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Wolfgang Kramer / Markus Lübke – Colosseum

Jedes Jahr ein Volltreffer

Wenn sich in den letzten Jahren eines herauskristallisiert hat, dann die Tatsache, dass auf den französischen Spieleverlag Days of Wonder stets Verlass ist. In wirklich steter Regelmäßigkeit übertrumpfen sich die dort vertriebenen Spiele selbst, egal ob dies nun damals „Zug um Zug“ bzw. im letzten Jahr „Kleopatra und die Baumeister“ oder nun, pünktlich zu den Spieletagen in Nürnberg, der neueste Titel „Colosseum“ ist. Allerdings hat das historisch inspirierte Spiel von Wolfgang Kramer und Markus Lübke leider auch einen Haken: Es macht nämlich so viel Spaß, dass ich mir jetzt schon den Kopf zerbreche, wie man dieses brillante Produkt verlagsintern noch einmal übertreffen möchte. Man darf gespannt sein …

Spielidee

Auf Anordnung des Kaisers dauerte das größte Fest der römischen Geschichte 99 Tage. Ohne Unterbrechung erlebte die ewige Stadt ein Riesenspektakel mit einem fulminanten Auftakt bei der Eröffnungsfeier im Colosseum. Gladiatoren bestritten fulminante Wettkämpfe, außergewöhnliche Tiere wurden zur Schau gestellt, zahlreiche Bühnenstücke feierten Premiere und die besten Vertreter der einheimischen Kultur unterhielten während dieser Zeit das gesamte römische Reich.

Nun aber steht der endgültige Höhepunkt an: Kaiser Titus hat den Startschuss zu den Abschlussfeierlichkeiten gegeben – der Moment, auf den alle Meister der Unterhaltung gewartet haben. Nun liegt es an jedem einzelnen von ihnen, ein mitreißendes Programm zu entwerfen, um den Kaiser von der eigenen Brillanz zu überzeugen.

Jeder Spieler schlüpft in die Rolle eines Impressarios und bekommt den Auftrag, tolle Bühnenstücke aufzuführen, um die interessierten Zuschauer in die eigene Arena zu locken. Platzt diese schließlich aus allen Nähten, ist es Zeit für eine bauliche Erweiterung und schließlich auch für ganz besondere Logen, denn schließlich soll auch eines Tages der Kaiser einkehren und sich von der Qualität der Veranstaltungen überzeugen. Seine Gunst und die der meisten Zuschauer führen schließlich zum Sieg und zum Titel des Großen Impressarios.

Spielmaterial

• 1 Regelheft
• 1 Spielplan
• 10 Arena-Bauteile (in fünf verschiedenen Farben)
• 10 Arena-Erweiterungen (in fünf verschiedenen Farben)
• 5 Kaiserlogen
• 10 Luxusplätze
• 5 Rekordsteine
• 1 Kaiser
• 2 Konsuln
• 3 Senatoren
• 2 Würfel
• 80 römische Münzen (mit den Werten 1, 2, 5, 10, 50)
• 4 Podien
• 152 Spetakelplättchen (40 mit grüner, 112 mit orangefarbener Rückseite)
• 7 Star-Karten
• 30 Programmkarten
• 18 Kaiser-Medaillen
• 6 Übersichtstafeln
• 1 Startspielerplättchen
• 1 Rundenzähler
• 1 Aufbewahrungsbeutel

Bei der Betrachtung des Spielmaterials bleibt dem Anhänger pompöser aufgebauter Spiele sofort die Spucke weg. Hier wird bis ins letzte Detail ordentlich geklotzt. Die grafische Aufarbeitung der vielen kartonierten Chips zum Beispiel ist exzellent, die Marker sind sehr stabil. Ein weiterer echter Hingucker sind die drei verschiedenen Typen der Adligen-Figuren, wobei der Konsul mit seinem Gewand als Holzfigur die beste Figur abgibt. Aber auch der Spielplan ist eine echte Augenweide und mit das Beste und Hochwertigste, was man derzeit für sein Geld bekommen kann. Mit einem Wort: Umwerfend!

Spielvorbereitung

Vor dem ersten Spiel ist man erst einmal einige Minuten damit beschäftigt, die Massen an Materialien auszustanzen und zu sortieren. Ist dies einmal geschehen, platziert man Gegenstände wie Podien, Kaiserlogen und Luxusplätze neben dem Spielfeld. Dorthin legt man auch das Geld, die Star-Karten und die Kaiser-Medaillen. Jeder Spieler erhält nun Münzen im Gesamtwert von 30 Goldstücken sowie seine Arena-Bausteine und –Erweiterungen. Abhängig von der Gesamtspielerzahl werden außerdem noch zwischen fünf und acht Spektakelplättchen mit grüner Rückseite ausgehändigt, die jeweils sichtbar für alle Spieler in der eigenen Auslage abgelegt werden. Die übrigen grünen Spektakelplättchen werden nun noch einmal gemischt und auf die fünf Märkte aufgeteilt. Die orangefarbenen hingegen gehen in den Beutel und werden neben das Spielfeld gestellt.

Jetzt werden noch alle Programmkarten nach Nummern sortiert. Die Ziffern 1 bis 5 respektive 6 bis 10 bilden jetzt zwei Stapel, aus denen jeder Spieler jeweils eine Karte zieht. Verbleibende Karten dieser Stapel (bei geringerer Spielerzahl) verschwinden aus dem Ziel. Die Programme 11 bis 30 liegen ab nun neben dem Spielbrett bereit. Als Letztes werden die Adligen auf ihre Startpositionen auf dem Spielfeld bewegt und der Rekordstein auf dem Startpunkt der Wertungsleiste abgesetzt. Der Rundenzähler geht auf Feld Nr. 1. Jetzt geht’s endlich los!

Der Spielablauf

Das Spiel ist in insgesamt fünf Runden unterteilt, in denen die einzelnen Impressarios sich darum bemühen, das beste Programm aufzuführen, die Arena zu erweitern und in einer dieser Runden die meisten Zuschauer aller Veranstaltungen anzulocken. Wer am Ende aller Runden die beste Zuschauerzahl erzielt hat – dies muss nicht zwingend in der letzten Runde sein –, der hat das Spiel gewonnen, wobei man auch nicht bis zum Schluss sparen und warten kann, denn man kann sich nur erweitern, wenn man das erforderliche Kleingeld aufbringt – und dieses bekommt man auch nur dann, wenn man dem Volk ein prunkvolles Programm anbietet.

Jede dieser Spielrunden unterteilt sich nun noch einmal in fünf untergeordnete Phasen, an deren Ende jeweils eine Programmaufführung mit anschließender Wertung stattfindet. Aufgeteilt ist dies folgendermaßen:

1. Investieren
2. Spektakelplättchen erwerben
3. Mit Spektakelplättchen handeln
4. Veranstaltung aufführen
5. Abschlusszeremonie

Phase 1: Investieren

Zu Beginn des Spiels besitzt man genau 30 Goldstücke, die man in den ersten Phasen für lukrative Investitionen nutzen kann, um sich und seine Arena so auch stetig zu verbessern. Man hat hier die Wahl, sich eine neue Programmkarte zu kaufen, die Arena mit einem weiteren Baustein auszubauen, einen Luxusplatz einzurichten oder eine Kaiserloge zu bauen. Jede Investition hat einen entscheidenden Vorteil, wobei man Runde für Runde abwägen muss, welche Anschaffung nun am lohnenswertesten ist. Pro Runde ist nämlich in dieser Phase nur eine Investition erlaubt, es sei denn, man ist im Besitz zweier Kaisermedaillen, die man für eine weitere Investition opfern könnte. Und man muss natürlich auch ein bisschen mit dem Geld haushalten, denn schließlich folgt in der nächsten Phase noch ein Auktionspart für den Erwerb der wichtigen Spektakelplättchen.

Ausbauten jeglicher Art sind aber dringend vonnöten, um größere Aufführungen durchzuführen, so dass ein Arena-Baustein als erste Investition zum Preis von zehn Münzen sinnig erscheint. Hat man dies einmal getan, lohnt es sich auch, neue Programmkarten zu kaufen. Diese sind in einer bestimmten Anordnung durchnummeriert, was den Zweck erfüllt, dass man nach einer bereits aufgeführten Veranstaltung kein Programm mit niedrigerem Wert mehr aufführen darf. Wer also nicht die nötigen Voraussetzungen erfüllt, ein größeres Programm aufzuführen, sollte erst mal bei der Basis der anfangs erworbenen Programme bleiben. Allerdings sind auch diese von der Nummerierung betroffen … Der Preis der Karten ist abhängig vom Effekt bzw. der erwarteten Zuschauerzahl.

Eine sofortige Verbesserung der Zuschauerzahlen bietet der Luxusplatz. Fünf weitere Zuschauer pro Aufführung sind damit garantiert. Dann gibt es noch die Kaiserloge, die natürlich für den obersten Herrscher reserviert ist. In jeder Runde werden die Adligen über das Spielfeld bewegt, und dies jeweils so weit, wie die Summe eines Würfels es ergibt. Mit der Kaiserloge in seiner Arena darf man nach einer Aufführung nun zwei Würfel einsetzen und so die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Kaiser eines Tages zu Gast sein wird.

Phase 2: Spektakelplättchen erwerben

Auf den Märkten werden jeweils drei Spektakelplättchen angeboten. Beginnend mit dem Startspieler darf nun auf einen Markt seiner Wahl geboten werden, wobei ein Mindestgebot von acht Münzen verpflichtend ist. Reihum dürfen die Interessenten der hier feilgebotenen Spektakelplättchen nun ihr Gebot steigern, bis die Plättchen schließlich einen Besitzer gefunden haben. Sollte dies der Startspieler sein, wird der entsprechende Markt mit neuen Plättchen aus dem Vorrat nachgefüllt. Nun kommen die orangefarbenen Plättchen zum Zuge, unter denen sich auch einige Joker und Kaisermedaillen befinden. Sollte indes ein anderer Spieler gewonnen haben, darf der Startspieler auf einen weiteren Markt bieten und damit so lange fortfahren, bis er selber eine Auktion gewonnen oder sich entschieden hat, nicht weiter zu bieten. Sobald einer dieser Fälle eingetreten ist, werden alle leeren Märkte neu bestückt.

Nun beginnt dieses Procedere wieder von vorne. Spieler, die bereits eine Auktion in der letzten Bietrunde gewonnen haben, dürfen sich nach Auffüllen der Märkte auch wieder an den Geboten beteiligen. Dies geschieht nun so lange, bis jeder einmal eine Bietrunde eröffnet hat bzw. kein weiteres Interesse mehr an Geboten besteht. Wenn ein Spieler drei Spektakelplättchen bestimmter Sorten gesammelt hat, bekommt er die zugehörige Star-Karte, die bis zu dem Zeitpunkt in seinem Besitz bleibt, an dem ein anderer Spieler diese Anzahl noch übertrifft oder man selber wieder weniger als drei Plättchen besitzt. Eine Star-Karte bringt vier weitere Zuschauer pro Runde.

Phase 3: Mit Spektakelplättchen handeln

Man muss in der vorherigen Phase nicht dringend die Plättchen erwerben, die für die eigenen Aufführungen von Bedeutung sind. Oft empfiehlt es sich auch, gute Tausch- und Handelsargumente abzugreifen, die man nun im Tausch oder eventuell auch gegen Bezahlung seinen Mitspielern veräußern kann. Auch hier wird so lange gehandelt, bis von keiner Seite mehr Interesse daran besteht.

Phase 4: Veranstaltung aufführen

Nun geht es ans Eingemachte; die Spetakelplättchen liegen bereit, die Arena wartet auf die Vorstellung und eventuell wird auch noch ein Adliger zugegen sein. Der Startspieler entscheidet als Erster, welche seiner Veranstaltungen er aufführt, und sucht die hierzu erforderlichen Spetakelplättchen heraus. Zuvor würfelt er mit einem bzw. bei Besitz einer Kaiseloge mit zwei Würfeln und setzt die Adligen auf dem Spielfeld der Würfelsumme entsprechend fort. Hier wählt man nun eine Person und versucht, sie entweder in die eigene Arena zu locken, aus einer gegnerischen herauszuscheuchen oder aber auf eines der Adligen-Startfelder zu schieben. Für jeden Adligen, der bei Beginn einer Aufführung in einer eigenen Arena steht, gibt es gestaffelt Punkte: drei für den Senator, fünf für den Konsul, sieben für den Kaiser. Endet man indes auf einem Startfeld, bekommt man als Lohn eine Kaiser-Medaille. Wer zwei Würfel einsetzt, darf übrigens selber wählen, ob er die Summe auf eine Figur verteilt oder lieber gleich zwei verschiedene Adlige einsetzt.

Nun wird die Veranstaltung aufgeführt: Man überprüft Arenagröße und Spektakelplättchen mit dem beabsichtigten Programm, sorgt dafür, dass man dasselbe oder ein besseres als beim letzten Mal aufführt (in Runde 1 natürlich unerheblich). Hat man alle Voraussetzungen erfüllt, werden die Zuschauer gezählt. Die Gesamtzahl errechnet sich aus der Vorgabe auf der Programmkarte (minus festgesetzte Werte für eventuell fehlende Spektakelplättchen), jedes zuvor aufgeführte Programm, Luxusplätzen in der Arena, Star-Karten und Adligen, die zur Zeit der Aufführung in der Arena verweilen. Wer aus einer früheren Runde bereits ein Podium sein Eigen nennt, bekommt drei weitere Punkte. Letztere darf man auch für jede Kaisermedaille dazuaddieren, falls man diese hierzu opfern möchte. Am Ende der Wertung zieht man seinen Rekordstein auf die erreichte Zuschauermenge und markiert die bisherige Höchstbesucherzahl. In weiteren Runden wird diese Zahl nun immer wieder verglichen und der Rekord ggf. modifiziert. Sollte man zu einem späteren Zeitpunkt schlechtere Zahlen erzielen, verharrt man auf dieser Stelle, geht es hingegen besser aus, wird der neue Redkord markiert. Man kann also vier Runden lang absolut schwach sein, im Finale aber dann das Feld ganz locker von hinten aufräumen, wenn man sich dementsprechend vorbereitet hat.

Phase 5: Abschlusszeremonie

Am Ende einer jeden Runde werden die Zuschauerzahlen aller Spieler miteinander verglichen. Derjenige, der dann den momentanen Rekord hält, bekommt hierfür ein Podium. Anschließend wird die Arena aufgeräumt und damit auch zwangsläufig ein Spektakelplättchen als Preis eingefordert. Jeder ist nun gezwungen, ein Spektakelplättchen seiner Wahl aus der eigenen Auslage aus dem Spiel zu nehmen. Außerdem darf sich der Spieler mit dem schlechtesten Zuschauerrekord beim Rekordhalter noch ein weiteres Plättchen aussuchen. Im Anschluss an die Abschlusszeremonie beginnt schließlich die nächste Runde.

Ende des Spiels

Nach fünf Runden endet die Partie, wobei in der Schlussrunde logischerweise die Abschlusszeremonie entfällt. Der Spieler mit dem höchsten Rekord gewinnt; bei Gleichstand siegt derjenige mit dem meisten Geld. Liegt auch hier ein Unentschieden vor, geht der Sieg an den Spieler mit den meisten Star-Karten.

Meine Meinung

Nachdem mich dieses Spiel nun mehrere Wochenende begleitet hat und ich immer noch völlig fasziniert von den unzähligen strategischen Möglichkeiten von „Colloseum“ bin, habe ich mir lange überlegt, wie ich meine Begeisterung in Worte kleide, ohne dabei in bloße Schwärmerei zu verfallen – was mir wirklich schwer gefallen ist. Es ist nun mal so, dass bei Wolfgang Kramers neuem Titel das komplette Rundumpaket stimmt. Beginnend beim Design über die generelle Gestaltung der Spielmaterialien bis hin zum System und letztendlich den variantenreichen Ideen, die hier zu einem homogenen Ganzen verarbeitet wurden. Gefördert werden hier so viele verschiedene Aspekte, dass eine ganz deutliche Empfehlung die selbstredende und einzig mögliche Konsequenz ist.

Lübke und Kramer setzen langfristige Planungsfähigkeit, Geduld und auch ein Händchen für eine schnelle List voraus. Man muss sich wirklich jedes Mal von Neuem überlegen, wann man nun den entscheidenden Hammer auffährt bzw. ob man lieber die Arena erweitert und dafür auf ein richtiges Gewaltspektakel verzichtet. Es ist nämlich nur in den seltensten Fällen so, dass einem das Glück so in die Hand spielt, dass man am Ende überhaupt die Chance hat, das zahlenmäßig beste Stück aufzuführen, weil hierfür Unmengen an Geld erforderlich sind, die man auch nur durch harte Arbeit im Vorfeld besitzen kann. Es wird nämlich nur gelingen, das ultimative Programm aufzuführen, wenn man zuvor bereits einige andere Stücke aufgeführt, gleichzeitig Luxusplätze und Podien eingerichtet und außerdem bei den Auktionen einen richtigen Riecher bewiesen hat. Aber all dies funktioniert nur dann, wenn Geld im Haus ist, sodass sich ein stetiges Wechselspiel mit der Berücksichtigung vieler Risikofaktoren ergibt, die einem nur mit einem einzigen Ungeschick oder ein bisschen zu viel des Übermuts ganz böse mitspielen können.

Daraus ergibt sich schließlich auch die permanent brisante Spannung, denn eigentlich kann niemand so recht abschätzen, inwieweit er nun auf der Siegerstraße ist bzw. ob der Gegner noch einen Trumpf in der Hinterhand hat. Obwohl eigentlich alle Marker und Karten offen ausliegen und man ungefähr eine Vorstellung davon hat, welche Wege die Konkurrenz beschreiten wird, kann sich mit einem Mal alles ändern. Ein plötzlicher Verlust der Star-Karten, dazu die gegnerische Investition eines Mammutprogramms und dann vielleicht noch zusätzlich entscheidende Niederlagen bei den Auktionen – und schon ist es vorbei mit der Führungsrolle und allem Optimismus.

Die wohl interessanteste Eigenschaft – zumindest aus analytischer Perspektive betrachtet – ist aber sicherlich die enorme Menge an möglichen Taktiken und damit auch die Suche nach der richtigen darunter. Möglichkeiten scheint es unendlich viele zu geben, Wege wohl auch, und doch läuft jedes Spiel individuell komplett anders ab, und die Strategie, die beim letzten Mal noch den klaren Sieg brachte, führt einen nun auf den Holzweg. Ich persönlich habe dies zum Beispiel nach der ersten Partie gleich mehrfach schmerzlich erfahren müssen. Der daraus resultierende Reiz fesselt einen geradezu an den Spieltisch und diesen uneingeschränkt genialen Titel.

Ich habe in den vergangenen Monaten so viele überragende Spiele kennen gelernt, darunter auch viel Herausragendes aus dem Programm von Days of Wonder. Doch von allen Titeln, die dabei getestet wurden, hat mich und auch den hiesigen privaten Spielerkreis keines derart begeistert und beschäftigt wie „Colosseum“. Und aus diesem Grund gibt es für mich auch nur einen konsequenten Lohn für diese Gemeinschaftsarbeit von Kramer und Lübke: die Auszeichnung „Spiel des Jahres“, für die ich „Colosseum“ hiermit weit vor der übrigen Konkurrenz empfehlen möchte.

Produktabmessungen: 29,8 x 7,9 x 30,2 cm
Vom Verlag empfohlenes Alter: Ab 10 Jahren
Modellnummer: 7731
Lernziel: Taktik, Glück, Verhandlung, Strategie
Sprache: Deutsch
Anzahl Spieler: 3 bis 5
Material: Karton/Papier (Hauptsächlich)
www.colosseumgame.com
www.daysofwonder.com

Göttner, Heide Solveig – Herr der Dunkelheit, Der (Die Insel der Stürme 2)

Band 1: [„Die Priesterin der Türme“ 3611

Um Haaresbreite ist es Amra, Gorun und Jemren gelungen, mit Lillia den Nraurn zu entkommen. Allerdings sind sie nach ihrer überstürzten Flucht im Norden gelandet. Fast scheint es, als wäre der weite Weg, den Jemren mit Lillia gegangen ist, umsonst gewesen. Dazu kommt, dass sie von Jemrens Landsleuten mit größtem Misstrauen betrachtet werden. Nret, die Klankönigin der Stadt Thárraxi, hält Jemren für einen Verräter, einen Verbündeten der verhassten Südländer.

Da taucht ein weißes Schiff vor der Nordküste der Insel auf, und der Kapitän ruft nach seine Tochter Lillia. Da Lillia ebenfalls die Arme nach dem Schiff ausstreckt, lassen ihre Beschützer sie gehen. Erst im letzten Moment erkennt Gorun die Falle und stürzt hinterher!

Während Gorun von dem Schiff, das Lillia entführt hat, mit auf See hinausgetragen wird, zwingt Nret Jemren, ihr und einer Handvoll Bogenschützen den Weg durch den Scyé zu zeigen, jene tiefe, vulkanische Schlucht, welche die Insel in zwei Teile spaltet. Nur zu bald erfährt Jemren, was Nret in Wahrheit vorhat …

|Charakterentwicklung|

Der zweite Band des Zyklus scheint einer der verblendeten Frauen zu sein.

Die eine ist Nret. Ihr Hass gegen den Süden ist so groß, dass sie trotz Amras Warnung einen Pakt mit den Nraurn schließt. Sie glaubt tatsächlich, dass Kajlyn-Gua, die Königin der Bahak, ihr im Gegenzug für ihre Unterstützung die Stadt Défagos samt Ländereien überlassen wird! Und obwohl die Nraurn eine weit größere Bedrohung für sie und ihr Volk darstellen, wirft sie Jemren Verrat vor, weil er sich mit Südländern angefreundet hat, um das eine Kind zu beschützen. Für ihre Blindheit wird sie einen hohen Preis bezahlen.

Aber Kajlyn-Gua ist kein Deut besser. Offenbar wurden sie und ihre Zwillingsschwester Quinda-Na unter besonderen Vorzeichen geboren, auf die die Autorin jedoch nicht näher eingeht. Aufgrund dieser Vorzeichen ist die Nraurn-Königin davon überzeugt, dass sie auserwählt ist, die Prophezeiung zu erfüllen und die Menschen von der Insel der Stürme zu vertreiben. Zu diesem Zweck ist sie sogar bereit, sich mit dem Dunklen Gott Antiles zu verbünden. In ihrem Hochmut ist sie nicht fähig zu erkennen, dass der Gott sie nur benutzt! Alle Warnungen diesbezüglich schlägt sie in den Wind.

Die Charakterzeichnung dieser beiden Frauen als solche ist nicht unbedingt besonders tiefschürfend, sondern eher knapp, aber dennoch klar ausgefallen. Sie dient vor allem dem Ausbau der Konflikte innerhalb der Handlung:

Nret und ihre Bogenschützen wollen ihrem angestauten Hass und Neid Luft machen und ziehen deshalb in den Krieg gegen den Süden. Der Süden will sich gegen den Norden schlimmstenfalls verteidigen, sein unmittelbarer Feind sind die Nraurn, die seine Existenz bedrohen. Die Nraurn kämpfen sowohl gegen den Norden als auch den Süden, was sie dem Norden gegenüber bisher nur noch nicht zugegeben haben, und übersehen dabei, dass sie im Grunde nicht für ihre eigenes Volk kämpfen, sondern für Antiles. Antiles dagegen kämpft nicht nur gegen Menschen und Nraurn, sondern vor allem gegen die übrigen Götter, die ihn einst von der Insel verbannten. Er will die gesamte Insel zu einem Reich des Todes machen.

|Handlungsfortschritt|

Keine Frage, dass bei diesen Spannungen irgendwann ein Zusammenstoß kommen muss. Und er kommt.

Hat die Autorin die Zerstörung Canáxis bestenfalls gestreift, so schildert sie den Angriff der Nraurn auf Défagos weit ausführlicher. Angenehmerweise verzichtet sie dabei weitestgehend auf grausame, blutige oder unappetitliche Details, ohne dass es der Darstellung des Kampfes Abbruch täte. Die eigentliche Entscheidung fällt letztlich auf ungewöhnliche Weise, ganz ohne Waffen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Nraurn noch immer ein riesiges Heer zur Verfügung haben und Antiles nicht vernichtet ist, dürfte es sich dabei aber wohl eher um einen Vorgeschmack auf das Kommende gehandelt haben.

Aber schon bei diesem Vorgeplänkel geraten auf allen Seiten Beteiligte zwischen die Fronten. Jemren hat in seinem Bemühen, Lillia zu schützen, tatsächlich gegen sein eigenes Volk zur Waffe gegriffen! Dass es sich dabei größtenteils um irregeleitete, sture Narren handelt, macht die Sache für ihn nicht besser. Tenon, Nrets Stellvertreter, hegt zwar die größten Bedenken gegen Nrets Entscheidungen, das hindert ihn aber nicht daran, Jemren für einen Verrat zu hassen, den er selbst genauso begangen hat! Nesyn, der neue Heerführer Kajlyn-Guas, kämpft ebenfalls gegen Bedenken. Er fürchtet den Schatten, mit dem seine Königin sich verbündet hat, und was sie mit dem Körper ihrer Schwester getan hat, empfindet er im höchsten Maße als widernatürlich. Außerdem gehen ihm die Worte des alten Qyon, des Wächters der heiligen Schlucht der Nraurn, nicht aus dem Kopf: „Deine Königin hat mich bestohlen!“

Mit der Erweiterung der beteiligten Parteien hat Heide Solveig Göttner aber nicht nur die Verwicklungen der Handlung ausgebaut, sondern auch den kulturellen Hintergrund. Die Götter der Menschen haben, auch wenn sie bisher so gut wie nicht aufgetaucht sind, eine Identität erhalten. Das erklärt auch ein wenig die ungeheure Machtfülle und gleichzeitig die ungewöhnlichen Charaktereigenschaften von Lillia.

Dafür hält die Autorin sich im Hinblick auf die Prophezeiung noch immer stark zurück. Der genaue Wortlaut taucht nirgendwo auf, im Grunde erfährt der Leser nur, wie die verschiedenen Gruppen sie interpretieren. Auch ist immer noch nicht klar, wo Lillia eigentlich herkommt. Défagos besitzt die größten Türme aller Städte, und doch sagt Lillia, ihr Turm sei noch größer!

|Insgesamt|

„Der Herr der Dunkelheit“ ist damit ein gutes Stück komplexer, als es „Die Priesterin der Türme“ war. Nicht nur, dass er mehr Handlungsstränge bietet. Durch die Ausweitung des Konflikts auf mehrere Gruppen mit jeweils eigenen Interessen, die zudem in sich selbst nicht einheitlich sind – der Norden ist gespalten und Nesyns Loyalität hat die ersten feinen Risse bekommen -, entstand ein Netz aus vielfältigen Verflechtungen, das sich jederzeit und in unterschiedliche Richtungen verändern kann. In Anbetracht dieser Entwicklung verspricht der dritte Band ein interessantes und spannendes Finale.

|Die Autorin|

Heide Solveig Göttner studierte Anglistik und arbeitet als Dozentin für Englisch und Deutsch in Freiburg. Außer einem Faible für archäologische Stätten hat sie eine Vorliebe für Inseln, beides hat sich offenbar in ihrer schriftstellerischen Tätigkeit niedergeschlagen. „Die Priesterin der Türme“ war ihr Debütroman, dessen Fortsetzung „Der Herr der Dunkelheit“ erschien im März dieses Jahres. Leider war der Homepage der Autorin keinerlei Hinweis zu entnehmen, wann der dritte Band erscheinen wird. Mit Blick auf den Abstand zwischen dem Erscheinen der ersten beiden Bände darf der Leser sich wohl auf eine Wartezeit von zwölf Monaten einrichten.

http://www.heidesolveig-goettner.com/
http://www.piper-verlag.de/fantasy/

Fischer, Claus Cornelius – Und vergib uns unsere Schuld

Eigentlich ist der Königinnentag in Holland ein Feiertag, doch während ganz Amsterdam feiert, irrt ein vierzehnjähriger Junge im Dunkeln durch einen Park und hat Angst. Er weiß, dass er etwas gesehen hat, das er nicht hätte sehen dürfen, und nun ahnt er, dass ihn etwas Gefährliches verfolgt. Und richtig, es dauert nicht lange, bis er Schritte hinter sich hört und weiß, dass es nun zu Ende ist für ihn. Einen Tag später wird der Junge ermordet aufgefunden. Aber es ist nicht nur irgendein Mord, den Commissaris Bruno van Leeuwen aufzuklären hat, dieser Mord setzt neue Maßstäbe: Dem Jungen ist nämlich der Kiefer aufgestemmt und das Gehirn entfernt worden. Bruno van Leeuwen ist eigentlich nicht schnell zu erschrecken, hat er doch schon viel erlebt in seiner Laufbahn als Kommissar, doch diese brutale Tat lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren.

Langsam tastet er sich näher, er verhört Zeugen und befragt die Freunde des ermordeten Jungen, die am Tatabend eigentlich verabredet waren, doch haben die Freunde vergeblich warten müssen. Viele Hinweise sind es allerdings nicht, die van Leeuwen zur Verfügung stehen, doch das Schicksal ist auf seiner Seite: Während er eines Abends durch die Straßen Amsterdams irrt, entdeckt er ein junges Mädchen, das auf der Suche ist nach einem Mann, mit dem sie die Nacht oder auch nur eine Stunde verbringen kann. Van Leeuwen quartiert es einfach in einem Hotel ein, kann aber noch nicht ahnen, dass genau dieses Mädchen einen wichtigen Hinweis für ihn parat hat.

Aber der Mordfall ist nicht die einzige Sorge, die Bruno van Leeuwen plagt, denn seine geliebte Frau Simone ist schwer krank, sie hat keine Erinnerungen mehr und ist den ganzen Tag auf Pflege angewiesen. Doch mitten in den Ermittlungen weigert sich die Pflegerin, weiterhin den ganzen Tag bis spätabends bei Simone zu bleiben, weil Bruno nie pünktlich nach Hause kommt, um sich selbst um seine Frau zu kümmern. Er ist verzweifelt, zumal es nicht lange dauert, bis er vor die Wahl gestellt wird: entweder seine Frau oder sein Job. Da er Simone immer noch über alles liebt, fällt ihm die Wahl nicht schwer – bis ein weiterer, noch grausamerer Mord geschieht und van Leeuwen Dinge aus Simones Vergangenheit herausfindet, von denen er lieber nichts gewusst hätte …

Claus Cornelis Fischer begnügt sich nicht einfach damit, einen spannenden Kriminalfall zu schreiben, nein, er gibt seinem Kommissar so viel Profil, dass er schon als tragischere Figur erscheint, als es ein Kurt Wallander jemals gewesen ist. Nach und nach kommt Bruno van Leeuwen den Geheimnissen des Mörders, aber auch den Geheimnissen seiner Ehefrau auf die Spur, und man weiß als Leser eigentlich nicht, was schlimmer ist: eine Frau, die viel zu verbergen hat, aber sich an ihre Geheimnisse nicht mehr erinnern kann und deswegen keine Aussprache mehr möglich ist oder ein brutaler Mörder, der seinen Opfern das Hirn entwendet. Dieses Buch ist folglich nichts für Warmduscher; man sollte sich schon warm anziehen, wenn man den ersten Fall dieses holländischen Kriminalkommissars zu lesen beginnt.

Was den vorliegenden Roman auszeichnet, ist die ausschmückende Sprache des Autors. Etwa die Hälfte des Umfangs verwendet er darauf, seine Charaktere von allen Seiten zu beleuchten, wir blicken mit Bruno van Leeuwen in die Vergangenheit, wir begeben uns an den Tag zurück, an dem er die schlimme Diagnose erfahren hat, wir durchleben die schwere Zeit mit, in der es Simone immer schlechter ging und sie es aber noch selbst bemerkt hat. Wir folgen auch jedem Gedanken des geplagten Ehegatten, der sich in seiner Fantasie oftmals ausmalt, wie es hätte kommen können, wenn Simone nicht krank geworden oder er selbst nicht so blind gewesen wäre. Manchmal gehen diese Tagträume allerdings so fließend in die Erzählung über und umgekehrt, dass man beim Lesen den Faden zu verlieren droht und den Gedanken nicht mehr so recht folgen kann. Claus Cornelius Fischer setzt seinen Schwerpunkt meiner Meinung nach etwas zu sehr auf die Figurenzeichnung und auf das tragische Familienleben des Kriminalkommissars. Klar, ich mag es auch, wenn die Charaktere an Profil gewinnen, wenn ein Autor erzählen und vor allem schön umschreiben kann, aber manchmal gerät der eigentliche Mordfall so sehr ins Hintertreffen, dass die Spannung arg absinkt und man ungeduldig die Seiten umblättert und auf den Moment wartet, wo es endlich wieder um die Ermittlungen geht.

Ein weiterer Minuspunkt ist die Konstruktion der gesamten Geschichte. Was sich Claus Cornelius Fischer da ausgedacht hat, ist zwar eine hochbrisante Tat mit spannendem Hintergrund, aber wie Bruno van Leeuwen dem Mörder schließlich auf die Spur kommt, ist mir persönlich mit zu vielen Zufällen verbunden. Immer wieder trifft er genau im richtigen Moment die richtige Person, die ihm netterweise den passenden Hinweis geben kann. Hier geraten van Leeuwens private Geschichte und seine beruflichen Ermittlungen zu sehr aneinander – was im Privatleben passiert, ist plötzlich das wichtige Aha-Erlebnis bei den Ermittlungen. Diese Schnittpunkte der beiden Handlungsstränge fügen sich allerdings nicht stimmig in die Geschichte ein, sondern sie werden so plump präsentiert, dass man den Eindruck gewinnt, dass der Autor sonst den Dreh nicht bekommen hätte.

Eigentlich schade, dass Claus Cornelius Fischer sich etwas in seiner Geschichte verfranst, denn sowohl sein Kommissar hat Potenzial als auch der Autor selbst, denn wenn man Fischer etwas zugute halten muss, dann, dass er sehr gut erzählen, Dinge beschreiben und Situationen so vortrefflich darstellen kann, dass man in der Geschichte versinkt. Nur leider versinkt man manchmal eben so sehr, dass man vergisst, hier einen Kriminalroman in den Händen zu halten. Was man Fischer für seinen hoffentlich nächsten Roman nur wünschen kann, ist, dass er die richtige Balance aus interessanter Rahmenhandlung und einem gelungenen Spannungsaufbau während der polizeilichen Ermittlungen findet; dann könnte der nächste Fall von Bruno van Leeuwen ein echter Leckerbissen und Lesegenuss für jeden Krimifan werden. Der erste Fall allerdings lässt leider noch ein paar Wünsche offen.

http://www.ehrenwirth.de

Jackson, Steve / Kovalic, John – Munchkin

_Die unendliche Rollenspiel-Parodie_

„Munchkin“ ist Kult, da sind sich herkömmliche Brettspieler und Rollenspiel-Begeisterte ausnahmsweise mal einig. Das einst von Steve Jackson entworfene Kartenspiel machte erstmals 2001 von sich reden und wird seit der allerorts gefeierten Basisversion aus eben jenem Jahrgang von Saison zu Saison mit weiteren irrwitzigen Ergänzungen fortgeführt. Dabei mag sich mancher fragen, was denn nun so besonders an diesem von John Kovalic einmal mehr hervorragend illustrierten Kartenspiel ist.

Nun, um das zu begreifen, sollte man schon auf erste Erfahrungen im Rollenspielsektor zurückgreifen und über die vielen Eigenheiten, die damit einhergehen, lachen können oder aber einen gesunden Zynismus besitzen und sich generell über die verbissene Leidenschaft der Liebhaber von Zwergen, Elfen und Orks lustig machen können. Aber egal welcher Spielsippe man entstammt – am Ende wird man auf jeden Fall seinen Spaß mit diesem vergleichsweise simplen, aber dennoch spannenden und unterhaltsamen Kartenspiel haben. Zumindest kenne ich bislang niemanden, der das Spiel getestet hat und noch nicht infiziert ist.

_Die Idee_

Eine erlesene Gruppe von Zauberern, Menschen, Elfen und Zwergen zieht durch die finstren Lande, um den ultimativen Bösewicht und dessen Schergen zu jagen und ihre grauenvollen Machenschaften ein für allemal zu beenden? Völliger Blödsinn, denn schließlich kann man den Kampf gegen das Böse auch um einiges relaxter angehen. Schwerter und Schilde? Wer braucht das schon in einer Welt, in welcher der Kniescheiben zertrümmernde Hammer, die Strumpfhose der Riesenstärke und die Stiefel zum echt schnellen Davonlaufen das Maß aller Dinge sind. Und sollten all diese Gegenstände nicht mehr ausreichen, gibt’s ja immer noch den Trank des Mundgeruchs und ähnlich suspekte magische Mittel.

In „Munchkin“ kämpft man also grob betrachtet mit recht unkonventionellen Mitteln gegen all die Gefahren, die sich im standesgemäßen Dungeon tummeln. Es gilt fürchterliche, witzige Monster zu bekämpfen, sie kompromisslos zu töten, ihre Schätze zu klauen und Schritt für Schritt in der eigenen Stufe zu steigen, bis man schließlich genügend Erfahrung gesammelt hat, um in Stufe 10 den Sieg einzufahren. Allerdings ist dies nicht so leicht wie vermutet, denn auch die Gegen- bzw. Mitspieler („Munchkin“ ist übrigens für drei bis sechs Spieler konzipiert …) reden bei der eigenen Entwicklung ein gehöriges Wort mit, spinnen derweil Intrigen oder greifen ein, wenn Not am Mann ist – Letzteres aber meist zu den eigenen Ungunsten. Während man also rasant zwischen den einzelnen Stufen pendelt und auch einige Rückschläge einstecken muss, dringt man immer tiefer in die Wirren des seltsamen Dungeons ein und schont weder Ganzkörperschild noch Lachmuskeln. Und das bei einem Suchtfaktor, dem mittlerweile weltweit unzählige Spieler – verständlicherweise – treu ergeben sind.

_Das Material_

Das Basisspiel, sprich die Ursprungsversion des Kartenkults, enthält insgesamt 168 Karten, die sich in Dungeon- und Schatzkarten untergliedern. Hierbei zählt in erster Linie die witzige Gesamtillustration Kovalics, die hier wieder mal dem Fass den Boden ausschlägt und gerade bei der Darstellung der verschiedensten Monster das Talent des Stammzeichners an Steve Jacksons Seite unter Beweis stellt. Zwar wurde der hier entworfene Stil, einzelne Charaktere zu zeichnen, in späteren Spielen (zum Beispiel [„Chez Geek“) 3261 immer wieder kopiert bzw. geringfügig modifiziert, aber die ständigen Lacher bleiben selbst dann nicht aus, wenn man das Werk des Zeichners in- und auswendig kennt.

Die Simplizität, mit der Kovalic die Karten gestaltet hat, schlägt sich auch auf den Aufbau des Materials nieder. Leicht verständliche Inhalte, eine sehr gut überschaubare Systematik und (natürlich) humorvolle Texte zieren die einzelnen Karten und machen das Spiel sowohl qualitativ als auch optisch zu einer echten Wonne. Aber das ist man von diesem berüchtigten Zweigespann respektive dem |Pegasus|-Verlag nicht anders gewohnt.

_Ab ins Dungeon – der Ablauf des Spiels_

Im Grunde genommen setzt sich jede Spielrunde aus genau vier Phasen zusammen, nämlich ‚Tür öffnen‘, ‚Auf Ärger aus sein‘, ‚Raum ausplündern‘ und ‚Milde Gabe‘. Allerdings muss jede diese Phasen noch einmal umfassend vertieft werden, weil es viele Eventualitäten gibt, die man bei den einzelnen Spielzügen berücksichtigen muss – ganz so leicht kann man jedenfalls nicht in den düsteren Gängen des Dungeons bestehen.

Vor jeder Runde müssen jedoch erst einmal die Karten aufgeteilt werden. Dungeon- und Schatzkarten werden getrennt und in zwei separate Stapel gemischt. Nun erhält jeder Spieler genau zwei Karten auf die Hand, mit denen er das Spiel auch beginnt. Diejenigen, die eine schnelle Runde spielen wollen, können auch auf vier Karten als Startkapital ausweichen.

Dann geht’s auch schon los: Beginnend als Mensch auf Stufe 1 zieht man Runde für Runde eine Karte vom Dungeonstapel. Sollte es sich dabei um eine Monsterkarte handeln, muss man das darauf befindliche Monster ohne Umwege bekämpfen, kann hierzu aber auch verschiedene Tränke und Waffen verwenden, die man offen vor sich auszuliegen oder noch auf der Hand hat. Nun wird die Gesamtstufe, also der eigene Status plus Boni, addiert, mit der des Monsters verglichen und der Sieger ermittelt. Sollte man den Kampf tatsächlich siegreich bestreiten, besteht die Möglichkeit, des Gegners Schätze zu ergattern. Allerdings ist es auch nach erfolgreichem Kampf noch möglich, einen Gegenschlag einstecken zu müssen.

Wer sich dem feindlichen Monster indes nicht gewachsen sieht, kann auch die Kumpanen um Hilfe rufen, die durch eine Beteiligung am Kampf eventuell am erstrittenen Schatz beteiligt werden. Allerdings profitieren sie durch den Sieg nicht, indem sie wie man selbst bei der Tötung des Monsters eine Stufe (oder zwei bei einem großen Monster) aufsteigen. Nur die materielle Ausbeute des Kampfes ist hier ausschlaggebend. Es ist jedoch nicht verpflichtet, den Mitstreitern zur Hilfe zu eilen. Im Fall der totalen Hilflosigkeit bleibt nur noch die Flucht, dann aber möglicherweise auch der Schaden durch das oder die Monster. Nur mit einer hohen Würfelsumme kann man den schlimmen Dingen noch entfliehen, die sie einem anzutun gedenken. Drunter fallen natürlich auch ein Herabsenken der Charakterstufe und ggf. sogar der Tod.

Gesetzt dem Fall, dass man statt einem Monster einen Fluch vom Dungeonstapel zieht, wird dieser sofort ausgespielt und der Effekt spürbar. Die übrigen Karten, die unter keine dieser beiden Kategorien fallen, kann man entweder sofort ausspielen oder aber noch mal auf die Hand nehmen für einen späteren Einsatz. Man wird aber quasi dazu gedrängt, pro Runde ein Monster zu bekämpfen. Sollte also keines vom Dungeonstapel gezogen werden, besteht immer noch die Möglichkeit, ein Monster aus den Handkarten zum Gegner zu erwählen und es bestenfalls zu töten.

Nun folgt die lukrative Phase des Spiels, nämlich die Ausbeute. Zunächst einmal steigt man nach dem Sieg mit Todesfolge in der eigenen Rangstufe um einen Punkt, was mit einem Marker oder einer Münze markiert wird. Dann nimmt man so viele Schätze, also Schatzkarten vom Stapel, wie es auf der Karte des geschlagenen Monsters abgebildet steht. Wer zum Weglaufen gezwungen wurde, geht hingegen ebenso leer aus wie derjenige, der auf kein Monster getroffen ist. Allerdings besteht für Letztgenannten noch die Pflicht, verdeckt eine weitere Karte vom Dungeonstapel auf die Hand zu nehmen.

In ‚Milde Gabe‘, der letzten Phase des Spielzugs, wird schließlich das Handkartenlimit überprüft: Fünf Karten sind erlaubt, für einen Zwerg sogar sechs. Wird dies überschritten, bekommt der Spieler mit der geringsten Stufe die überschüssigen Karten. Sollte man selber diesen Rang innehaben, wirft man alle Karten über dem Limit ab.

Zum groben Verlauf des Spiels gesellen sich nun noch einige Feinheiten. So unterscheidet man zum Beispiel auch bei „Munchkin“ zwischen verschiedenen Rassen, die wiederum basierend auf ihren Eigenschaften unterschiedliche Voraussetzungen beim Durchkämmen des Dungeons haben. Weiterhin unterteilen sich die verschiedenen Vertreter der Völkergruppen noch einmal in unterschiedliche Klassen wie Zauberer, Diebe, Priester etc., denen auch noch einmal verschiedene Qualitäten beschieden sind. Die unterschiedlichsten Konstellationen des eigenen Charakters sorgen natürlich für einen individuell ganz verschiedenartigen Spielablauf und Widerstreit mit den Kontrahenten, wobei man sich zu keinem Zeitpunkt des Spiels festlegen muss. Bedingung ist lediglich, dass man genau einer Rasse und einer Klasse angehört, es sei denn, man verfügt über die Karten ‚Halb-Blut‘ und ‚Super Munchkin‘.

Dann kann man seinen Charakter natürlich mit verschiedenen Gegenständen stärken. Tränke, Schilde und Waffen erhöhen die Kampfkraft sowie offensichtlich auch die Siegchancen. Wer jedoch gerade nicht das richtige Mittel parat hat, kann auch Gegenstände mit Gegnern tauschen. Noch fieser ist dieser Tausch jedoch, wenn er in Bestechung umschlägt und man dadurch ein bestimmtes Handeln eines anderen Mitspielers unterbinden kann. Auf diese Weise kann man sich zu manchen Zeitpunkten in einen Kampf einmischen und ihn entweder zu seinen Gunsten oder aber zu Ungunsten eines anderen Spielers lenken. So entsteht mitunter auch ein kleiner Kleinkrieg, der die Dynamik des Spiels weiter forciert und letztendlich auch eine der vielen Besonderheiten von „Munchkin“ ist – und eventuell auch über Sieg und Niederlage entscheidet.

_Ende des Spiels_

Sobald ein Spieler die zehnte Stufe erreicht hat, hat er das Spiel gewonnen. Hierzu muss er aber dringend für den nahtlosen Übergang aus der vorherigen Stufe ein Monster besiegt und vorher auch auf Stufe neun gestanden haben. Extrakarten und dergleichen zählen also nicht mehr. Lediglich die ‚Göttliche Intervention‘ kann ein alternatives Spielende hervorrufen und den Spieler auf andere Weise auf besagte Stufe hieven. Aber wer will schon den leichten Weg gehen …

_Meine Meinung_

Ich denke, dass man dem euphorischen Unterton dieser Kritik schon anmerkt, mit welcher Begeisterung ich dieses Spiel verfolgt habe. Nachdem zunächst einmal das seltsame, aber eben total witzige Spielmaterial schmunzelnd unter die Lupe genommen wurde, hatte „Munchkin“ eigentlich schon gewonnen. Doch erst die rasante Interaktion im weiteren Spielverlauf erweckt den finalen Eindruck, dass dieses Spiel vollkommen zu Recht seit einiger Zeit Kultstatus innehat, denn erst, wenn man die finsteren Schergen mit den leicht bescheuerten Waffen bekämpft, merkwürdige Flüche ausstößt, zweifelhafte Tränke eingießt und sich im Rassen- und Klassenkampf behaupten muss, wird man in den Bann der Faszination „Munchkin“ gezogen und entdeckt ein im direkten Vergleich noch besseres Pendant zur WG-Parodie in „Chez Geek“ bzw. „Chez Goth“.

Aber natürlich bleibt die Frage, was genau diese Faszination auslöst, und da bleibe ich denjenigen, die sich bislang noch nicht an „Munchkin“ versucht bzw. überhaupt keine Verbindung zum Rollenspiel haben, auch über diese Kritik eine Antwort schuldig. Man mag sich ggf. mit Phrasen wie ‚man muss es einfach mal gespielt haben‘ nicht zufrieden geben, aber ohne Erfahrungswerte wird man die Besonderheiten, die den „Munchkin“-Kult definieren mitunter nicht verstehen können. Es ist eben eigentlich die Kombination aus Witz, Dynamik, Strategie, Wagemut, Hinterlist und Gemeinheiten, die nachhaltig überzeugt und ausnahmslos begeistert.

Einzige Bedingungen für den Interessenten sind, dass er kein bierernster Rollenspieler ist, die Bereitschaft zeigt, sich über das Genre lustig zu machen – am besten natürlich, wenn man selber aktiv spielt – und an derartigen Spielen auch das Optische schätzt. Also, was bleibt noch außer der dringenden Empfehlung, sich selber ein Bild zu verschaffen und sich bereit für eines der nach wie vor besten, lustigsten und erfinderischsten Kartenspiele zu machen? Nichts. Von daher: Basispaket besorgen und der „Munchkin“-Leidenschaft verfallen!

http://www.pegasus.de/munchkin.html

Lynch, Scott – Lügen des Locke Lamora, Die (Locke Lamora 1)

|Locke Lamora / Der Gentleman-Bastard:|

Band 1: _“Die Lügen des Locke Lamora“_
Band 2: [„Sturm über roten Wassern“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5172
Band 3: „Die Republik der Diebe“ (11.10.2011)
Band 4: „The Thorn of Emberlain“ (noch ohne dt. Titel)
BAnd 5: „The Ministry of Necessity“ (noch ohne dt. Titel)
Band 6: „The Mage and the Master Spy“ (noch ohne dt. Titel)
Band 7: „Inherit the Night“ (noch ohne dt. Titel)

„Scott Lynch“ ist keinesfalls der neue Roman des Autoren Locke Lamora – dass es dennoch so erscheint, liegt an der völlig unpassenden Titelbildgestaltung, die leider an ältere |Dungeons & Dragons|-Romane erinnert. Es ist vielmehr umgekehrt: Der 1978 in Minnesota geborene Scott Lynch ist der Autor von „Die Lügen des Locke Lamora“, einem Edelganovenroman im Fantasymilieu. Diese recht seltene Kombination bescherte ihm großen Verkaufserfolg und gute Kritiken in den USA. _Anmerkung:_ Der Heyne-Verlag hat mittlerweile das Erscheinungsbild der Serie zum Besseren verändert, [hier]http://www.jagve.org/jpg/dldll.jpg zum Vergleich das alte Cover, auf das sich die Kritik bezieht.

Mag der Dieb als Charakter auch ein Archetyp der Fantasy sein, so ist er doch meistens eher eine Nebenfigur. Zumindest in den |Forgotten Realms| (Vergessenen Reichen) pflegen die werten Langfinger sich in mächtigen Gilden zusammenzurotten und gewissen Klischees zu huldigen, mit denen Lynch jedoch zu brechen versucht durch ein italienisch angehauchtes Szenario mit britischem Einschlag. Der Stadtstaat Camorr, in dem die Handlung spielt, ist zwar auch die Heimat vieler organisierter Banden (und deutlich an die Camorra und Neapel angelehnt), im Gegensatz zu Calimhafen im |D&D|-Universum jedoch wesentlich detailverliebter dargestellt. Es herrscht ein „Geheimer Friede“ zwischen dem Oberhaupt der Banden, Capa Barsavi, und dem Adel von Camorr. Auch die Gendarmerie ist in diesen eingeweiht. Diebe dürfen mehr oder weniger ungestraft ihr Unwesen treiben, solange die Aristokratie von ihnen verschont bleibt.

Doch der gewitzte Locke Lamora, ein Lehrling von Vater Chains, einem angeblich halbblinden Bettelmönch des Perelandro, hält sich selten an den Frieden. Nicht ganz in Robin-Hood-Manier stiehlt er von den Reichen. Allerdings nicht, um es unter den Armen zu verteilen, die lässt man einfach in Ruhe und genießt selbst das süße Leben, das die reiche Beute den Gentleman-Ganoven ermöglicht. Hier liegt auch der Unterschied zum britischen Edelganoven: Locke und seine Bande sind Waisen und keine bereits reichen Snobs mit Attitüde. Was sie von den übrigen Schlägern und Gaunern Camorrs unterscheidet, sind ein gewisses Schauspieltalent und eine umfassendere Bildung. So kann sich Locke als Edelmann verkleiden und überzeugend als Geschäftsmann auftreten, denn er versteht etwas von Buchhaltung und den Sitten am Hof von Herzog Nicovante und anderen Herrschern.

Die Geschichte beginnt mit der Überstellung Locke Lamoras an Vater Chains, der seine besonderen Talente erkannt hat. Gleichzeitig hat ihn ein gewisser Übermut in eine gefährliche Lage gebracht. Denn Locke hat bereits in seiner Ausbildung beim „Lehrherrn der Diebe“ im „Hügel der Schatten“, der junge Waisen aufsammelt und sie für die Banden Camorrs ausbildet, über die Stränge geschlagen. Er hat sich mit den Ordnungshütern der Stadt angelegt und sie bestohlen, was eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen in Bewegung setzte, die mit dem Brand eines Wirtshauses, Verhaftungen und dem Tod einiger seiner Gefährten endete. Grundsätzlich ist auch er des Todes. Denn Capa Barsavi kann nicht dulden, dass irgendjemand den „Geheimen Frieden“ bricht. Der Lehrherr ist gezwungen, beim Capa um seinen Tod zu bitten und ihn dann auch zu töten, doch Vater Chains fordert den verwegenen Bursche für sich an. Zusammen mit den Zwillingen Calo und Galdo Sanza, Bug, Jean Tannen und Sabetha bildet er sein Team von Gentleman-Ganoven. Locke entwickelt sich zum Kopf der Bande, in der jedes Mitglied seine besonderen Talente hat. Der kurzsichtige aber starke Jean zum Beispiel ist ein gefährlicher Schläger mit aufbrausendem Temperament, aber da er aus bürgerlichem Hause stammt, auch der beste Rechner der Bande, mit der bei weitem schönsten Handschrift.

Scott Lynch erzählt die Ausbildung von Locke Lamora parallel zum ersten Coup Lockes, einem Betrug an Don Salvara, dem gegenüber er sich als ein Bevollmächtigter des Hauses bel Auster, bekannt für seinen weltberühmten Austershalin-Kognak, ausgibt. Doch die Geschichte wird noch komplexer, denn in Camorr tobt ein Bandenkrieg. Der „Graue König“ versucht, Capa Barsavi die Vormachtstellung abzunehmen. Er intrigiert gegen Locke und bringt ihn unter seine Kontrolle. Er soll für ihn mit Capa Barsavi verhandeln. Dank eines Soldmagiers aus Karthain konnte er bisher der geballten Macht der Banden widerstehen, doch nun möchte er ihn sprechen. Locke vermutet zu Recht eine List – er wird als Köder einer raffinierten Falle missbraucht, die ihn fast das Leben kostet. Viele Anhänger Barsavis und Freunde Lockes sterben auf bewusst brutale und grausame Art und Weise, der „Graue König“ ist jedoch damit nicht zufrieden. Er will nicht nur Herr über die Unterwelt Camorrs sein, auch mit dem Adel hat er ein Hühnchen zu rupfen …

Ab diesem Zeitpunkt gewinnt das Buch deutlich an Klasse und Fahrt, denn die ersten 238 Seiten bis zum Beginn des zweiten Buches „Komplikationen“ sind ziemlich langweilig. Lockes Ganovenabenteuer und Genialität werden zu oft gepriesen, ohne dass Lynch einen genialen Coup folgen ließe. Die Rückblenden in die Vergangenheit wirken hier besonders bremsend und störend. Im weiteren Verlauf der Handlung, sobald sie an Komplexität und Witz gewinnt, erzeugt diese Erzähltechnik jedoch durchaus eine gewisse Abwechslung und Steigerung der Spannung. Die Zwischenspiele und Sprünge sind kürzer als zu Beginn, nicht mehr so willkürlich, sondern haben Bezug zur Haupthandlung.

Der Charakter Locke Lamora ist eine bewusste Leerstelle des Autors. Wir erfahren mehr über Vater Chains, Capa Barsavi und Jean Tannen als über Locke selbst und seine unglückliche Liebe Sabetha. Geschickt offenbart Lynch häppchenweise Details. Erst erfahren wir, dass Locke in Sabetha verliebt war, dann, dass sie über einem halben Kontinent geflüchtet ist – warum auch immer. Dann indirekt ihre Haarfarbe, dass sie eine perfekte Verführerin und Schönheit ist … und mehr nicht. Sabetha könnte in weiteren Romanen eine wichtige Rolle spielen. Locke selbst ist ein eher schmächtiger und nicht gerade gutaussehender junger Mann, dem man die Spuren der Unterernährung in der Jugend noch ansieht. Seinen wahren Namen – er heißt weder Locke noch Lamora – flüstert er am Ende des Romans Jean Tannen ins Ohr. Dem Leser bleibt er vorenthalten.

Camorr selbst, der einzige Schauplatz der Handlung, ist eine Hafenstadt, die, wie bereits erwähnt, an Neapel angelehnt ist. Magie spielt weitgehend keine Rolle, stattdessen Gift, List und Tücke. Ein sehr italienisches Szenario, mit einigen britischen Spritzern wie dem Gentleman-Aspekt und den Waisenkinderbanden. Lynch ließ es sich jedoch nicht nehmen, noch eine Hai-Variante des Stierkampfs und gläserne Bauwerke der Eldren, mystischer und ausgestorbener Vorfahren der Menschen, einzubauen. Nebenher erzählt er über weit entfernte Gebiete und zwielichte Organisationen, wie die Soldmagier von Karthain. Diese Welt ist auf Expansion angelegt, und so wundert es nicht, dass Locke am Ende des Buchs gezwungen ist, Camorr auf dem Seeweg zu verlassen. Der nächste Band wird unter dem Titel „Sturm über roten Wassern“ erscheinen.

_Fazit:_

Ganz so originell, wie die vielen Rezensionen und Pressestimmen auf dem Buchrücken behaupten, ist „Die Lügen des Locke Lamora“ sicher nicht. Das Szenario mag einem Amerikaner exotisch vorkommen, einem Europäer dürfte es wesentlich geläufiger sein. Italienisches Mittelalter beziehungsweise frühe Neuzeit treten immer häufiger in der englischsprachigen Fantasy auf, wie bereits in [„Der venezianische Ring“ 1401 von Cherith Baldry. Das soll nicht heißen, „Locke Lamora“ sei ein Langweiler, ganz und gar nicht. Ein sehr verhaltener Start und ein unausgereifter Spannungsbogen sowie starke Qualitätsschwankungen machen den Roman zu einem Wechselbad der Gefühle. Auf wirklich vorzügliche Passagen folgen Kapitel, die an Trivialität und Banalität kaum zu überbieten sind. Der sehr indirekte und vage Stil der Charakterisierung Lockes ist ausgeprägte Geschmackssache, ebenso die Erzählweise mit den vielen Zwischenspielen in der Vergangenheit.

Doch mit viel Witz und Liebe zum Detail macht Scott Lynch einiges wett, und im Genre der Fantasyganoven ist Locke Lamora ohne Zweifel bereits jetzt der unangefochtene Capa. Auf seine weiteren Abenteuer kann man gespannt sein, denn Locke hat sich in diesem Buch mehr Feinde als Freunde geschaffen. Sehr gefährliche Feinde.

|Originaltitel: The Lies of Locke Lamora (Teil 1) – The Gentleman Bastard Sequence Bd. 1
Originalverlag: Gollancz
Aus dem Englischen von Ingrid Herrmann-Nytko
Deutsche Erstausgabe
Paperback, 848 Seiten, 13,5 x 20,6 cm|
http://www.heyne.de
http://www.scottlynch.us

Franz, Andreas – Unsichtbare Spuren

Norddeutschland, 1999: Nach einer verregneten Nacht wird die brutal zugerichtete Leiche der siebzehnjährigen Sabine gefunden, die per Anhalter zu einer Chatfreundin reisen wollte. Aufgrund von Spermaspuren stößt die Polizei sehr schnell auf den vorbestraften Georg Nissen. Nissen gesteht zwar, Sabine mitgenommen und einvernehmlichen Sex mit ihr gehabt zu haben, er beteuert jedoch, mit ihrem Tod nichts zu tun zu haben. Doch für Kommissar Sören Henning ist der Fall klar. Kurz nach der Verurteilung nimmt sich der vermeintliche Täter das Leben – zu spät erkennt Henning, dass er tatsächlich unschuldig war.

Fünf Jahre später: Kommissar Henning hat seinen fatalen Irrtum bis heute nicht verkraftet. Seine Ehe ist zerbrochen, seine Frau versucht den Kontakt zu den Kindern zu unterbinden, er selber hat sich auf Büroarbeit verlegt. Doch dann wird die Leiche einer jungen Frau gefunden, am gleichen Ort wie damals Sabine. Fast alles deutet darauf hin, dass der Täter wieder zugeschlagen hat. Henning recherchiert und erkennt, dass Dutzende Morde ähnlicher Art seit rund fünfzehn Jahren in ganz Deutschland verübt wurden. Trotz der Skepsis seiner Kollegen glaubt er an einen Serientäter, der schon zahlreiche Opfer auf dem Gewissen hat.

Ermuntert von seiner jungen, temperamentvollen Kollegin Lisa Santos, steigt Sören Henning wieder in die Ermittlungen ein. Er glaubt, dass der Mörder ein überdurchschnittlich intelligenter Mann ist, der mit seinen Verfolgern spielen will. Bald folgt die Bestätigung in Form eines Briefes an Henning. Der Mörder schickt Fotos seiner toten Opfer und fordert den Ermittler zur Suche heraus. Die Zeitspanne zwischen seinen Taten wird immer kürzer und Kommissar Henning befindet sich mitten in einem grausame Katz-und-Maus-Spiel …

Mit den Krimis um Julia Durant und Peter Brandt existieren bereits zwei Ermittlerreihen von Andreas Franz, doch mit Hauptkommissar Sören Henning gibt ein sehr menschlicher und sympathischer Ermittler sein Debüt, von dem man hoffentlich noch viele weitere Fälle lesen wird.

|Interessante Charaktere|

Hauptkommissar Henning ist Anfang vierzig und ein seelisch gebeutelter Mann. Nach dem fatalen Irrtum, der zum Tod des unschuldig verurteilten Georg Nissen führte, ging sein Leben stetig bergab. Um zu vermeiden, dass ihm jemals etwas Ähnliches nochmal passiert, hat er sich aufs Aktenbearbeiten verlegt, anstatt vor Ort zu ermitteln. Seine Ehe ist unter dieser Belastung zerbrochen, seine Frau verlangt horrenden Unterhalt, während sie sich weigert, arbeiten zu gehen. Seine Töchter vermissen ihn zwar, doch ihre Mutter unterbindet den Kontakt, wo immer es möglich ist. Eine der wenigen Stützen in seinem Leben ist seine langjährige Kollegin Lisa Santos. Die temperamentvolle Halb-Spanierin arbeitet zwar seit rund zehn Jahren mit ihm zusammen, doch erst jetzt lernt er ihre privaten Seiten kennen, die sie im Job erfolgreich verbirgt. Das schlimme Schicksal von Lisas Schwester hilft Henning aufzuwachen und die Resignation von sich abzuwerfen. Gemeinsam mit Santos macht er sich auf die Jagd nach dem brutalen Mörder, dem endlich das Handwerk gelegt werden muss.

Ebenso gut wie den Hauptkommissar lernt der Leser den mysteriösen Butcher kennen. Ein Mann mit biederer Fassade, verheiratet und Vater zweier Töchter, doch dahinter lauert ein Mörder, der Dutzende Opfer auf dem Gewissen hat. Zwar kommt natürlich weder Verständnis noch Mitleid für Butcher auf, aber man gewinnt zumindest Einblick in seine kaputte Psyche. Von klein auf wird er von seiner herrischen Mutter gedemütigt, zum Lernen getrimmt und von der Außenwelt ferngehalten. Freunde werden vergrault, körperliche Nähe gibt es nicht, jeder Fehler wird grausam bestraft. Die Ehe mit seiner Frau scheint ein Rettungsanker zu sein, doch stattdessen wird alles noch schlimmer. Seine Frau gleicht seiner Mutter charakterlich aufs Haar, die beiden Frauen verbünden sich, seine Mutter wohnt mit ihnen unter einem Dach.

So unbarmherzig Butcher mit seinen Opfern umgeht, so sehr schreckt er davor zurück, sich von Frau oder Mutter zu befreien. Die Demütigungen im eigenen Haus werden durch Sadismus sublimiert. Aber der Drang zu töten wird immer stärker, seine unterdrückte Wut lässt sich kaum noch kontrollieren. Für eine überraschende Seite in seinem Wesen sorgt das Zusammentreffen mit Carina, einer alleinerziehenden Mutter, die alles verkörpert, was sich Butcher insgeheim immer von einer Frau gewünscht hat: liebevolle Ausstrahlung, Rücksichtnahme, Güte und Herzlichkeit. Während die ahnungslose junge Frau sich eine Beziehung mit dem scheinbar so verständnisvollen Mann erhofft, reagiert Butcher verzweifelt. Für einen Neuanfang mit Carina ist es zu spät, es ist bereits schwer genug, sein Doppelleben als Mörder und Familienvater zu verbergen. Er ahnt, wie anders sein Leben hätte verlaufen können, wenn Carina ihm früher begegnet wäre, aber gleichzeitig weiß er, dass nichts davon jemals wahr werden kann.

|Fesselnd bis zum Schluss|

Ein weiterer Pluspunkt ist die Spannung, die den Leser von Anfang bis Ende durchgängig in den Bann zieht. Das ist vor allem bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass es hier nicht um einen Whodunit-Krimi handelt, sondern dass dem Leser die Identität des Täters früh bekannt ist. Abwechselnd wird aus dem Leben des Ermittlers und aus dem des Mörders erzählt, sodass man beide Figuren gleichermaßen kennen lernt. Lange bevor der erste Kontakt zwischen Täter und Verfolger zustande kommt, ist der Leser umfassend informiert über die Hintergründe der grausamen Taten und besitzt einen großen Wissensvorsprung gegenüber Hauptkommissar Henning. Trotzdem bleiben genug Fragen, die den Leser bis zum Schluss fesseln.

Zwar rechnet man nicht damit, dass Henning bei seinem Katz-und-Maus-Spiel das Leben verliert, doch seine Kollegen, insbesondere die ihm nahestehende Lisa Santos, sowie Hennings Familie können durchaus ins Blickfeld des Täters geraten. Sehr lange unklar bleibt auch, ob sich „Butcher“, so der Spitzname des Mörders, stellen wird, ob er sich womöglich umbringt oder ob die Polizei ihn fasst. Was geschieht mit seinen Angehörigen, seiner verhassten Mutter und der nicht weniger verhassten Frau? Wie viele Opfer müssen ihr Leben lassen, bis es zu einem Ende kommt? Welches Schicksal wartet auf Carina und ihre Tochter, die nichts vom wahren Wesen des netten Mannes ahnen, der in ihr Leben getreten ist? Bei Andreas Franz muss man damit rechnen, dass sich nicht alles in glückliches Wohlgefallen auflöst, sondern dass auch zum Schluss noch deprimierende Elemente übrig bleiben.

|Geringe Schwächen|

Es gibt nicht viele Punkte, die man dem Roman ankreiden kann. Die Entwicklung des Serienmörders erscheint ein wenig klischeehaft. Die dominante Mutter, die empfundene Hass-Liebe und das zerrüttete Verhältnis zu Frauen sind bekannte Begründungen aus Psychothrillern, spätestens seit dem populären „Psycho“ fast schon Standard in der Thriller- und Kriminalliteratur. Zudem fällt das Ende etwas zu knapp aus. Zwar werden die wichtigsten Fragen geklärt, aber gerade was Nebenfiguren angeht, etwa Butchers Familie sowie seine neue Freundin Carina, verrät der Roman nur sehr wenig über deren Schicksal, zu wenig angesichts der Neugierde, die zuvor geweckt wurde. Unter Umständen enttäuscht auch, dass Hauptkommissar Henning nicht viel Ermittlungsarbeit leisten muss, um an den Täter zu gelangen. Butcher hat Recht, wenn er behauptet, dass er der Polizei sehr entgegengekommen ist, indem er selber den Kontakt suchte und die Leichen teilweise extra so arrangierte, dass die Zusammenhänge zwischen den Morden offensichtlich wurden. So geschickt der Mörder bei allem vorgeht, etwas zu glatt laufen seine Taten dennoch ab. Es wäre wünschenswert gewesen, ihn nicht ganz so souverän zu gestalten, sondern auch hin und wieder in brenzliche Situationen zu bringen. Allerdings trüben diese Kritikpunkte den positiven Gesamteindruck nur wenig.

_Als Fazit_ bleibt ein durchgängig spannender Krimi über einen Serienmörder und einen Hauptkommissar, von dem man hoffentlich noch einige weitere Fälle lesen wird. Dem Autor ist eine überzeugende Ermittlerfigur gelungen, die man gerne begleitet. Von kleinen Schwächen abgesehen, liegt hier ein sehr unterhaltsamer Roman vor, der allen Krimilesern ans Herz zu legen ist.

_Der Autor_ Andreas Franz wurde 1956 in Quedlinburg geboren. Bevor er sich dem Schreiben widmete, arbeitete er unter anderem als Übersetzer, Schlagzeuger, LKW-Fahrer und kaufmännischer Angestellter. 1996 erschien sein erster Roman. Franz lebt mit seiner Familie in der Nähe von Frankfurt, wo die meisten seiner Krimis spielen. Weitere Werke von ihm sind u. a.: „Jung, blond, tot“, „Das achte Opfer“, „Der Finger Gottes“, „Letale Dosis“, „Das Verlies“ und [„Teuflische Versprechen“. 1652

Mehr über ihn auf seiner Homepage: http://www.andreas-franz.org.

http://www.droemer-knaur.de

Cornwell, Bernard – Erzfeind, Der (Auf der Suche nach dem Heiligen Gral 3)

Band 1: [„Der Bogenschütze“ 3606
Band 2: [„Der Wanderer“ 3617

In der ersten Phase des Hundertjährigen Krieges der beiden Kontrahenten England und Frankreich und nach verlustreichen Schlachten auf beiden Seiten war es das primäre Ziel von König Eduard III., die großen und bedeutungsvollen Städte der Franzosen anzugreifen, um sie entweder zu vernichten oder zu erobern.

1346. Nach der Schlacht und dem Sieg des englischen Heeres bei Crècy begann im gleichen Monat noch die Belagerung der Hafenstadt Calais. Nach elfmonatiger Belagerung versuchte das französische Heer mit einem Entsatzangriff, die Stadt zu retten. Vergeblich, der Angriff wurde abgewendet und das Schicksal der Stadt war scheinbar besiegelt. Eine Plünderung und Brandschatzung hätte Calais vernichtet; das wussten auch die wichtigsten Ratsherren der Stadt und beschlossen, vor dem englischen König zu kapitulieren.

Eduard stellte allerdings eine Bedingung: Die sechs wichtigsten und vornehmsten Bürger sollten in einem Büßerhemd und mit einem Strick um den Hals vor ihn treten und ihm den Schlüssel der Stadt persönlich übergeben. Die Königin setzte sich für die sechs Geiseln ein und bat ihren Mann um Nachsicht, denn dieser hätte wohl ansonsten ein Exempel statuiert; die sechs Geiseln wurden freigelassen.

Diese Belagerung der Stadt Calais bildet den Prolog des dritten und letzten Romans „Der Erzfeind“ zu Bernard Cornwells Trilogie |Auf der Suche nach dem Heiligen Gral|.

_Die Geschichte_

Die elfmonatige Belagerung von Calais geht zu Gunsten des englischen Königs aus. Nach schier endlosen Schlachten und großen Opfern auf beiden Seiten wird nun ein Waffenstillstand vereinbart.

Diesen brüchigen kleinen Frieden soll der junge Bogenschütze Thomas von Hookton ausnutzen und weiter sein Ziel verfolgen – die Suche nach dem Heiligen Gral. Sein Weg führt ihn in die Gascogne, zu der ehemals kleinen Grafschaft Astarac seiner Familie. Das Schloss seiner Vorfahren existiert noch, und der Sage nach soll man hier zuletzt den Heiligen Gral gesehen haben. In diese Gegend kommt auch sein Vetter und Erzfeind Guy Vexille, der dem katharischen Glauben abgeschworen und sich selbst auf der Suche nach dem Gral gemacht hat, diesmal für die Heilige Römische Kirche. Eine Konfrontation zwischen Thomas und dem Mörder seines Vaters ist unausweichlich.

Als Thomas mit seinen Freunden und Vertrauten den Sitz seiner Familie erreicht und erobert, findet er in dem Verlies einer junge Frau, die der Ketzerei beschuldigt wird. Auf Befehl der Kirche soll sie den reinigenden Flammen übergeben werden. Doch Thomas, nun Herrscher über die Burg und das Land, erbarmt sich ihrer und rettet sie vor dem qualvollen Tod.

Durch diesen Entschluss macht sich Thomas gerade unter seinem ersten Kommando über eine Abteilung von englischen Bogenschütze in seinen eigenen Reihen Feinde. Viele seiner eigenen Männer sind gottesfürchtig, und aus Angst vor dem Höllenfeuer und ewiger Verdammnis sind sie nicht einverstanden mit der Entscheidung ihres Anführers. Selbst die engsten Freunde von Thomas sind seiner Entscheidung gegenüber skeptisch und wenden sich von ihm ab.

Thomas kann sie zwar durch stichhaltige Argumentationen zum Bleiben bewegen, aber die Lage eskaliert, als der Bischof Thomas exkommuniziert. Thomas muss fliehen und ist zusammen mit der Ketzerin, die er lieben gelernt hat, in Feindesland auf sich selbst gestellt.

Gehetzt von Räubern, die sich das Kopfgeld für einen englischen Bogenschützen verdienen wollen, verraten von seinen eigenen Freunden und verfolgt von seinem Vetter, dem schwarzen Ritter Guy Vexille, den man auch überall als „Harlekin“ fürchtet und kennt, bleibt ihn nur die direkte Konfrontation …

_Mein Eindruck_

„Der Erzfeind“ von Bernard Cornwell bildet den Abschluss der Gralstrilogie. Anders als in den ersten beiden Teilen „Der Bogenschütze“ und „Der Wanderer“ ist dieser Roman fast rein fiktiv und stützt sich nur im Prolog – die Schlacht um Calais – und am Ende – der Ausbruch der Pest – auf historische Ereignisse. Der überwiegende Teil der handelnden Personen, Orte und Ereignisse ist frei vom Autor erfunden. Zwar bediente sich Bernard Cornwell des Hundertjährigen Krieges als Schauplatz seiner Geschichte, aber enttäuschend ist es dennoch, dass die Geschichte viel zu abenteuerlich und keinesfalls glaubwürdig erscheint.

Bernard Cornwell bedient sich eines modernen erzählerischen Stils, und die Umgangssprache seiner Charaktere bildet hier auch keine Ausnahme. Wie schon in den beiden vorherigen Romanen, wird hier schnell und brutal gemordet, gefoltert, verraten und geliebt. Alles schnell hintereinander, ohne wirklich einen tieferen Sinn für die Geschichte übrig zu haben. „Der Erzfeind“ basiert eigentlich viel mehr auf der Darstellung von brutalen Schlachten und Toden einem von Dialogen getragenen Stil.

Auch die Story ist dermaßen unglaubwürdig und vorhersehbar, dass ich mich fragen muss, ob der Autor nicht unter Zeitdruck stand. Verrat und gebrochene Eide, eine Kirche, die zumeist als böse dargestellt wird, ein Glaube, der zu diesem Zeitpunkt eigentlich überhaupt keine Rolle mehr spielen dürfte, und ein Held, der es immer wieder schafft zu überleben und meiner Meinung nach völlig unzulänglich charakterisiert ist – das kann mich nicht davon überzeugen, diese Trilogie wirklich zu empfehlen.

Weniger Schlachten, weniger Gemetzel und viel mehr inhaltliche Dialoge hätten dieser Serie gut getan. Natürlich hat die literarische Welle um Geheimnisse und Verschwörungen im Zusammenhang mit der Kirche Hochkonjunktur, und jeder Schriftsteller möchte sicherlich an diesem Erfolg teilhaben, doch muss ich sagen, dass es in dieser Richtung inhaltlich dichtere Werke gibt.

Die Trilogie von Bernard Cornwell und nicht zuletzt „Der Erzfeind“ ist für Liebhaber von Blut und Schlachten genau die richtige Lektüre. Wer aber wirklich einen gut recherchierten Roman aus dem historischen Genre lesen möchte, dem rate ich eher ab. So bleibt unterm Strich eine Reihe von Abenteuerromanen übrig, unterhaltsam und für den einen oder anderen spannend beschrieben, aber nicht mehr.

|Originaltitel: Heretic
Aus dem Englischen von Claudia Feldmann
Gebunden, 400 Seiten|
http://www.ullsteinbuchverlage.de/ullsteinhc

|Ergänzend:|
[„Stonehenge“ 113
[„Die Galgenfrist“ 277

Göttner, Heide Solveig – Priesterin der Türme, Die (Die Insel der Stürme 1)

Amra, die junge Totenpriesterin der Stadt Caláxi, trifft auf ihrem Rückweg von einem Bestattungsritus auf einen Fremden. In den unsicheren Zeiten, in denen sie leben, bedeutet jeder Fremde eine Bedrohung. Amra schickt ihm die Reiter der Stadt hinterher. Doch als diese den Fremden eingekreist haben, stellt sich heraus, dass er ein Kind bei sich hat. Ein Mädchen mit türkisfarbenen Augen – ein verlorenes Kind!

Den Prophezeiungen nach wird ein solches Kind einst den Untergang der Türme heraufbeschwören. Die Bürger Caláxis betrachten das Kind und seinen Begleiter deshalb voller Unbehagen. Auch Corun, erster Reiter der Stadt und ihr oberster Hüter, traut dem Fremden nicht über seine eigene Nasenspitze hinaus. Und das hartnäckige Schweigen des Fremden auf jegliche Fragen trägt auch nicht dazu bei, die Lage zu entspannen.

Als die Hohepriesterin Caláxis schließlich verkündet, das Mädchen müsse getötet werden, nehmen die Ereignisse eine dramatische Wendung …

|Charaktere|

Amra ist ein Querkopf. Seit sie erwachsen ist, scheint all ihr Tun aus Widerstand zu bestehen, selbst wenn ihr das gar nicht unmittelbar bewusst wird. Sie überwirft sich mit ihrer Familie, weil sie lieber ein Leben als Unberührbare führt anstatt als angesehene Priesterin der Quelle zu dienen. Und entgegen aller Überlieferungen und Überzeugungen ihrer Stadt setzt sie ihr Leben ein, um das ungewöhnliche kleine Mädchen zu beschützen. Ihre Entscheidungen trifft sie aus dem Bauch, nicht aus dem Kopf. Und das ist nur gut so, denn ihr ausgeprägtes Einfühlungsvermögen und ihre Intuition gehen tiefer als das Offensichtliche.

Gorun dagegen ist ein Hitzkopf. Schon bevor sein jüngerer Bruder einem grausamen Mord zum Opfer fiel, wusste Gorun, dass die Stadt bedroht ist. Jetzt plagen ihn Schuldgefühle und die Angst, in seiner Aufgabe zu versagen. Dass der Fremde, den seine Reiter aufgegriffen haben, ihm keine Antworten auf seine Fragen gibt, reizt ihn zusätzlich. Kein Wunder also, dass auch bei ihm die letzte Entscheidung nicht vom Verstand, sondern von seinem Gefühl getroffen wird. Dabei mag auch seine Achtung vor Amra beigetragen haben, vor allem aber die Tatsache, dass Goruns Wesen in erster Linie darauf ausgerichtet ist, die Hilflosen zu beschützen, nicht zu töten.

Jemren, der Fremde aus dem Norden, dagegen ist die Selbstbeherrschung in Person. Er gibt keine Antwort, verrät keinerlei Gefühle, vor allem nicht Gorun gegenüber. Sein alleiniges Ziel ist es, das Kind zu schützen. Dabei weiß er gar nicht, warum er sich überhaupt mit dem Mädchen eingelassen hat. Jemren ist auf der anderen Seite der Insel aufgewachsen, wo weder die alten Götter noch die alten Lieder und Legenden von Bedeutung sind und Verschlossenheit zu den höchsten Tugenden gehört. Die Menschen sind in diesem kargen, rauen Teil der Insel so mit dem eigenen Überleben beschäftigt, dass sie für niemanden außerhalb ihrer eigenen Stadt etwas übrighaben, nicht einmal für die anderen Städte ihres eigenen Volkes.

Der Autorin ist es gelungen, jedem von den dreien Tiefe und Glaubwürdigkeit zu verleihen, indem sie – ganz ohne Schwarz-Weiß-Malerei – den Kampf ihrer Protagonisten beschreibt, die jeder für sich eine Kluft aus Vorurteilen, Misstrauen und generationenaltem Hass zu überwinden haben, weil sie aufeinander angewiesen sind, um zu überleben.

|Handlung|

Die Handlung ist in drei Ebenen geteilt, geschildert jeweils aus der Sicht eines der drei Hauptprotagonisten.

Der erste Teil erzählt von den Ereignissen in Canáxi. Dieser erste Teil vermittelt vor allem den Eindruck von Verwirrung. Das liegt zum einen daran, dass aus Amras Sicht erzählt wird. Amras Intuition bezüglich des Mädchens widerspricht den alten Überlieferungen, von deren Wahrheitsgehalt Amra nach wie vor überzeugt ist, außerdem versteht sie nicht, was die Kleine ihr so dringend zu erklären versucht. Zum anderen liegt es an dem Chaos, das die Katastrophe in der Stadt anrichtet. Die Autorin hat hier sehr gut die Stimmung in einer Stadt eingefangen, die auf ihren Untergang zusteuert, den die Einwohner auf der einen Seite nicht wahrhaben wollen, auf der anderen aber krampfhaft abzuwehren versuchen, und das mit Mitteln, die nicht wirken können, da niemand die wahre Ursache erkannt hat.

Nach der Zerstörung Canáxis erzählt der zweite Teil von der Hetzjagd durch die Wüste. Jemren versucht, die Kleine nach Osten zu bringen, weil sie dort unbedingt hinwill. Gorun macht ihm dabei das Leben schwer, nicht nur, weil er ihm nicht traut, sondern auch, weil er das Gelände kennt und davon überzeugt ist, dass es dort keine Rettung gibt. Die Flucht durch die Trockenen Hügel wird zur körperlichen Strapaze und gleichzeitig zum zermürbenden geistigen Duell zwischen den beiden Männern, das nur deshalb nicht in einem bewaffneten Zweikampf endet, weil beide keine Halunken sind. Allerdings resultiert aus den nachlassenden Kräften der Fliehenden auch, dass Jemren sich allmählich seinen Begleitern ein Stück öffnet, und damit letztlich auch wachsendes Verständnis füreinander.

Im letzten Teil raufen sich die beiden Männer zusammen, um ihre kleine Gruppe endlich von ihren Verfolgern zu befreien, was die Nraurn etwas mehr in den Vordergrund rückt.

Die Nraurn sind das zweite Volk, das die Insel bewohnt. Was genau sie sind, erfährt der Leser nicht, und die Beschreibung beschränkt sich auf Hörner, Bärte und Mähnen. Ihre Reittiere sind Naur, eine Mischung aus Ziege und Pferd. Die Nraurn sind in viele Stämme gespalten, und der kriegerischste unter ihnen, die Bahan, versucht, die Nraurn zu einen, was einigen der anderen Stämme gar nicht gefällt. Den Bahan sind sie aber offenbar nicht gewachsen.

Die Bahan wollen aber nicht nur die Nraurn einigen, sie wollen auch die Insel von den Menschen befreien. Die Menschen kamen nach ihnen auf die Insel, und die Nraurn empfinden diese als Eindringlinge und Räuber, von denen sie aus den fruchtbaren Regionen in die Wüste abgedrängt wurden. Um die alleinige Herrschaft über die Insel zurückzuerlangen, sind sie bereit, mit dem dunklen Gott des Todes einen Pakt zu schließen. Er soll die Menschen mit Stumpf und Stiel ausrotten. Doch für diesen Gefallen verlangt der Gott einen Preis. Und dieser Preis ist das Mädchen, das verlorene Kind …

Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass das Mädchen, das lediglich seinen Namen Lillia weiß, mehr ist, als selbst die alten Überlieferungen der südlichen Türme besagen. Es besitzt kein Taú, nichts von der innersten Kraft eines Lebewesens, das seine Seele an seinen Körper bindet. Dafür ist es offenbar ein Gefäß uralter und unermesslicher Kräfte, die es zwar einsetzen kann, von denen es aber gleichzeitig keinen Begriff hat. Lillia weiß nichts über alltägliche Dinge, dafür kennt sie Geheimnisse des Universums, von denen sonst niemand etwas weiß. Sie besitzt ungeheure Macht, spricht und denkt aber trotzdem wie ein Kind, und ist genauso verängstigt und schutzbedürftig. Und sie ist der Schlüssel zum Schicksal der Insel … Diese Erkenntnis erreicht letztlich sogar Gorun.

|Insgesamt|

Ich fand das Buch durchaus gelungen. Es strotzt nicht gerade vor Magie: Von den diversen Göttern ist bisher nur der finstere Totengott Antiles aufgetaucht, und der Umfang von Lillias geheimen Kräften dürfte auch noch nicht im vollen Umfang offenbar geworden sein. Dafür hat sich die Autorin mehr auf ihre Charaktere konzentriert, deren Beziehungen zueinander gleichzeitig die Kultur und einen Teil der Historik dieser Welt widerspiegeln und ein realistisches Bild davon zeichnen, wie schwer es ist, einen jahrhundertealten Riss aus Hass und Verbitterung wieder zu kitten, selbst wenn bei einem Misserfolg der völlige Untergang droht.

Auch die Spannung kam nicht zu kurz, lediglich das Versteckspiel in den Trockenen Hügeln zog sich kurzzeitig ein wenig. Die Szenarien der drei verschiedenen Teile boten jedoch genug Abwechslung, um keine echte Langeweile aufkommen zu lassen.

Insgesamt ein gelungener Auftakt, der von seinen Kontrasten lebt, sei es der Konflikt zwischen Gorun und Jemren oder Lillias seltsam zwiespältiges Wesen. Sowohl der historische Hintergrund als auch die Magie bieten noch viele Ausbaumöglichkeiten. Die Kluft zwischen Nord und Süd, die bisher nur innerhalb einer kleinen Gruppe überwunden wurde, bedeutet eine enorme Herausforderung, und die Königin der Nraurn wird in dieser Zeit sicherlich nicht untätig bleiben.

|Die Autorin|

Heide Solveig Göttner studierte Anglistik und arbeitet als Dozentin für Englisch und Deutsch in Freiburg. Außer einem Faible für archäologische Stätten hat sie eine Vorliebe für Inseln, beides hat sich offenbar in ihrer schriftstellerischen Tätigkeit niedergeschlagen. „Die Priesterin der Türme“ war ihr Debütroman; dessen Fortsetzung „Der Herr der Dunkelheit“ erschien im März dieses Jahres. Band 3, „Die Königin der Quelle“, ist für 2008 angekündigt.

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Junger, Sebastian – Tod in Belmont

Inhalt:

Belmont ist ein Vorort der Großstadt Boston im US-Staat Massachusetts. Die gut situierten Bürger leben friedlich zusammen; die Verbrechensrate ist so niedrig, dass es hier noch nie einen Mord gegeben hat. Das ändert sich am 11. Mai 1963, als der Verwalter Israel Goldberg Gattin Bessie im ehelichen Schlafzimmer findet: mit einem der eigenen Strümpfe stranguliert, vergewaltigt, zur Schau gestellt. Schock geht über in Angst und Zorn, denn es sieht so aus, als habe der berüchtigte Serienmörder, den die Medien den „Boston Strangler“ nennen, sein ‚Revier‘ erweitert. Binnen kurzer Zeit hat dieser Würger acht Frauen auf die beschriebene Weise umgebracht, ohne dass es der Polizei trotz intensiver Suche gelungen wäre, ihm auf die Spur zu kommen.

Dieses Mal könnte sich das ändern: Am Tatort sahen Zeugen einen männlichen Schwarzen, der in diesem rein ‚weißen‘ Viertel auffiel und argwöhnisch beobachtet wurde. Roy Smith ist sein Name, und er hat für Bessie Goldberg am Tag ihres Todes diverse Handlangerdienste erledigt. Niemand außer ihm kann nach Auffassung der Beamten nach dem Mord und vor dem Erscheinen des Ehemanns das Haus betreten haben. Ergo ist Smith, der hartnäckig leugnet, der Hauptverdächtige – und womöglich der Würger von Boston! Letzteres kann ihm nicht nachgewiesen werden, doch man verurteilt Smith als Mörder von Bessie Goldberg; das Gefängnis hat er lebendig nicht mehr verlassen.

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Abnett, Dan / Lee, Mike – düstere Elf, Der (Warhammer – Darkblades Schlachten 2)

_Story_

Malus Darkblade steht vor der wohl schwersten Prüfung seines Lebens. Besessen von einem finsteren Dämon namens Tz, scheint sein Leben verwirkt, wenn er nicht in Windeseile die fünf Artefakte herbeischafft, die ihn von seiner Seelenlast befreien können. Doch nicht nur der Dämon bedroht ihn; auch seine Geschwister und seine Familie, deren verräterische Intrigen ihn einst erst dazu brachten, den höllischen Pakt einzugehen, sind nie so vertrauenswürdig, wie es sich Malus immer gewünscht hat. In ihm steigt der Hass, kanalisiert durch Gewalt, die jeder zu spüren bekommt, der sich ihm bei der Suche nach den fünf magischen Artefakten in den Weg stellt.

Auf der Suche nach dem zweiten Artefakt reist er mit zweien seiner Brüder ins Piratennest Morhaut. Scheinbar endgültig befreit von den Fesseln seiner feindlich gesinnten Familienmitglieder, drängt Darkblade in den Turm, dessen Besitz ihn bei seinem Bestrebung nach Befreiung von aller Pein einen Schritt weiter bringen soll. Doch der Weg dorthin ist gespickt von gegnerischen Flotten und Armeen. Brettonier säumen den Weg und drohen die Reisenden ein für allemal zu vernichten. Für Malus wird es erneut Zeit, Stärke zu beweisen – was allerdings schwierig ist angesichts der konträren Absichten seiner Mitstreiter …

_Meine Meinung_

Es ist immer sehr schwierig, die Motivation zu finden, nach einem enttäuschenden Auftakt eines Fantasy-Zyklus der entsprechenden Serie treu zu bleiben und dem schwachen Einstieg bei der Fortsetzung noch eine Chance zu geben. Niemand kann einem diesbezüglich Vorurteile übelnehmen, geschweige denn die Befürchtung, noch herber enttäuscht zu werden.

Im Falle der aktuellen „Warhammer“-Serie von Dan Abnett & Mike Lee war es jedenfalls so, dass der erste Band „Der Fluch des Dämons“ fast ausschließlich auf oberflächliche Action aufbaute, jedoch weder den Charakteren noch der Geschichte Freiräume ermöglichte, um allgemein einen Spannungsbogen aufzubauen. Was dies betrifft, ist es den Autoren mit dem zweiten Band dann doch gelungen, halbwegs die Kurve zu bekommen und zumindest die einzelnen Intrigen und Ränkespiele mit etwas mehr Anspruch zu vertiefen.

Zwar ist auch „Der düstere Elf“ bestimmt von blutiger Gewalt, ständigen Kämpfen und vielen üblichen Fantasy-Klischees, doch zumindest bekommt die Handlung nun etwas Farbe und Entwicklungsspielraum, der dazu genutzt wird, die Charakterzeichnungen der Hauptdarsteller etwas ausgeprägter zu gestalten und auch die Hintergrundstory etwas mehr auszuschmücken – wesentliche Elemente, die dem vorangegangenen Roman noch fehlten.

Dennoch ist die Steigerung nun nicht in dem Maße ersichtlich, dass man plötzlich ein echtes Fantasy-Epos in der Hand hielte. Immer noch krankt die Geschichte an vielen Oberflächlichkeiten und der Überstrapazierung gewisser Klischeehandlungen, aber auch ganz massiv an der steten Unglaubwürdigkeit einzelner inhaltlicher Stränge. Darkblade sieht sich teilweise einer derartigen Überzahl an Gegnern ausgesetzt, dass das Ende unvermeidlich scheint. Und dennoch findet er immer wieder einen Ausweg, der selbst für eine Fantasy-Handlung arg suspekt und letztendlich unrealistisch ist.

Gleichermaßen ist die Darstellung seiner Wesenszüge arg bedenklich. Einerseits soll er die kompromisslose, brutale Führungsperson darstellen, die alles und jeden in Grund und Boden stampfen kann, andererseits kommt ihm immer wieder eine Opferrolle zu, da er ja von seiner Familie ständig betrogen und hintergangen wird. Beiden Fraktionen gerecht zu werden, ist im Rahmen der Handlung allerdings kaum möglich und lässt weitere Zweifel an der Authentizität mancher Vorgänge in „Der düstere Elf“ laut werden.

Für „Warhammer“-Starautor Dan Abnett erscheinen all diese Schönheitsfehler recht ungewöhnlich, ja geradezu naiv – vielleicht muss man hier der Mitautorenschaft von Mike Lee Rechnung tragen. Der Autor verrennt sich verdächtig häufig in inhaltlichen Sackgassen, aus denen er nur noch mit überspitzten Szenendarstellungen herauskommt, was den Lesespaß aufgrund des entsprechend mangelnden Spannungsaufbaus gehörig eindämmt. Zwar hat sich das Autorenduo mit „Der düstere Elf“ zumindest ein kleines Stück aus der kritischen Situation befreien können, in die es nach dem ersten Band hineingeraten war, aber eine völlige Rehabilitation ist der zweite Teil von „Darkblades Schlachten“ mitnichten. Dass nun der für Juni angekündigte dritte Band „Räuber der Seelen“ noch Abhilfe schaffen wird, halte ich für fraglich. Große Erwartungen darf man jedenfalls an diesen Zyklus nicht mehr haben.

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|Ergänzend dazu:|

[„Der Fluch des Dämons“ 3008 (Warhammer – Darkblades Schlachten 1)

[„Botschafter der Schlacht“ 2719 (Warhammer – Sturm des Chaos 1)
[„Die Fänge des Bären“ 2796 (Warhammer – Sturm des Chaos 2)

[„Warhammer – Fantasy-Rollenspiel“ 2444
[„Sigmars Erben“ 2862 (Warhammer Fantasy-RPG)

Carey, Mike / Manco, Leonardo – John Constantine: Hellblazer 1 – Hölle auf Erden

Trenchcoat, schlechte Rasur, Zigarette: John Constantine ist eine Ikone des amerikanischen Horror-Comics. Dabei ist der ironische Einzelgänger eigentlich Engländer durch und durch. Kaum ein anderer kennt sich mit schwarzer Magie besser aus als er. In seinem neuesten |Hellblazer|-Abenteuer „Hölle auf Erden“ erkundet er altbekanntes Terrain zwischen dem Inferno und dem Diesseits.

Autor Mike Carey und Zeichner Leonardo Manco erzählen die Geschichte einer eigentümlichen Seuche, die überall auf der Welt um sich greift. Die Krankheit lässt Menschen ins Koma fallen und ist offensichtlich dämonischer Natur. Wo die Ärzte vor einem unlösbaren Rätsel stehen, fängt die Arbeit von Constantine an. Die Nichte seines alten (und vielleicht einzigen) Freundes Chas ist ebenfalls betroffen. Die Angelegenheit ist also persönlich, und Constantines Motivation entsprechend hoch. Dennoch lässt er sich davon nichts anmerken. Die Nerven zu verlieren – das passt nicht zu einem Kerl wie John. Coolness ist Teil des Geschäfts.

Nach einem kurzen Vorgeplänkel in London begibt sich der Straßenmagier schließlich auf die Suche nach dem Ursprung der Seuche. Die Reise führt ihn nach Los Angeles, in die Stadt der Engel. Chas begleitet ihn, macht den Chauffeur und sorgt für so manchen Fehltritt, wenn Johns Gebahren einmal allzu glatt abläuft. Constantine findet heraus, dass die Hölle expandieren und in L. A. Filialen aufmachen will. Der Dämon Beroul, der es sich in einer verfallenen Villa in den Hügel bequem gemacht hat, benötigt dafür Johns Hilfe. Denn die Hölle ist vielgestaltig, und mehr als ein Seelenknechter möchte in Kalifornien Fuß fassen. Beroul hätte das Revier gerne für sich alleine und die Konkurrenten aus dem Weg. Die Seuche benutzt er als Druckmittel, um John für sich arbeiten zu lassen. Beim Poker um die Hölle von Los Angeles sitzt jedoch noch ein anderer Spieler am Tisch. John bringt den aztekischen Totengott Mictlantecuhtli mit in die Runde. Und der hat nicht vor, Berouls infernalischen Vormarschplänen tatenlos zusehen.

Obwohl es Spaß macht, Constantine dabei zu begleiten, wie er wieder einmal eine Partei gegen die andere ausspielt, bleibt „Hölle auf Erden“ leider nur ein durchschnittliches Horror-Szenario. Irgendwie hat man stets das Gefühl, dass Constantine alles im Griff hat. Dabei gehört er eigentlich auf das zitternde Drahtseil, das die Hölle und die Welt der Menschen überspannt. Frühere Geschichten über den britischen Straßenmagier ließen ihn mehr wanken, das Szenario erschien insgesamt bedrohlicher. Kurz vor dem Abgrund, wo Dämonen sich die Lippen nach seiner Seele lecken, dort sollte Constantines Stammplatz eigentlich sein. In „Hölle auf Erden“ ist er schnippisch, cool und lässig wie immer, aber so richtig nah am Abgrund steht er nicht.

„Hölle auf Erden“ ist im März bei |Panini Comics| erschienen. Zum ersten Mal wurde die Geschichte in englischer Sprache unter dem Titel „All His Engines“ veröffentlicht (Juli 2006, bei |DC/Vertigo|).

[Leseprobe bei DC]http://www.dccomics.com/media/excerpts/5390__x.pdf

http://www.paninicomics.de
[Verlagsseite zur Reihe]http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10457

Cornwell, Bernard – Wanderer, Der (Auf der Suche nach dem Heiligen Gral 2)

Band 1: [„Der Bogenschütze“ 3606

Der Hunderjährige Krieg zwischen England und Frankreich forderte viele Opfer. Auf beiden Seiten wurde ein Zermürbungskrieg mit unvorstellbarer Brutalität geführt, und Opfer waren nicht nur die Soldaten und Ritter, sondern vielmehr die zivile Bevölkerung, die in wenigen Augenblicken alles verlor, oftmals das Leben selbst.

Der größte Truppenanteil des englischen Heeres kämpfte in Frankreich gleich an verschiedenen Fronten, in der Bretagne, der Normandie und natürlich wurde auch daran gedacht, Paris zu belagern. Diese vermeintliche Schwächung des englischen Königreiches brachte beim schottischen König David II. den Plan hervor, England zu überfallen, um mehrere große und einflussreiche Städte zu plündern und zu erobern. Dies geschah nicht zuletzt auf das Drängen der Franzosen.

Doch diese Schlacht hatte für die Schotten einen katastrophalen Ausgang; durch die hervorragenden Bogenschützen aus England wurde das schottische Heer vernichtet und selbst ihr König und Anführer David II. geriet in Gefangenschaft. Die einzige Möglichkeit, sich dieser unerfreulichen Lage wieder zu entziehen, war eine Lösegeldzahlung des schottischen Adels, und diese war gewaltig für die damalige Epoche. Außerdem mussten bei solchen Verhandlungen im Austausch Geiseln gestellt und eine „Ratenzahlung“ vereinbart werden. Das Absurd-tragische an dieser Begebenheit war aber: Als für den König das Lösegeld aufgebracht wurde, stand zu diesem Zeitpunkt Schottland im Krieg an der Seite Englands. Die Fronten wurden also
gewechselt.

Das ist nur eine Nebengeschichte des Fortsetzungsromans von „Der Bogenschütze“. Im zweiten Roman „Der Wanderer“ aus dieser Trilogie von Bernard Cornwell geht es wieder um die Suche nach dem Heiligen Gral und die Identität des Thomas von Hookton, der noch immer seine Vergangenheit und die seiner Familie erforscht.

_Die Geschichte_

1346: Inmitten des Hundertjährigen Krieges zwischen den Königreichen England und Frankreich kämpft Thomas von Hookton noch immer als Bogenschütze auf der Seite des englischen Königshauses. Die Jahre des Krieges haben ihn geformt und seelisch altern lassen. Der Krieg ist ein sehr guter Lehrmeister, wenn es darum geht, Mord, Vergewaltigung und Plünderung als legitim und rechtens anzuwenden. Die Erlebnisse sind nicht spurlos an dem jungen Mann vorübergegangen.

Inzwischen hat auch der englische König davon gehört, dass der legendäre Gral irgendwo in greifbarer Nähe liegen muss, und natürlich will er sich die Reliquie für seinen Feldzug nutzbar machen. Auch der Erzfeind und Vetter von Thomas, der schwarz gekleidete und gerüstete Ritter mit dem Namen „Harlekin“, sucht nach dem Heiligen Gral und ebenso nach seiner eigenen Vergangenheit, denn seine Familie hat ihre Wurzeln im Glauben der Katharer, die Hüter des Grals waren und von der päpstlichen Macht vernichtet wurden.

Im Auftrage des Königs wird Thomas auf die Suche nach dem Heiligen Gral geschickt. Doch Thomas, den die Gräuel des Krieges nicht ruhen lassen, wird von Zweifeln geplagt. Kann ein Gott solche Grausamkeit auf dem Schlachtfeld akzeptieren? Und kann der Gral, wenn er tatsächlich existiert, dieser grausamen Welt Erlösung bringen? Als Sohn eines Priesters, aber auch als Bogenschütze existiert er zwischen den Glaubenswelten.

Thomas weiß, dass sein Vater der älteste Sohn des Grafen von Astarac war und seine Familie als die Hüter des Grals galt, bis sie dem Glauben der Katharer abschworen. Seine Zweifel beginnen zu verschwinden, als er sich den persönlichen Aufzeichnungen seines Vaters widmet, doch eine unheilvolle Begegnung mit der päpstlichen Inquisition und durch Folter erpressten Geheimnissen lässt Thomas wieder an Gott und dem Gral zweifeln.

Genesen und von Rachsucht geplagt, trifft er seinen Vetter, den Harlekin, auf dem Schlachtfeld wieder und dieser bittet Thomas darum, sich ihm anzuschließen, um gemeinsam der Welt den Gral und mit diesem Frieden und Freiheit zu bringen …

_Meine Meinung_

„Der Wanderer“ ist solide recherchiert, stützt sich aber hauptsächlich wie sein Vorgänger auf die Techniken, Strategien und Taktiken des Krieges zur damaligen Zeit. Das bunte Leben und Treiben der spätmittelalterlichen Bevölkerung findet leider kaum die Beachtung des Autors. Dadurch wirkt die Story nicht unbedingt ganzheitlich ansprechend und die Wirrungen und Irrungen der Protagonisten allein konnten die Erzählung nicht bereichern. Einzig und alleine der Lebenslauf des Hauptcharakters Thomas von Hookton wurde erzählerisch umfassend ausgearbeitet. Seine Zweifel und Gewissenskonflikte retten den zweiten Teil der Gralstrilogie über seine Längen hinweg und lassen den Leser mit der dürftigen und auch wieder zu vorhersehbaren Handlung fiebern.

Eher unglaubwürdig und ein wenig verwirrend sind die anderen Charaktere beschrieben, die sich wohl nicht entschließen können, auf welcher Seite sie denn jetzt kämpfen sollen und wollen. Immer dem eigenen Vorteil als Ziel folgend, sind diese Nebenfiguren leider nur Schemen. Bernard Cornwell hätte sich viel mehr auf historische Persönlichkeiten stützen sollen, anstatt sein ganzes literarisches Talent auf die Figuren des Thomas von Hookton und den „Harlekin“ zu konzentrieren.

Auf historischer Ebene hat mich „Der Wanderer“ enttäuscht. Ich hätte gerne mehr vom Glauben der Katharer erfahren, mehr über die politischen Interessen der Kontrahenten Frankreich und England gelesen. Das bleibt Cornwell leider seinen Lesern schuldig, und selbst im Nachwort konzentriert er sich nur auf den Verlauf der Schlachten und auf Waffentechnik und Taktik. Auch die Inquisition und ihre brutalen Methoden bleiben nebulös und werden schlechthin als die „Bösen“ dargestellt.

„Der Wanderer“ soll ebenso wie sein Vorgänger dem Anspruch gerecht werden, ein historischer Roman zu sein. Diese beiden Romane sind jedoch zweifelsfrei zu abenteuerlich, um in dieses Genre eingeordnet werden zu können. Wer aber eine blutige und brutale Handlung in allen Details lesen möchte, dem seien „Der Bogenschütze“ und „Der Wanderer“ empfohlen. Interessierte Leser, die ihre Motivation eher im gesellschaftlichen und politischen Leben des ausgehenden Mittelalters suchen, wird die Erzählung rund um den Hundertjährigen Krieg dagegen schnell langweilen.

|Originaltitel: Vagabond
Gebunden, 464 Seiten|
http://www.ullsteinbuchverlage.de/ullsteinhc/

|Weitere Titel von Bernard Cornwell bei Buchwurm.info|:

[„Die Galgenfrist“ 277
[„Stonehenge“ 113

Teuber, Klaus – Siedler von Catan, Die – Das Würfelspiel

_Jetzt wird auch in Catan gewürfelt_

Es scheint derzeit in Mode zu sein, zu preisgekrönten Familienspielklassikern eine Würfelvariante zu kreieren. Bereits im letzten Jahr warteten |Queen Games| mit einem taktischen „Kniffel“-Ersatz zu „Alhambra“ auf, nun ziehen |Kosmos| mit einer ebenfalls stark am Original orientierten Alternative zu „Die Siedler von Catan“ nach.

Und wiederum sind alle wichtigen Elemente und Prinzipien des Grundspiels enthalten, das heißt, die Spieler müssen Rohstoffe erlangen (sprich: erwürfeln), damit Straßen, Siedlungen und Städte erwerben und schließlich nach einem Höchstmaß an Siegpunkten streben. Ob der Würfelspaß allerdings genauso viel Spaß bringt wie das wohl bekannteste Brettspiel nach [„Monopoly“ 3330 überhaupt, steht auf einem anderen Blatt …

_Eine Reise mit Würfeln_

Ähnlich wie in der gewohnten Variante wandert man auch im Würfelspiel ausgehend von einem festgelegten Startpunkt los, um in Nähe der Rohstofflager Siedlungen und Städte zu erbauen. Allerdings benötigt man hierzu natürlich die Verbindungsstraßen, die über die kleine Karte des hier minimierten Kontinents Catan führen. Der Weg ist also vorbestimmt, zu Erwürfeln gilt es lediglich zu beachten, wie weit einen die Reise führt. Je weiter man jedoch gelangt, desto lukrativer sind die möglichen Bauten und damit auch die Punktzahl, die man hierfür erhält. Dabei muss aber beachtet werden, dass man die Siedlungen in der Reihenfolge baut, in der sie angeordnet sind; Gleiches gilt für die Städte. Man kann also nicht stur vorwärts bauen und am Ende der Strecke die Riesenstadt mit einem Punktewert von 30 erschaffen, wenn man nicht vorher die übrigen Städte gebaut hat.

Um indes überhaupt bauen zu können, benötigt man Rohstoffe, die wiederum auf den Würfeln abgebildet sind. Baukosten ergeben sich aus der Legende auf dem Spielplan, wobei man teilweise schon etwas Glück haben muss, mit sechs Würfeln genau die fünf Rohstoffe zu erwürfeln, die eine Stadt erfordert. Um dem Abhilfe zu schaffen, kann man Ritter kaufen, die einem zusätzliche Joker bescheren. Von Feld zu Feld ist ein besserer Ritter positioniert, der einem ergänzend zum eigenen Würfelresultat in jeder Runde einen vorgegebenen Rohstoff schenkt. Hat man schließlich alle Ritter gekauft, bekommt man bis zu sechs Rohstoffe zusätzlich. Es lohnt sich also, schnellstmöglich Ritter anzuwerben, ohne dabei natürlich die ursprüngliche Reise außer Acht zu lassen. Doch dies sollte eigentlich spielerisch gelingen …

_Spielmaterial_

• 6 Rohstoffwürfel
• 1 Block mit 60 beidseitig bedruckten Spielplänen

Das Material des Würfelspiels ist recht spärlich, allerdings für den Zweck weitestgehend ausreichend. Lediglich Kugelschreiber werden noch benötigt, um die Resultate zu notieren bzw. die bereits erbauten Straßen etc. zu markieren. Der Haken an der Sache ist allerdings, dass man aufgrund der begrenzten Anzahl der Papierspielpläne langfristig limitiert ist und man irgendwann überlegen muss, ob man nicht weitere Pläne kopiert. Dies war beispielsweise bei „Alhambra“ besser gelöst, denn dort wurden alle Spielstände mit Figuren und Markern auf dem Brett festgehalten. Entgegen der bisherigen Detailverliebtheit des Verlags beschränkt man sich also bei „Die Siedler von Catan – Das Würfelspiel“ lediglich aufs Wesentliche.

_Spielablauf_

Der Aufbau des Spiels ist recht simpel. Zu Beginn der Partie besitzt man eine Startstraße, von der ausgehend man die Besiedelung von Catan startet. Nun darf man in insgesamt 15 Runden pro Spielzug bis zu dreimal würfeln, um sich die benötigten Rohstoffe für den geplanten Weiterbau zu beschaffen. Wichtig ist hierbei, dass man sich an die Bauregeln hält und immer nur Straße an Straße baut bzw. Siedlungen, Ritter und Städte in der chronologischen Reihenfolge erstellt. Die fünf Rohstoffe sind auf den einzelnen Seiten der Würfel abgebildet; sollte es mal nicht gelingen, einen benötigten Rohsoff zu erwürfeln, besteht mit ein wenig Glück die Chance, mit zwei erwürfelten Goldsymbolen das fehlende Material zu ersetzen. Später sollte dies aber unproblematisch sein, denn mit wachsender Zahl der Ritter fliegen einem die Baustoffe nur so zu. Wer dennoch mal in einer Runde leer ausgeht, muss auf seinem Block ein Kreuz markieren, welches in der Endabrechnung zwei Minuspunkte kostet.

So geht es nun reihum weiter, bis genau 15 Runden gespielt sind. Anschließend folgt dann die Schlusswertung, in der alle Punkte addiert und der Sieger ermittelt wird.

_Meine Meinung_

Nun, zunächst einmal war ich davon überzeugt, dass die großen Erwartungen, die man ja berechtigterweise an jeden Titel der „Catan“-Reihe haben darf, auch mit dem Würfelspiel bestätigt werden. Die ersten Spielzüge machten Spaß, das Spiel schien recht taktisch aufgebaut und es war ziemlich spannend zu sehen, welche der unterschiedlichen Taktiken zum Sieg führten. Dann jedoch, mit wachsender Spieldauer, stellten sich die ersten kleinen Schönheitsfehler ein.

Es stellte sich nämlich heraus, dass jeder Spieler, sobald er erst einmal im Besitz einiger Ritter ist, mit Leichtigkeit das gesamte Spielfeld abarbeiten und letztendlich jede Straße, jede Siedlung und auch jede Stadt mit Leichtigkeit erbauen kann, ohne dabei unter Druck zu geraten, nach 15 Spielrunden nicht mit den Gegenspielern gleichziehen zu können. Recht schnell erkennt man, dass die Ritter der Schlüssel zum Erfolg sind und man am Ende nur darauf hinarbeitet, möglichst schnell fertig zu sein – ob dies nun nach 12 oder 13 Runden der Fall ist, ist gleich, denn zu schaffen ist es spielend einfach.

Doch was nun? In der Spielanleitung steht, dass man in jeder Runde, in der man nichts bauen kann, Punkte abgezogen bekommt. Aber soll man damit denjenigen bestrafen, der schneller ans Ziel gelangt ist? Natürlich erscheint es logisch, dass derjenige, der am schnellsten alles erbaut hat, auch keine Punkte mehr verlieren darf, aber was ist mit den übrigen Spielern? Laut Regel dürfen sie genau 15 Runden spielen, könnten also demzufolge noch nachziehen. Das Resultat: Ein ständiges Patt und einige Fragezeichen ob des viel zu niedrigen Schwierigkeitsgrads.

Wir haben uns intern auf die wohl logischste Variante geeinigt. Nachdem ein Spieler den Spielplan verbaut hat, wird die Runde noch zu Ende gespielt und das Spiel eventuell schon vorzeitig beendet. Da dies aber jedes Mal der Fall war, kamen einige Bedenken, ob das Spiel auch bis ins letzte Detail durchdacht sei oder man bezogen auf die Zielgruppe auf die etwas jüngere Generation geschaut hat, für die das Spiel ggf. eine etwas längere Herausforderung darstellt. Aber wenn man es einmal durchschaut hat, ist es – und das ist die eigentliche Enttäuschung – auf lange Sicht ziemlich langweilig.

Die kommerzielle Ausschlachtung der Brettspielwelt Catan stolpert meines Erachtens hier über das erste Opfer. Der Versuch, auch „Die Siedler von Catan“ mit einem guten Würfelspiel auszustatten, ist im Vergleich zum wesentlich stärkeren [„Alhambra-Würfelspiel“ 3232 recht halbherzig geraten und verliert nach anfänglichem Spaß recht schnell seinen Reiz. Zugegeben, zu Beginn hat mir das Würfel in der bekannten Spielewelt tatsächlich Freude bereitet. Aber aufgrund der etwas undeutlichen Regelformulierungen und der ständigen Pattsituationen, die am Ende entstanden, war die Langzeitmotivation eher bescheiden – ähnlich wie die Umsetzung dieses Würfelspiels.

http://www.catan.com/
http://www.kosmos.de

|Siehe auch:|

[„Kampf um Rom“ 3076 (Catan-Spiel)
[„Die Siedler von Catan“ 258
[„Die Siedler von Catan“ 1218 (Lesung)

Finn, Thomas – eisige Schatten, Der (Die Chroniken der Nebelkriege 2)

_Handlung_

Magister Eulertin ist in sein Däumlingsdorf gereist und lässt Kai alleine in Hammaburg zurück. Diesem erscheint die Feenkönigin Berchtis und lädt ihn und seinen Lehrmeister zu einem Treffen aller Magiekundigen in ihr Feenreich ein.

Bevor sich Kai aber auf den Weg machen kann, um Magister Euertin zu berichten, wird er vom Klabauter Koggs Windjammer und der Elfe Fiadora abgeholt, denn er soll sich etwas Merkwürdiges ansehen: ein völlig vereistes Schiff eines befreundeten Seeschlangenjägers. Neben den ganzen toten Seemännern finden sie auch einen noch lebenden Elf namens Gilraen, den irgendetwas mit Fi zu verbinden scheint.

Anschließend machen sie sich in einer von geflügelten Pferden gezogenen Kutsche auf den Weg zu Magister Eulertin ins Däumlingsdorf Sperberlingen. Als die Gruppe nun endlich vollständig ist, brechen die Gefährten ins Feenreich auf, nur um festzustellen dass sie zu spät kommen: Das gesamte Feenreich ist mit Eis überzogen und Berchtis erstarrt. Haben Morgoyas Schergen schon das Festland erreicht?

_Der Autor_

Thomas Finn wurde 1967 in Chicago geboren. Er war Chefredakteur eines großen Phantastik-Magazins sowie Lektor und Dramaturg in einem Drehbuch- und Theaterverlag. Seit vielen Jahren lebt und arbeitet der preisgekrönte Roman-, Drehbuch- und Theaterautor in Hamburg. Bekannt wurde er besonders wegen seiner |Gezeitenwelt|-Romane sowie einige Rollenspiel-Publikationen für die Spiele „Das Schwarze Auge“ sowie „Plüsch, Power und Plunder“ und durch den Zeitreiseroman [„Der Funke des Chronos“. 2239 „Der eisige Schatten“ ist nach „Das unendliche Licht“ der zweite der „Chroniken der Nebelkriege“

_Mein Eindruck_

Selten war ich auf eine Fortsetzung so gespannt wie hier bei den |Chroniken der Nebelkriege|. Nachdem [„Das unendliche Licht“ 2646 (zu Recht) die Leserschaft begeistert hat, durfte man gespannt sein, ob es Thomas Finn gelingt, seine Trilogie mit einem würdigen Mittelteil auszustatten. Allzu häufig leiden ja diese ja unter denen „für einen Mittelband üblichen Schwächen“, welche auch immer das sein sollen. Derlei ist mir bei „Der eisige Schatten“ nicht aufgefallen. Finn zieht seine Linie konsequent durch, indem er alles verwendet, was einem in der Fantasyliteratur bisher so untergekommen ist. War der erste Teil schon vollgestopft mit verschiedensten Wesenheiten wie Elfen, Untoten, Magiern, Däumlingen, Kobolden und Klabautermännern, setzt er jetzt noch einen drauf, denn der zweite Teil wird überdies angereichert mit Zwergen, Drachen, Hexen und vielem mehr, ohne dass man das Gefühl hat, das Buch wäre irgendwie überladen oder aufgesetzt. Es passt einfach alles zusammen.

„Der eisige Schatten“ hat allerdings im Gegensatz zum Vorgänger eine etwas düsterere Grundstimmung, denn den Gefährten um Feuermagier Kai wird von Morgoyas Schergen ein ums andere Mal übel mitgespielt. Am besten trifft hier wohl der Vergleich zu einem anderen sehr bekannten Mittelteil zu: „Das Imperium schlägt zurück“. Wiederum gelingt es Finn, seine große Stärke auszuspielen, denn er entwickelt seine alten Charaktere gekonnt weiter, und die neuen Figuren, die auftauchen, sind durchweg wieder sehr liebenswert und interessant geworden.

Zudem weist der Band eine tolle Mischung aus ruhigen verträumten Teilen und richtig schnellen actionlastigen Szenen auf. So gefällt mir zum Beispiel Kais Aufenthalt in der Däumlingsstadt ausgesprochen gut, denn er stimuliert die Vorstellungskraft des Lesers ungemein und hat einfach irgendetwas Märchenhaftes an sich. Kurz darauf kommt es dann zu einem rasanten und wilden Luftkampf zwischen Drachen und geflügelten Pferden, der den Leser wieder aus seiner verträumten Stimmung reißt. Durch diese schnellen Änderungen wirkt der Roman sehr abwechslungsreich und überaus kurzweilig. Aber auch an düsteren und gruseligen Szenen mangelt es dem Roman nicht, denn beispielsweise die Sequenz im Nachtschattenturm ist sehr atmosphärisch geraten.

Was mir an den Finn’schen Romanen auch besonders gut gefällt, ist, dass verschiedene, scheinbar unwichtige Handlungen immer auch eine Auswirkung haben. Dies bewirkt einen richtigen „Aha-Effekt“, der den Leser direkt an das Buch fesselt, denn er merkt, dass er nichts überlesen darf, denn der Autor hat alles genau durchdacht. Wo bei vielen anderen Literaten irgendwelche Ereignisse als „Füllstoff“ herhalten müssen, um auf eine angemessene Seitenzahl zu kommen, haben solche bei Romanen von Thomas Finn meist eine wichtige Auswirkung für den Rest des Romans. Interessant ist es zudem, wie man sich als Leser durch ein fantastisches Abbild Europas bewegt. Hammaburg, Fryburg und auch die Schwarzen Walde dürfte jeder wiedererkennen, was erheblich zur Identifikation beiträgt.

Dass Finn sich ab und zu bei schon bekannten literarischen Ideen bedient, ob wissentlich oder zufällig, fällt zwar auf, ist aber nicht störend. Viele Motive hat es eben einfach schon einmal gegeben, sei es das Bad im Drachenblut (Nibelungensage) oder der Herrscher, dem von einem Zauber die Sinne vernebelt werden („Herr der Ringe: Die zwei Türme“) oder der junge Drache („Eragon“) – man kennt und mag diese Motive. Dadurch, dass er diese bekannten Dinge aufgreift und mit neuen Aspekten vermischt, erschafft er eine Fantasywelt, die dem Leser seltsam vertraut vorkommt, aber trotzdem noch uneingeschränkt begeistern kann.

Was natürlich auch nicht fehlen darf, sind die jetzt schon absehbaren Auswirkungen auf den Folgeband, wie etwa der Fluch des Nachtmahrs, die jetzt schon darauf hoffen lassen, dass sich Thomas Finn mit der Niederschrift des dritten Bandes beeilt.

Hervorzuheben ist, genauso wie beim Vorgänger, die tolle Aufmachung. Hier hat sich der Verlag wieder richtig Mühe gegeben, denn das Cover ist sehr anspruchsvoll gestaltet, der Roman hochwertig gebunden und die Papierqualität vorbildlich.

_Fazit:_

Ich bin begeistert, wie Thomas Finn es geschafft hat, den Zauber seines ersten Bandes in die Fortsetzung zu retten und auch noch auszubauen. „Der eisige Schatten“ ist eine tolle Weiterführung der |Chroniken der Nebelkriege|. Der Roman ist spannend, manchmal düster und gruselig, immer märchenhaft und enthält eine schöne Portion Action – toll. Man darf auf den dritten Teil gespannt sein.

http://www.ravensburger.de
http://www.thomas-finn.de
[Unser Interview mit Thomas Finn]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=59
[„Das Greifenopfer“ 1849
[„Das Greifenopfer“ 2844 (Hörbuch)

Hunter, Stephen – Im Fadenkreuz der Angst

Bob Lee Swagger ist einer aus dem Millionenheer blutjunger Amerikaner, die einst für die USA und scheinbar für eine „gerechte“ Sache in den Vietnamkrieg gezogen sind. In Asien hat er dem Marinekorps alle Ehre gemacht, doch Anerkennung und Ehre durfte er dafür nicht erwarten: Swagger ist der geborene Scharfschütze. Als „Bob der Knipser“ konnte er 87 bestätigte „Abschüsse“ verzeichnen, bis die Kugel eines noch geschickteren Vietkong-Heckenschützen seiner Laufbahn jäh ein Ende setzte.

Im Zivilleben stürzte Swagger tief und kehrte nie wirklich aus dem Krieg zurück. Töten will er zwar nicht mehr, aber Waffen sind immer noch sein Leben, und seine Treffsicherheit hat eher noch zugenommen. In seinem Heimatort Blue Eye im ländlichen West-Arkansas führt er am Rande der Gesellschaft ein zurückgezogenes Leben und wird von den Bürgern in Ruhe gelassen.

Swagger ist der einsame amerikanische Waffennarr par excellence. Das macht ihn zum wertvollen Instrument und Sündenbock für die düsteren Pläne des skrupellosen Colonel Raymond Shreck. Der hoch dekorierte, doch sang- und klanglos in den Ruhestand geschickte Soldat ist inzwischen ein verbitterter, aber einflussreicher und auch geschäftlich erfolgreicher Mann mit einer eigenen Firma, die vorgeblich Sicherheitsdienste aller Art anbietet. „RamDyne Security“ ist aber auch das ideale Aushängeschild für Shrecks wahre Aktivitäten, Sammelbecken für eine handverlesene Schar rücksichtsloser, zu allem entschlossener Söldner – und Anlaufpunkt für jedes korrupte und machtgierige Regime dieser Welt, das sich seiner Gegner gewaltsam entledigen will.

Der von Shreck umworbene Swagger kann der Verlockung, wenigstens als angeblicher „Berater“ endlich wieder einmal sein immenses Fachwissen unter Beweis stellen zu können, nicht widerstehen. Als Shrecks Falle zuschnappt, muss Swagger mit zwei Kugeln im Leib und dem gesamten Polizei- und Geheimdienstapparat hart auf den Fersen erkennen, dass er Opfer eines internationalen Komplotts geworden ist. Aber auch Shreck muss sich nun sorgen, denn er weiß sehr wohl: Sein Opfer wird ihm den Verrat niemals verzeihen, sondern sich rächen. Deshalb schickt er ihm ein Killerheer hinterher. Allein gegen scheinbar übermächtige Verfolger zu stehen, ist freilich nicht neu für Bob Lee Swagger. Wenn er ehrlich sein soll, fühlt er sich sogar wie neugeboren, als er beginnt, RamDynes Schergen aus dem Hinterhalt – wie in alten Zeiten – aufzurollen …

„Im Fadenkreuz der Angst“ ist ein bemerkenswerter Thriller. Kompromisslos ignoriert Autor Stephen Hunter beinahe jede Regel, die sein Werk für ein möglichst breites Massenpublikum kompatibel machen könnte. „Amoralisch“ ist wohl der Terminus, mit dem sich die Welt beschreiben ließe, in der sich seine Protagonisten bewegen. Das gilt für die „Bösen“ genauso wie für die „Guten“. Bob Lee Swagger, der „Held“, ist wahrlich kein angenehmer Charakter. Hat der Wolf anfangs noch Kreide gefressen, kehrt er schon sehr bald zu dem zurück, was er am besten kann: Töten auf große Entfernung.

Über die Existenz von Scharfschützen in allen Kriegen seit der Erfindung von Waffen, mit deren Hilfe sich Projektile – Speer- und Pfeilspitzen, später Metallkugeln – über weite Strecken verschießen lassen, scheinen nicht einmal jene gern nachzudenken, die dem Militärischen gegenüber üblicherweise aufgeschlossen sind. Der Gedanke ist – wie alle genialen Einfälle – bestechend simpel: Schalte so viele deiner Gegner aus, wie es dir möglich ist, ohne dich selbst dabei in Gefahr zu bringen, und richte dein Augenmerk dabei auf jene, die jenseits der eigenen Linien die Entscheidungen treffen. Doch es ist in der Tat schwer, etwas Heldenhaftes darin zu finden, ahnungslose Menschen aus dem Hinterhalt niederzuknallen.

Aber Stephen Hunter wählt sich als zentrale Figur einen Mann, der genau dies getan hat. Er geht sogar noch weiter: Bob Lee Swagger haben seine Erlebnisse in Vietnam nur marginal geläutert. Tatsächlich ist er als Zivilist mehr denn je eine menschliche Zeitbombe, der in seiner Hütte, die einer vom Feind dauerbelagerten Festung gleicht, mehr Waffen und Munition lagert als eine mittelgroße Guerillatruppe.

Überhaupt: Waffen! Es gibt „Im Fadenkreuz der Angst“ eine Erzählebene, die man als Hymne auf die Kunst verstehen kann, mit Faust- und Langfeuerwaffen Unglaubliches anzustellen. Das muss auf den europäischen Leser noch wesentlich provokanter wirken als auf das amerikanische Publikum, das ja in seiner Mehrheit das Recht des Bürgers auf seinen eigenen Schießprügel (oder deren zwei oder drei …) gegen alle Widerstände anders denkender Zeitgenossen erbittert verteidigt. Hunter schwelgt in technischen Daten und betont sachlich gehaltenen Darstellungen dessen, was Bob Lee Swagger mit einer Waffe in der Hand zu leisten vermag: das Gewehr als Stradivari des Scharfschützen.

„Im Fadenkreuz der Angst“ ist (abgesehen von der unglaublich rasanten und hochspannenden Handlung) auch deshalb als Thriller so überragend, weil Hunter auf jegliche Anbiederung oder moralisierende Bücklinge verzichtet: In diesem Buch spielen neben den menschlichen Figuren Waffen eine entscheidende Rolle; es ist daher erforderlich, mit besonderer Aufmerksamkeit zu verfolgen, wie sich dies auf den Gang der Geschehnisse auswirkt – und Punkt. Die Schlüsse aus dem, was Hunter dem Leser präsentiert, muss dieser schon selbst ziehen. Der Autor ist viel zu klug, sein Publikum mit vorgestanzten Friede=Freude=Eierkuchen-Klischees einzulullen. Wer die Waffe zieht, kann durch die Waffe umkommen: Wie viel Wahrheit in diesem Kalenderspruch liegt, setzt Hunter viel lieber – und wirksamer – in explosive Bilder um.

Das heißt aber nicht, dass er das Innenleben seiner Protagonisten darüber vernachlässigt. Vorab sei daran erinnert, dass „Im Fadenkreuz der Angst“ ein Thriller ist, der primär der Unterhaltung dient. Im Rahmen seines Talents und der gewählten Form hat Hunter auch hier vorzügliche Arbeit geleistet. Nach 500 Seiten liebt man Bob Lee Swagger genauso wenig wie zu Beginn, aber man versteht ihn nun besser, ohne dass Hunter die „Rambo“-Klischees vom armen, an Leib und Seele verwundeten, für seinen aufopfernden Dienst schnöde vom eigenen Land verratenen Vietnam-Veteranen allzu aufdringlich bedient.

Dasselbe gilt für die übrigen Figuren; Polizisten, Geheimdienstleute und Shrecks Meuchelmörder eingeschlossen. Selbst primitive Schlagetots wie Jack Payne, Shrecks roboterhafte rechte Hand, haben bei Hunter ein Profil: So unerfreulich dies den Gandhis dieser Welt in den Ohren klingen mag – es gibt Menschen, die mit der Gewalt und von der Gewalt leben und sich eines gesunden Nachtschlafes und eines erfüllten Daseins erfreuen. Das ist nicht erfreulich, aber Realität. Man erfährt in den Nachrichten darüber und hat sich gefälligst damit auseinanderzusetzen. Stephen Hunter spielt virtuos mit der unterbewussten Angst, die den „normalen“ Zeitgenossen ob dieser Tatsache bewegt.

Das Bild auf der Website http://www.stephenhunter.net zeigt einen beleibten, kahlköpfigen Herrn mit verschmitztem Gesichtsausdruck, der fabelhaft den Bruder Tuck der Robin-Hood-Legende geben könnte. Dahinter verbirgt sich ein (1946 geborener) Journalist und – ausgerechnet! – Comedy-Schreiber, der außerdem als Filmkritiker der |Baltimore Sun| (1971-1996) einen geradezu legendären Ruf besitzt. Baltimore ist auch Hunters Heimatstadt, wo er mit seiner Lebensgefährtin und zwei Söhnen lebt.

Hunters soldatische Laufbahn beschränkt sich (soweit ich dies in Erfahrung bringen konnte) auf einen zweijährigen Einsatz in einem Ehrenwacht-Regiment, das in der US-Hauptstadt Washington (ähnlich wie die Bärenfellmützen-Witzgestalten der englischen Queen) zeremoniell für die zivile Öffentlichkeit paradiert … In die zwielichtige Welt der amerikanischen Waffennarren ist Hunter hauptsächlich durch Recherche eingetaucht, wie es sich für einen guten Journalisten ziemt, auch wenn er selbst als eifriger, aber nicht fanatischer Schütze und Jäger bekannt ist.

Schriftstellerisch wurde Hunter schon 1980 tätig. Er begann mit einem wüsten Garn um einen Nazi-Heckenschützen (!) im Jahre 1945 („The Master Sniper“), dem er bis heute weitere Thriller folgen ließ, die allesamt nichts für den schöngeistigen Leser sind, aber stets zu unterhalten wissen. Anfang der 90er Jahre begann Hunter mit einer Serie von Romanen, die sich grob um die Familiengeschichte des Swagger-Clans ranken und neben Bob Lee auch seinen Vater und Großvater auftreten lassen.

In Deutschland ist außer „Im Fadenkreuz der Angst“ (noch?) kein weiterer Band der Swagger-Reihe erschienen. Überhaupt sieht es hierzulande für Stephen Hunter düster aus: Außer „Target“, dem Roman zum gleichnamigen (schrecklichen) Film mit Gene Hackman, erschienen nur „Titan“ und „Die Gejagten“ („Dirty White Boys“, 1994), ein wiederum unerhört spannender Thriller um einen spektakulären Gefängnisausbruch mit anschließender Flucht, der immerhin mit einem „Gastauftritt“ Earl Swaggers – Bobs Vater – aufwarten kann.

Nicht einmal zum Start des ungemein erfolgreichen Films „Shooter“, der nach „Point of Impact“, dem ersten Swagger-Roman, mit Mark Wahlberg in der Hauptrolle unter der Regie von Antoine Fuqua gedreht wurde und 2007 in die Kinos kam, wurde die deutsche Übersetzung neu aufgelegt.

diverse Autoren – Simpsons Classics 9

_Inhalt_

|“Rauchzeichen am Himmel“|

Patty und Selma fallen der Stellenkürzung zum Opfer und werden kurzerhand arbeitslos. Da gleichzeitig auch noch ihre Wohnung in Flammen aufgeht, machen sich die beiden Schwestern bei den Simpsons breit und genießen dort alle Vorzüge, die der Familie so viel bedeuten. Doch ziemlich schnell sind die Kinder und Homer vom rotzfrechen Verhalten der beiden Kettenraucherinnen genervt und drängen darauf, sie wieder loszuwerden.

Also bemühen sich Patty und Selma um einen neuen Job und heuern bei Mr. Burns‘ neuer Airline als Flugbegleiterinnen an. Als sie jedoch während eines Flugs feststellen, dass an Bord der Maschine nicht geraucht werden darf, kommt es zum Eklat.

|“Mit den Simpsons sieht man besser“|

Bart entdeckt beim Zappen im heimischen TV, dass im Lokalfernsehen ein Sendeplatz freigeworden ist. Als er erfährt, wie gelangweilt die Bevölkerung vom aktuellen Fernsehprogramm ist, beschließt er, den freien Platz zu mieten und gemeinsam mit Lisa und seinen Freunden das Programm neu zu gestalten. Ganz zum Verdruss von Krusty dem Clown und Kent Brockman wird ‚Simp-TV‘ zum großen Quotenrenner und verdrängt die etablierten Kanäle auf die nachfolgenden Plätze.

In mehreren Krisensitzungen beratschlagen die großen Namen von Springfields Fernsehstationen, wie man die Simpson-Kids in die Schranken weisen kann – doch erfolglos. Allerdings müssen Bart und Lisa bald Tribut für die ständige Arbeit als Produzenten zollen. Schlaf haben beide nämlich schon länger nicht mehr gehabt. Und auch die geliebten TV-Serien, die sie sonst regelmäßig angeschaut hatten, verpassen sie nun tagtäglich. Sieht so ein glückliches Leben aus?

|“Die Dame und der Clown“|

Der gewissenhafte Busfahrer Otto erzählt die Geschichte von der traurigen Marge, die vom Mafioso Big Krusty verfolgt wird, eigentlich aber nichts lieber möchte als schnellstmöglich zu ihrem geliebten Homer zu reisen. In Moes Taverne treffen der bösartige Clown und die hübsche junge Dame aufeinander und streiten heftig. Obwohl Moe eigentlich nichts für Schmonzetten übrighat, hilft er der traurigen Marge – und begibt sich dabei selber in größte Gefahr.

_Meine Meinung_

Laut Cover sind es vier Mega-Storys, die der neunte Teil der „Simpsons Classics“ beinhalten soll, doch grob gesehen sind es neben einigen Mini-Strips nur drei längere Geschichten, genauer betrachtet sogar nur zwei. Und das ist bei der fetten Werbung auf dem Titelbild nun nicht wirklich fair.

Wie auch immer, darunter leidet die Qualität bzw. der Humor der einzelnen Erzählungen natürlich nicht. Im Gegenteil, die Herausgeber haben erneut einige Highlights aus der älteren Geschichte der „Simpsons Comics“ hervorgeholt und sie in diesem schmucken Sammelwerk zusammengetragen. Inhaltlich zeigt man sich dabei recht vielseitig, unter anderem, weil für ein solch knappes Magazin enorm viele Charaktere eine Hauptrolle in den einzelnen Plots übernehmen. So tauchen die ungeliebten Bouvier-Sisters in „Rauchzeichen am Himmel“ auf und zeigen auf allzu fiese Art und Weise mal wieder, warum ihre maskuline, abstoßende Erscheinung nach wie vor für einige Lacher garantieren kann. Allerdings ist auch das Setting wieder brillant: Patty und Selma als Stewardessen mit beharrten Beinen und nichts anderem als der Sorge, endlich ihre Zigaretten rauchen zu können.

Die zweite Episode trifft hingegen eher den Geschmack der Bart-Fans. Der kleine Simpson hat mal wieder eine erstaunlich lukrative Idee entwickelt und mit der Eröffnung eines eigenen TV-Kanals überraschend großen Erolg. Dazu engagiert er Leute wie Nelson als Prügelknaben, Martin als Streber und Melhouse als miesen Comedian. Die Quoten steigen von Tag zu Tag, und die Konkurrenz verzweifelt, aber für Bart verliert das Leben mehr und mehr an Qualität – denn ohne die geliebten Fernsehserien, die er selber verfolgt hat, macht das Dasein als TV-Manager keinen Spaß mehr.

Die übrigen Geschichten sind nette Ergänzungen zu diesen beiden Hauptplots, wobei die theatralische Inszenierung der Mafialiebe zwischen Big Krusty und der todtraurigen Marge eher Füllmaterial ist. Da wirken die Kurzgeschichten um Mr. Hummel und Itchy und Scratchy schon unterhaltsamer.

Weiterhin enthält die Nr. 9 eine Zusatzrubrik um chirurgische Ratschläge von Dr. Nick Riviera, die man natürlich nicht wirklich ernst nehmen sollte – eben ein typisches Anhängsel der Comic-Reihe. Insgesamt halten sich solche Extras jedoch in Grenzen, und das ist ein entscheidender Vorzug dieser Reihe. Hier bekommt man eben in erster Linie nur die Comics ohne jegliches Geplänkel und somit netto mehr Lesespaß. In der neuen Ausgabe wird dieser nun mit einigen netten, teils auch sehr guten Storys garniert und macht diese Ausgabe bei einem Preis, der vergleichbar mit den regulären „Simpsons Comics“ ist, definitiv zu einer Empfehlung.

[Simpsons bei Panini]http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10310

Sara Douglass – letzte Schlacht um Tencendor, Die (Im Zeichen der Sterne 3)

Band 1: [„Die sterblichen Götter Tencendors“ 2653
Band 2: [„Die Wächter der Zeiten“ 2947

Den Dämonen ist es gelungen, ihren Anführer Queteb im Körper von Sternenfreudes Sohn wiederzuerwecken. Aber ihr Triumph ist noch nicht vollkommen, denn Drago/Drachenstern ist es gelungen, alle Wesen Tencendors, die noch nicht dem Wahnsinn verfallen waren, in eine Zuflucht zu führen, welche die Dämonen nicht betreten können.

Doch in Isfrael, dem Sohn von Axis und Faraday und König über das Volk der Awaren, schwärt der Zorn. Er hasst die Zuflucht, die er als unnatürlich empfindet, er hasst Faraday, die ihm die Herrschaft über sein Volk streitig macht, und denkt über nichts anderes nach als darüber, wie er seine Macht zurückgewinnen kann …

Drachenstern sucht indes fieberhaft nach einer Möglichkeit, wie er die Dämonen endgültig besiegen kann. Er weiß, dass jeder der Achariten, die Drachenstern einst aus dem Tod zurückgeholt hat, gegen einen von Quetebs Dämonen antreten muss, während er selbst sich Queteb stellen muss. Aber welche Rolle spielt Katie in diesem Kampf? Und welche Rolle spielt Niah?

In der Tat hat Wolfstern, als er das tote Kind, das Zenit bei ihrem Kampf gegen Niah aus ihrem Körper gezwungen hat, auf dieselbe Weise wiederzuerwecken suchte, wie die Dämonen Queteb wiedererweckten, Queteb eine mächtige Waffe in die Hand gespielt!

Sternenfreude ist nicht unbedingt glücklich über die neueste Entwicklung. Seit Queteb wieder einen eigenen Körper hat, lässt die Behandlung durch die Dämonen jegliche Ererbietung vermissen, auf die Sternenfreude Anspruch zu haben glaubt. Als Queteb ihr auch noch verächtlich erklärt, ihr Sohn habe sie gehasst, beschließt sie, die Seiten zu wechseln.

Ich muss gestehen, dass es mich – obwohl ich Sara Douglass‘ Bücher sehr schätze – diesmal Überwindung gekostet hat, das Buch anzufangen, denn ich wusste vorab zwei Dinge: Isfrael wird zum Verräter. Nun, das war mir bereits im zweiten Band klar. Und Tencendor wird untergehen. Eine ziemlich deprimierende Aussicht. Ich hätte es besser wissen sollen.

Isfrael entwickelt sich tatsächlich entsprechend meinen Befürchtungen. Im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass er nicht nur einmal zum Verräter wird, sondern letzten Endes bereit ist, alles und jeden zu verraten, um sein eigenes jämmerliches Leben zu retten. Gleichzeitig ist er tatsächlich dumm genug, sich auf die Versprechungen von Dämonen zu verlassen. Ich konnte wirklich nur den Kopf schütteln! Und ehrlich gesagt: Die weitere Entwicklung hätte ich ihm zwar nicht gewünscht, aber leid tat er mir auch nicht.

Dafür kommt Axis allmählich zu Verstand, sodass an zwischen“menschlichen“ Beziehungen nur noch die Wirrungen zwischen Zenit, Sternenströmer und Wolfstern übrig bleiben. Die bleiben dafür wirr bis zum Ende und darüber hinaus, denn die Autorin liefert keine echte Erklärung für Zenits seltsames Verhalten.

Die Charakterzeichnung wird also, nachdem Isfraels Eskapaden durchgestanden sind, wesentlich erträglicher als bisher. Das ist auch nötig, denn immerhin geht es diesmal sozusagen um die Wurst. Die Handlung rückt in den Vordergrund und lässt nicht mehr so viel Platz für dramatische Seelenzustände. Einzige Ausnahme ist Faraday, doch dazu später noch mehr.

Isfraels Verrat hat die Weichen für die Ausgangsposition der Zweikämpfe gestellt. Zwar ging die Zuflucht verloren, doch mit Hilfe der Urmutter und Eisbärin Urbeth ist es gelungen, sie vorher vollständig zu räumen. Axis und Zared reiten mit Zareds Heer an der Spitze des Konvois, töten jedes der wahnsinnigen Geschöpfe, die dem Hauch der Dämonen nicht entkommen konnten, und schwächen damit Quetebs Macht. Doch besiegen können sie ihn auf diese Weise nicht, ebenso wie Queteb die Kolonne nicht einfach angreifen und vernichten kann. Ein unsicheres Patt.

Die Zweikämpfe selbst waren ungewöhnlich. Nicht nur, dass es keinerlei Schwertergeklirr und Blutgespritze gab – dafür hat die Autorin generell eher wenig übrig -, es waren auch keine typischen magischen Duelle mit Knall, Rauch und Gestank. Wie so oft ist es Sara Douglass auch diesmal gelungen, mit unerwarteten, originellen Ideen aufzuwarten. Dasselbe gilt für den ungewöhnlichen Schutz, der die Kolonne flankiert, während sie Axis durch Tencendor folgt, oder für Ur, die Mutter der Bäume, und ihren Tontopf.

Nicht nur, dass diese Ideen frischen Wind in die Geschichte brachten, sie dienten außerdem als Spannungsregler. Der dritte Band des Sternenzyklus hat einen Spannungsbogen wie eine Achterbahn. Der Leser sieht den Abgrund auf sich zukommen und weiß genau, dass der Sturz unvermeidlich ist, wird dann mittendrin abgefangen, wieder ein Stück hochgetragen, nur um gleich darauf noch einmal abzustürzen und wieder emporgetragen zu werden. Beim ersten Zweikampf wird noch genau festgestellt, zu welchen Bedingungen der Kampf als gewonnen gilt. Bei den übrigen fehlt diese Feststellung, und während man beim zweiten trotzdem noch genau weiß, wer gewonnen hat, ist man sich beim dritten schon nicht mehr so sicher. Beim vierten Zweikampf, dem Duell zwischen Scheol und Faraday, ist sich der Leser nicht einmal mehr sicher, worin eigentlich das Duell besteht. Niemand verliert ein Wort darüber, und letztlich scheint Faraday mehr gegen sich selbst und ihre Erinnerungen zu kämpfen als gegen Scheol.

Letztlich stellte sich also heraus, dass dieser dritte Band nicht so zermürbend war, wie ich befürchtet hatte, im Gegenteil. Der Ärger über Personen wie Isfrael oder Axis hielt sich in Grenzen und das Ende war auch weit weniger deprimierend als erwartet. Die Handlung hielt stets die Balance zwischen Erfolg und Misserfolg, steigender Bedrohung stand immer ein gelöstes Problem oder eine neu gewonnene Fähigkeit oder Einsicht gegenüber. Und es gab genug neue Ideen und unerwartete Wendungen, um dem Buch eigenes Leben zu verleihen.

Trotzdem muss ich sagen, dass mir der Weltenbaumzyklus besser gefallen hat. Nicht allein, weil die Grundstimmung des Sternenzyklus weit düsterer ist, das ließ sich kaum vermeiden. Für die Spannungskurve war eine Bedrohung notwendig, und die musste – um den Eindruck von Wiederholung zu vermeiden – notwendigerweise die aus dem Weltenbaumzyklus übertreffen. Daraus ergab sich unausweichlich ein Szenario, das besonders in der Fantasy immer wieder auftaucht: der universelle Kampf zwischen Gut und Böse, der sich über Äonen durch die Welten bewegt, bis er sich irgendwann an irgendeinem Punkt zur schicksalhaften Entscheidung trifft. Da dieser absolute Endkampf nicht noch weiter getoppt werden kann, war es wohl eine kluge Entscheidung der Autorin, Tencendor untergehen zu lassen.

Es lag auch nicht daran, dass ich mich hier nicht nur über Axis, sondern auch noch über Isfrael ärgern musste. Es ist vor allem so, dass das Flair beider Zyklen ziemlich unterschiedlich ist. Die Atmosphäre des Weltenbaumzyklus ist viel magischer, sei es nun im Hinblick auf Dinge wie das Regenbogenzepter, die Schale der Mutter oder Bornhelds Ring, oder auf Tätigkeiten wie Axis Gesang. Im Sternenzyklus dagegen ist Tencendor vom Sternentanz abgeschnitten, und die einzige Magie – außer der Zerstörungsmacht der Dämonen – ist die der Achariten, die um einiges prosaischer auf Gefühlen und Entscheidungen beruht. Der Sternenzyklus wirkt dadurch schlichter und unserem Alltag wesentlich näher als sein schillernder und geheimnisvoller Vorgänger, auch wenn seine Grundaussage – nämlich dass man das Böse nicht mit seinen eigenen Waffen schlagen kann, ohne selbst böse zu werden – eine unbestreitbare Wahrheit wiedergibt.

Im Übrigen konnte die Autorin sich trotz Tencendors Untergang offenbar ein Hintertürchen nicht verkneifen. Sternenströmer ist in Koroleas gelandet, und auch Drachenstern und Faraday sind offensichtlich noch nicht zur Ruhe gekommen. Tatsächlich greift die neueste Arbeit der Autorin Personen aus den beiden Zyklen wieder auf. Bemerkenswert dabei ist allerdings die erklärte Absicht, auch ihre anderen Werke mit einfließen zu lassen, wie zum Beispiel Escator und König Maximilian („Der Herr des Traumreichs“) oder Asdod („Die Glaszauberin“/“Der Steinwandler“). Ich bin gespannt, wie ihr das gelungen ist.

Sara Douglass arbeitete zuerst als Krankenschwester, bevor sie ein Studium in historischen Wissenschaften begann. Sie promovierte und arbeitete in den folgenden Jahren als Dozentin für mittelalterliche Geschichte. Das Schreiben fing sie nebenbei an, als Ausgleich zum Stress. Nach dem Erfolg ihres |Weltenbaum|-Zyklus stieg sie aus ihrem Beruf aus und konzentrierte sich aufs Schreiben und ihren Garten. Sie lebt in einem Cottage in Bendigo, Australien. Außer dem |Weltenbaumzyklus| und „Tresholder“ schrieb sie diverse Romane und Kurzgeschichten. „The Serpent Bride“, der erste Band des neuen Zyklus |Darkglass Mountain|, erscheint im Mai.

My Сreative


http://www.piper.de/

_Sara Douglass bei |Buchwurm.info|:_
[Die Sternenbraut 577 (Unter dem Weltenbaum 1)
[Sternenströmers Lied 580 (Unter dem Weltenbaum 2)
[Tanz der Sterne 585 (Unter dem Weltenbaum 3)
[Der Sternenhüter 590 (Unter dem Weltenbaum 4)
[Das Vermächtnis der Sternenbraut 599 (Unter dem Weltenbaum 5)
[Die Göttin des Sternentanzes 604 (Unter dem Weltenbaum 6)
[Der Herr des Traumreichs 1037
[Die Glaszauberin 1811 (Die Macht der Pyramide 1)
[Der Steinwandler 2639 (Die Macht der Pyramide 2)
[Die sterblichen Götter Tencendors 2653 (Im Zeichen der Sterne 1)
[Die Wächter der Zeiten 2947 (Im Zeichen der Sterne 2)

J. Michael Straczynski, R. Garney, A. Dose – Spider-Man 35 (Civil War Tie-in 1)

Inhalt

|“Krieg im eigenen Land, Teil 1″|

Nach einem blutigen Massaker an einer Schule in Stamford reisen Peter und Tony Stark zum Präsidenten, der für die gesamte Welt der Superhelden eine bedrohliche Nachricht bereithält: Jeder maskierte Held soll per Gesetz dazu gezwungen werden, seine Geheimidentität aufzugeben. Tony lüftet bereits bei seiner Audienz im weißen Haus sein zweites Ich, Peter alias Spider-Man hingegen ist davon gar nicht überzeugt. Mit großen Ängsten reist er zurück nach Hause, doch auch dort wird er darin bestärkt, der Welt zu zeigen, wer sich hinter dem Spinnenkostüm verbirgt. Und schneller als erhofft folgt auch schon eine Pressekonferenz, auf der die Wahrheit in die Öffentlichkeit kommen soll.

|“Der Saft, der Kraft verschafft“|

J. Michael Straczynski, R. Garney, A. Dose – Spider-Man 35 (Civil War Tie-in 1) weiterlesen

Robert Morgan – Der Fluch des Salomon

morgan fluch cover kleinDas geschieht:

Theodore London, leidlich erfolgreicher Privatdetektiv in New York City, wird von der reizenden Lisa Hutchinson konsultiert. Sie fühlt sich beobachtet und gejagt, seit sie ihr Elternhaus in Crifo, US-Staat Vermont, fluchtartig verlassen hatt Ihr Vater Royce, ‚Priester‘ einer obskuren Sekte, hatte sie dort wie eine Gefangene gehalten und ihr ein unschönes Schicksal im Rahmen eines bizarren Rituals angekündigt. London will helfen, mag aber an nicht an die monströsen Verfolger glauben, die Lisa in ihren Träumen und neuerdings auch in der Realität belästigen. Er wird eines Schlechteren belehrt, als ein echsenhaftes Flugwesen durch das Bürofenster bricht und ihn beinahe in Stücke reißt, bevor er es töten kann. Lisas Monster sind also echt, und da sich London in seine Klientin verliebt hat, stellt er sich erst recht auf ihre Seite.

London rekrutiert eine bunte Schar enthusiastischer Mitstreiter. Zu ihnen zählen Dr. Timothy Bodenfelt, ein idealistischer Arzt, Paul Morcey, ein abenteuerlustiger Hausmeister, und Pa’sha Lowe, ein krimineller Waffenhändler, der London nicht nur mit schwerer Artillerie und Giftgas ausstattet, sondern ihm auch die chinesische Wahrsagerin Lai Wan zur Seite stellt. Sie recherchiert Sensationelles: Londons monströser Gegner war einst ein Mensch, der in seine neue Gestalt mutiert wurde. Dafür verantwortlich ist Royce Hutchinson, der jedoch nur als Erfüllungsgehilfe für einen leibhaftigen Dämonen fungiert: Q’talu, der aufmerksamen Lesern des Alten Testaments als „Salomons Fluch“ bekannt ist, plant seine Rückkehr in diese Welt, die er bei dieser Gelegenheit in Besitz nehmen will. Dazu bedarf es unbedingt eines Menschenopfers, das – wer hätte es gedacht – die arme Lisa darstellen soll. Robert Morgan – Der Fluch des Salomon weiterlesen

James, Peter – Stirb schön

Tom Bryce, Inhaber einer Marketingfirma, die gerade in finanziellen Schwierigkeiten steckt, nimmt im Zug eine CD-ROM mit, die ein Fahrgast vergessen hat. Als er zuhause aus Neugierde den Inhalt ansieht, stockt ihm der Atem: In einem kurzen Video wird gezeigt, wie eine junge, blonde Frau grausam erstochen wird. Zunächst hält er den Film für einen perversen Erotikstreifen. Doch am nächsten Tag ist seine Festplatte gelöscht. Sein Kollege vermutet einen Virus auf der mysteriösen CD-ROM und will sie untersuchen. Kurz darauf wird in dessen Haus eingebrochen und die CD-ROM gestohlen. Tom erhält erhält eine E-Mail, in der er davor gewarnt wird, die Polizei aufzusuchen, anderenfalls wird seine Familie ermordet werden.

Wenig später taucht die kopflose Frauenleiche des Opfers auf. Durch DNA-Tests wird sie als Janie Stretton identifiziert, eine junge Jura-Studentin aus reichem Haus, die ein heimliches Doppelleben als Prostituierte für einen Begleitservice führte. Detective Superintendent Roy Grace führt die Ermittlungen. Sein Ruf hat in der letzten Zeit gelitten, sein Privatleben ist seit dem spurlosen Verschwinden seiner Ehefrau Sandy vor acht Jahren nicht mehr stabil. Grace braucht dringend einen Erfolg, doch die Ermittlungen laufen schleppend.

Tom Bryce entscheiden sich nach Rücksprache mit seiner Frau, die Polizei einzuschalten. Doch trotz aller Diskretion sickert diese Information zu den Tätern durch und Tom und seine Familie schweben in höchster Gefahr. Für Roy Grace und sein Team beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, um die Mörder hinter dem grauenvollen Video zu finden …

Nach [„Stirb ewig“ 3268 darf sich der Ermittler Roy Grace nun ein zweites Mal einem Leserpublikum stellen und einen kaum weniger spektakulären Fall klären. Drehte es sich im Vorgänger um einen lebend Begrabenen, steht hier ein Snuff-Film im Mittelpunkt. Erfreulicherweise steht steht dieser Thriller „Stirb ewig“ nicht nur in nichts nach, sondern setzt für Neueinsteiger auch keine Vorkenntnis voraus.

|Spannung auf zwei Ebenen|

Sowohl Tom Bryce als auch Roy Grace können als Hauptfigur des Romans betrachtet werden. Tom gerät zufällig an die brisante CD-ROM, die ihn zum unfreiwilligen Zeugen eines Mordes macht, sodass er von nun an rund um die Uhr überwacht und schließlich gejagt wird. Sein Zwiespalt ist für den Leser gut nachvollziehbar: Einerseits drängt ihn sein Gerechtigkeitssinn dazu, der Polizei bei den Ermittlungen zu helfen. Als Vater zweier Kinder ahnt er, wie sehr der Vater des ermordeten Mädchens darauf hofft, dass die Mörder gefasst werden. Auf der anderen Seite will er um nichts in der Welt riskieren, dass seine eigene Familie in Gefahr gerät. Wie immer er sich entscheidet, die Konsequenzen werden nachhaltig sein, sodass man unweigerlich mit ihm fühlt. Auch davon abgesehen ist Tom ein Charakter, der sich in nichts vom Durchschnittsmenschen unterscheidet. Seine Firma läuft nicht gut, seine Frau Kellie gibt zu viel Geld bei eBay aus und greift heimlich zum Alkohol.

Ein problematisches Leben führt auch Roy Grace, der auch nach acht Jahren noch nicht mit dem Verschwinden seiner Frau Sandy abgeschlossen hat. Er lässt sich auf eine Verabredung mit der attraktiven Pathologin Cleo ein, die er schon lange bewundert, doch hier läuft nicht alles ohne Hindernisse ab. Trotz allem gibt er sein Bestes, um den Fall um die ermordete Studentin zu klären. Ihn berührt ihr Schicksal, er leidet mit ihrem alten Vater und gleichzeitig fühlt er sich dabei immer an seine eigene Frau erinnert, von der er nicht weiß, ob sie vielleicht etwas Ähnliches erlebt hat. Roy Grace ist ein sehr menschlicher Ermittler, der Schwächen besitzt, Fehler begeht, sich von seiner Vorgesetzten Ermahnungen einfängt und mehr als einmal an sich selber zweifelt, weit entfernt von einem perfekten Helden. Besonders liebenswert erscheint er an einer Stelle, an der er die Hündin der Familie Bryce streichelt und sich anschließend ihr gegenüber ebenso verpflichtet fühlt wie ihren Besitzern.

Eine Reihe von Nebenfiguren bevölkert die Handlung, so etwa Tom Ehefrau Kellie, die er für kaufsüchtig hält, die insgeheim aber ein viel größes Problem hat. Ihre eBay-Ersteigerungen sind nur Tarnung, um ihre hohen Alkohol-Ausgaben zu verschleiern. Im Umfeld von Roy Grace begegnet man einigen Personen, die schon im Vorgänger „Stirb ewig“ auftauchen, etwa der hübschen und schlagfertigen Pathologin Cleo, mit der sich Grace endlich auf ein Rendevouz einlässt, seinem Partner Glenn Branson, einem humorvollen Schwarzen, der bei jeder Gelegenheit Filmzitate einfließen lässt, der jungen und ehrgeizigen Kollegin Emma-Jane, die sich hier ein zweites Mal beweisen kann. Für Farbe im Team sorgt außerdem Norman Potting, ein Polizist der alten Schule kurz vor der Pensionierung. Seine politisch unkorrekten, oft auch derben Äußerungen sind berüchtigt, und niemand freut sich auf die Zusammenarbeit. Tatsächlich aber erweist sich Potting durchaus als brauchbarer Mitarbeiter.

|Sehr dezente Mystery|

Eine wichtige Eigenschaft von Roy Grace ist sein Hoffen auf Hellseherei als Unterstützung. Da er auf der Suche nach seiner Frau nach jedem Grashalm greift, konsultiert er auch regelmäßig Wahrsager, die in seiner Stadt auftreten. Über Sandy hat ihm bisher keiner davon etwas sagen können, doch in Ermittlungen konnte er schon Erfolge verzeichnen. Wie in „Stirb ewig“ bittet er auch hier um den Rat von Harry Frame, ein Medium, das ihm schon brauchbare Tips geliefert hat, jedoch auch nicht immer richtig liegt.

Autor Peter James kann seiner Vorliebe für Übersinnliches hier adäquat einbringen, denn auch wer selber diesem Gebiet eher abgeneigt gegenübersteht, wird einsehen, dass es in Graces Lage passt, sich diesen Dingen zuzuwenden. Roy Grace ist durchaus ein rationaler Mensch, doch er will nichts unversucht lassen, um eine Spur seiner Frau zu finden. In diesem Fall aber kann das Medium Harry Frame, ein emsiger kleiner alter Mann mit Ähnlichkeit mit einem Gartenzwerg, zunächst gar keinen Tipp liefern und Grace muss ohne seine Hilfe weiterermitteln. Später kommt eine Eingebung Frames zwar zum Tragen, aber erst, nachdem das Finale schon über die Bühne gegangen ist. Damit kommt der übersinnliche Aspekt auch den abgeneigten Lesern entgegen, da nichts davon handlungsentscheidend eingeflochten wird. Wen der Hintergrund um Graces Frau Sandy näher interessiert, der darf sich über die Ankündigung von Peter James freuen, dass der dritte Band, der zum Jahreswechsel erscheinen soll, ein wenig das Geheimnis um ihr Verschwinden lüften wird.

|Keine großen Schwächen|

Da sich die temporeiche Handlung auf nicht unbedingt epischen 380 Seiten drängt, ist es unvermeidlich, dass einige Charaktere und Aspekte etwas oberflächlich behandelt werden. Das Ende verläuft recht hastig, nach dem Actionfinale folgen nur noch knappe Informationen über den weiteren Verlauf. Auch der Vater des Opfers, Mr. Stretton, tritt nur einmal in Erscheinung, als ihm die Todesbotschaft überbracht wird, anstatt dass man ihn noch während der Ermittlungen begleitet. Gerade da Janies Mutter bereits verstorben ist und seine Tochter sein Ein und Alles war, wäre es schön gewesen, seinen Charakter noch etwas stärker einzubinden. Das gilt auch für das Opfer, schließlich ist es ungewöhnlich, dass eine finanziell unabhängige und scheinbar brave Studentin nebenbei als Sadomaso-Prostituierte arbeitet. Hier wären ein etwas weiter ausgearbeiteter Hintergrund wünschenswert gewesen.

Ein wenig unglaubwürdig wird die Stelle beschrieben, an der Tom und Kellie in höchster Gefahr schweben und ihre Situation kurzzeitig mit Humor zu ertragen versuchen. Noch unpassender ist Toms Gedanke, dass er seine morgige Präsentation in der Firma verpasst, was angesichts seines drohendes Todes unwichtig sein sollte.

_Als Fazit_ bleibt ein spannender und unterhaltsamer Roman über ein Snuff-Video mit einem sympathischen Ermittler. Der übersinnliche Aspekt, der Roy Grace immer begleitet, hält sich angenehm in Grenzen. Von kleinen Schwächen abgesehen, bietet sich dem Leser ein solider und temporeicher Thriller.

_Der Autor_ Peter James, Jahrgang 1948, liebt Autos, Sport und alles Paranormale. Er lebte jahrelang in den USA als Drehbuchautor und Filmproduzent, ehe er wieder nach England zurückkehrte. Zu seinen Werken zählen unter anderem „Ein guter Sohn“ (Neuauflage im Juni 2007 bei |Knaur|), „Die Prophezeihung“ und „Wie ein Hauch von Eis“. Zuletzt erschienen der Horror-Thriller [„Stirb ewig“ 3268 sowie „Sündenpakt“. Für den Jahreswechsel kündigt |Scherz| „Nicht tot genug“ als Hardcover an.

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