Archiv der Kategorie: Rezensionen

O’Connor, Ed – Mit eiskalter Klinge

Das Cover von Ed O’Connors Thriller „Mit eiskalter Klinge“ sorgt für Gänsehaut. Ein blutbeflecktes Messer zieht sich über die gesamte Seite und scheint eine blutrünstige Story zu versprechen.

Unblutig geht es tatsächlich nicht zu. Detective Alison Dexter hat gerade einen Vergewaltiger hinter Gitter gebracht, als bei einem illegalen Faustkampf einer der Kämpfer getötet wird. Blutspuren und DNA-Material des Mörders gehören zu einem guten Bekannten von Alison. Bartholomäus Garrod wurde vor sieben Jahren von ihr verdächtigt, mehrere Menschen geschlachtet und anschließend verspeist zu haben. Während die Polizisten beim Stürmen des Wohnhauses der Gebrüder Garrod dessen Bruder töteten, konnte Bartholomäus entkommen. Seitdem hält er sich versteckt, doch als Alison Dexter wieder auf den Plan tritt, will er seine Drohung von damals wahrmachen und sich für den Tod seines Bruders rächen. Alison befindet sich in größerer Gefahr, als sie ahnt, denn Garrod war in den letzten sieben Jahren nicht untätig und weiß mehr über sie, als ihr bewusst ist …

Wirklich viel kann man über „Mit eiskalter Klinge“ nicht erzählen, denn der Thriller ist sehr durchschnittlich geraten.

Die Handlung ist solide aufgebaut und erzählt sowohl aus der Perspektive von Alison als auch von Garrod, wobei nicht immer deutlich wird, wer Jäger und wer Gejagter ist. Das ist allerdings kein Nachteil, sondern ein geschickter Schachzug. O’Connor schafft es, kontinuierlich Spannung aufzubauen und immer wieder Wendungen und neue, zwielichtige Personen einzubringen.

Die Spannung, die O’Connor aufbaut, ist allerdings nichts weiter als solides Handwerk; Bewunderungsrufe kann er dem Leser nicht entlocken. Dafür fehlt es zu sehr an unkonventionellen Handlungselementen.

Die Protagonisten sind ebenfalls als solide, aber nicht als herausragend zu bezeichnen. Es ist schön, dass O’Connor darauf verzichtet, Unmassen an privaten Details einfließen zu lassen und sich hauptsächlich auf die Kriminalhandlung konzentriert. Trotzdem wirken die Charaktere tiefgründig und gut ausgearbeitet. Sie transportieren die Handlung anschaulich, mehr allerdings auch nicht. Auch in diesem Fall gilt, dass der Autor auf dem sicheren Weg bleibt und sich dadurch einige Möglichkeiten nimmt.

Der Schreibstil erfüllt alle Anforderungen. Er beschreibt schön und anschaulich und weist ein gehobenes, dennoch verständliches Vokabular auf. Dialoge spielen eine wichtige Rolle im Buch und sorgen dafür, dass es lebendig und authentisch wirkt. Ansonsten geschieht nicht viel. Ein übersichtlicher Einsatz von rhetorischen Mitteln und Humor hieven das Buch in die Mittelklasse, aber kein bisschen darüber hinaus.

Ed O’Connors Thriller „Mit eiskalter Klinge“ ist solide Handarbeit. Spannend, gut erzählt, aber nichts Besonderes. Es gibt wenig, das man bekritteln kann, aber genauso wenig, das man wirklich loben möchte. Letztendlich bleiben knapp 400 Seiten gute Unterhaltung. Nicht mehr und nicht weniger.

http://www.bastei-luebbe.de

Graysmith, Robert – Zodiac. Auf der Spur eines Serienkillers

Ab 1968 wird in und um San Francisco der „Zodiac“ aktiv – ein Serienmörder, den nach eigener Auskunft pure Mordlust dazu bringt, vor allem junge Paare zu überfallen und niederzumetzeln. Er raubt nicht, er vergewaltigt nicht – er schreibt Briefe an die Presse, in denen er sich seiner Taten rühmt, sie detailliert schildert und die Fortsetzung seiner Mordserie ankündigt. Die Öffentlichkeit ist ebenso alarmiert wie fasziniert: Der „Zodiac“ weiß um seine Medienwirksamkeit und inszeniert sich als mysteriöse, böse Macht.

Die Polizei fahndet fieberhaft nach dem „Zodiac“. Dass sie ihn trotz zahlreicher Indizien nicht fassen kann, fördert den Nimbus des Serienkillers, der seine Jäger mit immer neuen Botschaften und auch telefonisch verhöhnt. Die Abstände zwischen seinen Mordattacken werden kürzer, seine Angriffe gewagter. Doch nie verliert der „Zodiac“ die Kontrolle, und die zeitgenössischen Ermittlungsmethoden reichen nicht aus, ihn zu finden. Nachdem er mindestens fünf Menschen getötet hat, kündigt er eine Änderung seiner Mordmethode an und taucht unter, schickt aber weiterhin Briefe mit neuen Mordgeständnissen.

Der Journalist Robert Graysmith gehört zu denen, die von Anfang an die „Zodiac“-Morde verfolgten. Die Zeitung, für die er Ende der 1960er Jahre arbeitete, wurde vom Killer mit Briefen und Karten „beehrt“. Graysmith konnte und wollte die Einstellung der Ermittlungen nicht akzeptieren. Viele Jahre sichtete er die vorhandenen Beweise, entdeckte neue Indizien und Zeugenaussagen, erstellte eine Liste möglicher Täter und fand schließlich „seinen“ Hauptverdächtigen, der alle Voraussetzungen erfüllte, der „Zodiac“ zu sein.

1986 veröffentlichte Graysmith sein Buch „Zodiac“, das erst jetzt in Deutschland erscheint. (Dazu mehr weiter unten.) Auf den Seiten 9-458 schildert der Verfasser in chronologischer Reihenfolge die Morde und die Ermittlungen der Polizei, ihre Erfolglosigkeit und seine eigene Odyssee in die Welt des „Zodiac“, die nach endlosen, immer wieder in Sackgassen endenden Bemühungen in der plausiblen Benennung des wahrscheinlichen Killers gipfelte. Freilich reichten die Beweise nie aus, diesen wirklich zu überführen. In einem Epilog muss Graysmith dies zugeben, bekräftigt aber noch einmal die Richtigkeit seiner Nachforschungen und fasst seine Argumentation zusammen.

In einem ausführlichen Anhang (S. 463-479) listet Graysmith sämtliche Äußerungen und Botschaften auf, die der „Zodiac“ hinterlassen hat. Seine Aufzeichnungen umfassen „Zodiacs“ Handschrift, seine Stimme und Sprechweise, seine Ausdrucksweise, Beschreibungen seiner Person, seines Autos, seiner Waffen, Geräte und Hilfsmittel, seiner (möglichen) Ausbildung und Kenntnisse, seiner Vorgehensweise. Abschließend folgt ein psychologisches Profil.

Das perfekte Verbrechen gibt es offenbar tatsächlich. Wie sonst ließe sich der „Erfolg“ des „Zodiac“ erklären, der scheinbar ungestört von einem bemerkenswerten Polizeiaufgebot seine Schreckenstaten verübte und von der Bildfläche verschwand, als er – und nur er – so entschied?

Der „Zodiac“ blieb freilich auch deshalb unvergessen, weil er seine Mordtaten stolz und dreist der Presse und der Öffentlichkeit präsentierte. Das haben nur wenige Serienmörder gewagt. „Jack the Ripper“ ist einer von ihnen und gehört bis heute zu den Kultfiguren seiner üblen Art. Der „Zodiac“ war noch wesentlich mitteilsamer, während er gleichzeitig die Kunst kultivierte, zwar viel zu sagen, aber keine relevanten Hinweise auf seine Person zu geben – eine beachtliche Leistung, die ihn als entweder sehr cleveren oder wirklich intelligenten Menschen kennzeichnet.

„Zodiac“, das Buch von Robert Graysmith, belegt freilich auch, dass der Mörder von den Beschränkungen der zeitgenössischen Kriminalistik profitierte. Noch definierte der Fingerabdruck die Möglichkeit einer Identifizierung – von den Möglichkeiten, die der DNA-Test beinhaltet, wagte man nicht einmal zu träumen. Auch die Vernetzung der beteiligten Behörden, der gemeinsame Zugriff auf zentrale Datenbanken, die beschleunigte Kommunikation – das gesamte Arsenal, das uns „CSI“-geschulten Laien heute so vertraut ist, war vor vier Jahrzehnten noch unbekannt. Auch die Frage, wie die Story, die Graysmith uns erzählt, im Zeitalter des Handys abgelaufen wäre, bleibt nicht aus: „Zodiac“ ist auch eine Reise zurück in die kriminalistische Vergangenheit.

Darüber hinaus ist es natürlich die Geschichte eines großen Versagens. Der „Zodiac“ wurde nie vom Arm des Gesetzes erreicht. Am mangelnden Einsatz der Beteiligten hat es sicher nicht gelegen; Graysmith vermag zu vermitteln, was er bereits in seinem Vorwort andeutet: „Wenn man die Geschichte rund um den Zodiac mit einem Wort charakterisieren müsste, so wäre dieses Wort ‚Besessenheit‘.“ (S. 12) Die Jagd kostete viele Beteiligte ihre Gesundheit und Karrieren, während der „Zodiac“ seine hämischen Kommentare abgab. Graysmith selbst gehört zu denen, die dem Rätsel verfielen – seine Ehe wurde geschieden, weil der „Zodiac“ zu seiner Obsession geworden war.

In den 1970er Jahren kamen die offiziellen Ermittlungen allmählich zum Erliegen; es fehlten neue Spuren. Graysmith rückt sich in seiner Darstellung nun selbst ins Zentrum, denn er gab nicht nach und siebte in Eigenregie das gut bestückte Feld der Verdächtigen – eine frustrierende Aufgabe, da die meisten Spuren wie gehabt ins Leere führten. Irgendwann trugen Graysmith‘ Mühen allerdings doch ihre Früchte – und dies ist der Zeitpunkt, an dem es für den Leser heißt vorsichtig zu werden. Graysmith ist überzeugt von seiner Lösung, die er uns detailliert vorstellt. Bei nüchterner Betrachtung kann man ihm glauben, muss es jedoch nicht: Die Jagd auf den „Zodiac“ litt immer unter einem Zuviel an viel versprechenden Andeutungen und einem Zuwenig an aussagenkräftigen Indizien.

Wie alle am „Zodiac“-Fall Beteiligten drehte und wendete Graysmith wieder und wieder die bekannten Belege. Diese sind indes oft ohne Verbindung und deshalb vielfältig interpretierbar, so dass sie sich leicht zu einem Bild fügen lassen, das sich der Fahnder wünscht. Mit der Realität muss es nicht identisch sein. Graysmith ist dieses Problem durchaus bekannt, doch er mag sich ihm offenbar nicht wirklich stellen. Verständlich ist das, denn er hat Jahre seines Lebens auf die Jagd nach dem „Zodiac“ verwendet und will eine Lösung, weil er sie nach allem Aufwand und Mühen „verdient“ hat. So funktioniert das wirkliche Leben freilich nicht. Graysmith legt letztlich nur eine weitere Vermutung vor, die er mit Fakten untermauern, aber definitiv nicht beweisen kann.

Der „Zodiac“ ist ein Serienmörder-Mythos wie Jack the Ripper geblieben. Das hat ihn „frisch“ gehalten: Wer hätte z. B. gedacht, dass sich die Plots von Filmklassikern wie „Dirty Harry“ (1971) oder „Exorzist III“ (1983) aus dem „Zodiac“-Fall speisen? Aktuell kommt im Frühling 2007 „Zodiac“, der Spielfilm, in die Kinos. David Fincher hat ihn inszeniert, der mit „Fight Club“, „Sieben“ oder „Panic Room“ Filmgeschichte schrieb. Das Drehbuch stützt sich stark auf Graysmith‘ Buch (ohne jedoch auf den „Hollywood-Touch“, d. h. die Verdrehung von Tatsachen des filmischen Effektes wegen, zu verzichten), das deshalb auch dort, wo es bisher unveröffentlicht blieb, als „Buch zum Film“ aufgelegt wird.

Was theoretisch eine erfreuliche Tatsache ist, erweist sich in der Praxis als Mogelpackung. Die Hauptkritik an der deutschen Ausgabe von „Zodiac“ gilt nicht Graysmith und seinem inzwischen inhaltlich wie formal angejahrten Werk, sondern dem |Heyne|-Verlag, der dieses Buch auf dem Stand von 1986 veröffentlicht. 2007 kommt wie gesagt David Finchers Thriller in die Kinos; ein weiterer Blockbuster ist zu erwarten, von dem sich der Verlag mit dem „Buch zum Film“ eine Scheibe abschneiden möchte. An sich nicht zu tadeln, doch in diesem Fall eine Zumutung, da mehr als zwei Jahrzehnte verstrichen sind, seit Graysmith sein „Zodiac“-Buch schrieb. Dieses markiert indes keineswegs den Endpunkt aller Ermittlungen. Seit 1986 wurde der Fall mehrfach wieder aufgerollt – zuletzt Anfang 2007. Der Fortschritt der kriminalistischen Wissenschaften und Techniken ermöglichte und forderte das.

Was zwischen 1986 und 2007 diesbezüglich geschah, bleibt uns jedoch vorenthalten. Dazu gehört die nicht unerhebliche Tatsache, dass jener Hauptverdächtige, dem Graysmith das Pseudonym „Robert Hall Starr“ gab, längst als Arthur Leigh Allen identifiziert ist. Der mutmaßliche „Zodiac“ starb 1992 und darf deshalb jetzt mit seinem richtigen Namen genannt werden. Auch sonst hat sich das Bild vom „Zodiac“ seit 1986 erheblich geschärft. Das quasi zu ignorieren und ein zwanzig Jahre altes Buch ohne entsprechende Nachträge auf den Markt zu bringen, ist deshalb eine Unverfrorenheit.

Natürlich musste sich Graysmith zu Allens Lebzeiten auch mit dem Bildmaterial zurückhalten. Wir sehen also nie ein Foto vom möglichen „Zodiac“. Die Fotostrecken beschränken sich auf die Wiedergabe der zodiacschen Schmähbotschaften, doch was sollen sie dem Leser in ihrer Häufung sagen? Darüber hinaus ist die Wiedergabequalität der Abbildungen auf dem Stand von 1986. Die Fotos sind schlecht belichtet, unscharf, oft so verkleinert, dass Details verschwinden. In der deutschen Ausgabe werden sie nicht einmal auf Fotopapier gedruckt.

Den deutschen Lesern, die sich über den aktuellen Status der „Zodiac“-Ermittlungen informieren möchten, bleibt deshalb nur das Internet; http://www.zodiackiller.com ist hier als erste Anlaufstelle zu nennen. Stets aktuell und mit reichem Fotomaterial garniert, wird man über den Stand der „Zodiac“-Forschungen in Kenntnis gesetzt. Dazu gibt es zahlreiche Links auf weitere Websites, was darauf hinweist, dass der „Zodiac“ auch im 21. Jahrhundert seinen festen Platz in der US-Alltagsgeschichte einnimmt. (Dies unterstreicht die Tatsache, dass der „Zodiac“-Stoff schon vor Fincher 1971, 1996 und 2005 verfilmt wurde.)

Robert Graysmith wurde als Robert Gray Smith am 17. September 1942 in Pensacola im US-Staat Florida geboren. Zum Zeitpunkt der „Zodiac“-Morde arbeitete er als politischer Karikaturist für den „San Francisco Chronicle“, die größte Zeitung in Nordkalifornien. Der Killer wandte sich mit seinen Botschaften gern an dieses Blatt, so dass Graysmith quasi einen Logenplatz hatte, was die polizeilichen Ermittlungen betraf. Er schaltete sich deshalb selbst journalistisch in die Suche ein und setzte sie fort, nachdem die erfolglos bleibende Fahndung abgebrochen wurde. Seine Ergebnisse schrieb Graysmith in zwei Büchern nieder. Er blieb dem „True Crime“-Genre treu und verfasste mehrere Werke über weitere mysteriöse Mörder.

http://www.heyne.de
http://wwws.warnerbros.de/zodiac/

Heller, Frank (Chefredakteur) – Cthuloide Welten 12

_Inhalt_

Die „Cthuloiden Welten“ gehen also nun in die zwölfte Runde, und das mit folgendem Inhalt:

– |Kurzer Überblick über das deutsche Waffenrecht (Hintergrund für „Cthulhu Now“)|

– |Disharmonie oder das Geheimnis der Spieluhren (Abenteuer)|
Das Abenteuer „Disharmonie oder das Geheimnis der Spieluhren“ spielt in den 1920ern in Nürnberg. Die Investigatoren müssen sechs cthuloide Spieluhren jagen. Dabei bekommen sie es aber mit einer Horde von Straßenmusikanten zu tun.

– |Köln: Klüngel, Kölsch und Karneval (Cthulhu Regionalia)|
Köln in der 1920ern. Der Artikel enthält folgende Punkte: Geschichte, Kultur, Verkehrswesen, Sehenswürdigkeiten, eine Stadtkarte, einen Exkurs über die kölsche Sprache, der Kölner Dom, Universität, Museen und Sagen und Legenden der rheinischen Domstadt.

– |Das Voynich-Manuskript (Mythosbibliothek)|
Hier befasst sich Stephan Behrens mit dem wohl mysteriösesten bekannten Schriftstück. Neben dem vermutlichen Inhalt wird auf die verschiedenen Besitzer, die Versuche der Entschlüsselung des Manuskriptes sowie dessen spielrelevante Bedeutung eingegangen.

– |Der Dicke von der Mordinspektion (Personen in den 20ern)|
Hier wird der Berliner Kriminalrat Ernst Gennat genauer vorgestellt, auf den die Investigatoren in der Hauptstadt treffen können.

– |Black Magic Music (Hintergrund für Cthulhu Now)|
Als Hintergrund für „Cthulhu Now“ wird ein cthuloides Black und Death Metal Label vorgestellt.

– |Cthulhus Lieblingsdesigner (Interview mit Manfred Escher)|

– |Abenteuerwerkstatt|

_Mein Eindruck_

Die „Cthuloide Welten 12“ bietet diesmal richtig starkes Material für alle Freunde des „Cthulhu-Rollenspiels“. Herausragend sind das Abenteuer „Disharmonie oder das Geheimnis der Spieluhren“, der regionale Hintergrund zu Köln sowie der Artikel über das Voynich-Manuskript. Das Abenteuer spielt in Nürnberg und ist gut dazu geeignet, einer Gruppe eine richtig schöne Paranoia zu verpassen. Der Plot ist sehr stimmig gestaltet und schön schaurig geworden. Der Umfang geht mit 15 Seiten in Ordnung, und die Handouts sind wieder sehr gut gelungen.

Ebenfalls sehr gut gelungen ist die Städtebeschreibung Kölns: tolle Karte und schöne Hintergründe über Politik und das kölsche Leben in den 1920ern. Besonders positiv aufgefallen ist mir hier auch der kleine Exkurs in die kölsche Sprache, welcher, man möge mir das verzeihen, mich endgültig davon überzeugt hat, dass Kölsch sicherlich eine eigene Sprache ist und kein deutscher Dialekt. Hier sind die Bilder und Pläne wirklich sehr anschaulich und interessant ausgewählt worden.

Neben diesen zwei schon sehr starken Artikeln ragt der Bericht über das so genannte Voynich-Manuskript noch einmal deutlich heraus. Dieses Manuskript, das nach seinem Entdecker benannt wurde, ist bis heute weder entschlüsselt noch halbwegs von der Forschung verstanden. Das Beste daran: Das Manuskript gibt es wirklich! Es lagert in der Bibliothek der Universität Yale. Das Ganze ist nicht nur sehr mysteriös, sondern auch irgendwie gruselig, also der perfekte Stoff für die Mythosbibliothek. Das Thema wird perfekt in den Cthulhu-Mythos assimiliert und den Spieleitern zur Verfügung gestellt. Hier sind besonders die Originalbilder aus eben jenem in Yale lagernden Original sehr gelungen – Respekt dafür, wie viel Arbeit sich die Redaktion mit diesem Thema gemacht hat. ´Wer sich noch näher mit dem Voynich-Manuskript befassen möchte. kann ja mal auf http://de.wikipedia.org/wiki/Voynich-Manuskript nachschauen.

Der Rest ist in gewohnt guter Qualität gehalten, auch wenn mir diesmal zwei Sachen negativ aufgefallen sind. Als Erstes der Überblick über das deutsche Waffenrecht: Er erfüllt zwar vollkommen seinen Zweck, wirkt aber so lieblos neben das Impressum geklatscht, dass es geradezu nach Füllstoff schreit. Der zweite Punkt, der mir negativ aufgefallen ist, ist das Layout, denn es sind immer wieder so verwirrend Kästchen in Abschnitte eingefügt worden, dass es den Lesespaß schon etwas mindert. Mir ist es zwei-, dreimal passiert, dass ich dachte, der Absatz wäre fertig, so dass ich dann das Kästchen gelesen habe, nur um festzustellen, dass dieser auf der nächsten Seite weiter geht. Alles in allem wertet das diese Ausgabe aber auf keinen Fall ab, denn insgesamt ist der Inhalt wirklich überdurchschnittlich gut.

_Fazit:_ Drei wirklich überragende Artikel kombiniert mit der bekannten Qualität machen die „Cthuloide Welten 12“ zu einer der besten Ausgaben der Reihe. Pflichtkauf für Spielleiter des „Cthulhu-Rollenspieles“.

http://www.cthuloide-welten.de/

Robinson, James / Kramer, D. / Kirk, L. – Batman 2

[Band 1 3281

_Story_

Nach dem Tod einiger bekannter Superschurken wie KGBeast, Magpie und dem Bauchredner stecken Batman und Robin mitten in den Ermittlungen. Bei der Videoanalyse des jüngsten Todesfalls stoßen sie auf die Spur von Orca, in deren Territorium auch die Mordwaffe entdeckt wird. Der dunkle Rächer begibt sich in die Kanalisation, um die Walfrau zur Rede zu stellen, entdeckt jedoch nur noch ihre Leiche. Nach umfangreicher Spurensuche führt Batmans Spur einmal mehr zu Harvey Dent, der in der Zwischenzeit gänzlich von seinem schizophrenen Alter Ego Two-Face befreit scheint.

In der Abwesenheit der Fledermaus hatte Dent dessen Job übernommen und seine ehemaligen Kumpanen reihenweise zur Strecke gebracht. Doch Batmans Rückkehr scheint ihm gar nicht zu behagen, denn sein Status wird mit einem Mal wieder völlig aufgelöst. Dent befindet sich in einem gefährlichen Zwiespalt. Die Abstinenz seines zweiten Ichs macht ihm ebenso zu schaffen wie der Verlust der Rolle als erster Verbrechensbekämpfer Gothams, und just zu dem Zeitpunkt, wo der innerliche Konflikt auszuarten droht, taucht auch Two-Face wieder auf.

_Meine Meinung_

Batmans Rückkehr schlägt im zweiten Band noch größere Wellen als bei seiner direkten Wiederkehr im Auftakt der neuen Comicserie. Besonders Harvey Dent, einst als Two-Face bekannt geworden, leidet darunter sehr, obwohl sein wahres Ich eigentlich froh darüber ist, dass sein einst neu gewonnener Kumpan wieder an seiner Seite steht. Doch sein zwielichtiges Pendant ist damit gar nicht einverstanden. Die Dämonen, die Dent längst besiegt wähnte, tauchen plötzlich wieder auf und machen dem ehemaligen Schurken gehörig zu schaffen. Außerdem belastet der dunkle Rächer ihn auch noch mit schweren Vorwürfen, weil die Spuren der jüngsten Morden alle zu ihm führen. Während Batman und Robin weiter ermitteln, stellt sich Harvey seinem Spiegelbild und trifft eine folgenschwere Entscheidung. Wieder scheint seine Vergangenheit ihn zu übermannen …

Mir will nicht in den Kopf gehen, warum die neue „Batman“-Serie hierzulande solch starker Kritik ausgesetzt ist, denn schließlich zeigt Autor James Robinson zumindest den Mut, die etwas angestaubten Strukturen ein wenig zu lösen und mit dem Superhelden aus dem großen |DC|-Universum neue Wege zu beschreiten. Gerade im Verlaufe der „Infinite Crisis“ war Batman zu einer unberechenbaren Größe herangewachsen. Er stand im ständigen Widerstreit mit sich selbst und geriet daraufhin gleich in mehrere Gewissenskonflikte, die er in der einjährigen Auszeit aufarbeiten musste. Doch genau jene Frischzellenkur, die er sich dabei gönnte, scheint dem ’neuen‘ Batman arg gut bekommen zu haben, denn so munter und zielstrebig wie in Robinsons aktueller Adaption hat man die Fledermaus schon seit längerem nicht mehr erlebt. Zumindest was die Imagepflege betrifft, hat man hier wieder einige Vorzüge der älteren „Batman“-Comics heraufbeschworen und diese in der hier vorliegenden, modernen Interpretation auch sehr schön verarbeitet. Es mag ja sicher Ansichtssache sein, aber meines Erachtens ist im Bezug auf die neue Story jegliche Kritik völlig unangebracht. So viel dazu!

Die Fortsetzung der Mini-Serie „Im Zwiespalt“ ist indes ähnlich actionreich wie der Auftakt. Noch immer beschäftigt eine Mordserie die Vertreter des Gesetzes, wobei vor allem die ungewöhnliche Tatsache, dass gefürchtete Schwerverbrecher die Opfer der Gewaltanschläge sind, Batman und Co. auf Trab hält. Magpie, KGBeast und nicht zuletzt der Bauchredner besitzen im Untergrund von Gotham City einen wohlklingenden Namen und werden seit einiger Zeit auch mit Oswald Cobblepot, besser bekannt als der Pinguin, in Verbindung gebracht, was jedoch auch ein Motiv für die Morde sein könnte. Nachdem die ebenfalls ermordete Orca aus dem Rennen ausscheidet, führt die Spur zum unberechenbaren Harvey Dent, womit sich der Kreis anscheinend schließt. Doch Dents Rolle bleibt bis auf weiteres unschlüssig und die Ursache für die Verbrechen weiterhin ein großes Geheimnis.

Spannend bleibt das neue „Batman“-Abenteuer auf jeden Fall, nicht zuletzt, weil nach wie vor nicht klar ist, wer genau sich hinter den aktuellen Geschehnissen verbirgt. Ist tatsächlich der ehemalige Rechtsanwalt Harvey Dent für die Morde verantwortlich? Oder eher der lange Zeit untergetauchte Pinguin? Oder doch ein bisher unbekannter Verbrecher? Robinson spielt mit den verschiedenen Mysterien, die im Übrigen auch auf die Persönlichkeitsentwicklung einzelner Beteiligten umschlägt. Harvey Bullock zum Beispiel, einst Batmans schärfster Kritiker, scheint plötzlich von ihm angetan. Two-Faces Zwiespalt ist bekannt. Und auch Batman ist noch nicht ganz mit sich und seiner immens hohen Verantwortung im Reinen und hat mit der Vergangenheit zu kämpfen.

So entstehen im zweiten Teil der Serie recht viele Nebenschauplätze, verstärkt durch eine kurz eingeworfene Zwischenstory um die Ermittlungen bei der Suche nach der verschollenen Orca. Batman, Dent, Bullock, Robin – alle werden sie gründlicher beleuchtet, und alle tragen sie mitsamt ihrem untransparenten Erscheinungsbild dazu bei, dass die Spannung hier weiter angetrieben wird. Insofern gilt auch für Part zwo berechtigter Beifall mit kleiner Einschränkung bezüglich der eigenwilligen, nicht ganz so detailreichen Zeichnungen. Wer den Titelhelden also liebt, sollte sich von keiner Kritik einschüchtern lassen und die neue Serie ruhigen Gewissens antesten. Spannend und generell lesenswert ist sie allemal.

http://www.paninicomics.de

|Siehe ergänzend dazu auch:|
[Batman – Year One / Das erste Jahr 2884 (Rezi 1)
[Batman – Year One / Das erste Jahr 1530 (Rezi 2)
[Batman Begins 1562

Willingham, Bill / Buckingham, Mark – Fables 2 – Farm der Tiere

Band 1: [„Legenden im Exil“ 3175

Comics sind angeblich Geschmackssache. Kein Werk darf als „gut“ oder „schlecht“ bezeichnet werden, höchstens als „anders“. So grenzt man sich ab, bewertet aber nicht. Vielleicht handelt es sich ja bei dem betrachteten Objekt um das Lieblingsstück meines Gegenübers … Was da so resistent durch die Chatrooms und Foren geistert, behauptet gerne, eine Meinung oder ein Standpunkt zu sein. Tatsächlich ist es aber nicht mehr und nicht weniger als ein respektvoller und höflicher Umgangston, der sich verkleidet hat und das Urteilen scheut. Sicher, das ist politisch korrekt und enorm wichtig für die Kommunikation. Schließlich sind viele empfindliche Gemüter unterwegs. Aber es ist nur ein Teil der Wahrheit.

Wenn man einen Augenblick lang nachdenkt, fällt einem sicherlich das eine oder andere Kriterium ein, mit dem man einen Comic bewerten könnte. Zeichnungen, Plot, Cover, Kolorierung – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wenn bald wieder in San Diego die alljährlichen |Eisner Awards| verliehen werden, hat sich die Jury im Vorfeld lange über solche Dinge Gedanken gemacht. Und es hat dann nichts mit einem Mangel an Höflichkeit oder Respekt zu tun, wenn die Frage des persönlichen Geschmacks außen vor bleiben muss.

In diesem Jahr unterhält man sich in San Diego auch wieder über „Fables“. Die Fantasy-Serie des Autors Bill Willingham gehört zu den Senkrechtstartern der letzten Jahre und hat schon in früheren Preisverleihungen den einen oder anderen |Eisner| mit nach Hause nehmen dürfen. In Deutschland erscheint die Serie bei |Panini|. Der zweite Band wurde im März veröffentlicht und trägt den Titel „Farm der Tiere“. Es handelte sich dabei um die US-Hefte 6-10, die erstmals bei |DC/Vertigo| erschienen sind (12/2002 – 04/2003).

Hierzulande wird auf dem Cover damit geworben, dass „Fables“ bereits mit fünf |Eisner Awards| ausgezeichnet wurde. Die Trophäen gab es unter anderem in der Kategorie Best New Series, allerdings hat die sechsteilige Storyline „Animal Farm“ keine davon abbekommen. Das sollte aber nicht davon abhalten, hineinzublättern und sich über die Qualität der Geschichte zu unterhalten.

„Farm der Tiere“ setzt sich im Wesentlichen aus zwei Handlungssträngen zusammen. Eine Linie handelt von der schwierigen Beziehung zwischen den Schwestern Snow White und Rose Red. Beide sind sich im Laufe der Jahrhunderte fremd geworden und können einander nicht besonders gut leiden. Die Unterschiedlichkeit ihrer Wesensarten macht es ihnen dabei nicht gerade leichter. Snow White ist eine kühle, selbstbehrrschte Führungspersönlichkeit, Rose Red hingegen ist ein Punk, sexy und mit frechem Mundwerk.

Eine andere Linie handelt von umstürzlerischen Schweinen und Bären. Die Bewohner der Farm fühlen sich von den Städtern eingesperrt. Sie dürfen nicht in die Welt der Menschen, damit die geheime Märchengemeinde nicht auffliegt und in Gefahr gebracht wird. Beide Erzählstränge sind miteinander verwoben, wechseln einander gleichmäßig ab und beeinflussen sich gegenseitig. Persönliches verschmilzt hier mit Politischem zu einem interessanten Amalgam. Anspielungen auf literarische Vorlagen wie „Animal Farm“ von George Orwell oder „Lord of the Flies“ von William Golding sind absolut beabsichtigt. Dankenswerterweise behält der Leser dabei allzeit den Überblick. Man könnte also sagen, Willingham versteht sein Handwerk als Autor.

Auch Zeichner Mark Buckingham versteht sein Handwerk. Die vielen unterschiedlichen Menschen und Tiere wirken plastisch und haben Substanz. Diffuse Schatten und andere offene Formen gehören nicht zu seinem Repertoire. Buckinghams Strich ist ruhig und klar. Die sehr aufgeräumten, sauberen Panels erinnern ein wenig an „Tim und Struppi“ und andere Werke der französischen |Ligne claire|. Die Figuren allerdings sind amerikanisch und könnten auch jedes beliebige Superhelden-Szenario bevölkern. Ausbaufähig ist sicherlich die Kolorierung. Der Umgang mit Licht und Schatten ist toll, was aber zu kurz kommt, ist die Stofflichkeit der Objekte. Alles ist irgendwie glatt. Ein Türrahmen sieht aus wie eine Motorhaube sieht aus wie das Fell eines Bären…

Als letztes Bewertungskriterium stand das Cover auf unserer Liste. Der von James Jean gestaltete Umschlag ist voll, aber nicht überfüllt. Die Formen fließen ineinader, ohne jedoch an Schärfe zu verlieren oder das gesamte Gleichgewicht zu stören. Ein Mittelpunkt oder eindeutiger Blickfang ist nur schwer zu bestimmen. Der Blick wandert hin und her, geht tief hinein in die Ebenen des Covers und wieder zurück.

Ob nun der zweite Band von „Fables“ an dieser Stelle gut beobachtet wurde, sei dahingestellt. Ebenso ließe sich darüber streiten, ob dieser Text hier klar und deutlich genug formuliert wurde. Lässt man sich jedoch einmal darauf ein und folgt dem eingeschlagenen Pfad, wird erkennbar, dass es sich bei „Farm der Tiere“ um einen extrem gut gemachten Comic handelt – persönlicher Geschmack hin oder her. Der bleibt an dieser Stelle nämlich draußen.

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Cullmann, Volker – Don Peperoni

_Delikat-scharfer Wahlkampf_

Im kleinen mexikanischen Örtchen Peperoni wird ein neuer Bürgermeister gesucht. Die anrüchigsten Personen bewerben sich für die machtreiche Position, doch nur einer kann am Ende das Rennen machen. Alle sind sie dabei, die abgebrühte Zockerin, der gescheiterte Kriegsveteran und der Hobbyalkoholiker, und jeder von ihnen hat einige korrupte Wahlhelfer in seinen bzw. ihren Reihen, um das bestechliche Volk der Provinz zu überzeugen. Mit Geldgeschenken und zweifelhaften Agenten wird gerangelt und gekämpft, bis schließlich die Wahl getroffen wurde. Der Wahlkampf zur Ermittlung des neuen Don Peperoni kann beginnen …

_Worum es geht_

In „Don Peperoni“ wird geblufft und bestochen, denn jedes Mittel ist im Wahlkampf recht. Jeder Spieler schlüpft in die Rolle eines Kandidaten und entsendet seine zwei Wahlhelfer in die einzelnen Häuser des Dorfes, um sich dort die Stimmen der Bewohner zu sichern. Ein probates Mittel sind hierbei die Geldgeschenke, über die sich jeder Einwohner des kleinen Örtchens freut. Wer am meisten zahlt, der hat im korrupten Peperoni die besten Chancen. Und wenn das Geld einmal alle ist bzw. die Konkurrenz höhere Beträge gezahlt hat, stehen einem immer noch Leute wie der Revolverheld, der Anwalt oder die Putzfrau zur Verfügung, um selbst schon verloren geglaubte Wählerstimmen zu ergattern.

Genau acht Tage sind es noch, bis die Wahl stattfindet, und an jedem einzelnen Tag bewegen sich die Wahlhelfer in die verschiedenen Häuser. Manche Stimmen werden bereits vorab gezählt, andere wiederum erst am Tag der Wahl ermittelt. Und an genau diesem wird sich auch zeigen, wer seine Agenten am cleversten platziert hat und sich die entscheidenden Stimmen einheimsen darf. Wer schließlich die meisten hat – Demokratie ist trotz Korruption nämlich das A und O in Peperoni –, der darf sich fortan Bürgermeister, also Don Peperoni schimpfen.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 5 Sichtschirme
• 5x 20 Geldscheine
• 5 Agententeams (bestehend aus Anwalt, Bodyguard, Spitzel, Putzfrau und Revolverheld)
• 2 Polizeimarken
• 5x 15 Wahlplakate
• 6 Sperrschilder für die 3-Spieler-Variante
• 5x 2 Wahlhelfer
• 5 Stimmenzähler
• 1 Rundenzähler
• 1 Spielregel

Rein qualitativ ist das Material von „Don Peperoni“ eher besserer Durchschnitt, was jedoch vorwiegend daran liegt, dass die visuelle Gestaltung der Materialien mal wieder fantastisch ist und den üblich hohen Humorlevel des Pegasus Verlags bestätigt. Allerdings ist das Gros der Spielmittel, darunter auch der recht anfällige Spielplan aus dünner Pappe, langfristig gesehen eher unstabil. Auch die Polizeimarken werden leicht beschädigt, ebenso wie die Wahlplakate. Das ist insofern schade, als „Don Peperoni“ optisch betrachtet mal wieder ein echter Augenschmaus ist und man alleine schon beim ersten Blick auf das Spielfeld und die eigenwilligen Charaktere zum Schmunzeln aufgefordert wird. Die diesbezügliche Detailverliebtheit hätte man sich im Übertrag auch für die Stabilität des Spielmaterials gewünscht, denn ein solches Spiel, welches aufgrund des enorm hohen Spaßfaktors (so viel vorab) sicherlich recht häufig wieder auf den Tisch kommen wird, bedarf definitiv qualitativ hochwertiger Ware. Schade, dass man dem hier nicht ganz gerecht wird. Aber die Optik …

_Vorbereitung_

Nachdem man vor der ersten Partie das reichhaltige Material ausgestanzt hat, wird erst einmal einiges verteilt. Wahlplakate, Agenten und Geldscheine in der Farbe des gewählten Charakters werden ausgehändigt, dazu ein Sichtschirm, damit auch niemand einsehen kann, welche Mittel man einzusetzen gedenkt bzw. schon eingesetzt hat. Außerdem erhält natürlich jeder einen Satz Wahlhelfer, der später dann in eines der Häuser positioniert wird. Letzteres geschieht nach eigener Auswahl, wobei es zu beachten gilt, dass abhängig von der Spielerzahl nur begrenzter Raum auf dem Spielfeld zur Verfügung steht. Allerdings sind die Häuser, in denen die einzelnen Charaktere starten, aus Gründen der Gleichberechtigung schon vorgezeichnet; es muss lediglich jeder noch auswählen, welches der zur Verfügung stehenden er zum Start nimmt. Ist dies entschieden, werden dort ein Wahlplakat des eigenen Kandidaten abgelegt und eben die Wahlhelfer eingesetzt. Da es sich hierbei um Häuser mit insgesamt acht Stimmen handelt, setzt jeder seinen Stimmenzähler auf die Position 8 auf der Zählleiste.

Jetzt werden noch die beiden Polizeimarken auf ihre Position in der Rundenzählerleiste abgelegt und der Rundenzähler selber auf die erste Position gesetzt. Hat jeder sein Material hinter dem Sichtschirm aufgebaut, beginnt das Spiel mit demjenigen, der als nächster Geburtstag hat.

_Rundenablauf_

„Don Peperoni“ wird in genau acht Runden gespielt, wobei in jeder Runde genau ein Tag des finalen Wahlkampfs dargestellt wird. Der Startspieler beginnt nun, indem er seine beiden Wahlhelfer bewegt. Hierfür stehen ihm acht Bewegungspunkte zur Verfügung, die er frei auf beide Figuren verteilen kann, jedoch nicht vollständig ziehen muss. Ein Bewegungspunkt entspricht dabei einem Schritt auf dem Spielfeld. Wer sich dafür entscheidet, ein Haus zu besuchen, benötigt für das Ein- und Auskehren ebenfalls einen Bewegungspunkt.

Während der Bewegungsphase ersucht man nun die Stimmen der Bevölkerung, das heißt man besucht die anliegenden Häuser, verteilt dort Geldgeschenke und spekuliert gleichzeitig darauf, ob die anderen Spieler/Kandidaten Geschenke von höherem oder niedrigerem Wert ablegen werden. Jedes Haus hat einen festgeschriebenen Stimmenwert, den man sich erkaufen muss. Dies geschieht schließlich, indem man ein Geldgeschenk verdeckt bei seinem Besuch dort ablegt. Allerdings ist pro Haus vorerst nur ein Geldgeschenk erlaubt. Die Werte der Häuser schwanken zwischen zwei und zehn Punkten/Stimmen. Abgesehen von den Zehner-Wohnungen erfolgt in jedem Haus eine Wertung, sobald zwei Geldgeschenke abgelegt wurden. Für den größtmöglichen Wert sind indes drei Geschenke notwendig, um zu werten. Gewertet wird durch Umdrehen der verdeckten Geldscheine. Derjenige mit dem höchsten Wert erhält das Haus, platziert dort ein Wahlplakat und zieht den Stimmenwert auf der Zählleiste voran. Bei einem Patt bleibt das Haus erst einmal neutral; diejenigen, die jedoch das Unentschieden herbeigeführt haben, können im weiteren Verlauf jedoch nachlegen und im zweiten Wahlgang die Stimmen bekommen. Auf diese Art erkämpft man sich letzten Endes die ersuchten Stimmen.

Ärgerlich ist es jedoch, wenn man ein anvisiertes Haus nicht gewonnen hat. Für diesen Fall hat man die Agenten, die man parallel oder auch unabhängig von den Geldgeschenken in die Häuser einschleusen kann. Da wäre zum Beispiel der Anwalt, der sich alle Stimmen erschleicht, sofern nicht ein feindlicher Agent im selben Haus ist. Die Putzfrau hingegen erfüllt lediglich die Funktion, den Anwalt zu neutralisieren. Dann gibt es noch den Revolverhelden, der im Prinzip ähnliche Vorzüge wie der Anwalt hat, jedoch nicht gleich neutralisiert wird, wenn ein weiterer Agent das Haus betritt. Nur ein zweiter Revolverheld oder der Bodyguard schalten ihn aus. Der Bodyguard beschützt jedes Haus. Ganz gleich, wer auch eindringen mag, er verwehrt den Zutritt und somit den Effekt. Als Letztes wäre da noch der Spitzel. Er hat eine spezielle Aufgabe und kann am Ort des Geschehens die Geldscheine der Gegenspieler aufdecken. Allerdings bleibt er nicht bis zum Ende des Spiels dort liegen, sondern verabschiedet sich nach einmaliger Aktion aus dem Spiel.

Reihum tüftelt und taktiert jeder Spieler, blufft, zockt und spekuliert, bis schließlich acht Runden, also acht Tage vergangen sind. Zwischendurch kommt dabei noch die Polizei zum Einsatz, die jedoch auch bestochen werden kann. Nach genau vier Tagen durchsucht sie die Spieler, verfällt aber demjenigen, der den höchsten Preis zahlt. Auf beide Polizeimarken kann geboten werden. Wer insgesamt den höchsten Preis für eine der Marken bezahlt, bestimmt, wer in der fünften Runde den Startspieler abgibt. Die Gewinner beider Gebote können ihre Marken indes einsetzen, um einen Wahlhelfer in einer der kommenden Runden stillzulegen. Auch hier muss man abwägen, ob ein finanzielles Risiko den Effekt der Polizeimarken wert ist. Allerdings ist in „Don Peperoni“ grundsätzlich jeder korrupte Zug hilfreich …

_Spielende_

Sind acht Tage vergangen, kommt es zur Schlusswertung. Nun werden erst einmal alle Häuser gewertet, in denen noch keine Direktwertung stattgefunden hat. Entsprechend werden die Geldscheine umgedreht und der Wahlsieger in diesem Bezirk ermittelt. Wie gehabt, erhält er auf der Zählleiste die gewonnenen Stimmen. Dann werden die Agenten aufgedeckt und ihre Funktion ausgespielt. Sollte es tatsächlich noch gelingen, bereits vergebene Stimmen zurückzuholen bzw. Häuser von Gegenkandidaten zu besetzen, gewinnt man Stimmen eines Gegners, der wiederum die Stimmen auf der Leiste abgeben muss. Des einen Freud ist auch hier es anderen Leid. Wurden alle verbleibenden Häuser gewertet, steht das Endresultat fest. Derjenige mit den meisten Stimme ist Don Peperoni und hat das Spiel gewonnen.

_Meine Meinung_

Mensch, das nenne ich doch mal wieder einen Volltreffer. Appellierten |Kosmos| zuletzt noch mit [„Hart an der Grenze“ 3152 in einem ähnlichen Setting an die korrupte Ader eines jeden Spielers, setzen |Pegasus| dem Ganzen mit ihrem 2006er-Neuling „Don Peperoni“ die Krone auf und haben mit diesem Titel eines der sicherlich besten Bluff-Spiele auf dem aktuellen Spielemarkt veröffentlicht. Das Spiel hat eigentlich alles, was man von einem Brettspiel dieser Sparte erwartet: Witz, Humor, Tempo und Spannung – und Letztere definitiv bis zur letzten Sekunde. Weil hier nämlich keiner genau abschätzen kann, welche Pläne die übrigen Spieler verfolgen, und die Verteilung der Stimmen tatsächlich bis zum letzten Spielzug, genauer gesagt sogar bis zur Schlusswertung offen bleibt, wird hier niemand vorzeitig die Segel streichen, im Glauben, das Spiel längst verloren zu haben. Mir persönlich ist dies zum Beispiel im ersten Testdurchlauf passiert. Als sicherer Sieger wähnte ich mich mit zwei gewonnenen 10er-Parteien, und am Ende reichte es mit Ach und Krach zu einem dritten Platz. Klar spielt Glück hierbei eine nicht zu unterschätzende Rolle, aber worauf es in erster Linie ankommt, ist das Geschick, seinen Gegner in die Irre zu führen, nicht sofort auf die wertvollsten Stimmen zu spekulieren und intuitiv zu erdenken, worauf die anderen Kandidaten aus sind. Ein schönes Element sind außerdem die Agenten, die erst für diesen Spannungsaufbau sorgen. Nichts ist bereits gewonnen, aber bis zum Schluss auch genauso wenig schon verloren. Der richtige Schurke am rechten Ort, und schon ist man wieder auf dem besten Weg zur Siegerstraße.

Gelacht wird jedoch allemal, sei es nun über die witzigen Hintergrundgeschichten zu den beteiligten Charakteren oder aber bei der Auflösung am Spielende, und darauf kommt es speziell bei solchen Spielen ja auch eigentlich nur an. Der Verlag hat mal wieder ein feines Näschen für ein wahrhaft begeisterndes, jederzeit spaßiges Spielkonzept bewiesen. Da kann man auch dennoch locker über das etwas instabile Material hinwegsehen, das den enormen Spielspaß insgesamt auch nicht mehr beeinträchtigt. Mich hat „Don Peperoni“ auf allen Ebenen überzeugt, weshalb an dieser Stelle nichts anderes stehen darf als eine klare Empfehlung für ein weiteres, witziges Highlight aus dem |Pegasus|-Katalog.

http://www.pegasus.de

Nuyen, Jenny-Mai – Drachentor, Das

Es herrscht Krieg. In einer großen Schlacht besiegt Haradons Heer das der Myrdhanen.

Alasar sitzt wie jeden Sonnenaufgang in den letzten Tagen auf einem hohen Felsen und hält Ausschau nach den Rückkehrern aus der Schlacht, nach seinen Eltern und Brüdern. Doch was er an diesem Morgen heranziehen sieht, ist das Heer der Haradonen! Eilig holt Alasar seine Schwester Magaura und alle Einwohner seines Dorfes, die bereit sind, ihm zu folgen, und führt sie hinauf in die Höhlen der Berge, während die Feinde hinter ihm alles in Schutt und Asche legen. Doch was er mit den Flüchtlingen, die wie er fast ausschließlich Kinder sind, aus dem Nichts aufbaut, ist kein Neuanfang …

Ardhes ist die Prinzessin von Awrahell, die personifizierte Hoffnung der Elfen auf eine Zukunft in dem Land, das einst ihnen gehörte, und aus dem die Menschen sie immer weiter verdrängen. Doch Königin Jale, gebürtige Haradonin, verabscheut die Elfen und hat den Elfenkönig Octaris nur um der Macht willen geheiratet. Sie drängt ihre Tochter dazu, einen Menschen zu heiraten und zu Ende zu führen, was sie selbst begonnen hat: die endgültige Vertreibung der Elfen. Da beobachtet Ardhes zufällig ihre Mutter mit einem Geliebten!

Revyn hat für Krieger und Soldaten nichts als Verachtung übrig. Doch um seiner dunklen Vergangenheit zu entfliehen, schließt er sich ihnen an und lässt sich in Logond, der Hauptstadt Haradons, zum Drachenreiter ausbilden. Der Umgang mit den schönen, mächtigen und unsagbar traurigen Wesen ist der einzige Lichtblick in seinem düsteren Leben. In kürzester Zeit hat er sich einen Namen als begnadeter Drachenzähmer gemacht. Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass immer wieder Drachen einfach spurlos verschwinden. Eines Nachts gelingt es einem Mädchen, nahezu sämtliche Drachen zu befreien und aus der Stadt zu führen. Revyn beteiligt sich an der Verfolgung, doch nicht, um das Mädchen einzufangen, sondern um das Rätsel der verschwundenen Drachen zu lösen…

In einem Sog, dem sich keiner der drei entziehen kann, treiben sie aufeinander zu, und ihr Zusammentreffen wird die Welt unwiederbringlich verändern. Denn sie sind Ahirah, Kinder von Ahiris, dem Gott des Schicksals …

Wie schon „Nijura“, so zeigt auch „Das Drachentor“, dass Jenny-Mai Nuyen eine große Begabung für Charakterzeichnungen hat.

Alasar ist der geborene Anführer. Er weiß, wie man andere überzeugt, wie man die Begeisterung in ihnen weckt, die nötig ist, um auch Aufgaben von herkulischem Ausmaß erfolgreich durchzuziehen. Unter seiner Führung hätten die Höhlenkinder zu einer blühenden Gesellschaft werden können. Doch der Krieg hat ihn vergiftet. Verlustängste und der Wunsch nach Rache bestimmen all sein Tun, und sie werden umso stärker, je älter er wird. Er ignoriert die Tatsache, dass die Höhlenkinder erwachsen werden, auch Magaura. Selbst den vernünftigsten Argumenten seines besten Freundes Rahjel ist er schließlich nicht mehr zugänglich, Kritik wird als Verrat gewertet. Alasar ist auf dem besten Weg, ein grausames, kaltherziges Ungeheuer zu werden.

Ardhes ergeht es ähnlich. Jale ist verlogen, intrigant und machthungrig, Octaris dagegen besitzt zwar mächtige Gaben, lässt aber alles um sich herum einfach widerstandslos geschehen. Ardhes verachtet sie beide. Sie fühlt sich ungeliebt und benutzt und reagiert darauf zunächst mit Verweigerung, dann mit Trotz. Dabei verschwendet sie keinen einzigen Gedanken an die Folgen ihres Tuns für andere. Von allen drei Ahirahs zeigt Ardhes am stärksten das Verhalten einer noch unreifen Heranwachsenden, was wiederum nicht verwundert, da sie als Einzige zumindest relativ behütet und sicher aufgewachsen ist.

Revyn dagegen ist ein Kind ohne Wurzeln, nirgendwo fühlt er sich zuhause. Er verabscheut sowohl den Alkohol als auch das Töten, doch sich selbst verabscheut er auch. Erinnerungen und Gewissensbisse verfolgen ihn überall hin. Alles, was er sich wünscht, sind Friede für seine Seele und ein Ort, an den er gehört. Aber all seine Bemühungen, das Richtige zu tun, all seine Versuche der Sühne und Wiedergutmachung scheinen zu seiner wachsenden Verzweiflung nur immer weiter in die Katastrophe zu führen!

Eine gute Portion Einfühlungsvermögen hat diese drei so glaubhaft und lebendig werden lassen, dass man sie förmlich vor sich zu sehen meint. Aber auch die Nebencharaktere wie Königin Jale, König Octaris oder Revyns Kriegskameraden Twit und Capras sind ungemein plastisch und in sich stimmig ausgeführt. Selbst dem König der Myrdhanen, der nur in ein paar kurzen Szenen auftaucht, hat die junge Autorin dieselbe Aufmerksamkeit und Sorgfalt angedeihen lassen wie ihren Hauptfiguren, ohne sich dabei in Details zu verlieren.

Die Geschichte selbst braucht ein wenig Anlaufzeit. Es ist nicht von Anfang an ersichtlich, was die Drachen mit dem Krieg zwischen Haradon und Myrdhan zu tun haben. Erst als zum ersten Mal ein Drache verschwindet, wird dem aufmerksamen Leser die Verbindung deutlich.
Das Hauptaugenmerk des Geschehens liegt zunächst auf einer Prophezeiung, von der Octaris Ardhes erzählt. Wobei Prophezeiung wahrscheinlich nicht unbedingt das richtige Wort ist. Vielmehr handelt es sich um Visionen. Octaris ist ein Seher. Und wenn er nachts zu den Sternen hinaufstarrt, sieht er die Zukunft der Welt, in der die Ahirah eine entscheidende Rolle spielen. Ardhes lauscht diesen Visionen ihres Vaters. Doch wie es bei Visionen oder Prophezeiungen üblich ist, sind sie nicht in klare, eindeutige Worte gefasst. Ardhes ist nicht die Einzige, die aus den Worten ihres Vaters falsche Schlüsse zieht.

Das hört sich jetzt nicht unbedingt neu an. Ist es auch nicht. Aber es ist mit viel Engagement und Herzblut erzählt. Und eines ist tatsächlich ungewöhnlich: Hier gibt es keinen Tyrannen, Zauberer oder finsteren Gott, in dem sich alles Böse konzentriert und den es zu besiegen gilt. Deshalb hat das Buch auch kein Happyend. Es hat überhaupt nur ein halbes Ende, insofern, als der Leser erfährt, was aus zweien der drei Ahirah geworden ist. Doch ein Schicksal bleibt offen.

Auch die Handlung als solche hat nicht den sonst üblichen Abschluss erhalten. Nicht nur, dass der drohende Untergang nicht aufgehalten werden konnte; da es kein personifiziertes Böses gibt, das hätte besiegt werden können, gibt es auch keinen strahlenden Helden, der nach der Schlacht mit dem Wiederaufbau beginnen könnte. Jenny-Mai Nuyen erzählt hier das Ende einer Epoche, ohne einen Blick auf einen Neuanfang zu werfen.

Insofern ist „Das Drachenauge“ für einen Fantasy-Roman unerwartet realistisch. Das Böse ist kein Fremdkörper, der von außen in die bis dahin heile Welt eindringt und mit Heldenmut und Opferbereitschaft wieder vertrieben werden kann. Gut und Böse sind Teil der Welt, waren es immer und werden es immer sein. Sie bleiben von Umwälzungen, von Aufstieg und Fall, völlig unberührt. Trotzdem hat das Buch kein negatives Ende. Denn einer der drei Hauptcharaktere hat eine Wandlung durchgemacht und wirft zumindest ein kleines Hoffnungslicht auf den düsteren Weg ihrer Welt, auf den die Autorin einen Ausblick gegeben hat.

Um es kurz zu machen: Jenny-Mai Nuyen hat die Hoffnungen, die ich in ihr neuestes Buch setzte, voll erfüllt. Ihre Sprache ist nach wie vor bildhaft und ausdrucksstark, sowohl was Stimmungen als auch Landschaften betrifft; ihre Charaktere agieren nicht nur glaubhaft und nachvollziehbar, sie sind voller Leben, als hätte ich sie persönlich gekannt; und auch ihre Ideen, vor allem im Zusammenhang mit der Welt der Drachen, haben mir sehr gut gefallen, auch wenn der Gedanke von Fell bei einem Drachen etwas ungewöhnlich erscheint.

Jemand, der sich langweilt, sobald der Held der Geschichte nicht ununterbrochen von einer unermesslichen Gefahr in die andere stolpert, sollte besser die Finger von dem Buch lassen. Wer dagegen mehr als rasante Action im Sinn hat, dem kann ich das Buch wärmstens empfehlen. Jenny-Mai Nuyen schreibt nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit ihrer Seele. Das ist deutlich zu spüren. Zur Abwechslung mal finde ich das vollmundige Lob von Verlag und Presse, für das ich normalerweise überhaupt nichts übrig habe, durchaus gerechtfertigt.

Jenny-Mai Nuyen stammt aus München und schrieb ihre erste Geschichte mit fünf Jahren. Mit dreizehn wusste sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte. „Nijura“, ihr Debüt, begann sie im Alter von sechzehn Jahren. Inzwischen ist sie neunzehn und studiert Film an der New York University. Ihr neuester Roman „Nocturna – Die Nacht der gestohlenen Schatten“ ist für Juli dieses Jahres angekündigt.

Taschenbuch, 576 Seiten
ISBN-13: 978-3-570-30388-7

www.jenny-mai-nuyen.de/
www.randomhouse.de/cbjugendbuch/index.jsp

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Crisse – Atalante 1: Der Pakt

_Story_

Griechenland zur Zeit der Antike: Könis Iasos lehnt seine neugeborene Tochter ab, weil ihr aufgrund ihres Geschlechts seine Nachfolge niemals möglich sein wird. Im letzten Augenblick kann ihn die Amazone Imandra vom Gedanken, seinen Nachwuchs zu töten, abbringen, woraufhin Iasos beschließt, die Tochter auf dem Berg Parthenion auszusetzen und sie dort ihrem Schicksal zu überlassen. Bevor sie jedoch dort angelangt, wird der Trupp des Königs von einigen Göttinnen abgefangen, die ihre Wiege schließlich in den Fluss setzen, nachdem sie dem Kind einige elementare Gaben geschenkt haben.

Das Kind landet schließlich bei den Waldfaunen, wird auf den Namen Atalante getauft und wächst mit ganz besonderen Kräften auf. Doch eines Tages wird sie von Jägern aufgespürt und landet bei einem Volk von Seefahrern. Vom Ziel beflügelt, eines Tages einmal bei den Amazonen zu stranden, lässt sie sich auf einen Pakt mit deren Anführern Jason und Orpheus ein: Sie soll den gefangenen König Chiron von den Zentauren befreien und somit die Völker retten, mit denen sie einst im Wald gelebt hat. Wieder beginnt ein neuer Lebensabschnitt für Atalante. Doch dieses Mal bestimmt sie selbst über den weiteren Weg …

_Meine Meinung_

Mit seiner Comic-Serie „Atalante“ begibt sich der renommierte Comic-Autor Crisse auf bewährtes Gebiet und führt seine Leser auf eine Reise durch die griechische Antike. Begleitet von Mythen, Göttinnen, Sagen und Ungerechtigkeiten baut er hier einen unscheinbaren Charakter auf und gewährt ihm neben all den berühmten Gestalten jener Zeit erst nach und nach die erforderlichen Entfaltungsspielräume. Insofern ist „Der Pakt“ vornehmlich auch tatsächlich nur als Auftaktveranstaltung einer bis dato recht interessanten, allerdings auch recht typischen Reihe zu verstehen, in der sich die innovativen Momente zunächst auf die vielen witzigen Zeichnungen beschränken, die Crisse zwischendurch einblendet. Doch dies ist für die Überzeugungskraft von „Atalante“ letzten Endes auch nur zweitrangig.

Bedeutsamer ist indes der tolle Aufbau der Abenteuergeschichte: Direkt von der ersten Seite an erstellt Crisse in der Titelheldin eine Identifikationsfigur, wie sie Buche steht. Von der Familie ausgestoßen und von den Göttern als Spielball benutzt, ist Atalante stets in der Opferrolle. Andere bestimmen über ihr Schicksal; sie hingegen befindet sich in einer nimmer endenden Abhängigkeit, die erst dann zu brechen droht, als sie ein Ziel vor Augen hat.

Eines Tages entdeckt sie im Wasser eine Amazone und ist sofort fasziniert von deren Ausstrahlung. Diese elegante Erscheinung hat sie zutiefst beeindruckt, und von dort an weiß die hübsche junge Dame, was aus ihr werden soll. Doch um das Land der Amazonen zu erreichen, muss sie Kompromisse eingehen und ihre Schuldigkeit ableisten. Als sie nämlich entdeckt, dass ihr ehemaliger Weggefährte Pyros in Gefangenschaft ihrer neuen Wegbegleiter gerät und von ihm dann noch erfährt, dass auch Chiron von den kompromisslosen Zentauren unterworfen wurde, fühlt sie sich in die Pflicht genommen – schließlich waren die Faune auch einst für sie da, als ihre Wiege ziellos durchs Wasser trieb. Und weil auch Jason Interesse daran hat, Chiron zu befreien, beschließt sie, ihre besonderen Fähigkeiten dafür einzusetzen, das Gleichgewicht des Waldes wiederherzustellen und dies zur Bedingung zu machen, um eines Tages auch auf dem Schiff nach Kappadokien mitgenommen zu werden. Allerdings ist nicht alles so leicht, wie Atalante sich dies vorgestellt hat.

Man wird in „Atalante“ sicher reichlich Versatzstücke bereits etablierter Comics entdecken, ebenso wie Charakterzüge, die gerade die Bände französischer Autoren auszeichnen. Gleichermaßen ist auch der Zeichenstil unverkennbar, was in diesem Fall jedoch als Vorteil zu werten ist, denn die Illustrationen sind durchweg toll und darüber hinaus auch sehr detailverliebt. Man könnte Crisse also einen Strick daraus drehen, dass er sich hier auf längst bewährtem Terrain aufhält, sofern man sich nicht sofort mit der Geschichte anfreunden kann. Dies wäre aber eher ungewöhnlich, weil hier einige tolle Charaktere im Rahmen einer sehr sympathischen Handlung entworfen wurden und dank des nötigen Humors auch langfristig für Spaß gesorgt ist.

An Spannung mangelt es „Der Pakt“ im Übrigen auch nicht, denn ganz so berechenbar, wie man zunächst glauben könnte, ist die Story dann auch nicht aufgebaut. Und dies ist schlussendlich der letzte Punkt, der diesen ersten Band so überzeugend und zu einer rundum unterhaltsamen Angelegenheit macht.

http://www.carlsen-comics.de

Vlugt, Simone van der – Schattenschwester

Brennpunktschulen scheinen nicht nur in Deutschland ein Problem zu sein. Auch in Holland gibt es sie, und Simone van der Vlugt hat diese Tatsache genutzt, um daraus einen Thriller zu basteln.

Die junge Marjolein, verheiratet und Mutter einer sechsjährigen Tochter, ist Lehrerin am Rotterdams College, das mit sinkenden Schülerzahlen und vielen ausländischen Schülern zu kämpfen hat. Eines Tages wird sie von einem ihrer Schüler mit einem Messer bedroht. Obwohl zutiefst verängstigt, gibt sie keine Anzeige auf, unter anderem auch deshalb, weil der Rektor um den Ruf des College fürchtet.

Wenig später wird ihr Auto demoliert und immer wieder wird Marjolein von dem Schüler, der sie bedroht hat, verfolgt. Doch niemand kümmert sich um die junge Frau, und wenig später ist sie tot.

Doch damit ist das Buch natürlich noch nicht zu Ende. Marjoleins eineiige Zwillingsschwester Marlieke ist fest davon überzeugt, dass der Schüler, der ihre Schwester bedrohte, sie auch auf dem Gewissen hat. Doch während sie sich immer mehr mit dem Fall beschäftigt, stellt sich heraus, dass sowohl in Marjoleins als auch in ihrem Leben nicht alles so ist, wie es scheint. Und dass sie den Täter vielleicht ganz woanders suchen muss …

Die Besonderheit von „Schattenschwester“ sind die beiden Perspektiven von Marjolein und Marlieke. Beide im Präsens geschrieben, finden sie zu zwei verschiedenen Zeiten statt. Während Marjolein von den Tagen bis zu ihrem Tod berichtet und davon, wie sie sich währenddessen immer wieder verfolgt fühlt, setzt Marlieke beim Mord an ihrer Schwester an. Sie erzählt, wie es danach mit ihr und Marjoleins Familie weitergeht und wie sie dem Täter auf die Spur kommt.

Diese Kombination ist insofern spannend, dass die Täterentlarvung auf zwei Ebenen passiert. Marjolein steht ihm am Ende ihres Lebens gegenüber und ein Kapitel später findet Marlieke heraus, wer ihre Schwester auf dem Gewissen hat. Das ansonsten in Krimis und Thrillern so oft vorkommende einleitende Kapitel, in dem der Mord geschieht, fällt weg, wodurch ein gewisses Maß an Spannung erhalten bleibt.

Wirklich spannend ist das Buch allerdings nicht, jedenfalls nicht im Sinne von mitreißender Thrillerspannung. Das Buch von van der Vlugt kann sich einer gewissen Frauenbuchlastigkeit nicht erwehren. Die Schwestern erzählen aus der Ich-Perspektive und so viel aus ihrem Alltag, dass man sich oft fragt, worauf die Autorin eigentlich hinauswill. Möchte sie das Leben der beiden Zwillingsschwestern sezieren oder möchte sie dem Leser hochwertige Thrillerkost servieren? Falls sie Letzteres vorgehabt hatte, gelingt ihr Ersteres wesentlich besser. Das Spannungspotenzial wird dementsprechend nicht vollständig ausgeschöpft.

Das Alltagsgeschehen der beiden Schwestern wird dafür sehr authentisch dargestellt. Hierfür muss man die Autorin loben, genau wie für ihre reifen Charaktere. Auch wenn man ab und an das Gefühl hat, dass die Protagonistinnen ein bisschen zu gut dargestellt werden, weisen sie eine seltene Tiefgründigkeit auf. Man erfährt viel über ihr Privatleben, ihre Vergangenheit sowie Gedanken und Gefühle, da sie aus der Ich-Perspektive erzählen. Ab und an schweift van der Vlugt dabei ein wenig ab, aber letztendlich hilft das nur, die beiden Schwestern noch plastischer darzustellen. Das ist auch notwendig. Schließlich tragen die beiden Frauen die Geschichte. Sie sind sogar wichtiger als die eigentliche Handlung, die, wie bereits erwähnt, nicht so viel hergibt.

Einher mit der guten Darstellung geht der Schreibstil, der ungekünstelt und einfach ist, dabei aber alles auf den Punkt bringt. Da in der Ich-Perspektive, also mehr oder weniger aus dem Kopf der Erzählerinnen, geschrieben wird, ist es wichtig, dass ihre Worte so klingen, als ob sie auch aus dem Mund des Lesers kommen könnten. Das gelingt van der Vlugt sehr gut. Sie schafft eine angenehme Leseatmosphäre, auch wenn das Präsens anfangs gewöhnungsbedürftig ist. Hat man sich aber erst mal mit dem seltenen Tempus zurechtgefunden, fühlt man sich tatsächlich so, als ob man am Leben der beiden Schwestern teilhaben würde.

„Schattenschwester“ ist eine zwiespältige Angelegenheit. Obwohl es eine Kriminalhandlung beherbergt, ist es auf weiten Strecken doch eher ein Buch für das weibliche Geschlecht. Die genaue Darstellung der Leben der beiden Frauen führt dazu, dass dies so ist. Allerdings wird der Alltag der beiden sehr authentisch dargestellt und der Schreibstil ist sehr warm und zieht in den Bann. Wer also ein Freund der milden Unterhaltung mit vielen Belletristikelementen ist, kann bei „Schattenschwester“ von Simone van der Vlugt beruhigt zugreifen.

http://www.diana-verlag.de

|Siehe ergänzend dazu: [„Klassentreffen“ 3850 (2006/2007)|

Witzko, Karl-Heinz – Kobolde, Die

_Handlung_

Die Kobolde Brams, Riette, Rempel Stilz und Hutzel sind im Wechselbalggewerbe aktiv. Das heißt sie klauen Menschen und tauschen diese gegen einen garstigen Wechselbalg aus. Ihre Aufträge erhalten sie vom Krämer Moin, der sie dann in die Menschenwelt schickt, um das gewünschte Exemplar zu holen. Vom Koboldland-zu-Luft-und-Wasser kommen sie mittels ihrer Gehilfin Tür in die Menschenlande. Doch nachdem es mit der Tür Ärger gab, lässt diese die armen Kobolde einfach in der Menschenwelt zurück. Aber Kobolde wären nicht Kobolde, wenn sie sich nicht gleich auf die Suche nach einem Rückweg machen würden. Sie sind jedoch nicht unentdeckt geblieben, so dass sie schon bald von verschiedenen Fraktionen verfolgt werden, die ihrer habhaft werden wollen.

_Der Autor_

Karl-Heinz Witzko, geboren 1953, ist diplomierter Statistiker und hat zahlreiche-Romane voller Wortwitz und schillernder Phantasie geschrieben. Am bekanntesten sind seine Romane zum Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ (DSA) wie „Westwärts, Geschuppte!“ oder die „Dajin-Trilogie“ und seine „Gezeitenwelt“-Romane.

Seine skurrilen Einfälle holt sich der Autor während ausgedehnter Spaziergänge im Teufelsmoor bei Bremen. Und vor einigen Jahren machte er dort seine erste Bekanntschaft mit Kobolden – als sein Jagdhund einen solchen von einem Ausflug wohlbehalten nach Hause brachte.

_Mein Eindruck_

Im Bezug auf Karl-Heinz Witzko schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Einerseits hat er meinen absoluten Lieblings-DSA-Roman „Westwärts, Geschuppte!“ geschrieben, andererseits hat mir die „Dajin“-Trilogie überhaupt nicht gefallen. Witzko pflegt einen manchmal etwas sperrigen Schreibstil, der es nicht immer einfach macht, ihm zu folgen, so dass man manche Sachen zwei- bis dreimal nachlesen muss, um sie zu verstehen. Dies mag vor allem für den weniger geübten Leser schnell frustrierend wirken. Andererseits ist Witzko aber mit einem Gespür für Wortwitz und Situationskomik ausgestattet, wie ich es bisher bei nur sehr wenigen anderen Autoren gelesen habe. Genau diese Stärke bringt er bei „Die Kobolde“ mustergültig zur Geltung. Denn dieser Roman bringt den Leser bei jeder der über 400 Seiten mindestens einmal zum Schmunzeln oder zum Lautloslachen.

Genau wie bei „Westwärts, Geschuppte!“ versetzt Witzko seine Kobolde in eine fremde Welt und Kultur und lässt sie sich dort mit jeder Menge Wortwitz und skurriler Situationskomik richtig austoben. Der Handlungsstrang ist einfach und schnell erzählt: Die Kobolde wollen nach Hause, und die halbe Welt verfolgt sie.

Dabei beschreibt er die Welt immer wieder aus der Sicht der Kobolde, was natürlich zu reichlich Verwirrung führen kann. Die Kobolde an sich sind etwa kindsgroß und begnadete Handwerker, was allerdings für die Menschen nicht immer zum Vorteil ist. So mag eine Lanze, die so präpariert ist, beim Turnier schneller zu brechen, noch von Vorteil sein, bei anderen Waffen allerdings kann das schon ganz schön lustig werden.

Mit den Charakteren nimmt es Witzko allerdings nicht so genau, denn eigentlich sind nur die vier Kobolde richtig im Vordergrund und durchdacht. Alle anderen bilden eine Kulisse, nicht mehr aber auch nicht weniger. Dass er seine Nebencharaktere alle mit einem Augenzwinkern gestaltet, zeigen auch deren Namen, wie zum Beispiel die Hexe Holla („Frau Holle“), der Ritter Gottkrieg vom Teich oder Dinkelwart von Zupfenhausen. Bei den meisten anderen Autoren würde mich das stören, bei Witzko hingegen wirkt das charmant. Die Charaktere der Kobolde sind eigentlich ganz klar verteilt. Brams ist der Anführer, Riette ist eine koboldische Furie, Rempel Stilz ist der Mann fürs Grobe („Hauptsache alles ist richtig verfugt!“) und Hutzel ist der Listige.

Sehr unterhaltsam sind die Running-Gags, für die Witzko ja auch schon bekannt ist. So ändert sich etwa ständig Hutzels Name, von Hutzelhauser über Hutzelheimer bis zu Hutzelbauer. Brams hängt ständig seinen Tagträumen nach, Rempel Stilz repariert andauernd Dinge und wird nie müde darauf hinzuweisen, dass jetzt alles viel besser verfugt sei, und Riette erzählt aus ihren Kindertagen. Auch die Fähigkeit der Kobolde, Tieren und Gegenständen das Sprechen beizubringen, bringt den Leser ein ums andere Mal zum Schmunzeln; so können etwa fast alle Dinge im Koboldland-zu Luft-und-Wasser sprechen. Lustige Konservationen mit Hühnern oder Schnittlauch sind da vorprogrammiert.

Also fassen wir das Ganze einmal zusammen: Witzko nimmt seine Geschichte nicht ganz so ernst; wer also epische Fantasy sucht, ist hier nicht ganz an der richtigen Stelle. Allerdings würde das wohl auch nicht wirklich zu Kobolden passen, daher macht Witzko das einzig Richtige: Er bringt den Leser permanent zum Lachen, sei es durch Situationskomik oder Wortwitz. Hierbei legt Witzko eine solche Kreativität an den Tag, dass es niemals aufgesetzt oder gezwungen wirkt.

_Fazit_

„Die Kobolde“ ist sicher einer der witzigsten Romane des Jahres. Witzko bietet zwar keine klassische Fantasy wie etwa seine Kollegen Heitz oder Hardebusch, dafür bombardiert er uns mit einer über 400 Seiten langen Humorbombe. Wer auf lustige Fantasy à la Terry Pratchett steht, der kann hier blind zugreifen.

http://www.piper-verlag.de/fantasy/

Takei, Hiroyuki – Shaman King 2

[Band 1 3432

_Handlung_

Nachdem in Band eins der grobe Rahmen für die Charaktere gesetzt und der Schamanismus im japanischen Glauben erklärt wurde, fängt der zweite Band an, die Rahmenhandlung für die nächsten Bände festzulegen. Nachdem Yo Asakura, Schamane und Held des Comics, am Ende des ersten Bandes vom chinesischen Schamanen Ren fast besiegt worden wäre, wacht er im Krankenhaus auf und erinnert sich wieder an seinen Lebenstraum: König der Schamane zu werden, um ein Leben in Ruhe und Gelassenheit zu verbringen. Mithilfe seiner Verlobten Anna Kyoyama bereitet er sich auf dieses Ziel vor und bekommt gleich bei seinen ersten Kampf einen schweren Gegner: Rens Schwester, die durch Daoismus, der chinesischen Art der Totenkontrolle, versucht, Yos Geist Amidamaru abzuluchsen.

_Comic_

Auch wenn sich der Comic nun langsam aber sicher der typischen „Jeder gegen jeden“-Kampfmentalität zuwendet, ist von einem Qualitätsverlust noch nichts zu spüren. Zwar gehen über zwei Drittel des Bandes für den Kampf gegen Rens Schwester drauf, trotz allem passiert hier mehr als nur das übliche „Ich probiere jetzt diese Technik gegen diese Technik aus“.

Da wäre zum einen die etwas kitschige Botschaft über Freundschaft, was aber doch recht erfreulich ist, wenn man bedenkt, dass viele Mangas nicht mal im Ansatz versuchen, mehr zu vermitteln als gebrochene Rippen. Zum anderen wären da doch recht interessante Exkurse in den Schamanismus der verschiedenen Kulturen, der sich in diesem Band recht gut abzeichnet. Auch das ganze Drumherum ist wieder sehr gelungen und vor allem humorvoller als noch der erste Band, was in erster Linie an den Zeichnungen und Bildübergängen liegt. Zu guter Letzt wäre der recht gelungene Charakter von Yos Verlobter Anna erwähnenswert, die durch ihren kräftigen Ehrgeiz einen gelungenen Gegenpol zu Yos Faulheit bildet.

_Zeichenstil:_

Der minimalistische und leicht von Disney angehauchte Zeichenstil bleibt weiterhin Geschmackssache, ist aber immer noch eine wohltuende Abwechslung zu den 1001 Clampklonen. Sehr gelungen sind die wunderbar flüssigen Bildwechsel in den humorvollen Szenen, die eine richtige Anime-Stimmung schaffen und mithilfe verschiedener Panelgrößen und Seitenwechsel die Pointe richtig schnell in die Wege leiten.

Auch sonst ist Tempo in diesem Band sehr wichtig, vor allem wegen der Kampfsequenzen. Die bestehen zum Glück nicht ausschließlich aus Kampfansagen. Zwar gibt es keinen flüssigen Schlagabtausch, sondern eher Attacke gefolgt auf Attacke, trotzdem machen diese besonders gegen Ende hin Spaß, da sie doch recht gewaltig ausfallen und ziemlich mächtig aussehen. Besonders wenn viel Detailarbeit dahintersteckt, zeigt sich der Vorteil des recht simplen Zeichenstils von Hiroyuki Takei. Dann bekommen die Bilder einen emotionalen Anstrich, der sie regelrecht aus den einfachen Bildern der restlichen Seiten heraushebt.

_Fazit_

Band 2 mag vielleicht auf die klassischen Mangaklischees zusteuern, aufgrund des neuartigen Themas sowie des interessanten Zeichenstils wird es aber nicht so schnell langweilig. Auch Leser, denen der erste Band aufgrund eines fehlenden roten Fadens nicht zugesagt hat, werden mit dem zweiten Band nun besänftigt. Vor allem Fans von „One Piece“ werden mit „Shaman King“ glücklich werden, da diese Serie genauso wie „One Piece“ mit einem neuartigen Zeichenstil, gelungenen Charakteren und einem etwas anderen Helden aufwarten kann. Auch wenn großartige emotionale Momente, wie „One Piece“ sie sehr gelungen zelebrierte, noch fehlen, zeigt sich „Shaman King“ zumindest auf dem richtigen Weg.

http://www.carlsencomics.de/

Wolfgang Kramer / Markus Lübke – Colosseum

Jedes Jahr ein Volltreffer

Wenn sich in den letzten Jahren eines herauskristallisiert hat, dann die Tatsache, dass auf den französischen Spieleverlag Days of Wonder stets Verlass ist. In wirklich steter Regelmäßigkeit übertrumpfen sich die dort vertriebenen Spiele selbst, egal ob dies nun damals „Zug um Zug“ bzw. im letzten Jahr „Kleopatra und die Baumeister“ oder nun, pünktlich zu den Spieletagen in Nürnberg, der neueste Titel „Colosseum“ ist. Allerdings hat das historisch inspirierte Spiel von Wolfgang Kramer und Markus Lübke leider auch einen Haken: Es macht nämlich so viel Spaß, dass ich mir jetzt schon den Kopf zerbreche, wie man dieses brillante Produkt verlagsintern noch einmal übertreffen möchte. Man darf gespannt sein …

Spielidee

Auf Anordnung des Kaisers dauerte das größte Fest der römischen Geschichte 99 Tage. Ohne Unterbrechung erlebte die ewige Stadt ein Riesenspektakel mit einem fulminanten Auftakt bei der Eröffnungsfeier im Colosseum. Gladiatoren bestritten fulminante Wettkämpfe, außergewöhnliche Tiere wurden zur Schau gestellt, zahlreiche Bühnenstücke feierten Premiere und die besten Vertreter der einheimischen Kultur unterhielten während dieser Zeit das gesamte römische Reich.

Nun aber steht der endgültige Höhepunkt an: Kaiser Titus hat den Startschuss zu den Abschlussfeierlichkeiten gegeben – der Moment, auf den alle Meister der Unterhaltung gewartet haben. Nun liegt es an jedem einzelnen von ihnen, ein mitreißendes Programm zu entwerfen, um den Kaiser von der eigenen Brillanz zu überzeugen.

Jeder Spieler schlüpft in die Rolle eines Impressarios und bekommt den Auftrag, tolle Bühnenstücke aufzuführen, um die interessierten Zuschauer in die eigene Arena zu locken. Platzt diese schließlich aus allen Nähten, ist es Zeit für eine bauliche Erweiterung und schließlich auch für ganz besondere Logen, denn schließlich soll auch eines Tages der Kaiser einkehren und sich von der Qualität der Veranstaltungen überzeugen. Seine Gunst und die der meisten Zuschauer führen schließlich zum Sieg und zum Titel des Großen Impressarios.

Spielmaterial

• 1 Regelheft
• 1 Spielplan
• 10 Arena-Bauteile (in fünf verschiedenen Farben)
• 10 Arena-Erweiterungen (in fünf verschiedenen Farben)
• 5 Kaiserlogen
• 10 Luxusplätze
• 5 Rekordsteine
• 1 Kaiser
• 2 Konsuln
• 3 Senatoren
• 2 Würfel
• 80 römische Münzen (mit den Werten 1, 2, 5, 10, 50)
• 4 Podien
• 152 Spetakelplättchen (40 mit grüner, 112 mit orangefarbener Rückseite)
• 7 Star-Karten
• 30 Programmkarten
• 18 Kaiser-Medaillen
• 6 Übersichtstafeln
• 1 Startspielerplättchen
• 1 Rundenzähler
• 1 Aufbewahrungsbeutel

Bei der Betrachtung des Spielmaterials bleibt dem Anhänger pompöser aufgebauter Spiele sofort die Spucke weg. Hier wird bis ins letzte Detail ordentlich geklotzt. Die grafische Aufarbeitung der vielen kartonierten Chips zum Beispiel ist exzellent, die Marker sind sehr stabil. Ein weiterer echter Hingucker sind die drei verschiedenen Typen der Adligen-Figuren, wobei der Konsul mit seinem Gewand als Holzfigur die beste Figur abgibt. Aber auch der Spielplan ist eine echte Augenweide und mit das Beste und Hochwertigste, was man derzeit für sein Geld bekommen kann. Mit einem Wort: Umwerfend!

Spielvorbereitung

Vor dem ersten Spiel ist man erst einmal einige Minuten damit beschäftigt, die Massen an Materialien auszustanzen und zu sortieren. Ist dies einmal geschehen, platziert man Gegenstände wie Podien, Kaiserlogen und Luxusplätze neben dem Spielfeld. Dorthin legt man auch das Geld, die Star-Karten und die Kaiser-Medaillen. Jeder Spieler erhält nun Münzen im Gesamtwert von 30 Goldstücken sowie seine Arena-Bausteine und –Erweiterungen. Abhängig von der Gesamtspielerzahl werden außerdem noch zwischen fünf und acht Spektakelplättchen mit grüner Rückseite ausgehändigt, die jeweils sichtbar für alle Spieler in der eigenen Auslage abgelegt werden. Die übrigen grünen Spektakelplättchen werden nun noch einmal gemischt und auf die fünf Märkte aufgeteilt. Die orangefarbenen hingegen gehen in den Beutel und werden neben das Spielfeld gestellt.

Jetzt werden noch alle Programmkarten nach Nummern sortiert. Die Ziffern 1 bis 5 respektive 6 bis 10 bilden jetzt zwei Stapel, aus denen jeder Spieler jeweils eine Karte zieht. Verbleibende Karten dieser Stapel (bei geringerer Spielerzahl) verschwinden aus dem Ziel. Die Programme 11 bis 30 liegen ab nun neben dem Spielbrett bereit. Als Letztes werden die Adligen auf ihre Startpositionen auf dem Spielfeld bewegt und der Rekordstein auf dem Startpunkt der Wertungsleiste abgesetzt. Der Rundenzähler geht auf Feld Nr. 1. Jetzt geht’s endlich los!

Der Spielablauf

Das Spiel ist in insgesamt fünf Runden unterteilt, in denen die einzelnen Impressarios sich darum bemühen, das beste Programm aufzuführen, die Arena zu erweitern und in einer dieser Runden die meisten Zuschauer aller Veranstaltungen anzulocken. Wer am Ende aller Runden die beste Zuschauerzahl erzielt hat – dies muss nicht zwingend in der letzten Runde sein –, der hat das Spiel gewonnen, wobei man auch nicht bis zum Schluss sparen und warten kann, denn man kann sich nur erweitern, wenn man das erforderliche Kleingeld aufbringt – und dieses bekommt man auch nur dann, wenn man dem Volk ein prunkvolles Programm anbietet.

Jede dieser Spielrunden unterteilt sich nun noch einmal in fünf untergeordnete Phasen, an deren Ende jeweils eine Programmaufführung mit anschließender Wertung stattfindet. Aufgeteilt ist dies folgendermaßen:

1. Investieren
2. Spektakelplättchen erwerben
3. Mit Spektakelplättchen handeln
4. Veranstaltung aufführen
5. Abschlusszeremonie

Phase 1: Investieren

Zu Beginn des Spiels besitzt man genau 30 Goldstücke, die man in den ersten Phasen für lukrative Investitionen nutzen kann, um sich und seine Arena so auch stetig zu verbessern. Man hat hier die Wahl, sich eine neue Programmkarte zu kaufen, die Arena mit einem weiteren Baustein auszubauen, einen Luxusplatz einzurichten oder eine Kaiserloge zu bauen. Jede Investition hat einen entscheidenden Vorteil, wobei man Runde für Runde abwägen muss, welche Anschaffung nun am lohnenswertesten ist. Pro Runde ist nämlich in dieser Phase nur eine Investition erlaubt, es sei denn, man ist im Besitz zweier Kaisermedaillen, die man für eine weitere Investition opfern könnte. Und man muss natürlich auch ein bisschen mit dem Geld haushalten, denn schließlich folgt in der nächsten Phase noch ein Auktionspart für den Erwerb der wichtigen Spektakelplättchen.

Ausbauten jeglicher Art sind aber dringend vonnöten, um größere Aufführungen durchzuführen, so dass ein Arena-Baustein als erste Investition zum Preis von zehn Münzen sinnig erscheint. Hat man dies einmal getan, lohnt es sich auch, neue Programmkarten zu kaufen. Diese sind in einer bestimmten Anordnung durchnummeriert, was den Zweck erfüllt, dass man nach einer bereits aufgeführten Veranstaltung kein Programm mit niedrigerem Wert mehr aufführen darf. Wer also nicht die nötigen Voraussetzungen erfüllt, ein größeres Programm aufzuführen, sollte erst mal bei der Basis der anfangs erworbenen Programme bleiben. Allerdings sind auch diese von der Nummerierung betroffen … Der Preis der Karten ist abhängig vom Effekt bzw. der erwarteten Zuschauerzahl.

Eine sofortige Verbesserung der Zuschauerzahlen bietet der Luxusplatz. Fünf weitere Zuschauer pro Aufführung sind damit garantiert. Dann gibt es noch die Kaiserloge, die natürlich für den obersten Herrscher reserviert ist. In jeder Runde werden die Adligen über das Spielfeld bewegt, und dies jeweils so weit, wie die Summe eines Würfels es ergibt. Mit der Kaiserloge in seiner Arena darf man nach einer Aufführung nun zwei Würfel einsetzen und so die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Kaiser eines Tages zu Gast sein wird.

Phase 2: Spektakelplättchen erwerben

Auf den Märkten werden jeweils drei Spektakelplättchen angeboten. Beginnend mit dem Startspieler darf nun auf einen Markt seiner Wahl geboten werden, wobei ein Mindestgebot von acht Münzen verpflichtend ist. Reihum dürfen die Interessenten der hier feilgebotenen Spektakelplättchen nun ihr Gebot steigern, bis die Plättchen schließlich einen Besitzer gefunden haben. Sollte dies der Startspieler sein, wird der entsprechende Markt mit neuen Plättchen aus dem Vorrat nachgefüllt. Nun kommen die orangefarbenen Plättchen zum Zuge, unter denen sich auch einige Joker und Kaisermedaillen befinden. Sollte indes ein anderer Spieler gewonnen haben, darf der Startspieler auf einen weiteren Markt bieten und damit so lange fortfahren, bis er selber eine Auktion gewonnen oder sich entschieden hat, nicht weiter zu bieten. Sobald einer dieser Fälle eingetreten ist, werden alle leeren Märkte neu bestückt.

Nun beginnt dieses Procedere wieder von vorne. Spieler, die bereits eine Auktion in der letzten Bietrunde gewonnen haben, dürfen sich nach Auffüllen der Märkte auch wieder an den Geboten beteiligen. Dies geschieht nun so lange, bis jeder einmal eine Bietrunde eröffnet hat bzw. kein weiteres Interesse mehr an Geboten besteht. Wenn ein Spieler drei Spektakelplättchen bestimmter Sorten gesammelt hat, bekommt er die zugehörige Star-Karte, die bis zu dem Zeitpunkt in seinem Besitz bleibt, an dem ein anderer Spieler diese Anzahl noch übertrifft oder man selber wieder weniger als drei Plättchen besitzt. Eine Star-Karte bringt vier weitere Zuschauer pro Runde.

Phase 3: Mit Spektakelplättchen handeln

Man muss in der vorherigen Phase nicht dringend die Plättchen erwerben, die für die eigenen Aufführungen von Bedeutung sind. Oft empfiehlt es sich auch, gute Tausch- und Handelsargumente abzugreifen, die man nun im Tausch oder eventuell auch gegen Bezahlung seinen Mitspielern veräußern kann. Auch hier wird so lange gehandelt, bis von keiner Seite mehr Interesse daran besteht.

Phase 4: Veranstaltung aufführen

Nun geht es ans Eingemachte; die Spetakelplättchen liegen bereit, die Arena wartet auf die Vorstellung und eventuell wird auch noch ein Adliger zugegen sein. Der Startspieler entscheidet als Erster, welche seiner Veranstaltungen er aufführt, und sucht die hierzu erforderlichen Spetakelplättchen heraus. Zuvor würfelt er mit einem bzw. bei Besitz einer Kaiseloge mit zwei Würfeln und setzt die Adligen auf dem Spielfeld der Würfelsumme entsprechend fort. Hier wählt man nun eine Person und versucht, sie entweder in die eigene Arena zu locken, aus einer gegnerischen herauszuscheuchen oder aber auf eines der Adligen-Startfelder zu schieben. Für jeden Adligen, der bei Beginn einer Aufführung in einer eigenen Arena steht, gibt es gestaffelt Punkte: drei für den Senator, fünf für den Konsul, sieben für den Kaiser. Endet man indes auf einem Startfeld, bekommt man als Lohn eine Kaiser-Medaille. Wer zwei Würfel einsetzt, darf übrigens selber wählen, ob er die Summe auf eine Figur verteilt oder lieber gleich zwei verschiedene Adlige einsetzt.

Nun wird die Veranstaltung aufgeführt: Man überprüft Arenagröße und Spektakelplättchen mit dem beabsichtigten Programm, sorgt dafür, dass man dasselbe oder ein besseres als beim letzten Mal aufführt (in Runde 1 natürlich unerheblich). Hat man alle Voraussetzungen erfüllt, werden die Zuschauer gezählt. Die Gesamtzahl errechnet sich aus der Vorgabe auf der Programmkarte (minus festgesetzte Werte für eventuell fehlende Spektakelplättchen), jedes zuvor aufgeführte Programm, Luxusplätzen in der Arena, Star-Karten und Adligen, die zur Zeit der Aufführung in der Arena verweilen. Wer aus einer früheren Runde bereits ein Podium sein Eigen nennt, bekommt drei weitere Punkte. Letztere darf man auch für jede Kaisermedaille dazuaddieren, falls man diese hierzu opfern möchte. Am Ende der Wertung zieht man seinen Rekordstein auf die erreichte Zuschauermenge und markiert die bisherige Höchstbesucherzahl. In weiteren Runden wird diese Zahl nun immer wieder verglichen und der Rekord ggf. modifiziert. Sollte man zu einem späteren Zeitpunkt schlechtere Zahlen erzielen, verharrt man auf dieser Stelle, geht es hingegen besser aus, wird der neue Redkord markiert. Man kann also vier Runden lang absolut schwach sein, im Finale aber dann das Feld ganz locker von hinten aufräumen, wenn man sich dementsprechend vorbereitet hat.

Phase 5: Abschlusszeremonie

Am Ende einer jeden Runde werden die Zuschauerzahlen aller Spieler miteinander verglichen. Derjenige, der dann den momentanen Rekord hält, bekommt hierfür ein Podium. Anschließend wird die Arena aufgeräumt und damit auch zwangsläufig ein Spektakelplättchen als Preis eingefordert. Jeder ist nun gezwungen, ein Spektakelplättchen seiner Wahl aus der eigenen Auslage aus dem Spiel zu nehmen. Außerdem darf sich der Spieler mit dem schlechtesten Zuschauerrekord beim Rekordhalter noch ein weiteres Plättchen aussuchen. Im Anschluss an die Abschlusszeremonie beginnt schließlich die nächste Runde.

Ende des Spiels

Nach fünf Runden endet die Partie, wobei in der Schlussrunde logischerweise die Abschlusszeremonie entfällt. Der Spieler mit dem höchsten Rekord gewinnt; bei Gleichstand siegt derjenige mit dem meisten Geld. Liegt auch hier ein Unentschieden vor, geht der Sieg an den Spieler mit den meisten Star-Karten.

Meine Meinung

Nachdem mich dieses Spiel nun mehrere Wochenende begleitet hat und ich immer noch völlig fasziniert von den unzähligen strategischen Möglichkeiten von „Colloseum“ bin, habe ich mir lange überlegt, wie ich meine Begeisterung in Worte kleide, ohne dabei in bloße Schwärmerei zu verfallen – was mir wirklich schwer gefallen ist. Es ist nun mal so, dass bei Wolfgang Kramers neuem Titel das komplette Rundumpaket stimmt. Beginnend beim Design über die generelle Gestaltung der Spielmaterialien bis hin zum System und letztendlich den variantenreichen Ideen, die hier zu einem homogenen Ganzen verarbeitet wurden. Gefördert werden hier so viele verschiedene Aspekte, dass eine ganz deutliche Empfehlung die selbstredende und einzig mögliche Konsequenz ist.

Lübke und Kramer setzen langfristige Planungsfähigkeit, Geduld und auch ein Händchen für eine schnelle List voraus. Man muss sich wirklich jedes Mal von Neuem überlegen, wann man nun den entscheidenden Hammer auffährt bzw. ob man lieber die Arena erweitert und dafür auf ein richtiges Gewaltspektakel verzichtet. Es ist nämlich nur in den seltensten Fällen so, dass einem das Glück so in die Hand spielt, dass man am Ende überhaupt die Chance hat, das zahlenmäßig beste Stück aufzuführen, weil hierfür Unmengen an Geld erforderlich sind, die man auch nur durch harte Arbeit im Vorfeld besitzen kann. Es wird nämlich nur gelingen, das ultimative Programm aufzuführen, wenn man zuvor bereits einige andere Stücke aufgeführt, gleichzeitig Luxusplätze und Podien eingerichtet und außerdem bei den Auktionen einen richtigen Riecher bewiesen hat. Aber all dies funktioniert nur dann, wenn Geld im Haus ist, sodass sich ein stetiges Wechselspiel mit der Berücksichtigung vieler Risikofaktoren ergibt, die einem nur mit einem einzigen Ungeschick oder ein bisschen zu viel des Übermuts ganz böse mitspielen können.

Daraus ergibt sich schließlich auch die permanent brisante Spannung, denn eigentlich kann niemand so recht abschätzen, inwieweit er nun auf der Siegerstraße ist bzw. ob der Gegner noch einen Trumpf in der Hinterhand hat. Obwohl eigentlich alle Marker und Karten offen ausliegen und man ungefähr eine Vorstellung davon hat, welche Wege die Konkurrenz beschreiten wird, kann sich mit einem Mal alles ändern. Ein plötzlicher Verlust der Star-Karten, dazu die gegnerische Investition eines Mammutprogramms und dann vielleicht noch zusätzlich entscheidende Niederlagen bei den Auktionen – und schon ist es vorbei mit der Führungsrolle und allem Optimismus.

Die wohl interessanteste Eigenschaft – zumindest aus analytischer Perspektive betrachtet – ist aber sicherlich die enorme Menge an möglichen Taktiken und damit auch die Suche nach der richtigen darunter. Möglichkeiten scheint es unendlich viele zu geben, Wege wohl auch, und doch läuft jedes Spiel individuell komplett anders ab, und die Strategie, die beim letzten Mal noch den klaren Sieg brachte, führt einen nun auf den Holzweg. Ich persönlich habe dies zum Beispiel nach der ersten Partie gleich mehrfach schmerzlich erfahren müssen. Der daraus resultierende Reiz fesselt einen geradezu an den Spieltisch und diesen uneingeschränkt genialen Titel.

Ich habe in den vergangenen Monaten so viele überragende Spiele kennen gelernt, darunter auch viel Herausragendes aus dem Programm von Days of Wonder. Doch von allen Titeln, die dabei getestet wurden, hat mich und auch den hiesigen privaten Spielerkreis keines derart begeistert und beschäftigt wie „Colosseum“. Und aus diesem Grund gibt es für mich auch nur einen konsequenten Lohn für diese Gemeinschaftsarbeit von Kramer und Lübke: die Auszeichnung „Spiel des Jahres“, für die ich „Colosseum“ hiermit weit vor der übrigen Konkurrenz empfehlen möchte.

Produktabmessungen: 29,8 x 7,9 x 30,2 cm
Vom Verlag empfohlenes Alter: Ab 10 Jahren
Modellnummer: 7731
Lernziel: Taktik, Glück, Verhandlung, Strategie
Sprache: Deutsch
Anzahl Spieler: 3 bis 5
Material: Karton/Papier (Hauptsächlich)
www.colosseumgame.com
www.daysofwonder.com

Göttner, Heide Solveig – Herr der Dunkelheit, Der (Die Insel der Stürme 2)

Band 1: [„Die Priesterin der Türme“ 3611

Um Haaresbreite ist es Amra, Gorun und Jemren gelungen, mit Lillia den Nraurn zu entkommen. Allerdings sind sie nach ihrer überstürzten Flucht im Norden gelandet. Fast scheint es, als wäre der weite Weg, den Jemren mit Lillia gegangen ist, umsonst gewesen. Dazu kommt, dass sie von Jemrens Landsleuten mit größtem Misstrauen betrachtet werden. Nret, die Klankönigin der Stadt Thárraxi, hält Jemren für einen Verräter, einen Verbündeten der verhassten Südländer.

Da taucht ein weißes Schiff vor der Nordküste der Insel auf, und der Kapitän ruft nach seine Tochter Lillia. Da Lillia ebenfalls die Arme nach dem Schiff ausstreckt, lassen ihre Beschützer sie gehen. Erst im letzten Moment erkennt Gorun die Falle und stürzt hinterher!

Während Gorun von dem Schiff, das Lillia entführt hat, mit auf See hinausgetragen wird, zwingt Nret Jemren, ihr und einer Handvoll Bogenschützen den Weg durch den Scyé zu zeigen, jene tiefe, vulkanische Schlucht, welche die Insel in zwei Teile spaltet. Nur zu bald erfährt Jemren, was Nret in Wahrheit vorhat …

|Charakterentwicklung|

Der zweite Band des Zyklus scheint einer der verblendeten Frauen zu sein.

Die eine ist Nret. Ihr Hass gegen den Süden ist so groß, dass sie trotz Amras Warnung einen Pakt mit den Nraurn schließt. Sie glaubt tatsächlich, dass Kajlyn-Gua, die Königin der Bahak, ihr im Gegenzug für ihre Unterstützung die Stadt Défagos samt Ländereien überlassen wird! Und obwohl die Nraurn eine weit größere Bedrohung für sie und ihr Volk darstellen, wirft sie Jemren Verrat vor, weil er sich mit Südländern angefreundet hat, um das eine Kind zu beschützen. Für ihre Blindheit wird sie einen hohen Preis bezahlen.

Aber Kajlyn-Gua ist kein Deut besser. Offenbar wurden sie und ihre Zwillingsschwester Quinda-Na unter besonderen Vorzeichen geboren, auf die die Autorin jedoch nicht näher eingeht. Aufgrund dieser Vorzeichen ist die Nraurn-Königin davon überzeugt, dass sie auserwählt ist, die Prophezeiung zu erfüllen und die Menschen von der Insel der Stürme zu vertreiben. Zu diesem Zweck ist sie sogar bereit, sich mit dem Dunklen Gott Antiles zu verbünden. In ihrem Hochmut ist sie nicht fähig zu erkennen, dass der Gott sie nur benutzt! Alle Warnungen diesbezüglich schlägt sie in den Wind.

Die Charakterzeichnung dieser beiden Frauen als solche ist nicht unbedingt besonders tiefschürfend, sondern eher knapp, aber dennoch klar ausgefallen. Sie dient vor allem dem Ausbau der Konflikte innerhalb der Handlung:

Nret und ihre Bogenschützen wollen ihrem angestauten Hass und Neid Luft machen und ziehen deshalb in den Krieg gegen den Süden. Der Süden will sich gegen den Norden schlimmstenfalls verteidigen, sein unmittelbarer Feind sind die Nraurn, die seine Existenz bedrohen. Die Nraurn kämpfen sowohl gegen den Norden als auch den Süden, was sie dem Norden gegenüber bisher nur noch nicht zugegeben haben, und übersehen dabei, dass sie im Grunde nicht für ihre eigenes Volk kämpfen, sondern für Antiles. Antiles dagegen kämpft nicht nur gegen Menschen und Nraurn, sondern vor allem gegen die übrigen Götter, die ihn einst von der Insel verbannten. Er will die gesamte Insel zu einem Reich des Todes machen.

|Handlungsfortschritt|

Keine Frage, dass bei diesen Spannungen irgendwann ein Zusammenstoß kommen muss. Und er kommt.

Hat die Autorin die Zerstörung Canáxis bestenfalls gestreift, so schildert sie den Angriff der Nraurn auf Défagos weit ausführlicher. Angenehmerweise verzichtet sie dabei weitestgehend auf grausame, blutige oder unappetitliche Details, ohne dass es der Darstellung des Kampfes Abbruch täte. Die eigentliche Entscheidung fällt letztlich auf ungewöhnliche Weise, ganz ohne Waffen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Nraurn noch immer ein riesiges Heer zur Verfügung haben und Antiles nicht vernichtet ist, dürfte es sich dabei aber wohl eher um einen Vorgeschmack auf das Kommende gehandelt haben.

Aber schon bei diesem Vorgeplänkel geraten auf allen Seiten Beteiligte zwischen die Fronten. Jemren hat in seinem Bemühen, Lillia zu schützen, tatsächlich gegen sein eigenes Volk zur Waffe gegriffen! Dass es sich dabei größtenteils um irregeleitete, sture Narren handelt, macht die Sache für ihn nicht besser. Tenon, Nrets Stellvertreter, hegt zwar die größten Bedenken gegen Nrets Entscheidungen, das hindert ihn aber nicht daran, Jemren für einen Verrat zu hassen, den er selbst genauso begangen hat! Nesyn, der neue Heerführer Kajlyn-Guas, kämpft ebenfalls gegen Bedenken. Er fürchtet den Schatten, mit dem seine Königin sich verbündet hat, und was sie mit dem Körper ihrer Schwester getan hat, empfindet er im höchsten Maße als widernatürlich. Außerdem gehen ihm die Worte des alten Qyon, des Wächters der heiligen Schlucht der Nraurn, nicht aus dem Kopf: „Deine Königin hat mich bestohlen!“

Mit der Erweiterung der beteiligten Parteien hat Heide Solveig Göttner aber nicht nur die Verwicklungen der Handlung ausgebaut, sondern auch den kulturellen Hintergrund. Die Götter der Menschen haben, auch wenn sie bisher so gut wie nicht aufgetaucht sind, eine Identität erhalten. Das erklärt auch ein wenig die ungeheure Machtfülle und gleichzeitig die ungewöhnlichen Charaktereigenschaften von Lillia.

Dafür hält die Autorin sich im Hinblick auf die Prophezeiung noch immer stark zurück. Der genaue Wortlaut taucht nirgendwo auf, im Grunde erfährt der Leser nur, wie die verschiedenen Gruppen sie interpretieren. Auch ist immer noch nicht klar, wo Lillia eigentlich herkommt. Défagos besitzt die größten Türme aller Städte, und doch sagt Lillia, ihr Turm sei noch größer!

|Insgesamt|

„Der Herr der Dunkelheit“ ist damit ein gutes Stück komplexer, als es „Die Priesterin der Türme“ war. Nicht nur, dass er mehr Handlungsstränge bietet. Durch die Ausweitung des Konflikts auf mehrere Gruppen mit jeweils eigenen Interessen, die zudem in sich selbst nicht einheitlich sind – der Norden ist gespalten und Nesyns Loyalität hat die ersten feinen Risse bekommen -, entstand ein Netz aus vielfältigen Verflechtungen, das sich jederzeit und in unterschiedliche Richtungen verändern kann. In Anbetracht dieser Entwicklung verspricht der dritte Band ein interessantes und spannendes Finale.

|Die Autorin|

Heide Solveig Göttner studierte Anglistik und arbeitet als Dozentin für Englisch und Deutsch in Freiburg. Außer einem Faible für archäologische Stätten hat sie eine Vorliebe für Inseln, beides hat sich offenbar in ihrer schriftstellerischen Tätigkeit niedergeschlagen. „Die Priesterin der Türme“ war ihr Debütroman, dessen Fortsetzung „Der Herr der Dunkelheit“ erschien im März dieses Jahres. Leider war der Homepage der Autorin keinerlei Hinweis zu entnehmen, wann der dritte Band erscheinen wird. Mit Blick auf den Abstand zwischen dem Erscheinen der ersten beiden Bände darf der Leser sich wohl auf eine Wartezeit von zwölf Monaten einrichten.

http://www.heidesolveig-goettner.com/
http://www.piper-verlag.de/fantasy/

Fischer, Claus Cornelius – Und vergib uns unsere Schuld

Eigentlich ist der Königinnentag in Holland ein Feiertag, doch während ganz Amsterdam feiert, irrt ein vierzehnjähriger Junge im Dunkeln durch einen Park und hat Angst. Er weiß, dass er etwas gesehen hat, das er nicht hätte sehen dürfen, und nun ahnt er, dass ihn etwas Gefährliches verfolgt. Und richtig, es dauert nicht lange, bis er Schritte hinter sich hört und weiß, dass es nun zu Ende ist für ihn. Einen Tag später wird der Junge ermordet aufgefunden. Aber es ist nicht nur irgendein Mord, den Commissaris Bruno van Leeuwen aufzuklären hat, dieser Mord setzt neue Maßstäbe: Dem Jungen ist nämlich der Kiefer aufgestemmt und das Gehirn entfernt worden. Bruno van Leeuwen ist eigentlich nicht schnell zu erschrecken, hat er doch schon viel erlebt in seiner Laufbahn als Kommissar, doch diese brutale Tat lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren.

Langsam tastet er sich näher, er verhört Zeugen und befragt die Freunde des ermordeten Jungen, die am Tatabend eigentlich verabredet waren, doch haben die Freunde vergeblich warten müssen. Viele Hinweise sind es allerdings nicht, die van Leeuwen zur Verfügung stehen, doch das Schicksal ist auf seiner Seite: Während er eines Abends durch die Straßen Amsterdams irrt, entdeckt er ein junges Mädchen, das auf der Suche ist nach einem Mann, mit dem sie die Nacht oder auch nur eine Stunde verbringen kann. Van Leeuwen quartiert es einfach in einem Hotel ein, kann aber noch nicht ahnen, dass genau dieses Mädchen einen wichtigen Hinweis für ihn parat hat.

Aber der Mordfall ist nicht die einzige Sorge, die Bruno van Leeuwen plagt, denn seine geliebte Frau Simone ist schwer krank, sie hat keine Erinnerungen mehr und ist den ganzen Tag auf Pflege angewiesen. Doch mitten in den Ermittlungen weigert sich die Pflegerin, weiterhin den ganzen Tag bis spätabends bei Simone zu bleiben, weil Bruno nie pünktlich nach Hause kommt, um sich selbst um seine Frau zu kümmern. Er ist verzweifelt, zumal es nicht lange dauert, bis er vor die Wahl gestellt wird: entweder seine Frau oder sein Job. Da er Simone immer noch über alles liebt, fällt ihm die Wahl nicht schwer – bis ein weiterer, noch grausamerer Mord geschieht und van Leeuwen Dinge aus Simones Vergangenheit herausfindet, von denen er lieber nichts gewusst hätte …

Claus Cornelis Fischer begnügt sich nicht einfach damit, einen spannenden Kriminalfall zu schreiben, nein, er gibt seinem Kommissar so viel Profil, dass er schon als tragischere Figur erscheint, als es ein Kurt Wallander jemals gewesen ist. Nach und nach kommt Bruno van Leeuwen den Geheimnissen des Mörders, aber auch den Geheimnissen seiner Ehefrau auf die Spur, und man weiß als Leser eigentlich nicht, was schlimmer ist: eine Frau, die viel zu verbergen hat, aber sich an ihre Geheimnisse nicht mehr erinnern kann und deswegen keine Aussprache mehr möglich ist oder ein brutaler Mörder, der seinen Opfern das Hirn entwendet. Dieses Buch ist folglich nichts für Warmduscher; man sollte sich schon warm anziehen, wenn man den ersten Fall dieses holländischen Kriminalkommissars zu lesen beginnt.

Was den vorliegenden Roman auszeichnet, ist die ausschmückende Sprache des Autors. Etwa die Hälfte des Umfangs verwendet er darauf, seine Charaktere von allen Seiten zu beleuchten, wir blicken mit Bruno van Leeuwen in die Vergangenheit, wir begeben uns an den Tag zurück, an dem er die schlimme Diagnose erfahren hat, wir durchleben die schwere Zeit mit, in der es Simone immer schlechter ging und sie es aber noch selbst bemerkt hat. Wir folgen auch jedem Gedanken des geplagten Ehegatten, der sich in seiner Fantasie oftmals ausmalt, wie es hätte kommen können, wenn Simone nicht krank geworden oder er selbst nicht so blind gewesen wäre. Manchmal gehen diese Tagträume allerdings so fließend in die Erzählung über und umgekehrt, dass man beim Lesen den Faden zu verlieren droht und den Gedanken nicht mehr so recht folgen kann. Claus Cornelius Fischer setzt seinen Schwerpunkt meiner Meinung nach etwas zu sehr auf die Figurenzeichnung und auf das tragische Familienleben des Kriminalkommissars. Klar, ich mag es auch, wenn die Charaktere an Profil gewinnen, wenn ein Autor erzählen und vor allem schön umschreiben kann, aber manchmal gerät der eigentliche Mordfall so sehr ins Hintertreffen, dass die Spannung arg absinkt und man ungeduldig die Seiten umblättert und auf den Moment wartet, wo es endlich wieder um die Ermittlungen geht.

Ein weiterer Minuspunkt ist die Konstruktion der gesamten Geschichte. Was sich Claus Cornelius Fischer da ausgedacht hat, ist zwar eine hochbrisante Tat mit spannendem Hintergrund, aber wie Bruno van Leeuwen dem Mörder schließlich auf die Spur kommt, ist mir persönlich mit zu vielen Zufällen verbunden. Immer wieder trifft er genau im richtigen Moment die richtige Person, die ihm netterweise den passenden Hinweis geben kann. Hier geraten van Leeuwens private Geschichte und seine beruflichen Ermittlungen zu sehr aneinander – was im Privatleben passiert, ist plötzlich das wichtige Aha-Erlebnis bei den Ermittlungen. Diese Schnittpunkte der beiden Handlungsstränge fügen sich allerdings nicht stimmig in die Geschichte ein, sondern sie werden so plump präsentiert, dass man den Eindruck gewinnt, dass der Autor sonst den Dreh nicht bekommen hätte.

Eigentlich schade, dass Claus Cornelius Fischer sich etwas in seiner Geschichte verfranst, denn sowohl sein Kommissar hat Potenzial als auch der Autor selbst, denn wenn man Fischer etwas zugute halten muss, dann, dass er sehr gut erzählen, Dinge beschreiben und Situationen so vortrefflich darstellen kann, dass man in der Geschichte versinkt. Nur leider versinkt man manchmal eben so sehr, dass man vergisst, hier einen Kriminalroman in den Händen zu halten. Was man Fischer für seinen hoffentlich nächsten Roman nur wünschen kann, ist, dass er die richtige Balance aus interessanter Rahmenhandlung und einem gelungenen Spannungsaufbau während der polizeilichen Ermittlungen findet; dann könnte der nächste Fall von Bruno van Leeuwen ein echter Leckerbissen und Lesegenuss für jeden Krimifan werden. Der erste Fall allerdings lässt leider noch ein paar Wünsche offen.

http://www.ehrenwirth.de

Jackson, Steve / Kovalic, John – Munchkin

_Die unendliche Rollenspiel-Parodie_

„Munchkin“ ist Kult, da sind sich herkömmliche Brettspieler und Rollenspiel-Begeisterte ausnahmsweise mal einig. Das einst von Steve Jackson entworfene Kartenspiel machte erstmals 2001 von sich reden und wird seit der allerorts gefeierten Basisversion aus eben jenem Jahrgang von Saison zu Saison mit weiteren irrwitzigen Ergänzungen fortgeführt. Dabei mag sich mancher fragen, was denn nun so besonders an diesem von John Kovalic einmal mehr hervorragend illustrierten Kartenspiel ist.

Nun, um das zu begreifen, sollte man schon auf erste Erfahrungen im Rollenspielsektor zurückgreifen und über die vielen Eigenheiten, die damit einhergehen, lachen können oder aber einen gesunden Zynismus besitzen und sich generell über die verbissene Leidenschaft der Liebhaber von Zwergen, Elfen und Orks lustig machen können. Aber egal welcher Spielsippe man entstammt – am Ende wird man auf jeden Fall seinen Spaß mit diesem vergleichsweise simplen, aber dennoch spannenden und unterhaltsamen Kartenspiel haben. Zumindest kenne ich bislang niemanden, der das Spiel getestet hat und noch nicht infiziert ist.

_Die Idee_

Eine erlesene Gruppe von Zauberern, Menschen, Elfen und Zwergen zieht durch die finstren Lande, um den ultimativen Bösewicht und dessen Schergen zu jagen und ihre grauenvollen Machenschaften ein für allemal zu beenden? Völliger Blödsinn, denn schließlich kann man den Kampf gegen das Böse auch um einiges relaxter angehen. Schwerter und Schilde? Wer braucht das schon in einer Welt, in welcher der Kniescheiben zertrümmernde Hammer, die Strumpfhose der Riesenstärke und die Stiefel zum echt schnellen Davonlaufen das Maß aller Dinge sind. Und sollten all diese Gegenstände nicht mehr ausreichen, gibt’s ja immer noch den Trank des Mundgeruchs und ähnlich suspekte magische Mittel.

In „Munchkin“ kämpft man also grob betrachtet mit recht unkonventionellen Mitteln gegen all die Gefahren, die sich im standesgemäßen Dungeon tummeln. Es gilt fürchterliche, witzige Monster zu bekämpfen, sie kompromisslos zu töten, ihre Schätze zu klauen und Schritt für Schritt in der eigenen Stufe zu steigen, bis man schließlich genügend Erfahrung gesammelt hat, um in Stufe 10 den Sieg einzufahren. Allerdings ist dies nicht so leicht wie vermutet, denn auch die Gegen- bzw. Mitspieler („Munchkin“ ist übrigens für drei bis sechs Spieler konzipiert …) reden bei der eigenen Entwicklung ein gehöriges Wort mit, spinnen derweil Intrigen oder greifen ein, wenn Not am Mann ist – Letzteres aber meist zu den eigenen Ungunsten. Während man also rasant zwischen den einzelnen Stufen pendelt und auch einige Rückschläge einstecken muss, dringt man immer tiefer in die Wirren des seltsamen Dungeons ein und schont weder Ganzkörperschild noch Lachmuskeln. Und das bei einem Suchtfaktor, dem mittlerweile weltweit unzählige Spieler – verständlicherweise – treu ergeben sind.

_Das Material_

Das Basisspiel, sprich die Ursprungsversion des Kartenkults, enthält insgesamt 168 Karten, die sich in Dungeon- und Schatzkarten untergliedern. Hierbei zählt in erster Linie die witzige Gesamtillustration Kovalics, die hier wieder mal dem Fass den Boden ausschlägt und gerade bei der Darstellung der verschiedensten Monster das Talent des Stammzeichners an Steve Jacksons Seite unter Beweis stellt. Zwar wurde der hier entworfene Stil, einzelne Charaktere zu zeichnen, in späteren Spielen (zum Beispiel [„Chez Geek“) 3261 immer wieder kopiert bzw. geringfügig modifiziert, aber die ständigen Lacher bleiben selbst dann nicht aus, wenn man das Werk des Zeichners in- und auswendig kennt.

Die Simplizität, mit der Kovalic die Karten gestaltet hat, schlägt sich auch auf den Aufbau des Materials nieder. Leicht verständliche Inhalte, eine sehr gut überschaubare Systematik und (natürlich) humorvolle Texte zieren die einzelnen Karten und machen das Spiel sowohl qualitativ als auch optisch zu einer echten Wonne. Aber das ist man von diesem berüchtigten Zweigespann respektive dem |Pegasus|-Verlag nicht anders gewohnt.

_Ab ins Dungeon – der Ablauf des Spiels_

Im Grunde genommen setzt sich jede Spielrunde aus genau vier Phasen zusammen, nämlich ‚Tür öffnen‘, ‚Auf Ärger aus sein‘, ‚Raum ausplündern‘ und ‚Milde Gabe‘. Allerdings muss jede diese Phasen noch einmal umfassend vertieft werden, weil es viele Eventualitäten gibt, die man bei den einzelnen Spielzügen berücksichtigen muss – ganz so leicht kann man jedenfalls nicht in den düsteren Gängen des Dungeons bestehen.

Vor jeder Runde müssen jedoch erst einmal die Karten aufgeteilt werden. Dungeon- und Schatzkarten werden getrennt und in zwei separate Stapel gemischt. Nun erhält jeder Spieler genau zwei Karten auf die Hand, mit denen er das Spiel auch beginnt. Diejenigen, die eine schnelle Runde spielen wollen, können auch auf vier Karten als Startkapital ausweichen.

Dann geht’s auch schon los: Beginnend als Mensch auf Stufe 1 zieht man Runde für Runde eine Karte vom Dungeonstapel. Sollte es sich dabei um eine Monsterkarte handeln, muss man das darauf befindliche Monster ohne Umwege bekämpfen, kann hierzu aber auch verschiedene Tränke und Waffen verwenden, die man offen vor sich auszuliegen oder noch auf der Hand hat. Nun wird die Gesamtstufe, also der eigene Status plus Boni, addiert, mit der des Monsters verglichen und der Sieger ermittelt. Sollte man den Kampf tatsächlich siegreich bestreiten, besteht die Möglichkeit, des Gegners Schätze zu ergattern. Allerdings ist es auch nach erfolgreichem Kampf noch möglich, einen Gegenschlag einstecken zu müssen.

Wer sich dem feindlichen Monster indes nicht gewachsen sieht, kann auch die Kumpanen um Hilfe rufen, die durch eine Beteiligung am Kampf eventuell am erstrittenen Schatz beteiligt werden. Allerdings profitieren sie durch den Sieg nicht, indem sie wie man selbst bei der Tötung des Monsters eine Stufe (oder zwei bei einem großen Monster) aufsteigen. Nur die materielle Ausbeute des Kampfes ist hier ausschlaggebend. Es ist jedoch nicht verpflichtet, den Mitstreitern zur Hilfe zu eilen. Im Fall der totalen Hilflosigkeit bleibt nur noch die Flucht, dann aber möglicherweise auch der Schaden durch das oder die Monster. Nur mit einer hohen Würfelsumme kann man den schlimmen Dingen noch entfliehen, die sie einem anzutun gedenken. Drunter fallen natürlich auch ein Herabsenken der Charakterstufe und ggf. sogar der Tod.

Gesetzt dem Fall, dass man statt einem Monster einen Fluch vom Dungeonstapel zieht, wird dieser sofort ausgespielt und der Effekt spürbar. Die übrigen Karten, die unter keine dieser beiden Kategorien fallen, kann man entweder sofort ausspielen oder aber noch mal auf die Hand nehmen für einen späteren Einsatz. Man wird aber quasi dazu gedrängt, pro Runde ein Monster zu bekämpfen. Sollte also keines vom Dungeonstapel gezogen werden, besteht immer noch die Möglichkeit, ein Monster aus den Handkarten zum Gegner zu erwählen und es bestenfalls zu töten.

Nun folgt die lukrative Phase des Spiels, nämlich die Ausbeute. Zunächst einmal steigt man nach dem Sieg mit Todesfolge in der eigenen Rangstufe um einen Punkt, was mit einem Marker oder einer Münze markiert wird. Dann nimmt man so viele Schätze, also Schatzkarten vom Stapel, wie es auf der Karte des geschlagenen Monsters abgebildet steht. Wer zum Weglaufen gezwungen wurde, geht hingegen ebenso leer aus wie derjenige, der auf kein Monster getroffen ist. Allerdings besteht für Letztgenannten noch die Pflicht, verdeckt eine weitere Karte vom Dungeonstapel auf die Hand zu nehmen.

In ‚Milde Gabe‘, der letzten Phase des Spielzugs, wird schließlich das Handkartenlimit überprüft: Fünf Karten sind erlaubt, für einen Zwerg sogar sechs. Wird dies überschritten, bekommt der Spieler mit der geringsten Stufe die überschüssigen Karten. Sollte man selber diesen Rang innehaben, wirft man alle Karten über dem Limit ab.

Zum groben Verlauf des Spiels gesellen sich nun noch einige Feinheiten. So unterscheidet man zum Beispiel auch bei „Munchkin“ zwischen verschiedenen Rassen, die wiederum basierend auf ihren Eigenschaften unterschiedliche Voraussetzungen beim Durchkämmen des Dungeons haben. Weiterhin unterteilen sich die verschiedenen Vertreter der Völkergruppen noch einmal in unterschiedliche Klassen wie Zauberer, Diebe, Priester etc., denen auch noch einmal verschiedene Qualitäten beschieden sind. Die unterschiedlichsten Konstellationen des eigenen Charakters sorgen natürlich für einen individuell ganz verschiedenartigen Spielablauf und Widerstreit mit den Kontrahenten, wobei man sich zu keinem Zeitpunkt des Spiels festlegen muss. Bedingung ist lediglich, dass man genau einer Rasse und einer Klasse angehört, es sei denn, man verfügt über die Karten ‚Halb-Blut‘ und ‚Super Munchkin‘.

Dann kann man seinen Charakter natürlich mit verschiedenen Gegenständen stärken. Tränke, Schilde und Waffen erhöhen die Kampfkraft sowie offensichtlich auch die Siegchancen. Wer jedoch gerade nicht das richtige Mittel parat hat, kann auch Gegenstände mit Gegnern tauschen. Noch fieser ist dieser Tausch jedoch, wenn er in Bestechung umschlägt und man dadurch ein bestimmtes Handeln eines anderen Mitspielers unterbinden kann. Auf diese Weise kann man sich zu manchen Zeitpunkten in einen Kampf einmischen und ihn entweder zu seinen Gunsten oder aber zu Ungunsten eines anderen Spielers lenken. So entsteht mitunter auch ein kleiner Kleinkrieg, der die Dynamik des Spiels weiter forciert und letztendlich auch eine der vielen Besonderheiten von „Munchkin“ ist – und eventuell auch über Sieg und Niederlage entscheidet.

_Ende des Spiels_

Sobald ein Spieler die zehnte Stufe erreicht hat, hat er das Spiel gewonnen. Hierzu muss er aber dringend für den nahtlosen Übergang aus der vorherigen Stufe ein Monster besiegt und vorher auch auf Stufe neun gestanden haben. Extrakarten und dergleichen zählen also nicht mehr. Lediglich die ‚Göttliche Intervention‘ kann ein alternatives Spielende hervorrufen und den Spieler auf andere Weise auf besagte Stufe hieven. Aber wer will schon den leichten Weg gehen …

_Meine Meinung_

Ich denke, dass man dem euphorischen Unterton dieser Kritik schon anmerkt, mit welcher Begeisterung ich dieses Spiel verfolgt habe. Nachdem zunächst einmal das seltsame, aber eben total witzige Spielmaterial schmunzelnd unter die Lupe genommen wurde, hatte „Munchkin“ eigentlich schon gewonnen. Doch erst die rasante Interaktion im weiteren Spielverlauf erweckt den finalen Eindruck, dass dieses Spiel vollkommen zu Recht seit einiger Zeit Kultstatus innehat, denn erst, wenn man die finsteren Schergen mit den leicht bescheuerten Waffen bekämpft, merkwürdige Flüche ausstößt, zweifelhafte Tränke eingießt und sich im Rassen- und Klassenkampf behaupten muss, wird man in den Bann der Faszination „Munchkin“ gezogen und entdeckt ein im direkten Vergleich noch besseres Pendant zur WG-Parodie in „Chez Geek“ bzw. „Chez Goth“.

Aber natürlich bleibt die Frage, was genau diese Faszination auslöst, und da bleibe ich denjenigen, die sich bislang noch nicht an „Munchkin“ versucht bzw. überhaupt keine Verbindung zum Rollenspiel haben, auch über diese Kritik eine Antwort schuldig. Man mag sich ggf. mit Phrasen wie ‚man muss es einfach mal gespielt haben‘ nicht zufrieden geben, aber ohne Erfahrungswerte wird man die Besonderheiten, die den „Munchkin“-Kult definieren mitunter nicht verstehen können. Es ist eben eigentlich die Kombination aus Witz, Dynamik, Strategie, Wagemut, Hinterlist und Gemeinheiten, die nachhaltig überzeugt und ausnahmslos begeistert.

Einzige Bedingungen für den Interessenten sind, dass er kein bierernster Rollenspieler ist, die Bereitschaft zeigt, sich über das Genre lustig zu machen – am besten natürlich, wenn man selber aktiv spielt – und an derartigen Spielen auch das Optische schätzt. Also, was bleibt noch außer der dringenden Empfehlung, sich selber ein Bild zu verschaffen und sich bereit für eines der nach wie vor besten, lustigsten und erfinderischsten Kartenspiele zu machen? Nichts. Von daher: Basispaket besorgen und der „Munchkin“-Leidenschaft verfallen!

http://www.pegasus.de/munchkin.html

Lynch, Scott – Lügen des Locke Lamora, Die (Locke Lamora 1)

|Locke Lamora / Der Gentleman-Bastard:|

Band 1: _“Die Lügen des Locke Lamora“_
Band 2: [„Sturm über roten Wassern“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5172
Band 3: „Die Republik der Diebe“ (11.10.2011)
Band 4: „The Thorn of Emberlain“ (noch ohne dt. Titel)
BAnd 5: „The Ministry of Necessity“ (noch ohne dt. Titel)
Band 6: „The Mage and the Master Spy“ (noch ohne dt. Titel)
Band 7: „Inherit the Night“ (noch ohne dt. Titel)

„Scott Lynch“ ist keinesfalls der neue Roman des Autoren Locke Lamora – dass es dennoch so erscheint, liegt an der völlig unpassenden Titelbildgestaltung, die leider an ältere |Dungeons & Dragons|-Romane erinnert. Es ist vielmehr umgekehrt: Der 1978 in Minnesota geborene Scott Lynch ist der Autor von „Die Lügen des Locke Lamora“, einem Edelganovenroman im Fantasymilieu. Diese recht seltene Kombination bescherte ihm großen Verkaufserfolg und gute Kritiken in den USA. _Anmerkung:_ Der Heyne-Verlag hat mittlerweile das Erscheinungsbild der Serie zum Besseren verändert, [hier]http://www.jagve.org/jpg/dldll.jpg zum Vergleich das alte Cover, auf das sich die Kritik bezieht.

Mag der Dieb als Charakter auch ein Archetyp der Fantasy sein, so ist er doch meistens eher eine Nebenfigur. Zumindest in den |Forgotten Realms| (Vergessenen Reichen) pflegen die werten Langfinger sich in mächtigen Gilden zusammenzurotten und gewissen Klischees zu huldigen, mit denen Lynch jedoch zu brechen versucht durch ein italienisch angehauchtes Szenario mit britischem Einschlag. Der Stadtstaat Camorr, in dem die Handlung spielt, ist zwar auch die Heimat vieler organisierter Banden (und deutlich an die Camorra und Neapel angelehnt), im Gegensatz zu Calimhafen im |D&D|-Universum jedoch wesentlich detailverliebter dargestellt. Es herrscht ein „Geheimer Friede“ zwischen dem Oberhaupt der Banden, Capa Barsavi, und dem Adel von Camorr. Auch die Gendarmerie ist in diesen eingeweiht. Diebe dürfen mehr oder weniger ungestraft ihr Unwesen treiben, solange die Aristokratie von ihnen verschont bleibt.

Doch der gewitzte Locke Lamora, ein Lehrling von Vater Chains, einem angeblich halbblinden Bettelmönch des Perelandro, hält sich selten an den Frieden. Nicht ganz in Robin-Hood-Manier stiehlt er von den Reichen. Allerdings nicht, um es unter den Armen zu verteilen, die lässt man einfach in Ruhe und genießt selbst das süße Leben, das die reiche Beute den Gentleman-Ganoven ermöglicht. Hier liegt auch der Unterschied zum britischen Edelganoven: Locke und seine Bande sind Waisen und keine bereits reichen Snobs mit Attitüde. Was sie von den übrigen Schlägern und Gaunern Camorrs unterscheidet, sind ein gewisses Schauspieltalent und eine umfassendere Bildung. So kann sich Locke als Edelmann verkleiden und überzeugend als Geschäftsmann auftreten, denn er versteht etwas von Buchhaltung und den Sitten am Hof von Herzog Nicovante und anderen Herrschern.

Die Geschichte beginnt mit der Überstellung Locke Lamoras an Vater Chains, der seine besonderen Talente erkannt hat. Gleichzeitig hat ihn ein gewisser Übermut in eine gefährliche Lage gebracht. Denn Locke hat bereits in seiner Ausbildung beim „Lehrherrn der Diebe“ im „Hügel der Schatten“, der junge Waisen aufsammelt und sie für die Banden Camorrs ausbildet, über die Stränge geschlagen. Er hat sich mit den Ordnungshütern der Stadt angelegt und sie bestohlen, was eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen in Bewegung setzte, die mit dem Brand eines Wirtshauses, Verhaftungen und dem Tod einiger seiner Gefährten endete. Grundsätzlich ist auch er des Todes. Denn Capa Barsavi kann nicht dulden, dass irgendjemand den „Geheimen Frieden“ bricht. Der Lehrherr ist gezwungen, beim Capa um seinen Tod zu bitten und ihn dann auch zu töten, doch Vater Chains fordert den verwegenen Bursche für sich an. Zusammen mit den Zwillingen Calo und Galdo Sanza, Bug, Jean Tannen und Sabetha bildet er sein Team von Gentleman-Ganoven. Locke entwickelt sich zum Kopf der Bande, in der jedes Mitglied seine besonderen Talente hat. Der kurzsichtige aber starke Jean zum Beispiel ist ein gefährlicher Schläger mit aufbrausendem Temperament, aber da er aus bürgerlichem Hause stammt, auch der beste Rechner der Bande, mit der bei weitem schönsten Handschrift.

Scott Lynch erzählt die Ausbildung von Locke Lamora parallel zum ersten Coup Lockes, einem Betrug an Don Salvara, dem gegenüber er sich als ein Bevollmächtigter des Hauses bel Auster, bekannt für seinen weltberühmten Austershalin-Kognak, ausgibt. Doch die Geschichte wird noch komplexer, denn in Camorr tobt ein Bandenkrieg. Der „Graue König“ versucht, Capa Barsavi die Vormachtstellung abzunehmen. Er intrigiert gegen Locke und bringt ihn unter seine Kontrolle. Er soll für ihn mit Capa Barsavi verhandeln. Dank eines Soldmagiers aus Karthain konnte er bisher der geballten Macht der Banden widerstehen, doch nun möchte er ihn sprechen. Locke vermutet zu Recht eine List – er wird als Köder einer raffinierten Falle missbraucht, die ihn fast das Leben kostet. Viele Anhänger Barsavis und Freunde Lockes sterben auf bewusst brutale und grausame Art und Weise, der „Graue König“ ist jedoch damit nicht zufrieden. Er will nicht nur Herr über die Unterwelt Camorrs sein, auch mit dem Adel hat er ein Hühnchen zu rupfen …

Ab diesem Zeitpunkt gewinnt das Buch deutlich an Klasse und Fahrt, denn die ersten 238 Seiten bis zum Beginn des zweiten Buches „Komplikationen“ sind ziemlich langweilig. Lockes Ganovenabenteuer und Genialität werden zu oft gepriesen, ohne dass Lynch einen genialen Coup folgen ließe. Die Rückblenden in die Vergangenheit wirken hier besonders bremsend und störend. Im weiteren Verlauf der Handlung, sobald sie an Komplexität und Witz gewinnt, erzeugt diese Erzähltechnik jedoch durchaus eine gewisse Abwechslung und Steigerung der Spannung. Die Zwischenspiele und Sprünge sind kürzer als zu Beginn, nicht mehr so willkürlich, sondern haben Bezug zur Haupthandlung.

Der Charakter Locke Lamora ist eine bewusste Leerstelle des Autors. Wir erfahren mehr über Vater Chains, Capa Barsavi und Jean Tannen als über Locke selbst und seine unglückliche Liebe Sabetha. Geschickt offenbart Lynch häppchenweise Details. Erst erfahren wir, dass Locke in Sabetha verliebt war, dann, dass sie über einem halben Kontinent geflüchtet ist – warum auch immer. Dann indirekt ihre Haarfarbe, dass sie eine perfekte Verführerin und Schönheit ist … und mehr nicht. Sabetha könnte in weiteren Romanen eine wichtige Rolle spielen. Locke selbst ist ein eher schmächtiger und nicht gerade gutaussehender junger Mann, dem man die Spuren der Unterernährung in der Jugend noch ansieht. Seinen wahren Namen – er heißt weder Locke noch Lamora – flüstert er am Ende des Romans Jean Tannen ins Ohr. Dem Leser bleibt er vorenthalten.

Camorr selbst, der einzige Schauplatz der Handlung, ist eine Hafenstadt, die, wie bereits erwähnt, an Neapel angelehnt ist. Magie spielt weitgehend keine Rolle, stattdessen Gift, List und Tücke. Ein sehr italienisches Szenario, mit einigen britischen Spritzern wie dem Gentleman-Aspekt und den Waisenkinderbanden. Lynch ließ es sich jedoch nicht nehmen, noch eine Hai-Variante des Stierkampfs und gläserne Bauwerke der Eldren, mystischer und ausgestorbener Vorfahren der Menschen, einzubauen. Nebenher erzählt er über weit entfernte Gebiete und zwielichte Organisationen, wie die Soldmagier von Karthain. Diese Welt ist auf Expansion angelegt, und so wundert es nicht, dass Locke am Ende des Buchs gezwungen ist, Camorr auf dem Seeweg zu verlassen. Der nächste Band wird unter dem Titel „Sturm über roten Wassern“ erscheinen.

_Fazit:_

Ganz so originell, wie die vielen Rezensionen und Pressestimmen auf dem Buchrücken behaupten, ist „Die Lügen des Locke Lamora“ sicher nicht. Das Szenario mag einem Amerikaner exotisch vorkommen, einem Europäer dürfte es wesentlich geläufiger sein. Italienisches Mittelalter beziehungsweise frühe Neuzeit treten immer häufiger in der englischsprachigen Fantasy auf, wie bereits in [„Der venezianische Ring“ 1401 von Cherith Baldry. Das soll nicht heißen, „Locke Lamora“ sei ein Langweiler, ganz und gar nicht. Ein sehr verhaltener Start und ein unausgereifter Spannungsbogen sowie starke Qualitätsschwankungen machen den Roman zu einem Wechselbad der Gefühle. Auf wirklich vorzügliche Passagen folgen Kapitel, die an Trivialität und Banalität kaum zu überbieten sind. Der sehr indirekte und vage Stil der Charakterisierung Lockes ist ausgeprägte Geschmackssache, ebenso die Erzählweise mit den vielen Zwischenspielen in der Vergangenheit.

Doch mit viel Witz und Liebe zum Detail macht Scott Lynch einiges wett, und im Genre der Fantasyganoven ist Locke Lamora ohne Zweifel bereits jetzt der unangefochtene Capa. Auf seine weiteren Abenteuer kann man gespannt sein, denn Locke hat sich in diesem Buch mehr Feinde als Freunde geschaffen. Sehr gefährliche Feinde.

|Originaltitel: The Lies of Locke Lamora (Teil 1) – The Gentleman Bastard Sequence Bd. 1
Originalverlag: Gollancz
Aus dem Englischen von Ingrid Herrmann-Nytko
Deutsche Erstausgabe
Paperback, 848 Seiten, 13,5 x 20,6 cm|
http://www.heyne.de
http://www.scottlynch.us

Franz, Andreas – Unsichtbare Spuren

Norddeutschland, 1999: Nach einer verregneten Nacht wird die brutal zugerichtete Leiche der siebzehnjährigen Sabine gefunden, die per Anhalter zu einer Chatfreundin reisen wollte. Aufgrund von Spermaspuren stößt die Polizei sehr schnell auf den vorbestraften Georg Nissen. Nissen gesteht zwar, Sabine mitgenommen und einvernehmlichen Sex mit ihr gehabt zu haben, er beteuert jedoch, mit ihrem Tod nichts zu tun zu haben. Doch für Kommissar Sören Henning ist der Fall klar. Kurz nach der Verurteilung nimmt sich der vermeintliche Täter das Leben – zu spät erkennt Henning, dass er tatsächlich unschuldig war.

Fünf Jahre später: Kommissar Henning hat seinen fatalen Irrtum bis heute nicht verkraftet. Seine Ehe ist zerbrochen, seine Frau versucht den Kontakt zu den Kindern zu unterbinden, er selber hat sich auf Büroarbeit verlegt. Doch dann wird die Leiche einer jungen Frau gefunden, am gleichen Ort wie damals Sabine. Fast alles deutet darauf hin, dass der Täter wieder zugeschlagen hat. Henning recherchiert und erkennt, dass Dutzende Morde ähnlicher Art seit rund fünfzehn Jahren in ganz Deutschland verübt wurden. Trotz der Skepsis seiner Kollegen glaubt er an einen Serientäter, der schon zahlreiche Opfer auf dem Gewissen hat.

Ermuntert von seiner jungen, temperamentvollen Kollegin Lisa Santos, steigt Sören Henning wieder in die Ermittlungen ein. Er glaubt, dass der Mörder ein überdurchschnittlich intelligenter Mann ist, der mit seinen Verfolgern spielen will. Bald folgt die Bestätigung in Form eines Briefes an Henning. Der Mörder schickt Fotos seiner toten Opfer und fordert den Ermittler zur Suche heraus. Die Zeitspanne zwischen seinen Taten wird immer kürzer und Kommissar Henning befindet sich mitten in einem grausame Katz-und-Maus-Spiel …

Mit den Krimis um Julia Durant und Peter Brandt existieren bereits zwei Ermittlerreihen von Andreas Franz, doch mit Hauptkommissar Sören Henning gibt ein sehr menschlicher und sympathischer Ermittler sein Debüt, von dem man hoffentlich noch viele weitere Fälle lesen wird.

|Interessante Charaktere|

Hauptkommissar Henning ist Anfang vierzig und ein seelisch gebeutelter Mann. Nach dem fatalen Irrtum, der zum Tod des unschuldig verurteilten Georg Nissen führte, ging sein Leben stetig bergab. Um zu vermeiden, dass ihm jemals etwas Ähnliches nochmal passiert, hat er sich aufs Aktenbearbeiten verlegt, anstatt vor Ort zu ermitteln. Seine Ehe ist unter dieser Belastung zerbrochen, seine Frau verlangt horrenden Unterhalt, während sie sich weigert, arbeiten zu gehen. Seine Töchter vermissen ihn zwar, doch ihre Mutter unterbindet den Kontakt, wo immer es möglich ist. Eine der wenigen Stützen in seinem Leben ist seine langjährige Kollegin Lisa Santos. Die temperamentvolle Halb-Spanierin arbeitet zwar seit rund zehn Jahren mit ihm zusammen, doch erst jetzt lernt er ihre privaten Seiten kennen, die sie im Job erfolgreich verbirgt. Das schlimme Schicksal von Lisas Schwester hilft Henning aufzuwachen und die Resignation von sich abzuwerfen. Gemeinsam mit Santos macht er sich auf die Jagd nach dem brutalen Mörder, dem endlich das Handwerk gelegt werden muss.

Ebenso gut wie den Hauptkommissar lernt der Leser den mysteriösen Butcher kennen. Ein Mann mit biederer Fassade, verheiratet und Vater zweier Töchter, doch dahinter lauert ein Mörder, der Dutzende Opfer auf dem Gewissen hat. Zwar kommt natürlich weder Verständnis noch Mitleid für Butcher auf, aber man gewinnt zumindest Einblick in seine kaputte Psyche. Von klein auf wird er von seiner herrischen Mutter gedemütigt, zum Lernen getrimmt und von der Außenwelt ferngehalten. Freunde werden vergrault, körperliche Nähe gibt es nicht, jeder Fehler wird grausam bestraft. Die Ehe mit seiner Frau scheint ein Rettungsanker zu sein, doch stattdessen wird alles noch schlimmer. Seine Frau gleicht seiner Mutter charakterlich aufs Haar, die beiden Frauen verbünden sich, seine Mutter wohnt mit ihnen unter einem Dach.

So unbarmherzig Butcher mit seinen Opfern umgeht, so sehr schreckt er davor zurück, sich von Frau oder Mutter zu befreien. Die Demütigungen im eigenen Haus werden durch Sadismus sublimiert. Aber der Drang zu töten wird immer stärker, seine unterdrückte Wut lässt sich kaum noch kontrollieren. Für eine überraschende Seite in seinem Wesen sorgt das Zusammentreffen mit Carina, einer alleinerziehenden Mutter, die alles verkörpert, was sich Butcher insgeheim immer von einer Frau gewünscht hat: liebevolle Ausstrahlung, Rücksichtnahme, Güte und Herzlichkeit. Während die ahnungslose junge Frau sich eine Beziehung mit dem scheinbar so verständnisvollen Mann erhofft, reagiert Butcher verzweifelt. Für einen Neuanfang mit Carina ist es zu spät, es ist bereits schwer genug, sein Doppelleben als Mörder und Familienvater zu verbergen. Er ahnt, wie anders sein Leben hätte verlaufen können, wenn Carina ihm früher begegnet wäre, aber gleichzeitig weiß er, dass nichts davon jemals wahr werden kann.

|Fesselnd bis zum Schluss|

Ein weiterer Pluspunkt ist die Spannung, die den Leser von Anfang bis Ende durchgängig in den Bann zieht. Das ist vor allem bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass es hier nicht um einen Whodunit-Krimi handelt, sondern dass dem Leser die Identität des Täters früh bekannt ist. Abwechselnd wird aus dem Leben des Ermittlers und aus dem des Mörders erzählt, sodass man beide Figuren gleichermaßen kennen lernt. Lange bevor der erste Kontakt zwischen Täter und Verfolger zustande kommt, ist der Leser umfassend informiert über die Hintergründe der grausamen Taten und besitzt einen großen Wissensvorsprung gegenüber Hauptkommissar Henning. Trotzdem bleiben genug Fragen, die den Leser bis zum Schluss fesseln.

Zwar rechnet man nicht damit, dass Henning bei seinem Katz-und-Maus-Spiel das Leben verliert, doch seine Kollegen, insbesondere die ihm nahestehende Lisa Santos, sowie Hennings Familie können durchaus ins Blickfeld des Täters geraten. Sehr lange unklar bleibt auch, ob sich „Butcher“, so der Spitzname des Mörders, stellen wird, ob er sich womöglich umbringt oder ob die Polizei ihn fasst. Was geschieht mit seinen Angehörigen, seiner verhassten Mutter und der nicht weniger verhassten Frau? Wie viele Opfer müssen ihr Leben lassen, bis es zu einem Ende kommt? Welches Schicksal wartet auf Carina und ihre Tochter, die nichts vom wahren Wesen des netten Mannes ahnen, der in ihr Leben getreten ist? Bei Andreas Franz muss man damit rechnen, dass sich nicht alles in glückliches Wohlgefallen auflöst, sondern dass auch zum Schluss noch deprimierende Elemente übrig bleiben.

|Geringe Schwächen|

Es gibt nicht viele Punkte, die man dem Roman ankreiden kann. Die Entwicklung des Serienmörders erscheint ein wenig klischeehaft. Die dominante Mutter, die empfundene Hass-Liebe und das zerrüttete Verhältnis zu Frauen sind bekannte Begründungen aus Psychothrillern, spätestens seit dem populären „Psycho“ fast schon Standard in der Thriller- und Kriminalliteratur. Zudem fällt das Ende etwas zu knapp aus. Zwar werden die wichtigsten Fragen geklärt, aber gerade was Nebenfiguren angeht, etwa Butchers Familie sowie seine neue Freundin Carina, verrät der Roman nur sehr wenig über deren Schicksal, zu wenig angesichts der Neugierde, die zuvor geweckt wurde. Unter Umständen enttäuscht auch, dass Hauptkommissar Henning nicht viel Ermittlungsarbeit leisten muss, um an den Täter zu gelangen. Butcher hat Recht, wenn er behauptet, dass er der Polizei sehr entgegengekommen ist, indem er selber den Kontakt suchte und die Leichen teilweise extra so arrangierte, dass die Zusammenhänge zwischen den Morden offensichtlich wurden. So geschickt der Mörder bei allem vorgeht, etwas zu glatt laufen seine Taten dennoch ab. Es wäre wünschenswert gewesen, ihn nicht ganz so souverän zu gestalten, sondern auch hin und wieder in brenzliche Situationen zu bringen. Allerdings trüben diese Kritikpunkte den positiven Gesamteindruck nur wenig.

_Als Fazit_ bleibt ein durchgängig spannender Krimi über einen Serienmörder und einen Hauptkommissar, von dem man hoffentlich noch einige weitere Fälle lesen wird. Dem Autor ist eine überzeugende Ermittlerfigur gelungen, die man gerne begleitet. Von kleinen Schwächen abgesehen, liegt hier ein sehr unterhaltsamer Roman vor, der allen Krimilesern ans Herz zu legen ist.

_Der Autor_ Andreas Franz wurde 1956 in Quedlinburg geboren. Bevor er sich dem Schreiben widmete, arbeitete er unter anderem als Übersetzer, Schlagzeuger, LKW-Fahrer und kaufmännischer Angestellter. 1996 erschien sein erster Roman. Franz lebt mit seiner Familie in der Nähe von Frankfurt, wo die meisten seiner Krimis spielen. Weitere Werke von ihm sind u. a.: „Jung, blond, tot“, „Das achte Opfer“, „Der Finger Gottes“, „Letale Dosis“, „Das Verlies“ und [„Teuflische Versprechen“. 1652

Mehr über ihn auf seiner Homepage: http://www.andreas-franz.org.

http://www.droemer-knaur.de

Cornwell, Bernard – Erzfeind, Der (Auf der Suche nach dem Heiligen Gral 3)

Band 1: [„Der Bogenschütze“ 3606
Band 2: [„Der Wanderer“ 3617

In der ersten Phase des Hundertjährigen Krieges der beiden Kontrahenten England und Frankreich und nach verlustreichen Schlachten auf beiden Seiten war es das primäre Ziel von König Eduard III., die großen und bedeutungsvollen Städte der Franzosen anzugreifen, um sie entweder zu vernichten oder zu erobern.

1346. Nach der Schlacht und dem Sieg des englischen Heeres bei Crècy begann im gleichen Monat noch die Belagerung der Hafenstadt Calais. Nach elfmonatiger Belagerung versuchte das französische Heer mit einem Entsatzangriff, die Stadt zu retten. Vergeblich, der Angriff wurde abgewendet und das Schicksal der Stadt war scheinbar besiegelt. Eine Plünderung und Brandschatzung hätte Calais vernichtet; das wussten auch die wichtigsten Ratsherren der Stadt und beschlossen, vor dem englischen König zu kapitulieren.

Eduard stellte allerdings eine Bedingung: Die sechs wichtigsten und vornehmsten Bürger sollten in einem Büßerhemd und mit einem Strick um den Hals vor ihn treten und ihm den Schlüssel der Stadt persönlich übergeben. Die Königin setzte sich für die sechs Geiseln ein und bat ihren Mann um Nachsicht, denn dieser hätte wohl ansonsten ein Exempel statuiert; die sechs Geiseln wurden freigelassen.

Diese Belagerung der Stadt Calais bildet den Prolog des dritten und letzten Romans „Der Erzfeind“ zu Bernard Cornwells Trilogie |Auf der Suche nach dem Heiligen Gral|.

_Die Geschichte_

Die elfmonatige Belagerung von Calais geht zu Gunsten des englischen Königs aus. Nach schier endlosen Schlachten und großen Opfern auf beiden Seiten wird nun ein Waffenstillstand vereinbart.

Diesen brüchigen kleinen Frieden soll der junge Bogenschütze Thomas von Hookton ausnutzen und weiter sein Ziel verfolgen – die Suche nach dem Heiligen Gral. Sein Weg führt ihn in die Gascogne, zu der ehemals kleinen Grafschaft Astarac seiner Familie. Das Schloss seiner Vorfahren existiert noch, und der Sage nach soll man hier zuletzt den Heiligen Gral gesehen haben. In diese Gegend kommt auch sein Vetter und Erzfeind Guy Vexille, der dem katharischen Glauben abgeschworen und sich selbst auf der Suche nach dem Gral gemacht hat, diesmal für die Heilige Römische Kirche. Eine Konfrontation zwischen Thomas und dem Mörder seines Vaters ist unausweichlich.

Als Thomas mit seinen Freunden und Vertrauten den Sitz seiner Familie erreicht und erobert, findet er in dem Verlies einer junge Frau, die der Ketzerei beschuldigt wird. Auf Befehl der Kirche soll sie den reinigenden Flammen übergeben werden. Doch Thomas, nun Herrscher über die Burg und das Land, erbarmt sich ihrer und rettet sie vor dem qualvollen Tod.

Durch diesen Entschluss macht sich Thomas gerade unter seinem ersten Kommando über eine Abteilung von englischen Bogenschütze in seinen eigenen Reihen Feinde. Viele seiner eigenen Männer sind gottesfürchtig, und aus Angst vor dem Höllenfeuer und ewiger Verdammnis sind sie nicht einverstanden mit der Entscheidung ihres Anführers. Selbst die engsten Freunde von Thomas sind seiner Entscheidung gegenüber skeptisch und wenden sich von ihm ab.

Thomas kann sie zwar durch stichhaltige Argumentationen zum Bleiben bewegen, aber die Lage eskaliert, als der Bischof Thomas exkommuniziert. Thomas muss fliehen und ist zusammen mit der Ketzerin, die er lieben gelernt hat, in Feindesland auf sich selbst gestellt.

Gehetzt von Räubern, die sich das Kopfgeld für einen englischen Bogenschützen verdienen wollen, verraten von seinen eigenen Freunden und verfolgt von seinem Vetter, dem schwarzen Ritter Guy Vexille, den man auch überall als „Harlekin“ fürchtet und kennt, bleibt ihn nur die direkte Konfrontation …

_Mein Eindruck_

„Der Erzfeind“ von Bernard Cornwell bildet den Abschluss der Gralstrilogie. Anders als in den ersten beiden Teilen „Der Bogenschütze“ und „Der Wanderer“ ist dieser Roman fast rein fiktiv und stützt sich nur im Prolog – die Schlacht um Calais – und am Ende – der Ausbruch der Pest – auf historische Ereignisse. Der überwiegende Teil der handelnden Personen, Orte und Ereignisse ist frei vom Autor erfunden. Zwar bediente sich Bernard Cornwell des Hundertjährigen Krieges als Schauplatz seiner Geschichte, aber enttäuschend ist es dennoch, dass die Geschichte viel zu abenteuerlich und keinesfalls glaubwürdig erscheint.

Bernard Cornwell bedient sich eines modernen erzählerischen Stils, und die Umgangssprache seiner Charaktere bildet hier auch keine Ausnahme. Wie schon in den beiden vorherigen Romanen, wird hier schnell und brutal gemordet, gefoltert, verraten und geliebt. Alles schnell hintereinander, ohne wirklich einen tieferen Sinn für die Geschichte übrig zu haben. „Der Erzfeind“ basiert eigentlich viel mehr auf der Darstellung von brutalen Schlachten und Toden einem von Dialogen getragenen Stil.

Auch die Story ist dermaßen unglaubwürdig und vorhersehbar, dass ich mich fragen muss, ob der Autor nicht unter Zeitdruck stand. Verrat und gebrochene Eide, eine Kirche, die zumeist als böse dargestellt wird, ein Glaube, der zu diesem Zeitpunkt eigentlich überhaupt keine Rolle mehr spielen dürfte, und ein Held, der es immer wieder schafft zu überleben und meiner Meinung nach völlig unzulänglich charakterisiert ist – das kann mich nicht davon überzeugen, diese Trilogie wirklich zu empfehlen.

Weniger Schlachten, weniger Gemetzel und viel mehr inhaltliche Dialoge hätten dieser Serie gut getan. Natürlich hat die literarische Welle um Geheimnisse und Verschwörungen im Zusammenhang mit der Kirche Hochkonjunktur, und jeder Schriftsteller möchte sicherlich an diesem Erfolg teilhaben, doch muss ich sagen, dass es in dieser Richtung inhaltlich dichtere Werke gibt.

Die Trilogie von Bernard Cornwell und nicht zuletzt „Der Erzfeind“ ist für Liebhaber von Blut und Schlachten genau die richtige Lektüre. Wer aber wirklich einen gut recherchierten Roman aus dem historischen Genre lesen möchte, dem rate ich eher ab. So bleibt unterm Strich eine Reihe von Abenteuerromanen übrig, unterhaltsam und für den einen oder anderen spannend beschrieben, aber nicht mehr.

|Originaltitel: Heretic
Aus dem Englischen von Claudia Feldmann
Gebunden, 400 Seiten|
http://www.ullsteinbuchverlage.de/ullsteinhc

|Ergänzend:|
[„Stonehenge“ 113
[„Die Galgenfrist“ 277

Göttner, Heide Solveig – Priesterin der Türme, Die (Die Insel der Stürme 1)

Amra, die junge Totenpriesterin der Stadt Caláxi, trifft auf ihrem Rückweg von einem Bestattungsritus auf einen Fremden. In den unsicheren Zeiten, in denen sie leben, bedeutet jeder Fremde eine Bedrohung. Amra schickt ihm die Reiter der Stadt hinterher. Doch als diese den Fremden eingekreist haben, stellt sich heraus, dass er ein Kind bei sich hat. Ein Mädchen mit türkisfarbenen Augen – ein verlorenes Kind!

Den Prophezeiungen nach wird ein solches Kind einst den Untergang der Türme heraufbeschwören. Die Bürger Caláxis betrachten das Kind und seinen Begleiter deshalb voller Unbehagen. Auch Corun, erster Reiter der Stadt und ihr oberster Hüter, traut dem Fremden nicht über seine eigene Nasenspitze hinaus. Und das hartnäckige Schweigen des Fremden auf jegliche Fragen trägt auch nicht dazu bei, die Lage zu entspannen.

Als die Hohepriesterin Caláxis schließlich verkündet, das Mädchen müsse getötet werden, nehmen die Ereignisse eine dramatische Wendung …

|Charaktere|

Amra ist ein Querkopf. Seit sie erwachsen ist, scheint all ihr Tun aus Widerstand zu bestehen, selbst wenn ihr das gar nicht unmittelbar bewusst wird. Sie überwirft sich mit ihrer Familie, weil sie lieber ein Leben als Unberührbare führt anstatt als angesehene Priesterin der Quelle zu dienen. Und entgegen aller Überlieferungen und Überzeugungen ihrer Stadt setzt sie ihr Leben ein, um das ungewöhnliche kleine Mädchen zu beschützen. Ihre Entscheidungen trifft sie aus dem Bauch, nicht aus dem Kopf. Und das ist nur gut so, denn ihr ausgeprägtes Einfühlungsvermögen und ihre Intuition gehen tiefer als das Offensichtliche.

Gorun dagegen ist ein Hitzkopf. Schon bevor sein jüngerer Bruder einem grausamen Mord zum Opfer fiel, wusste Gorun, dass die Stadt bedroht ist. Jetzt plagen ihn Schuldgefühle und die Angst, in seiner Aufgabe zu versagen. Dass der Fremde, den seine Reiter aufgegriffen haben, ihm keine Antworten auf seine Fragen gibt, reizt ihn zusätzlich. Kein Wunder also, dass auch bei ihm die letzte Entscheidung nicht vom Verstand, sondern von seinem Gefühl getroffen wird. Dabei mag auch seine Achtung vor Amra beigetragen haben, vor allem aber die Tatsache, dass Goruns Wesen in erster Linie darauf ausgerichtet ist, die Hilflosen zu beschützen, nicht zu töten.

Jemren, der Fremde aus dem Norden, dagegen ist die Selbstbeherrschung in Person. Er gibt keine Antwort, verrät keinerlei Gefühle, vor allem nicht Gorun gegenüber. Sein alleiniges Ziel ist es, das Kind zu schützen. Dabei weiß er gar nicht, warum er sich überhaupt mit dem Mädchen eingelassen hat. Jemren ist auf der anderen Seite der Insel aufgewachsen, wo weder die alten Götter noch die alten Lieder und Legenden von Bedeutung sind und Verschlossenheit zu den höchsten Tugenden gehört. Die Menschen sind in diesem kargen, rauen Teil der Insel so mit dem eigenen Überleben beschäftigt, dass sie für niemanden außerhalb ihrer eigenen Stadt etwas übrighaben, nicht einmal für die anderen Städte ihres eigenen Volkes.

Der Autorin ist es gelungen, jedem von den dreien Tiefe und Glaubwürdigkeit zu verleihen, indem sie – ganz ohne Schwarz-Weiß-Malerei – den Kampf ihrer Protagonisten beschreibt, die jeder für sich eine Kluft aus Vorurteilen, Misstrauen und generationenaltem Hass zu überwinden haben, weil sie aufeinander angewiesen sind, um zu überleben.

|Handlung|

Die Handlung ist in drei Ebenen geteilt, geschildert jeweils aus der Sicht eines der drei Hauptprotagonisten.

Der erste Teil erzählt von den Ereignissen in Canáxi. Dieser erste Teil vermittelt vor allem den Eindruck von Verwirrung. Das liegt zum einen daran, dass aus Amras Sicht erzählt wird. Amras Intuition bezüglich des Mädchens widerspricht den alten Überlieferungen, von deren Wahrheitsgehalt Amra nach wie vor überzeugt ist, außerdem versteht sie nicht, was die Kleine ihr so dringend zu erklären versucht. Zum anderen liegt es an dem Chaos, das die Katastrophe in der Stadt anrichtet. Die Autorin hat hier sehr gut die Stimmung in einer Stadt eingefangen, die auf ihren Untergang zusteuert, den die Einwohner auf der einen Seite nicht wahrhaben wollen, auf der anderen aber krampfhaft abzuwehren versuchen, und das mit Mitteln, die nicht wirken können, da niemand die wahre Ursache erkannt hat.

Nach der Zerstörung Canáxis erzählt der zweite Teil von der Hetzjagd durch die Wüste. Jemren versucht, die Kleine nach Osten zu bringen, weil sie dort unbedingt hinwill. Gorun macht ihm dabei das Leben schwer, nicht nur, weil er ihm nicht traut, sondern auch, weil er das Gelände kennt und davon überzeugt ist, dass es dort keine Rettung gibt. Die Flucht durch die Trockenen Hügel wird zur körperlichen Strapaze und gleichzeitig zum zermürbenden geistigen Duell zwischen den beiden Männern, das nur deshalb nicht in einem bewaffneten Zweikampf endet, weil beide keine Halunken sind. Allerdings resultiert aus den nachlassenden Kräften der Fliehenden auch, dass Jemren sich allmählich seinen Begleitern ein Stück öffnet, und damit letztlich auch wachsendes Verständnis füreinander.

Im letzten Teil raufen sich die beiden Männer zusammen, um ihre kleine Gruppe endlich von ihren Verfolgern zu befreien, was die Nraurn etwas mehr in den Vordergrund rückt.

Die Nraurn sind das zweite Volk, das die Insel bewohnt. Was genau sie sind, erfährt der Leser nicht, und die Beschreibung beschränkt sich auf Hörner, Bärte und Mähnen. Ihre Reittiere sind Naur, eine Mischung aus Ziege und Pferd. Die Nraurn sind in viele Stämme gespalten, und der kriegerischste unter ihnen, die Bahan, versucht, die Nraurn zu einen, was einigen der anderen Stämme gar nicht gefällt. Den Bahan sind sie aber offenbar nicht gewachsen.

Die Bahan wollen aber nicht nur die Nraurn einigen, sie wollen auch die Insel von den Menschen befreien. Die Menschen kamen nach ihnen auf die Insel, und die Nraurn empfinden diese als Eindringlinge und Räuber, von denen sie aus den fruchtbaren Regionen in die Wüste abgedrängt wurden. Um die alleinige Herrschaft über die Insel zurückzuerlangen, sind sie bereit, mit dem dunklen Gott des Todes einen Pakt zu schließen. Er soll die Menschen mit Stumpf und Stiel ausrotten. Doch für diesen Gefallen verlangt der Gott einen Preis. Und dieser Preis ist das Mädchen, das verlorene Kind …

Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass das Mädchen, das lediglich seinen Namen Lillia weiß, mehr ist, als selbst die alten Überlieferungen der südlichen Türme besagen. Es besitzt kein Taú, nichts von der innersten Kraft eines Lebewesens, das seine Seele an seinen Körper bindet. Dafür ist es offenbar ein Gefäß uralter und unermesslicher Kräfte, die es zwar einsetzen kann, von denen es aber gleichzeitig keinen Begriff hat. Lillia weiß nichts über alltägliche Dinge, dafür kennt sie Geheimnisse des Universums, von denen sonst niemand etwas weiß. Sie besitzt ungeheure Macht, spricht und denkt aber trotzdem wie ein Kind, und ist genauso verängstigt und schutzbedürftig. Und sie ist der Schlüssel zum Schicksal der Insel … Diese Erkenntnis erreicht letztlich sogar Gorun.

|Insgesamt|

Ich fand das Buch durchaus gelungen. Es strotzt nicht gerade vor Magie: Von den diversen Göttern ist bisher nur der finstere Totengott Antiles aufgetaucht, und der Umfang von Lillias geheimen Kräften dürfte auch noch nicht im vollen Umfang offenbar geworden sein. Dafür hat sich die Autorin mehr auf ihre Charaktere konzentriert, deren Beziehungen zueinander gleichzeitig die Kultur und einen Teil der Historik dieser Welt widerspiegeln und ein realistisches Bild davon zeichnen, wie schwer es ist, einen jahrhundertealten Riss aus Hass und Verbitterung wieder zu kitten, selbst wenn bei einem Misserfolg der völlige Untergang droht.

Auch die Spannung kam nicht zu kurz, lediglich das Versteckspiel in den Trockenen Hügeln zog sich kurzzeitig ein wenig. Die Szenarien der drei verschiedenen Teile boten jedoch genug Abwechslung, um keine echte Langeweile aufkommen zu lassen.

Insgesamt ein gelungener Auftakt, der von seinen Kontrasten lebt, sei es der Konflikt zwischen Gorun und Jemren oder Lillias seltsam zwiespältiges Wesen. Sowohl der historische Hintergrund als auch die Magie bieten noch viele Ausbaumöglichkeiten. Die Kluft zwischen Nord und Süd, die bisher nur innerhalb einer kleinen Gruppe überwunden wurde, bedeutet eine enorme Herausforderung, und die Königin der Nraurn wird in dieser Zeit sicherlich nicht untätig bleiben.

|Die Autorin|

Heide Solveig Göttner studierte Anglistik und arbeitet als Dozentin für Englisch und Deutsch in Freiburg. Außer einem Faible für archäologische Stätten hat sie eine Vorliebe für Inseln, beides hat sich offenbar in ihrer schriftstellerischen Tätigkeit niedergeschlagen. „Die Priesterin der Türme“ war ihr Debütroman; dessen Fortsetzung „Der Herr der Dunkelheit“ erschien im März dieses Jahres. Band 3, „Die Königin der Quelle“, ist für 2008 angekündigt.

http://www.heidesolveig-goettner.com/
http://www.piper-verlag.de

Junger, Sebastian – Tod in Belmont

Inhalt:

Belmont ist ein Vorort der Großstadt Boston im US-Staat Massachusetts. Die gut situierten Bürger leben friedlich zusammen; die Verbrechensrate ist so niedrig, dass es hier noch nie einen Mord gegeben hat. Das ändert sich am 11. Mai 1963, als der Verwalter Israel Goldberg Gattin Bessie im ehelichen Schlafzimmer findet: mit einem der eigenen Strümpfe stranguliert, vergewaltigt, zur Schau gestellt. Schock geht über in Angst und Zorn, denn es sieht so aus, als habe der berüchtigte Serienmörder, den die Medien den „Boston Strangler“ nennen, sein ‚Revier‘ erweitert. Binnen kurzer Zeit hat dieser Würger acht Frauen auf die beschriebene Weise umgebracht, ohne dass es der Polizei trotz intensiver Suche gelungen wäre, ihm auf die Spur zu kommen.

Dieses Mal könnte sich das ändern: Am Tatort sahen Zeugen einen männlichen Schwarzen, der in diesem rein ‚weißen‘ Viertel auffiel und argwöhnisch beobachtet wurde. Roy Smith ist sein Name, und er hat für Bessie Goldberg am Tag ihres Todes diverse Handlangerdienste erledigt. Niemand außer ihm kann nach Auffassung der Beamten nach dem Mord und vor dem Erscheinen des Ehemanns das Haus betreten haben. Ergo ist Smith, der hartnäckig leugnet, der Hauptverdächtige – und womöglich der Würger von Boston! Letzteres kann ihm nicht nachgewiesen werden, doch man verurteilt Smith als Mörder von Bessie Goldberg; das Gefängnis hat er lebendig nicht mehr verlassen.

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