|Der Illustrator Thomas Thiemeyer überraschte 2004 mit seinem überaus erfolgreichen Romandebüt „Medusa“, dem sich die ebenso beliebten Abenteuer „Reptilia“ und der aktuelle Wissenschaftsthriller [„Magma“ 3415 anschlossen. Wir haben uns mit ihm über seine aktuellen Bestsellererfolge und seine weiteren Planungen unterhalten:|
_Andreas:_
Hallo, Thomas. Ich gratuliere zu den aktuellen Erfolgen! Schon dein Debüt „Medusa“ lief ausgesprochen gut und die Taschenbuchfassung von „Reptilia“ macht es sich derzeit auch in den Bestsellerlisten gemütlich. Bist du mit den Verkaufserfolgen zufrieden? Hat „Reptilia“ eine spürbare Ausweitung deines Leserkreises bewirkt?
_Thomas:_
Nun, über den Erfolg beider Bücher freue ich mich natürlich sehr. „Medusa“ war in dieser Hinsicht sogar noch einen Tick erfolgreicher. Für mich war es aber mindestens so wichtig, dass ich das Gefühl hatte, mich schriftstellerisch bei „Reptilia“ weiterentwickelt zu haben. Es gibt meines Erachtens interessantere Figuren, eine dichtere Story und einen steileren Spannungsbogen.
_Andreas:_
Wenn ich mir die letzten Platzierungen ansehe, fällt schon auf, dass die jeweilige Taschenbuchfassung gegenüber der Hardcoverausgabe die Nase vorn hat. Das deutet auf ein jeweils andersartiges Zielpublikum hin. Sind Thiemeyer’sche Abenteuer eher für Taschenbuchkäufer interessant oder kann man im Vergleich der beiden Märkte sagen, dass die Hardcoverausgaben ähnlich erfolgreich waren?
_Thomas:_
Ich halte mein Zielpublikum definitiv für Taschenbuchleser. Ich selbst würde mich auch als solchen bezeichnen. Taschenbücher sind günstig, leicht und knautschig. Man kann sie auf dem Rücken liegend lesen oder in der Badewanne. Es gibt nur ganz wenige Bücher, die ich im Hardcover lese. Meist ist es dann „gehaltvolle“ Literatur, wie Eco, Zafón oder Zweig. Unterhaltungsliteratur (wenn man diesen schrecklichen Begriff verwenden möchte), wie ich sie schreibe, hat ihr Standbein im Taschenbuch. |Dachte| ich zumindest immer. Aber seit mein neuer Roman „Magma“ auf der |Spiegel|-Bestsellerliste Hardcover gelandet ist, bin ich diesbezüglich etwas ins Grübeln geraten.
_Andreas:_
Das Timing dieses Erfolges mit der neuen Ausgabe von „Reptilia“ ist natürlich besonders prima, da parallel dein gerade erwähntes neues Buch im Hardcover erschienen ist. Zu aktuellen Erfolgsmeldungen deines Thrillers „Magma“ kannst du sicherlich noch nicht viel sagen, aber zumindest die ersten Platzierungen in den Hardcover-Bestsellerlisten und bei |amazon.de| zeigen bereits einen zu erwartenden großen Erfolg. Gibt es hier bereits wieder Verträge mit Lizenzausgaben? Und was machen übrigens die Filmrechte zu deinen ersten beiden Romanen?
_Thomas:_
Zu „Magma“ lässt sich tatsächlich noch nicht viel sagen. Ich weiß nur, dass die erste Auflage bereits vergriffen ist. Konkrete Zahlen gibt’s aber erst in einem halben Jahr. Allerdings hat auch diesmal |Weltbild| wieder sein Interesse bekundet. Ich bin sicher, dass noch einige Auslandslizenzen dazukommen werden. Das haben sie bisher immer getan.
Beim Film sieht es dagegen eher mau aus. Die Option für „Medusa“ wurde nicht gezogen, wie es im Fachjargon so schön heißt. Will sagen: Es war zwar Interesse vorhanden, aber das Projekt erschien wohl als zu kostspielig oder wenig interessant. Ebenso bei „Reptilia“. Überhaupt spielen viele Fernsehproduktionen derzeit eher in oder um Deutschland, und wenn es denn mal exotisch wird, dann eher historisch-exotisch wie bei der derzeitigen Verfilmung des Lebens Heinrich Schliemanns. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf: Irgendwann steht auch mal wieder reines Abenteuerkino auf dem Programm.
_Andreas:_
Die Umschlaggestaltung von „Magma“ ist mal wieder äußerst lecker. Ich vermute, du hast erneut selbst Hand angelegt?
_Thomas:_
Klar. Alles andere würde mir mein Berufsethos verbieten. So komisch es klingen mag, aber wenn ich nach meinem Beruf gefragt werde, antworte ich immer zuerst „Illustrator“. Und das, obwohl ich zurzeit mit dem Schreiben viel größere Erfolge feiere.
_Andreas:_
Der Klappentext lässt diesmal einen noch deutlicheren Schritt in Richtung Wissenschaftsthriller und Science-Fiction vermuten und klingt nach Anteilen aus frühem Michael Crichton und Frank Schätzing. Ist „Magma“ wieder mehr ein Abenteuerroman, mehr Thriller oder mehr Science-Fiction? Wo würdest du den Schwerpunkt verorten?
_Thomas:_
„Magma“ ist in erster Linie eine Geschichte über eine unglückliche Frau. Es ist ihr Schicksal, das sich wie ein roter Faden durch den Roman zieht und am Ende zur Errettung der gesamten Menschheit führt. Ich liebe es, solche persönlichen Einzelschicksale in einen viel größeren Kontext einzubetten. Und diesmal ist der Kontext wirklich gewaltig.
Thematisch schwankt die Story stark zwischen allen angesprochenen Genres, ohne sich genau festzulegen. Eine Art „Crossover“, würde ich sagen. Den Ritterschlag hat das Buch durch Frank Schätzing erhalten, der es gelesen und für sehr gut befunden hat.
_Andreas:_
Erzähl den Lesern bei dieser Gelegenheit doch gleich mal etwas zum Inhalt von „Magma“. Was erwartet uns?
_Thomas:_
Es handelt von einem verschwundenen Forscher, mysteriösen Gebilden aus Stein und einem Zeichen am Himmel. Aus dem Marianengraben, mitten im pazifischen Ozean, dringen Signale an die Oberfläche, die viel zu regelmäßig sind, um natürlichen Ursprungs zu sein. Die Geologin Ella Jordan steht vor einem Rätsel. Es gibt nur eine Lösung: Mit einem U-Boot tauchen sie und der Wissenschaftler Konrad Martin zum untersten Bereich des Grabens. Hier scheint die Quelle der Störung zu sein. Sie entdecken eine riesige Steinkugel, hart wie Diamant, widerstandsfähig gegenüber allen Messmethoden. Die Erforschung der Kugel mündet in einer Katastrophe.
Plötzlich werden neue Signale empfangen: zuerst aus der Region des Nordkaps, dann aus Australien bis hinunter zur Antarktis. Ella und Konrad reisen um die ganze Welt und stoßen überall auf dieselben rätselhaften Gebilde aus Stein. Mit einem Mal beginnen sich die Signale aller Kugeln zu synchronisieren, ihre seismischen Wellen erzeugen auf der ganzen Welt Erdbeben und Vulkanausbrüche – Ella arbeitet wie besessen an einer Lösung, doch der Countdown läuft …
_Andreas:_
Konntest du für dieses Thema auf dein früheres Studium der Geologie und Geografie zurückgreifen? Mariannegraben, Erdbeben, Vulkanausbrüche – wird der Leser hier wissenschaftlich schlau gemacht?
_Thomas:_
Klar, hier konnte ich in die Vollen gehen und die gesamte geologische Trickkiste auspacken. Ich bin sicher, dass der Leser nach der Lektüre genau weiß, was eine Subduktionszone, die Mohorovizischen Diskontinuität oder ein Hot Spot ist. Vielleicht gelingt es mir ja sogar, den einen oder anderen für die faszinierende Welt der Erdwissenschaften zu begeistern.
_Andreas:_
Du hast die Erzähltechnik vom Debüt „Medusa“ zu „Reptilia“ bereits deutlich verändert. Hast du in „Magma“ wieder mit Erzählstilen experimentiert? Worauf bist du im Ergebnis besonders stolz?
_Thomas:_
Ich habe diesmal meine Palette merklich erweitert. Beide Vorgänger verfügten nur über ein relativ kleines Ensemble von Personen und spielten nur an wenigen Orten. „Magma“ ist in dieser Hinsicht deutlich aufgebohrt. Mehr Personen, mehr Schauplätze und vor allem mehr Handlungsstränge. Schließlich geht es ja um eine weltumspannende Bedrohung. Da kann man kein Kabinettstückchen draus machen. Manchmal kam ich mir vor wie ein Jongleur, der zehn Bälle in der Luft halten muss. „Magma“ ist großes Kino.
_Andreas:_
Was macht die Graphikerkarriere, die du angesprochen hast? Lässt sich immer noch beides unter einen Hut bekommen? Deine Coverbilder landen ja immer wieder auf den Nominierungslisten diverser Phantastikpreise. Gibt es hier seit „Medusa“ Neues zu verkünden?
_Thomas:_
Nach diversen Angeboten amerikanischer Verlage, hat sich nun sogar ein namhafter Hollywoodregisseur bei mir gemeldet und mich gefragt, ob ich Interesse hätte, „Concept Art“ für seinen neuen Film zu machen. Die Rede ist von Darren Aronofsky, dessen Film „The Fountain“ gerade so wunderbar an den deutschen Kinokassen gefloppt ist. Und das, weil er praktisch nirgends zu sehen war. Sehr zu Unrecht, wie ich finde, denn es ist ein sehr tiefgründiger Film mit sensationellen Bildern. Offenbar hat man einen solchen Stoff dem „Eragon“-gestählten Publikum nicht zugetraut. Zeit zum Umdenken, liebe Kinobetreiber!
_Andreas:_
Hat deine Familie inzwischen das Gefühl, eine Berühmtheit im Familienkreis zu beherbergen? Kannst du dich vor Groupies und Fanpost noch retten?
_Thomas:_
Meine Familie ist einfach großartig. Wir nehmen uns hier alle nicht richtig ernst und bleiben schön auf dem Boden. Einen besseren Schutz vor Größenwahn gibt es nicht. Und die Groupies? Ich warte immer noch auf entsprechende Post. Gerne mit Bild. 😉
_Andreas:_
Welche neuen abenteuerlichen Tiefen werden vom Autor Thomas Thiemeyer als nächste ausgelotet? Hast du schon in deiner Idee- und Materialschublade gewühlt und das nächste Projekt herausgekramt?
_Thomas:_
Ich sitze schon eifrig am nächsten Roman, wenn du das meinst. Und „tata“, es wird eine Fortsetzung zu „Medusa“ geben. Lange habe ich mich dagegen gesträubt, weil ich eigentlich kein Fan von Fortsetzungen bin. Aber die Idee zu diesem Roman war einfach zu schön, um sie ungenutzt verstreichen zu lassen. Die Leser können sich also im nächsten Jahr auf ein Wiedersehen mit Hannah Peters und Chris Carter freuen.
_Andreas:_
Welche aktuelle Lektüre würdest du den Lesern von Buchwurm.info bis dahin dringend ans Herz legen wollen? Mir hat es diesen Monat „Weltensturm“ schwer angetan und ich bin sehr neugierig auf Andreas Eschbachs „Ausgebrannt“. Was liegt auf deinem Nachttisch?
_Thomas:_
„Next“ von Michael Crichton. Ich habe allerdings noch nicht angefangen zu lesen, kann also nichts darüber sagen. Begeistert bin ich mal wieder vom guten alten Stefan Zweig. Seine Anthologie „Meistererzählungen“ aus dem Hause S. Fischer ist einfach ein Genuss. Was für ein begnadeter Erzähler. Sehr zu empfehlen auch „Ein dickes Fell“ meines Freundes Heinrich Steinfest, erschienen bei |Piper|. Ebenso wortgewaltig wie Zweig, aber um ein Vielfaches humorvoller. Geheimtipp!
_Andreas:_
Wirst du auf Lese- oder Signiertour unterwegs sein? Wenn ja: Gibt es schon Termine, die wir uns ankreuzen sollten?
_Thomas:_
Ich muss ein Geständnis ablegen: Ich bin kein Freund von Lesungen. Ich sehe mich als Autor und Illustrator, nicht aber als Entertainer. Obwohl man mir immer wieder eine schöne Erzählstimme bescheinigt hat, graust es mich jedes Mal vor öffentlichen Auftritten. Meine Lesungstermine wird man daher an einer Hand abzählen können. Ein Termin steht allerdings schon fest. Am 29.09. ab 20:00 Uhr wird es im Parkhotel Waldlust (Hohemarkstr. 168, 61440 Oberursel/Taunus) eine sensationelle Lesung vom [Autorenforum Montségur]http://autorenforum.montsegur.de geben. Lesen werden (in dieser Reihenfolge):
Thomas Thiemeyer aus „Magma“
Heiko Wolz aus „Spinnerkind“
Andrea Schacht aus „Kreuzblume“
Thomas Finn aus „Der Funke des Chronos“
Christoph Hardebusch aus „Die Schlacht der Trolle“
_Andreas:_
Ich wünsche dir mit „Magma“ und den erneut erfolgreichen ersten beiden Werken viel Erfolg und bedanke mich für deine Gesprächszeit.
_Thomas:_
Herzlichen Dank für euer Interesse und viel Spaß bei der Lektüre. Man liest sich.
Website des Autors: http://www.thiemeyer.de/
Website zu „Magma“: http://www.droemer.de/magma/
|Wer mehr über Thomas Thiemeyer erfahren möchte, kann dies in unserem [Interview vom September 2004]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=25 nachlesen.|
[„Medusa“ 482
[„Reptilia“ 1615