Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Haensel, Hubert – Wächter der Intrawelt (Atlan – Intrawelt 1)

Mit dem vorliegenden Roman startet die Schwesterserie zu Perry Rhodan einen neuen Kurzzyklus: „Atlan – Intrawelt“ ist das Motto, unter dem sich zwölf Heftromane in zweiwöchiger Erscheinungsweise versammeln.

_Hubert Haensel,_
Perry-Rhodan-Autor und Redakteur der so genannten „Silberbände“, gibt mit dem ersten Intraweltroman ein Gastspiel bei |Atlan|. Informationen zu seiner Person und zur Perry-Rhodan-Serie finden sich unter http://www.perry-rhodan.net.

Der Intraweltzyklus schließt direkt an die Geschehnisse des letzten Zyklus um den „Dunkelstern“ an. Atlan und seine sexy Begleiterin Kythara werden von einer eigentlich belanglosen Opposition vor dem Zugriff der Machthaber (Lordrichter) gerettet und begeben sich aufgrund Atlans überragender Tauglichkeit in ein neues Abenteuer: In der Intrawelt sei |Flammenstaub| zu finden, mit dem der Opposition eine mächtige Waffe gegen die Lordrichter zur Verfügung stehen würde. Die Hohen Mächte des Kosmos haben allerdings ihre Finger im Spiel, so dass es nur privilegierten Persönlichkeiten möglich ist, die Intrawelt zu erreichen bzw. zu verlassen.

In einer sternentstehungsaktiven Interstellarstaubwolke werden Atlan und Kythara fündig: Die durch Abstoßfelder gesicherte Intrawelt taucht auf. Das Problem ist nur, wie man sie erreichen soll …

_Atlan, sein Extrasinn und Egozentrum_

Haensel liefert einen routinierten Roman ab, der Rückblicke auf die direkten Vorgängerzyklen gewährt und so ein gewisses Verständnis für neue Leser schaffen soll. Gleichzeitig muss der Roman selbst einen eigenen Reiz ausstrahlen, um neue Leser zu halten und alte Leser neu zu animieren. Das gelingt Haensel nur durch das auftretende Rätsel um die Intrawelt und den Wächter derselben, ansonsten ist der Roman nur brauchbar als Rückblick. Der Titel „Wächter der Intrawelt“ ist eher irreführend, da zwar der Wächter ein interessantes Wesen ist, aber nur eine untergeordnete Rolle spielt und in der Unendlichkeit des Weltraums verschwindet. So bleibt zwar die geschaffene Faszination, aber ob wir das Wesen wiedertreffen werden, bleibt fraglich.

In seiner großen Routine ist dem Autor ein durchaus gravierender Fehler unterlaufen, und zwar in der Darstellung von Atlans Verhältnis zu seinem Extrasinn. Natürlich ist es für Neuleser unverständlich, was der Extrasinn genau ist und wieso er als Logiksektor nur unqualifizierte Bemerkungen macht. Schlimmer ist aber die Hauptaussage des Sinns. Er nennt Atlan mehrfach „Barbar“, was zweifellos eine Verwechslung durch Haensel sein muss, denn wir wissen aus der frühen Perry-Rhodan-Serie, dass der Extrasinn den Arkoniden Atlan stets mit „Narr“ beschimpfte, Atlan selbst die gegen die Arkoniden junge Rasse der Terraner, allen voran Perry Rhodan selbst, als Barbaren tituliert.

Der entscheidende Wächter vor Atlans Eintritt in die Intrawelt ist ein krakenähnliches Wesen, das anscheinend in seiner Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt ist, denn es will erst nur Kythara den Zugang gewähren. Atlan und Kythara wehren sich vehement und verlangen eine erneute Prüfung, um zu zweit gehen zu können, doch das Wesen kehrt seine Entscheidung um hundertachtzig Grad und verwehrt nun Kythara den Weg. Atlans Ego ist beruhigt, er darf passieren und tut dies auch ungeniert ohne seine Begleitung. Schade für den männlichen Leser, denn die Passage ist nur im Adams- bzw. Evakostüm gestattet.

_Fazit_

Insgesamt ein Roman, der trotz einer gewissen Langatmigkeit noch lesbar ist, vor allem aber durch einen sehr kurzen Abschnitt Faszination für ein anscheinend doch irrelevantes Wesen und die Andeutung des behandelten Rätsels lebt. Eine Steigerung in den Folgebänden wäre wünschenswert.

|Infos| unter http://www.atlan.de/

Mommers, Helmuth W. (Hrsg.) / Eschbach, Andreas / Franke, Herbert W. / Marrak, Michael / u. a. – Atem Gottes, Der (und andere VISIONEN 2004)

Anthologien spalten die Nation der Verleger, Leserschaft und Rezensenten. Die einen bejubeln sie als Plattform für bekannte und eher unbekannte Autoren. Die anderen winken müde ab: „In dieser Zeit unverkäuflich“, klagen die Verleger. Ich bewege mich in der Mitte – aber immer mehr in Richtung Anthologien. Vor Jahren habe ich das Kreuz geschlagen, wenn mir einer damit kam. Ich fühlte mich nur von Romanen in epischer Länge angesprochen. Nunmehr finde ich diese Kurzgeschichtensammlungen immer interessanter, soweit sie gute Novellen beinhalten. Da sind wir auch schon bei der Krux dessen, denn nicht jeder, der einen guten Roman verfassen kann, ist in der Lage, ebensogute Kurzgeschichten abzuliefern (und umgekehrt).

Ich gebe zu, ich bin mit besonderer Erwartungshaltung an diese Anthologie herangegangen. Erstens, weil ich den Herausgeber persönlich kenne und weiß, wie ehrgeizig er seine Projekte verfolgt; zweitens, weil ich etliche der in Band 1 und 2 aufgenommenen Autoren kenne und schätze – sie teilweise auch in meinen Anthologien oder Projekten vertreten sind – und drittens, weil der Herausgeber in seinem Vorwort selbst eine sehr hohe Messlatte anlegt. Hat er dieses Nonplusultra erreicht? Das sollte jeder Leser selbst entscheiden!

Die Namen der Autoren in Band 1 der VISIONEN lesen sich erst einmal nicht schlecht. Eine Mischung von bekannt und auf dem Weg dahin, die gute Lesekost erwarten lässt. So weit – so gut.

Kommt der nächste Schritt: Was erwarte ich von dieser neuen Anthologie-Reihe, die unter der Flagge VISIONEN segelt? Nun ist die klassische Bedeutung der Vision (visio) die Erscheinung, die übernatürliche Erscheinung als religiöse Erfahrung, und es ist mehr als bezeichnend, dass gerade die Kurzgeschichten, die sich darum ranken, zu den besten dieses Bandes gehören.

Allen voran die |großartig| erzählte Story von Karl Michael Armer, die neben „Die unbefleckte Empfängnis“ von Rainer Erler mit Abstand die beste ist. Ich gebe zu, ich habe von Armer noch nie etwas gelesen, weil ich in der Zeit seiner ersten Schaffensphase (achtziger Jahre), eher Non-Fiction las. Aber „Die Asche des Paradieses“ ist das Kleinod dieser Anthologie! Definitiv! Stilistisch, visionär und philosophisch. Eine Geschichte, die man nicht nur einmal liest. Das steht fest. Sie ist polit-kritisch, temporeich und weiß vom ersten bis zum letzten Satz zu überzeugen, hinterlässt einen tiefen Eindruck und macht nachdenklich. Leserherz, was willst du mehr?
Nicht umsonst wurde sie mit dem Deutschen Science-Fiction-Preis 2005 als beste Kurzgeschichte ausgezeichnet. Ich stehe – wie viele – solchen Preisen sehr kritisch gegenüber, |aber|: Wenn je ein Preis verdient vergeben wurde, dann dieser! Alleine wegen der Karl-Michael-Armer-Story bin ich dankbar für diese Anthologie.

Doch soll das die ein oder andere ebenso vortreffliche Story nicht schmälern. Wie z. B. die von Rainer Erler. In flüssigem Stil bietet dieser die „Unbefleckte Empfängnis“ einmal anders an. Dabei so menschlich lebendig geschildert, dass man mit dem Paar lebt, liebt – und staunt. Was so alles zwischen Himmel und Erde möglich scheint!

Den humorigen Part dieses Bandes übernimmt Uwe Hermann in „Die unwiderlegbare Wahrheit“. So abgedreht kann die Jagd auf den Weihnachtsmann also sein! Köstlich!

„Relicon“ von Michael Marrak bietet den gewohnt flotten Stil des Autors, brachte mich streckenweise zum Schmunzeln und glänzt durch die teilweise unwirklichen Fragmente. Leider fällt die Schlusssequenz vorhersehbar aus, was aber bei mir dennoch keinen schalen Nachgeschmack hinterlassen hat.

Andreas Gruber, ein großartiger Autor des phantastischen Genres, konnte mich mit „Parkers letzter Auftrag“ nicht vollends überzeugen. Erstmalig, was diesen Autor angeht. Wenn ich dagegen an seine düsteren Novellen in „Der fünfte Erzengel“ (auch bei |Shayol| – in Kooperation mit |Medusenblut| – erschienen) denke, wirkt seine Story in diesem Band eher weniger unter die (Leser)Haut gehend. Damit ich nicht missverstanden werde: Sie ist nicht schlecht, aber bei dieser Anthologie erwartet man nach der Ankündigung halt nur literarische Sahnehäubchen.

Kommen wir zu Malte S. Sembtens „Jagdausflug“. Sembten weiß zu unterhalten, das bezeugen Veröffentlichungen in anderen Anthologien. Auch seine Story ist routiniert erzählt, aber leider etwas vorhersehbar und mit einem eher dünneren Plot versehen. Bedauerlicherweise. Wenn man – wie ich – Sembtens-Texte kennt, weiß man, dass er es besser kann.

Jan Gardemanns „Case Modding“ ist von der Struktur her ausgefallen. Die Dialoge sind frisch und unterhaltsam. Diese Story bildet einen modernen Kontrast zu den eher klassischen – wirkt aber nicht völlig ausgereift.

Alle anderen Geschichten sind handwerklich gut erzählt, in einer literarischen Bandbreite, wie sie in allen Anthologien vorzufinden ist, daher gehe ich nicht näher darauf ein. Der geneigte Leser überzeuge sich selbst!

Und nun komme ich unvermeidbar zur Kehrseite der Medaille. Größtes Manko dieser Sammlung ist die miserable Story von Myra Çakan. Es ist ja bekannt, dass Cyperpunk ein weites Feld ist. Leider besonders, was das Niveau angeht. Myra Çakan hat, was das angeht, in die Vollen gegriffen und ganze Arbeit geleistet. Schlechter geht es fast nicht mehr. Leider hat gerade in dieser Story auch das Lektorat nicht genug eingegriffen; so hätte man zumindest stilistisch noch etwas „herausreißen“ können. Denn auch Schnodder-Cyberpunk unterliegt einem gewissen Qualitätsanspruch – den erwarte ich besonders in einer solchen Anthologie.
Warum es sich Herausgeber und Verlag angetan haben, diese bereits veröffentlichte „Geschichte“ erneut zu verlegen, bleibt mir schleierhaft. Besonders im Falle von Helmuth W. Mommers, den ich als |sehr| kritischen Beobachter und Bewerter dieses Genres kennen gelernt habe. Diese Story hätte man zum Wohle der Anthologie einsparen müssen, den Platz lieber dafür nutzen sollen/können, die anderen Geschichten exklusiv illustrieren zu lassen, was die Anthologie auch optisch abgerundet hätte. Hier wäre (textlich) weniger mehr gewesen.

Das Cover findet hingegen wieder meine volle Zustimmung, es spricht von der Farbgebung und dem eher ungewöhnlichen Motiv an und hebt sich von der breiten Masse ab. Ein großes Kompliment an den Herausgeber. Zumal der Künstler Julio Viera nicht einfach „irgendwer“ ist. Papier und Druck sind sehr gut, das Lektorat besser als bei vielen anderen Kleinverlagen, aber leider durch Stilblüten wie „Sein herrischer Tonfall ließ seinen Mundschutz beschlagen“ noch über der Kulanzgrenze. Das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch, muss aber dennoch Erwähnung finden.

Alles in allem kann ich diese Anthologie wärmstens empfehlen. Sie macht Appetit darauf, von dem ein oder anderen Autor, auch in diesem Genre, mehr zu lesen, und sie macht neugierig auf Band 2, der bereits vorliegt. Wer die Reihe vollständig sein Eigen nennen will, sollte rasch zugreifen!

McGough, Scott – Outlaw (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 1)

Schon seit vielen Jahren führen die Kami, die Geister, einen Krieg gegen die menschliche und weniger menschliche Bevölkerung Kamigawas und des Königreiches Towabara. Die Lage wird immer bedrohlicher, da selbst den „Menschen“ ehemals freundlich gesonnene Geister zu mordlüsternen und blutdurstigen Wesen mutieren. Seltsamerweise scheinen es viele Kami besonders auf den kleinen Ganoven Toshi Umezawa abgesehen zu haben, welcher zurzeit eigentlich von ganz anderen Problemen geplagt wird: Er steht ganz oben auf der Abschussliste der Soratami, der Mondmenschen. Auch die Rattenmenschen haben ein Hühnchen mit ihm zu rupfen und er ist nur noch am Leben, weil er die Kanji-Magie meisterhaft beherrscht. Hilfesuchend wendet er sich an seinen Eidbruder vom Bund der Hyozan-Rächer, den monströsen Trollschamanen Hidetsugu. Dieser schickt Toshi in Begleitung seines Schülers Kobo zu den Schlangenmenschen und den kämpfenden Mönchen des Jukai, weil dort Antworten auf Toshis Fragen zu finden seien.

In den Wäldern Towabaras treffen die beiden Männer auf Prinzessin Michiko, die in Begleitung zweier Freunde aus der Festung ihres Vaters, Daimyo Konda, in der sie seit ihrer Geburt wie eine Gefangene gehalten wurde, entgegen dem Ratschlag ihrer Zofe Lady Perlenohr floh, um ihrerseits dem Treiben der Geister auf den Grund zu gehen, wobei Michiko allerdings nicht ahnt, dass während ihrer Reise Scharfohr, ein schelmischer und durchtriebener Bruder Perlenohrs, aus dem Hintergrund über ihre Schritte wacht.

Die Geschichte nimmt eine dramatische und tragische Wendung, als die Schlangenmenschen sich als bösartige Wesen erweisen, die Gruppe gefangen nehmen und in einem unheilvollen Ritual einen monströsen, übermächtigen Kami beschwören wollen. Kobo wird während der Gefangenschaft getötet, der Rest der Gruppe kann entkommen, wobei Toshi und Michiko von den anderen getrennt werden. Auf ihrer Flucht erfahren die beiden von dem augenscheinlich freundlichen Mondgeist Mochi etwas über die Gründe des Geisterkrieges, die bis in die Nacht von Prinzessin Michikos Geburt zurückreichen, und sie lernen, dass sie nur gemeinsam der Gefahr begegnen können.

Eigentlich erschöpft sich meine Beziehung zu „Magic – The Gathering“ in einer tief sitzenden Abneigung gegen dieses Trading Card Game und eigentlich kann ich japanischer Kultur im Allgemeinen – und Animes und Mangas im Besonderen – nur wenig Positives abgewinnen. Warum also sollte ich einen Roman, der diese beiden Elemente als zentrales Moment enthält, für empfehlens- oder auch nur lesenswert befinden? Die Antwort liegt auf der Hand: Weil er gut ist!

Zwar ist die Grundkonstruktion der Geschichte – Prinzessin aus Elfenbeinturm will Königreich retten und braucht dazu die Hilfe eines armen Zauberers -, nicht besonders originell und außerdem erweist sich McGough stilistisch nicht unbedingt als Ausnahmetalent, aber die Geschichte ist flüssig geschrieben und die Adaption der fernöstlichen Mythologie und Begriffswelt eröffnet dem Leser herkömmlicher anglo-amerikanischer Fantasy neue Perspektiven. Anfangs gewöhnungsbedürftig, wirken die ungewohnten Begriffe niemals aufgesetzt und prahlerisch, sondern fügen sich natürlich und harmonisch in den Fluss der Geschichte vor allem dadurch ein, dass der Autor nicht alles und jedes explizit erklärt, sondern es weitgehend dem Leser überlässt, Bedeutungen aus dem Kontext abzuleiten.

Interessant, wenn auch etwas oberflächlich abgehandelt, ist das System der auf Symbolen basierenden Kanji-Magie, faszinierend ist die Darstellung der unterschiedlichsten Kami und überraschend sind die kulturellen Unterschiede bestimmter Fantasy-Archetypen, insbesondere zwischen „unseren“ eher nordisch inspirierten Trollen und dem O-Bakemono Hidetsugu. Ebenfalls abwechslungsreich und lebendig ist die Zeichnung der zahlreichen unterschiedlichen Charaktere. Auch wenn Toshi und Scharfohr – nicht Michiko – eindeutig die herausragenden Protagonisten dieser Geschichte sind, so agieren und funktionieren selbst die Träger von Nebenrollen als eigenständige Persönlichkeiten.

Fazit: Ein spannender, gut geschriebener, „reichhaltiger“ Roman, der nicht nur für Fans von „Magic – The Gathering“ interessant sein dürfte, sondern auch nicht-Karten-sammelwütigen Anhängern exotischer Fantasy einige Stunden Lesevergnügen bietet und auf jeden Fall Lust auf den nächsten Band der Trilogie, „Der Ketzer – Verräter von Kamigawa“, macht.

|Originaltitel: Magic: The Gathering – Kamigawa Cycle Book 1: Outlaw
Übersetzer: Dominik Kuhn|

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de/ veröffentlicht.|

McKenna, Juliet E. – Ryshads Rache (Die Welt von Einarinn)

„Ryshads Rache“ ist nach „Diebesgut“ der zweite Roman aus der „Welt von Einarinn“. Die einzelnen Bände beziehen sich zwar aufeinander, sind aber auch unabhängig voneinander lesbar.

Aus den Trümmern eines gefallenen Imperiums versuchen die Menschen des Festlandes nun, das alte Wissen – auch und vor allem über die Magie – wieder zu bergen. Doch sie sind nicht alleine. Die Elietimm, ein Volk aus dem hohen Norden, sind ebenfalls auf der Jagd nach Artefakten und bereit, skrupellos und grausam ihre eigene Magie einzusetzen und über Leichen zu gehen.

Ryshad, eingeschworener Mann des Hauses D´Olbriot, wird dazu abgestellt, den Zauberern von Einarinn weiter zu dienen, nachdem ihn der Erzmagier persönlich angefordert hat. Denn Ryshad besitzt durch einen früheren Auftrag schon Erfahrung im Aufspüren von alten Artefakten und in Begegnungen mit den Elietimm.

Diesmal haben er und der Magier Shivvalan die Aufgabe, einen alten Zauberer aus seinem Exil zurückzuholen und zu den Magiern zu bringen, denn er besitzt Wissen über eine Enklave von Überlebenden aus früheren Zeitaltern. Doch auch die Elietimm sind auf der Jagd …

Deshalb bitten Ryshad und Shiv nun auch wieder Livak um Hilfe, die Diebin und Spielerin, die ihnen schon einmal so hilfreich zur Seite stand. Während die junge Frau eher unwillig ist, scheint ihre Freundin Halice um so interessierter. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg.

Doch dann wird Ryshad von seinen Freunden getrennt und in die Sklaverei verschleppt. Während seines Lebens als Diener auf dem Aldabreshin-Archipel muss er nicht nur mit der fremdartigen Kultur zurecht kommen, sondern auch mit Entsetzen feststellen, wie weit die Macht der Elietimm bereits reicht.

Und nicht zuletzt erweist sich sein Schwert als letzter wertvoller Schlüssel, um die Enklave zu finden und die dort Eingeschlossenen vor dem mörderischen Eisvolk zu retten. Ryshad muss es nur gelingen, der Gefangenschaft zu entfliehen und nach Hause zurückzukehren …

„Ryshads Rache“ ist ein Fantasy-Abenteuer, das ohne exotische Wesen auskommt, aber allein schon durch die allgegenwärtige Magie und die fremden Kulturen einen farbenprächtigen Hintergrund bietet. Man merkt zwar, dass man den Teil einer Serie vor sich hat, da die Bedrohung durch die Elietimm nicht verschwindet, auch wenn es Ryshad und Co. wieder gelingt, ihnen eine Schlappe zuzufügen, die Handlung ist aber in sich geschlossen und bietet ein zufrieden stellendes Ende.

Juilet E. McKenna gelingt es, ihren Figuren durch Schwächen und eigensinnige Marotten Leben einzuhauchen und gleichermaßen glaubwürdige Männer- wie auch Frauencharaktere zu erschaffen, die die Handlung durch ihre Aktionen vorantreiben, auch wenn sie manchmal ein wenig zu geschwätzig sind.

Dazu kommt ein gesundes Maß an Action, so dass Leser, die spannende Fantasy-Abenteuer mögen, eine unterhaltsame Lektüre vorfinden werden.

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Lewis, Clive Staples – Wunder von Narnia, Das (Die Chroniken von Narnia, Band 1)

Jede Geschichte hat einen Anfang, und im Falle der als Fantasy-Edition neu aufgelegten „Chroniken von Narnia“ beim |Brendow|-Verlag lautet dieser Anfang „Das Wunder von Narnia“. Das im Original 1955/56 erschienene Buch gehört als Teil der Gesamtausgabe zu den beliebtesten Kinder/Fantasy-Romanen aller Zeiten und erfreut sich ja zum Weihnachtsgeschäft zum ersten Mal überhaupt der Ehre, als filmische Disney-Adaption im Kino gespielt zu werden. Ein optimaler Zeitpunkt also, um diese Buchreihe noch einmal neu anzuschieben, und die fein aufgemachte Taschenbuchversion dieses Verlags ist da sicherlich eine der schönsten Ausgaben, die es von dieser Geschichte auf dem deutschen Büchermarkt bislang gibt.

_Story:_

Während eines verregneten Sommers begegnen sich die beiden Kinder Polly und Digory und freunden sich prompt miteinander an. Der sehr selbstbewusste Digory, dessen Mutter mit einer schweren Krankheit im Sterben liegt, erzählt seiner neuen Weggefährtin von seiner neuen Heimat, dem Haus seines Onkels Andrew, der allgemein als skrupelloser Sonderling bekannt ist. Polly kennt die Gegend, in der dieser Andrew wohnt, und weiß auch von einem benachbarten, leer stehenden Haus. Als die beiden sich über die Dächer der Stadt auf den Weg dorhin machen, landen sie versehentlich im Arbeitszimmer des mysteriösen Wissenschaftlers Andrew. Der nutzt wiederum die Gunst der Stunde und schenkt der verwirrten Polly einen gelben Ring, bei dessen Berührung diese vor Digorys verblüfften Augen plötzlich verschwindet. Widerwillig folgt der Junge seiner neuen Freundin, und gemeinsam entdecken sie dabei ein zerstörtes Königreich, in dem einzig und allein die grausame Herrscherin zurückgeblieben ist. Jene wünscht, mit den beiden zurück in deren Welt zu reisen, und obwohl sich die Kinder heftigst zur Wehr setzen, gelingt es Königin Jadis, mit Hilfe eines grünen Ringes zur Erde zu gelangen.

Dort richtet die furchtbare Herrscherin alsbald ein riesiges Chaos an und versucht ihren Ansprüchen als Tyrannin erneut gerecht zu werden. Digory kann mit Müh und Not das Schlimmste verhindern, und mit einem erneuten Sprung zwischen den verschiedenen Dimensionen gelangt sie zusammen mit Jadis, Onkel Andrew und einem Pferdekutscher irgendwo ins Nichts. Mittendrin in einer noch leeren Welt wird diese Gruppe Zeuge davon, wie der geheimnisvolle Löwe Aslan mit seinem Gesang das Leben in diese neue Welt ruft. Binnen weniger Stunden ist aus der dunklen und menschenleeren Welt ein paradiesischer Garten entstanden, in dem Menschen und Tiere in Frieden miteinander leben. Doch da ist auch noch die Hexe, die auf der Suche nach der ewigen Jugend erneut Unheil anrichtet …

Clive Staples Lewis‘ Geschichte wird nicht selten mit dem Alten Testament verglichen, weil es in „Das Wunder von Narnia“ sehr viele Parallelen zur biblischen Entstehungsgeschichte unserer Erde gibt – nur dass der 1898 in Belfast geborene Schriftsteller eben mit sehr viel Symbolik arbeitet. In seinem Roman sind Kinder und Tiere die Helden, und natürlich weicht die Geschichte insofern ab, als dass der hier vom gottähnlichen Löwen Aslan geprüfte Digory im Gegensatz zum irdischen Adam der Verlockung, einen Apfel von einem geheimnisvollen Baum zu pflücken, widersteht, nachdem er durch das Betätigen des Glockenschlags einige Zeit vorher schon die grausame Königin zu neuem Leben erweckt und so nach seinem ersten Fehler dazugelernt hat. An anderer Stelle kann der gierige Andrew gar nicht verstehen, was sich in der Welt Narnia in kürzester Zeit abspielt. Für ihn wirkt alles wie ein schlechter Traum, und weil ihm die Dinge, die er sieht, nicht geheuer sind und er nicht an sprechende Tiere glaubt, gibt Aslan ihm auch nicht die Möglichkeit, mit den anderen Wesen zu kommunizieren und sie zu verstehen. Und solche Beispiele und Anspielungen auf das Alte Testament gibt es in diesem Buch noch weitaus häufiger. Man kann daher schon sagen, dass Lewis in dieser Erzählung mit dem Mittel der Moral arbeitet, was aber nie besserwisserisch wirkt.

Auf der anderen Seite ist „Das Wunder von Narnia“ aber natürlich auch ein spannender Roman mit ganz normalen Helden, bösen Charakteren und vielen verschiedenen Szenenwechseln, die letztendlich auch des Öfteren mit einer gesunden Prise Humor gesegnet sind. Darüber hinaus hat Mr. Lewis einen sehr lebensnahen und oft sehr umgangssprachlichen Schreibstil, der erstmal mit gar nichts anderem in diesem Bereich zu vergleichen ist. Der Autor schreibt sich die Sachen ganz locker von der Hand, quasi vom Gedanken direkt aufs Papier, ohne allzu viele Überlegungen zu möglichst stilsicheren Formulierungen und dergleichen. Das erleichtert zum einen den Einstieg in die Geschichte, weil dieser Stil irgendwie sympathisch wirkt, und zum anderen ist die Handlung so auch für jedermann einfach verständlich.

Auf den bereits erwähnten Humor möchte ich aber noch einmal besonders eingehen: Egal, ob es nun der wachsende Karamelbonbonbaum, der eingepflanzte Onkel Andrew, eine Laterne, die wie ein Baum wächst (und im nächsten Buch noch an Bedeutung gewinnen soll), oder so mancher Spruch des jungen Digory ist – Clive Staples Lewis‘ Humor hat auch ein halbes Jahrhundert nach der Erstveröffentlichung dieses Romans nichts von seinem Charme eingebüßt und ist in der Tat zeitlos. Auf jeden Fall gelingt ihm der Balanceakt, diese Erzählung wachsen zu lassen, ohne dabei befürchten zu müssen, dass der eine oder andere überzeugte Christ sich auf den Schlips getreten fühlt.

Reichhaltige positive Erfahrungen während meiner Lektüre dieses Buches führen schließlich zu einem ganz klaren Gesamtergebnis: „Das Wunder von Narnia“ ist nicht umsonst ein Klassiker und eines der besten und wertvollsten Werke der Kinder-, Jugend- und Erwachsenenliteratur; will heißen: ein Buch für jedermann, nicht nur für den Nachwuchs.

Die Reihe in der chronologischen Erzählfolge:
* 1956 Das Wunder von Narnia (engl. The Magician’s Nephew)
* 1950 [Der König von Narnia 1758 (engl. The Lion, the Witch and the Wardrobe)
* 1954 Der Ritt nach Narnia (engl. The Horse and His Boy)
* 1951 Prinz Kaspian von Narnia (engl. Prince Caspian)
* 1952 Die Reise auf der Morgenröte (engl. The Voyage of the Dawn Treader)
* 1953 Der silberne Sessel (engl. The Silver Chair)
* 1956 Der letzte Kampf (engl. The Last Battle)

Veröffentlichungsreihenfolge:
* 1950 Der König von Narnia (engl. The Lion, the Witch and the Wardrobe)
* 1951 Prinz Kaspian von Narnia (engl. Prince Caspian)
* 1952 Die Reise auf der Morgenröte (engl. The Voyage of the Dawn Treader)
* 1953 Der silberne Sessel (engl. The Silver Chair)
* 1954 Der Ritt nach Narnia (engl. The Horse and His Boy)
* 1956 Das Wunder von Narnia (engl. The Magician’s Nephew)
* 1956 Der letzte Kampf (engl. The Last Battle)

Website des Verlags zur Narnia-Welt: http://www.narnia-welt.de/

Narnia-Filmseite: http://www.narnia.de

McDevitt, Jack – Omega

Die Protagonistin dieses Buches, Priscilla ‚Hutch‘ Hutchins, ist auch schon in drei anderen Romanen von Jack McDevitt aufgetaucht. „Gottes Maschinen“ (1996), „Die Sanduhr Gottes“ und „Chindi“ (beide 2004) lauten die Titel, in denen die weibliche Heldin bereits in Erscheinung getreten ist. Beim erstgenannten Buch erinnere ich mich sogar noch daran, das Teil recht begeistert zur Zeit meines Abiturs gelesen zu haben, über die anderen beiden Bücher kann ich indes keine Aussage machen. Wie auch immer, „Omega“ ist nun der vierte Band über die feminine Abenteurerin, jedoch bin ich von Euphorie oder etwas Vergleichbarem meilenweit entfernt.

_Story:_

Schon sehr lange weiß die Menscheit von den gefährlichen Omega-Wolken, die in ungefähr 900 Jahren zur ernsthaften Bedrohung für die Menschheit werden sollen. Hierbei handelt es sich um riesige Wellen tödlicher Energie, die beim Eintreten in die Atmosphäre wohl den gesamten Globus zerstören würden. Die Bevölkerung von heute interessiert diese Bedrohung jedoch noch herzlich wenig, schließlich ist man ja selber nicht mehr von den gefährlichen Wolken betroffen. Dann jedoch meldet ein Raumschiff, dass eine der Wolken vom Kurs abgekommen ist und eine prä-industrielle Zivilisation komplett zu zerstören droht. Erst jetzt ist die Menschheit dazu gezwungen, sich dem fernen Problem zu stellen und die Gefahr der Omega-Wolken zu bannen. Das Problem: Wegen mangelnder Vorbereitung scheint es fast unmöglich, die bereits sehr nahe Wolke noch vom Kurs abzubringen …

Nun, ich weiß gar nicht, wo ich mit meiner Kritik zuerst ansetzen soll; auf jeden Fall bietet dieses Buch eine Menge Angriffsfläche. Fangen wir also mal bei den Charakteren an: Wo sind hier die echten Superhelden? Was ist mit Priscilla Hutchins? Die Dame taucht zwar in dem Roman als eine der prägnantesten Figuren auf, aber die Heldenrolle – sofern man überhaupt davon reden darf – übernehmen in „Omega“ andere. Überhaupt sind die in diesem Roman beschriebenen Personen eher langweilige Zeitgenossen, die auch kaum Freiraum haben, um sich im Laufe der Story weiterzuentwickeln. In diesem Punkt hat Jack McDevitt also schon mal ganz klar versagt.

Dann kommen wir zur eigentlichen Handlung. Originell ist das Ganze sicher nicht; eine Bedrohung von außerhalb steuert auf die Erde zu und droht sie zu zerstören. Gut, dieses Mal sind es statt Kometen oder fremden Völkern so genannte Omega-Wolken. Aber sonst? Kennt man alles schon zur Genüge, und das dann zumeist auch noch deutlich besser erzählt und interessanter beschrieben. Dass die Geschichte darüber hinaus immer durchschaubar bleibt und viel zu wenig Platz für Überraschungen oder plötzliche Wendungen birgt, ist eine Folge des ideenlosen Konzeptes von McDevitt.

Und sonst? Alles sehr nüchtern. Menschen, die in Ehre sterben, deren Tod aber total unwichtig zu sein scheint, nicht mal eine geringe Spur von Pathos, ziemlich oberflächliche und in diversen Szenarien vollkommen unpassende Dialoge und ein Ende Marke Hollywood. Das soll die Science-Fiction der Zukunft sein? Tut mir Leid, aber nach 700 Seiten, die mehr und mehr zur Qual wurden, weil der weitere Verlauf ohnehin jederzeit absehbar war, bin ich mir ziemlich sicher, dass dem nicht so ist. „Omega“ ist ein bestenfalls durchschnittlicher Roman, der aufgrund seines großen Seitenumfangs nicht einmal als Happen für zwischendurch taugt.

Dart-Thornton, Cecilia – Geheimnis der schönen Fremden, Das (Die Feenland-Chroniken 2)

Band 1: [„Im Bann der Sturmreiter“ 1521

Der zweiten Band der Feenlandchronik setzt unmittelbar und nahtlos am Ende des ersten Bandes an. Imrhien ist inzwischen bei Maeve Einauge. Nur scheint es, dass das junge Findelkind dort nicht sicher ist, die Hütte wird beobachtet. Imrhien muss aber nach Caermelor, um den Hochkönig zu sprechen. Maeve Einauge greift zu einer List …

So reist Imrhien in adliger Verkleidung und unter dem Namen Rohain Tarrenys von den Trauerinseln in die Hauptstadt. Doch trotz dieser Aufmachung hat der Hochkönig keine Zeit für den unerwarteten und auch ein wenig seltsamen Besuch. Es bleibt keine andere Wahl, als das Geheimnis dem Herzog von Roxburgh anzuvertrauen. Der Herzog muss jedoch bald Richtung Norden reisen, da die Unruhen in der Provinz Navarre immer mehr zunehmen. An seine Stelle tritt der Herzog von Ercildoune, mit dem Rohain sich schon bald anfreundet.

Die geheime Nachricht, die Rohain überbracht hat, war für die Krone äußerst wertvoll. Plötzlich winken eine Baronie und ein eigenes Lehen, ganz zu schweigen von einer Belohnung in Gold. Die Hofclique um Lady Dianella, die Rohain bisher verächtlich und gemein behandelt hat, benimmt sich plötzlich höchst freundlich und zuvorkommend. Der schöne Schein trügt. Rohain muss bald erkennen, dass sich unter den höflichen Masken mächtige Feinde verstecken, und das nicht nur bei Hofe! Woher nur rührt all diese Feindseligkeit? Erneut wird dem Findelkind bewusst, dass es endlich das Rätsel um seine Vergangenheit lösen muss …

Da sich Imrhien am Ende des ersten Bandes von allen Gefährten trennt, um Maeve Einauge aufzusuchen, und all diese Gefährten wie auch viele andere Personen nach der Trennung von Imrhien in der Versenkung verschwinden, sind neue Charaktere nötig, um die Geschichte fortzuführen.

Einer der wichtigsten ist Thomas Ercildoune, ein sympathischer, warmherziger Mann mit einem ausgeprägten Faible für das Volk der Faeran, das Elfenvolk. Kaum jemand weiß so viel über die Faeran wie er. Das ist kein Wunder, schließlich ist er der Barde des Königs. Er wird zu Rohains bestem Freund, zumindest, bis der Hochkönig ins Feld zieht und Ercildoune zu seinem Stellvertreter ernennt. Dennoch traut das Findelkind sich nicht, ihm die Wahrheit über seine Vergangenheit zu erzählen, zu groß ist seine Angst, in Ungnade zu fallen.

Lady Dianella ist überaus eitel und deshalb eifersüchtig auf Rohains Stellung, denn vor Rohains Ankunft drehte sich alles nur um sie. Deshalb will sie den unbequemen Gast so schnell wie möglich wieder loswerden. Allerdings ist die Lady nicht gerade besonders intelligent, ihre kleinen Intrigen bleiben oberflächlich und entbehren jeder Rafinesse.

Weit gefährlicher ist da schon Prinz Morragan, der Rabenprinz der Faeran. Als Bruder des Elfenkönigs besitzt er eine Machtfülle, der kaum jemand etwas entgegenzusetzen hat. Der Stolz der Elfen, den die Menschen oft genug als Hochmut empfinden, ist bei ihm besonders ausgeprägt. Und auch er ist eifersüchtig, und zwar auf seinen Bruder, der ein Menschenfreund ist. Morragan dagegen verabscheut die Menschen und will nichts mit ihnen zu tun haben. Am liebsten wäre es ihm, alle Tore zwischen Elfen- und Menschenwelt würden für immer geschlossen, doch ist er dem Torhüter der Elfen gegenüber nicht weisungsbefugt. Also greift auch er zu einer List …

Leider bleiben die genannten Charaktere alle ziemlich blass. Man erfährt kaum etwas von den einzelnen Personen, sie haben keine Geschichte, keine Gedanken, kaum Gefühle. Das mag zum einen daran liegen, dass ausschließlich aus Rohains Sicht erzählt wird, andererseits hätte Cecilia Dart-Thornton durchaus die Möglichkeit gehabt, von dieser Sichtweise abzuweichen. Abgesehen davon: Natürlich ist Rohain völlig unerfahren, was das Hofleben und seine großen und kleinen Täuschungen angeht, aber deswegen noch lange nicht dumm. Dennoch vermisste ich jegliche Beobachtungsgabe, und diese Oberflächlichkeit passt eigentlich nicht zum übrigen Charakter.

Ein weiterer Punkt ist Rohains Verliebtheit. Zwar schreibt die Autorin romantische Fantasy im klassischen Sinne. Die Formulierungen im Zusammenhang mit Rohains Liebe schrammen allerdings nur haarscharf am Kitsch vorbei, und lediglich die Tatsache, dass die Autorin sich diesbezüglich kurz gefasst hat, verhindert, dass die entsprechenden Passagen auf das Niveau von Groschenromanen abrutschen. Dazu kommt, dass diese Liebe anscheinend lediglich auf der Schönheit der geliebten Person beruht, jedenfalls wird allein diese in den Gedanken Rohains genannt. Niemals beziehen die Gedanken sich auf irgendwelche Charaktereigenschaften oder die Erinnerung an besondere Ereignisse, die beide gemeinsam erlebt haben. Noch eine Oberflächlichkeit, die nicht ins Bild passt.

Allein Rohains Verhalten wirkt auch diesmal glaubhaft und echt. Das naive Findelkind, das keinerlei Ahnung von feinem Benehmen und Etikette hat, fühlt sich inmitten des übertriebenen Pomps unwohl und völlig fehl am Platz. Von Natur aus aufrichtig, ist es der boshaften Hinterhältigkeit der Höflinge nicht gewachsen. Sein Selbstwertgefühl ist aufgrund seiner Entstellung so gut wie gar nicht ausgeprägt. Rohain spürt seinen wackligen Stand innerhalb dieser Gesellschaft der Äußerlichkeiten, doch das bequeme Leben des Adels missen zu müssen und in den Schmutz und die Armut zurückzukehren, ist dennoch ein äußerst unangenehmer Gedanke. Rohain kann sich nicht von diesem neuen Leben losreißen.

Das kann es letztlich aber nicht mehr rausreißen, und so lässt die Charakterzeichnung insgesamt diesmal doch etwas zu wünschen übrig. Auch die Tatsache, dass die Autorin die im ersten Band lose gebliebenen Fäden der Burg Isse nochmals aufgenommen hat, kann darüber nicht hinwegtrösten, denn die im Grunde vielversprechend angelegten Charaktere von Ustorix und Mortier verpuffen lediglich als Episode am Rande: Von Ustorix bleibt nichts als ein eitler Pfau übrig, und Mortier ist ein Opfer seiner Beziehungen zu den Unseelie geworden und taucht nicht einmal persönlich auf. Dabei war der Abstecher nach Burg Isse für die Handlung durchaus nicht unwichtig. Leider ging diese hier in den unwichtigen Details völlig unter.

Das gilt übrigens nicht nur für diesen Teil der Handlung. Auch die Geschehnisse in der Hauptstadt und auf der Insel Tamhania verlieren sich in ausschweifenden Beschreibungen von Nebensächlichkeiten aller Art. Cecilia Dart-Thornton scheint ein Faible für Prunk zu haben. Zwar hat sie auch die Landschaften im ersten Teil durchaus detailliert und poetisch geschildert, doch bleibt dies weit hinter dem zurück, was die Autorin an Ausführlichkeiten für Kleidung und Raumausstattung übrig hat! Sie schwelgt geradezu in den Einzelheiten von Stoffen, von denen ich noch nie im Leben etwas gehört habe, von Edelsteinen, deren Namen ich zwar immerhin kenne, deren Aussehen ich aber erst einmal nachschlagen müsste, und von Möbeln und Geschirr, das im Großen und Ganzen überall gleich aussieht und genau genommen total unwichtig ist. Ganze Seiten wendet sie dafür auf, den Ablauf von Festessen inklusive sämtlicher Gänge oder einen Imbrol-Ball sowie die Beziehungen zwischen Menschen und Meeresgeistern wie Silkies oder Meerjungfern darzustellen.

Auf Dauer ist das ungeheuer ermüdend, vor allem, weil es sich ständig zu wiederholen scheint. Der durchschnittliche Leser hat garantiert bereits nach dem ersten Festessen begriffen, wie übertrieben prunkvoll, üppig und dekadent das Hofleben ist.
Eine weitere Bremse für den Handlungsverlauf stellen die Legenden und Geschichten über Seelie und Unseelie dar, die ebenfalls wieder in großer Zahl Platz gefunden haben. Manche kannte ich sogar schon und empfand sie deshalb als doppelt lästig. Wenn ich die Geschichte des Rattenfängers oder die vom Elfenkind lesen will, nehme ich mir ein Märchen- oder Sagenbuch, und lese sie dort nach.
In diesem Fall wollte ich allerdings die Geschichte von Imrhien/Rohain lesen. Von der bleibt aber nach Abzug all der Weitschweifigkeiten und handlungsfernen Nebensachen nicht mehr viel übrig. Ich schätze, die eigentliche Geschichte von Imrhien könnte man locker auf der Hälfte der Buchseiten unterbringen.

Ich muss daher sagen, dass dieser zweite Band die Hoffnungen, die ich nach dem ersten Band in ihn gesetzt hatte, nicht erfüllt hat, eher im Gegenteil.

Mit den vielen zusätzlichen Legenden und Sagen allein hätte ich mich, auch wenn sie in keinem Zusammenhang mit Rohains Geschichte stehen, vielleicht noch abgefunden angesichts dessen, dass die Feenwelt gegen Ende tatsächlich noch an Bedeutung gewinnt und endlich mit der eigentlichen Geschichte verwoben wird. Aber auch in den übrigen Punkten wurde ich enttäuscht. Der Verlauf der Handlung wurde nicht gestrafft, sondern eher noch weiter aufgebläht, sodass der Spannungsbogen oft genug völlig durchhängt. Die Charakterzeichnung wurde nicht intensiver, sondern flacher. Da es sich bei diesem Zyklus erklärtermaßen um romantische Fantasy und nicht um Action handelt, erscheint mir das Verhältnis zwischen innerer und äußerer Handlung zu unausgewogen, Rohains Gedanken- und Gefühlswelt kommt eindeutig zu kurz. Der ohnehin schon geringe Anteil an eigenen Ideen hat sich nicht vergrößert. Der Zyklus verkümmert zu einer Sammlung von Volksmärchen in dem unpassenden Kleid einer Liebesgeschichte.

Immerhin lässt das Ende des zweiten Bandes, an dem das Feenreich und sein vielversprechender Prinz endlich ans Geschehen andocken, darauf hoffen, dass im dritten Band doch nochmal sowas wie Bewegung und damit auch mehr Spannung aufkommen wird. Sollte Prinz Morragan allerdings ebenso wie Dorn und Ustorix im Klischee versinken, wäre das wirklich ein Verlust! Und für mich das K.o.-Kritierium für weitere Bücher dieser Autorin.

Cecilia Dart-Thornton, selbst ein Findelkind, wuchs in der Nähe von Melbourne auf. Aus ihrer Feder stammt außer den Feenlandchroniken auch der Crowthistle-Zyklus, von dem bisher die ersten beiden Bände auf Englisch erschienen sind: „The iron tree“ und „The well of tears“. Wann Bände dieses Zyklus auf Deutsch erscheinen, ist noch nicht absehbar, und auch das Erscheinungsdatum des dritten Teils der Feenlandchroniken steht noch nicht fest.

Neben dem Schreiben widmet sich Cecilia Dart-Thornton außerdem der Musik und der Fotographie.

http://www.dartthornton.com

Sergej Lukianenko – Wächter der Nacht

Das geschieht:

Diese Welt ist nicht nur der Ort, den wir ahnungslosen Menschen kennen. Da gibt es auch das „Zwielicht“, eine Sphäre, die nur von den „Anderen“ wahrgenommen und betreten werden kann: gefährliche Wesen, die als Vampire, Werwölfe, Schwarzmagier oder Hexen bekannt sind, aber auch Zauberer und Gestaltwandler, die im Frieden mit den Menschen leben.

Licht und Dunkel wetteifern seit Äonen um die Vormacht. Das Gleichgewicht muss unbedingt gewahrt bleiben, sonst gerät die Welt aus den Angeln. Vor vielen Jahren war es einmal fast soweit. Die Mächte des Lichts und die Mächte der Dunkelheit hätten einander ausgelöscht, wäre nicht in letzter Sekunde ein Waffenstillstand zu Stande gekommen. Seither halten auserwählte „Lichte“ als „Wächter der Nacht“ zwischen Sonnenuntergang bis -aufgang ein Auge auf die Dunklen, während diese folgerichtig einen eigenen Orden, „Wächter des Tages“ genannt, die Aktivitäten der „Lichten“ kontrollieren lassen. Sergej Lukianenko – Wächter der Nacht weiterlesen

Robert Charles Wilson – Die Chronolithen

Wer ist Kuin?

Wissen Sie das? Nein? Nun, keiner weiß, wer Kuin ist. Aber jeder kennt ihn. Seit dem Tag, an dem der erste „Chronolith“ im thailändischen Chumphon erschien. Ein blauer Obelisk aus einem unbekannten, nicht analysierbaren und anscheinend auch unzerstörbaren Material mit einer Inschrift, die den Sieg der alliierten Streitkräfte Kuins über Süd-Thailand und Malaysia preist – am 21. Dezember 2041. Zwanzig Jahre in der Zukunft. Spätestens aber, nachdem ein wesentlich größeres Exemplar in Form einer stilisierten menschlichen Gestalt explosionsartig Bangkok entkernt und zahllose Todesopfer gefordert hat. Und das war erst der Anfang …

Robert Charles Wilson – Die Chronolithen weiterlesen

Barclay, James – Himmelsriss (Die Chroniken des Raben 4)

Band 1: [Zauberbann 892
Band 2: [Drachenschwur 909
Band 3: [Schattenpfad 1386

Jetzt, da ich dies schreibe, mag es ungefähr zehn Minuten her sein, dass ich die letzte Seite von „Himmelsriss“ gelesen habe, doch ich möchte die noch immer anhaltende Euphorie, vor allem aber die weiterhin sicht- und fühlbare meterdicke Gänsehaut, die mich im letzten Kapitel dieses Buches ergriffen hat, für diese Rezension nutzen. Mit dem vierten und wahrscheinlich auch düstersten Teil der „Chroniken des Raben“ ist es dem britischen Autor James Barclay erneut gelungen, eine fesselnde Fantasy-Geschichte zu erzählen bzw. den Faden weiterzuspinnen und somit die Geschichte noch weitschweifender auszubauen. Mehr denn je beschleicht mich mittlerweile das Gefühl, dass „Die Chroniken des Raben“ nur so nach einer Verfilmung schreien, denn wenn ich mir überlege, welches Kopfkino sich in den letzten Kapiteln dieses vierten Teils wieder in meinem Kopf abgespielt hat, dann hätten wir es hier bei einer entsprechenden Umsetzung mit einem Unterfangen zu tun, das selbst die Verfilmung von „Der Herr der Rings“ übertreffen könnte. Und das ist jetzt keine dramatisierte Übertreibung, sondern eine Tatsache, die lediglich von meiner Begeisterung für diese Reihe ein wenig getrübt sein könnte.

_Story:_

Der Riss im interdimensionalen Raum wird von Tag zu Tag größer, und die Drachenbrut der Kaan kann das Loch am Himmel nicht mehr lange gegen die verfeindete Brut der Naik verteidigen. Doch in Balaia ist sich nur die legendäre Söldnertruppe des Raben über die Tragweite dieses Himmelsrisses bewusst und macht sich auf den direkten Weg zum Kolleg von Julatsa, das weiterhin unter starkem Beschuss durch die Wesmen liegt. Den Rabenkriegern gelingt es, in das Kolleg einzudringen, um in der dortigen Bibliothek nach Hinweisen des genialen Magiers Septern zu suchen, mit Hilfe derer man schließlich das Loch im Himmel wieder schließen könnte. Tatsächlich finden sie einige Manuskripte und begeben sich anschließend wieder zurück zum Haus des Dimensionsmagiers Septern. Für Ilkar ist diese Entscheidung besonders schwer, denn er verlässt sein Heimatkolleg in dem Bewusstsein, dass er es bei einer eventueller Rückkehr nur noch in Schutt und Asche wiederfinden wird. Doch die gemeinsame Sache ist von größerer Bedeutung, und so entfernt sich der Rabe wiederum unbemerkt aus Julatsa.

Derweil haben die Wesmen große Teile von Balaia eingenommen und einen erheblichen Teil der gegnerischen Streitkräfte besiegt. Lediglich eine kleine Garnison unter der Führung des berüchtigten Generals Darrick leistet noch Widerstand. Verbündet mit den einflussreichen Baronen Grese und Blackthorne, bekämpft er die übermächtige Wesmenarmee unter der Führung von Lord Tessaya und gewinnt so wichtige Zeit für den Raben. Dieser nämlich hat sich durch das Tor in Septerns Haus in die Welt der Drachen begeben, um von dort aus gemeinsam mit dem ehemaligen Herrscher von Xetesk, Styliann, den entscheidenden Spruch zur Schließung des Himmelsrisses zu wirken. Doch die Söldner mitsamt ihrer Magier haben nur noch wenig Zeit, denn das Loch kann nicht mehr lange verteidigt werden. Und rund um Septers Haus können Stylianns Protektoren die heranstürmende und zahlenmäßig deutlich überlegene Wesmenarmee, die mittlerweile von der Mission des Raben erfahren hat, nicht mehr lange in Schach halten. Der Krieg kommt somit in seine entscheidende Phase, sowohl in Balaia als auch in der Dimension der Drachenbruten …

Es vergehen jeweils drei Monate, bis endlich die deutsche Fortsetzung dieser Serie auf den Markt kommt, und diese drei Monate sind jedes Mal von Neuem eine ziemlich harte Zeit, gerade nach dem ereignisreichen und offenen Ende des Vorgängerbandes „Schattenpfad“. Doch nachdem man dann die ersten Seiten des neuen Buches gelesen hat, fühlt man sich sofort wieder heimisch – heimisch in der Welt von Balaia und in der Welt von James Barclay.

In diesem Fall weicht die Spannung jedoch erst einmal der Brutalität der Vorgänge an den verschiedenen Schauplätzen der Handlung. „Himmelsriss“ steht besonders im Zeichen der Schlachten zwischen den Wesmen und den Streitkräften von Korina, die das Land Balaia verteidigen wollen, und dementsprechend ausführlich beschreibt Barclay auch die Verläufe der Gefechte und deren blutige Folgen, ganz besonders im ersten Drittel. Dann jedoch holt der Autor wieder sehr weit aus und wechselt fast von Seite zu Seite den Schauplatz, springt vom Raben zur Situation in Julatsa, dann wieder in die Drachendimension, anschließend zu den Kämpfen an Septerns Haus und schließlich zum taktischen Gefecht zwischen Lord Tessaya und den beiden Baronen Blackthorne und Gresse sowie ihrem Verbündeten, General Darrick.

Hier zeigt sich wieder die ganze Klase von James Barclay, indem er alle Punkte bis ins letzte Detail schildert, kurz vorm finalen Moment aber wieder in eine andere Szene springt und den Leser somit auch spielend ans Buch fesselt. Der Drang, schnellstmöglich Lösungen und Entscheidungen in Erfahrung zu bringen, ist enorm groß; ergo verschlingt man auch dieses Buch mit derselben Intensität, wie es bei den drei Vorgängerbänden der Fall war.

Weiterhin ausgezeichnet finde ich, wie Barclay die einzelnen Rollen der Charaktere sehr offen lässt; man weiß nicht immer, ob man Xetexk-Magier Styliann, dem Brutführer Sha-Kaan, dem Gestaltenwandler Thraun oder aber den Protektoren trauen kann, und das macht einen nicht unerheblichen Reiz bei diesem Buch und der Serie im Gesamten aus.

Und doch sind es im Endeffekt die Beschreibungen der Szenarien, die für die eingangs erwähnte Gänsehaut verantwortlich zeichnen. Ich würde gerne vorgreifen und erklären, was mich am Ende so euphorisch gestimmt hat, aber damit würde ich zu viel über den Verlauf der Geschichte preisgeben. Nur so viel: Es ist ein wahrlich erhabenes Gefühl, das ich in dieser Form nur bei den finalen Momenten der „Herr der Ringe“-Filme verspüren konnte – und damit habe ich jetzt wahrscheinlich doch schon zu viel verraten …

„Himmelsriss“ ist wiederum all das, was den modernen Fantasy-Autor James Barclay auszeichnet und diese Reihe so wertvoll macht, und ein Grund mehr, sich mit den „Chroniken des Raben“ auseinanderzusetzen. Selten hat mich eine Fantasy-Reihe derart ergriffen, wie es hier der Fall ist. Und jetzt folgen eigentlich wieder drei harte Monate bis zur Veröffentlichung von „Nachtkind“, aber aufgrund einer längeren Lesepause meinerseits darf ich mich bereits in wenigen Wochen auf die Lektüre des fünften Bandes freuen.

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Isaac Asimov – Der Aufbruch zu den Sternen (Foundation-Zyklus 3)

„Der Aufbruch zu den Sternen“ ist die direkte Fortsetzung der Ermittlungsromane um Elijah Baley und R. Daneel Oliwav, mit denen Asimovs „Foundationzyklus“ seinen Anfang nimmt, lässt man die Robotergeschichten ein bisschen außen vor. In diesen Romanen wird der Grundstein zur Foundation-Trilogie gelegt, die weltweite Berühmtheit erlangte. Im vorliegenden Roman findet erstmals das Konzept der „Psychohistorik“ Erwähnung, überraschend ist allerdings der Ursprung dieser Idee.

Aufbruch oder nicht?

Auf der Erde trainieren mutige Menschen unter Baleys Leitung den Aufenthalt im Draußen, unter freiem Himmel, fern der überkuppelten Stahlhöhlen. Baley selbst, der durch seine Ermittlungserfolge bei den Spacern große Sprünge auf der Karriereleiter machte (s. „Die Stahlhöhlen“) und dessen Taten durch hollywoodartig übertriebene Vorführungen berühmt wurden, muss eine weitere Ermittlung aufnehmen. Diesmal verschlägt es ihn nach Aurora, der ersten durch Menschen besiedelten Welt, auf der Dr. Fastolfe (Konstrukteur und Entwickler des humaniformen Roboters Daneel) in politische und gesellschaftliche Bedrängnis geriet.

Er ist Befürworter eines Plans, nach dem die weitere Besiedlung der Galaxis durch Erdenmenschen mit Hilfe der Spacertechnik erfolgen soll, da sie weitgehend unabhängig von Robotern sein können, im Gegensatz zu den Spacern selbst, die die Galaxis durch Roboter erschließen lassen wollen, um sich ins gemachte Nest zu setzen. Jetzt wird ihm zur Last gelegt, einen zweiten humaniformen Roboter zerstört zu haben, um damit die Bestrebungen seiner politischen Gegner zu sabotieren.

Mit seinem politischen Ende wäre der Traum der Menschen um Baley, die Erde zu verlassen, ausgeträumt. Es liegt also alles an ihm, durch geschickte Ermittlung die Unschuld Fastolfes zu beweisen.

Isaac Asimov ist zweifellos einer der bedeutendsten Science-Fiction-Schriftsteller aller Zeiten, wird oft sogar als der bedeutendste bezeichnet. Seine wichtigsten Hinterlassenschaften finden sich in den Drei Gesetzen der Robotik und in der Foundation-Saga, in deren Verlauf er den Weg der Menschheit ins All und ihr dortiges Bestehen schildert. Asimov wurde 1920 in der Sowjetunion geboren und verstarb im April 1992 in den Vereinigten Staaten.


Das Zwei-Wege-Rätsel

Der typische Stil Asimovs führt in diesem Roman, so man bereits etwas von Asimov gelesen und sich mit seinem Stil bekannt gemacht hat, schon auf der Anreise auf Aurora zur Ahnung einer Erkenntnis, die entscheidend für die Geschichte ist. Wie ist es möglich, dass der offensichtlich alte und überholte Roboter Giskard, der trotzdem ein Favorit des Robotikers Fastolfe ist, und der zusammen mit dem überragenden humaniformen Roboter Daneel zur Erde reist, um Baley abzuholen, eine konkrete Gefahr für den Geist Baleys vor Daneel bemerkt und eingreift, obwohl er sich im Gegensatz zu Daneel nicht mit Baley in einem Raum befindet? Es ist nicht nur diese Situation, die auf eine besondere Fähigkeit Giskards schließen lässt. Schrittweise führt Asimov den Leser an die offensichtliche Erkenntnis heran, die bereits in den ersten Kapiteln möglich ist – aber nur, da dem erfahrenen Leser klar ist, dass Asimov keine für die Geschichte irrelevanten Details einbringt, sondern sich so klar wie kaum jemand sonst an der Linie seiner Erzählung hält. Natürlich umfasst das auch Verwirrungsstrategien, denen der Leser wie auch der Protagonist erliegt und auf falsche Fährten gelockt wird.

Die Lösung des Rätsels gelingt Baley schließlich auf eine Art, die nicht vorhersehbar ist, und damit gelingt Asimov wieder eine Wendung, die selbst jene Leser überrascht, die den oben angesprochenen Aspekt der Geschichte früh durchschaut haben, oder zu haben glaubten. Bei der Lösung lässt Asimov nämlich die Frage, wer den zweiten humaniformen Roboter zerstört hat, in den Hintergrund treten und hangelt sich stattdessen an den eigentümlichen gesellschaftlichen Eigenschaften der Auroraner im Gegensatz zu jenen der Erdenmenschen entlang, bis es Baley gelingt, Fastolfe auf diese Art zu entlasten. Hier könnte man enttäuscht sein, würde das doch bedeuten, dass es zu einem Stilbruch gekommen wäre und der mitdenkende Leser seinen Erfolg nicht zu greifen bekommt. Aber selbstverständlich gibt sich Baley nicht nur mit der Lösung des Falls zufrieden, sondern sucht nach eben jener Erkenntnis, die Asimov tröpfchenweise in die Geschichte träufelte und die so wichtig ist für den Zusammenhang mit der Foundation-Trilogie und der Psychohistorik.

Hier wirft sich nämlich eine weitere interessante Frage auf, die keine direkte Beziehung zur Lösung des Falles Fastolfe hat: Wie kommt es zur Entstehung des Begriffs „Psychohistorik“ Jahrtausende vor dem genialen Hari Seldon, der die psychohistorische Mathematik entwickeln und den Begriff prägen wird? Es ist erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit Asimov dieser Brückenschlag zu fallen scheint, ein in unserer realen Zeit Jahrzehnte umfassender Brückenschlag zwischen diesen wichtigen Werken, die er erst später zu einem zusammenhängenden Zyklus zusammenstellte und kleine Lücken mit mehr oder weniger großem Geschick füllte (siehe „Das Foundation-Projekt“).

Fazit

Die beiden wichtigsten Aspekte des Romans (im Gesamtbild des Foundation-Zyklus) stehen nur bedingt mit der Lösung in Zusammenhang, aber direkt im Interesse Baleys, so dass es Asimov trickreich gelungen ist, eine spannende und sehr unterhaltsame Geschichte zum Träger einer wichtigen Idee zu machen. Was fast alle seiner Geschichten mit sich bringen, kommt in dieser sehr stark zum Tragen: die Möglichkeit für den Leser, seinen eigenen Gehirnschmalz mit einzusetzen und die Lösungsschritte Baleys entweder nachzuvollziehen oder vorwegzunehmen. Dieser Roman macht richtig Spaß!

Der Foundation-Zyklus

Meine Freunde, die Roboter
Die Stahlhöhlen
Der Aufbruch zu den Sternen
Das galaktische Imperium
Die frühe Foundation-Trilogie
Die Rettung des Imperiums
Das Foundation-Projekt
Die Foundation-Trilogie
Die Suche nach der Erde
Die Rückkehr zur Erde

Sara Douglass – Glaszauberin, Die (Die Macht der Pyramide 1)

Tirzah ist eine begnadete Glasschleiferin. Aber sie ist auch eine Sklavin. Zusammen mit ihrem Vater wurde sie in den fernen Süden verkauft, zur Tilgung seiner Spielschulden. Nicht einmal ihren wirklichen Namen durfte sie behalten. Nun schleift sie Glasnetze für eine riesige Pyramide, deren Zweck sie nicht versteht. Doch schon beim ersten Betreten des riesigen Bauwerks spürt sie, dass damit etwas nicht stimmt. Das Glas schreit regelrecht vor Qual und bittet Tirzah um Hilfe. Nur was für Hilfe? Und wie sollte eine Sklavin helfen können? Noch dazu, wo ihre Gabe des Verstehens von Elementen und den ihnen innewohnenden Geistern sie sofort den Kopf kosten kann …

Yaqob, ein Glasarbeiter wie sie, will die Sache auf seine Weise lösen: durch bewaffneten Aufstand. Bevor die Männer jedoch losschlagen können, bringt eine Reihe von Ereignissen alles durcheinander:
Ein Baustein, der oben an der Spitze der Pyramide für die Einfassung des gläsernen Schlusssteins verwendet werden sollte, macht sich selbstständig und tötet einen Sklaven! Die Tatsache, dass niemand in der Nähe war, der ihn hätte anstoßen oder hinunterwerfen können, macht den Bauleiter Ta’uz aus irgendeinem Grund äußerst nervös.

Chad Nessar, der König des Landes, kommt, um die Baustelle zu inspizieren und lässt bei seiner Abreise zusätzlich zu weiteren 2000 Mann Bewachung seinen Neffen Boaz zurück, einen der fanatischsten und härtesten Magier der gesamten Kaste. Und Boaz lässt, kaum dass er angekommen ist, Tirzah zu sich holen …

Tirzah ist nicht unbedingt die typische Heldin. Sie ist nicht ausschließlich zu dem Zweck geboren worden, um das Land Ashdod vor dem Untergang zu retten, keine Prophezeiung zwingt sie gegen ihren Willen, über sich hinauszuwachsen. Was das junge Mädchen vor allem auszeichnet, ist ein ausgeprägter Wille zu überleben. Sie fügt sich in alles, was ihr an Unbill widerfährt, in dem Bewusstsein, dass ihr nichts anderes übrig bleibt, doch ertragen kann sie es nur, weil sie auf gar keinen Fall sterben will. Sonst hätte sie womöglich längst den Freitod gewählt, scharfes Werkzeug steht ihr ja in ausreichender Menge zur Verfügung. Ihr Überlebenswille erstreckt sich aber nicht nur auf ihr eigenes Leben, sondern auch auf das ihrer Freunde. Yaqobs Revolte flößt ihr deshalb mindestens so viel Angst ein wie die Pyramide.

Dennoch ist Tirzah etwas Besonderes aufgrund der Tatsache, dass sie so viel Zeit mit Boaz verbringt. Sie steht in unmittelbarer Nähe zu diesem Mann, hat Einblicke, die sonst niemand hat und hält damit den Schlüssel in der Hand. Sie weiß, dass sie ihn eigentlich benutzen sollte, doch unwillkürlich geht sie den Weg des geringsten Widerstandes. Sie fürchtet sich zu sehr vor der Unberechenbarkeit ihres Herrn.

Yaqob ist davon ziemlich enttäuscht. Eigentlich ist er ein recht sympathischer, netter Kerl. Aber obwohl Tirzah und er ein Paar sind, fällt ihm zu Boaz Aufforderung an Tirzah, in sein Haus zu kommen, als Erstes ein, dass sie damit in der idealen Position ist, um zu spionieren. Nicht, dass Tirzahs Situation ihm gleichgültig wäre, er hasst Boaz deswegen doppelt und dreifach und ist außerdem eifersüchtig. Trotzdem scheint die Revolte ihm wichtiger zu sein als Tirzah. Das und seine extreme Gewaltbereitschaft sind ein ziemlich dunkler Fleck auf seiner weißen Weste, zumal der Sklavenaufstand, selbst wenn er gelänge, das eigentliche Problem, nämlich die Fertigstellung der Pyramide, in keiner Weise lösen würde.

Der zwiespältigste Charakter ist Boaz. Nicht wirklich schizophren, aber mit zwei sehr unterschiedlichen Gesichtern, von denen er eines außerhalb der Wände seines Hauses niemals zeigt! In allererster Linie ist er ein Magier, der kurz davor steht, seinen Traum von einer ungeheuren Machtfülle zu verwirklichen. Diese machthungrige, rücksichtslose und auch grausame Seite hat die andere fest im Griff. Doch seit er Tirzah begegnet ist, gerät die Seite des Magiers aus zwei Richtungen zunehmend unter Druck, und das stürzt auch Tirzah in eine Menge Gewissenskonflikte.

Das alles zeigt bereits, dass die Autorin glaubhafte und stimmige Charaktere ohne Schwarz-Weiß-Zeichnung in eine Geschichte eingewoben hat, in der – wie im |Weltenbaum|-Zyklus auch – die innere Welt der Protagonisten eine ebenso große Rolle spielt wie die Geschehnisse um sie herum. In anderen Punkten unterscheidet sich dieses Buch wiederum erheblich von Sara Douglass‘ Erstlingswerk. Bis auf den Anfang und die Reise in den Süden, die relativ kurz gehalten wurden, spielt sich die gesamte Handlung auf der Baustelle der Pyramide und in der benachbarten Siedlung ab. Da Tirzah aus der Ich-Perspektive erzählt, gibt es nur einen einzigen Handlungsstrang. Die Komplexität von Boaz‘ Charakter, die durch die feine Beobachtungsgabe Tirzahs voll zur Geltung kommt, und Tirzahs eigene Zerissenheit bieten jedoch genügend Vielschichtigkeit auch für Leser, die es gerne etwas komplizierter haben.

Spannung bezieht das Buch nicht nur aus Boaz‘ Unberechenbarkeit, sondern auch aus der stetig wachsenden Bedrohung durch den Schatten, den die Pyramide über das Land wirft. Sara Douglass hat sich hier von Pythagoras und anderen griechischen Denkern inspirieren lassen, für die die Mathematik nicht nur eine Natur- sondern auch eine Geisteswissenschaft war. Das Aufstellen allgemeingültiger Lehrsätze führte in der philosophischen Betrachtung zu der Folgerung, dass Zahlen nicht einfach Mengendefinitionen von Menschenhand sind, sondern die Essenz aller Dinge. Für sie war die ganze Welt aus Zahlen aufgebaut, und die Untersuchung von Zahlen sollte sie daher zu Erkenntnissen über Funktion und Ordnung des Kosmos führen. Die Eins nahm dabei einen besonderen Raum ein. Als erste aller Zahlen sah man in ihr den Ursprung der Welt, sie galt deshalb als unteilbar.

Angelehnt an dieses philosophische Prinzip hat die Autorin ihren Kult von der Eins entworfen. Die Pyramide der Magier ist die Verkörperung der vollkommenen mathematischen Formel. Sie soll es den Magiern ermöglichen, die Eins nicht nur wie bisher kurz zu berühren, sondern mit ihr zu verschmelzen und damit ungeschränkt auf die ihr innewohnende Macht zuzugreifen.

Doch die Sache scheint einen Haken zu haben. Der Leser hat das Gefühl, dass da etwas unaufhaltsam auf ihn zukriecht, das er zwar nicht versteht, dessen Bösartigkeit aber in den diversen Unfällen an der Baustelle und den Veränderungen, die offenbar ganz von selbst mit der Pyramide vorgehen, deutlich zu Tage tritt. Die Aussicht auf den Tag der Fertigstellung und erst Recht auf den der Einweihung wird immer mehr zum Albtraum.

Was genau die Eins so mächtig macht, welche Nebenwirkungen die Magier mit ihrem Experiment heraufbeschwören und welche Folgen die Fertigstellung der Pyramide letztlich haben wird, erfährt der Leser leider nicht. Das ist allerdings nicht die Schuld der Autorin. Vielmehr liegt es daran, dass |Piper| das Buch einfach verkrüppelt hat. Genauer gesagt, es wurde nur die erste Hälfte veröffentlicht! Das geschieht nicht zum ersten Mal. Schon beim |Weltenbaum|-Zyklus hat der Verlag alle drei Bände einfach jeweils halbiert. Selbst bei einem Zyklus gibt es dafür keinen ersichtlichen Grund außer dem, mehr Profit zu machen. Dieses Buch aber war niemals als Zyklus gedacht, sondern als in sich abgeschlossener Einzelband! Trotzdem hat sich der Verlag das Recht herausgenommen, dem Leser das Ende vorzuenthalten und auf die zweite Hälfte zu vertrösten, deren Veröffentlichungsdatum noch nicht feststeht. Genauso gut könnte der Buchhandel beschließen, bei allen Harry-Potter-Büchern vor Verkauf die zweite Hälfte der Seiten herauszutrennen, und den Käufern erklären, diese stünden erst in einem halben Jahr zum Verkauf!

Für den Leser ist diese Vorgehensweise schlicht inakzeptabel. Und ich wage zu bezweifeln, dass die Autorin, die „Tresholder“ (der Originaltitel des Gesamtbuches) als eines ihrer Lieblingswerke bezeichnet hat, davon begeistert wäre. Sollte |Piper| davon künftig nicht Abstand nehmen, ist es wohl besser dazu überzugehen, die Bücher im Original zu lesen. Eine Mühe, die ich bisher gescheut habe, die mir eine unverstümmelte Version aber allemal wert ist!

Ein abschließendes Fazit ist mir zu diesem Buch also leider nicht möglich. Was ich jedoch bisher gelesen habe, hat mir ausnehmend gut gefallen, auch wenn der eigentliche Höhepunkt des Buches leider erst im nächsten Band zu finden sein wird. Glaubhafte Charaktere und ein ausgewogenes Verhältnis von innerer und äußerer Handlung ergeben eine Geschichte, die ein Stück außerhalb der üblichen Abläufe und Erzählformen der Fantasy liegt, aber dennoch zu fesseln versteht. Eine angenehme und gelungene Abwechslung und ein neuerlicher Beweis für die hohe Erzählkunst der Autorin.

Sara Douglass arbeitete zuerst als Krankenschwester, bevor sie ein Studium in historischen Wissenschaften begann. Sie promovierte und arbeitete in den folgenden Jahren als Dozentin für mittelalterliche Geschichte. Das Schreiben fing sie nebenbei an, als Ausgleich zum Stress. Nach dem Erfolg ihres |Weltenbaum|-Zyklus stieg sie aus ihrem Beruf aus und konzentrierte sich aufs Schreiben und ihren Garten. Sie lebt in einem Cottage in Bendigo/Australien. Außer dem Weltenbaumzyklus und „Tresholder“ schrieb sie diverse Romane und Kurzgeschichten, von denen auf Deutsch bisher nur noch „Der Herr des Traumreiches“ erschienen ist.

My Сreative

_Sara Douglass bei |Buchwurm.info|:_
[Die Sternenbraut 577
[Sternenströmers Lied 580
[Tanz der Sterne 585
[Der Sternenhüter 590
[Das Vermächtnis der Sternenbraut 599
[Die Göttin des Sternentanzes 604
[Der Herr des Traumreichs 1037

Ralf Isau – Das gespiegelte Herz (Die Chroniken von Mirad 1)

Ergil ist ein ruhiger, nachdenklicher Junge mit einer unerschöpflichen Wissbegierde. Stunden kann er damit verbringen, das Leben im Wald zu beobachten, und wenn er damit fertig ist, fragt er seinen Ziehvater Falgon Löcher in den Bauch. Diese Eigenschaften resultieren aus dem tief verwurzelten Wunsch, die Welt und ihre Wesen zu verstehen. Wenn er sich nur selbst verstehen könnte! Einiges an ihm selbst scheint ziemlich merkwürdig zu sein, und er träumt immer so seltsam …

Twikus ist ein Wildfang und immer in Bewegung. Er scheint vor nichts Angst zu haben, das Wort Vorsicht existiert in seinem Wortschatz gar nicht. Sein Lieblingszeitvertreib ist die Jagd. Twikus ist ein exzellenter Bogenschütze. Umso mehr wundert er sich immer wieder über die Träume von einem jungen Burschen, der offenbar ein totaler Weichling ist …

Ralf Isau – Das gespiegelte Herz (Die Chroniken von Mirad 1) weiterlesen

Clemens, James – Schattenritter (Die Chroniken von Myrillia 1)

Eigentlich wollte Tylar nur mit sich selbst einen heben gehen. Immerhin hatte er an diesem Tag Geburtstag. Leider war die Wahl des Lokals etwas ungünstig für ihn ausgefallen. Der heruntergekommene und gebrochene Mann ist in den feineren Schänken der Stadt nicht willkommen, die Türsteher werfen ihn raus. Und nicht nur das! Nur das Eingreifen eines Schattenritters verhindert, dass Tylar totgeschlagen wird. Trotz dieser Rettung hat die ganze Sache verheerende Auswirkungen. Auf dem Heimweg wird Tylar Zeuge eines Mordanschlags. Nicht an irgendjemandem, sondern an Meeryn, der Göttin der Sommerinseln! Als der unheimliche Angreifer wieder verschwunden ist, eilt Tylar der verletzten Göttin zu Hilfe. Zu seinem Entsetzen stirbt sie in seinen Armen, und nicht, ohne ein geheimnisvolles und höchst unwillkommenes Geschenk in ihm zurückzulassen, das ihn auf kürzestem Wege in den Kerker und auf den Richtplatz bringt. Doch gemeinsam mit seinem Mithäftling Rogger kann Tylar fliehen. Jetzt machen alle neun Länder Myrillias Jagd auf den „Gottesmörder“ …

Dart lebt im Konklave von Chrysmafähr. Hier werden die adligsten und vielversprechendsten Jungen und Mädchen der neun Länder dazu ausgebildet, den Göttern als Leibdiener zu fronen, und als „Hand“ eines Gottes erwählt zu werden, gilt als große Ehre. Dart allerdings ist eine Außenseiterin. Ihre Eltern kennt sie nicht, die ehemalige Rektorin der Schule hatte sie als Säugling ins Konklave gebracht und dort aufgezogen. Doch vor drei Jahren starb ihre Gönnerin, und Dart fühlt sich nur noch geduldet. Sie hat keine Familie, keine Abstammung, ist nicht einmal hübsch, und die anderen Mädchen treiben ihren derben Spott mit ihr. Ihr einziger Freund ist ein kleiner Hund, den außer ihr niemand sehen kann. Trotz all dem fühlt Dart sich im Konklave zu Hause, es ist der einzige Ort, den sie kennt.

Dann allerdings geschehen Dinge, die innerhalb weniger kurzer Tage ihre gesamte Welt völlig auf den Kopf stellen! Zutiefst gedemütigt und kurz darauf aufs Höchste geehrt, entkommt sie nur knapp einem Mordanschlag und macht schließlich eine Entdeckung, die sie und ihre Freundin Laurelle schlagartig zu Flüchtlingen macht! Und das ist noch gar nicht alles …

James Clemens verschwendet keine Zeit damit, erst eine heile Welt zu entwerfen, um sie dann zu zertrümmern, sondern er fängt gleich mit dem ersten Steinwurf an! Die Welt, die vor dem Auge des Lesers entsteht, hat von Anfang an Risse, und am Ende des Buches ist dem Leser klar, dass es eine heile Welt eigentlich nie gegeben hat.

Tylar ist dafür ein deutliches Zeichen. Einst war er ein Schattenritter und Protegé des Ordensvorstehers in Tashijan, verlobt mit seiner klugen und hübschen Kollegin Kathryn. Doch er machte den Fehler, sich mit den Grauhändlern anzulegen. Plötzlich fand er sich auf der Anklagebank wieder, als Mörder! Ihm drohte der Strick. Nur durch das Eingreifen seines Gönners Ser Henri blieb er am Leben, kam allerdings auf ein Sklavenschiff und landete in einer Kampfarena. – Kein strahlender Held also, sondern einer mit Dreck am Stecken. Kein unfehlbarer Übermensch, sondern einer, der seine üble Lage zumindest teilweise sich selbst zuzuschreiben hat. Natürlich besitzt er im Übrigen alle Eigenschaften, die ein Held haben muss, damit er mit den Gefahren eines Fantasy-Romans fertig werden kann: Er ist zäh, entschlossen und im Grunde von rechtschaffener Gesinnung.

Darts Charakter liegt mehr auf der typischen Schiene: ein junges Mädchen, das trotz seiner Außenseiterrolle im Grunde behütet aufgewachsen ist und von der Welt im Grunde nicht viel weiß. Ihr ganzer Horizont besteht aus seiner künftigen Aufgabe als göttliche „Hand“, bis das Unheil über sie hereinbricht, zunächst in Gestalt eines Lehrers, dann plötzlich auch noch in Gestalt eines Gottes. Zu guter Letzt wird ihr Leben auch noch von der Lösung des Rätsels um ihre Herkunft überschwemmt. Wie auch für Tylar gilt für Dart natürlich das ungeschriebene Gesetz, dass sie zwar Angst haben darf, sich aufgrund ihrer Rolle als Heldin aber tapfer und mutig verhalten und natürlich im entscheidenden Moment die rettende Idee haben muss!

Die bisher geheimnisvollste Persönlichkeit ist Rogger. Er nennt sich einen Dieb, aber abgesehen von einer gewissen Schlitzohrigkeit und großem Geschick beim Öffnen von Schlössern wirkt er dafür eigentlich zu gebildet. Nur eines ist sicher: Er ist weit herumgekommen und kennt die neun Königreiche offenbar wie seine Westentasche. Es würde mich allerdings nicht wundern, wenn sich irgendwann rausstellen sollte, dass der Dieb nur eine Tarnung für einen adligen Spion ist! Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich gelegentlich an Silk aus Eddings |Belgariad|-Saga erinnert. Beide sind mehr, als sie scheinen …

Der obligatorische Bösewicht ist wie so oft ein Vertreter der machthungrigen Sorte, allerdings kein stumpfsinniger Brutalo, sondern intelligent und weltmännisch. Um an die Macht zu kommen, hat er seine Fäden im Hintergrund gezogen, bis er in einem dichten Netz aus Unterstützung saß, wie eine Spinne. Nur an einer Stelle scheint sein Verstand ein wenig vernebelt, und zwar in Bezug auf die Frau, die er unbedingt für sich haben will, die aber überhaupt nichts für ihn übrig hat. Das ist ausgerechnet Tylars frühere Verlobte.

Was der Sache den letzten Schliff verleiht, ist, dass dieser Mann nicht den einzigen Bösewicht der Geschichte darstellt!

Die Gruppe um Elena in Clemens‘ erstem Zyklus |Banned and the Bannished| hatte noch recht deutlich etwas von einer Rollenspielgruppe an sich. In den |Chroniken von Myrillia| spürt man davon nicht mehr so viel. Auch hier haben wir Vertreter verschiedener Bereiche: Schwertkämpfer, einen Dieb, eine Art Priesterin der Götter. Jedoch ist die Gruppe insgesamt so klein, dass die Sache eher im Hintergrund bleibt.

Der Weltentwurf ist diesmal frei von Zauberei, dafür bevölkert von einer ganzen Heerschar von Göttern. Die Magie hat Clemens in das Gewand der Alchemie gekleidet. Basis für die Wirkung der alchemistischen Mittel sind die Körperausscheidungen der Götter. Nicht unbedingt in jeder Hinsicht lecker, aber die unangenehmeren Körpersäfte blieben zumindest bisher eher am Rande, der Ekelfaktor hält sich stark in Grenzen. Blut fließt allerdings in Strömen, obwohl weder Schlachten geschlagen noch anderweitige Gemetzel veranstaltet werden. Denn das Blut der Götter enthält die mächtigste der „Gaben“ …

Die Monster, die im Hexenzyklus noch so zahlreich und detailliert beschrieben wurden, sind hier weit weniger vertreten. Ganz ohne Grausamkeit kommt allerdings auch „Schattenritter“ nicht aus. Clemens versteht es wieder einmal, den Leser gegen Ende, als er eigentlich schon aufatmen will, mit der Aussicht auf völlige Finsternis zurückzulassen. Auch der Verlauf des Buches steht unter Dauerspannung. Es dauert eine Weile, bis erkennbar wird, wer Freund und wer Feind ist. Das gilt vor allem für den Handlungsstrang um Dart, deren Verwirrung und Angst hinter jeder Ecke eine Bedrohung sehen. Aber auch sonst ist kaum etwas so, wie es scheint. Und die hartnäckige Verfolgung des Gottesmörders sorgt für ein hohes Erzähltempo.

Was sich da bisher so abzeichnet, scheinen die |Chroniken von Myrillia| durchaus mit Clemens‘ Erstlingswerk mithalten zu können. Die Charaktere sind interessant und machen neugierig auf mehr, das Schwert der Götter dürfte auch noch einige Geheimnisse bergen, und die Intrigen innerhalb des Ordens der Schattenritter bieten sicherlich noch genug Stoff, an dem man weiterweben kann. Clemens hat seine Geschichte gekonnt aus Politik, Religion, Magie, Wissenschaft und zwischenmenschlichen Beziehungen zusammengesetzt, die in viele Richtungen verzweigen und eng miteinander verwoben sind. Jede Menge Platz für die Entwicklung der Charaktere sowie unvorhergesehene Wendungen und sonstige Überraschungen.

James Clemens ist gebürtiger Amerikaner, wuchs aber in Kanada auf. Er studierte Veterinärmedizin und eröffnete schließlich eine Praxis in Kalifornien. Von 1998 bis 2003 erschien der Fünfteiler |Banned and the Banished|. Danach gönnte sich der Autor eine Pause und brachte im Juli dieses Jahres den ersten Band seiner |Chroniken von Myrillia| unter dem Titel „Schadowfall“ heraus. Schon zwei Monate später erschien das Buch auch auf Deutsch. Der Autor arbeitet unterdessen an der Fortsetzung „Hinterland“, die nächstes Jahr erscheinen soll.

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Clemens, James – Buch der Prophezeiung, Das (Alasea / Banned and the Banished 4)

Band 1: [Das Buch des Feuers 969
Band 2: [Das Buch des Sturms 996
Band 3: [Das Buch der Rache 1007

Elena und ihre Gefährten haben den Krieg um A’loatal gewonnen und das Buch des Blutes errungen. Aber jetzt scheint die Situation plötzlich festgefahren! Seit Wochen sitzen die Verbündeten im Thronsaal herum und streiten sich über das weitere Vorgehen. Schließlich platzt Elena der Kragen, sie würgt die Beratung ab und stellt ein Ultimatum: Bis morgen wird sie über das weitere Vorgehen entschieden haben. Wem das nicht passt, der braucht zur nächsten Beratung gar nicht zu erscheinen!

Dabei ist sie selbst noch gar nicht sicher, was sie tun soll. Da erreichen sie zwei Hilferufe. Einen überbringt ein Zo’ol-Schamane, einen Merik, der Ni’lahns Laute hütet. Ein Blick in das Buch des Blutes gibt den Ausschlag: Die Wehrtore, Skulpuren der mythischen Tiere Greif, Mantikor, Basilisk und Wyvern, mit dem heiligen Hammer der Zwerge aus Schwarzstein gehauen, müssen zerstört werden! Ein schier hoffnungsloses Unterfangen, aber was bleibt ihnen übrig?

Der Wyvern floh während der Schlacht um A’loatal mit dem Dunkelmagier Schorkan nach Schwarzhall, dem Sitz des dunklen Herrschers, und ist damit unerreichbar. Die drei anderen Tore müssen zuerst gefunden werden. Also machen sich drei Gruppen auf den Weg:
Die erste, bestehend aus Merik und dem Zo’ol-Schamanen auf einem Windschiff der El’ven, folgt Mikela und ihrer Truppe zum Nordwall, um ihnen zu Hilfe zu eilen. Denn dort wurde ein Greif gesichtet …
Die zweite Gruppe, bestehend aus Joach, Kast und Saag’wan, folgt einer jungen Frau namens Kesla auf einem weiteren Windschiff in die südlichen Ödlande. Denn Kesla hat um Hilfe gebeten. Sie erzählt von einem schwarzen Basilisken, der monatlich einen Tribut von dreißig Kinder fordere!
Die dritte Gruppe, bestehend aus Elena, Er’ril, Mama Freda und einer Gruppe Zwerge, folgt Tol’chuk nach Gul’gotha. Tol’chuk soll nach Anweisung der Seelen den Herzstein dorthin bringen, wo er gebrochen wurde. Elena hofft, dort auch die Skulptur des Mantikor zu finden. Um die junge Frau, in der das Blut ihres verlorenen Königs fließt, nicht aus den Augen lassen zu müssen, besteht die El’ven-Königin Tratal darauf, dass Elena auf ihrem Windschiff reist.

Während die drei Gruppen sich auf den Weg machen, braut sich an anderer Stelle neues Unheil zusammen. Und als ob die Suche nicht schon gefahrvoll genug wäre, wird der Zusammenhalt der Gefährten auch noch durch Egoismus und Ignoranz aufs Glatteis geführt …

Allmählich macht es sich bemerkbar, dass der Zyklus sich seinem Ende nähert. Im Verhältnis zu den neu aufgeworfenen Fragen sind die erhaltenen Antworten eindeutig in der Überzahl. So erfährt der Leser endlich, wo sich Ni’lahns alte Heimat Lok’ai’hera befand, was es mit den Wehrtoren auf sich hat und wo Chi, die alte Magie Alaseas, sich befindet. Die diversen Prophezeiungen, die gelegentlich am Rande erwähnt wurden, werden gedeutet. Und außerdem erfährt der Leser auch ein paar Antworten, zu denen er sich bisher noch gar keine Fragen gestellt hat.

Die Antworten auf die entscheidenden Fragen hat sich der Autor natürlich für den letzten Band aufgehoben: Was wird aus Joach? Was aus den Si’lura-Zwillingen? Natürlich auch: Was wird aus Elena? Und vor allem: Wer ist der dunkle Herrscher? Nach den Andeutungen, die bisher gefallen sind, wird vor allem die letzte Antwort immer interessanter. Im Hinblick auf die vorletzte stellt sich die Frage, ob der Autor seine Geschichte tatsächlich mit einem Scheitern Elenas enden lassen wird.

Unwahrscheinlich, denn obwohl der Mann mit seinen Protagonisten um einiges rüder umspringt als mancher seiner Kollegen, ist er immer noch Amerikaner, und die Amerikaner scheinen irgendwie immer ein Happyend zu brauchen. In diesem Falle müsste allerdings noch ein Weg gefunden werden, um das Ende der Geschichte mit dem Rahmen des Buches in Einklang zu bringen, in dem Elena als bösartig und der Erzähler ihrer Geschichte als Irrer dargestellt wird. Man darf gespannt sein.

Und das ist gut so. Auf die bisherige Vorgehensweise, am Ende des Bandes schon die Bedrohungen im nächsten anzudeuten, hat der Autor diesmal nämlich verzichtet. Jemand, dem der Zyklus allmählich doch etwas lang wird, könnte jetzt am ehesten in Versuchung geraten aufzuhören. Der Spannungsbogen ist nicht annähernd so straff gespannt wie bei seinen Vorgängern, vor allem dem zweiten Band. Zwar hat jede Gruppe mit ihren eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen, allerdings sind es diesmal keine übermächtigen oder besonders zähen, hartnäckigen Gegner, sondern eher lauter kleine Widrigkeiten, die war aufhalten, aber doch alle verhältnismäßig schnell überwunden sind. Das ganze wirkt ein wenig wie ein Hindernisrennen.
Auch kappt der Autor diesmal die Erzählstränge der einzelnen Gruppen nicht unbedingt an einem Punkt, an dem man unbedingt wissen will, wie es jetzt weitergeht. Das nimmt ebenfalls einiges von der Spannung raus, die bei den Vorgängerbänden noch vorhanden war.

Wie es bei vorletzten Bänden oft der Fall ist, scheint auch hier ein gewisses Innehalten gegeben zu sein, ein Atemholen für den Endspurt sozusagen. Fäden müssen zusammengeführt und auf das Ende hin gebündelt, Personen entsprechend gruppiert und die Ausganssituation für den letzten Kampf vorbereitet werden. Je länger der Zyklus, desto schwieriger wird es, alle Details bis zum letzten Band aufzuheben und dann den angesammelten Knoten auf einen Schlag aufzulösen. Eine gewisse Windstille ist einfach notwendig.

Insofern mangelt es vielen vorletzten Bänden ein wenig an Eigenständigkeit, auch diesem vierten Band von |Banned and the Banished|. Er zieht sich manchmal ein wenig, was gerade im Vergleich zu dem atemlosen Tempo der Vorgänger stark auffällt. Dennoch bietet er ein paar interessante Wendungen, und die gebotenen Antworten fügen sich lückenlos in das Puzzle, das der Autor aufgebaut hat. Allein einen kleinen Logikfehler hab ich gefunden: Kral tut sich bei seinem Kampf gegen die Besatzer seiner Heimatburg ein wenig zu leicht damit, mehrmals seine Gestalt zu wechseln, wenn man bedenkt, dass kurz vorher erklärt wurde, eine Gestaltwandlung koste viel Kraft, und zwei an einem Tag ließen bereits nicht mehr genug für eine dritte übrig! Ein relativ kleiner Fehler und im Hinblick auf die Gesamtheit der bisherigen weit über 2.000 Seiten nicht wirklich gravierend.

Auch diesmal hat sich die Übersetzerin wieder eine gewisse Freiheit beim Buchtitel erlaubt. Der Originaltitel „Wit’ch Gate“ wurde diesmal mit „Buch der Prophezeiung“ übersetzt, obwohl die Prophezeiungen in diesem Band nur wenig mehr Raum einnehmen als die Rache im dritten Teil, wohingegen die Wehrtore das alles beherrschende Thema darstellen. Vielleicht kann mir irgendwann mal jemand erklären, was gegen eine originalgetreue Übersetzung von Buchtiteln spricht. Auch hier hatte sich der Autor bei der Namensgebung seines Buches durchaus etwas gedacht!

James Clemens ist gebürtiger Amerikaner, wuchs aber in Kanada auf. Er studierte Veterinärmedizin und eröffnete schließlich eine Praxis in Kalifornien. 1998 erschien der erste Band des Zyklus |Banned and the Banished| unter dem Titel „Wit’ch Fire“. In der deutschen Übersetzung wurde daraus „Das Buch des Feuers“. Die übrigen Bände folgten, jedes Jahr einer. Nach einer längeren Pause kam im Juli dieses Jahres der erste Band des neuen Zyklus |Godslayer Chronicles| heraus unter dem Titel „Shadowfall“. Die deutsche Übersetzung erschien im September unter dem Titel „Schattenritter“.

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Lukianenko, Sergej – Wächter der Nacht (Nochnoi Dozor)

Wieder einmal gerät ein Buch in die Schlagzeilen, das laut einigen Kritikern besser und spannender sein soll als „Der Herr der Ringe“ oder „Harry Potter“, doch den Vergleich gegen das große Werk von J.R.R. Tolkien haben vor Sergej Lukianenkos „Wächter der Nacht“ schon andere Bücher verloren. In Russland allerdings ist Lukianenkos Trilogie tatsächlich erfolgreicher als das meistverkaufte Fantasybuch, und auch der zugehörige [Film]http://www.waechter-der-nacht.de schlägt dort alle Rekorde. Inwiefern dieser Vergleich zwischen den verschiedenen Fantasybüchern überhaupt gerechtfertigt ist, wollen wir uns nun ansehen.

_Lichtgestalten_

In Moskau leben die Lichten und die Dunklen in einem wackligen Waffenstillstand, die Lichten sorgen als Wächter der Nacht in den dunklen Stunden für Ordnung, während die Dunklen tagsüber die Wache übernehmen. Anton arbeitet als lichter Magier bei der Nachtwache und muss eines Nachts beobachten, wie eine Vampirin den 12-jährigen Jegor anlockt, um dessen Blut zu trinken. Doch dies ist verboten, und so kann Anton gerade noch rechtzeitig einschreiten, doch sowohl der Junge als auch die Vampirin können fliehen. Viel beunruhigender sind allerdings andere Ereignisse: Auf seiner nächtlichen Runde hat Anton in der U-Bahn eine Frau beobachtet, die einen bedrohlichen schwarzen Wirbel über ihrem Kopf schweben hat. Im Grunde genommen sind solche Wirbel alltäglich und werden durch Flüche hervorgerufen. Die verfluchte Person wird nun einige Unglücke zu verkraften haben, doch der besagte Wirbel über dem Kopf der unbekannten Frau ist anders. Anton schafft es nicht, ihn aufzulösen, der Wirbel nimmt eher noch dramatischere Ausmaße an.

Antons Chef beschließt daraufhin, den schwarzen Wirbel von seiner Nachtwache aufhalten zu lassen, muss aber zusehen, wie dieser größer und größer wird und schließlich eine Höhe von über dreißig Metern annimmt. Dies würde eine Katastrophe bedeuten, die große Teile von Moskau zerstören und viele Menschenleben kosten würde. Schließlich kommt es zum Showdown, bei dem Anton eine große Rolle spielen wird.

_Der neue Tolkien?_

Vergleiche mit J.R.R. Tolkien versprechen immer einen Anstieg der Verkaufszahlen, auch wenn sie in den seltensten Fällen angebracht sind. Lukianenko schreibt zwar ebenfalls im Fantasygenre wie sein berühmter Vorgänger, doch da hören die Ähnlichkeiten fast schon auf. Während Tolkien mit Mittelerde eine ganz eigene Welt entworfen und seinen Elben sogar eine eigene Sprache verpasst hat, greift Lukianenko auf das bekannte und existente Moskau zurück und lässt dort lediglich die Anderen auf den Plan treten. Die Anderen sind Lichte oder Dunkle mit magischen Fähigkeiten, die zwar auf unterschiedlichen Seiten des Rechts kämpfen, doch beide ihre Schattenseiten haben. Das Zwielicht – die Schattenwelt – ist das Reich, in dem sie sich bewegen und wo sie unbeobachtet durch normale Menschen bleiben können. Lukianenko greift also auf das bekannte Erfolgsmuster zurück, nämlich auf den Kampf zwischen Gut und Böse, wobei allerdings die Grenzen in diesem Fall stark verwaschen sind. In „Wächter der Nacht“ haben auch die Lichten ihre dunklen Seiten. So intrigiert sogar der Chef der Nachtwache gegen seine eigenen Wächter. Und auch Anton tut nicht nur Gutes. Um an eigene Kraft zu gelangen, muss er Menschen ihre Freude nehmen. Bei Sergej Lukianenko gibt es erfreulicherweise also keine Schwarzweiß-Zeichnungen, auch wenn die Sympathien dennoch klar verteilt sind. Die gesamte Geschichte ist nämlich aus Antons Sicht erzählt, sodass er der Sympathieträger schlechthin ist.

„Wächter der Nacht“ hat weder mit dem „Herr der Ringe“ noch mit „Harry Potter“ viel gemeinsam, daher erscheint dieser Vergleich weit hergeholt. Dennoch muss sich Lukianenko nicht verstecken, sein Buch weiß zu unterhalten und präsentiert uns eine spannende Welt jenseits der uns bereits bekannten. Der unsichere Waffenstillstand zwischen Licht und Dunkel birgt genug Lesestoff für den langen ersten Teil der Trilogie, es werden uns insgesamt drei Episoden erzählt, in denen stets Anton, Swetlana – die Frau mit dem schwarzen Wirbel – und der kleine Jegor im Mittelpunkt des Geschehens stehen. Welche Rolle diese drei Figuren im Gesamtkontext einnehmen, erahnen wir dabei erst nach und nach. Lukianenko versteht es gekonnt, uns zunächst im Dunkeln zu lassen und einige falsche Fährten auszulegen.

Die Welt, die Sergej Lukianenko uns präsentiert, ist düster und erscheint nahezu hoffnungslos. Wenn sich schon die Lichten und die Dunklen gegenseitig bekriegen, obwohl sie doch den Frieden bewahren sollen, wie soll es dann weitergehen? Viele Szenen spielen sich nachts ab, wenn die Wächter der Nacht ihren Dienst antreten – solcherart zeichnet Lukianenko ein bedrohliches und furchteinflößendes Bild Moskaus. „Wächter der Nacht“ kommt ganz ohne friedliche Oasen im Sinne des Auenlandes aus und auch märchenhafte Figuren wie die Elben fehlen völlig. Das vorliegende Buch wirkt dadurch auf der einen Seite realistischer, auf der anderen Seite fehlt ihm aber ein wenig vom magischen Glanz eines „Herr der Ringe“. Dennoch halte ich beide Bücher weiterhin für nicht miteinander vergleichbar, beide stehen nicht in Konkurrenz zueinander, da sie sich stark voneinander unterschieden und Lukianenko seine ganz eigene Fangemeinde um sich scharen wird.

_Einsamer Held_

Der erste Teil der Trilogie um die Anderen in Moskau ist aus Sicht Antons geschrieben, der seinen Dienst bei der Nachtwache angetreten hat, aber gleich vor große Aufgaben gestellt wird. Seine magischen Fähigkeiten sind zwar schon gut entwickelt, doch kann sein Chef bereits sehen, dass Anton nie über den zweiten Grad hinauskommen wird, die Laufbahn eines großen Magiers ist Anton also verwehrt. Trotzdem wird er mit wichtigen Aufgaben betraut, die die Zukunft der Lichten beeinflussen werden. Wir begleiten Anton dabei stets auf seinen Wegen, erfahren aber nicht alle seine Pläne. In der dritten Episode erfährt er Dinge über das Schicksalsbuch, die er uns vorenthält, und auch über sein Vorhaben lässt er uns im Dunkeln. So lernen wir Anton zwar kennen und freunden uns mit ihm an, eine gewisse Distanz wird dabei aber nie überbrückt. Nichtsdestotrotz mag ich mir gar nicht vorstellen, dass die nächsten beiden Teile der Trilogie vielleicht nicht mehr aus seiner Sicht erzählt sein könnten, denn dann würde mir definitiv etwas fehlen. Gerade durch seine kleinen Fehler und Eigenarten wirkt Anton authentisch und sympathisch. Manchmal ist er ein Einzelkämpfer, obwohl es neben ihm doch viel mächtigere Magier gibt. Dennoch versucht Anton manchmal das Unmögliche, hat dabei aber stets das Gute im Blick und möchte ebensolches bewirken.

Neben Anton spielen Jegor und Swetlana eine wichtige Rolle, doch tauchen sie in diesem Band noch nicht so häufig auf, werden aber sicherlich in den Folgebüchern noch größeres Gewicht erhalten. Sowohl Swetlana als auch Jegor bleiben für uns undurchsichtig, auch wenn Teile ihrer Zukunft deutlich dargelegt werden. Aber es scheint, als habe sich ihr Schicksal noch nicht entschieden, und so dürfen wir gespannt sein, wie sich Swetlana und Jegor in der Trilogie weiterentwickeln. Zumindest eines ist klar: Auch sie erhalten einen Teil der Lesersympathien, auch wenn sie uns lediglich aus Antons Sicht geschildert werden und wir die beiden daher nicht gut genug kennen lernen.

_Mehr davon_

„Wächter der Nacht“ ist der Auftakt zu einer Trilogie, die sich dem Schattenreich Moskaus widmet und bereits viele Fragen aufwirft. Das Buch ist zwar in sich abgeschlossen, dennoch erklärt es am Ende nicht alles und lässt uns mit einigen Spekulationen zurück. Schon jetzt dürfte daher die Ungeduld der Leser auf die zu erwartende Fortsetzung groß sein. Sprachlich bedient Sergej Lukianenko sich einfacher Mittel, schmückt aber mit ausführlichen Beschreibungen und fantastischen Details seine Geschichte aus. Man merkt dem Text an, dass kein wortverliebter Literaturprofessor am Werke war, sondern ein kreativer Autor, der seine Leser dennoch zu fesseln weiß und an einigen Stellen viel Sinn für Humor beweist. Das Buch zu lesen, bereitet viel Freude, da man sich in einer ganz fremden Welt verlieren kann, außerdem macht es neugierig auf die Fortsetzung, die hoffentlich bald in deutscher Sprache erscheinen wird.

|Siehe ergänzend hierzu auch die [Rezension 1828 von Dr. Michael Drewniok.|

Banker, Ashok K. – Dämonen von Chitrakut, Die (Ramayana 3)

Für Rama könnte es jetzt so einfach sein. Sein größter Feinde Ravana lebt zwar noch, doch der Asuraherrscher Lankas liegt im Koma, seine Dämonen bekriegen sich gegenseitig und rotten sich dabei fast aus. Dasaratha, Ramas Vater, scheint es wenig besser zu gehen, und Sita, die tapfere Prinzessin aus Mithila, ist jetzt seine Frau.

Doch kaum ist er wieder zu Hause, gehen die Probleme los. Während des Willkommens-Rituals für die jungen Bräute stört Kaikeyi die Riten und besteht darauf, dass diese wiederholt werden – für die Paare ein Unglücksomen. Dasaratha hat einen Rückfall, von dem er sich kaum erholen kann. Und dann taucht Kaikeyi wieder auf und bittet den Maharadscha um die Einlösung eines alten Versprechens.

Was sie verlangt, bricht Dasarathas Widerstand vollkommen: Bharat, ihr Sohn, soll Thronfolger werden und Rama in die Verbannung in den gefürchteten Dämonenwald gehen. Dasaratha aber hat keine andere Wahl, als ihr ihre Wünsche zu erfüllen, nicht ahnend, dass die Hexe Manthara Macht über seine zweite Königin ausübt.

Rama geht klaglos in die Verbannung, Sita und Laksman folgen ihm unaufgefordert. Dasaratha stirbt noch am gleichen Abend, und der Weg für die Dämonen wäre jetzt frei, gäbe es da nicht auch noch Bharat …

Was Banker da vollbringt, grenzt ans Unmögliche. Und doch gelingt es ihm mit jedem Buch, die faszinierende Welt des alten Indien farbenprächtig und in neuer Sprache zu erzählen, ohne dass etwas verloren ginge. Eine Leistung, die ihn, und diesen Vergleich treffe ich wirklich nicht oft und schon gar nicht leichtfertig, fast auf eine Stufe mit Tolkiens Mittelerde stellt.

Natürlich gilt nach wie vor: Wer einfach gestrickte Fantasy ohne ein bisschen Kopfarbeit sucht, dem wird das Ramayana sicher nicht in die Hände fallen. Diese Fantasy geht weit über das übliche Spektrum dessen hinaus, was die großen Verlage bieten. Offensichtlich traut man entweder der Zielgruppe mehr zu oder man will endlich doch mal die Leser ansprechen, die aus dem Konzept herausfallen, das die großen Verlage ansonsten nach Schema F (mit kleinen und seltenen Ausnahmen, die aber umso wertvoller sind) verlegen. Ich wünschte mir wirklich, dass es dem Ramayana gelänge, ähnlich wie dem „Herrn der Ringe“, den Weg hinaus aus der „Schmuddelecke Fantasy“ zu schaffen und dadurch auch dafür zu sorgen, ein ganzes Genre „gesellschaftsfähiger“ zu machen.

Im dritten Band des Zyklus lässt Banker es diesmal, ganz nach der Vorlage, ein wenig ruhiger angehen, wenn auch der erste Teil sehr rasant wirkt und die Handlung sich zu überschlagen scheint. Aber spätestens, wenn Rama wirklich loszieht in die Verbannung, nimmt der Autor sich mehr Zeit dafür, die Umgebung zu schildern, die Hindernisse, die den jungen Prinzen auf seinem Weg erwarten. Ebenso hervorragend gelungen sind die verschiedenen Charakterstudien der drei Hauptprotagonisten Rama, Sita und Laksman. Vor allem der Unterschied zwischen den beiden Brüdern tritt im Verlauf der Handlung immer klarer zu Tage, etwas, was mir im Original nicht so ins Auge gefallen ist.

Aber trotz der augenscheinlichen Ruhe gärt es weiter. Kaum wagt man als Leser, das Buch aus der Hand zu legen. Denn früh ist klar: Was auch immer Rama und seine Gefährten in den vierzehn Jahren ihrer Verbannung erwarten mag, es wird nicht sonderlich angenehm und sicherlich spannend. Da stört es auch nicht, dass der Titelheld sich von Kampf und Waffen abwenden will. Man spürt, es kommt noch etwas hinterher.

Und tatsächlich taucht eine schon vertraute Gestalt aus dem ersten Buch wieder auf. Doch seinerzeit noch im Auftrag Ravanas als Spionin unterwegs, ist sie jetzt in eigener Sache aktiv. Und wie eine echte Rakshasa würde sie dafür sogar über Leichen gehen.

Der Cliffhanger, den Banker diesmal einbaut, tötet mir jetzt schon den letzten Nerv, denn das vierte Buch ist noch gar nicht angekündigt. Und gerade hier und jetzt wäre es beinahe lebenswichtig – so scheint es zumindest – zu wissen, wie es denn nun weitergeht und ob die drei Gefährten überleben. Aber jetzt ist das lange Warten auf den vierten Band angesagt, oder die entsprechende Lektüre des „alten“ Ramayanas.

Mein Fazit ist auch hier wieder: Außergewöhnliche Fantasy, außergewöhnliche Geschichte, außergewöhnliche Bilder. Ein außergewöhnliches Buch, das aber keine leichte Kost ist. Dennoch lohnt es sich auf jeden Fall. LESEN!

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Radford, Irene – Glasdrache, Der (Der Drachen-Nimbus 1)

Bei |Bastei Lübbe| erscheint dieser Tage eine neue Trilogie der jungen Autorin Irene Radford, die sich des nicht gerade sonderlich originellen Themengebietes der Drachen-Fantasy angenommen hat, diesen Schwerpunkt aber von einer wiederum eher ungewöhnlichen Seite angegangen ist und somit, das kann ich vorab schon einmal zum ersten Part des dreiteiligen „Drachen-Nimbus“ sagen, eine recht interessante Story zusammengebastelt hat, bei der es lediglich an der etwas komplizierten stilistischen Herangehensweise der Autorin ein wenig hakelt.

_Story:_

Seit vielen Jahrhunderten hat man in Coronnan Zugriff auf die Kunst der Magie, die einst von Drachen erschaffen wurde und heute von einer erlesenen Schar von Magiern aus diesem Drachen-Nimbus entzogen werden kann. Dabei haben die Drachen jedoch auch einen Eid geleistet, demzufolge die Magie niemals missbraucht und nur zum Besten des Landes eingesetzt werden darf. Auch die Königsfamilie von Coronnan ist eng an die heimischen Drachen gebunden, so dass sich selbst ihr Wohlbefinden an dem der Drachen orientiert.

Doch in letzter Zeit haben sich Dinge in Bewegung gesetzt, die zur Folge hatten, dass der Status der Drachen rapide gesunken ist und man viele ihrer Art getötet hat. Nur noch ein einziges Weibchen hat dieses Massaker überlebt und ist die einzige Hoffnung der Königsfamilie von Coronnan, weil von ihr die Fortpflanzung einer ganzen Gattung abhängt. Irgendjemand aus dem Bund der Magier von Coronnan muss seine Kräfte und die Magie für seine Zwecke genutzt und somit den Eid missachtet haben, so dass selbst die undurchdringliche Barriere des Landes nicht mehr länger standhalten konnte.

Außerhalb der Grenzen sammeln sich bereits einzelne Feinde, um die aktuelle Schwäche von Coronnan und dessen Herrscherfamilie zu nutzen. Die Kommune der Magier wehrt sich gegen diesen Zustand und entsendet einzelne Lehrlinge, um herauszufinden, was sich im Königreich abspielt. Einer von ihnen ist Jaylor, der die Wichtigkeit seiner Mission anfangs noch gar nicht richtig einschätzen kann; er glaubt sogar daran, dass sein Vorgesetzter Baamin ihn auf eine Prüfung geschickt hat. In dem Moment aber, in dem er zum ersten Mal mit der düsteren Magie Bekanntschaft macht, versteht Jaylor, welche Bedrohung tatsächlich auf Coronnan lastet. Als er anschließend auf die Hexe Brevelan trifft und mit ihr in Harmonie im Wald lebt, erfährt er von weiteren Schicksalen aus dem direkten Umfeld der Königsfamilie und begibt sich zusammen mit ihr und ihrem Schoßtier, dem Wolf Brevelan, auf den Weg zur Drachin Shayla, um sie zu schützen. Doch das Team kommt zu spät und muss schnell realisieren, dass ihnen nur noch sehr wenig Zeit bleibt, um den Fortbestand der Drachen und damit auch des Königshauses von Coronnan zu sichern …

_Bewertung:_

Inhaltlich hat der erste Teil des „Drachen-Nimbus“ zweifellos eine Menge zu bieten, auch wenn viele Stilelemente auf verwandten Fantasy-Geschichten basieren. Sprechende Tiere, wundersame Kräuter und an Magie gebundene Drachen sind jedenfalls nichts Neues und werden von Irene Radford auch sehr zweckdienlich und intelligent eingesetzt. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite steht jedoch eine sehr konfuse Erzählweise, die einen besonders auf den ersten 150 Seiten kaum durchblicken lässt, was denn nun gerade wirklich vor sich geht bzw. welche Parts der Erzählung jetzt tatsächlich wichtig sind. Vor allem die Charakterisierung des stets unsicheren und mit sich selbst hadernden Jaylor hätte in dieser Ausführlichkeit gar nicht sein müssen und führt zu ersten Längen direkt zu Beginn. Stattdessen hat Radford die für den Hintergrund der Geschehnisse unheimlich wichtige Vorgeschichte der Hexe Brevelan ziemlich unzufrieden stellend hervorgehoben und sie auch nur sehr oberflächlich erzählt; man könnte also sagen, dass die Autorin erst einmal gar nicht zu wissen scheint, wo sie nun Prioritäten setzen soll.

Nach der unnötig komplexen und verwirrenden Einleitung findet Radford aber irgendwann doch zur eigentlichen Handlung und beginnt von da an auch, die ganze Sachen spannend zu gestalten. Erst dort gelingt es ihr auch, die verschiedenen Stränge aus Coronnan, dem Umfeld von Jaylor und Brevelan sowie aus dem Sektor des unheimlichen Magiers passend und schlüsig miteinander zu verknüpfen, ohne dass man wieder den Faden verliert. Auch die zwischendurch schon mal angeführten Berichte in Form einer Ich-Erzählung von Seiten eines bis dato mysteriösen Charakters gliedern sich sehr schön in die eigentliche Geschichte ein, werfen Fragen auf und tragen zur wachsenden Spannung bei. Dieser Teil ist der Autorin wirklich gut gelungen. Schade ist lediglich, dass die Geheimniskrämerei mancherorts mit einem Schlag aufgelöst wird, so zum Beispiel in den gar nicht so versteckten Andeutungen in Bezug auf Brevelans Hauswolf Darville. Radford hätte an so einigen Stellen die Spannung noch durchaus weiter hinauszögern können, und komischerweise ist das gerade in den Abschnitten anzuprangern, in denen die Beschreibungen nicht mehr ganz so konfus geraten sind.

Wie auch immer; hat man sich durch die knapp 450 Seiten gekämpft, ist man letztlich dennoch zufrieden und gespannt auf die Fortsetzung, denn sobald man einmal in der Story drin ist, gefällt diese auch. Das Problem ist nur, dass man das halbe Buch schon gelesen hat, bis es endlich klick! macht und man diesen Zustand erreicht hat. Nun ja, zumindest kann einem das dann bei den Fortsetzungen in dieser Form nicht mehr passieren … Man darf jedenfalls gespannt sein, was aus Jaylor, Brevelan und der Drachin Shayla werden wird!

Pfanner, Thomas – T 73: Das KrogiTec-Komplott

In seinem neuen Buch „T 73: Das KrogiTec-Komplott“ zeichnet Thomas Pfanner die gar nicht mal so unrealistische Zukunftsversion einer Welt, die von einer Handvoll globalisierter Mega-Konzerne beherrscht wird, und in der die Werte des einzelnen Menschen vollständig unter den Tisch gekehrt werden. Idealismus und Demokratie sind dieser Welt fern, auch wenn einige wenige sich immer noch für die scheinbar veralteten Normen einsetzen: Gegen das allmächtige Herrscher-Monpol sind die Bewohner machtlos und fügen sich dementsprechend dem ungerechten System, ohne sich dabei irgendwie aufzuraffen, um den illegalen Machenschaften Paroli zu bieten.

Man könnte das Buch jetzt entfernt eine politische Satire nennen, denn die einzelnen Extreme werden von Pfanner schon mit einem Schmunzeln im Hintergrund dargestellt, aber wenn man mal ehrlich ist, dann kann man gar nicht verleugnen, dass trotz so mancher überspitzter Versinnbildlichung ein kleines Fünkchen Realismus mit in die Geschichte einfließt und die Entwicklung im Zuge der Globalisierung mit einigen Vorstellungen, die in diesem Roman beschrieben werden, durchaus konform geht. Davon mal abgesehen, ist „T 73: Das KrogiTec-Komplott“ aber auch eine kurze und spannende Unterhaltungsbroschüre, die einen gedanklich mal wieder wachrüttelt …

_Story:_

Die Welt in zwanzig Jahren: Einige wenige globalisierte Mega-Konzerne vereinigen alle denkbaren illegalen und legalen Geschäfte auf sich, opfern Wohlstand, Gesundheit und Sicherheit der Menschheit ihrem Profitstreben unter und entmachten die staatlichen Behörden. Diesen bleibt nur noch die Möglichkeit, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben – und dieser heißt in diesem Falle T 73, eine von der UNO beauftragte Firma, die mit ähnlich skrupellosen Mitteln wie die aktuellen Machthaber gegen die Konzerne vorgeht und die Zivilisation wieder retten soll. Dort arbeiten auch so zwielichtige Gestalten wie Drusus Uslar und Saskia Johimbe, gefühlskalte Atheisten und unberechenbare Killer, die unter den Konzernen Angst und Schrecken verbreiten. Während der Erste einfach nur durch seinen generellen Menschenhass abschreckt, ist sein weibliches Pendant vor allem bei der Art der Verbrechen im Sinne der Gerechtigkeit unglaublich brutal. Selbst beim Liebesspiel mit einem ihrer Feinde vergisst sie jegliche Moral und bringt ihren zeitweiligen Gefährten um.

Dies ist auch dem Führer des Mega-Konzerns KrogiTec bekannt, der seinerseits versucht, die Konkurrenz auszubooten und die Weltherrschaft an sich zu reißen. Dazu hat er sich mehrere Mittel ausgesucht: Zunächst erfindet (!) er einen Wissenschaftler, dann geht er ein Bündnis mit den übelsten Terroristen ein, und schließlich kümmert er sich um die Ausradierung von T 73. Aber die Sache ist nicht so einfach, wie der Mann sich das vorstellt …

Deutschland in Endzeitstimmung, mit dieser symbolischen Darstellung erzielt Thomas Pfanner in diesem Buch eine wirklich abschreckende Wirkung. Das vorgelegte Erzähltempo – Pfanner geht von Anfang an aufs Ganze – unterstützt diese bedrohliche Atmosphäre, die sich durch den gesamten Roman zieht, und spiegelt auch die sehr direkte und unverfälschte Erzählweise des Autors wider. Hier wird schonungslos aufgedeckt und erklärt, und irgendwie gelingt es Pfanner auch immer wieder, für diesen oder jenen Missstand eine angebrachte Erklärung zu finden und herzuleiten, was wann wo schief gelaufen ist.

„T 73: Das KrogiTec-Komplott“ ist zweifellos ein starkes Stück Gesellschaftskritik, gefüllt mit einer Menge Sarkasmus und inszeniert in einem radikalen Rundumschlag, bei dem jede Organisation und Volksgruppierung ihr Fett weg bekommt, seien es nun Politiker, Gangster oder doch die im Mittelpunkt der Anklage stehenden Konzerne. Teilweise wird Pfanner bei seinen Darstellungen auch richtig bösartig, schießt aber nie über das Ziel hinaus, sondern bedient sich lediglich seiner arg zynischen Stilelemente, mit denen er das Buch auf jeder der 218 Seiten schmückt. Geschrieben und erzählt ist die Geschichte dementsprechend auch sehr originell, denn hier wird nicht einfach nur plump gegen jeden, der Angriffsfläche bietet, geschossen. Der Autor hat die Sache sehr intelligent verpackt und bietet trotz der oberflächlich erscheinenden Storyline eine Menge Tiefgang zwischen den Zeilen.

Schade finde ich nur, dass er sich diese Besonderheit durch die arg zweifelhafte Umgangsweise der beiden Hauptcharaktere miteinander zerstört. Wie in einem schlechten Krimi machen sich die beiden Ermittler immer wieder von der Seite an und entwickeln dabei eine Hassliebe, ohne die ihre Zusammenarbeit aber auch nicht funktionieren würde. Im Grunde genommen ist die Idee ja gar nicht so schlecht, die Umsetzung in Form von einigen gegeneinander ausgeteilten Breitseiten aber eher mangelhaft und der einzige Schwachpunkt des Buches.

Ansonsten gibt es aber nichts auszusetzen: eine Welt, in der Verbrechen von Verbrechern bekämpft wird, illegale Machenschaften durch Morde gerade gerückt werden und kein Teil der Gesellschaft sich mehr sicher fühlen kann, all das beschreibt Thomas Pfanner in diesem Buch – und spannt den Bogen beim überraschenden Ende bis zur Schöpfungsgeschichte; aber hierzu möchte ich jetzt nicht mehr verraten. Besorgt euch dieses Buch, es lohnt sich, auch wenn das Cover eher schlicht und uninteressant wirkt!

Heitz, Markus – Trügerischer Friede (Ulldart – Zeit des Neuen 1)

Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass Markus Heitz in den letzten Jahren der Shooting-Star der deutschen Fantasy gewesen ist. Er schrieb sich mit seinem Ulldart-Zyklus und den Abenteuern um „Die Zwerge“ in das Herz seiner Leser.
So sind Fortsetzungen einfach ein Muss. Nicht nur der dritte Band seiner „Zwergen“-Saga wird im Winter 2005 erscheinen, nun liegt auch der Auftakt seiner Fortsetzung der „Ulldart“-Saga vor.

Die Handlung des Buches beginnt nur wenige Wochen nach den in die „Quellen des Bösen“ geschilderten Ereignissen. Mortva Nesreca und Govan konnten besiegt, die Rückkehr des finsteren Gottes Tzulan verhindert werden. Die Völker Ulldarts sind wieder frei von der Knute der tarpolschen Dynastie und kehren in ihr gewohntes Leben zurück. Wo Städte und Länder in Trümmern liegen, beginnen die Menschen den Wiederaufbau.

Diejenigen, die sie knechteten, sind verschwunden oder tot, die neuen Herrscher versprechen eine Zeit des Friedens, der Freiheit und des Glücks. Alles Dunkle scheint vertrieben zu sein und ein neuer Friede die Hoffnung der Menschen zu schüren.

Selbst Lodrik, der das ganze Unheil verursachte und sich am Ende auf die Seite der Befreier stellte, ist nur noch ein blasser Schatten, der sich immer tiefer in die Welt der Toten verliert und von seiner Leidenschaft zur Nekromantie gefangen nehmen lässt. So gut er kann, unterstützt er seine Frau Norina, die die Herrschaft über Tarpol übernommen hat, und beobachtet wohlwollend seine Söhne, die auf Ulldart geblieben sind, der eine als Prinz, der andere als Ritter im Orden der Schwerter. Nur sein Liebling, Lorin, ist auf den Kontinent zurückgekehrt, auf dem er aufwuchs, um sich dort um die Probleme zu kümmern, die er zurückgelassen hatte.

Doch der Friede ist trügerisch.

Einerseits gibt es noch immer Kämpfe mit den menschlichen Dienern Tzulans zu Land und zu Wasser, andererseits sind noch längst nicht alle Spuren der dunklen Herrschaft geborgen und vernichtet worden. Finsteren Artefakten und Monstern müssen sich die Helden in tapferen Kämpfen stellen. Doch das sind nur die offensichtlichen Gefahren.

Im Verborgenen arbeitet Aljascha an ihrer Rache an Lodrik und versucht sich neue Macht zu schaffen. Sie ist nicht allein. An ihrer Seite wächst rasend schnell der von Mortva Nesreca gezeugte Sohn heran und zeigt vielversprechende Anlagen. Bald schon muss Lodrik erkennen, dass er nicht der Einzige ist, der sich auf Totenmagie versteht und seine Ränke in den Schatten spinnt. Er hat eine ernst zu nehmende Gegnerin bekommen, die mehr weiß als er. Nicht zuletzt tauchen Fremde auf, die die Kensustrianer als Verräter bezeichnen und ihre Auslöschung fordern. Die dunkle Zeit ist also noch nicht vorüber …

Ohne seinen Helden Ruhe zu gönnen, setzt Markus Heitz die Abenteuer auf Ulldart so logisch fort, wie man es erwarten konnte. Weder die Schatten Tzulans noch die überlebenden Gegenspieler haben aufgegeben, und um das alles noch ein wenig zu würzen und den Kämpfen wieder eine größere Dimension zu verleihen, gibt es zum Ende des Buches hin noch eine weitere Gefahr, die vom Meer heraufzieht und für einigen Ärger sorgen wird.

Gewohnt routiniert spult der Autor seine überwiegend actiongeladenen Szenen in sechs bis acht Handlungsebenen ab. Man erfährt, was Lorin in seiner Wahlheimat anstellt, wie Lodrik durch die Gegend schleicht und Norinas Versuchen zu regieren zuschaut, oder beobachtet auch Aljasha in ihrem Exil. Die meisten der alten Hauptfiguren werden mit Szenen bedacht, einzig Waljakow und Storko, die ehemaligen Erzieher Lodriks, scheinen wie vom Erdboden verschluckt.
Interessanterweise scheint kaum eine der Figuren aus ihren bitteren Erfahrungen gelernt zu haben. Weder hat es Aljasha aufgegeben, sich Sorgen um ihre Schönheit zu machen und sich Männer ins Bett zu holen, noch hat Lodrik seine jugendliche Naivität verloren und ist ganz verwundert, dass für seine Norina die Überraschung, die er ihr bereitet, keine ist, sondern eher das Gegenteil. Dadurch wirkt er eher wie ein Hobby-Nekromant, der mit seinen Kräften gerne herumspielt, aber nicht die Verantwortung sehen will, die er eigentlich trägt. Magie ist, wie auch die – überraschenderweise in den Hintergrund getretenen – neuartigen Waffen es sind, Mittel zum Zweck.

Die Charaktere – egal ob altvertraut oder neu eingeführt – sind immer noch auf wenige Charakterzüge reduziert und haben sich kaum oder nur oberflächlich weiterentwickelt.

Mit Frauenfiguren hat Markus Heitz weiterhin seine Probleme, zum eigensüchtigen und sexbesessenen Luder Aljasha, dem blassen Weibchen Norina, das vor Bescheidenheit nur so strotzt, und der geschlechtslosen Magierin Sosha ist nur noch eine kalte grausame Hexe gekommen, die für ihre Macht teuer bezahlt hat.

Die Handlung des Romans ist zwar rasant und actionreich, allerdings lässt sich mittlerweile auch eine gewisse Routine im Stil des Autors nicht abstreiten; Teile des Buches lesen sich wie eine Fantasy-Nummern-Revue, deren Inhalte man irgendwo genau so bereits gelesen hat, entweder bei ihm selber oder bei anderen.

Man merkt, dass Markus Heitz sich vor allem an sein Zielpublikum aus dem Rollenspiel- oder Games-Bereich richtet, das die klassische Figurenzusammensetzung, das vertraute Setting in einer pseudomittelalterlichen Welt und die traditionellen Geschehnisse wiedererkennen wird, das vordergründige Action liebt, in der es kracht und zischt, und das letztendlich mit leisen Andeutungen, undurchschaubaren Grauzonen oder tiefgründigen Charakterentwicklungen nicht so viel anfangen kann.

Was bleibt, ist ein gefällig geschriebener Roman ohne wirkliche Höhen und Tiefen, der den derzeitigen Massengeschmack zufrieden stellt, aber für ältere und erfahrenere Leser nichts Besonderes bietet.

„Trügerischer Friede“ ist zwar der Auftakt eines neuen Zyklus, doch sollte man für wirklichen Lesegenuss auch die vorhergehenden sechs Bände kennen, da Markus Heitz darauf verzichtet, die altbekannten Helden und Ereignisse noch einmal ausführlich vorzustellen. Das Ende bleibt leider weitestgehend offen – Fortsetzung folgt.

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|