Archiv der Kategorie: Rezensionen

Poehl, Henning – Vampirconnection

_Ein bisschen Blut …_

…, oder vielleicht auch ein bisschen mehr. Mit „Vampirconnection“ hat Henning Poehl bereits im Jahre 2001 eines seiner wohl besten Spiele konzipiert und sich eigens hierfür intensiv mit der blutsaugenden Spezies aus Mythen und Legenden beschäftigt – natürlich nicht, ohne das Ganze dabei von einer humoristischen Seite anzugehen. Ziel des Spiels ist es, die Bewohner eines nahe gelegenen Dorfs zu verschleppen, sie im eigenen Schloss zu horten und dort in der Rolle des Vampirs ihr Blut auszusaugen, und zwar so lange, bis ihr Blut nicht mehr genug Lebenselixier bietet und man die Opfer in der Gruft zur ewigen Ruhe ablegt.

Die ganze Zunft wird dabei angegriffen, angefangen bei gewöhnlichen Menschen wie Fritz Fisch über musikalische Genies wie der Barde Heino bis hin zu Trunkenbolden und Pfaffen, die von manchen Dörflern sowieso abgelehnt werden. Doch es ist Vorsicht geboten, denn die Konkurrenz unter den Vampiren ist groß und die raren Opfer sind heiß begehrt. So entsendet man selbst untereinander Vampirjäger, um die Blutsauger der Mitspieler mit einem Pflock an die Gruft zu binden und ihnen vorläufig den Garaus zu machen. Und Auszeiten sind gefährlich, schließlich lebt jeder vom Blut der Dorfbewohner – und auszusetzen und darauf zu verzichten ist das schlimmste Hindernis auf dem Weg zum Sieg.

_Spielmaterial_

• 18 Grundkarten
• 58 Vampirkarten
• 34 Dorfkarten
• Jeweils ein Satz Bluttropfen mit den Werten 1, 5 und 10

Wie gehabt setzt Henning Poehl auf übersichtlich strukturiertes, nicht allzu opulentes, dafür aber eben witziges Material, was sich bei „Vampirconnection“ vorwiegend in den tollen Illustrationen niederschlägt. Die Dorfbewohner sind einfach total witzig zeichnerisch eingefangen, und auch die Vampire mit so ausgefallenen Namen wie ‚Graf Knobelzahn‘ und ‚Graf Superschluck‘ machen optisch eine Menge her. Weiterhin ist die Symbolik der Karten einfach nur ausgezeichnet und unterstreicht sehr gekonnt die düstere Atmosphäre des gruseligen Treibens – wenngleich ‚Munsters‘-like immer wieder gelacht werden darf. In dieser Hinsicht ist ein großes Lob für die Verbindung aus scharfsinnigen Zeichnungen und toll umgesetzten Ideen also durchaus angebracht. Die Spielmittel von „Vampirconnection“ überzeugen jedenfalls durch und durch.

_Wie’s funktioniert_

Grob betrachtet gilt es bei „Vampirconnection“, die Gelüste seines Grafen respektive seiner Gräfin auszuleben und seinen/ihren Blutdurst über mehrere Runden so weit zu stillen, dass man zum Ende hin die meisten Blutkonserven beiseitestellen kann. Siegreich ist nämlich am Schluss derjenige, der am besten gesaugt hat. Natürlich ist es aber gar nicht mal so leicht, die besten Resultate zu erzielen, weil die Wege ins Dorf manchmal recht schwierig und gefahrvoll sind, und man möglicherweise dann auch noch ein weniger lukratives Opfer einfängt. So startet jeder Vampir zunächst in seiner Gruft und bewegt sich mit Hilfsmitteln wie dem Wolf, der Fledermaus, der Kutsche, dem Nebel oder an der Seite des buckligen Gehilfen in das anliegende Schloss oder sogar auf einem Weg weiter ins Dorf.

Währenddessen besteht jedoch die Gefahr, dass die gegnerischen Fürsten ihre Vampirjäger loslassen und mit ihren gemeinen Pflöcken zuschlagen. Sobald man nämlich zwischen den Schauplätzen reist, ist man angreifbar und droht in die Gruft gepflockt zu werden. Und wenn dann nicht gerade ein weiterer buckliger Gehilfe zur Stelle ist, kommt man auch so schnell nicht mehr aus dem zwischenzeitlichen Exil heraus. Wer indes unbeschwert ins Dorf gelangt, kann dort unbehelligt zuschlagen und nach Herzenslust bei jedem Besuch ein weiteres Opfer verschleppen. Sollten im Dorf nämlich nicht gerade Sonnenaufgang herrschen, Knoblauch zur Abwehr ausgestreut oder irgendwelche andere Mechanismen zur Bekämpfung der Vampire eingeschaltet worden sein, sind die Bewohner hilflos ausgeliefert und werden aufs Schloss oder sogar direkt in die Gruft gezogen. Den genauen Bestimmungsort macht man Runde für Runde von Neuem aus; solange die Opfer jedoch im Schloss verharren, kann man sich Zug für Zug an ihrem Blut ergötzen. Bei der Entführung in die Gruft hingegen bekommt man zwar die letzten Reserven (und die sind in der Regel größer), darf anschließend aber nicht mehr saugen. So nehmen die Attentate auf das Dorf schließlich ihren Lauf, die Vampire bekriegen sich derweil und rauben sich gegenseitig ihre Opfer, pflocken sich und saugen natürlich, was das Zeug hält. Dann jedoch kommt der Tag, an dem das Dorf leer steht – Zeit für ein Resümee, Zeit Blut zu zählen und den besten Vampir zu bestimmen.

_Der Spielablauf_

Das Spiel ist grundlegend in genau drei unterschiedliche Phasen unterteilt: Vampirkonnektion, Karten ausspielen, Beenden des Zuges. In der ersten Phase hat der Spieler, der am Zuge ist, die Gelegenheit, seine Handkarten (zu Beginn des Spiels sind es genau vier Vampirkarten) mit den Mitspielern zu tauschen und als Tauschbedingung auch verschiedene Abmachungen zu treffen. Ob man sich nachher jedoch auch daran hält, bleibt jedem selber überlassen. Lediglich das Limit von mindestens einem und maximal zwei Tauschobjekten muss eingehalten werden.

Anschließend beginnt die aktive Phase; mittels der verschiedenen Bewegungskarten wandert man zunächst von der Gruft ins Schloss und von dort aus ins Dorf. Das Schloss ist dabei der Hauptaktionsort, denn von hier aus beginnen alle Handlungen. Man kann darüber hinaus so oft ziehen und Karten im Dorf aufdecken, wie man Karten besitzt, soll heißen nach Möglichkeit dürfte man sogar alle Handkarten ausspielen und beliebig viele Aktionen durchführen. Dazu gehört auch, seine Opfer durch Schutzkarten vor fremden Übergriffen zu schützen und andere Schlösser mit der Kutsche zu besuchen und zu berauben. Erlaubt ist zusammengefasst all das, was die Karten hergeben, nur muss eben jeder selber entscheiden, wie viele er pro Zug ausspielt. Alleine schon wegen der Gefahr, gepflockt zu werden, sollte man zum Beispiel niemals den letzten buckligen Gehilfen vorschnell ziehen lassen. Wer übrigens ins Dorf geht und eine Ereigniskarte aufdeckt, muss seinen Zug sofort beenden.

In der letzten Phase wird dann abgerechnet. Zunächst überlegt man, was man mit den Opfern im Schloss anstellt und welche von ihnen man sicherheitshalber schon einmal in die Gruft verlegt. Nun trinkt man das Blut all derjenigen, die gerade frisch in die Gruft umgezogen sind, und natürlich von denen, die nach wie vor im Schloss sind. Für beide Kategorien gibt es in der Regel unterschiedliche Werte, so dass es sich durchaus lohnt, einige Opfer länger im Schloss zu bewahren – denn auch wenn man fürs einmalige Saugen in der Gruft mehr Blut erhält, so ist die mehrfache Blutstillung in den meisten Fällen lukrativer.

Hat man sich dann entschieden, wo man seinen Zug beendet, rechnet man aus, wie viele Vampirkarten man nachziehen darf. Im Schloss bekommt man für jede ausgesaugte Person eine Karte (maximal drei) plus den ‚Hauch der Unsterblichkeit‘, quasi den Notgroschen, den man so oder so bekommen würde, sprich eine zusätzliche Karte. Wer indes in der Gruft ausruht, bekommt ebenfalls den vampirischen Odem plus drei Karten, vorausgesetzt natürlich, man ist nicht gepflockt.

_Spielende_

Sobald kein Dorfbewohner mehr verfügbar ist, gehen die Vampire in den Ruhestand. Ihr Blutdurst ist gestillt und fürs Weitere sind genügend Konserven gesammelt, um über Jahre zu bestehen. Jeder Spieler addiert nun die Werte seiner Bluttropfen; derjenige mit den meisten ist der Sieger der „Vampirconnection“.

_Persönlicher Eindruck_

Mensch, was haben wir einen Spaß gehabt! „Vampirconnection“ ist eines jener Spiele, welche von Anfang an fesselt, dabei die Lachmuskeln selten verschonen und aufgrund der ständigen Interaktion und des wilden Treibens bis zum Ende einer jeden Partie unheimlich spannend bleiben. Ein Vampir entführt die lukrativsten Opfer? Kein Problem, dann wird er halt gepflockt. Man glaubt, ein anderer Vampir zieht uneinholbar davon? Ebenfalls kein Problem, denn zusätzlich zum Pflock gibt es noch die eine oder andere günstige Gelegenheit. Und auch sonst kann sich das Spiel durch Sonnenaufgang, Unruhen oder die Erscheinung der Engelsschar immer noch kurzfristig wenden und selbst den sicher geglaubten Sieg noch gefährden – hier geht’s definitiv ordentlich und dynamisch zur Sache.

Weiterhin hat es Poehl in diesem Fall fantastisch hinbekommen, Spaß, thematischen Hintergrund und diese Dynamik miteinander verschmelzen zu lassen. Die Materie wird einerseits ernst behandelt, dann aber auch wieder schön (zeichnerisch) durch den Kakao gezogen, und dies alles auf Basis eines temporeichen, abwechslungsreichen und unberechenbaren Kartenspiels. Andererseits muss man auch die Kehrseite betrachten; aufgebrachte Gegner sind an der Tagesordnung, wenn man ihre Vampire mit dem Pflock belegt hat, und auch die wütenden Reaktionen nach dem Diebstahl eines Dorfbewohners sind nicht zu unterschätzen. Aber schließlich sind es ja gerade diese Momente, die man an Spielen, in denen man die Mitspieler mal so richtig ärgern kann, schätzt. Kommt dazu noch ein erfinderisches, durchweg witziges Setting wie in „Vampirconnection“, sind eigentlich alle Trumpfkarten ausgespielt.

Daher ist das Fazit auch eindeutig: „Vampirconnection“ ist eines der besten Kartenspiele, die mir bislang in die Hände gefallen sind: vielseitig, außergewöhnlich und bezogen auf den Aufbau einfach hervorragend. Alles andere als eine ganz klare Empfehlung würde dem Gesamteindruck demnach widersprechen, weshalb nur noch der Verweis auf die [Verlagsseite]http://www.sphinxspiele.de gegeben sei, auf der man „Vampirconnection“ zum Vorzugspreis abgreifen kann.

Brennan, Allison – Leichte Beute

Leichen im Keller – die hat die berühmte Bestsellerautorin Rowan Smith genügend, auch wenn sie diese lieber in Vergessenheit wüsste. Doch nun scheint ihre mysteriöse Vergangenheit sie einzuholen, denn ein Mörder nimmt ihre Psychothriller zur Vorlage für seine eigenen grausigen Taten und lässt das entsprechende Buch, von dem er sich hat inspirieren lassen, am Tatort zurück.

Eigentlich hat Rowan alles, was man sich nur träumen kann: Sie hat vier Bestseller veröffentlicht, die fünfte Veröffentlichung steht kurz bevor und auch die Buchverfilmungen sind ein voller Erfolg. Außerdem ist Rowan unglaublich gut aussehend, durchtrainiert und steht in der Blüte ihres Lebens, doch dann geschieht der erste Mord und ihre erste Romanprotagonistin muss in der Realität auf grausame Art und Weise sterben. Sofort ist klar, dass nicht die Protagonisten das Ziel des Mörders sind, sondern die erfolgreiche Autorin selbst. Doch erst will der große Unbekannte seinen Spaß haben und Rowan noch lange quälen. Erst wenn sie gebrochen ist, sich fürchtet und kein eigenes Leben mehr führen kann, dann will er sie holen, foltern und schließlich ermorden.

Nicht nur Rowans Agentin hat Angst um Rowan, sondern auch ihr ehemaliger Chef beim FBI. Die beiden heuern einen Bodyguard für Rowan an, obwohl diese sich mit Händen und Füßen dagegen wehren möchte und der Meinung ist, dass sie als ehemalige FBI-Agentin allein für sich sorgen und auf sich aufpassen kann. Als Rowan ihren Bodyguard Michael Flynn allerdings kennen lernt, erkennt sie schnell, dass sie tatsächlich Schutz benötigt und nimmt die Hilfe widerwillig an. Michael verliebt sich auf den ersten Blick in Rowan, doch als sein Bruder John ins Spiel kommt, merkt Michael schnell, dass er nicht nur gegen einen gefährlichen unsichtbaren Mörder kämpft, sondern auch gegen seinen eigenen Bruder, der ebenfalls Gefühle für Rowan entwickelt hat. Das Spiel gegen die Uhr beginnt, doch nicht jeder wird diesen Kampf gewinnen …

Allison Brennans Geschichte ist nicht neu; sie ist nicht die erste, die von einer Krimiautorin schreibt, deren Fantasiemorde von einem Psychopathen in die Tat umgesetzt werden, doch gelingt ihr der Plot davon unabhängig ausgesprochen gut. Von Anfang an schlägt ihr Psychothriller den Leser in den Bann. Schon im Prolog lernen wir den Mörder kennen, wissen allerdings zunächst nicht, auf wen er es abgesehen hat und um wen es sich überhaupt handelt. Lange lässt Brennan uns darüber im Unklaren, in welcher Verbindung Rowan und der unbekannte Mörder zueinander stehen. Doch früh ist klar, dass Rowan Smith etwas zu verbergen hat. Bevor sie angefangen hat, Romane zu schreiben, hatte sie eine vielversprechende Karriere beim FBI. Ein Mordfall war es damals, der Rowan schlagartig dazu bewegt hat, ihren Job an den Nagel zu hängen und sich einer neuen Karriere zu widmen. Wieso hat der Fall Franklin Rowan so sehr erschüttert, dass sie nicht länger für das FBI arbeiten konnte? Nur ganz allmählich klärt Brennan diese brennende Frage auf.

Währenddessen mordet der Unbekannte weiter und stellt einen fiktiven Mord nach dem anderen nach. Doch schon beim zweiten Mord begnügt er sich nicht mehr damit, Rowans Geschichte zu imitieren, er schickt ihr einen Grabkranz und macht ihr somit klar, dass er es im Endeffekt nur auf sie abgesehen hat, dass sie seine Mordserie wird krönen müssen. Rowan ist erschüttert und fühlt sich schuldig, weil sie die Figuren erdacht hat und die Taten ihrer Fantasie entsprungen sind. Rowan ist sich sicher, dass die Lösung für die Mordserie in ihrer FBI-Vergangenheit zu finden ist, sie wühlt sich durch ihre alten Akten, kommt der Lösung allerdings kein Stückchen weiter. In diesem rasanten Katz-und-Maus-Spiel baut Allison Brennan immer weiter Spannung auf, bis man schließlich bis in die Nacht hinein weiterlesen muss, um endlich zu ergründen, was den Mörder antreibt und welchen Hass er Rowan gegenüber hegt.

Obwohl ihr Erzähltempo hoch ist, nimmt Brennan sich Zeit, ihre Protagonisten vorzustellen. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Rowan Smith, die uns zunächst unergründlich scheint. Dass sie etwas verheimlicht, merken wir früh, auch dass sie in ihrer Vergangenheit großen Schmerz ertragen musste, lässt Brennan bald durchblicken, doch wer Rowan Smith wirklich ist, was sie zu verbergen hat, das erfahren wir spät. Auf den ersten Blick ist Rowan Smith die taffe Ex-FBI-Agentin, die mit der Waffe unter ihrem Kopfkissen schläft und jeden Tag mindestens zehn Kilometer am Strand entlangjoggt, sie kann also auf sich selbst aufpassen. Doch auf den zweiten Blick ist sie verletzlich, die Morde jagen ihr eine Heidenangst ein und reißen alte Wunden auf, die Rowan längt verheilt geglaubt hat. Sie wird immer schwächer, ängstlicher und verzweifelter, als der Mörder ihr immer näher kommt. Rowan Smith hat viele Facetten und wir lernen viele davon kennen, sodass sie nach und nach viel Profil gewinnt. Michael und John Flynn sind die beiden Männer, die ihr zur Seite stehen und die um Rowans Herz kämpfen. Beide Brüder haben sich verliebt, doch Rowan hat ihre Wahl längst getroffen. Der ebenso unergründliche John ist es, in dem sie einen Seelenverwandten wiederfindet. Er ist es, der schließlich ihr Herz erobert und mit dem sie eine gefährliche Affäre beginnt. Denn während die beiden sich ihrer Leidenschaft hingeben, schleicht sich der Mörder immer näher und droht den Wettlauf gegen die Zeit zu gewinnen.

Im Rahmen der packenden Thrillerhandlung gelingt Allison Brennan die Charakterzeichnung ausgesprochen gut, obwohl sie durchaus Schablonen verwendet. Natürlich ist die weibliche Hauptfigur schön, stark und erfolgreich und natürlich steht ihr ein ebenso starker Mann zur Seite, der sie beschützen will. Dennoch fügt sich diese Charakterisierung stimmig in den Plot ein.

Nicht ganz schlüssig gelingt allerdings die leidenschaftliche Affäre zwischen Rowan und John, die zu einer Zeit beginnt, als um die beiden herum bereits die Welt einzustürzen droht. Rowan rückt auf der Liste des Mörders immer weiter nach oben, dennoch sind die beiden Verliebten kaum aus dem Bett zu kriegen und schaffen es nur mit Not, nicht gleich am Strand nach dem Joggen übereinander herzufallen, sondern erst dann, wenn die Haustür hinter ihnen zugefallen ist. Irgendwie erscheint es mir nicht sonderlich glaubwürdig, dass zwei Menschen die Welt um sich herum so weit verdrängen können, wo geliebte Menschen bereits sterben mussten und in jeder Sekunde der Angriff des Unbekannten zu befürchten ist. Auch die ausgiebige und detaillierte Schilderung der zahlreichen Sexszenen bedient sich aller greifbaren Klischees. Etwas mehr Einfallsreichtum wäre Allison Brennan dann doch zu wünschen gewesen.

Natürlich darf am Ende nicht der packende Showdown fehlen, bei dem Mörder und Opfer sich schließlich gegenüberstehen und um ihr Leben kämpfen. So lernt Rowan am Ende ihren Widersacher kennen, obwohl sie zu dem Zeitpunkt längst wusste, wer sie erwarten würde. Das Buchende wirkt ein wenig abgedroschen und war irgendwo auch absehbar, aber das mag man Brennan vielleicht verzeihen, denn es war ein Buchende wie jedes andere. Hier ist kein Knaller, keine große Wendung mehr zu erwarten, sie schildert lediglich überwiegend stimmig ihre Geschichte zu Ende. Mich persönlich konnte das Ende zwar nicht vom Hocker reißen, doch angesichts des gelungenen Spannungsaufbaus und der kurzweiligen und packenden Erzählung möchte ich der Autorin den einen oder anderen kreativen Hänger verzeihen.

„Leichte Beute“ ist ein Thriller, der einen von der ersten Seite an packt und nicht mehr loslässt, bis man das Buch endlich durchgelesen hat und an die Seite legen kann. Allison Brennan schlägt ein unglaubliches Tempo an und schafft es dennoch, nebenbei ihre Protagonisten vorzustellen. Brennan schafft es immer wieder genau im richtigen Moment, neue Informationen einzustreuen, die den Leser der Lösung des Falles ein winziges Stückchen näher bringen und die Spannung noch weiter steigern. Die Geschichte ist mysteriös, faszinierend und wahnsinnig spannend. Und auch wenn „Leichte Beute“ vielleicht nicht der ganz große Wurf ist, so unterhält der Psychothriller ausgesprochen gut.

http://www.diana-verlag.de

Hoffmann, Markolf – Splitternest (Das Zeitalter der Wandlung 4)

Das |Zeitalter der Wandlung|:
Band 1: [Nebelriss 473
Band 2: [Flammenbucht 1280
Band 3: [Schattenbruch 2288
Band 4: _Splitternest_

Das Zeitalter der Wandlung strebt seinem apokalyptischen Finale entgegen. Nicht nur die unversöhnlichen Zauberer Mondschlund und Sternengänger streben nach der Macht und danach, den Menschen von Gharax die Rettung und eine neue Welt nach ihren Vorstellungen aufzuzwingen. Auch die Goldéi und die Bathaquar haben ihre Vorstellungen der kommenden neuen Ordnung, folgen ihren eigenen Interessen, Legenden und Glaubensgrundsätzen. Das Schicksal der gemeinen Menschen ist allen Gruppierungen nicht so wichtig wie ihre eigenen Ziele, niemand fragt sie nach ihren Wünschen. Es liegt in den Händen abtrünniger Anhänger der Zauberer, Fürsten und Kirchen, sich von dem Blendwerk aus Lug und Trug, das diese zugunsten ihrer Sicht der Dinge verbreitet haben, zu befreien und ihre eigene Welt zu schaffen. Doch scheint man keine wirkliche Wahl zu haben, wie sollte man sich dem Chaos der entfesselten Quellen stellen, ohne sich mit einem der Zauberer zu verbünden? Gibt es eine Alternative oder muss man sich mit der Wahl des kleineren Übels zufriedengeben?

Der abschließende Band des „Zeitalters der Wandlung“ ist eine Tragödie. Die Welt Gharax liegt im Sterben, alte Ordnungen zerbrechen, eine neue Welt ist im Entstehen. Doch bereits in den Todeswehen streitet man um die Macht in der neuen Welt oder begleicht alte Rechnungen, nimmt Rache. Viele liebgewonnene Hauptcharaktere werden sterben, einige überraschend überleben. Viele können nicht Abschied von den alten Zeiten ihrer Macht nehmen, wie Binhipar Nihirdi, die Könige Eshandrom von Kathyga und Tarnac von Gyr ebenso wenig; Durta Slargin lässt sie geködert mit der Aussicht auf Rettung grausam wie Puppen nach seiner Pfeife tanzen. Talomar Indris jagt bis zuletzt fanatisch einer verlorenen Liebe hinterher, die zu einer fixen Idee geworden ist, die mit Liebe nichts mehr zu tun hat. Falsche Legenden und Versprechungen führen zu Gräueltaten, begangen in bestem Wissen und Gewissen.

Dieses Grundgerüst bringt die Stärken des Romans sehr gut zur Geltung: Das unrühmliche Ende einiger „Bösewichte“ machte mich sehr traurig, selbst mit ihnen konnte ich mitfühlen. Besonders schockiert hat mich das Schicksal von Laghanos, der wenig mehr als ein Werkzeug für Durta Slargin gewesen ist, der ihn, die Goldéi und viele andere benutzt und genarrt hat. Er hatte nie eine Chance und eine Wahl in diesem Spiel. Gelungen ist auch die zwiespältige Darstellung Durta Slargins, der, zuerst als der große Held der Menschheit dargestellt, in den Folgebänden in ein immer düstereres Licht gehüllt wurde, je mehr über seine Taten bekannt wurde. Doch wer erzählte dem Leser eigentlich |seine| Geschichte über Durta Slargin, zu welchem Zweck? Denn auch sein Widersacher Mondschlund, zuerst verschrien als „Der Blender“, ist kein verkannter Heiland. Die Anhänger der Zauberer erkennen dies nach und nach und glauben ihnen nicht mehr vorbehaltlos. Dieser höchst dynamische Erkenntnisprozess ist spannend und überzeugend dargestellt. Viele Einzelschicksale werden beschrieben in ihrer ganzen Tragik, allen ist zueigen, dass sie sich nicht von den Lügen und dem Einfluss anderer lösen konnten. Selbst die entstehende neuen Welt ist nicht frei vom Keim der Lügen, den Hoffmann bereits im Prolog dieses Bands anspricht. Neue Legenden und Lügen warten darauf, geboren zu werden, um auch diese Welt ins Verderben zu stürzen, mit Gewalt und Verrat.

Hoffmann zeigt sich wie stets wortgewandt, was gerade in den hitzigen Dialogen, wenn gläubige Anhänger mit abtrünnigen Bürgern zusammenstoßen, für eine fantastische Atmosphäre sorgt, die Verzweiflung und Angst der betreffenden Charaktere, aber auch der feste Wille, sich nicht mehr dem Willen anderer unterzuordnen, werden so lebendig. Dies gilt auch für die tragischen Szenen, die mich nachdenklich stimmten und lange über Leben und Handeln der betreffenden Charaktere nachdenken ließen.

_Fazit:_ „Splitternest“ ist ein hervorragendes Finale für die Tetralogie, das mitreißend und spannend ist sowie nachdenklich macht. Der Abschlussband arbeitet vorzüglich die bewussten Lügen und Täuschungen der vorherigen Bände auf, der Leser selbst wird in Zweifel versetzt, welche Lösung für die Welt Gharax und ihre Menschen die beste wäre. Zwar bleibt bei der enormen Fülle an Charakteren und Handlungsorten für einige nur wenig Zeit, doch gerade diese Vielfalt und die Tragik jedes einzelnen Schicksals machen in der Summe den Reiz des Romans aus.

Von dieser Art Fantasy würde ich gerne mehr lesen; starke und interessante Charaktere, eine faszinierende Welt am Rande des Untergangs, eine spannende Geschichte über ein Netz aus Legenden, Lügen und Intrigen – das macht das Zeitalter der Wandlung aus. Besonders die Abgeschlossenheit der Handlung und das gelungene Finale möchte ich herausheben, denn gerade daran kranken viele Fantasyromanen und aktuelle Endloszyklen. Jeder Band dieses Zyklus hat andere Schwerpunkte gesetzt und somit für Abwechslung gesorgt, „Splitternest“ hat mich jedoch am meisten beeindruckt; bei keinem anderen fühlte ich mich dermaßen in die Handlung hereingesogen. Diese Tragödie aus Lug und Trug stellt wahrlich einen krönenden Abschluss für den Zyklus „Das Zeitalter der Wandlung“ dar.

Offizielle Homepage des Autors:
http://www.nebelriss.de/

Verlagshomepage |Serie Piper Taschenbuch|:
http://www.piper-verlag.de/serie/

[Unser Interview mit Markolf Hoffmann]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=34

Merlau, Günter – Weißes Gold (Die Schwarze Sonne 3)

Folge 1: [„Das Schloss der Schlange“ 2317
Folge 2: [„Böses Erwachen“ 4022

_Story_

Nathaniel des Salis und Adam Salton stehen immer noch unter Schock, bedingt durch die grausamen Ereignisse, die sie durch das Wirken der brutalen Arabella March erfahren haben. Gemeinsam gelingt den beiden die Flucht nach Bombay, wo sie sich erst einmal bei einer alten Bekannten Nathaniels in Schutz wähnen. Doch das Verhältnis der beiden ist stark angeschlagen; Adam hat das Vertrauen in seinen Mentor verloren, weil er an seiner Seite die wichtigsten Menschen in seinem Leben verloren hat. Und auch die neuen Geheimniskrämereien des Herren de Salis gefallen dem jungen Salton ganz und gar nicht.

Sein Begleiter ist jedoch vorerst nicht bereit, ihm die Augen zu öffnen und die Hintergründe seiner neuerlichen Verbindung mit Helena Blavatsky zu erläutern. Salton weiß nur von dem Weißen, einer mystischen Kraft, die alles in sich einsaugt, Seelen raubt und droht, ihn und seine Gefährten um den Verstand zu bringen. Doch er kann nicht einordnen, was sich dahinter verbirgt und reibt sich immer häufiger mit dem von Wissenschaftsgeist durchtränkten de Salis. Dennoch schließt Adam sich Nathaniel fast bedingungslos an und kann zur Stelle sein, als de Salis Opfer eines verheerenden Unglücks wird, welches Adam langsam aber sicher die Augen öffnet. Nathaniel ist scheinbar hinter einem mystischen Gegenstand von unschätzbarem Wert her – und derart von seiner Aura gefesselt, dass er leichtfertig ins Verderben rennt.

_Persönlicher Eindruck_

Schon einmal vorab: Die schwierigste Aufgabe bei dieser Kritik besteht darin, eine Inhaltsangabe zu verfassen, ohne dabei zu viel zu verraten, das Geschehene aber dennoch präzise und kompakt auf den Punkt zu bringen. Mit der dritten Episode der immer noch recht frischen Hörspielreihe sprengen Günter Merlau und seine Mitstreiter nämlich sämtliche Grenzen eines jeden Genres, begeben sich inhaltlich sogar auf teils brisantes Terrain und führen die Story auf insgesamt drei verschiedenen Zeitebenen fort, wodurch so manche vorab erdachte Klarheit in Windeseile wieder aus dem Zusammenhang gerissen wird.

Abseits der abenteuerlichen Reise von Nathaniel und Adam führt der Regisseur seine Hörerschaft nämlich zwischenzeitlich ins Deutschland der Vorkriegszeit, während der SS-Reichsführer Heinrich Himmler an der Seite seines zwielichtigen Begleiters Weisthor einige okkulte Forschungen vorantreibt und im Glauben, die Ursprünge der arischen Rasse entdeckt zu haben, die Unsterblichkeit greifbar wähnt. Aber auch die Jetztzeit wird überraschenderweise mit einem Mal in die Story aufgenommen; ein Hauptmann namens Berger wird vom Geheimdienst nach Tibet entsandt, um die einstigen Forschungen des dritten Reiches fortzuführen und entdeckt dabei einen rätselhaften, mittlerweile schon vergilbten Brief, der vor einer halben Ewigkeit an einen gewissen Nathaniel de Salis gerichtet war.

Wer nun aber glaubt, dass sich bedingt durch die hier aufkeimenden Zusammenhänge der Kreis langsam aber sicher zu schließen beginnt, unterliegt einer vollkommenen Täuschung. Denn wie schon bei den vorangegangenen beiden Episoden glaubt man am Ende der Erzählung, gerade erst am Anfang des Plots zu stehen, weil sich immer wieder neue Informationen ergeben, die Zeiten mit wachsender Dauer immer verwirrender durcheinander geworfen werden, inhaltlich beinahe im Minutentakt Unglaubliches bewegt wird und zu guter Letzt so viele neue, voneinander unabhängige Charaktere in die Handlung eingeführt werden, dass man leicht den Überblick über Geschehen und Figuren verliert. Keine Frage, nach den okkulten Zwischenspielchen in Folge 2 nimmt die Geschichte nun eine weitere Kehrtwende auf, verändert dabei auch wieder völlig den Charakter der Serie und führt den konzentrierten Zuhörer minutiös von einem inhaltlichen Scherbenhaufen zum nächsten.

Verwirrung pur also und eine Verdreifachung des Anspruchs bzw. der Anforderung an den Interessenten, der mittlerweile nicht nur bloß ein guter, aufmerksamer Zuhörer sein muss, sondern auch einige historische Vorkenntnisse benötigt, um die Rolle einzelner Personen einordnen zu können. Jules Verne und Himmler sind dabei noch die Speerspitze (wie gut dieser Begriff passt, soll in Zukunft noch erläutert werden), doch ist es auch erforderlich, dass man die Bedeutung gewichtiger Personen wie Helena Blavatsky einzuordnen versteht. Weiterhin sollte man sich auch ein wenig mit den geheimen Forschungen der SS-Zeit beschäftigt haben, um die gesamte Tragweite des Dramas zu erfassen, das Merlau hier unheimlich fokussiert vorantreibt und in einen Kosmos verwandelt, den zu erfassen es schon etwas mehr bedarf als des einmaligen Durchlaufs des Hörspiels.

Doch jenseits der Konfusionen und der umfassenden, kontinuierlich komplexer werdenden Story entwickelt sich im Laufe der Zeit eine Begeisterung und vor allem eine Faszination für den Ideenreichtum des Regisseurs, wie man ihn weder im Hörspiel-Genre in den letzten Monaten, noch generell beim qualitätsbewussten |Lausch|-Label bislang erleben durfte. Der Gedanke, dass „Die Schwarze Sonne“ ein wahrhaftiges Monster ist, eine Lawine, die gerade erst ins Rollen gebracht wurde, manifestiert sich immer stärker, und je weiter man sich schließlich vertieft und von all dem mitreißen lässt, desto eindrucksvoller erscheint einem schlussendlich das Ergebnis, das in diesem Fall auf den Titel „Weißes Gold“ hört.

Doch Vorsicht ist auf jeden Fall geboten, denn Verständnisprobleme werden im Kampf mit den verzwickten und verstrickten Inhalten an der Tagesordnung sein, weil das Tempo und vor allem die Zeitsprünge den Hörer regelrecht überrollen. Aber der Lohn der Mühen ist ein großer; „Weißes Gold“ etabliert „Die Schwarze Sonne“ nämlich endgültig als die wertvollste deutschsprachige Serie auf dem Markt, bei der sowohl Inhalt, Struktur als auch die brillante Besetzung die Referenzklasse in ihrem Bereich darstellen. All diejenigen, die dem werdenden Kult bislang nicht verfallen sind, müssen spätestens jetzt zuschalten!

http://www.die-schwarze-sonne.de/
http://www.merlausch.de

Haferkamp, Kai / Grönemeyer, Dietrich – kleine Medicus, Der

_Die Reise ins Ich_

Mit „Der kleine Medicus“ wagt sich der |Kosmos|-Verlag nach der erfolgreichen Adaption zu Ken Folletts [„Die Säulen der Erde“ 3072 nun bereits an die zweite Spielvariante zu einer Buchvorlage. Dabei steht jedoch dieses Mal nicht bloß Strategie im Vordergrund, sondern hauptsächlich auch anatomisches Wissen, welches hier indirekt abgefragt wird und die Basis für eine spannende Verfolgungsjagd bietet, die insgeheim ein wenig dem Klassiker „Scotland Yard“ nachempfunden ist. Doch der Reihe nach:

Alles beginnt mit dem gemeinen Plan des boshaften Professor Götz von Schlotter, der einen Mini-Roboter namens Gobbot entwickelt hat, mit dessen Hilfe er lernen möchte, wie man den Menschen manipulieren kann. Sein erstes Versuchsobjekt ist Opa Sonntag, Nanolinos Großvater, der gar nicht ahnt, das sich das Spielzeug des Professors in seine Blutbahnen begeben hat, um dort einige Viren zu streuen.

Doch Nanolino erfährt von den Plänen von Schlotters und nimmt mit einer U-Boot-Flotte die Verfolgung durch den menschlichen Körper auf. Dabei hört sie immer wieder die Funksprüche des Professors ab und erhält somit wichtige Informationen über den aktuellen Aufenthaltsort Gobbots. Die Spieler helfen Nanolino nun bei ihrer Suche und beratschlagen sich nach jedem versteckten Hinweis des Professors. 16 Viren trägt Gobbot bei sich, und sollte es ihm gelingen, jeden einzelnen im Körper von Opa Sonntag einzupflanzen, kann er ungeschoren entwischen. Nur ein gut funktionierendes Team kann den Professor und seinen flinken Roboter aufhalten.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan mit Energieleiste
• 1 Code-Buch
• 54 Zielkarten
• 1 Gobbot-Figur
• 4 Mini-U-Boote
• 5 Stellfüße
• 16 Abhörkarten
• 1 Zählleiste mit Nanolino
• 5 Spiel-Chips
• 1 Energie-Chip
• 16 Markierungs-Chips
• 1 Spielanleitung

Mit dem Spielmaterial zu „Der kleine Medicus“ stellt der |Kosmos|-Verlag noch einmal eindeutig unter Beweis, warum ihm im Bereich der Familienspiele zu Recht die Führungsposition gebührt. Sowohl grafisch als auch spieltechnisch sind die Spielmittel auf Referenzniveau gestaltet worden und garantieren alleine schon durch ihre klare Struktur und die optischen Schmankerl für unendlichen Spielspaß. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem tollen Spielbrett, auf welchem insgesamt 54 Organe und Körperteile der Menschen abgebildet und in (absichtlich) nicht authentischer Anordnung miteinander durch Venen und Adern verbunden sind. Hier beginnt Nanolinos Suche ebenso wie die Flucht des infizierten Gobbots, der sich versteckt halten muss, allerdings jeden Ort nur einmal aufsuchen darf.

Das Ganze ist nicht nur witzig illustriert, sondern auch sehr anschaulich dargestellt, so dass selbst Leute, die in Sachen Anatomie nicht auf dem höchsten Wissensstand sind, locker mitkniffeln können, da die Beschreibungen im zugehörigen Code-Buch häufig ziemlich eindeutig sind. Keine Frage, hier wurde mit Liebe zum Detail gearbeitet. Apropos Code-Buch: Auch hier ein Lob an Kai Haferkamp, der die Idee zu dieser Adaption entwickelt und ausgearbeitet hat und mit den Hinweisen jener Broschüre ein nicht ganz neues, aber durchaus einschlagendes Konzept gewählt hat.

Über die verschlüsselten Informationen, abhängig vom Schwierigkeitsgrad, den die Verfolger wählen, gelangt man so immer näher an Gobbot heran und versucht, ihn mit seinen U-Booten einzukesseln. Dass es dabei ganz viele verschiedene Arten des Informationsflusses gibt, bedeutet gleichzeitig, dass man auch langfristig immer wieder Neues entdecken wird und das Spiel nicht über einzelne ‚Missionen‘ irgendwann in Wiederholungen verfällt. Das nennt man trotz bekannter Versatzstücke innovativ und zugleich bärenstark.

Schließlich hinterlässt das Material also einen vollkommen überzeugenden Eindruck und sammelt vorab schon einen von noch weiteren, später folgenden dicken Pluspunkten.

_Spielvorbereitung_

Nanolino ist fest entschlossen, ihrem Großvater beizustehen, also rüstet sie sich mit ihren vier U-Booten und platziert sie an willkürlichen Stellen auf dem Spielplan. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass man in allen Regionen gut vertreten ist, damit man bei der Enttarnung Gobbots gezielt arbeiten kann und nicht jedes U-Boot erst einmal von der einen Seite des Spielfelds zur anderen schieben muss. Dies kostet nämlich am Ende wichtige Zeit und auch Punkte. Vorab sollte man auch schon nachdenken, wer in der ersten Runde in die Rolle des Gejagten schlüpft; derjenige sollte natürlich an der Verteilung der Unterwasserboote nicht beteiligt sein. Aber keine Bange; im gesamten Spiel wird jeder jeweils einmal Gobbot sein.

Wichtig außerdem: Ganz unabhängig von der Spielerzahl („Der kleine Medicus“ ist für 2 – 5 Spieler konzipiert) werden immer alle U-Boote eingesetzt und überschüssige ggf. später von den Mitspielern bewegt. Ansonsten hätte der Gobbot-Spieler es definitiv zu einfach. Allerdings sei hier darauf verwiesen, dass „Der kleine Medicus“ erst richtig lohnenswert ist, wenn man zu viert oder sogar zu fünft spielt.

Sind die Rollen sowie die U-Boote auf dem Plan verteilt, kann es losgehen. Der erste Gobbot-Spieler übernimmt das Code-Buch und den Stapel mit den Zielkarten, sucht sich nun seine geheime Startposition aus und legt los.

_Spielverlauf_

Der Aufbau des Spiels im Groben ist leicht erläutert. Jeder spielt einmal den Gobbot und hält sich mit aller Macht im Verborgenen auf. Gelingt ihm dies über eine Dauer von 16 Zügen, hat er sich erfolgreich versteckt, dabei seine Viren verpflanzt und sein Ziel erreicht. Die anderen Spieler müssen hingegen jeweils als Team agieren, sich mithilfe der Hinweise beratschlagen und überlegen, wo der Roboter sich gerade befinden könnte. Sie haben hierbei die Möglichkeiten, den Funk abzuhören, was wiederum Energie kostet. Je mehr Energie man einsetzt, desto deutlicher die Informationen über das Körperteil, das Gobbot gerade besetzt hält. Doch je mehr Energie man eben dabei verliert, desto stärker der Punkteverlust auf der Energieleiste, der später für die Vergabe der Siegpunkte verantwortlich ist. Aber eins nach dem anderen:

In der ersten Runde erklärt Gobbot seinen Aufenthaltsort mit dem Code-Buch. Die Mitspieler entscheiden, welche der vier Abhörkarten-Typen gespielt werden, also wie viel Energie verbraucht wird und welchen Informationsgehalt die Hinweise aus dem Code-Buch haben sollen. Ist die Entscheidung getroffen, zieht man den Chip auf der Energieleiste um die entsprechende Punktzahl zurück und lässt den Gobbot-Spieler nun aus dem Code-Buch vorlesen. Was er genau vorlesen muss, kann er der Zielkarte seines momentanen Aufenthaltsorts entnehmen. Sobald die Hinweise übermittelt sind, beraten sich die Verfolger und einigen sich schließlich auf einen Ort, an dem sie den Roboter wähnen. Um dies zu verdeutlichen, legen sie nun einen Markierungschip an die entsprechende Körperstelle.

Als Letztes bewegen sie ihre U-Boote genau ein Feld weiter (stehen bleiben ist auch erlaubt). Sollte dabei schon jemand auf dem Feld gelandet sein, auf dem Gobbot wartet, ist die Runde bereits beendet. Zu beachten ist allerdings, dass sich die Verfolger nur über die Linien der Adern von Körperteil zu Körperteil bewegen dürfen; Gobbot indes kann auch die Venen benutzen. Sollte der erste Versuch fehlgeschlagen sein, geht es weiter. Wieder wird eine Abhörkarte gezogen, und das Procedere wiederholt sich von vorne. Ob man auf dem richtigen Weg ist, erkennt man dann nach kurzer Zeit, wenn die Vermutungen mit den Aussagen der Hinweise übereinstimmen und sich ein klarer Weg des Roboters ausmachen lässt. Dessen Spur sollte man dann verfolgen und versuchen, Gobbot einzukesseln. Dumm ist hingegen, wenn man sich komplett täuscht und der Roboter sich langsam von der Nachhut distanzieren kann. 16 Runden sind in diesem Sinne nämlich keine allzu lange Zeit, und aufgrund der eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten kann es schon bald unmöglich sein, den schlauen Mini-Roboter einzufangen.

_Weiterer Verlauf und Ende_

Nach und nach schlüpft nun jeder Spieler einmal in die Rolle Gobbots und flüchtet vor den Mitstreitern. Alleine vom Verhalten in diesem Part hängt es schließlich ab, ob man sich für den Sieg qualifizieren kann. Denn je länger man die Flucht durchhält, desto stärker sind die Einbußen bei den Energiereserven der Gegner – und je deutlicher sinken die Werte auf deren Punkteleiste. Hat schließlich jeder einmal den Part des Gejagten eingenommen, ist das Spiel zu Ende.

Nach den Zwischenwertungen – nach jeder Runde setzt man seine Chips auf der Punkteleiste so weit vor, wie noch Energiepunkte geblieben sind – folgt nun die Endabrechnung. Der Spieler mit den meisten Punkten auf der Punkteleiste ist natürlich der Sieger – und im Endeffekt auch der schlaueste Gobbot-Spieler. Die Kunst besteht nämlich darin, den anderen Spielern die Punkte abzuluchsen, wenn man selber den Roboter mimt. Wer sich hier nämlich am geschicktesten anstellt, ist später uneinholbar vorne.

_Persönlicher Eindruck:_

Dass „Der kleine Medicus“ ein ganz besonderes Spiel ist, hat sich bereits bei der ersten gemeinsamen Partie im Kreis der Familie gezeigt. Hitzige Diskussionen über die Hinweise entbrannten zwischen den einzelnen Mitspielern und brachten nicht nur einen außergewöhnlichen Ehrgeiz zum Vorschein, sondern außerdem eine recht rege, manchmal auch schier endlose Interaktion zwischen den Verfolgern, die sich absolut nicht einig werden konnten. Und genau hierbei offenbarte sich auch schon das gehörige Potenzial dieses fabelhaften Spiels; zwar werden hier keine anatomischen Doktorarbeiten vorausgesetzt, aber es erfordert schon ein bisschen mehr als das übliche Basiswissen, um bei den kniffligen Rätseln dahinterzusteigen, welches Körperteil nun gemeint ist bzw. wo sich der Gejagte gerade aufhält.

Besonders brisant wird’s dann noch, wenn sich kein genauer Zugweg des Gobbot-Spielers abzeichnet und man über mehrere Runden im Dunkeln tappt, dabei jedoch glaubt, auf dem richtigen Weg zu sein. Ein gutes Beispiel aus der Eröffnungspartie meinerseits: Der Gobbot-Spieler startete bei der Elle, ließ die Mitspieler aber vermuten, er befände sich bei der Speiche. Da diese beiden Unterarmknochen auf dem Spielfeld an ganz verschiedenen Orten zugegen sind und auch die darauf folgenden Informationen sowohl den einen als auch den anderen Startweg glaubhaft zuließen, stieg die Spannung von Runde zu Runde, während Gobbot sich langsam aber sicher einen Fluchtweg zurechtlegen konnte, der ihn uneinholbar machte. Letztendlich konnte so unbewusst der Holzweg vorgegaukelt werden, bis schließlich eindeutige Informationen kamen, aber nicht mehr viele Züge übrig blieben, um den Gejagten einzukreisen. Die Folge: Gobbot setzte 16 Viren ein und kassierte als Dank auch noch 3 Punkte, derweil die Konkurrenz leer ausging. Und solche Geschichten schreibt das Spiel immer und immer wieder.

Allerdings ist in jeder Runde und in jedem neuen Spiel absolute Chancengleichheit gegeben; jeder hat die Möglichkeit, als Gobbot geschickt seinen Fluchtweg vorzubereiten, und jedes Team ist gezwungen, gut miteinander zu kommunizieren, um seiner selbst Willen möglichst viele Punkte zu sammeln – ein Aspekt, der die Brillanz des Spielgedanken weiter untermauert und belegt, dass sowohl Qualitäten als Teamplayer als auch die des Einzelkämpfers gefragt sind. Beides muss man beherrschen, um bei „Der kleine Medicus“ am Ende die Nase vorne zu haben.

Unterm Strich bleibt also nichts als pure Begeisterung über dieses prinzipiell simpel aufgebaute, dennoch unheimlich vielseitige Spiel. Es werden Wissen, Geschicklichkeit, Kommunikationsfähigkeit, Bauernschläue und Teamfähigkeit abverlangt, und dazu ist auch ab und an körperliche Ertüchtigung gefragt, wenn man bei den Abhörkarten eine Aktion auswählt. Damit sind alle wichtigen Aspekte eines Familienspiels in kompakter Form enthalten, wobei noch zu beachten ist, dass aufgrund des detailreichen Aufbaus (dank der verschiedenen Anordnungen im Code-Buch kann man das Spiel wirklich sehr lange spielen, bis man die Fragen halbwegs verinnerlicht hat) der langfristige Spielspaß uneingeschränkt garantiert ist. Wäre der Preis nicht schon vergeben, würde ich „Der kleine Medicus“ ohne jeden Zweifel auf die Liste der Anwärter zum „Spiel des Jahres“ setzen. Ähnlich wie schon bei der Adaption zu „Die Säulen der Erde“ hat sich das Konzept, ein Buch in ein Spiel umzuwandeln, bei Kai Haferkamps neuem Schlager sowohl thematisch als auch inhaltlich voll und ganz bewährt!

http://www.kosmos.de/

Wallon, Alfred – Methusalem-Projekt, Das (Larry Brent, Band 110)

_Kurzbeschreibung:_

In Marburg verschwinden immer mehr Menschen. Auch der Student Jens Bauer wird vermisst und taucht unerwartet als Leiche wieder auf. Doch der Tote scheint stark gealtert zu sein. Ob sein Chef, der Chemiker Dr. Hoffmann, damit zu tun hat, den Jens Bauer erpressen wollte?

Jens‘ Mutter und seine Freundin Tina setzen einen Privatdetektiv auf den Wissenschaftler an. Und tatsächlich findet Frank Gerber heraus, dass Dr. Hoffmann etwas zu verbergen hat und nicht ganz der honorige Wissenschaftler ist, als den man ihn kennt. Scheinbar arbeitet Hoffmann für eine geheimnisvolle Organisation, die sich |Graue Instanz| nennt und auch Profikiller beschäftigt. Frank Gerber gerät selber ins Kreuzfeuer der Gangster.

Weil auch das BKA nicht weiterkommt, schaltet sich die PSA ein und schickt ihren besten Mann: Spezial-Agent Larry Brent. Der bekommt es bald nicht nur mit einem wahnsinnigen Wissenschaftlern und eiskalten Mördern zu tun, sondern auch mit einem Heer von Ratten, die von einer perversen Mutation gelenkt werden. Denn eines der fehlgeschlagenen Experimente Hoffmans ist außer Kontrolle geraten und droht Marburg ins Chaos zu stürzen …

_Beurteilung:_

Auf diesen Roman habe ich mich richtig gefreut. Zum einen ist Marburg nicht allzu weit von meinem derzeitigen Wohnort entfernt und andererseits versprach der Klappentext einen spannenden Tierhorrorroman, wie auch das Cover eindrucksvoll suggerierte. Für Ortskundige ist dieser Roman auch sicherlich ein Highlight, und wenn man keinen Roman der Serie Larry Brent in Händen halten würde, gäbe es auch nicht so viel daran auszusetzen. Aber auf dem Cover steht eben eindeutig LARRY BRENT, und so erwartet man auch einen Roman, in dem der PSA-Agent eine der Hauptrollen spielt.

Doch während David Gallun seinen ersten Auftritt auf Seite 43 hat, darf Larry erst auf Seite 93 leibhaftig und namentlich in Erscheinung treten, während er davor nur zweimal andeutungsweise auftauchte. Für ein Buch, das es auf 167 Seiten bringt, ist das mehr als dürftig. Die Protagonisten sind hierbei eindeutig Frank Gerber und Dr. Hoffmann, und so wäre der Romane eher etwas für die |Magic Edition| gewesen. Den Auftritt von Iwan Kunaritschew hätte sich der Autor vollends sparen können. Dafür sind die Passagen mit den Ratten extrem spannend ausgefallen, da kann es einem zartbesaiteten Gemüt schon mal kalt den Rücken herunterlaufen. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass Al Wallon etwas mehr auf die Mutation des Rattenkönigs eingegangen wäre. Zuerst mutierte ja das Bündel mit den Schwänzen verknoteter Ratten, später wird aber nur von |einer| riesigen Ratte berichtet.

Was mir noch aufgefallen ist, ist die Vorliebe des Autors für Klammern, in denen er seine Nebensätze verpackt und die bisweilen den Lesefluss doch sehr stören. Wenn auf jeder zweiten Seite ein Satz in Klammern gesetzt wird, ist das eindeutig zu viel. Außerdem hat sich mir der Eindruck aufgedrängt, als ob dieser Roman schon sehr viel eher erscheinen sollte, aber aus irgendwelchen Gründen zurückgehalten wurde, denn Larry erinnert sich an frühere Fälle, was ich persönlich sehr begrüße, allerdings hieß es dort, dass der Fall „Das Kind der Toten“ erst ein Jahr her ist, obwohl der Roman bereits vor sieben oder acht Jahren erschien. Die letzte Begegnung mit Iwan Kunaritschew war angeblich in dem Buch „Der Blutengel von Tschernobyl“. Bis jetzt gab es aber schon drei weitere Bücher, in denen Larry und Iwan gemeinsam ermittelten. Ein wenig mehr Chronologie wäre hier wünschenswert gewesen. Zudem sollte man die Angabe von Datum und Uhrzeit konsequent durchführen und nicht nur die ersten zwei oder drei Kapitel damit versehen. Später kommt man schnell durcheinander, wenn man nur mit Uhrzeiten bombardiert und noch nicht mal informiert wird, welcher Wochentag gerade ist; da hätte man sich den Rest auch sparen können. Insgesamt ein kurzweiliger, spannender Tierhorrorroman, er wäre aber um einiges besser, wenn es kein Larry-Brent-Roman geworden wäre.

Die Innen-Illustrationen von Pat Hachfeld geben die Atmosphäre des Romans gut wieder, auch wenn mir das zweite Bild nicht ganz so gut gefällt, da es zu sehr nach Comic aussieht. Zum Titelbild: Ein super Cover; dadurch, dass die ganze Szenerie in einem blutigen Rot gehalten wird, bekommt die Ratte, die allein schon durch ihre Größe bedrohlich wirkt, noch nachhaltig etwas Angsteinflößendes.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

Sinisalo, Johanna – Troll: Eine Liebesgeschichte

Trolle sind nicht unbedingt das, was man mit Belletristik für Erwachsene verbinden würde. Denn: Trolle? Sind das nicht diese skandinavischen Märchenfiguren mit den großen Füßen und den Knollnasen?

Immerhin in einem Punkt bestärkt uns die finnische Autorin Johanna Sinisalo. „Troll: Eine Liebesgeschichte“ spielt tatsächlich in Skandinavien, um ganz genau zu sein in Helsinki. Allerdings hat ihr Roman wenig mit drolligen Kindergeschichten wie den Mumins zu tun.

Als der gutaussehende Werbefotograf Angel eines Abends von einem Date nach Hause kommt, sieht er eine Bande von Jugendlichen ein Kind im Innenhof zu seiner Wohnung verprügeln. Mutig schreitet er ein, doch als er sich über den leblosen Jungen beugt, muss er feststellen, dass es sich dabei überhaupt nicht um ein Kind handelt. Das Wesen mit den schwarzen Zotteln und den feuerroten Katzenaugen ist ein junger Troll.

Er scheint verletzt und schwach. Deshalb nimmt Angel ihn mit in seine Wohnung, wo er ihn aufpäppelt. Pessi, wie er den Troll nach einer Kinderbuchfigur nennt, erholt sich nur langsam. Obwohl Angel anfangs nicht so genau weiß, was er mit dem Wesen machen soll, wird es immer mehr Teil seines Alltags. Darüber vergisst er nicht nur seinen Beruf, sondern auch die wenigen Freunde, die er hat. Er bindet sich vollkommen an den Troll, ohne zu merken, dass das mythische Wesen einen großen Einfluss auf ihn hat. Als Martes, Arbeitgeber und Date von Angel, seinem komischen Benehmen auf die Spur kommen will, kommt es zum Eklat. Pessi ist und bleibt ein wildes Wesen – für ihn gelten keine Menschenregeln …

Was die Autorin sich da ausgedacht hat, ist ziemlich überraschend. Ein Troll? In einem Roman für Erwachsene?

Ja, für Erwachsene. „Troll: Eine Liebesgeschichte“ ist kein Buch für Kinder. Sinisalo holt den Troll aus seiner Märchenhöhle und dichtet ihm aphrodisierende Wirkung an. Pessi, als Wesen der Wildnis, verströmt Pheromone, die einen nicht ungefährlichen Einfluss auf seine Umwelt haben. An der einen oder anderen Stelle geht die Autorin sogar einen Schritt in Richtung Erotik, ohne dabei zu offensichtlich zu werden.

Dadurch ist das Buch, zumindest gegen Ende, stellenweise sehr aufgeladen. Am Anfang kann man das nicht gerade behaupten, Die Geschichte schleppt sich mit melancholischer Stimmung vorwärts. Angel findet den Troll und beschäftigt sich mit dessen Lebens- und Essgewohnheiten. Der Leser ebenfalls. Sinisalo flicht in ihre Prosaerzählung zahlreiche Informationen über die Trolle ein, sei es durch Lexikonartikel oder längere Zitate aus Literatur und Dichtung. Das ist auf der einen Seite durchaus interessant, da sich die Erkenntnisse daraus aber wiederholen, zugleich auch nervig. Vor allem deshalb, weil diese Sachtexte, die ab einem gewissen Zeitpunkt keinen wirklichen Zusammenhang zur Erzählung mehr haben, den Lesefluss stören.

Gegen Ende schafft die Finnin es dann doch noch, ihre Geschichte in Schwung zu bringen. Die Ereignislosigkeit, die den Anfang regiert, wird durch Ereignisse ersetzt. Es kommt ein gewisser Zauber auf, der leider sehr schnell zusammen mit der Geschichte zu Ende geht. Das ist natürlich ungeschickt. Trotzdem zeigt das Buch, im übrigen das erste Belletristikwerk der Science-Fiction- und Fantasyautorin, dass Johanna Sinisalo das Zeug für eine gute Geschichte hat. Es offenbart sich nur nicht so ganz bei „Troll: Eine Liebesgeschichte“.

Personen und Schreibstil wirken ebenfalls oft so, als ob sie noch in den Kinderschuhen steckten. Die Charaktere, die aus der Ich-Perspektive erzählen, wirken meist etwas schwammig. Ihnen fehlt es an echten Wesenszügen, auch wenn Sinisalo sich sichtlich bemüht. Trotzdem ähneln sich die Figuren zu stark, um als herausragend bezeichnet zu werden.

Palomita, die einzige Frau im Ensemble, kann dennoch Lob verbuchen. Die junge Philipinnin, die „Katalogbraut“ von Angels Nachbarn, wird authentisch dargestellt. Ihre Denkweise ist naiv und ihr Wortschatz ist sehr einfach. Sie lebt in Angst vor ihrem herrischen Ehemann und schafft es dennoch immer wieder, Angel und den Troll hinter dessen Rücken zu treffen.

Während Palomitas Perspektive durch die Einfachheit im Schreibstil besticht, macht es sich Sinisalo bei den anderen Figuren manchmal unnötig schwer. Nicht immer, aber an einigen Stellen wirken ihre Worte nicht flüssig, sondern geradezu anstrengend. Der kantige Schreibstil, der durchaus seinen Charme hat, wird der Finnin zum Verhängnis. Dass die Übersetzung daran ihren Anteil hat, ist natürlich möglich. Woran sie aber sicherlich nicht schuld ist, ist Sinisalos Hang zu Reihungen, vor allem in Bezug auf beschreibende Adjektive vor einem Nomen. Diese Konstellation tritt sehr häufig auf und erweist sich oft als Stolperstelle.

Lobenswert zu erwähnen ist Johanna Sinisalos Umgang mit Stilmitteln. Sie benutzt viele Bilder, Metaphern und Vergleiche, die teils kühl, teils poetisch für Anschaulichkeit sorgen. Sie schreckt auch nicht davor zurück, eigene Begriffe zusammenzusetzen, wie zum Beispiel auf Seite 33.

|…[meine] Augen öffnen sich, und ringsum ist die blaugraue Spielnacht des Zimmers.|

Dadurch würzt sie die Geschichte mit einer eigenen Note. Eine eigene Note hätten dem gesamten Schreibstil oder den Personen auch nicht geschadet. Sie wirken ausbaufähig, genau wie die Handlung. Dennoch hat „Troll: Eine Liebesgeschichte“ seine Höhepunkte. Das Ende der Geschichte und der Einsatz von rhetorischen Stilmitteln können sich sehen lassen. Insgesamt fehlt es dem Buch aber ein wenig an Substanz.

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Sassenberg, Volker – Gabriel Burns – Bereit (Folge 23)

Die |Phase: Fleisch| ist mit Folge 22 abgeschlossen worden. Doch diese Phase hat nur am Anfang gestanden und keineswegs das Ende der |Gabriel Burns|-Hörspielreihe markiert. Im Gegenteil, das Grauen wird nun konkreter und die Geheimnisse, die sich im Laufe der Episoden angesammelt haben, harren darauf, endlich gelüftet zu werden. So steht „Bereit“, die nunmehr 23. Folge der Mystery-Reihe, ganz im Zeichen der Offenbarungen und verspricht seinen Hörern, die lang ersehnten Antworten zu geben – selbstverständlich nur häppchenweise und innerhalb eines angemessenen Spannungsbogens. Schließlich soll das Hörspielerlebnis nicht mit einem Mal zu Ende gehen.

_Vorgeschichte: Folgen 1 bis 22_

Vancouver: Steven Burns, erfolgloser Schriftsteller, hält sich mehr schlecht als recht als Taxifahrer über Wasser. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er an den geheimnisvollen Bakerman gerät – oder treffender: als Bakerman Steven kontaktiert, um ihn in ein mysteriöses Projekt einzuweihen, das sich unheimlicher Phänomene angenommen hat. Warum Bakerman, der dieses Projekt leitet, gerade Steven für seine Pläne auserkoren hat, wird dem Schriftsteller in dem Moment klar, als er an seinen Bruder Daniel zurückdenkt. Dieser verschwand nämlich im Alter von vier Jahren auf seinem Geburtstag, als Steven ihn bat, in eine Kiste zu steigen und einen Zaubertrick über sich ergehen zu lassen. Doch das Resultat war kein harmloses Kinderspiel, denn Daniel war plötzlich wie weggezaubert und blieb spurlos verschwunden.

Obwohl Bakerman auf die Geschehnisse von Stevens geheimnisvoller Zaubergabe anspielt, bleibt er ihm die Antworten schuldig. Und wenn er etwas herausrückt, dann nur sehr spärlich und darauf bedacht, die wahren Hintergründe im Dunkeln zu lassen. Denn Bakerman möchte Stevens Fähigkeiten erst einmal testen und eine Vertrauensbasis aufbauen. So schickt er ihn über den gesamten Globus; immer dort hin, wo auf eigenartige Weise Menschen verschwinden, von gefährlichen Experimente berichtet wird oder scheinbare Naturphänomene ans Tageslicht treten.

Steven Burns zur Seite stehen Joyce Kramer und Larry Newman, die das Viererteam um Bakerman komplettieren. Joyce ist bereits seit vielen Jahren ein treuer Verbündeter Bakermans und stellt seine Pläne nicht in Frage. Larry hingegen ist erst kurze Zeit nach Steven zur Mannschaft gestoßen, als sich der frühere Forstbeamte in den Wäldern von Yukon widernatürlichen Phänomenen ausgesetzt sieht und daraufhin beschließt, das Böse zu bekämpfen. Die zehn fahlen Orte sind es, die Steven Burns, Bakerman, Joyce und Larry in Atem halten. Orte, an denen das Böse zum Vorschein kommt und Tore in eine andere Welt geöffnet werden sollen, um die Menschheit durch Kreaturen aus der Hölle zu verschlingen.

Auf einer ihrer letzten Expeditionen hat es das Team dabei nach Vietnam verschlagen, wo die bisherigen Ereignisse um die fahlen Orte zusammengelaufen sind. Doch Steven und Co. haben es nicht verhindern können, dass die erste Phase, die Phase der Fleischwerdung, abgeschlossen worden ist. Doch an Aufgabe ist nicht zu denken: Der Kampf hat gerade erst begonnen …

_Inhalt_

Folge 23 „Bereit“ startet mit einem Rückblick. Bakerman ist in einer schottischen Kneipe in Edinburgh mit einem Norman Osgood in eine Schachpartie verwickelt, die er für sich entscheiden kann. Nicht nur einmal, jede Revanche gewinnt Bakerman für sich – bis Osgood die Beherrschung verliert und seine Waffe zieht. Doch Bakerman ist schneller und kann sein Gegenüber mit einem Messer zur Strecke bringen. Doch den Tod Osgoods hat er nicht gewünscht. Osgood war kein Bösewicht, sondern nur ein verwirrter Irrer, den er nicht ermorden wollte. Bakermane schwört sich, nie wieder hierher, nach Edinburgh zurückzukehren. Aber die Dinge nehmen ihren Lauf und zwingen ihn, ebendies Jahrzehnte später zu tun.

Bakerman ist mit dem Zug in Schottland unterwegs zum Rannoch Moor, wo er Stevens Eltern einen Besuch abstatten will. Mitten im sumpfigen Morast kommt der Zug durch die Notbremse zum Stehen und Bakerman erkennt im Moor eine Gestalt, die ihn an Osgood erinnert. Entgegen aller Warnungen steigt er aus und tritt tatsächlich einer Osgood, allerdings einer Laura Osgood entgegen. Sie hat von Bakermans Anreise erfahren und will ihren vor Jahren getöteten Vater rächen. Bakerman will Osgood beruhigen, doch die Frau reagiert völlig apathisch. Als sie sich plötzlich in einen Grauen Engel verwandelt, weiß Bakerman, dass er einen Fehler gemacht hat. Es ist zu spät. Als er in eine Moorgrube geschleudert wird und spürt, wie sein Körper nach unten gezogen wird, sieht er bereits sein Leben an ihm vorbeirauschen.

Szenenwechsel: Steven ist zu Besuch bei seinen Eltern und bereitet sie darauf vor, dass Bakerman in Kürze eintrifft, da er sie ein weiteres Mal über Daniel befragen möchte. Seine Eltern führen eine Jugendherberge in dieser düsteren Gegend und kommen mehr schlecht als recht über die Runden. Viel zu besprechen hat Steven mit ihnen über Bakermans anstehenden Besuch hinaus jedoch nicht, denn seine Aufmerksamkeit wird schnell von dem Mädchen namens Anny eingenommen. Sie leidet unter Epilepsie und wird von Stevens Mutter betreut. Es ist aber nicht die Krankheit, die ihn stutzen lässt. Anny wird nämlich nächstens in ihren Träumen von Geistern heimgesucht, von den toten Kindern aus Moat Palon. Und eine Frau sei ihr erschienen, die ihr angekündigt habe, sie bald ebenso wie die anderen Kinder zu verschleppen. Steven ist beunruhigt und glaubt dem Mädchen. Obwohl er in der kommenden Nacht bei ihr im Zimmer bleibt, kann er nicht verhindern, dass sie am nächsten Morgen verschwunden ist.

Die Ereignisse überschlagen sich. Steven sieht eine Verbindung zwischen Anny und seinem Bruder Daniel und sucht ortskundige Führer auf, die ihn nach Moat Palon, einer alten Brückenanlage weit draußen im Moor, bringen soll. Zwischenzeitlich taucht auch Bakerman auf, völlig von vertrocknetem Schlamm bedeckt. Doch die Zeit rennt davon und Erklärungen über Bakermans Erscheinen müssen warten. Als die beiden endlich Moat Palon erreicht haben, wittern sie bereits die Falle. Aber es ist zu spät zur Umkehr und Steven fühlt, dass er hier Antworten finden kann. Dann taucht plötzlich wieder Laura Osgood auf und verwandelt sich erneut in einen Grauen Engel. Bakerman will fliehen, doch Steven hat es satt, immer wieder wegzurennen. Er will kämpfen und hält direkt auf das Ungeheuer zu – als es sie beide in ihrer Berührung verschluckt, zu einem Ort, an dem Steven endlich erfährt, wer er wirklich ist.

_Bewertung_

„Bereit“ leitet eine neue Phase in der Hörspielreihe „Gabriel Burns“ ein. Mussten Steven und sein Team bisher in Erfahrung bringen, mit welchen Widersachern sie es zu tun haben, welche Monstrositäten diese Welt bedrohen und welche Geheimnisse darauf warten, gelüftet zu werden, so geht mit Folge 23 ein kleiner Bruch daher. Die zehn fahlen Orte sind bekannt, die Zeit des Abwägens vorüber. Jede Sekunde zählt, und so ist Stevens Verhalten, nicht länger vor seinen Gegnern davonzulaufen, sondern sich den Gefahren zu stellen, von einer schlüssigen und gut vorbereiteten Charakterentwicklung gezeichnet. Vor allem im letzten Drittel der Folge erfährt der Hörer endlich, was es mit dem Protagonisten auf sich hat und die Reihe eigentlich „Gabriel Burns“ und nicht Steven Burns heißt. Man konnte sich zwar schon durch den ein oder anderen Hinweis seine Gedanken machen, doch die Auflösung kommt wirklich überraschend und als fesselnder Höhepunkt der Folge 23 daher.

Nicht nur das Finale in einer psychedelischen, wunderschön umgesetzten Albtraumsequenz, die wirklich alle Vorzüge eines Hörspiels ausreizt, macht „Bereit“ zu einer gelungenen Episode. Auch die in sich abgeschlossene Handlung kann überzeugen. Es ist zwar schade, dass Stevens Eltern nur kurze Gastrollen bekommen haben, doch die überzeugende und einfühlsame Geschichte der kleinen Anny lässt diese Tatsache in den Hintergrund rücken. Ihr Verschwinden und das, was mit ihr schließlich auf Moat Palon passiert, angeleiert durch Laura Osgood, zeigen einmal mehr die Unbarmherzigkeit von Stevens Burns‘ Widersachern. Das alles ist effektvoll in Szene gesetzt und ein Hörspielgenuss erster Güte.

Wer sich noch nicht |Gabriel Burns| angehört hat, sollte dies spätestens mit dieser Folge tun. Nur wird er dann nicht umhin kommen, sich die vorigen Episoden zu besorgen. Ein Metaplot, wie er spannend begann, in der Mitte einige Hänger hatte, nun jedoch wieder völlig zu überzeugen weiß, macht die Serie zu einem wahren Erlebnis, das noch viel Raum für weitere spannende Episoden lässt.

http://www.gabrielburns.de/

|Siehe ergänzend dazu auch unsere Besprechungen zu den aktuellen Buchveröffentlichungen|

[„Gabriel Burns: Die Grauen Engel“ 3892
[„Gabriel Burns: Verehrung“ 3960

Busiek, Kurt (Autor) / Nord, Cary (Zeichner) – Conan 3: Der Elefantenturm und andere Geschichten

[„Conan 1 – Die Tochter des Frostriesen und andere Geschichten“ 2840
[„Conan 2 – Der Gott in der Kugel und andere Geschichten“ 3156

_Story_

Gerade erst hat Conan eine verheerende List seines Erzfeinds Tothamon lebendig überstanden, da droht auch schon das nächste Ärgernis: Sein gesamtes Hab und Gut wurde ihm im Schlaf gestohlen, was den Barbaren veranlasst, erst einmal mächtig Dampf abzulassen. Er übernachtet auf seiner Weiterreise, geprägt durch sein Misstrauen den Menschen gegenüber, auf dem Dämonenberg Uskuth und überlebt auch das Gefecht mit den finsteren Schergen, die ihn dort alsbald angreifen. Seine Angriffslust entlädt Conan schließlich in mehreren Raubzügen in der Stadt der Diebe, im Lande Zamora, wo er sich durch den Raub mächtiger Artefakte schnell einen Namen macht.

Dort trifft er auch auf seine alte Gefährtin Jiara, die ihn scheinbar erst kürzlich bestohlen hat. Er schenkt ihr sein erneutes Vertrauen, um einen bedeutenden Raubzug zu starten, endet dabei aber im absoluten Chaos, als eine fürchterliche Bestie durch die Straßen Zamoras zieht. Unbeeindruckt geht der Barbar jedoch seinen Weg zum Elefantenturm, in dem der niederträchtige Zauberer Yara ein mysteriöses Herz verborgen hält, welches schon seit Jahren Ziel erfolgloser Gaunereien war. Conan verbündet sich bei der Ankunft am Elfenbeinturm mit Taurus, dem Prinzen der Diebe, der über alle Tücken des Turms informiert ist. Als Taurus dann aber unter seltsamen Umständen trotzdem fällt, ist Conan plötzlich ganz auf sich alleine gestellt – ohne dabei zu wissen, welche Gefahren tatsächlich im Elefantenturm lauern.

_Persönlicher Eindruck_

Mit dem dritten Band seiner neu aufgelegten „Conan“-Serie belebt Kurz Busiek einen der ältesten und meistgelobten Mythen um den geschichtsträchtigen Barbaren von Neuem und führt die Comic-Saga um den Cimmerier eindrucksvoll fort. Zwar ist der Einstieg in die neue Geschichte nach den rasanten Geschehnissen aus dem vorangegangenen Sammelwerk etwas träger, weil neben einigen brutalen Actionszenen die Handlung noch nicht so richtig in Gang kommen möchte, doch spätestens mit Conans Ankunft in Zamora und seinen ersten Streifzügen durch die dortige Unterwelt erreicht der Autor nebst Zeichner Cary Nord wieder das überdurchschnittliche Niveau, welches schon die ersten Sammelbände zu Perlen des Genres machte.

In „Der Elefantenturm und andere Geschichten“ erlebt man den Titelhelden von einer gänzlich ungezügelten Seite; er plündert, mordet, raubt und ist immer mitten im Tumult, wenn sich eine körperliche Auseinandersetzung auch nur anbahnt. Des Weiteren hat seine Gnadenlosigkeit dem anderen Geschlecht gegenüber einen noch heftigeren Level erreicht; Conan verzeiht mittlerweile nicht mehr, hat seine Naivität bzw. sein Urvertrauen zur eigenen Rasse inzwischen komplett abgestreift und zögert bei seiner Meinungsbildung nicht mehr lange. Wer sich ihm in den Weg stellt oder seine Pläne anzweifelt, bekommt es mit seinen barbarischen Kräften zu tun, und die sind nicht erst seit gestern berühmt und legendär.

Allerdings sollte man Conans Begegnung mit dem Elefantenturm in dieser Ausgabe nicht aus der Perspektive des stumpfen Action-Geprügels sehen; rein inhaltlich bewegt sich Busiek, der die Vorlage des Kultautors Robert E. Howard hier fantastisch interpretiert und adaptiert, ebenfalls auf einem ansprechenden Niveau, wenngleich der Aufbau der Geschichten sich von jeglicher Komplexität distanziert. Diesbezüglich hält sich Busiek sehr nah am Original und beschränkt sich in der Fortschrittlichkeit seines Werkes in erster Linie auf die aussagekräftigen Zeichnungen seines Kollegen Nord. Der jedoch löst seine Aufgabe mit Bravour und haucht der eh schon gewaltigen Story einen enormen Streifen zusätzlicher Lebendigkeit ein, was sich besonders in den rauen Illustrationen der Kampfszenen niederschlägt. Hier fängt Nord nicht nur den Mythos Conan, sondern auch dessen unbändige Kraft immer wieder in Gemälden ein, die dem Betrachter schlichtweg den Atem rauben. Meines Erachtens hat er hier, sicherlich auch bedingt durch das recht brutale Setting, sein bisheriges Meisterstück abgeliefert.

Inhaltlich hingegen würde ich die Geschichte um den Elefantenturm eher an die bislang letzte Stelle der drei bereits erschienen Ausgaben der Neuauflage der „Conan“-Comics einordnen. Nicht etwa, dass die Geschichte irgendwelche qualitativen Defizite aufweisen würde, aber es braucht einfach seine Zeit, bis das gewohnte Tempo erreicht wird und man von den Ereignissen gefesselt ist, was wiederum bis dato nie der Fall war. Dennoch: „Der Elefantenturm und andere Geschichte“ ist ein toller Comic samt mitreißender Story und überwältigenden Zeichnungen. Wer bereits die Tochter des Frostriesen und den Gott in der Kugel kennen und lieben gelernt hat, sollte auch hier keinesfalls verzichten.

http://www.paninicomics.de

Yann / Berthet – Poison Ivy 1: Sumpfblüte

_Story_

Die verwaiste Swampy wächst gemeinsam mit ihrem Bruder Tinkleberry in einer Sumpflandschaft Louisianas auf und reift dort langsam aber sicher zur jungen Frau heran. Doch ihr Frieden wird an einem verhängnisvollen Abend gestört, als sie von einer Seherin erfährt, dass ihr der baldige Tod droht. Und auch ihr Bruder scheint sie kaum noch beschützen zu können, plant er doch, in Kürze der amerikanischen Flugstaffel beizutreten und an der Seite der Flying Tigers in China zu kämpfen.

Ihr Schicksal scheint besiegelt, als sie Tinkleberry eines Nachts nachspioniert und auf ihrer Flucht vor dem Zorn des Bruders auf zwei asiatische Spitzel trifft, die in den Gewässern des Sumpfes merkwürdige Dinge treiben. Als sie sich von Swampy ertappt fühlen, beschließen sie, das Mädchen umgehend zu töten. Doch die junge Dame hat auf Empfehlung der Seherin ein Gegenmittel gegen das ihr eingeflößte Gift bereit und rettet sich in letzter Sekunde – allerdings mit verheerenden Auswirkungen.

Als sie nämlich unfreiwillig zwei junge Herrschaften, die ihr an die Wäsche wollen, küsst, sind diese Auf der Stelle tot. Bereits kurze Zeit später – inzwischen ist eine weitere Person ihrem Kuss erlegen – flüchtet Swampy nach New Orleans. Aber mit der Ruhe ist es vorbei: Präsident Roosevelt hat von den außergewöhnlichen Fähigkeiten des Mädchens Kenntnis genommen und beruft Swampy unter dem Decknamen Poison Ivy in seine Organisation W.O.W. Der Beginn einer aufregenden Karriere für die Sumpfblüte …

_Persönlicher Eindruck_

Poison Ivy? Ist das nicht die Gegenspielerin der legendären Fledermaus? Richtig, doch die hier zitierte Titelheldin hat mit der Schurkin aus den Batman-Comics absolut nichts gemeinsam und steht auch in keinem Zusammenhang mit der mittlerweile nur noch selten bemühten DC-Figur. Alleine deswegen scheint es schon ziemlich mutig von Autor Yann, den Namen für seine neue Serie zu verwenden, denn Rechtsstreitigkeiten scheinen schon vorprogrammiert.

Darüber sollten sich Fans anspruchsvollerer Comics aber erst einmal keinen Kopf machen, sondern stattdessen diesen reizenden Auftaktband in vollen Zügen genießen. „Poison Ivy – Sumpfblüte“ ist nämlich ein allzu außergewöhnliches Comic-Vergnügen, gespickt mit Versatzstücken ganz verschiedener Genres und dabei dramatisch, witzig und sehenswert zugleich. Dabei besticht vor allem der unkonventionelle Aufbau der Story, die sich nach dem behäbigen Auftakt blitzschnell in ein rasend fortschreitendes Spektakel verwandelt, dessen Charaktere nicht nur eigenartig und seltsam, sondern gleichsam auch völlig faszinierend sind.

Nichtsdestotrotz erfüllt Swampy alias Poison Ivy aber nicht wirklich die Bedingungen einer echten Comic-Heldin; sie ist bescheiden, teils auch sehr launisch und generell voller harmonierender Gegensätze. Dabei ist sie überdies nicht mehr als ein typisches Landei, welches sich voll und ganz den Traditionen und Riten ihres Herkunftsorts verschrieben hat und alleine schon durch ihr barbusiges, naives Auftreten überhaupt nicht dazu taugt, die schwere Bürde einer Heldin auf ihren Schultern zu tragen. Doch nach und nach gesteht ihr der Autor eine gehörige Entwicklung zu, lässt sie zur Frau reifen und macht aus dem sympathischen, teils auch tollpatschigen Mädel eine selbstbewusste Figur, deren Identifikationswert von Seite zu Seite steigt – und damit ist Yann schließlich in kürzester Zeit das gelungen, woran viele Kollegen selbst über eine größere Spanne sang- und klanglos scheitern, nämlich ein Charakterprofil zu erstellen und weiterzuformen, ohne dass die Entwicklung die Story überholt.

Des Weiteren ist auch das Setting eher ungewöhnlich, deswegen aber gerade auch wieder so interessant. Die Handlung spielt in den frühen 30ern und ist insgesamt auch recht politisch motiviert. Da ist die Rede vom flüchtigen Tinkleberry, der dem Ruf der Army gefolgt ist, oder aber von einem Präsidenten, dessen Sondertruppe derart zynisch entworfen wurde, dass die unterschwellige Gesellschaftskritik, die darin verborgen liegt, selbst für kritische Leser stets mit einem Schmunzeln bedacht werden muss. Die W.O.W. ist nämlich ein Verbund von Frauen, deren übermenschliche Fähigkeiten tödlich sind, was ja erst mal noch gar nicht ungewöhnlich ist. Als sie dann aber eine kleine Kostprobe an einigen amerikanischen Nazi-Sympathisanten geben und zum Vergnügen des jungen Roosevelt abgesegnete Morde begehen, zeigt sich zum ersten Mal ganz deutlich, wie Yann mit überspitzten Darstellungen zu provozieren, gleichzeitig aber auch auf höchstem Niveau zu unterhalten vermag. Es ist zwar unbestritten, dass derartige Szenarien nicht jedermanns Geschmack sein werden, da jedoch hier ganz bewusst und vor allem sehr intelligent ein fesselnder Rahmen mit derartigen ‚Hilfsmitteln‘ aufgebaut wird, offenbart „Sumpfblüte“ selbst in diesen brisanten Passagen keinerlei Angriffsfläche.

Dass nebenbei dann auch noch ein geschickt geformter Spannungsbogen konstruiert wird, spricht für das Talent des Autors und die Klasse des Debüts. Yann und sein fabelhaft aufgelegter Kollege Berthet, der ganz deutlich von der französischen Schule beeinflusst wurde, haben hier etwas geschaffen, das selbst im Bereich der Action-Comics ziemlich originell und andersartig erscheint, dabei absolut nicht klischeebesetzt und zu guter Letzt auch noch mit einem gesunden Humor ausgestattet ist. Dazu kommen Figuren, die einem auf ganz merkwürdige, unbeschreibliche Art und Weise ans Herz wachsen und sich wohlig von den ausgetretenen Standards in diesem Genre distanzieren. Solche Innovationen sind natürlich immer willkommen und werden nicht nur mit einem Lob, sondern vor allem auch mit einer ganz saftigen Empfehlung bedacht. „Poison Ivy“ verspricht bereits jetzt, eine echte Hammer-Serie zu werden, so dass man nur hoffen kann, dass |DC| sich zurückhalten und die Vergabe des Titels tolerieren. Gar nicht auszudenken, was der Leser sonst verpassen würde …

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Durbridge, Francis – Paul Temple und der Fall Z

Eine Reise führt das Ehepaar Paul und Steve Temple nach England: Paul, der als Schriftsteller ebenso berühmt ist wie als Amateur-Detektiv, hat der berühmten Schauspielerin Iris Archer ein Theaterstück auf den schönen Leib geschrieben. Zu seinem Erstaunen sagt sie, die zunächst die Rolle der „Lady Seaton“ spielen wollte, nunmehr ohne Angabe von Gründen ab. Enttäuscht begeben sich die Temples auf einen längeren Urlaub, der sie nach Schottland in das idyllische Dörflein Inverdale führt.

Noch bevor sie ihr Ziel erreichen, werden sie von einem jungen, sehr aufgeregten Mann angehalten, der ihnen einen Brief übergibt, den sie unbedingt einem Mr. John Richmond in Inverdale übergeben sollen. Der hilfsbereite Temple schlägt ein – und wird neugierig, als ihn zwei zwielichtige Gestalten behelligen, denen er unbedingt besagten Brief aushändigen soll. Temple täuscht sie mit einem Trick und will in Inverdale Kontakt zu Richmond aufnehmen. Der entpuppt sich als Sir Graham Forbes, Chief Commissioner von Scotland Yard und ein alter Freund der Temples, der hier offenbar auf einer geheimen Mission ist. Im Gasthof „Royal Gate“ taucht darüber hinaus Iris Archer auf!

Wie der Zufall so spielt, sind die Temples genau dorthin gereist, wo ein international aktiver Spionagering sein Unwesen treibt. Die Kunde von einer angeblichen militärischen Wunderwaffe wurde ihrem Anführer – dem mysteriösen „Z.04“ – vom britischen Geheimdienst zugespielt, der sich tatsächlich aus der Reserve locken und den Erfinder nach Schottland verschleppen ließ. Dort hat er inzwischen seine Erfindung verbessert, die nunmehr funktioniert und auf keinen Fall das Land verlassen darf!

Temples Auftauchen sorgt für Nervosität unter den Spionen. Als er und Steve nur knapp einem Mordanschlag entgehen, schaltet sich der ergrimmte Detektiv in die Ermittlungen ein. Dank seiner Fähigkeiten entlarvt er allmählich die einzelnen Bandenmitglieder, zu denen auch Iris Archer zählt. Doch wenn es nicht gelingt, „Z.04“ die Maske vom Gesicht zu reißen, könnte der Coup der Spione noch gelingen …

Francis Durbridge gehört zu denjenigen Schriftstellern, die einst in Deutschland einen Ruf wie Donnerhall besaßen und deren Werke Rekordauflagen erzielten. Die heutige Generation eifriger Krimileser kennt ihn jedoch nicht mehr. Viele Jahre zurück liegt jene Ära, in der „Durbridge“ als Synonym für intelligente, sorgfältig produzierte TV-Mehrteiler – heute würde man von Mini-Serien sprechen – stand. „Das Halstuch“ oder „Melissa“ lockten in den 1960er Jahren – es gab damals nur zwei Fernsehsender – mehr als 90 Prozent der Zuschauer vor die noch schwarzweiß strahlende Röhre; kein Wunder, dass Durbridge den Deutschen als Gott seines Genres galt!

Das ist er nicht, wie sich bei nüchterner Betrachtung herausstellt. „Paul Temple und der Fall Z“ mag zwar nicht der beste Roman seines Verfassers sein, doch typisch ist er durchaus: ein Krimi, den wir heute gern „klassisch“ nennen, weil er in einer Art Operetten-Britannien spielt und sich die Figuren mit einem Spiel beschäftigen, das wir „Whodunit?“ nennen. Ein Verbrechen ist geschehen, dem sich weitere kriminelle Untaten anschließen. Im Wettlauf mit dem Bösen ermittelt in der Regel ein Detektiv – die Polizei begnügt sich mit der Rolle des Steigbügelhalters – und kann in letzter Sekunde den Fall lösen sowie den Täter oder die Täterin entlarven. Bis es so weit ist, konnten auch die Leser miträtseln; der Verfasser streute gut versteckt diverse Hinweise ein.

Die fallen hier freilich ein wenig zu deutlich aus, so dass man rasch merkt, wer sich als „Z.04“ tarnt. Ohnehin sollte man nachsichtig an die Lektüre dieses Romans gehen, um zum Schutze der Nackenmuskulatur allzu ausgiebiges Kopfschütteln zu vermeiden. „Paul Temple und der Fall Z“ wurde 1940 veröffentlicht und erzählt eine Spionagegeschichte. Eigentlich ist völlig klar, wer hinter den Spionen stecken muss: die Nazis, mit denen sich Großbritannien zu diesem Zeitpunkt bereits im Krieg befand. Doch davon lesen wir kein einziges Wort: „Paul Temple und der Fall Z“ spielt offensichtlich vor Ausbruch des II. Weltkriegs.

In diesem unseren Lande wurde besonders im Bereich der ‚leichten Lektüre‘ gern ausgeblendet, was auf die unschöne Episode des „III. Reiches“ verwies. So mancher zeitgenössische Serienheld gab den Nazis Saures, ohne dass man die womöglich darob eingeschnappten deutschen Leser damit nach 1945 konfrontiert hätte. Deshalb blieb auch dieses Buch im Gegensatz zu den meisten anderen Romanen der Temple-Serie in den 1960er und 70er Jahren ohne Eindeutschung. Erst 2006 wurde „Paul Temple und der Fall Z“ zum ersten Mal in Deutschland veröffentlicht; die deutschen Leser verkraften es nunmehr, dass ihre Landsleute einst nicht wohlgelitten waren, weil sie einen Weltkrieg entfesselt hatten …

Allerdings gibt es Indizien dafür, dass sich Durbridge selbst einer gewissen Realitätsflucht schuldig gemacht hat. Er war kein Enthüllungsschriftsteller, sondern ein „professional writer“, der sein Publikum primär unterhalten wollte. Nur so lässt sich die Naivität des Plots erklären (oder entschuldigen), den er uns in „Paul Temple und der Fall Z“ präsentiert. Seit John Buchans Geheimagent Richard Hannay 1915 in „The Thirty-Nine Steps“ (dt. „Die 39 Stufen“) Spione durch Schottland jagte, hat sich im Agentengeschäft offenbar nicht viel getan. Die Organisation des „Z.04“ besticht durch ihre vollkommene Realitätsferne; hier agieren Kino-Spione der B-Kategorie.

Ebenso kindisch gestaltet Durbridge auch sonst das ‚geheimdienstliche‘ Umfeld: Da erfindet ein Hobby-Genie in seinem Kartoffelkeller eine Superwaffe; er bietet sie dem britischen Kriegsministerium an, das ihn vor die Tür setzt, weil eine Kleinigkeit noch nicht funktionieren will; „Z.04“ schnappt sich den Erfinder und richtet ihm ein Labor in der schottischen Einöde ein, wo er sein Werk vollenden soll; die britische Regierung erfährt davon, weil der Bruder des Erfinders diesen nicht mehr besuchen darf; daraufhin schleust man einen Maulwurf ein, der zu den dümmsten seiner Branche gehört, und entsendet einen ältlichen Scotland-Yard-Beamten als Kontaktmann, der in einem geisterbahnhaften Gasthaus residiert; dieser hat wiederum keinerlei Bedenken, den Kriminalschriftsteller und Privatmann Paul Temple in die Ermittlungen zu integrieren.

Nein, diese ‚Geheimwaffe‘ und diejenigen, die sich darum balgen, sollte man als reine Mittel zum eigentlich Zweck betrachten. „Paul Temple und der Fall Z“ ist ein waschechter „Whodunit?“-Krimi, den Durbridge ein wenig ‚aufpeppen‘ wollte. Spionage ist in Kriegszeiten stets ein auch hinter der Front präsentes Thema („Feind hört mit“), so dass er sich darauf verlassen konnte, auch dann verstanden zu werden, wenn er das Thema eher abstrakt anging.

Dies bestätigt die Figurenzeichnung, die im klassischen Rätselkrimi seit jeher recht simpel und schematisch ausfällt. Das Verbrechen ist einerseits die Ausnahme von der Regel und andererseits eine sportliche Herausforderung für Menschen, die offenbar keine anderen Aufgaben und Sorgen haben. Paul Temple soll ein Schriftsteller sein, doch er findet immer die Zeit, durch die Lande zu reisen und Kriminalfälle zu lösen. Da er und Gattin Steve sich das leisten können, muss er wohl dennoch irgendwann arbeiten. Er sollte sich vielleicht stärker am Schreibtisch engagieren, lässt er sich hier doch gleich in zwei Fallen locken, auf die nicht einmal ein Krabbelkind hereingefallen wäre …

Müßige Kritik, die Figuren sollen und dürfen eindimensional wirken, denn sie spielen Rollen. Temple ist der Detektiv, der viel weiß, aber wenig sagt, Steve seine treue Gattin, die ihm den Rücken stärkt und hin & wieder gerettet werden muss, Iris Archer die große Diva in theatralischen Nöten, Sir Graham Forbes die knorrige Stütze des Empires, „Z.04“ und seine Kumpane vorbildliche Bösewichte, die nicht nur entsprechend reden und handeln, sondern auch finster aussehen – sie sind halt keine Gentlemen.

Wer sich sonst im Umkreis der Hauptfiguren tummelt, ist schlicht im Geiste und für manche proletarische Drolligkeit gut. Die Figuren – man sollte besser von ‚Darstellern‘ sprechen – müssen vor allem gut unterscheidbar sein. Hier verrät „Paul Temple und der Fall Z“ deutlich seine Herkunft: Durbridge hat diese Geschichte (übrigens gemeinsam mit Charles Hatton) ursprünglich nicht als Roman, sondern als Hörspiel erzählt, das von der BBC ausgestrahlt wurde. Dies erklärt die kammerspielähnliche Struktur oder die nur andeutenden Landschaftsbeschreibungen, die wohl erst später dort eingefügt wurden, wo der Verfasser dies für notwendig hielt. Die unerhörte Glaubwürdigkeit, die John Buchan im weiter oben genannten Thriller „Die 39 Stufen“ auch deshalb erzielte, weil er die schottische Landschaft quasi zur Hauptfigur machte, geht „Paul Temple und der Fall Z“ völlig ab – nicht unbedingt zum Nachteil dieses Buches, das als charmant-naive (und gut übersetzte) Krimi-Unterhaltung aus einer versunkenen Ära des Genres durchaus seine Meriten hat.

Francis Henry Durbridge wurde am 25. November 1912 in Hull (Yorkshire) geboren. Er studierte Englisch an der Birmingham University und arbeitete für kurze Zeit als Börsenmakler, bevor er sich als Schriftsteller etablierte. 1938 debütierte er mit „Send for Paul Temple“, dem Roman zu einer sehr erfolgreichen und auch außerhalb England gern verfolgten Hörspiel-Serie um Paul Temple, Schriftsteller und Detektiv, die von der BBC bis 1968 gesendet und von Durbridge geschrieben wurde.

Vier Paul-Temple-Filme kamen zwischen 1946 und 1952 in die Kinos, doch es waren typische B-Produktionen – billig und ohne Raffinesse hergestellt. Erfolgreicher war die für das Fernsehen konzipierte Serie um den Undercoveragenten Tim Frazer, die Durbridge in den 1960er Jahren mit diversen Co-Autoren verfasste.

Als Schriftsteller konnte Durbridge seine Arbeit als Hörspiel- und Drehbuchautor nie verhehlen. Seine Romane sind dialoglastig. Die Figuren gehören der gehobenen Mittelklasse an und haben erstaunlich viel Zeit, sich neben ihrer offenbar kaum Anforderungen stellenden Brotarbeit detektivisch zu betätigen. Gern bediente sich Durbridge auch des Plots vom unschuldig Verdächtigten, der sich in einer teuflischen Verschwörung gefangen sieht.

Auch in Deutschland konnte sich Durbridge einen Namen machen. Nach seinen Drehbüchern entstanden verschiedene TV-Mehrteiler, die aufgrund ihrer sorgfältigen Machart und Durbridges Meisterschaft, die Handlung genau dann abzubrechen, wenn es besonders spannend wurde – das Prinzip des Cliffhangers – zu sogenannten „Straßenfegern“ wurden und mehr als 90 Prozent der damaligen Fernsehzuschauer vor die Bildschirme lockte.

Mehr als dreißig Romane schrieb Durbridge, wobei er sich oft auf seine Drehbücher stützte. Wegen seiner Meriten als TV-Magnet wurden die meisten seiner Thriller in Deutschland veröffentlicht. In den späten 1970er Jahren ließen sowohl Durbridges Produktivität als auch die Anziehungskraft seiner Werke nach. Nach längerer Krankheit starb Francis Durbridge am 11. April 1998.

|Die Paul-Temple-Romane:|

(1938) Send for Paul Temple (kein dt. Titel)
(1939) Paul Temple and the Front Page Men (dt. „Paul Temple und die Schlagzeilenmänner“/“Paul Temple und der Klavierstimmer“)
(1940) News of Paul Temple (dt. „Paul Temple und der Fall Z“)
(1944) Paul Temple Intervenes (kein dt. Titel)
(1948) Send for Paul Temple Again! (dt. „Paul Temple jagt Rex“)
(1957) The Tyler Mystery (dt. „Vier mussten sterben“)
(1959) East of Algiers (dt. „Die Brille“)
(1970) Paul Temple and the Harkdale Robbery (dt. „Banküberfall in Harkdale“)
(1970) Paul Temple and the Kelby Affair (dt. „Der Fall Kelby“)
(1971) The Geneva Mystery (dt. „Zu jung zum Sterben“)
(1972) The Curzon Case (dt. „Keiner kennt Curzon“)
(1986) Paul Temple and the Margo Mystery (dt. „Der Hehler“/“Paul Temple und der Fall Margo“)
(1988) Paul Temple and the Madison Case (dt. „Paul Temple und der Fall Madison“)
(1989) Paul Temple and the Conrad Case (kein dt. Titel)

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Carisi, Brian / Merlau, Günter – Caine – Todesengel (Folge 2)

Steven Caine wird beherrscht vom Penumbra, jenem geheimnisvollen Artefakt, das den Geist des außerirdischen Schlächters Kartaan birgt. Nun soll Caine den Mafioso Moretti töten, der für die dämonischen Aganoi arbeitet, das Alienvolk, welches ebenso wie die Kyan’Kor die Weltherrschaft anstrebt. Caine aktiviert seine Kontakte, die er als Profikiller gepflegt hat, und holt sich Unterstützung beim chinesischen Gangsterboss Tang. Der erste Übergriff schlägt fehl. Doch bald erhält Caine eine zweite Chance. Die Organisation des Collin Drake hilft dem Auftragsmörder bei seinem Einsatz. Doch die Aganoi haben einen mächtigen Dämon entfesselt, der nur eines im Sinn hat: Töten …

Nach der Pilotfolge, in der die Person des Profikillers vorgestellt und das Grundgerüst für die Storyline aufgebaut wurde, werden in dieser Episode die Fronten abgesteckt. Alles bleibt zunächst noch recht bodenständig und entwickelt sich hier zu einer handfesten Gangsterfehde, bei der durchaus mit harten Bandagen gekämpft wird. Die Aliens bleiben als Drahtzieher im Hintergrund, lassen den Hörer allerdings die Bedrohung, die von ihnen ausgeht, schon deutlich spüren. Caine dagegen ist vollauf damit beschäftigt, seinen dunklen Widerpart namens Kartaan zu zügeln und seine Feuerprobe im Kampf gegen einen reinrassigen Dämon zu bestehen!

Hinzu kommt eine Prise deftigen, staubtrockenen Humors, der insbesondere von der markanten Stimme Torsten Michaelis‘ getragen wird. Aber auch die restlichen Sprecher sind nicht zu unterschätzen. Angefangen bei Kaspar Eichel, der hier den Mafioso Moretti spricht, bis hin zu Karl Schulz alias Sergeant Kilkenny sind alle Mitwirkenden Profis, die ihren Job ausgezeichnet machen. Man hört den Sprechern deutlich an, dass sie mit viel Spaß und Engagement bei der Sache sind.

Untermalt wird die gesamte Szenerie von einem hollywoodreifen Soundtrack und fantastischen Effekten, die dem Hörer die Ereignisse plastisch vor Augen führen. Gewarnt seien nur all diejenigen, die sich ein ruhiges Hörspiel zum Einschlafen wünschen, denn Ruhe findet man bei dieser CD sicherlich nicht; nur erstklassigen Hörspaß mit jeder Menge Action, coolen Sprüchen, einer echt abgefahrenen Story und einem Heavy-Metal-Soundtrack, der auf dem deutschen Hörspielmarkt einzigartig ist.

Das Cover zeigt in dem typischen Caine-Design das Gesicht des Killers und die Silhouette des Dämons im Vordergrund, dieses Mal in einem satten Grün gehalten. Auch die CD an sich ist exorbitant in ihrer Aufmachung. Das Antlitz von Caine mit einem dämonisch glühenden Auge, knapp unterbrochen von dem Loch in der Mitte des Silberlings.

Fazit: Grandiose Fortsetzung der Abenteuer des unglückseligen Auftragskillers Steven Caine. Der Hörer erhält einen ersten Einblick in die Komplexität der Story, die sich hier zunächst noch viel mit der Psyche des Killers auseinandersetzt.

|57:39 Minuten auf 1 CD|
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_Florian Hilleberg_

Merlau, Günter – Böses Erwachen (Die Schwarze Sonne 2)

Folge 1: [„Das Schloss der Schlange“ 2317

_Story_

1886: Ein Jahr nach den schrecklichen Ereignissen steht Adam Salton immer noch im Bann der fürchterlichen Tragödie um seine Geliebte Mimmi Watford. Seitdem hat er sich in ein permanentes Schweigen gehüllt, das auch durch den Hilferuf des berühmten Romanschreibers Jules Verne, der sich Unterstützung von Adams Freund Nathaniel De Salis erbittet, nicht aufgehoben wird. Gemeinsam reisen die beiden nach Frankreich und treffen den Autor im hektischen Treiben des französischen Städtelebens. Und genau in dieser Hektik entflieht Adam seiner Lethargie zum ersten Mal wieder, um sich bei einem plötzlichen Attentat auf Verne in die Schussbahn des tödlichen Geschosses zu werfen.

Während Adam im Koma landet, fürchtet Verne im Krankenhaus um den Verlust seiner Gehfähigkeit. Doch der Autor muss demnächst noch weitaus Schlimmeres fürchten. Gemeinsam mit De Salis hat er einst eine Expedition zum Nordpol und von dort aus ins Erdinnere hinein gestartet. Dort erlebten die beiden ungeheure Dinge, über die sie per Eid Stillschweigen vereinbarten. Nun aber hat Verne seine Geschichte für einen neuen Roman verwendet und seinen Kumpanen verraten.

De Salis reist auf sofortigem Wege zu Vernes Verleger nach Monaco, um das Manuskript sicherzustellen und ein geheimes Artefakt in seinen Besitz zu bringen. Doch währenddessen geschehen bereits weitere schreckliche Dinge, die Adam Salton in seinem komatösen Schlummer ebenfalls im Traum verarbeitet.

_Meine Meinung:_

Ich war seinerzeit schon vom ersten Teil dieser Serie schwer angetan, ahnte zu diesem Zeitpunkt aber noch lange nicht, welches Ausmaß „Die Schwarze Sonne“ in den noch folgenden Episoden annehmen sollte. War „Das Schloss der Schlange“ bereits von einigen mysteriösen, übersinnlichen Vorgängen geprägt, entführt uns Regisseur Merlau in „Böses Erwachen“ auf eine rasante gefühlsmäßige Achterbahnfahrt, deren komplexer Aufbau zwar zunächst abschrecken mag, später dann aber dieses schaudernde Kribbeln auslöst, welches einen immer dann befällt, wenn einen eine spannende Geschichte am gesamten Körper gepackt hat.

Trotzdem wollen wir erst einmal mit den Schwierigkeiten der zweiten Folge beginnen: Problematisch ist bei „Böses Erwachen“ zunächst einmal das stetige Überlagern verschiedener Stimmen. Während sich im Vordergrund die eigentliche Action abspielt, hört man aus dem Hinterhalt ständig Stimmen, die zwischenzeitlich gänzlich in die Irre führen. Dies erschwert bereits in den ersten Szenen, in denen Adam das Aufeinandertreffen mit Jules Verne über die Stimme des Sprechers aus seiner Perspektive erzählt, die Orientierung und wird besonders dann, wenn die Handlung sich immer kürzer währenden Zeitsprüngen unterwirft, wirklich verzwickt. Weil zudem auch noch einige Geschehnisse der ersten Episode rekapituliert werden, sollte man gar nicht erst in Erwägung ziehen, „Böses Erwachen“ anzutesten, wenn man den Vorgänger nicht kennt.

Weiterhin muss dem Hörer von Anfang an klar sein, dass „Die Schwarze Sonne“ nichts für zart Besaitete ist – zumindest nicht dieser zweite Teil. Definierte sich „Das Schloss der Schlange“ noch weitestgehend über eine spannend inszenierte Abenteuergeschichte, wird es in „Böses Erwachen“ stellenweise echt grausam, wobei vor allem die Schritt für Schritt aufgearbeitete Vergangenheitsbewältigung harter Tobak ist, äußern sich doch hier all die finsteren Eigenschaften der machthungrigen menschlichen Seele.

Allerdings muss man sehen, was man als Gegenleistung bekommt: ein waghalsiges, ergreifendes, mit einzelnen Horror-Elementen versetztes Hörspiel-Abenteuer mit tollen Sprechern, einer begeisternden Story und nachhaltigem Effekt. Alleine schon die Tatsache, dass Günter Merlau eine historische Figur wie Jules Verne in seine Story einbezogen bzw. auf welche Art und Weise er dies getan hat, verdient Respekt und Beachtung. Man ist tatsächlich so mutig, seinen Roman [„Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ 2282 als tatsächliches Ereignis zu interpretieren und spinnt darauf aufbauend einen Plot, der wahrlich Unfassbares beinhaltet – und sich außerdem auf gar keinen einzigen Handlungsschwerpunkt festlegt.

Schön gelungen ist auch, wie sich die tragenden Charaktere entwickeln: Adam Salton, einst neugierig, euphorisch und voller Lebensmut, hat mit sich und seiner Umwelt abgeschlossen. Sein Herz ist gebrochen, sein Lebenswille von Depressionen beeinträchtigt, die ihn zum endgültigen Schweigen geführt haben. Ausgerechnet er ist es, der ein weiteres Mal von der Realität enttäuscht wird, im Koma landet und schließlich seine persönliche Vergangenheit aufarbeitet, um das Handeln seiner Mitstreiter zu verstehen. Christian Stark gibt in dieser Rolle eine fantastische Figur ab, ebenso wie Harald Halgardt als leicht zerstreuter Nathaniel De Salis und Hörspiel-Urgestein Konrad Halver als chaotischer Romanautor Jules Verne.

Die Geschichte lebt eindeutig von diesen starken Charakteren und die durch sie hervorgerufene Stimmung. Natürlich spielen diesbezüglich auch die einmal mehr tollen Soundeffekte eine gewichtige Rolle, doch „Die Schwarze Sonne“ avanciert dennoch nicht zum typischen |LAUSCH|-Bombast-Feuerwerk. In „Böses Erwachen“ werden die Effekte indes eher zweckdienlich eingesetzt, sorgen an den entsprechenden Stellen (vor allem in den schaurigen Rückblicken) aber für ein Mehr an Intensität. Hinzu gesellen sich außerdem einige tolle klassische Musikstücke, die einfach prima mit der Zeit, in der die Geschichte spielt, harmonieren. Auch hier ist also alles nahezu perfekt.

Alles in allem muss man auf jeden Fall resümieren, dass sich „Die Schwarze Sonne“ inhaltlich enorm weiterentwickelt hat. Die Erzählung bekommt mit einem Mal eine viel größere Tragweite, so dass man mit langsamen Schritten ständigen tiefer in ein komplexes Gedankenkonstrukt eintaucht, das jedoch bis zum Schluss ein großes Mysterium mit ungewissem Ende bleibt. Es wird also definitiv auch noch eine Fortsetzung geben, auf die man bereits jetzt sehr gespannt sein darf. „Böses Erwachen“ bietet bis dahin aber genügend Stoff, der erst einmal verdaut werden will. Insgesamt wird man nämlich sicherlich länger als die Spielzeit von gut einer Stunde mit dieser Story beschäftigt sein.

|70 Minuten auf 1 CD|
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Dekker, Ted – Black: Die Geburt des Bösen

_Handlung_

Thomas Hunter dachte eigentlich, er wäre nur ein einfacher, erfolgloser junger Mann. Doch plötzlich versucht man ihn umzubringen. Er überlebt den Anschlag, doch während seiner Ohnmacht hat er merkwürdige Träume von einem schwarzen Wald mit rotäugigen Fledermäusen. Von da an ändert sich sein Leben rasant, denn die Träume werden immer häufiger und realistischer, sodass er nicht mehr zwischen Realität und Traum unterscheiden kann. Sobald er in der einen Welt einschläft, wacht er in der anderen auf und umgekehrt.

Richtig beängstigend wird das Ganze aber, als er in seiner vermeintlichen Traumwelt erfährt, dass diese wohl die Zukunft unserer heutigen Welt ist, die durch einen Virus, den so genannten Raison-Virus, der aus einem über die Luft übertragbaren Impfstoff mutiert sein soll, beinahe komplett entvölkert wurde. Als er dann wieder aufwacht, fällt er aus allen Wolken: Morgen soll in Bangkok der neue Raison-Impfstoff vorgestellt werden. Nachdem er kein Gehör bei den amerikanischen Behörden findet, nehmen er und seine Schwester das Heft selber in die Hand.

_Der Autor_

Ted Dekker ist dafür bekannt, christliche Themen in Horrorromanen und Thrillern zu einer Einheit zu verbinden. Von Dekker, der in Indonesien aufwuchs und danach als Marketingdirektor arbeitete, sind bisher [„Das Haus“ 3673 und „Kind des Himmels“ in Deutschland erschienen. Bislang hat er weltweit über 1,7 Millionen Bücher verkauft. Heute lebt er in Colorado.

_Mein Eindruck_

Mit „Black: Die Geburt des Bösen“ ist der erste Teil der Trilogie sehr vielversprechend gestartet, die dann mit „Red: Der Tod des Meister“ und „White: Der Kreis schließt sich“ ihren Abschluss finden wird. Dekker versteht es wirklich, seinen Leser zu fesseln, denn er spart nicht mit unerwarteten Wendungen. Selbstverständlich sticht die Idee, dass Thomas Hunter sich in zwei verschiedenen Welten (oder Zeiten?) befindet, und durch Einschlafen zwischen diesen wechselt, heraus, denn tödliche Viren, welche die Menschheit ausrotten, sind beileibe keine neue Idee, wenngleich sie immer noch einen großen Reiz auf den Leser ausübt. Dies in Kombination mit Zeitreisen dürfte spätestens nach dem Erfolg des Films „12 Monkeys“ keinem mehr gänzlich unbekannt zu sein. Doch kommt dort die Person, die das Drama verhindern will, aus der Zukunft, wohingegen der Protagonist bei „Black“ versucht, seine eigene Welt in seiner eigenen Zeit zu retten, indem er von der Zukunft träumt.

Die vermeintliche Traumwelt strukturiert Dekker allerdings recht simpel. So steht auf der einen Seite der schwarze Wald mit seinen bösartigen Kreaturen, den Shaitaiki, schwarzen Fledermäusen, mit ihrem bösen Herrscher Taleh, und dem entgegen steht ein bunter Wald mit vielen Früchten und zahmen Tieren, in dem die wenigen überlebenden Menschen und die Roush, weiße Fledermäuse, mit ihrem gütigen Herrscher Eljon leben. Hier sind die Parallelen zwischen Paradies und Hölle augenscheinlich, was auch noch dadurch bestärkt wird, dass Taleh versucht, die Menschen dazu zu bringen, von seinen verbotenen Früchten zu essen, die dem, der sie verzehrt, Wissen geben sollen – der Sündenfall in Vollendung. Weitere Ähnlichkeit zur christlichen Mythologie: Die einzigen beiden Roush, die namentlich genannt werden, heißen Michal und Gabil. Von hier aus ist es nicht weit zu den Erzengeln Michael und Gabriel.

Halten wir also fest: Dekker bemüht sich nicht besonders, seine christlichen Wurzeln zu verbergen. Dessen muss sich der Leser bewusst sein, bevor er sich an diese Trilogie heranmacht. Wer damit nicht klarkommt, sollte also besser die Finger davon lassen.

Die technische Handarbeit beherrscht Ted Dekker durchaus sehr gut. Der Roman liest sich sehr angenehm und vor allem sehr kurzweilig. Die Spannungskurve wird immer wieder geschickt aufgebaut, woran auch die beiden Parallelhandlungen einen großen Anteil haben. Auch streut Dekker immer wieder sehr gelungene Ideen ein, mit denen er den Leser wirklich zu überraschen versteht.

Der Protagonist Thomas Hunter ist Dekker zudem gut gelungen. Er ist ein leicht chaotischer Tausendsassa, der, genau wie übrigens auch Dekker selbst, in Südostasien aufwuchs und jetzt in den Staaten lebt. Was mich ein wenig gestört hat, ist, wie oft Thomas einfach so einschläft. Man könnte fast meinen, er leide unter Narkolepsie („Schlafkrankheit“ oder auch „Schlummersucht“ genannt). Natürlich ist mir klar, dass er am Ende jedes Kapitels einschlafen muss, damit es in der jeweils anderen Welt weitergehen kann, aber Dekker macht es sich hier etwas zu einfach. Zudem stößt mir das reine Schwarzweiß-Denken etwas sauer auf. Dass Dekker auch in der „normalen“ Welt einfach zwischen Gut und Böse unterscheidet, ist eine Angewohnheit, die sich besonders häufig US-amerikanische Autoren angewöhnt haben. Hier macht er sich ebenfalls die Sache zu einfach, indem er zu teilweise polemischen Schlagwörtern greift. Zum Glück ist solche Polemik nicht so sonderlich häufig zu finden, als dass es sich negativ auf den Roman auswirken würde.

_Fazit_

Wer sich von der christlichen Mythologie nicht abschrecken lässt, bekommt einen sehr erfrischenden Fantasy-SciFi-Thriller-Mix serviert, der einen gelungen Auftakt der Trilogie bildet. „Black: Die Geburt des Bösen“ leidet zwar unter einigen kleinen Schwächen, ist aber trotzdem durchaus sehr lesenswert und spannend.

Brendow Verlag

Dark, Jason / Döring, Oliver – John Sinclair – Dr. Tods Horror-Insel (Folge 37)

_Story_

Auf einer gerade geschlossenen Bohrinsel ereignen sich seltsame Dinge. Noch während die letzten Arbeiter auf ihren Abtransport vom stillgelegten Einsatzort warten, wird die gesamte Insel von einem seltsamen Nebel umgeben. Bereits kurze Zeit später werden Mark Brennan und seine Leute von einigen grausamen Ereignissen überrascht, als das Team der Mordliga die Bohrstation infiltriert und bis auf Brennan alle verbliebenen Angestellten tödlich zurichtet. Bei einer Routineabfrage über den Status der zurückgebliebenen Arbeiter gelingt es dem entführten Brennan, ein Signal zu senden, welches schließlich Scotland Yard auf den Plan ruft.

Sofort bricht John Sinclair auf, um die verschollene Mordliga ein für allemal zu vernichten. Aber auch ihm erscheint der Nebel, der von wahrlich Bösem kündet: Solo Morasso und seine Schergen planen nämlich die Wiederauferstehung von Vampiro del Mar und damit den endgültigen Triumph der Untoten. Erst als Sinclair dies klar wird, wünscht er sich, er hätte bei seiner neuesten Mission nicht leichtfertig auf die Schützenhilfe von Bill Conolly und Suko verzichtet …

_Persönlicher Eindruck_

Die heiß ersehnte neue Episode um den beliebten Geisterjäger offeriert mal wieder alles, was man vom modernen Sinclair erwartet, und damit in erster Linie grenzenlosen Bombast. Auf „Dr. Tods Horror-Insel“ trifft man gleich die ganze Riege der Superschurken wieder und damit auch viele alte Bekannte, die bereits in vorherigen Sinclair-Hörspielen zur echten Bedrohung für die Welt des John Sinclair avanciert waren. Nun machen sie an Seite von Dr. Tod gemeinsame Sache und greifen als Mordliga zum ersten Mal in Gesamtstärke an, was den leichtsinnigen Geisterjäger vor seine möglicherweise härteste Probe bisher stellt.

Der bestialische Tokata, der gewiefte Mr. Mondo, der unerbittliche Solo Morasso und die wegen ihrer Naivität nicht gerade ungefährliche Lupina holen zum vernichtenden Schlag aus und vollziehen gerade die letzten Schritte zur Auferstehung eines noch mächtigeren Verbündeten. Dies alles findet natürlich an einem allzu schauerlichen Schauplatz statt, einer verlassenen Bohrinsel, deren Mitarbeiter gerade Schritt für Schritt mit dem Helikopter heimgebracht werden sollen und in ihrer Euphorie ins Verderben stürzen. Und auch der überlebende Brennan wünscht sich bisweilen, er hätte lieber den Tod gefunden, als von der skrupellosen Mordliga versklavt zu werden. Ja, genau das ist der Stoff, aus dem Sinclair-Hörspiele gemacht sind!

Abgesehen vom super-spannenden Plot findet man in Episode 37 aber auch sonst die elementaren Inhalte, die diese Serie über das Gros der Konkurrenz stellen: zynischen Humor von Seiten aller Protagonisten, waghalsige Wendungen im Verlauf der Story, eine finstere Atmosphäre, deren Dichte eines der faszinierendsten Elemente des gesamten Hörspiels ist, und toll eingeführte und aufeinander abgestimmte Charaktere, die zudem auch noch das Glück haben, von jederzeit ambitionierten Sprechern begleitet zu werden. Verbleibt noch der anfangs erwähnte Bombast, der sich nicht bloß in den zahlreichen Effekten widerspiegelt, sondern generell vom Reichtum an Beteiligten und Handlung im Allgemeinen zehrt. Allein die Tatsache, dass die Schurken in gebündelter form auftreten und ein großes Finale im Kampf gegen die Mordliga unmittelbar bevorsteht, sollte den erfahrenen Hörer aufhorchen lassen, ganz zu schweigen vom drohenden Unheil, das Dr. Tods Verbündete gerade einzuleiten gedenken.

Klar, die massiv gestreuten Zitate vergangener Hörspiele mögen letztendlich zwar die Vermutung nahelegen, dass Mr. Dark die Ideen ausgegangen sind und das Rezitieren bekannter Inhalte zu einem zwingenden Erfordernis geworden ist – doch sind es gerade die alten Bekannten, die hier in neuer Form für Begeisterung am laufenden Band sorgen und „Dr. Tods Horror-Insel“ definitiv zum besten der ’neuen‘ Sinclair-Hörspiele aufsteigen lassen. Doch selbst dies scheint nur eine Momentaufnahme zu sein, denn der nächste Dreiteiler steht bereits in den Startlöchern …

http://www.sinclairhoerspiele.de/
http://www.luebbe-audio.de

_|Geisterjäger John Sinclair| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Anfang“ 1818 (Die Nacht des Hexers: SE01)
[„Der Pfähler“ 2019 (SE02)
[„John Sinclair – Die Comedy“ 3564
[„Im Nachtclub der Vampire“ 2078 (Folge 1)
[„Die Totenkopf-Insel“ 2048 (Folge 2)
[„Achterbahn ins Jenseits“ 2155 (Folge 3)
[„Damona, Dienerin des Satans“ 2460 (Folge 4)
[„Der Mörder mit dem Januskopf“ 2471 (Folge 5)
[„Schach mit dem Dämon“ 2534 (Folge 6)
[„Die Eisvampire“ 2108 (Folge 33)
[„Mr. Mondos Monster“ 2154 (Folge 34, Teil 1)
[„Königin der Wölfe“ 2953 (Folge 35, Teil 2)
[„Der Todesnebel“ 2858 (Folge 36)
[„Dr. Tods Horror-Insel“ 4000 (Folge 37)
[„Im Land des Vampirs“ 4021 (Folge 38)
[„Schreie in der Horror-Gruft“ 4435 (Folge 39)
[„Mein Todesurteil“ 4455 (Folge 40)
[„Die Schöne aus dem Totenreich“ 4516 (Folge 41)
[„Blutiger Halloween“ 4478 (Folge 42)
[„Ich flog in die Todeswolke“ 5008 (Folge 43)
[„Das Elixier des Teufels“ 5092 (Folge 44)
[„Die Teufelsuhr“ 5187 (Folge 45)
[„Myxins Entführung“ 5234 (Folge 46)
[„Die Rückkehr des schwarzen Tods“ 3473 (Buch)

Grobel, Lawrence – Al Pacino: Im Gespräch mit Lawrence Grobel

Al Pacino ist bekannt für seine großartige Leistung in Filmen wie „Der Pate“, „Scarface“, „Der Duft der Frauen“, „Im Auftrag des Teufels“ oder „Der Kaufmann von Venedig“. Doch Pacino ist nicht nur im Filmgeschäft äußerst erfolgreich, er ist auch ein engagierter Theaterdarsteller. Er hat u. a. an der Inszenierung von Stücken Brechts, Williams, Oscar Wildes und natürlich Shakespeares mitgewirkt.

Al Pacino wurde am 21. Juli 2007 vom American Film Institute (AFI) mit dem „Life Achievement Award“ für sein Lebenswerk geehrt. Eine Bilanz zu diesem Lebenswerk wie das Ende 2006 erschienene „Al Pacino: Im Gespräch mit Lawrence Grobel“ war überfällig.

Obgleich keine Biographie im strengen Sinne, ist dieses Buch dennoch mehr als eine reine Sammlung von Interviews. Die neun Interviews, welche im Zeitrahmen von 1979 bis 2005 entstanden, ermöglichen nicht nur Einblick in die Persönlichkeit Al Pacinos, sie zeigen auch auf subtile Art und Weise die Entwicklung einer engen Freundschaft zu seinem Interviewer auf.

Der renommierte Journalist Lawrence Grobel erregte erstmals durch seinen Beitrag zum 25. Geburtstag des |Playboy|-Magazins Pacinos Aufmerksamkeit. Grobel hatte nicht nur Marlon Brando (den Pacino sehr bewundert) interviewt, sondern schien auch mit diesem auf einer Wellenlänge zu liegen, was sich durch eine große Offenheit seitens Brando bezahlt machte. Daraufhin kontaktierte Pacino den |Playboy| und erklärte seine Bereitschaft, selbst interviewt zu werden – unter der Bedingung, dass Lawrence (später sollte er ihn „Larry“ nennen) Grobel dieses Interview machen würde. Dies war eine Sensation, denn bis dato hatte Pacino noch jedes Interview verweigert.

In einem der späteren Gespräche mit Grobel erläutert Pacino sehr deutlich, weshalb er generell sein Privatleben weitgehend von der Öffentlichkeit fernhalten will:

|“Wenn man Sachen über einen Schauspieler weiß, fängt man an, Sachen in seine Filme hineinzuinterpretieren. […] Es verändert seine Arbeit und was er als Künstler zu vermitteln versucht. Deshalb sage ich immer, dass die Arbeit für mich spricht. […] Ich versuche nicht, geheimnisvoll zu sein, nur um geheimnisvoll zu sein. Ich mache es für die Arbeit. Ich denke immer daran, dass es nicht gut ist, wenn man als Schauspieler zu oft in den Medien auftaucht. Wenn ich mir ein Theaterstück ansehe, gehe ich meist auch nicht hinter die Bühne. Einfach nur, weil ich das Bild behalten will, das ich gerade gesehen habe. Ich will die Illusion nicht zerstören.“| (S.165 / 166)

Al Pacino ist als Privatperson ebenso schillernd wie als Schauspieler. Die Kontraste sind augenfällig: Auf der einen Seite ist Pacino 1979 bereits ein Superstar – er hat schließlich mit seiner Rolle als Michael Corleone in Coppolas „Der Pate“ schon 1972 Filmgeschichte geschrieben. Auf der anderen Seite empfängt er Grobel in einer chaotischen 3-Zimmer-Wohnung, der jeder erkennbare Luxus abgeht. Pacino, der sich selbst aus ärmlichsten Verhältnissen emporgearbeitet hat, ist 1979 sichtlich irritiert, weil er sich mit seiner neuen gesellschaftlichen Position noch nicht wirklich arrangiert hat. Grobel repräsentiert für ihn eine fremde Welt, und er ist dementsprechend misstrauisch. Aber gleichzeitig fasziniert ihn die Tatsache, dass sich plötzlich unzählige Menschen für seine Meinung interessieren.

26 Jahre später begegnen uns zwei zusammen gealterte Freunde. Pacino, inzwischen 65 Jahre alt, sitzt am Pool seines Hause in Beverly Hills und stellt Grobel ein sehr persönliches Projekt vor: Die im Juni dieses Jahres in den USA erschienene DVD-Kollektion „Pacino: An Actor’s Vision“ [Diese Box enthält wichtige Regiearbeiten Pacinos (zwei davon bisher unveröffentlicht): „The Local Stigmatic“, „Chinese Coffee“ und „Al Pacino’s Looking for Richard“. Eine Veröffentlichung in Deutschland steht noch aus.] Im Gespräch mit Grobel wird deutlich, dass Pacino hier mit Film und Theater zwei Welten zu vereinigen sucht, die für ihn eine gleichermaßen hohe Bedeutung haben.

Aber auch Grobel geht weiterhin konsequent seiner Berufung nach. Seine Freundschaft zu Pacino hält ihn nicht davon ab, kritische Fragen zu stellen und selbst eine klare Position zu vertreten. Die Berufsrollen „Star“ und „Journalist“ werden nicht aufgehoben, eine letzte Grenze bleibt gewahrt. Doch macht es grade den Charme dieser Gespräche aus, dass sich hier zwei Menschen unterhalten, die sich – abseits jeden geschäftlichen Kalküls – wirklich etwas zu sagen haben.

So festigt sich für den Leser nach und nach ein sehr intimes Bild von der Persönlichkeit eines Menschen, der bewusst die Öffentlichkeit scheut. Die zeitlichen Lücken zwischen den einzelnen Interviews gleichen hier dramatischen Pausen. Ob Pacino nun ungewollt in eine gesellschaftliche Debatte hineingezogen wird, einen guten Freund verliert oder sich von Grobels Studenten interviewen lässt – stets finden wir mit jedem Gespräch eine neue Ausgangssituation vor.

Wenn Pacino dann über seine Arbeit spricht, vermag er zwar anhand von einzelnen Beispielen seine favorisierten Herangehensweisen an die Schauspielkunst zu illustrieren, aber was sich genau im Akt des Schauspielens manifestiert, bleibt auch ihm selbst ein Mysterium. Woraus er seine Kraft schöpft, lässt sich aber zumindest erahnen; in den Gesprächen tauchen immer wieder dieselben Motive auf. Insbesondere zwei davon erweisen sich hier als maßgebliche Inspirationsquelle: William Shakespeare und Marlon Brando. Shakespeare lieferte Pacino den Instinkt für anspruchsvollen Stoff und den Esprit, Brando den Ansporn für tiefe Charakterdarstellung.

Pacino erweist sich in den Gesprächen mit seinem Freund Grobel als intelligent, schlagfertig und humorvoll; die Gespräche sind durchgehend interessant und flüssig zu lesen.

Abgerundet wird das Buch durch eine ausführliche Einführung Grobels in das Lebenswerk Pacinos, bislang unveröffentlichte Privatfotos des Schauspielers, eine komplette Auflistung aller Filme und Theaterstücke, in welchen er mitgewirkt hat, sowie ein Vorwort des Virtuosen selbst.

Fazit: „Al Pacino: Im Gespräch mit Lawrence Grobel“ ist ein Musterbeispiel für exzellenten Journalismus. Wer sich für Film oder Theater begeistert, wird hier bestens unterhalten werden. Für Pacino-Fans ist das Buch ohnehin ein Muss.

|300 Seiten plus Fotos
Aus dem US-Englischen von Anne Litvin und Madeleine Lampe|
http://www.schwarzkopf-schwarzkopf.de

|Siehe ergänzend dazu die [Rezension 3194 von Dr. Michael Drewniok zum Buch.|

Merlau, Günter – Böses Erwachen (Die Schwarze Sonne 2)

Ein Jahr nach den Ereignissen in Derbyshire verschlägt es Adam Salton und Nathnaile de Salis nach Frankreich. Dort treffen sie auf einen alten Freund von de Salis: Den Schriftsteller und Visionär Jules Verne. Doch die Wiedersehensfreude währt nur kurz, denn auf Verne wird ein Attentat verübt. Sein eigener, hochverschuldeter Sohn schießt auf seinen Vater. Adam kann eine der Kugeln abfangen und wird schwer verletzt, während Verne „nur“ einen Schuss ins Bein abbekommt. Kurz darauf wird Adam dann von Unbekannten entführt und de Salis trifft einen alten Gegenspieler wieder, der gemeinsam mit seiner Organisation nach Macht strebt. Auch die geheimnisvolle Arabella March, die Adam und Nathaniel bei ihrer Ankunft in Frankreich kennenlernten, scheint in die grauenvollen Geschehnisse verwickelt zu sein …

Im Gegensatz zu der ersten Folge basiert das vorliegende Hörspiel auf keiner direkten literarischen Vorlage, dafür aber auf historischen Ereignissen, denn tatsächlich wurde auf Verne im Jahr 1886 ein Attentat verübt. Das Mitwirken von historischen Persönlichkeiten ist aber nur ein Reiz dieser Serie und vor allem die düstere, undurchsichtige Story sowie die hervorragenden Sprecher machen die CD zu einem echten Hörvergnügen. Neben den perfekt besetzten Hauptrollen darf sich der Hörer auf Konrad Halver als Jules Verne und Reinhild Schneider als Arabella March freuen. Beide Darsteller sind Hörspiel-Fans keine Unbekannten mehr und haben bereits in Dutzenden von Produktionen mitgewirkt. Halver war unter anderem in den Winnetou-Hörspielen von |Europa| zu hören.

In dieser Folge taucht außerdem eine Figur auf, die genau wie Salton und de Salis von Bram Stoker erfunden wurde und ebenfalls in dem Roman [„Das Schloss der Schlange“ 2987 mitspielte: Arabella March. In diesem Fall steckt auch hinter dieser Figur eine Person, die in der Geschichte Berühmtheit erlangte, wenn auch auf ungleich traurigere Weise, als Verne.

War die erste Folge noch eine allein für sich stehende Geschichte, so bildet sich in diesem Hörspiel mehr und mehr der Seriencharakter heraus. Etwas störend, wenn auch nicht spannungslos gestalten sich Adams Visionen aus seiner Kindheit in Australien. Der Hörer bekommt darüber hinaus Hinweise darauf, dass Adams Vater etwas in Australien entdeckte, das für die weitere Entwicklung der Serie noch von Bedeutung sein könnte. Zudem weisen die Zeichen auf einen Konflikt von biblischen Ausmaßen zwischen den Mächten des Bösen und denen des Guten hin. Während Adam Salton in einem Dämmerschlaf vor sich hinsiecht, muss sein Freund Nathaniel alles daran setzen, um seinen jungen Gefährten aus den Fängen seiner Feinde zu befreien; dabei wird offenbart, dass auch hinter der Figur des de Salis mehr zu stecken scheint als ein Freimaurer und Detektiv.

Diese grandiose Handlung wird untermalt von einer hervorragenden orchestralen Musik. Das Cover ist wieder einmal sehr gediegen, sieht aber ein wenig zu eintönig aus und animiert nicht gerade zum Kauf, insbesondere, wenn man die Serie nicht kennt.

Fazit: Das Label |Lausch| beweist, dass es sich auf Abwechslung versteht. Neben der Fantasy-Saga [„Drizzt“ 3082 und dem Dark-Fantasy-Spektakel „Caine“, welches mit Heavy-Metal-Musik und einer rasanten Handlung den Hörer unterhält, kommt |Die Schwarze Sonne| sehr mysteriös, fast poetisch daher und begeistert vor allem mit einer gut durchdachten Handlung und einer schlichtweg genialen Besetzung.

|70 Minuten auf 1 CD|
http://www.die-schwarze-sonne.de/
http://www.merlausch.de

_Florian Hilleberg_

Merlau, Günter – Schloss der Schlange, Das (Die Schwarze Sonne, Folge 1)

Als der junge Adam Salton nach Derbyshire in England zu seinem Onkel zurückkehrt, wird er sofort in merkwürdige Ereignisse verwickelt. Unheimliche Visionen plagen den jungen Mann, dessen Eltern erst kürzlich verstorben sind. Dann wird ein Toter entdeckt, der scheinbar das Opfer einer gigantischen Schlange wurde.

Adam Salton und der ebenfalls bei dessen Onkel weilende Arzt Nathaniel de Salis wollen dem Mysterium auf den Grund gehen, stoßen jedoch sowohl bei den Dorfbewohnern als auch bei Adams Onkel auf offene Ablehnung. Doch schon bald gibt es weitere Tote, und auch die Begegnung mit dem Gutsbesitzer Edgar Caswall gipfelt in offener Feindschaft. In einem dämonischen Ritus will der tyrannische Götzendiener Adams Freundin Mimi Watford einer gigantischen, weißen Schlange opfern …

Mit diesem Hörspiel beginnt |LAUSCH| ein neues ungewöhnliches Projekt: Mystery-Thriller mit historischem Hintergrund. Bei der ersten Folge orientierte sich der Autor Günter Merlau an einem Roman von Bram Stoker, dem Schöpfer des berühmten Vampirs Dracula. „Das Schloss der Schlange“ handelt von einem heidnischen Schlangenkult, dem immer noch Opfer dargebracht werden. Die Figuren Adam Salton und Nathaniel de Salis sind ebenfalls diesem Werk entliehen und dienen auch in weiteren Folgen als Protagonisten.

Was beim ersten Hören sofort auffällt, ist die professionelle Machart des Hörspiels. Das Zusammenspiel von Effekten, Musik und Sprechern wirkt sehr harmonisch und hört sich wie die Tonspule eines millionenschweren Hollywood-Projektes an. Abgerundet wird das Hörerlebnis durch eine undurchsichtige Gruselgeschichte mit Krimi-Elementen. Den Charakteren wurden lebhafte, anspruchsvolle Dialoge in den Mund gelegt, welche die Sprecher mit Inbrunst zum Besten geben.

Allen voran glänzen Christian Stark als Adam Salton und Harald Halgardt als Nathaniel de Salis in den Hauptrollen. Ebenso lebhaft wird Edgar Caswell von Michael Prelle verkörpert, dessen markante Stimme vor allem in der Vision Saltons zu Beginn der Geschichte besonders gut zur Geltung kommt. Verena Unbehaun als Mimi Watford sprüht geradezu vor Lebensfreude und auch Peter Weis als John Watford wirkt überaus real und spielt seine Rolle mit Hingabe.

Der Spannungsbogen baut sich kontinuierlich auf und gipfelt in einem infernalischen Showdown, alles untermalt von einem perfekt komponierten Soundtrack. Die Aufmachung wurde ebenfalls sehr mysteriös und unheimlich gehalten. Die Negativbelichtung verstärkt den Eindruck des Bizarren, ebenso wie das Serien-Logo mit dem krakeligen Schriftzug.

Fazit: Meisterhaftes Hörspiel mit hochmotivierten, professionellen Sprechern und einer filmreifen Musik. Die Besetzung stimmt bis zur kleinsten Nebenrolle und die anspruchsvolle Handlung verspricht beste Gruselunterhaltung bis zum Schluss.

http://www.merlausch.de

_Florian Hilleberg_

Mick O’Hare – Wie dick muss ich werden, um kugelsicher zu sein?

Die Spitze des (Fragen-) Eisbergs

Sogar der in wissenschaftlichen Belangen absolut ahnungslose Zeitgenosse kennt jene raren Momente, in denen er (oder sie) eine alltägliche, selbstverständliche Handlung oder Beobachtung hinterfragt. Wie funktioniert das, und was wäre, wenn man die Ausgangssituation folgendermaßen variiert …? Das hier vorgestellte Buch belegt, dass solche Anwandlungen oft dann aufwallen, wenn man mit Freunden zusammensitzt und zecht.

Mick O’Hare, Redakteur der Zeitschrift „New Scientist“, der führenden englischen Wochenzeitschrift für Wissenschaft und Technik, kennt dieses Phänomen, denn weil oder wenn das Rätsel trotz versammelter Geisteskraft nicht zu knacken ist, wendet sich die Gesellschaft (die sonst vermutlich gern über die Vergeudung von Steuergeldern an nutzloses Forscherpack klagt) gern an ihn und seine Kollegen. 1994 kamen O’Hare & Co. auf den Einfall, solche Fragen in besagtem Magazin zur Diskussion zu stellen. Leser beantworten seitdem Fragen von Lesern, wobei die Redaktion des „New Scientist“ die Moderation übernimmt, d. h. Irrtümer korrigiert, Informationen ergänzt und Spinner aussortiert. Mick O’Hare – Wie dick muss ich werden, um kugelsicher zu sein? weiterlesen

Hans Steinbach – A Midnight Opera 2

Story

Inmitten des Trubels, der beim Aufeinandertreffen der Vertreter der Inquisition und der Armee der Untoten auf den Straßen von Paris entsteht, gelingt es Leroux, seinen Bruder Einblick (alias Ein) aus den Gefechten zu befreien und ihn vor der drohenden Vernichtung zu retten. Gemeinsam fliehen sie zum Bahnhof und von dort aus über Köln nach Osteuropa zu reisen, wo ihre Gefährten stärker vertreten sind. Die Reise erfordert jedoch für Ein einen hohen Preis; seine Geliebte Dahlia Whyte bleibt im Kampfgetümmel zurück und wird unverhofft von ihm getrennt.

Hans Steinbach – A Midnight Opera 2 weiterlesen