auf, dessen Erscheinen nun auch beim alten Spook Sorgenfalten verursacht. Es offenbart sich ein Geheimnis aus der Vergangenheit des Spooks, das dieser lieber für sich behalten hätte, und ehe Tom sich versieht, steckt er auch schon mittendrin in einer schier ausweglosen Situation …

Schon mit den beiden Vorgängerromanen hat Joseph Delaney bewiesen, dass er spannende und schaurige Geschichten zu erzählen vermag. Der dritte Teil der „Spook“-Reihe steht dem in nichts nach. Für Spannung ist wieder einmal zur Genüge gesorgt, und was Tom alles erlebt, dürfte zumindest der anvisierten Zielgruppe doch einen gehörigen Schauer über den Rücken jagen. Auch wenn die Gruselszenen es teilweise durchaus in sich haben, ist die „Spook“-Reihe vor allem auch durch Delaneys einfach gehaltenen Erzählstil in erster Linie für (nicht zu zart besaitete) Kinder und Jugendliche gedacht.

Doch auch als Erwachsener kommt man bei „Spook“ auf seine Kosten. Die drei „Spook“-Bände sind ein spannendes und kurzweiliges Lesevergnügen, das nicht nur wegen der optisch herausragenden Aufmachung aus der Masse anderer Fantasy-Jugendbücher hervorsticht.

Zum einen wären da die interessanten Figuren, die der Leser durch alle drei Bände begleiten darf. Tom als Hauptfigur muss sich immer wieder seinen Ängsten stellen und lernen, was die Arbeit des Spooks bedeutet, nämlich nicht nur die Konfrontation mit den Mächten der Dunkelheit, sondern auch die Ausgrenzung aus der Gesellschaft. Er hat einen gut geschulten Lehrmeister mit reichlich Lebenserfahrung an seiner Seite, der aber auch stets von der Aura seiner geheimnisvollen Vergangenheit umweht wird. Genau die steht dann auch im Mittelpunkt des dritten „Spook“-Bandes, nachdem Delaney bereits im Vorgängerband diverse Andeutungen eingestreut und die Neugier des Lesers angestachelt hat.

Doch es sind nicht nur die beiden Titelhelden, die zu überzeugen wissen. Delaney baut für ein Jugendbuch überraschend ambivalente Figuren ein. Nicht nur der alte Spook hat seine schwache Seite, die sich vor allem in seinem Verhältnis zu der Lamia-Hexe Meg widerspiegelt, die er sanfter behandelt, als es einer Hexe ihres Kalibers eigentlich gebührt. Tom weiß oft nicht, was er vom alten Spook halten soll, und so ist das Vertrauen in seinen Meister nicht zu jeder Zeit völlig uneingeschränkt.

Auch Alice, die junge Hexe, die Tom schon aus so mancher brenzliger Situation geholfen hat, ist eine interessante Figur, die Schlechtes wie Gutes in sich vereint. Der Spook traut ihr nicht über den Weg, und auch als Leser hegt man hin und wieder Zweifel an ihrer Loyalität. Und doch hat Alice viele gute Charakterzüge vorzuweisen. Nicht minder interessant ist Toms Mutter, deren geheimnisvolle Vergangenheit im Vorgängerband eine Rolle spielte. Auch in diesem Teil steht sie ihrem Sohn wieder mit Ratschlägen und Vorausahnungen zur Seite. Sie ist eine Figur, die irgendwie über den Dingen zu stehen scheint.

Delaney treibt mit jedem Teil der Reihe auch die Figurenentwicklung ein Stückchen voran. Tom wird allmählich reifer, und diesmal sind es vor allem die Geschehnisse rund um seine eigene Familie, die ihn erwachsener werden lassen.

Die Geschichte verläuft auch diesmal wieder außerordentlich spannend. Spätestens mit [„Der Fluch des Geisterjägers“ 3535 hat Delaney bewiesen, was er an Spannung aus seinem Plot herauskitzeln kann, und das zeigt er auch diesmal wieder konsequent. „Das Geheimnis des Geisterjägers“ ist von vorne bis hinten spannend erzählt, mit einem stetig aufwärts strebenden Spannungsbogen. Der Plot ist straff und temporeich, Spannungsabfälle sucht man vergebens.

„Spook“ macht also auch mit dem dritten Band noch immer Spaß. Ein herrlich-schauriger Lesegenuss, der sich auch mit fortschreitender Seitenzahl nicht totläuft. „Das Geheimnis des Geisterjägers“ ist übrigens noch nicht das Ende der Reihe. In England ist im Juli der vierte Teil „The Spook’s Battle“ erschienen, der sich am Ende dieses Buches schon andeutet. In „Spook“ steckt noch genug Potenzial, die Geschichte weiterzuerzählen, und so kann man sich schon auf die Fortsetzung freuen.

Bleibt unterm Strich also festzuhalten, dass „Spook – Das Geheimnis des Geisterjägers“ die Erwartungen voll erfüllt. Eine spannende Geschichte mit dezentem Gruselfaktor und interessanten Figuren. Ich warte gespannt auf den nächsten Teil.

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Stefánsson, Jón Hallur – Eiskalte Stille

Als der Architekt Björn Einarsson mit schweren Kopfverletzungen in der Nähe seines Sommerhauses gefunden wird, ahnt Valdimar Eggertsson von der Kriminalpolizei Reykjavik noch nicht, mit was für einem verzwickten Fall er es zu tun hat. Einarsson ist nachts zuvor Hals über Kopf nach einem Anruf in Richtung Sommerhaus aufgebrochen, wo ihn sein Sohn Marteinn am anderen Morgen leblos auffindet.

Marteinn ahnt, warum sein Vater ins Sommerhaus der Familie gefahren ist, und vermutet einen Zusammenhang zu der Affäre, die Einarsson mit seiner jungen Mitarbeiterin Sunneva pflegt. Wenig später macht Marteinn eine weitere grausame Entdeckung: Im Schlafzimmer des Sommerhauses liegt Sunnevas Leiche. Um seinen Vater und vor allem auch seine Familie zu schützen, schafft Marteinn die Leiche aus dem Weg, ohne zu ahnen, welch folgenschweren Fehler er damit begeht.

Valdimar Eggertsson steht in diesem Fall vor einem Rätsel. Was im Sommerhaus geschehen ist, lässt sich nicht rekonstruieren, und das Auffinden von Sunnevas Leiche in einem entfernten Waldstück stiftet weitere Verwirrung. Eggertsson ahnt, dass er über den Architekten noch längst nicht alles weiß und dass auch Personen aus seinem Umfeld offenbar etwas zu verbergen haben. Da wäre nicht zuletzt Marteinn, der sich zunehmend verdächtig verhält und ganz offensichtlich mehr weiß, als er zugibt …

Jón Hallur Stefánsson rückt in seinem Debütroman die Figuren in den Mittelpunkt des Geschehens und liefert damit einen Krimi ab, der sich zum größten Teil auf rein psychologischer Ebene abspielt. Ganz in Ruhe beobachtet Stefánsson seine Protagonisten, lässt ihre Persönlichkeiten auf den Leser wirken, so dass man bei der Lektüre schon fast vergisst, dass man es mit einem Krimi zu tun hat.

In gewissem Maße ist das einer der Vorzüge von „Eiskalte Stille“. Der Leser bekommt das Gefühl, ganz nah am Geschehen zu sein, ganz tief in die Seelen der Figuren zu blicken, und folgt dadurch gespannt dem Plot. Der Plot selbst funktioniert ein Stück weit wie ein Puzzle. Jede Figur liefert eine neue Sichtweise, eine neue Facette der Geschichte, ohne dass das große Ganze sich offenbart. Der Fall bleibt bis zum Schluss spannend, da der Leser nicht weiß, was wirklich in der Nacht von Sunnevas Tod und Einarssons schwerer Verletzung passiert ist.

Am Ende bleibt Stefánsson somit noch Raum für einen Knalleffekt, der im ersten Moment vielleicht etwas überzogen scheint, weil man nicht damit rechnet, sich aber im weiteren Verlauf dann doch aus der Handlung heraus erklärt. So gelingt Stefánsson ein überraschender Schluss, der obendrein in einem rasanten Showdown inszeniert wird. Dessen Tempo und Actionreichtum stehen zwar in einem ziemlichen Kontrast zum Rest des Romans, dennoch schafft Stefánsson es so, die Spannungskurve noch einmal steil nach oben zu ziehen.

Die psychologische Herangehensweise an den Plot, das Konzentrieren auf die Figuren, ist aber ein sicherlich schwieriges Unterfangen. Der Roman erreicht dadurch eine Komplexität, in welcher der Leser sich erst einmal zurechtfinden muss. Es tauchen viele Figuren auf, die erst einmal im Geiste sortiert werden müssen. Stefánsson springt von einer Figur zur nächsten und meint es dabei manchmal fast schon zu gut.

Aufwändig skizziert er seine Figuren und legt seine Charaktere wunderbar ambivalent an, aber so kann er eben auch nicht mit letzter Konsequenz die Ermittlungen im Fall Einarsson/Sunneva voranbringen. Valdimar Eggertson verschwindet zwischenzeitlich völlig aus dem Blickfeld des Lesers und man ist drauf und dran zu vergessen, dass hier ja in einem Mordfall ermittelt wird. Und so erscheint die Aufklärung dann auch ein bisschen holprig. Alles geht sehr schnell und man ist als Leser etwas verwundert, dass Valdimar mit den sich überschlagenden Ereignissen noch Schritt halten kann.

Doch dafür kann sich der Leser eben an den sehr ambivalent dargestellten Figuren erfreuen. Stefánsson verzichtet auf klischeehafte Gut- und Böseschattierungen und zeigt jede Figur mit ihren dunklen Seiten. Da wäre Marteinn, der Sunnevas Leiche beiseite schafft, um damit die Aufklärung eines Mordes zu verhindern. Dann wäre da Valdimar, dem schon mal die Hand ausrutscht, wenn er rot sieht. Oder Hallgrímur, Marteinns Freund, der auch nach Jahren noch immer das Gefühl hat, Marteinn nicht ebenbürtig zu sein und in dessen Schuld zu stehen, obwohl diese längst abgetragen ist. Bei Stefánsson ist keine Figur ohne Makel.

Jeder Figur schreibt Stefánsson eine interessante Geschichte auf den Leib. Immer wieder schweift er vom eigentlichen Plot ab und blickt in die Vergangenheit, in Kindheit und Jugend seiner Protagonisten, und macht sie damit begreiflicher. Das Buch gewinnt dadurch eindeutig an Tiefe. Die vielen kleinen Geschichten, die innerhalb dieses Krimis erzählt werden, sind ein Gewinn für das Gesamtwerk, auch wenn sie immer einen gewissen Balanceakt darstellen. Stefánsson entwirft recht akkurate psychologische Profile seiner Protagonisten und ausgefeilte Facetten einer Geschichte, die mit jedem Kapitel verzwickter und undurchdringlicher zu werden scheint. Und so bereitet er die Bühne für den Showdown, in dem er den Leser mit dem unerwarteten Ausgang der Geschichte konfrontiert.

Bleibt unterm Strich ein insgesamt positiver Eindruck zurück. „Eiskalte Stille“ ist kein Krimi von der Stange, sondern ein ausgefeiltes und feinsinniges psychologisches Kammerspiel mit interessanten Figuren. Wie ein Puzzle setzt Stefánsson ein Bild zusammen, das am Ende dann doch ganz anders aussieht, als man vermutet hätte. Spannend und mit ambivalenten Figuren kommt Jón Hallur Stefánssons Debütroman daher. Ein leiser Krimi, der erst zum Ende hin eine schnellere Gangart einlegt, aber dennoch keine Langeweile schürt. Freunde fein komponierter, psychologischer Krimis können hier getrost zugreifen.

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Marzi, Christoph – Malfuria – Die Hüterin der Nebelsteine

Mit [„Malfuria“ 3398 hat Christoph Marzi vor ein paar Monaten den ersten Teil einer neuen, vielversprechenden Trilogie geschaffen. Eine Fantasygeschichte, die sich für Jugendliche wie auch für Erwachsene angenehm liest und von den Abenteuern der Catalina Soleado berichtet.

Catalina lebt in Barcelona in einer Zeit voller Wunder und hat eine besondere Fähigkeit: Mit einem einzigen Federstreich kann die junge Kartenmacherin die Welt verändern. Darum kamen die Schatten nach Barcelona und suchten das Mädchen. Doch Catalina ist den Schatten entwischt. Ihren neu gewonnen Gefährten, den Lichterjungen Jordi, hat sie dabei leider aus den Augen verloren, doch kurz bevor die Schatten sie zu packen bekommen konnten, gelang Catalina die Flucht nach Malfuria.

Malfuria ist kein spezifischer Ort, sondern ein Sturm aus wirbelnden Rabenfedern, deren Form und Erscheinungsbild sich stetig verändern. In Malfuria trifft Catalina die Zigeunerhexe Makris de los Santos und die große Hexe Agata la Gataza. Mit Makris schließt Catalina schon bald Freundschaft, und gemeinsam machen sich die drei auf die Suche nach Catalinas Großmutter Nuria Niebla, eine verschollene mächtige Hexe, die im Kampf gegen die Schatten helfen soll …

Währenddessen irrt Jordi durch die zunehmend von der Dunkelheit verschluckten Gassen Barcelonas. Er hat seine Erinnerung verloren, weiß weder, wer er ist, noch kann er sich an Catalina erinnern. Er trifft zufällig auf einen Mann namens Kopernikus, dem die Schatten eigenartigerweise nichts anhaben können. Gemeinsam mit dem Mann flieht Jordi in Richtung Hafen und trifft im Leuchtturm auf einen verloren geglaubten Teil seines alten Lebens: seinen Vater, der ihnen bei der weiteren Flucht vor den alles verschlingenden Schatten hilft …

„Die Hüterin der Nebelsteine“ knüpft nahtlos an die Geschehnisse des ersten Bandes an, was insofern sehr gut ist, als dieser sehr abrupt endete. Man kann also direkt weiterlesen, was auch durchaus ratsam ist, da Marzi nicht viel Zeit auf Wiederholungen und Zusammenfassungen verschwendet. Man sollte also schon noch halbwegs frisch im Gedächtnis haben, was im ersten Teil passiert ist, damit man nicht den roten Faden verliert.

Jordi und Catalina gehen nun getrennter Wege. Der Plot gabelt sich in zwei unterschiedliche Erzählstränge, wird zum Ende hin aber wieder zusammengefügt, wenn sich die Wege der unterschiedlichen Protagonisten erneut kreuzen. Catalina flieht mit den beiden Hexen und Malfuria aus Barcelona und macht sich auf die Suche nach ihrer Großmutter. Sie werden von den Schatten verfolgt und begegnen einigen eigenartigen feindlichen Kreaturen, z. B. magischen Buchstabenwesen und unheimlichen Mosaikschlangen.

Malfuria und damit dem gesammelten Wissen der Hexenheit droht Gefahr. Agata la Gataza weiß um diesen Umstand, und darum müssen die drei Frauen Catalinas Großmutter finden, die nach dem von Catalinas Mutter begangenen Verrat von entscheidender Bedeutung wäre.

Insgesamt betrachtet passiert in diesem Handlungsstrang eigentlich eher wenig. Catalina ist in Malfuria sicher vor den feindlichen Häschern, wenngleich sie über den Verlust von Jordi sehr unglücklich ist. Und so läuft Jordi Catalina in diesem Band ein bisschen den Rang ab; seine Geschichte ist wesentlich spannender. Seine Flucht mit Kopernikus führt ihn zunächst auf den Leuchtturm seines Vater und dann hoch hinaus in die Lüfte.

Auch Kopernikus als sein rätselhafter Begleiter ist als Figur interessant. Er ist immun gegen die Macht der Schatten, was allerdings nicht bedeutet, dass die beiden vor den dunklen Mächten sicher wären. So verläuft dieser Handlungsstrang recht spannend und unterhaltsam, während die Erzählung um die eigentliche Hauptfigur Catalina gemächlich vor sich hinplätschert.

Konnte der erste Band noch durch seine schön skizzierte Welt und seine fantastischen Einfälle überzeugen, so liefert Marzi im zweiten Teil leider nicht viel Neues. Der Funke mag nicht so recht überspringen, und es schleicht sich das Gefühl ein, „Die Hüterin der Nebelsteine“ könnte ein etwas unausgegorener Schnellschuss sein. Fand ich bislang noch alle Marzi-Romane sehr gelungen, so kam mit diesem Band zum ersten Mal eine gewisse Langeweile auf.

Der Plot ist nicht so temporeich, Marzis Einfälle wirken blasser und farbloser als sonst und nicht zuletzt ist es auch die Hauptfigur Catalina, die einen faden Beigeschmack hinterlässt. Sie tappst irgendwie leidenschaftslos durch den Plot, tut nicht viel, aber wenn, wird sie nur durch ihre Intuition gesteuert und macht – ohne dass viel erklärt würde, warum – direkt alles richtig. Wäre als Gegengewicht nicht noch der Plot um Jordis Erlebnisse mit Kopernikus, so wäre „Die Hüterin der Nebelsteine“ eher als Schlafmittel denn als unterhaltsame Lektüre geeignet.

So schafft man es dann leider auch nicht so recht, in die Geschichte einzutauchen und mitzufiebern. Marzi reicht mit dem zweiten Band der „Malfuria“-Reihe bei weitem nicht an die Qualitäten des ersten Bandes heran, und das drückt leider ziemlich die Motivation, die Geschichte weiterzuverfolgen. Man schlägt das Buch am Ende ziemlich unbeeindruckt zu und staunt höchstens über das viele verschenkte Potenzial in Anbetracht der Vorzüge des ersten Teils.

Bleibt also unterm Strich ein schwacher Eindruck zurück. „Malfuria – Die Hüterin der Nebelsteine“ setzt leider nicht konsequent fort, was Marzi in „Malfuria“ angefangen hat. Die Geschichte plätschert teilweise spannungsarm und unmotiviert vor sich hin. Die Figuren (insbesondere Protagonistin Catalina) wirken teilweise blass und aufgesetzt. An Ideen liefert Marzi nicht viel Neues und man fiebert kaum mit. Der Erzählstrang um die Erlebnisse von Jordi kann zwar noch einiges wettmachen, dennoch ist „Malfuria – Die Hüterin der Nebelsteine“ allenfalls als mittelmäßig zu bezeichnen. Schade, denn eigentlich wissen wir mittlerweile ja, dass Christoph Marzi es wesentlich besser kann, aber hier wird er den Erwartungen einfach nicht gerecht. Hoffen wir, dass das nur ein Ausrutscher war und die nächsten Bücher wieder fesselnder und leidenschaftlicher ausfallen.

http://www.malfuria.de/
http://www.christophmarzi.de/
http://www.arena-verlag.de

_Christoph Marzi auf |Buchwurm.info|:_

[„Lycidas“ 1081
[„Lilith“ 2070
[„Lumen“ 3036
[„Malfuria“ 3398

Fforde, Jasper – Fall Jane Eyre, Der

Es gibt Romane, die lassen sich in keine Schublade pressen. „Der Fall Jane Eyre“ von Jasper Fforde ist so einer. Ein Roman mit Agenten und Bösewichten, aber dennoch kein Thriller. Ein Roman mit Zeitreisen und verrückten Erfindungen, aber dennoch keine Science-Fiction – „Der Fall Jane Eyre“ scheint in seinem ganz eigenen Kosmos zu schweben – surreal, schräg, spannend und witzig zugleich.

Thursday Next ist Geheimagentin bei den SpecOps, dem Special Operations Network, das sich in viele Einheiten unterteilt. Thursday arbeitet für SO-27, die LiteraturAgenten, auch LitAgs genannt. Die LitAgs befassen sich mit allen Verbrechen auf dem stetig lukrativer werdenden Literaturmarkt und spüren Fälschungen und gestohlene Erstausgaben auf. Eigentlich ist das kein allzu aufregender Beruf, wäre da nicht der geniale Oberschurke Acheron Hades.

Hades erregt einiges Aufsehen durch den spektakulären Raub von Charles Dickens‘ „Martin Chuzzlewit“-Original-Manuskript und die anschließende Entführung eines Protagonisten aus dem Text. Die LitAgs um Thursday Next können nur tatenlos zuschauen.

Doch das ist erst der Anfang. Wenig später entführt Hades Jane Eyre aus dem gleichnamigen [Roman 2740 von Charlotte Brontë, um ein horrendes Lösegeld von den englischen Behörden zu erpressen. Für die englische Literatur ein absoluter Super-Gau, den Thursday und ihre Kollegen unbedingt verhindern müssen. „Jane Eyre“ ohne Jane Eyre ist schließlich eine Katastrophe sondergleichen, und dabei hat das Vereinigte Königreich mit dem seit 130 Jahren tobenden Krim-Krieg doch schon genug Ärger am Hals. Unerschrocken macht Thursday Next sich daran, Jane Eyre und damit ein Denkmal der englischen Literatur zu retten …

„Der Fall Jane Eyre“ entwirft schon ein für sich genommen interessantes Ausgangsszenario einer parallelen Gegenwart. Einiges ist anders im Großbritannien von Jasper Fforde als in unserer Welt: England kämpft seit 130 Jahren mit den Russen um die Krim und Wales hat sich als autonome Republik von den Briten abgespalten. Für spezielle polizeiliche Aufgaben gibt es mit den SpecOps einen großen Apparat für geheimdienstliche Operationen, bei dem manche Abteilungen dermaßen geheim sind, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte gerade tut.

Als graue Eminenz im Hintergrund zieht der Konzern |Goliath Corporation| viele Fäden. Der Konzern mischt heimlich in politischen Dingen mit und redet auch den SpecOps immer wieder in ihre Arbeit rein. Wirtschaftliche und politische Interessen werden verschmolzen. Vor diesem Hintergrund versucht Thursday Next im beruflichen Alltag dennoch ihren Kopf durchzusetzen und das Richtige zu tun. Sie ist Geheimagentin sowie Krim-Veteranin und dementsprechend hartgesotten. Selbst vor temporalen Anomalien hat sie keine Angst, ist ihr Vater doch ein ausgestoßener Agent der ChronoGarde, der SpecOps-Abteilung, die nicht nur sprichwörtlich dazu in der Lage ist, die Zeit stillstehen zu lassen.

Thurdays Erzrivale Acheron Hades ist ein Superschurke, wie er im Buche steht. Intelligent, gerissen, skrupellos und mit besonderen Fähigkeiten gesegnet, ist Hades die größte Herausforderung, der sich Thursday in ihrer Laufbahn als Geheimagentin stellen muss. Doch Thursday weiß diese Herausforderung anzunehmen. Um Hades‘ Spur zu verfolgen, lässt sie sich von London in ihre alte Heimat Swindon versetzen, wo sie auch ihre alte Liebe Landen wiedertrifft, was sie auch privat auf Trab hält.

Und so muss Thursday sich gleichzeitig mit ihrer Vergangenheit und ihren Erlebnissen im Krim-Krieg auseinandersetzen und Jane Eyre retten, indem sie Hades zur Strecke bringt. Der Weg zu diesem Ziel stellt sich als ziemlich beschwerlich heraus, und Fforde schildert im Verlauf der Handlung so manche verrückte Begebenheit, die Thursday zu meistern hat.

Fforde verknüpft eine ganze Reihe schräger Ideen zu einem spannenden Plot, der gleichzeitig eine liebevolle Hommage an die Literatur ist. Das Leben in Thursday Nexts England zeichnet sich durch eine enorme Liebe der Menschen zur Literatur aus. Sie durchzieht den Alltag der Menschen wie ein roter Faden und ist von hoher gesellschaftlicher Bedeutung. Die Kultur ist nicht bloß Unterhaltung und Zerstreuung am Rande, sondern Teil des täglichen Lebens. Es gibt Automaten, die nach Münzeinwurf literarische Texte rezitieren, und ein Theater, das jeden Abend das gleiche Shakespeare-Stück spielt, dessen Darsteller zuvor aus dem Publikum rekrutiert wurden.

Wer gerne liest, dem wird Ffordes Welt gefallen, und wer darüber hinaus offen für Skurriles ist, der wird an dem Buch eine ganze Meng Spaß haben. Fforde schreibt gleichermaßen gewitzt wie intelligent, erfreut den Leser in jedem Kapitel aufs Neue mit seinen schrägen Einfällen und fügt dabei den Plot zu einem wunderbar stimmigen Ganzen zusammen.

Zwar hat man auch mal den Eindruck, Fforde wäre kurz davor, den Bogen zu überspannen (der Zeitenstrudel, in den Thursday und ihr Kollege geraten, ist dann doch schon eine extrem schräge Angelegenheit), dennoch führt er den Plot gelungen zu Ende und liefert dem Leser obendrein einen spannenden Showdown. Er führt am Schluss die losen Enden logisch zusammen, und jede Komponente des Romans ergibt ihren Sinn und findet ihren Platz.

„Der Fall Jane Eyre“ dürfte ein herrlicher Lesespaß für all diejenigen sein, die offen für schräge Ideen sind und schon Spaß an den Werken von Autoren wie Douglas Adams oder Matt Ruff hatten. Jasper Fforde hat eine lesenswerte und unterhaltsame Mischung aus Thriller, Science-Fiction und Satire geschaffen, die in keine Schublade passt: Gewitzt, intelligent und spannend zugleich, gespickt mit sympathischen Hauptfiguren und herrlich schrägen Einfällen, hat Jasper Fforde eine liebens- und lesenswerte Hommage an die Literatur abgeliefert.

http://www.dtv.de

|Siehe ergänzend dazu auch unsere [Rezension 2715 zur Hörbuchfassung von |Patmos|.|

Willingham, Bill / Buckingham, Mark – Fables 3 – Märchenhafte Liebschaften

Mit [„Fables: Legenden im Exil“ 3175 und „Fables: Farm der Tiere“ hat Bill Willingham eine lesenswerte Reihe um die aus ihrer Welt geflohenen Märchenwesen geschaffen. Willingham erzählt fantastische, amüsante und spannende Geschichten darüber, wie die Märchenfiguren in New York in einer eigens gegründeten Gemeinde namens Fabletown sesshaft wurden und nun unerkannt in der Welt der Menschen leben.

In Band 3 der Reihe trifft der Leser in erster Linie alte Bekannte aus den beiden Vorgängerbänden: Snow White (Schneeweißchen), Bigby Wolf (der böse Wolf in menschlicher Gestalt), Prince Charming, Bluebeard (König Blaubart), Flycatcher (der zurückverwandelte Froschkönig) und einige andere mehr. Neu ist diesmal Briar Rose (Dornröschen) dabei, die auf ihre ganz eigene Art sehr zum Gelingen des Plots beiträgt.

Erzählten „Legenden im Exil“ und [„Farm der Tiere“ 3506 immer konsequent eine durchgängige Geschichte, so unterteilt sich „Märchenhafte Liebschaften“ in mehrere Einzelerzählungen. Der erste Teil „Jack in America“ erzählt von der Liebschaft des Gauners Jack Horner zu einer wohlhabenden Südstaatenlady zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkrieges.

Der zweite Teil berichtet von den Geschehnissen rund um „Die Sharp-Affäre“, mit der sich die Gemeinde von Fabletown konfrontiert sieht. Ein Reporter der |Daily News| glaubt das Geheimnis der Fables herausgefunden zu haben und konfrontiert Bigby Wolf mit der Behauptung, er könne beweisen, dass sie alle schon seit Jahrhunderten in Fabletown leben würden. In einem großen Artikel will er die Bombe platzen lassen. Das können die Fables natürlich nicht hinnehmen, und so arbeiten sie einen raffinierten Plan aus, der verhindern soll, dass ihre geheimen Identitäten auffliegen. Natürlich kommt es dabei zu einigen brisanten Verwicklungen …

„Die Mäusepolizei schläft nie“ dreht sich um die Intrige, die Bluebeard ersinnt, um die seit Band 2 flüchtige Revoluzzerin Goldilocks vor der Entdeckung durch die entsandten Mäusepolizisten zu schützen. Mit einem perfiden Plan entführen Bluebird und Goldilocks Bigby Wolf und Snow White in die Cascade Mountains, wo Goldilocks dann den Rest erledigen und die beiden beseitigen soll, damit nicht herauskommt, dass Bluebird der Revoluzzerin Unterschlupf gewährt hat. Doch der Plan hat so seine Tücken und fernab der Zivilisation haben Bigby Wolf und Snow White endlich einmal Zeit, ungestört zu reden …

Zu guter Letzt geht es in der kurzen Geschichte „Gerstenkornbräute“ um das Schicksal der liliputanischen Armee, die auszog, um die Heimat vor den vorrückenden Truppen des Feindes zu schützen. Auch sie mussten schließlich in unsere Welt fliehen und gründeten auf der Farm ihre eigene Gemeinde, wobei ihr größtes Problem darin bestand, dass sie nur Männer waren. Doch es gibt Hoffnung in Form von Gerstensamen …

„Märchenhafte Liebschaften“ vereint also Geschichten, die allesamt irgendwie mit dem Thema Liebe verknüpft sind (die einen mehr, die anderen weniger). Das Konzept, mehrere Einzelgeschichten zu erzählen, tut der Reihe dabei sichtlich gut. Willingham gibt viele fantastische Ideen zum Besten, die er in einer einzigen Geschichte wohl niemals komplett hätte unterbringen können. So ist „Fables“ auch mit dem dritten Band immer noch gleichermaßen einfallsreich wie unterhaltsam. Es gibt viel zu schmunzel über die pfiffigen Ideen, mit denen Willingham die Geschichten um seine Protagonisten ausbaut, und auch die Spannung kommt dabei nicht zu kurz.

Gerade „Die Sharp-Affäre“ und „Die Mäusepolizei schläft nie“ überzeugen durch ihre Spannungselemente. Willingham streut immer wieder Andeutungen ein und lässt den Leser dann nach und nach selbst herausfinden, was wirklich passiert. Beide Geschichten können mit klassischen Elementen des Spannungsromans aufwarten, und so blättert man gierig durch die Seiten, um zu erfahren, wie es weitergeht.

Wer schon die ersten beiden Bände der „Fables“-Reihe mochte, der wird auch vom dritten Teil nicht enttäuscht sein. Hier sind es gerade die Ausgewogenheit zwischen Witz und Spannung und die Souveränität, mit der Willingham den Leser durch seine Geschichten lotst, die besonders überzeugen. Was dennoch etwas erstaunt, ist die Brutalität, die sich diesmal teilweise in den Geschichten widerspiegelt. Eine der entscheidenden Szenen, die Bigby Wolf und Snow White in den Bergen erleben, mutet über mehrere Seiten wie ein echter Splatter an. Das ist bei den „Fables“ doch etwas ungewohnt, trübt den Lesegenuss aber nicht weiter.

Bei den Zeichnungen wird die Linie der ersten beiden Bände konsequent fortgeführt. Die Zeichner Mark Buckingham, Lan Medina und Bryan Talbot legen die Figuren wieder einmal schön lebendig an, in klaren und gradlinigen Bildern. Lediglich die Geschichte um die „Gerstenkornbräute“, die von Linda Medley gezeichnet wurde, sticht optisch durch einen gänzlich anderen Stil hervor. Doch auch Medleys Stil wirkt gefällig und passt gut zur erzählten Geschichte.

Bleibt unterm Strich also wieder einmal ein positiver Eindruck zurück. Bill Willingham setzt seine „Fables“-Reihe auch mit „Märchenhafte Liebschaften“ gelungen fort und zaubert mit Hilfe eines überzeugenden Zeichnerteams gleichermaßen amüsante wie spannende Geschichten auf die Seiten. Wer schon für die ersten beiden Bände etwas übrig hatte, dem sei dringend dazu geraten, auch den dritten Band nicht auszulassen. Willingham hat mit „Fables“ in jedem Fall ein unterhaltsames und eigenwilliges Kleinod der Comic-Kunst geschaffen, das die Lektüre wert ist.

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Xiaolong, Qiu – Tod einer roten Heldin

Inzwischen gibt es bereits vier Romane um Qiu Xiaolongs poetisch veranlagten Krimihelden Kommissar Chen. „Tod einer roten Heldin“ war seinerzeit Xiaolongs Debütroman, der nun im |DAV| als Hörspiel vorliegt.

Xiaolongs Romane spielen in Shanghai, in Zeiten des Umbruchs, die geprägt sind von veralteten Kaderstrukturen und Traditionen und einer zunehmenden Öffnung für den Fortschritt der modernen Welt. Zwischen diesen Gegensätze ermittelt Kommissar Chen, nebenberuflich Dichter, im Fall Guan Hongying, die ermordet aus einem Shanghaier Kanal gefischt wurde.

Anfangs ahnt Chen noch nichts von der politischen Tragweite des Falls und auch als sich herausstellt, dass Guan Hongying eine nationale Modellarbeiterin und damit ein Vorbild der chinesischen Gesellschaft war, will er noch nicht an einen politischen Hintergrund glauben, wie es seine Vorgesetzten tun.

Als sich dann aber herausstellt, dass Guan Hongying bis kurz vor ihrem Tod eine geheime Affäre mit dem Fotografen Wu hatte, der brisanterweise der Sohn des einflussreichen Kaders Wu Bing ist, bekommt Chen die politische Tragweite des Falls am eigenen Leib zu spüren. Wu ist Chens Hauptverdächtiger, was seinen Vorgesetzten gar nicht passt. Chens Mentor, Parteisekretär Li, ist schnell zur Stelle, um Chen zurückzupfeifen und auf einen Posten wegzuloben, auf dem er keinen Schaden anrichten kann. Doch Chen ist fest entschlossen, den Fall zu lösen …

Der Reiz von Qiu Xiaolongs Krimis liegt weniger im Krimiplot an sich als vielmehr in Zeit und Ort der Handlung begründet. Der Fall selbst ist recht klassisch konzipiert, und dennoch ist Qiu Xiaolong mit „Tod einer roten Heldin“ ein insgesamt sehr ungewöhnlicher und eigenwilliger Krimi geglückt.

Da wäre zum einen die Hauptfigur des Kommissar Chen. Ein studierter Literat im Polizeidienst ist für sich schon ungewöhnlich. Chen übersetzt neben seiner Polizeiarbeit mit einigem Erfolg westliche Kriminalromane und veröffentlich hier und da Gedichte. Das hat ihm in der Shanghaier Gesellschaft eine vergleichsweise privilegierte Stellung und den Luxus verschafft, als Junggeselle alleine eine Ein-Zimmer-Wohnung bewohnen zu dürfen.

Chen ist eine Figur mit Tiefgang, deren Gedanken oft um literarische Themen kreisen. Er fasst Ideen und Beobachtungen gerne in Verse und beschwört damit eine sehr persönliche und intensive Charakterzeichnung herauf. Chen ist einerseits eine sehr sympathische Figur, ist aber gleichsam stets darauf bedacht, politisch korrekt zu handeln, um in den starren alten Kaderstrukturen nicht unnötig anzuecken.

Es ist daher auch gerade der stetige kritische Blick auf die politische und gesellschaftliche Situation Chinas allgemein und Shanghais im Speziellen, der den Reiz der Geschichte ausmacht. Der Leser/Hörer erfährt ganz nebenbei unheimlich viel darüber, wie das Leben dort aussieht. Die anhaltende politische und gesellschaftliche Einflussnahme der alten Kader, die eklatante Wohnungssituation, in der jeder Einwohner es in Schnitt auf neun Quadratmeter Wohnfläche bringt, und die Omnipräsenz der Partei, die die Menschen dazu zwingt, stets auf der Hut zu sein, in ihrem Handeln und Denken. Gerade auch durch die lebhafte Inszenierung von Xiaolongs Roman wird die Atmosphäre Shanghais für den Hörer zum Greifen nah.

Und so ist das eigentlich Spannende an „Tod einer roten Heldin“ auch weniger die Lösung des Falls an sich (die auch recht einfach gestrickt ist) als vielmehr die Art und Weise, wie Kommissar Chen es trotz der Steine, die ihm in den Weg gelegt werden, schafft, seine von politischen Kreisen unerwünschten Ermittlungen voranzutreiben. Es sind genau diese politisch brisanten Zutaten, mit denen Xiaolong seinen Roman würzt, die ihn besonders schmackhaft machen.

Für die Hörspielfassung wurde der über 450-seitige Roman um einiges zusammengerafft und auf 107 Hörspielminuten gekürzt. In der Vergangenheit hatte ich bei ähnlich gelagerten Kriminalhörspielen im |DAV| mit einem ähnlich komplexen gesellschaftspolitischen Hintergrund oft das Gefühl, dass die Handlung zu stark komprimiert wurde (z. B. bei Yasmina Khadras Algerien-Krimi „Morituri“). Hier kann man trotz der Straffung der Geschichte aber noch ohne Probleme folgen und verliert auch im Hin und Her der vielen chinesischen Namen nicht gleich den Faden.

Die Hörspielinszenierung kann man nur als hochkarätig loben. Die Sprecher leisten durch die Bank weg überzeugende Arbeit, allen voran Erzähler Peter Fricke und Andreas Fröhlich in der Rolle des Kommissar Chen. Auch die gesamte Inszenierung, das Zusammenspiel von Musik, Geräuschen und Stimmen ist wunderbar stimmig inszeniert worden. So entsteht eine dichte Atmosphäre, in die man gerne gleich ein zweites Mal eintauchen möchte. „Tod einer roten Heldin“ ist in der Tat die Art Hörspiel, die man nicht nur einmal hört.

Bleibt unterm Strich also ein positiver Eindruck zurück. Qiu Xiaolong hat mit „Tod einer roten Heldin“ einen Roman abgeliefert, der rein als Krimi betrachtet solide ist, sich in seinem gesellschaftlichen und politischen Kontext aber als kleine Perle in der Weite der Krimilandschaft hervortut. Gerade auch die Hörspielfassung des |DAV| kann man nur loben. Sie schafft den Balanceakt zwischen einer konsequenten Komprimierung der Handlung und einer dennoch intensiven und dichten Atmosphäre, die vor allem durch die Riege hochkarätiger Sprecher und die wohltuend stimmige Inszenierung zu gefallen weiß.

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Rademacher, Cay – Geheimsache Estonia (Lesung)

Warum am 27. September 1994 die Fähre |Estonia| auf halbem Weg zwischen Tallinn und Stockholm in der Ostsee versank, ist bis heute noch nicht restlos geklärt. Während der offizielle Untersuchungsbericht behauptet, dass die Unglücksursache die im schweren Sturm abgerissene Bugklappe des Autodecks sei, wollen die kritischen Stimmen, die behaupten, dass diese These widerlegende Beweise außer Acht gelassen und bestimmte Zeugenaussagen ignoriert wurden, nicht verstummen.

Bis heute gibt es keine zweifelsfreie offizielle Erklärung, warum die |Estonia| versank, und so wird es auch um die Verschwörungstheorien zum Untergang nicht ruhiger. Fakt ist, dass der Untergang der |Estonia| das schwerste Schiffsunglück der europäischen Nachkriegsgeschichte ist. 852 Passagiere starben in den kalten Fluten der Ostsee.

Cay Rademacher, der seit 1990 als Journalist der |Geo| arbeitet, hat sich dieses Stoffes angenommen und aus Fakten und Theorien einen Thriller geschrieben. Die Theorien, die sich um den Untergang ranken, muten teilweise so an, als wären sie einem Politthriller entsprungen – ideale Voraussetzungen für einen spannenden Plot.

Rademacher lässt seinen exzentrischen Protagonisten Claudius Graf Stackelberg bei einem Segelturn mit seiner Luxusyacht auf der Ostsee einen Attachékoffer aus der |Estonia|-Katastrophe finden. Stackelbergs Neugier ist geweckt und er fängt an, mit seinem Freund Wolf Jacobson erste Nachforschungen anzustellen. Als sie auf die ersten Widersprüche in den offiziellen Erklärungen zum Unglückshergang stoßen, ist ihr Ehrgeiz angestachelt. Stackelberg und Jacobson reisen nach Tallinn, um ihre Nachforschungen zu intensivieren.

Schon wenig später müssen sie die irritierende Erfahrungen machen, dass jeder, der etwas Genaueres über die Unglücksnacht auf der Ostsee sagen könnte, entweder schon tot ist oder wenig später unter verdächtigen Umständen stirbt. Und dann stellen Stackelberg und Jacobson auch noch fest, dass sich irgendjemand an ihre Fersen geheftet hat und alle ihre Schritte verfolgt. Doch in Tallinn finden sie auch Verbündete, die ihnen bei ihren Nachforschungen helfen.

Da wäre zum einen eine estnische Tänzerin, die an Bord der |Estonia| gearbeitet hat und nicht glauben will, dass ihre Schwester bei dem Unglück umgekommen ist. Dann wäre da noch ein ehemaliges Mitglied der schwedischen Untersuchungskommission, der nun auf eigene Faust die Unglücksursache lüften will, bevor der Lungenkrebs ihn endgültig dahin gerafft hat. Und dann wäre da noch ein schwedischer Wracktaucher, der nach dem Unglück zur |Estonia| hinuntergetaucht und sich sicher ist, dass für ihn dabei des Rätsels Lösung beinahe schon zum Greifen nahe war …

Rademacher lässt den Leser/Hörer zunächst einmal den Untergang der |Estonia| hautnah miterleben. Er schildert, wie die Passagiere an Bord in Panik darum kämpfen, der Katastrophe zu entrinnen. Nur wenige schaffen es bis in die Rettungsinseln und werden von den Rettungskräften geborgen. Rademacher schildert die letzten Minuten an Bord der untergehenden |Estonia| sehr eindringlich und sorgt so für einen intensiven und gleichermaßen beklemmenden Einstieg in das Buch.

Nach einem Zeitsprung setzt die eigentliche Handlung dann einige Jahre später ein, als Claudius Graf Stackelberg über die Ostsee schippert und, noch ahnungslos ob der Dinge, die er noch erleben wird, den Attachékoffer aus der Ostsee fischt. Stackelberg ist eine rundum exzentrische Hauptfigur: ein schwerreicher Millionenerbe, der gleich vom ersten Augenblick an so ziemlich jedes Klischee widerlegt, das man in ihm vermuten möchte. Er ist dick, Haribo-süchtig, schwul und universell gebildet. Ein Protagonist, der in keine Schublade passen will.

Sein (Hetero-)Freund Wolf Jacobson ist von nicht weniger sperriger Figurenskizzierung: ein langstreckenlaufender, erotisch gehemmter Epileptiker, der sich am liebsten hinter Büchern verkriecht. Gerade Jacobson ist eine Figur, die sich innerhalb der Handlung weiterentwickelt und sich damit zur heimlichen Hauptfigur mausert. Während man dem dicken Graf Stackelberg seine Abenteuerlust nicht immer so ganz abkaufen mag, entwickelt Jacobson einen intensiveren Bezug zur |Estonia|-Katastrophe und muss sich dabei seinen persönlichen Ängsten stellen. Auch wenn Rademacher das zum Ende hin ein wenig zu sehr auf die Spitze treibt, wirkt Jacobson insgesamt glaubwürdiger und authentischer.

Als die Handlung sich verdichtet, wirkt Stackelbergs mitunter saloppe Art irgendwie etwas deplatziert. Stackelberg wirkt nun wirklich nicht wie der Typ, der im Angesicht des Feindes noch witzige Sprüche reißt. Jemand, der bei einem Kampf nicht mehr in die Waagschale werfen kann als seine massige Leibesfülle, dürfte in Momenten körperlicher Bedrohung wohl kaum so sehr Herr der Lage sein, dass er noch Zeit für einen flotten Spruch hat. Das klingt dann doch eher nach Spider-Man.

Was den Plot betrifft, so mischt Rademacher munter Fakten und Fiktion. Er lässt die offiziellen Untersuchungsergebnisse ebenso einfließen wie den in Russland kursierenden so genannten „Felix-Report“, der ein anderes Bild der Katastrophe zeichnet. Anhand der Gedanken und Aussagen seiner Protagonisten exerziert er verschiedene Szenarien durch, die zum Untergang geführt haben könnten.

Die Theorien, die er vermutlich selbst als fiktionale Elemente einstreut, überzeugen mal mehr, mal weniger. Vor allem die Varianten, die im Verlauf der Handlung von verschiedenen Figuren zur Sprache gebracht werden, wirken doch eher haarsträubend als vorstellbar. Teilweise verknüpfen sie krampfhaft die |Estonia|-Katastrophe mit anderen Verschwörungstheorien und stehen damit als wirkliche Option eigentlich in keinem Augenblick zur Debatte. Vielmehr lassen sie die Figuren, die hinter diesen Theorien stehen, in einem etwas unglaubwürdigen Licht erscheinen.

Das finale Szenario, das Rademacher dem Leser ganz am Ende offenbart, kommt da sicherlich schon näher an die Realität. Keine schillernde Verschwörungstheorie mit unübersichtlichen, komplexen Verästelungen, sondern irgendwie fast ein bisschen banal. Aber so scheint sie immerhin schon eher im Bereich des Möglichen zu liegen, da sie sich obendrein mit einigen der offenen Fragen zum Untergang plausibel verknüpfen lässt, ohne die sonst für Verschwörungstheorien oft so gern bemühte verquere Logik.

Das wirklich Interessante an „Geheimsache Estonia“ dürfte aber die Verschmelzung von Fakten und Thrillerplot sein. Rademacher verschafft dem Leser einen schönen Überblick über das Unglück, die offizielle Version dazu und die fragwürdigen Punkte des offiziellen Untersuchungsberichtes. Hier hält sich Rademacher wirklich eng an die Tatsachen sowie Romanplot und Faktenschilderung in einer ausgewogenen Balance.

Stimmig fügt er Thrillerelemente ein, frisiert die realen Ereignisse und verhilft so der Geschichte zu ihren Spannungsmomenten. Das Ganze gipfelt in einem Finale, das erfrischend frei von übertriebenem Heldenpathos ist (wenn man mal von dem kleinen Ausrutscher Wolf Jacobsons absieht). Das Finale, das Rademacher inszeniert, wirkt durchaus glaubwürdig und hebt sich wohltuend von anderen ähnlich gelagerten Romanen ab. Rademacher scheint als Journalist eben eher einen Hang zum Realismus zu haben, und so ist das Finale geradezu bodenständig und unpathetisch.

Bleibt als schwerwiegendster Kritikpunkt eigentlich die Hörbuchproduktion von |Radioropa Hörbuch| festzuhalten. Mit Franziska Stawitz als Sprecherin wurde leider keine ganz so glückliche Wahl getroffen. Ihre Stimme klingt etwas farblos und stumpf und bringt nur wenig Variation für die verschiedenen Figuren auf. So ist der Vortrag an sich leider nicht sonderlich fesselnd, sondern eher eintönig und man wird eher durch die Spannung der Geschichte an sich bei der Stange gehalten als durch die Art und Weise der Lesung.

Es verbleibt unterm Strich ein positiver Eindruck mit vereinzelten Schönheitsfehlern. Rademacher mischt auf unterhaltsame Art Fakten und Fiktion. Seine Figuren sind interessante Antihelden, wenngleich die Figurenzeichnung des Graf Stackelberg schon ein wenig überspitzt wirkt. Umso ausgewogener und realistischer inszeniert Rademacher dafür das Ende. Ein solider Thriller, der vor allem diejenigen erfreuen dürfte, die sich für die Theorien zum Untergang der |Estonia| interessieren. Schade nur, dass die Hörbuchproduktion (gerade auch im Vergleich zu der Masse qualitativ so gut gemachter Lesungen, wie es sie derzeit am Markt gibt) den Genuss etwas schmälert.

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David Safier – Mieses Karma

Kim Lange strebt dem Höhepunkt ihrer Karriere entgegen, während ihre Ehe mit Alex ihren Zenit schon längst überschritten hat. So lässt die gefeierte Polit-Talkmasterin ihre Familie wieder einmal im Stich, als Tochter Lilly ihren fünften Geburtstag feiert. Kim hat schließlich Wichtigeres zu tun, als mit kleinen Kindern Topfschlagen zu spielen, und so nimmt sie noch am gleichen Tag stolz den Deutschen Fernsehpreis entgegen. So richtig genießen kann Kim ihren Triumph allerdings nicht mehr, da sie noch am gleichen Abend von den Überresten einer russischen Raumstation erschlagen wird. Aus und vorbei.

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