Archiv der Kategorie: Rezensionen

Dark, Jason – John Sinclair – Damona, Dienerin des Satans (Folge 4)

Ernest de Lorca ist wie ausgewechselt; er glaubt erfahren zu haben, dass seine Frau Lucille, mit der er jahrelang glücklich verheiratet war, ihn aus unerfindlichen Gründen umbringen möchte. Um ihr zuvorzukommen, schleicht er sich eines Nachts an sie heran und bedroht sie mit einer Waffe. Lucille hingegen streitet entsetzt alles ab und bekommt auf den ersten Schock Hilfe von ihrer Tochter Damona. Wenige Sekunden später bekommt Ernest zu spüren, dass seine Vermutung richtig war …

Kurze Zeit später wird auch der Cousin von Polizeichef Powell tot aufgefunden; er kam bei einem seltsamen Verkehrsunfall ums Leben, in den anscheinend seine Frau involviert war. Einen Tag vorher konnte er Powell noch darüber informieren, dass seine Frau der mysteriösen Damona-Sekte beigetreten ist und sich seitdem völlig verändert habe.

Sir Powell, gleichermaßen Vorgesetzter von John Sinclair, setzt zwei seiner besten Leute auf den Fall an. Neben Sinclair stellt auch dessen Kollegin Jane Collins erste Ermittlungen an und bekommt kurze Zeit später den Auftrag, die erste Spur näher zu ergründen und sich bei der Sekte einzuschleusen. Als ihr dies zu ihrer eigenen Überraschung sehr schnell gelingt, stellt sie jedoch fest, dass sie der telekinetischen Kraft Damonas nicht gewachsen ist. Hypnotisiert von ihrer Aura lässt sie sich von der Führerin des neuen Kults komplett vereinnahmen, muss aber zum endgültigen Einstieg erst noch eine Reifeprüfung ablegen. Und in der geht es darum, sich einer ganz bestimmten Person zu entledigen: John Sinclair!

_Meine Meinung_

„Damona, Dienerin des Satans“ ist ganz klar eine der stärksten bisher gehörten Sinclair-Folgen, selbst wenn die Hintergründe nicht wirklich neu sind und Jason Dark auch wieder reichlich mit Klischees gearbeitet hat. Namen wie Lucille und Damona sprechen schließlich für sich. Doch ehrlich gesagt, ist mir dies im hier besprochenen Beispiel eigentlich nur recht, denn von den beiden erwähnten Personen wird tatsächlich das echte Böse verkörpert, kompromisslos und infernalisch, und da passen diese Namen wie die Faust aufs Auge.

Doch ich möchte hier nicht über Namen, sondern vielmehr über eine erneut superb aufgebaute Story sprechen, in der die bekannten Sprecher mal wieder eine phänomenale Leistung abgeben. Diesmal sehr stark: Franziska Pigulla (besser bekannt als Synchronstimme von „Akte X“-Agentin Dana Scully) in der Rolle der Jane Collins, die vor allem nach der dämonischen Beschwörung durch Damona de Lorca auftrumpfen kann. Ihre Wandlung hin zum Sektenkult kauft man ihr sofort ab, und überhaupt scheint ihr die Rolle des kurzzeitigen Gegners sehr gut zu liegen.

Jane Collins‘ Entwicklung sagt auch sehr viel über die stetige Wandlung des Plots aus. Bereits am Anfang vermutet man im besessenen Ernest de Lorca den wahren Schurken, doch man hat sich offensichtlich getäuscht und von den widrigen Umständen verwirren lassen. Später dann ist die Rolle der Agentin Collins ungewiss. Ist sie tatsächlich der Sekte verfallen oder spielt sie nur? Außerdem stellt sich während der gesamten Erzählung die Frage, welchen Part Damonas Schwester Teresa nun einnimmt. Bei ihrer Rückkehr erwischt sie ihre verbliebene Familie beim Begraben ihres Vaters und wird anschließend gezwungen, der Frauenpower-Sekte ebenfalls beizutreten. Dies tut sie nicht mit Überzeugung, aber sie steigt ein und wird schließlich zu einer entscheidenden Figur für das Finale.

Während im Vordergrund die Geschichte um Damona und ihre Widersacher steht, erfährt der Hörer gleichzeitig einiges über die Hintergründe und Ideale der Sekte. Bloß für die Macht des weiblichen Geschlechts einzutreten, scheint bei den Handlungsabläufen ein bisschen wenig zu sein, um die bösartige Motivation der de-Lorca-Familie zu rechtfertigen. Es muss mehr dahinterstecken, aber was? Dies alles gilt es im Laufe der knappen Stunde, die „Damona, Dienerin des Satans“ andauert, zu ergründen.

Die vierte Hörspiel-Episode ist gleichzeitig auch das vierte Heftabenteuer um den Geisterjäger und erschien im Original bereits im Jahre 1978. Staub angesetzt hat die Handlung seitdem nicht, wobei man schon sagen muss, dass die erzählte CD-Fassung merklich von den vielen tollen Soundeffekten profitiert, die die Spannung immer wieder ordentlich vorantreiben, dabei aber nicht von der Geschichte ablenken. Und so gibt es schließlich auch in „Damona, Dienerin des Satans“ allerbeste Unterhaltung auf typisch hohem Sinclair-Niveau, und dies einmal mehr mit exzellenten Sprechern. Fans werden das Teil wahrscheinlich schon besitzen, alle anderen sollten die vierte Folge dringend antesten!

Mehr Infos zu dieser Episode gibt’s [hier.]http://www.sinclairhoerspiele.de/hoerspiele.php?hsp=4

_|Geisterjäger John Sinclair| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Anfang“ 1818 (Die Nacht des Hexers: SE01)
[„Der Pfähler“ 2019 (SE02)
[„John Sinclair – Die Comedy“ 3564
[„Im Nachtclub der Vampire“ 2078 (Folge 1)
[„Die Totenkopf-Insel“ 2048 (Folge 2)
[„Achterbahn ins Jenseits“ 2155 (Folge 3)
[„Damona, Dienerin des Satans“ 2460 (Folge 4)
[„Der Mörder mit dem Januskopf“ 2471 (Folge 5)
[„Schach mit dem Dämon“ 2534 (Folge 6)
[„Die Eisvampire“ 2108 (Folge 33)
[„Mr. Mondos Monster“ 2154 (Folge 34, Teil 1)
[„Königin der Wölfe“ 2953 (Folge 35, Teil 2)
[„Der Todesnebel“ 2858 (Folge 36)
[„Dr. Tods Horror-Insel“ 4000 (Folge 37)
[„Im Land des Vampirs“ 4021 (Folge 38)
[„Schreie in der Horror-Gruft“ 4435 (Folge 39)
[„Mein Todesurteil“ 4455 (Folge 40)
[„Die Schöne aus dem Totenreich“ 4516 (Folge 41)
[„Blutiger Halloween“ 4478 (Folge 42)
[„Ich flog in die Todeswolke“ 5008 (Folge 43)
[„Das Elixier des Teufels“ 5092 (Folge 44)
[„Die Teufelsuhr“ 5187 (Folge 45)
[„Myxins Entführung“ 5234 (Folge 46)
[„Die Rückkehr des schwarzen Tods“ 3473 (Buch)

Cross, Wilbur – Tragödie am Pol

Die Fakten: Im Frühjahr des Jahres 1928 macht sich das Luftschiff „Italia“ unter dem Kommando des Generals Umberto Nobile auf den Weg zum Nordpol, den es zum Nutzen der Wissenschaft sowie zum Ruhme Italiens und des faschistischen Mussolini-Regimes anfliegen soll, um dort womöglich sogar zu landen. Allen technischen Problemen zum Trotz gelingt immerhin Ersteres, doch das auch im polaren „Frühling“ unberechenbare Wetter bringt auf dem Rückflug die Katastrophe: In einem schweren Sturm stürzt die „Italia“ am 25. Mai 1928 im Niemandsland der Treibeiszone nördlich von Spitzbergen ab. Die Hälfte der Besatzung kommt um, Nobile wird schwer verletzt. Fast ohne Ausrüstung und Verpflegung sehen die Überlebenden im „Roten Zelt“ einem schrecklichen Ende entgegen, wenn es nicht gelingt, über das wundersam gerettete Funkgerät Hilfe herbei zu rufen. Der Versuch, das Festland zu Fuß zu erreichen, endet für drei Männer der Expedition in einem grausigen Desaster. Nach qualvollen Wochen werden Nobile und seine Gefährten endlich gefunden. Zahlreiche Rettungsversuche zu Wasser, zu Lande und durch die Luft scheitern oder fordern sogar neue Opfer, zu denen auch Roald Amundsen, der legendäre Bezwinger des Südpols, gehört; nur ein Flugzeug kommt durch, das den geschwächten Nobile ausfliegt. Die übrigen Männer können nach weiteren Wochen der Angst und Ungewissheit vom russischen Eisbrecher „Krassin“ geborgen werden.

Der Mythos: Umberto Nobile war ein von Stolz und Ehrgeiz zerfressener Mann, der es nicht ertrug, den Ruhm einer früheren, von Zank und Hader bestimmten, aber immerhin geglückten Luftschiff-Expedition zum Nordpol (deren Leiter ironischerweise Roald Amundsen war) teilen zu müssen. Er erzwang eine Wiederholung, dieses Mal unter eigenem Kommando, überschätzte sein Schiff und seine Fähigkeiten, brachte Tod und Verderben über seine unglücklichen Begleiter, gab im Notlager auf dem Polareis eine denkbar unglückliche Figur ab und ließ sich dort bei der ersten Gelegenheit in Sicherheit bringen, während er seine Freunde feige ihrem Schicksal überließ, vor dem sie erst ein Wunder in Gestalt der gar nicht so satanischen Sowjets retten konnte.

Die Wahrheit: Selten ist ein Mann nach Ansicht von Wilbur Cross so erfolgreich das Opfer politischer Intrigen geworden wie Umberto Nobile. Der angebliche Feigling war tatsächlich ein Mann von beträchtlichem Mut und Durchsetzungsvermögen, der nicht nur einer der fähigsten Luftschiff-Konstrukteure der Welt war, sondern dem auch das Kunststück gelang, als ausgewiesener Pazifist ein hohes militärisches Amt zu bekleiden, und sich nach 1922 – dem Jahr, in dem die Faschisten in Italien die Macht ergriffen – als ausgesprochen unbequemer Zeitgenosse erwies, der das „Italia“-Unternehmen quasi gegen den Willen Mussolinis und seiner Vasallen realisierte. Das Scheitern der „Italia“ war vor allem Pech, Nobiles Rettung eine notwendige, mit seinen Gefährten abgesprochene Aktion, die später von den Gegnern des Generals publizistisch ausgeschlachtet wurde, um diesen endgültig kaltzustellen.

Die Höllenfahrt der „Italia“ gehört zu den berühmtesten Episoden der an Sensationen nicht gerade armen Geschichte der Nordpol-Entdeckung. Der war zwar schon zwanzig Jahre zuvor über das Eis und ganz klassisch per Hundeschlitten erreicht worden, aber die Nobile-Tragödie schuf einen gar zu schönen Epilog. Ebenso klar waren die Rollen in diesem Drama verteilt: Nobile = Feigling, Amundsen = tragischer Held, Nobiles Männer = Hintergrundchor der Tapferen und Irregeleiteten, Besatzung der „Krassin“ = Personifikation des Völkerverständnisses, das sogar im freien Westen gewürdigt werden durfte, ohne dass man Gefahr lief, als Kommunisten-Knecht angeprangert zu werden.

Dabei sagen die Fakten ganz anderes aus, und sie liegen schon lange offen; tatsächlich war es niemals gelungen, sie wirklich zu unterdrücken, obwohl es Mussolinis Schwarzhemden mit aller Macht versucht hatten. In gewisser Weise sind sie erfolgreich geblieben: Die Mär vom feigen Nobile hat sich bis auf den heutigen Tag gehalten (falls sich überhaupt noch jemand an die Geschichte der „Italia“ erinnert). Eine gewisse ausgleichende Gerechtigkeit liegt freilich in der Tatsache, dass dies auch so ziemlich der einzige Triumph blieb, den die italienischen Faschisten feiern konnten.

Immerhin war dasselbe Schicksal, das ihn so viele Jahre in die Schurkenrolle drängte, gnädig genug, Nobile durch eine bemerkenswerte Lebensspanne zu entschädigen: Er starb erst 1978 im Alter von 93 Jahren, überlebte alle Feinde und erlebte noch die Genugtuung, weitgehend rehabilitiert zu werden, wobei das Pendel jedoch nicht vollständig zurückschlug oder zurückschlagen konnte: Unzweifelhaft ist – dies stellt auch Cross deutlich heraus – Nobiles Führungsschwäche, sein Beharren darauf, auch in Krisensituationen Entscheidungen zur Diskussion zu stellen, statt sie zu treffen, an sich ein liebenswerter Wesenszug, der Nobile jedoch den Weg in die Entdecker-Elite versperrte: Wahre Helden kennen keine Zweifel oder zeigen sie nicht, und sie achten vor allem sorgfältig darauf, dass sich niemand zwischen sie und die Geschichtsbücher drängt. Nobiles Konkurrent Amundsen kannte und beherzigte diese Faustregeln.

Vor allem aber stand Umberto Nobile noch der modernen Geschichtsschreibung als Zeuge zur Verfügung. Auch Wilbur Cross, der das hier vorgestellte „Italia“-Buch verfasst hat, konnte aus dieser Quelle schöpfen. Nach eigener Auskunft hat er viele Jahre recherchiert, bevor er es im Jahre 2000 endlich schrieb, und dabei nicht nur Nobile, sondern auch die meisten anderen Überlebenden des Absturzes befragt.

Wenn dies so geschehen ist, dann wundert man sich bei der Lektüre allerdings etwas darüber, dass „Tragödie am Pol“ als Sachbuch nicht wirklich eine Offenbarung ist. Echte Überraschungen bleiben aus; im Grunde wird längst Bekanntes noch einmal aufbereitet. Einzige Ausnahme scheint die Geschichte von Nobiles Niedergang als Folge faschistischer Intrigen zu sein, während auf dem Eis die historischen Korrekturen marginal bleiben. Sehr viel hat Cross wirklich nicht gemacht aus seinem Privileg, Zugang zu den Zeitzeugen und den Primärquellen erhalten zu haben.

In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass Cross ein Profi des historischen Sachbuchs ist: Fast fünfzig hat er davon in den letzten Jahrzehnten geschrieben, was ihm nicht übermäßig viel Zeit für die Pro-Band-Recherche lässt. Das schlägt sich im Endprodukt durchaus nieder. Knapp 300 recht großzügig bedruckte Seiten sind nicht gerade üppig. Echte Schnitzer unterstreichen den Eindruck des mit der recht heißen Nadel gestrickten Werkes. So bricht Roald Amundsen Ende August 1928 zur Suche nach Nobile auf – und verschwindet nicht nur aus der Geschichte, sondern auch aus diesem Buch. Als Cross dann später beschreibt, wie Nobile und seine Gefährten nach ihrer Rettung in Skandinavien von der um ihren Helden Amundsen trauernden Bevölkerung geschnitten und beschimpft werden, ist man verwirrt: Dass Amundsen inzwischen tot und wie es dazu gekommen ist, hat Cross mit keiner Silbe erwähnt!

Deshalb ist „Tragödie am Pol“ eine zwar spannende, aber keineswegs tiefgründige Lektüre. Die deutsche Ausgabe ist angenehm lesbar übersetzt, der Mittelteil birgt eine Strecke historischer Fotos, die indes bis auf die zwar schon oft gezeigten, aber immer wieder sehenswerten Bilder aus dem „Roten Zelt“ recht beliebig wirken.

Radford, Irene – verbotene Zauber, Der (Der Drachen-Nimbus 2)

Bereits im ersten Teil des „Drachen-Nimbus“ hegte ich einige Zweifel am qualitativen Output von Irene Radford. Die Dame zeigte nämlich bei der Einführung von Charakteren, Schauplätzen und der grundlegenden Problematik zwei elementare Schwächen, die sich in ihrer Erscheinung eigentlich widersprechen. Zum einen nämlich brauchte die Autorin unheimlich lange, um mit der Schilderung der Lage um die vom Aussterben bedrohten Drachen mal auf den Punkt zu kommen, und zum anderen nahm sie vielen Handlungseinheiten schon vorweg die Spannung, weil ihre geheimnisvollen Umschreibungen viel zu leicht durchschaubar waren. Man sollte meinen, dass Radford aus ihren Fehlern gelernt hat, und dennoch tritt sie auch in der Fortsetzung zu [„Der Glasdrache“ 1755 von einem Fettnäpfchen in das nächste …

_Story_

Die Lage um Coronnan ist weiterhin prikär. Der einst verschollene Prinz Darville ist durch die bedrohliche Magie weiterhin gefährdet, im Körper des Wolfes weiterzuleben und vorerst ohnmächtig in seiner Handlungsfähigkeit. Diese Schwäche nutzt der verräterrische Vetter des Prinzen, Krej, um weitere finstere Intrigen zu spinnen. Während er den Fürsten des Rates von Coronnan glaubhaft seine Treue versichert, plant er im Hintergrund die endgültige Machtergreifung, die er momentan nur vorübergehend bis zur Rückkehr von Darville innehat. Falls dieser überhaupt wieder dazu befähigt wird, seinen Thron einzunehmen.

Währenddessen wird die Gefahr durch die feindlichen SeLenicca immer größer; eine Invasion droht, und damit das Ende der Krone von Coronnan. Um dem hinterhältigen Treiben ein Ende zu bereiten, entschließt sich Darville zu einer Hochzeit mit der fremdrassigen Prinzessin Rossemikka, die im Gegenzug zum Treuebund eine Armee zur Verfügung stellt, um Coronnan zu verteidigen. Doch auch ihre Hilfe wird immer zweifelhafter, denn nach ihrer Ankunft verhält sich die zweckgebundene Gattin immer merkwürdiger und scheint nicht das zu sein, wofür Darville sie anfangs gehalten hat.

Währenddessen plagen Jaylor ganz andere Probleme; er ist nicht mehr dazu in der Lage, magische Sprüche zu wirken und somit auch ungeschützt vor feindlichen Übergriffen. Sein Verhältnis zu Brevelan ist indes sehr viel inniger geworden, so dass die beiden sich kurzerhand vermählen und ihr erstes gemeinsames Kind erwarten. Statt harmonischer Zweisamkeit erwartet die beiden jedoch eine allzu brutale Realität. Brevelan und das Kind geraten in große Gefahr, und aufgrund seiner neuerlichen magischen Starre ist Jaylor auf fremde Hilfe angewiesen. Ausgerechnet Krej soll als mächtiger Verbündeter aushelfen …

Wird Darville trotz allem auf den Thron zurückkehren können? Ist Krej wirklich so vertrauenswürdig, wie Jaylor es sich erhofft? Und welche Rolle spielt eigentlich die mysteriöse Katze Mica, die sich unablässig in der Nähe Darvilles aufhält?

_Meine Meinung_

Der zweite Band der Trilogie beginnt recht gefällig und nimmt den Faden aus „Der Glasdrache“ ohne Umschweife wieder auf, so dass man sich trotz längerer Pause relativ zügig wieder in den Machtspielchen um Coronnan zurechtfindet. Und im Gegensatz zum vorangegangenen Buch geht Irene Radford auch ein ganzes Stück gradliniger vor und hält sich (zunächst) nicht an nebensächlichen Randschauplätzen auf. Dann aber gerät die Geschichte zunehmend ins Stocken; die Autorin eröffnet noch einige und meiner Meinung nach zu viele neue Handlungseinheiten, um die Story ein wenig komplexer zu gestalten, was aber absolut nicht vonnöten gewesen wäre. Und dennoch verwendet sie dabei die schon durchgekauten Elemente des ersten Buches, so zum Beispiel hinsichtlich der ach so rätselhaften Katze, die als Darvilles ständiger Wegbegleiter ein fester Bestandteil des Buches ist und um die Radford ein großes Mysterium machen möchte. Dabei hat man bereits seit geraumer Zeit eine Vorahnung über den wahren Hintergrund Micas, der zu einem späteren Zeitpunkt dann – und das ähnlich wie damals bei Darville – mit einem Schlag und völlig unspektakulär aufgelöst wird. Hier offenbart sich die eingangs erwähnte Unlogik ein weiteres Mal: Erst wird eine Sache ellenlang durch die Story getragen, um dann später ganz abrupt und plötzlich aus dem Fokus genommen zu werden. Das nervt und zeugt nicht gerade von der Klasse der Autorin!

Doch noch mal zurück zur Erweiterung der Rahmenhandlung: Grundsätzlich ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn Radford neue Alternativen zur Fortgestaltung des eigentlichen Plots heranschafft, doch dann sollte sie diese auch konsequent ausführen. Immer wieder treten Ungereimtheiten infolge zu schwammiger Abarbeitungen auf, sei es nun beim seltsamen Zusammenschluss von Krej und Jaylor oder aber beim Auftreten der Prinzessin Rossemikka, die einem schon merkwürdig vorkommt, bevor sie in Erscheinung tritt. Hier lässt die Autorin die Hauptfigur Darville in ihrem Handeln recht unlogisch auftreten, denn eigentlich sollte er schon vorab wissen, dass an der Prinzessin und der dürftigen Zukunftsplanung etwas faul ist bzw. ihre Heirat als letzter Rettungsanker für seinen Thronanspruch und die Rettung Coronnans als Lösung eher zweifelhaft erscheint. Wären diese Gedankengänge von Radford (und gleichermaßen auch in der dürftigen Übersetzung) besser durchdacht und logischer umgesetzt worden, hätten sie das Salz in der Suppe sein können. Nun aber stellen sie lediglich Anteilscheine an einer komisch überfrachteten Fantasy-Aktie dar, die durch das unnötig schwächelnde „Der verbotene Zauber“ in den Keller zu sinken droht.

Zu viele Köche verderben den Brei; diese alte Phrase hätte sich die Urheberin des „Drachen-Nimbus“ mal besser zu Herzen nehmen sollen. Nach gutem Beginn weicht Radford immer mehr von ihrer willkommen stringenten Erzählform ab und verliert die ursprüngliche Hauptthematik meines Erachtens zu oft aus den Augen. Zu selten ist vom Vermächtnis der Drachen die Rede, und zu häufig stören Kleinigkeiten den Erzählfluss. Dazu bleiben viele wichtige Fragen unbeantwortet, was manchmal eine recht große Tragweite nach sich zieht. Ich frage mich, wie Irene Radford all die ungeklärten Ereignisse im letzten Buch der Trilogie noch logisch auflösen will. Weitere radikale Schnitte scheinen mir der letzte, wenngleich alles andere als wünschenswerte Ausweg. Doch da Autorin auf diesem Gebiet ja in den ersten beiden Büchern schon massig Erfahrungswerte gesammelt hat, wird dies, einhergehend mit der zunehmenden Abnahme der Spannung, die einzige Lösung sein. Schade um viele gute Ideen, schade um die gar nicht mal schlecht umschriebenen Charaktere, die sich leider nicht entsprechend weiterentwickeln können.

Wer „Der Glasdrache“ bereits gelesen hat, kann sich ja dennoch mal an „Der verbotene Zauber“ versuchen. Neueinsteigern hingegen möchte ich schon fast von dieser mageren Fantasy-Kost abraten.

Joger, Ulrich / Kamcke, Claudia (Hgg.) – Mammut. Elefanten der Eiszeit

Vom 1. Dezember 2005 bis 18. April 2006 fand im Staatlichen Naturhistorischen Museum Braunschweig die Sonderausstellung „Mammut – Elefanten der Eiszeit“ statt, zu der das vorliegende Werk den Begleitband darstellt. Es gliedert sich in sieben Großkapitel:

1. Eine kurze Geschichte der Mammutfunde (S. 9-24): Gewaltige Knochen findet man seit jeher überall dort, wo einst die mächtigen Urzeit-Elefanten lebten. In Deutschland taten sie dies beispielsweise im Harz oder im Braunschweiger Land, wo sich seit dem 17. Jh. die moderne Wissenschaft mit ihnen beschäftigt. Sah man sie zunächst als Überreste von Unglücksrüsslern, die von der biblischen Sintflut verschlungen wurden, erkannte man sie dann als Relikte eiszeitlicher Elefanten. Seit 1800 wurden im Eis der sibirischen Dauerfrostböden immer wieder gefrorene und vollständig erhaltene Mammuts entdeckt, die es der Wissenschaft ermöglichten, über diese Wesen so viel in Erfahrung zu bringen wie über manche heutige Tierart.

2. Die Evolution des Mammuts (S. 24-32): Mammut ist längst nicht gleich Mammut. Es gab dieses Tier nicht nur langhaarig, sondern in mehreren Arten, die ihren jeweiligen Ökosystemen perfekt angepasst waren. Aufgrund der zahlreichen Funde existiert ein Elefanten-Stammbaum, der Aufschluss über die Entwicklung dieser Arten gibt.

3. Das Wollhaarmammut – ein Elefant der Eiszeit (S. 33-44): Die Untersuchungen der Knochen und Kadaver sowie der Böden, in denen sie liegen, ermöglichen es heute das Leben der Mammuts bis in Details zu rekonstruieren. Dazu gehören sogar Einblicke in das Sozialleben der gesellig lebenden Riesentiere.

4. Das Eiszeitalter – nicht nur Eis und Kälte (S. 45-56): Das Eiszeitalter stellt sich der heutigen Forschung längst nicht mehr als Folge von Gletschervorstößen und -rückzügen, sondern als komplexe Serie kurzer und rasch aufeinander folgender Kalt- und Warmzeiten dar. Nicht selten gab es in diesem Eiszeitalter Phasen, in denen das Eis sich weit zurückzog und die Durchschnittstemperaturen sogar höher als heute lagen. In diesem Kapitel werden die komplexen wissenschaftlichen Messmethoden vorgestellt, mit denen es gelang, dies festzustellen, sowie Rückschlüsse auf die zeitgenössischen Umwelt/en gezogen.

5. Die „Mammutsteppe“ – ein untergegangenes Ökosystem (S. 57-68): Die trockenen Kältesteppen, durch die das Wollhaarmammut zog, sind keineswegs identisch mit der arktischen Tundra der Jetztzeit. Stattdessen bot die „Mammutsteppe“ nicht nur den großen Pelzelefanten, sondern einer Vielzahl anderer Tiere (Nashörner, Riesenhirsche, Löwen, Hyänen usw.) eine Heimat, die sie, selbst wenn sie nicht ausgestorben wären, heute nicht mehr vorfänden.

6. Mammutjäger – Mensch und Kultur im jüngeren Eiszeitalter Europas (S. 69-92): Mensch und Mammut waren Zeitgenossen. Wie sah das Verhältnis zwischen den beiden Lebewesen dar, die auf ihre Weise den gemeinsamen Lebensraum dominierten? Der Mensch jagte das Mammut, aber wie intensiv tat er es? Ist er sogar (mit-)verantwortlich für das Aussterben dieser Elefanten? In diesem Kapitel werden neue Erkenntnisse vorgestellt, die überraschen.

7. Das Mammut in der Kunst der Eiszeitjäger (S. 93-112): Obwohl der Mensch der Eiszeit des Schreibens nicht mächtig war, gibt es Zeugnisse, die darüber informieren, wie er das Mammut sah. Er schnitzte es in Elfenbein, die Wände zahlreicher Höhlen zeigen Bilder, welche sich sogar chronologisch ordnen lassen: Das Verhältnis zwischen Mensch und Mammut unterlag zeitlichen Wandlungen, deren Kenntnis das Bild vom eiszeitlichen Leben ergänzt.

Ein Glossar (S. 113-115) informiert über die wichtigsten Fachbegriffe, ein Autorenverzeichnis (S. 116) über die am Buch beteiligten Verfasser.

Knapp und präzise informiert dieser Begleitband zu einer Braunschweiger Ausstellung rund um das Thema „Mammut“. Hier und da macht sich die Beschränkung auf eine möglichst geringe Seitenzahl – der Katalog sollte offensichtlich möglichst erschwinglich bleiben – negativ bemerkbar – dies nicht unbedingt, weil wichtige Informationen fehlen, sondern weil man als Leser mehr erfahren möchte. (An Literaturangaben herrscht indes kein Mangel, so dass dies mit ein wenig Laufarbeit möglich ist.) Diese Reaktion zeigt, dass dem Mammut in der Gunst des Menschen eine ähnliche Rolle zukommt wie den Dinosauriern: Die großen Elefanten sind zwar ausgestorben, aber wir bedauern es und möchten mehr über sie erfahren. Die Sehnsucht ist sogar so stark, dass ernsthaft über die Möglichkeit spekuliert wird, Mammuts „auferstehen“ zu lassen.

Der Mensch schätzt also das Mammut, das er im Gegensatz zu den Sauriern noch selbst kennen gelernt hat. Es ist faszinierend, wie gut sich dies dokumentieren lässt: In der Kunst des Eiszeitmenschen spielte das Mammut eine große Rolle. Er hat sich immer wieder mit diesem Tier beschäftigt, auch wenn die jeweiligen Zusammenhänge nur vermutet werden können. Noch besser: Der Mensch ist offenbar nicht verantwortlich für sein Aussterben; konkrete Untersuchungen bekannter Tierschlachtplätze widerlegen das Bild vom Speer schwingenden Eiszeitkiller, der die Mammuts herdenweise über steile Klippen in den Tod jagt.

Mit vielen Mammutmythen räumt dieses Buch wie nebenbei auf. So ist es ganz und gar nicht so, dass in Sibirien riesige Eiswürfel auf ihre Entdeckung warten, die in ihrem Inneren so perfekt konservierte Rüsseltiere bergen, dass diese quasi aufgetaut und ins Leben zurückgerufen werden können – dies zumindest über den Umweg des Klonens. Tatsächlich sehen gefrorene Mammuts keineswegs stattlich aus. Die Kadaver enthalten keine DNS, die nach heutigem Forschungsstand fürs Elefantenbasteln taugen. Außerdem unterscheiden sich Mammuts genetisch so stark von heutigen Elefanten, dass deren weibliche Exemplare als „Leihmütter“ nicht in Frage kämen. Aus der Traum vom „Pleistocene Park“ …

Die Erforschung des Mammuts ist auch als Spiegel der menschlichen Entwicklung von großer Bedeutung. Funde in unmittelbarer oder weiterer Entfernung von Mammutkadavern schließen nicht selten schmerzhafte Wissenslücken. Viele urzeitliche Artefakte sind nur deshalb bekannt geworden, weil sie der Mensch zur Jagd und zum Zerlegen der großen Elefanten eingesetzt hat. Ein Mammut speiste eine Menschengruppe über viele Wochen und lieferte Rohmaterial für Kleidung, Werkzeuge, Jagdwaffen, Schmuck. Diese Funde liefern wiederum Informationen über ihre Besitzer. So greift im Idealfall ein Zahnrad ins andere und vermittelt das Bild einer lebendigen Vergangenheit.

„Mammut“ wartet deshalb auch mit interessanten neuen Erkenntnissen über den Neandertaler auf. Schon länger wird vermutet, dass es sich bei diesem keineswegs um einen ungehobelten Steinzeitklotz handelte. Der Neandertaler war eine zweite Menschenart, die sich von seinem jüngeren Zeitgenossen, dem heute allein überlebenden Cro-Magnon-Menschen, anatomisch und genetisch recht deutlich unterschied, ohne deshalb jedoch „primitiver“ oder „dümmer“ gewesen zu sein. Neandertaler konnten offenbar sehr wohl sprechen und sie existierten deutlich länger als bisher gedacht, ohne sich mit den „moderneren“ Nachbarn zu bekriegen.

So muss ein Buch aussehen, das neugierig macht auf Wissen – und noch mehr Wissen! Deshalb lässt sich das recht biedere Layout – beispielsweise sehen manche Karten wie mit dem Buntstift gezeichnet aus – leicht verschmerzen. Hier übertrifft der Inhalt die Verpackung – eine angenehme Abwechslung zumal in einer Sachbuchwelt, die sich heute gar zu gern der „Galileo: Halbwissen spannend gemacht“-Schule des Privatfernsehens anpasst.

Mirrlees, Hope – Flucht ins Feenland

„Flucht ins Feenland“, erschienen 1926, war ein Fantasy-Roman der ersten Stunde, hat allerdings einen halben Dornröschenschlaf hinter sich. Erst in den Siebzigern wurde er wiederentdeckt und gilt seither als Kult. Es dauerte aber noch bis ins neue Jahrtausend, ehe das Buch endlich auch auf Deutsch erschien.

Es ist ein Skandal! Der Sohn des Bürgermeisters von Lud-in-den-Nebeln hat Feenfrüchte gegessen. Und das, obwohl per Gesetz weder die Feen noch ihre Früchte existieren! Aber das ist nicht die einzige Ungeheuerlichkeit: Die Mädchen auf der höheren Töchterschule sind alle ausgeflippt und davongelaufen!

So ungern der Bürgermeister sich aus seiner Bequemlichkeit aufrafft, aber dem muss ein Riegel vorgeschoben werden, bevor das Land im Chaos versinkt!

Zunächst wird also Sohn Ranulph aus der Stadt aufs Land gebracht. Sodann macht sich der Bürgermeister daran, den Schmuggel von Feenfrüchten, die es offiziell gar nicht gibt, zu bekämpfen. Zunächst ist er damit genauso erfolglos wie seine Vorgänger schon seit Jahrhunderten. Erst eine Entdeckung seiner Frau und ein altes Gerichtsprotokoll bringen ihn auf die richtige Spur. Aber da scheint es schon zu spät! Kurz darauf wird er abgesetzt, und als er den Bauernhof aufsucht, wo sein Sohn den Sommer verbracht hat, muss er feststellen, dass er den übergeschnappten Mädchen gefolgt und davongerannt ist, ins Feenland, aus dem es keine Wiederkehr gibt.

Trotz dieser entmutigenden Erkenntnis ist Bürgermeister Hahnenkamm nicht bereit, sich geschlagen zu geben …

Bürgermeister Nathan Hahnenkamm, der Held dieses Buches, ist zumindest oberflächlich gesehen ein typischer Dorimaraner: rundlich, rotwangig, fröhlich, praktisch, vernünftig, gemütlich. Wobei er zugegebenermaßen gelegentlich doch auch ein wenig wunderlich wirkt. So hat er einen massiven Widerwillen gegen Worte wie zum Beispiel Fluch, und dem Leser wird mit der Zeit klar, dass Herr Hahnenkamm durchaus nicht so prosaisch und trocken veranlagt ist, wie er gerne möchte, dass man es von ihm glaubt. Tatsächlich wird der gute Mann seit seiner Kindheit gelegentlich von einem unbestimmbaren Gefühl drohenden Unheils heimgesucht, das er nicht deuten kann, und vor dem er sich am liebsten verkriechen möchte. Als es dann schließlich ernst wird, widersteht er jedoch der Versuchung, den Kopf in den Sand zu stecken, rafft sich auf und wächst schließlich sogar über sich hinaus.

Die übrigen Honoratioren der Stadt sehen das zunächst natürlich nicht so. Sie sind zwar auch praktisch und vernünftig, aber nur, soweit ihre Weltanschauung dadurch nicht betroffen ist. Ansonsten sind sie eher verbohrt, engstirnig, herablassend und bequem. Nur Nathans alter Freund Ambrosius Geißblatt hält zu ihm, selbst als sein Verstand gezwungen wird, sich mit Dingen zu befassen, die es dem Gesetz nach eigentlich nicht gibt.

Dem Gegenspieler des Bürgermeisters ist das nur recht. Dieser Mensch ist ein so geschickter Intrigant, dass er fast eine Frau sein könnte. Er lässt hier ein Wort fallen, macht dort eine beiläufige Äußerung, und sein guter Ruf tut das Übrige. Bald hat er den Bürgermeister so isoliert, dass dieser schließlich seines Amtes enthoben wird. Er will diesen Hahnenkamm unbedingt loswerden. Denn der ist eine Gefahr für ihn …

Dieses Buch zu lesen, ist wie bei schönem Sommerwetter durch einen lichten Laubwald zu spazieren. Der Reiz der Geschichte erwächst aus dem Zusammenspiel von Licht und Schatten, von Schönem und Schauerlichem, die sich durch ihren Widerspruch gegenseitig hervorheben. Die Feen in diesem Roman sind noch nicht zu reinen Lichtgestalten idealisiert oder zu romantischen Kindgestalten gewandelt. Eher scheinen sie den Anderweltgeschöpfen der englischen Sagen ähnlich: Musikanten und Dichter, verträumt, überschwänglich, gefühlvoll, aber auch boshaft und hinterlistig. Ferdie Fetz, der dauernd auftaucht, Unfug anstellt und wieder verschwindet, würde sich in Shakespeares Sommernachtstraum sicherlich recht wohl fühlen. Ein zweischneidiges Schwert …

Kein Wunder, dass dies den Kaufleuten von Lud-in-den-Nebeln höchst suspekt ist. Wer mit Waagen und Gewichten oder mit Rechnungsbüchern zu tun hat, hat nicht viel übrig für Überschwang und Träume. So wurden die Feenfrüchte unter anderem für die Abgedrehtheit des letzten Herzogs und seiner Adligen verantwortlich gemacht, weshalb nach der Revolution und der Vertreibung des Herzogs alles Feengut für tabu erklärt wurde. Mit der Zeit wurde selbst die Existenz des Feenreiches schlicht geleugnet. Allein etwas zu erwähnen, das mit den Feen in Zusammenhang stand, galt als obszön. Das ging so weit, dass im Gesetz der Stadt keine Strafe für den Schmuggel von offiziell nicht existierendem Obst vorgesehen war!

Spätestens an dieser Stelle entlarvt sich die neu errichtete Ordnung der Vernunft und Tüchtigkeit als ebenso illusorisch, wie das Feenreich angesehen wurde, das Leben in dieser Gesellschaftsordung als stumpfes, verknöchertes Dahindümpeln, dem jegliche Lebendigkeit, jegliches Gefühl und jeglicher Bezug zur Welt fehlt.

Wer jetzt glaubt, es handle sich bei diesem Roman um Gesellschaftskritik, der ist wahrscheinlich auf dem Holzweg. Es soll sogar Leute gegeben haben, die das Buch für eine Parabel auf den Klassenkampf hielten! Ein Beweis dafür, dass es möglich ist, jeden Text auf jede beliebige Weise zu interpretieren, wenn man die Worte darin nur mit genügend Ausdauer immer wieder dreht und wendet.
Eine viel einfachere Deutung lässt sich aus dem Gegensatz zwischen Dorimare und Feenland ableiten. Auf der einen Seite das Vernunftbetonte, das sich an den Tatsachen festklammert, die es jedoch durchaus in seinem Sinne zu verbiegen bereit ist, falls es seinen Zwecken dient, und dem jegliche Gefühle und Träume nur Überspanntheit und Spinnerei sind. Auf der anderen Seite das Träumerische, Bunte, Verrückte, das alles auf den Kopf stellt, überall Verwirrung stiftet, aber auch Farbe und Abwechslung, Leben bedeutet. Beide für sich genommen sind nicht praktikabel!

Vernunft allein ist grau und trist, Träume allein führen zum Wahnsinn. Nur gemeinsam ergeben sie eine lebenswerte und liebenswerte Welt! Und ob wir glücklich sind, hängt davon ab, ob es uns gelingt, die richtige Balance zwischen beiden zu finden.

Dieser Widerspruch, die Spannung zwischen Realität und Fantastik, war es, was Hope Mirrlees‘ gesamtes Schaffen prägte. Ihre ersten beiden Anläufe, dies zu Papier zu bringen, waren von wenig Erfolg gekrönt. Erst durch den Kontakt mit Alexej Remisov, einen russischen Schriftsteller, erhielt sie offenbar den entscheidenden Impuls. Der Humor fand Einzug in ihre Arbeit und führte letztlich zu dem beschriebenen Licht-und-Schatten-Effekt, wo das Lustige das Düstere betont, und das Gruslige das Lächerliche offenbart. So fühlte ich mich stellenweise nicht nur an Shakespeares Sommernachtstraum, sondern auch an die Sieben Schwaben erinnert. Die Fahndung nach den Schmugglern und das Aufdecken eines alten Mordkomplotts sorgen letztlich dafür, dass der Roman sich erfolgreich jeglicher Zuordnung zu einem bestimmten Genre entzieht.

Hope Mirrlees hat sich auch in anderer Hinsicht widersetzt. Im Zeitalter des literarischen Realismus bedeutet ihr Roman einen Kontrapunkt. Sogar sprachlich ist sie ausgebrochen, hat sich dem Bemühen um eine straffere, zügigere Sprache verweigert und schreibt in langen, verschlungenen Sätzen, ihr Stil ist blumig, duftig, ausdrucksstark.

Mit anderen Worten: Sie macht es ihren Lesern nicht leicht. Aber wer sich darauf einlässt, kommt in den Genuss eines kleinen Juwels, das es in dieser Form kein zweites Mal gibt, das verwirrt, beunruhigt, aber auch amüsiert. Prädikat: sehr wertvoll.

Hope Mirrlees wuchs teilweise in England und Südafrika auf. Sie war eine der ersten Frauen, die an einer Universität studierten, sprach eine ganze Latte mehr oder weniger exotischer Sprachen fließend, darunter Zulu, Arabisch und Russisch, war viel auf Reisen und gehörte neben Virginia Woolfe u.a. zur Bloomsbury-Gruppe, einem Literatenzirkel. Ihr erstes Werk, das Aufmerksamkeit erregte, war das Gedicht „Paris“, das recht erfolgreich war, doch mit „Flucht ins Feenland“ wurde sie berühmt. Nicht lange nach der Veröffentlichung dieses Romans aber starb ihre langjährige Freundin und Vertraute Jane Harrison. Offenbar hat dieser Verlust ihren inneren Antrieb zur Schriftstellerei vollständig zum Erliegen gebracht, denn außer einigen unbedeutenden Gedichten und einer unvollständigen Biographie hat Hope Mirrlees nichts mehr zu Papier gebracht. Sie starb am 01. August 1978.

Crossley-Holland, Kevin – Artus – Im Schatten des Kreuzes (Band 3)

Band 1: [„Der magische Spiegel“ 2420
Band 2: [„Zwischen den Welten“ 2431

_Story_

Artus ist am Ziel seiner Träume angelangt. Auf einer Insel vor Venedig stationiert, bereitet er sich auf den Zug in die Heilige Stadt vor und wird in einem feierlichen Akt zum Ritter geschlagen. Doch schon bald merkt er, dass seine neue Position nicht nur mit Ruhm und Glorie verbunden ist. Die Motive der Kreuzzüge scheinen nämlich weitaus unehrenhafter zu sein, als Artus sich dies in seinen Träumen ausgemalt hatte. Innerhalb der eigenen Reihen kommt es zu Streitigkeiten und Rivalitäten, und statt gemeinsam gegen den Feind vorzugehen, stürzen sich die gekränkten Christen auf ihre eigenen Leidensgenossen.

Artus hingegen sitzt mit seiner Flotte in einer Seeenge bei San Nicola fest und muss darauf hoffen, dass die Verhandlungen mit dem Dogen der Stadt Venedig sich nicht allzu lange hinziehen. Doch immer mehr schwindet Artus‘ Hoffnung, als glanzvoller, prächtiger Ritter in Jerusalem einzumarschieren, denn die Verstrickungen in den eigenen Reihen nehmen langsam aber sicher überhand und die Zukunft des Kreuzzuges wird immer ungewisser. Und als die riesige Armee dann ein weiteres Mal erschüttert wird, rückt die Heilige Stadt für Artus de Caldicot in immer weitere Ferne …

Dem König Artus von Camelot ergeht es ähnlich wie seinem Namensvetter zu See. Er ist in einem Stein gefangen und nimmt alles andere als die edelmütige Haltung eines Ritters ein. Artus de Caldicot fühlt sich mit ihm verbunden, versteht aber immer noch nicht die direkten Zusammenhänge zwischen dem Lebensweg des Königs von Camelot und seinem eigenen Schicksal als einfacher Ritter im Namen des Kreuzes. Dann trifft er aber noch ein letztes Mal auf seinen alten Freund, den Zauberer Merlin, und plötzlich lernt der mit 16 Jahren immer noch sehr junge Held die gesamte Wahrheit, die sich unter der Oberfläche des Obsidians verbirgt, kennen.

_Meine Meinung_

Welch toller Abschluss dieser bezaubernden Jugendbuchreihe! Würdevoll wie die Entwicklung des Artus de Caldicot beschreibt Kevin Crossley-Holland die letzten Schritte zur Ritterehre des einstigen Knappen und die daraus resultierende Euphorie. Und ebenso feinfühlig bremst er den Hochmut dann auch wieder aus, indem er sein umfangreiches Hintergrundwissen zu den Kreuzzügen in die Handlung einbringt und dem Leser die zweifelhaften Ideale der Kreuzzüge nahe bringt; dies jedoch weitestgehend in reduzierter Form, die erst gar keine Diskussionen zu diesem Thema aufkommen lassen. Der Autor stellt nämlich keine Thesen oder Vermutungen auf, sondern verbindet die ernüchternde Realität sehr harmonisch mit der recht zügig voranschreitenden Heldensaga um den Jüngling de Caldicot, und dies funktioniert wie auch schon in den beiden Vorgängerbänden sehr, sehr gut.

Was man (wie im Übrigen auch schon bei „Zwischen den Welten“) kritisieren kann, ist die manchmal doch recht einfache Erzählsprache, mit der Artus die Geschehnisse in einer Art Tagebuch aus seiner eigenen Perspektive berichtet. Er erzählt von der niederträchtigen Stimmung innerhalb der Flotte, beschreibt, wie er langsam aber sicher selber den Mut verliert, und wie sich die Atmosphäre generell mit seiner Vorstellung des Ritterlebens vereinbaren lässt, bedient sich dabei aber stets eines eingeschränkten Wortschatzes, der letztendlich auch die klare Trennlinie zwischen Jugendbuch und Erwachsenenliteratur zeichnet. Was allerdings nicht bedeuten soll – ich erwähnte es schon in den vorangegangenen Rezensionen – dass „Im Schatten des Kreuzes“ für ältere Jahrgänge nicht geeignet ist. Das genaue Gegenteil ist nämlich der Fall!

Was im letzten Band doch ein wenig auffällt, ist, dass das Augenmerk der Geschichte vorrangig auf den jugendlichen Artus gelegt wird, was zur Folge hat, dass der gedanklich Verbündete aus Camelot und dessen Legende nicht mehr ganz so ausführlich beleuchtet werden. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, in dem die lange erahnten Zusammenhänge endlich auch vom Autor bestätigt werden. Doch dies muss der Leser selber herausfinden, nachdem er sich durch diese durchweg überzeugende Trilogie mit all ihren verschiedenen Teilepisoden gekämpft hat.

„Im Schatten des Kreuzes“ entführt den Leser ein letztes Mal in eine Welt zwischen den Welten und zeigt aller Skepsis zum Trotze, dass man der viel zitierten Artus-Sage tatsächlich noch etwas Neues abgewinnen kann – sofern man nur die richtigen, in diesem Fall sehr lebendigen Ideen hat. Und dass die Trilogie alles in allem ziemlich leichte Kost ist, macht die Sache irgendwie noch charmanter, schließlich haben sich schon zu viele Autoren und andere Künstler zu verkopft an die Heldensaga herangemacht. Kevin Crossley-Holland indes hat den perfekten Mittelweg zwischen historischem Jugendbuch und unterhaltsamem Ritterepos gefunden und damit eine überaus symapthische Romanreihe erschaffen. Unbedingt empfehlenswert!

http://www.dtv.de

Englisch, Andreas – Habemus Papam – Von Johannes Paul II. zu Benedikt XVI

„Habemus Papam“ heißt es am 13. April 2005 um 17.43 Uhr auf dem Petersplatz. Die Welt hält den Atem an – und aus Kardinal Joseph Ratzinger wird Benedikt XVI., Nachfolger des am 2. April verstorbenen Johannes Paul II.

Für den Journalisten Andreas Englisch ist diese Wahl von besonderer Bedeutung. Mehr als fünfzehn Jahre lang war er regelmäßiger Begleiter von Johannes Paul II. und kam ihm so nah wie kaum ein anderer Reporter zuvor. So wie er stellen sich Millionen anderer Menschen gleichermaßen die Frage: Was wird sich unter dem neuen Papst alles ändern? Welchen Kurs wird Benedikt XVI einschlagen, was bedeutet seine Wahl für die Kirche und die Gläubigen?

In 39 Kapiteln zeichnet Englisch einen kurzen, übersichtlichen Abriss über die letzten Tage im Leben des alten Papstes, über seinen Tod und die Zeit des Konklave bis hin zur Erwählung Benedikt XVI. und einem Ausblick auf die neue Ära.

Andreas Englisch erinnert sich an seine ersten Begegnungen mit Johannes Paul II. und an die ersten gemeinsamen Reisen und Interviews. Er zieht Vergleiche zwischen dem robusten Karol Wojtyla und dem kranken, alten Mann, der die letzten Jahre vor seinem Tod nur mit Mühe sein Amt ausfüllen konnte. Der Leser erfährt Hintergründe über das System der katholischen Kirche im Allgemeinen und die Arbeit der Päpste im Besonderen. Es werden sowohl herausragende Erfolge von Johannes Paul II. als auch Schattenseiten des Vatikans (Opus Dei) angesprochen.

Dazwischen kommen immer wieder Querverweise zum neuen Papst Benedikt XVI. Andreas Englisch berichtet von seinen Eindrücken zu Kardinal Ratzinger, zu dessen Verhältnis zu Johannes Paul II. und spekuliert darüber, was er von seinem Vorgänger übernehmen und was er eventuell ändern wird. Ergänzend hinzu kommen noch Informationen zu anderen wichtigen Gestalten der katholischen Kirche, etwa andere deutsche Kardinäle, Favoriten für das Papstamt, markante Persönlichkeiten aus früheren Zeiten und das engste Umfeld des Papstes. Im Anhang befindet sich eine Zeittafel, auf der parallel zueinander die wichtigsten Daten von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. aufgelistet werden.

Neben allen fachlichen Informationen nehmen auch viele persönliche Anekdoten ihren Raum ein. Andreas Englisch gewährt dem Leser Einblick in das Leben eines Vatikan-Reporters und berichtet von den schönen und traurigen, den frustrierenden und aufregenden Momenten im Leben eines Journalisten, der dem Oberhaupt der katholischen Kirche so nah kam wie kaum ein anderer Mensch.

Schnell musste es gehen, nach dem 19. April. Schließlich durfte man die Öffentlichkeit nicht lange warten lassen auf Informationen über den neuen Papst. „Wir sind Papst“ titelte BILD, die Hauszeitschrift des Autors Andreas Englisch, voller Begeisterung. Aber wenn wir Papst sind, wer sind wir dann? – Kein Wunder also, dass die Bücher über Joseph Ratzinger bzw Benedikt XVI. so rasch wie möglich in die Auslagen der Buchhandlungen gelangen mussten.

Leider kommt man nicht umhin, diesen Zeitdruck auch inhaltlich zu bemerken. „Habemus Papam“ bietet einen kurzen Einblick in das Leben im Vatikan und einen übersichtlichen Abriss des Wirkens von Johannes Paul II. Als Einstieg in Hintergrundlektüre über die katholische Kirche und zur groben Beurteilung ist das Werk gut geeignet. Wer sich jedoch detallierte Informationen erhofft, wird vermutlich eher enttäuscht sein. Ebenso wenig bildet es ein Ersatz für richtige Biographien über die beiden Päpste. Stattdessen ist es als Reaktion auf ein Zeitgeschehen zu verstehen, das viele Menschen auf der ganzen Welt interessiert und bewegt hat, als komprimierte Reflektion einer vergangenen und einer anbrechenen Epoche.

|Päpstlicher Humor|

Ein Buch über den Papst und die Kirche muss nicht zwangsläufig in feierlichem Ernst gehalten sein. Stattdessen lässt Andreas Englisch immer wieder amüsante Anekdoten einfließen, die ihm in seiner Karriere als Vatikankorrespondent unterliefen.

Am witzigsten ist ein missverständlicher Ausdruck, der zu regelmäßigen Zwistigkeiten zwischen ihm und Redaktionskollegen führte: Die auserwählten Journalisten, die bei päpstlichen Veranstaltungen anwesend sein dürfen, werden als „Pool“ bezeichnet. Da währenddessen die Handys abgeschaltet sein müssen, meldete Englisch sich zuvor bei der Redaktion mit den Worten „Ich hab keine Zeit, ich muss gleich zum Pool“ ab – mit verheerenden Folgen: „Zum Pool?“ entgegnete manch ein entgeisterter Kollege und schimpfte wutentbrannt darüber, dass sich Englisch offenbar in die Sonne legt, während in der Redaktion schwitzend seine Layouts vorbereitet werden.

Aber auch in den direkten Begegnungen mit Johannes Paul II. gibt es Erlebnisse, die im Nachhinein ein Lächeln auf die Lippen zaubern: An einem Abend im Jahr 1999 stand ein Rückflug mit dem Helikopter von Zamosc nach Warschau auf dem Programm. Für den Papst stand ein weißer, für Englisch und einen befreundeten Fotographen-Kollegen ein dunkler Helikopter bereit. Am Himmel tobte jedoch ein so starkes Unwetter, dass der Pilot sich zunächst weigerte, zu fliegen. Der eilige Papst lässt aber keine Widerrede gelten. Während des abenteuerlichen Fluges klammern sich die beiden Journalisten aneinander, beten ein Ave Maria nach dem anderen und fürchten, ihr letztes Stündlein habe geschlagen, ehe sie endlich wider Erwarten wohlbehalten in Warschau landen. Mit wackligen Knien entsteigen sie dem Helikopter und ein fröhlich lachender Johannes Paul II. fährt aufmunternd winkend an ihnen vorbei – ganz im Sinne eines Gottesmannes, der weder Tod noch Teufel fürchtet.

|Der Marathon-Papst|

Die soeben erwähnte Szene ist eine von vielen, die verdeutlicht, wie Johannes Paul II. zu seinem internen Spitznamen kam. Wer nur die letzten Jahre seines Lebens verfolgt hat, kennt vermutlich nur das Bild eines schwerkranken Mannes, den nur sein eiserner Wille am Leben gehalten zu haben schien. Als Karol Wojtyla jedoch 1978 zum Papst gewählt wurde, war er erst 58 Jahre alt, ein vor Kraft strotzender Mann, dem es nie schnell genug gehen konnte und der schon mal im Spaß die leicht angetrunkenen Reporter, die auf einem Rückflug übermütig „Take off the cross, boss“ sagen, mit einem Augenzwinkern zurechtwies. Wenn man Englischs Erlebnisse mit diesem agilen Papst liest, dämmert es einem, was für eine zusätzlich psychische Qual die letzten Jahre im Leben Johannes Paul II. gewesen sein mussten.

|Licht und Schatten im Vatikan|

Kaum jemand ist so naiv zu glauben, im Vatikan seien die heiligsten und frommsten aller Menschen versammelt. Und so erzählt Andreas Englisch auch kaum etwas Neues, wenn er sagt, dass es selbst im engsten Gefolge eines Papstes stets von Intriganten und Missgünstlingen wimmelt. Trotzdem ist es immer wieder interessant, aus versierter Quelle Details zu den Macht- und Ränkespielen hinter den heiligen Mauern zu erhalten. Unter anderem erfährt man, wer unter den Vatikanleuten zu den engsten Freunden des verstorbenen Papstes gehörte und wer sich schon lange zuvor nach einem Nachfolger sehnte.

Als einer von mehreren Belegen für die Scheinheiligkeit vieler hoher Kirchenleute dient das Beispiel eines anonymen Schreibens, das im August 2003 bei der Redaktion der Jesuitenzeitschrift „Jesus“ eintraf. In dem Brief steckte ein kircheninternes Diskussionspapier, das nahezu alle Errungenschaften Johannes Pauls II. in Frage stellte und reformieren wollte. Aus dem Schreiben ging hervor, dass die Verfasser engste Vatikanvertraute sein mussten. Doch trotz aller Nachforschungen konnten die Urheber nie eindeutig identifiziert werden – was bleibt, ist einer von vielen Beweisen, dass Missgunst und Machtspiele auch oder gerade vor Kirchenmauern keinen Halt machen.

|Der Nachfolger|

Insgesamt nehmen die Kapitel zum Leben und Wirken von Johannes Paul II. einen deutlich größeren Rahmen ein als der Text über Benedikt XVI. bzw Kardinal Ratzinger. Englisch schildert eine kurze Zusammenfassung seiner biographischen Daten und stellt ihn als einen der getreuesten Freunde des verstorbenen Papstes vor. Gleichzeitig geht er auf die Unterschiede ein. War Johannes Paul II. ein Mann der Gesten, so erscheint Benedikt XVI. als Mann der Worte. Während sein Vorgänger sich medial zu zelebrieren wusste, gilt er als zurückhaltend. Seine ersten Auftritte sind für seine Verhältnisse überraschend volksnah und gespannt warten Gläubige und Medienleute in aller Welt, ob sein Pontifikat auch zukünftig an diesen Stil anknüpfen kann. Englisch ist davon überzeugt, dass kein anderer Papst jemals zuvor so viel geleistet hat wie Johannes Paul II. Er hinterlässt zahlreiche Anknüpfungspunkte in Themenfragen wie Verhütung, Armut und Ökumene, mit denen sich sein Nachfolger auseinander setzen muss. Interessant ist dabei vor allem, dass trotz der jahrelangen engsten Zusammenarbeit von Kardinal Ratzinger und Johannes Paul II. diese beiden großen Kirchenmänner längst nicht auf allen Gebieten einer Meinung waren. Davon zeugt unter anderem eine Zugfahrt mit dem Papst und Vertretern anderer Religionen, die im Zeichen der Aussöhnung der verschiedenen Glaubensrichtungen stand. Als Englisch Ratzinger nach seiner Meinung dazu befragte, erhielt er die symbolträchtige Antwort: „Sie sehen ja: Ich fahre mit. Aber ich sitze entgegen der Fahrtrichtung.“

|Einführung – ja, tiefgehende Analyse – nein|

Zum Abschluss stellt sich die Frage, an wen sich das Buch vorwiegend wendet: Überzeugte Katholiken, Heiden, Agnostiker, Atheisten? Ich selber bin einerseits zwar katholisch, hatte ein Jahr lang Privat-Unterricht bei einem mit Kardinal Ratzinger gut bekannten Monsignore und habe Katholische Religion als viertes Abiturfach mit Bestnote abgeschlossen. Auf der anderen Seite stehe ich der Insititution Kirche bereits seit fast zehn Jahren kritisch gegenüber und besuche keine Messe mehr, wiewohl mein Glaube mir über all die Zeit wichtig war und ist – heute vielleicht noch mehr als früher. Für mich als distanzierter Christin bietet die Lektüre einen interessanten, manchmal desillusionerenden und manchmal überraschenden Blick hinter die Kulissen des Vatikans. Je weiter ich gelesen habe, desto größer wurde aber meine Überzeugung, dass ein Kirchengegner in dem Werk wenig ansprechende Worte findet. Zwar scheut sich Englisch nicht, einzelne Personen und Taten der katholischen Kirche negativ zu beurteilen, doch unterm Strich ist es in erster Linie ein massentaugliches Werk und die Kritik bleibt verhalten. Delikate Themen wie die radikale Vereinigung Opus Dei werden nur oberflächlich behandelt. Sehr schade ist außerdem, dass das Buch kein einziges Foto enthält.

Eine Stärke des Buches, die persönliche Beziehung des Autors zu Johannes Paul II., ist gleichzeitig auch eine Schwäche. Andreas Englisch macht keinen Hehl daraus, dass er – nach anfänglicher Skepsis bis hin zur Ablehnung – ein Bewunderer des verstorbenen Papstes ist und seine Reisen mit ihm mehr als nur seinen Lebensverdienst bedeuteten. Bereits mit seiner 2003 erschienenen Biographie setzte er Johannes Paul II. ein Denkmal und entschuldigte sich gleichsam für seine frühere Kritik, als er, nach eigener Ansicht, den Papst noch falsch einschätzte. Wie nah er sich dem Verstorbenen fühlt, wird deutlich, als er unmittelbar nach der Todesnachricht einem israelischen Kollegen in die Arme fällt mit den Worten: „Wir beide wussten vielleicht besser als irgendwer sonst, was dieser Papst geleistet hatte“. An anderer Stelle bekennt Englisch, dass er das Medienspektakel kurz vor und nach dem Ableben von Johannes Paul II. verabscheut: „… und ich würde lügen, wenn ich von mir behauptete, dieses Spiel nicht selbst manchmal mitzuspielen, aber an diesem Abend kotzte es mich an.“

Überhaupt finden sich zusätzlich viele persönliche Anekdoten, die nicht konkret mit dem Vatikan zu tun haben. Das bringt dem Leser den Autoren Andreas Englisch näher, macht ihn sympathisch und zu einer greifbaren Gestalt. Auf der anderen Seite aber bestätigt es das Gefühl, einen alten Vertrauten von Johannes Paul II. vor sich zu haben, der, erst Recht nach dessen Tod, mit seinem Buch keine Wunden aufreißen, sondern eine versöhnliche Basis schaffen will. Für Kirchenkritiker ist dieses Anliegen vielleicht nicht genug und wird dieses Buch daher nicht recht befriedigen. Andererseits ist eine „versöhnliche Basis“ ein guter und solider Ausgangspunkt. Der katholischen Kirche und dem Pontifikat von Benedikt XVI. ist zu wünschen, dass sie genau daran anknüpfen.

_Unterm Strich_ bietet „Habemus Papam“ eine kompakte Zusammenfassung über das Pontifikat von Johannes Paul II., zu seinem Tod und der Wahl des Nachfolgers Benedikt XVI. Der Autor legt eine besondere Gewichtung auf persönliche Anekdoten aus seiner fast zwanzig Jahre lang währenden Zusammenarbeit mit dem verstorbenen Papst. Nicht zuletzt wegen dieser engen Bindung fällt das Werk insgesamt unkritisch aus und bietet keine tiefer gehende Analyse. Daher ist es vor allem als grober Einstieg für Vatikan-Interessierte zu empfehlen.

_Der Autor_ Andreas Englisch wurde 1963 geboren. Er studierte Literaturwissenschaften und Journalistik und arbeitet seit 1987 in Rom, wo er unter anderem das italienische Korrespondenzbüro des Axel-Springer-Verlages leitete. Seit 1995 begleitete er Papst Johannes Paul II. auf allen Auslandsreisen. Bis heute gilt er als einer der Journalisten, die dem vorherigen Papst am nächsten kamen. Weitere Werke sind „Johannes Paul II.“, „Der stille Gott der Wölfe“ und „Die Petrus-Akte“.

Thomas Kohlschmidt – BLIND

Thomas Kohlschmidt, in der Phantastikszene bekannt durch zahlreiche veröffentlichte Artikel und Kurzgeschichten, legt jetzt mit dem Phantastikthriller „BLIND“ sein Romandebüt vor.

Professor Keller sitzt in einer Hamburger Psychiatrie gefangen, da er ein Buch über eine merkwürdige Dunkelheit veröffentlichte, die die Erde zu beherrschen drohe. Mit diesen esoterischen Thesen kam er einem Kollegen in die Quere, der seinen gesamten Einfluss geltend machte, um Keller aus dem Verkehr zu ziehen.

Gerade diese beschworene und verlachte Dunkelheit ist nun im Begriff, sich auf die Erde herabzusenken, und Keller wird von einer amerikanischen Sturmtruppe aus der Psychiatrie befreit. Außerdem sind die Russen, die UNO und andere Mächte plötzlich an ihm interessiert, so dass er als Spielball von einem zum anderen wechselt, bis ihn eine Söldnertruppe nach Kalkutta, dem Ort seiner Forschungen und einzig mögliche Ausgangsbasis zur Lösung des Problems, bringt.

Seine Anhänger haben ihm im Verlauf der Gefangenschaftsjahre ein Labor ganz nach seinen Wünschen eingerichtet und in einen Hochsicherheitstrakt verwandelt, von dem aus er nun auf die andere Seite, in die „Nicht-Licht-Welt“, vorzudringen gedenkt, um der Gefahr zu begegnen. Für die Außenstehenden wird seine krankhafte Fantasie von Nicht-Licht-Wesen plötzlich zur alles betreffenden Gefahr; die Weltbevölkerung bricht in Panik aus und jede Macht will Keller für die nationale Sicherheit benutzen, ohne zu akzeptieren, dass er das Übel an seiner Wurzel in Kalkutta packen muss, wo er vor Jahren das Tor zur anderen Seite öffnete, das schon die Magier und Schamanen vergangener Zeiten zu hüten und zu verschließen bemüht waren. Was aber in der Nicht-Licht-Welt vorgeht, ist auch Keller noch unbekannt …

In einem Artikel auf WARP-online nimmt Kohlschmidt Stellung zu seiner Arbeit an diesem Roman und verdeutlicht seine Vorgehensweise bei der Recherche, die eine wichtige Rolle bei der Ausarbeitung gespielt hat, da er seine Geschichte an bekannten Orten mit verschiedensten Nationalitäten und Umgangsformen und realen Techniken erzählt. Dabei schafft er es sehr gut, die gefundenen Informationen zu bearbeiten und in einem gesunden, knappen Maß in seine Geschichte einfließen zu lassen, so dass man an keiner Stelle das Gefühl hat, er wolle möglichst alles, was er an Arbeit mit der Recherche hatte, auf Biegen und Brechen in dem Roman verarbeiten. Diese Fähigkeit muss man hervorheben, tun sich doch sehr viele gestandene Schriftsteller damit schwer und spicken ihre Erzählungen mit seitenlangen Abhandlungen. Kohlschmidt schafft diesen Balanceakt mit Auszeichnung, strafft so die Handlung und rückt das Wesentliche in den Mittelpunkt.

Dagegen erschweren die vielen unterschiedlichen Erzählebenen ein wenig den Lesefluss und behindern die Entwicklung der wichtigen Charaktere. An sich ist gegen die schlaglichtartige Darstellung der Situation nichts einzuwenden, wird so doch der große erdumfassende Zusammenhang sehr deutlich herausgestellt. Damit erhält jedoch jede einzelne Nebenfigur das gleiche Gewicht wie die wirklichen Handlungsträger, um deren Ausarbeitung etwas mehr hätte gegeben werden können.

Die Handlung steht auf etwas tönernen Füßen. Tragende Wichtigkeit kommt der Tatsache zu, dass die Anhänger von Kellers Theorie eine Organisation aufgebaut haben, die keinerlei finanzielle Probleme hat und außerdem die größten Könner aus jedem Gebiet rekrutieren konnte. Das erhebt alles in ein überirdisches Licht und enthebt Keller der Schwierigkeit, seiner (durch seinen Aufenthalt in der Klappsmühle nicht eben im Ansehen gesteigerten) phantastischen Theorie die Mittel und die Anerkennung zu erkämpfen, die es benötigt, um der Gefahr rechtzeitig entgegentreten zu können. So erscheinen die Protagonisten über jede weltliche Schwierigkeit erhaben, was durchaus der Glaubwürdigkeit der Geschichte abträglich ist.

Die Auflösung ist interessant und verknüpft die Mythologien eigentlich sämtlicher frühzeitlicher Völker auf einer neuen Ebene. Und natürlich muss der tragische Tod einer sympathischen Person die emotionale Bindung zum Leser gerade am Ende noch einmal richtig festigen.

Fazit: Kohlschmidts Romanerstling lässt sich locker, flüssig und spannend lesen und bietet kurzweilige Unterhaltung, hat aber einige Schwächen bei der Ausarbeitung der Charaktere und durch ein paar klischeehafte Wendungen. Ausbaufähig, aber ein Roman, der hohes Potenzial erkennen lässt.

Preußler, Otfried – Krabat

Die Geschichte spielt in der Gegend um Hoyerswerda in Schlesien, Ende des 17. Jahrunderts: Der vierzehnjährige Krabat ist ein Waisenknabe. Gemeinsam mit zwei anderen Jungen zieht er nach Neujahr als Dreikönig durch die Gegend. Sie kehren auf Höfen ein, singen ihre Lieder und verdienen sich damit ihr Essen. Eines Nachts hat Krabat einen seltsamen Traum von elf Raben und einer heiseren Stimme, die ihn beschwört, zur Mühle in Schwarzkolm zu kommen. Krabat ignoriert den Traum zunächst, doch nachdem er sich in den folgenden Nächten wiederholt, folgt er dem Ruf. Obwohl ihm unterwegs geraten wird, die Mühle zu meiden, lässt er sich von seinem Vorhaben nicht abbringen.

In der abgeschiedenen Mühle empfängt ihn der Meister, ein schwarz gekleideter Mann mit Augenklappe und unheimlicher Ausstrahlung. Krabat wird als Lehrjunge aufgenommen. Außer ihm leben und arbeiten noch elf andere Jungen dort. Zum ernsten und vernünftigen Altgesell Tonda fasst Krabat rasch Vertrauen. Umso misstrauischer steht er dagegen dem dürren Lyschko gegenüber, der jede Heimlichkeit dem Meister zuträgt. Außerdem gibt es da noch die beiden starken und gutmütigen Vettern Michal und Merten, den Spaßvogel Andrusch, den kräftigen Hanzo, den handwerklich geschickten Petar, den wieselflinken Staschko, den ewig mies gelaunten Kito, den schweigsamen Kubo und den scheinbar dummen Juro.

Nach dem Ende seiner Probezeit wird Krabat vom Lehrjungen zum Schüler befördert. Nun darf auch er am Unterricht der Schwarzen Künste teilnehmen. Krabat ist stolz auf sein neues Können – doch er spürt auch, dass über der Mühle und dem Meister ein bedrohlicher Schatten liegt. Was hat es mit den Knochensplittern auf sich, die er eines Morgens in einem Mühlgang findet? Wer ist die schwarze Gestalt mit der Kutsche, die in Neumondnächten vorfährt und die selbst der Meister fürchtet? Krabat ahnt, dass sein Lehrherr einen dunklen Pakt abgeschlossen hat, der ihrer aller Leben in Gefahr bringt. Nur die Liebe einer Frau kann Krabat aus seiner Not erlösen …

Die Macht der Liebe gegen dunkle Mächte, der Kampf zwischen Gut und Böse – das sind die bewährten Grundthemen dieses Romans, die in einen unheimlichen und märchenhaften Rahmen eingebettet werden, der für Jugendliche wie für Erwachsene reizvoll ist.

|Sorbischer Sagenschatz|

Die Grundlage des Krabat-Stoffes reicht in seinen Wurzeln über Jahrhunderte hinweg bis ins alte Indien zurück. Es ist die uralte Geschichte vom Kampf eines Zauberlehrlings gegen seinen Meister. Aber nicht nur das Grundthema, sondern auch die Gestalt des Lehrjungen und Zauberschülers Krabat besitzt eine lange Tradition. Der Autor Otfried Preußler begegnete Krabat das erste Mal in einem Sagenbuch mit sorbischen Volkserzählungen. Krabat ist in dieser Gegend als guter und hilfreicher Zaubermeister bekannt, um den sich viele Erzählungen ranken. Der historische Kern dieser Figur liegt in einem kroatischen Oberst, der dem Kurfürst Friedrich August I. – auch bekannt als „August der Starke“ – treue Dienste leistete und wegen seiner fremden Herkunft und seiner Eigenheiten als Zauberer angesehen wurde.

|Tradition statt Innovation|

Die Themen sind nicht wirklich neu, aber wie so oft bei Sagen- und Märchenstoffen ist es nicht Innovation, sondern Tradition, die den Reiz ausmacht. Statt ausgefeilter Handlungsstränge beschränkt sich die Erzählung auf das Wesentliche, auf die großen alten Themen wie Liebe, das Böse, der Wert der Freundschaft und der mutige Versuch eines Jungen, sich und seine Freunde aus Fängen der dunklen Mächten zu befreien. Dabei verzichtet der Autor bewusst auf blumige Ausschmückungen, sowohl was den Stil als auch was die Handlung betrifft. „Krabat“ ist kein Harry Potter, dessen Stärken im Phantasiereichtum liegen und dadurch allerdings auch stärker polarisieren. Preußlers Roman greift auf alte Sagen zurück und bewahrt ihren einfachen, für jeden zugänglichen Stil. Diese Reduziertheit überträgt sich auch auf die Geschichte, die in sehr konzentrierter Form dargeboten wird. Es erfolgen keine ausführlichen Beschreibungen, weder der Orte noch der Figuren. Die eher auf Knappheit beschränkten Informationen lassen viel Raum für eigene Phantasie. Die Figuren und die Umgebung werden in der Vorstellung des Lesers lebendig. Bereits nach wenigen Seiten ist man gefangen in der rauhen Welt und der dichten Atmosphäre der Mühle und dem Leben ihrer Bewohner. Voller Spannung begleitet man Krabat über die Jahre hinweg auf seinem Weg vom einfachen Bettelknaben zu einem respektablen Zauberlehrling, der sich auf einen Kampf auf Leben und Tod einlässt, um sich aus den Klauen des Bösen zu befreien.

Trotz vieler märchenhafter Elemente wie dem sich wiederholenden Jahresablauf, die Alltagszaubereien, die magischen Gegenstände und die Erlösung durch die Liebe ist der Roman insgesamt weitaus differenzierter als ein gewöhnliches Märchen. Krabat ist kein austauschbarer Held, sondern eine Entwicklungsfigur, die im Verlauf dazulernt. Vor allem aber herrscht hier kein simples Schwarz-Weiß-Schema vor, das eine exakte Einteilung ermöglicht.

|Keine Schwarz-Weiß-Charaktere|

Mit Krabat ist dem Autor eine Titelfigur gelungen, die sich jedem Leser sofort als Identifikationsfigur anbietet. Preußler verliert nicht viele Worte, um seinen jungen Protagonisten vorzustellen. Es ist ein Junge wie jeder andere, vorbehaltlos, neugierig und gerne bereit, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Jeder Leser kann nachvollziehen, warum der mittellose Betteljunge dem Ruf zur Schwarzen Mühle folgt. Ebenso verständlich ist seine Neugierde, als er herausfindet, dass an diesem Ort nicht nur das Müllern, sondern auch mysteriöse andere Künste gelehrt werden. An keiner Stelle des Buches gerät man in Gefahr, den Bezug zu Krabat zu verlieren. Stattdessen hofft, fürchtet, leidet und freut man sich mit dem Jungen, der nie einen unrealistischen Helden abgibt. Krabat vereint dankenswerterweise nicht nur positive Eigenschaften in sich, sondern tritt zuweilen auch naiv oder unvernünftig auf. Die anderen Lehrjungen sind ein bunt zusammengewürfelter Burschen aller möglichen Charaktere. Dabei stechen vor allem der ruhige Tonda, sein Altgesell-Nachfolger Michal und der dumme Juro hervor, der letztlich gar nicht so dumm ist, wie es scheint. Eine weitere positive Figur ist der Pumphutt, ein freier Müllersbursche, der den Meister in einem Zauberduell besiegt und dafür Sorge trägt, dass die Burschen gut behandelt werden. Er steht im direkten Gegensatz zum Meister, der seine Macht in der Mühle auslebt, während der Pumphutt umherzieht und seine Kräfte dafür einsetzt, um den Bedürftigen zu helfen.

Mindestens ebenso interessant wie die „guten“ Charaktere sind die „bösen“ unter ihnen, allen voran der Müllermeister und der Herr Gevatter. Preußler vermeidet eine reine Schwarz-Weiß-Malerei und trägt dadurch erheblich zum Spannungscharakter der Erzählung bei. Der Meister ist ohne Frage ein finsterer Mensch, der den Jungen Unheil bringt. Doch er kennt auch menschliche Züge wie Lob, Großzügigkeit und sogar Angst. So herrisch er in seiner Mühle gegenüber den Schülern auftritt, so duckmäuserisch verhält er sich wiederum gegenüber dem Herrn Gevatter, vor dem er echte Furcht empfindet. Der Herr Gevatter, auch „der mit der Hahnenfeder“ genannt, wird durch die Unaussprechlichkeit seines wahren Namens zu einer noch mysteriöseren Gestalt stilisiert. Ist es der Teufel, ist es der Tod? In jedem Fall geht von ihm eine unheimliche Macht aus, der sich selbst der Meister nicht zu widersetzen vermag. Auch er ist nicht einfach das personifizierte Böse, wie sich zeigt, als er den Meister für die Misshandlung eines der Lehrjungen tüchtig bestraft. Gerade diese Undurchsichtigkeit ist es, die bei seinem Auftauchen für den wohligen Grusel sorgt.

|Finstere Handlung|

Am Ende dieses spannenden Leseabenteuers warten der märchenhaft gute Ausgang und die ersehnte Erlösung durch die Allmacht der Liebe, der der böse Zauber des Meisters hoffnungslos unterlegen ist. Doch bis dahin geschehen allerleih finstere Dinge, die in einem Kinderbuch keine Berechtigung haben. Spätestens mit Tondas Tod wird offensichtlich, dass „Krabat“ tatsächlich ein Jugend- und Erwachsenenroman ist. Tonda ist eine melancholische, verlässliche und kluge Gestalt, zu der sowohl der Leser als auch Krabat rasch Vertrauen fassen. Sein gewaltsames Ableben hinterlässt Spuren bei Krabat, der sich ohne seinen bewunderten Freund einsamer denn je fühlt. Tonda ist nicht der letzte Tote in der Mühle, Krabat wird im späteren Verlauf noch einen weiteren Freund verlieren. Der Teufelspakt des Meisters und die jährlichen Opferungen der Jungen sind erschreckende Elemente, die allzu junge Leser überfordern und ängstigen.

Unterm Strich ist „Krabat“ ein düsterer und über weite Strecken trauriger Roman. Der einfache Stil mag zwar bereits für Grundschulkinder zu bewältigen sein, doch die Thematik ist erst für Jugendliche ab etwa zwölf Jahren zu empfehlen. Durch die vielen interpretatorischen Ansätze und Diskussionspunkte über die Charaktere, über die Symbolik und den sagenhaft-historischen Hintergrund eignet sich der Roman hervorragend als Schullektüre und wird als solche auch gerne verwendet.

_Fazit:_ „Krabat“ ein leicht geschrieber märchenhafter Roman über den alten Kampf zwischen Gut und Böse und die Erlösung durch die wunderbare Macht der Liebe. Trotz des einfachen Stils ist das Werk aufgrund der düsteren Thematik nicht für Kinder unter zwölf Jahren geeignet. Auf Jugendliche und Erwachsene dagegen wartet ein wunderbares Leseabenteuer, das besonders in die kalte Jahreszeit passt und zu Recht bereits zu Lebzeiten des Autos ein Klassiker geworden ist.

_Otfried Preußler_ zählt zu den bekanntesten Kinderbuchautoren Deutschlands. Er wurde 1923 in Böhmen geboren. Später zog er nach Oberbayern, wo er noch heute zuhause ist. Bis 1970 arbeitete er als Volkschullehrer, ehe er sich dem Schreiben widmete. „Der kleine Wassermann“ war sein erstes Kinderbuch. Es folgten zahlreiche weitere Werke, die allesamt erfolgreich wurden, u.a.: „Die kleine Hexe“, „Das kleine Gespenst“, „Der Räuber Hotzenplotz“, „Hörbe mit dem großen Hut“ und „Die Abenteuer des starken Wanja“.
Für den „kleinen Wassermann“ erhielt Preussler den Deutschen Kinderbuchpreis. Es folgten zahlreiche weitere Auszeichnungen, u.a. der Deutsche sowie der Europäische Jugendbuchpreis („Krabat“), Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse, Eichendorff-Literaturpreis, Konrad-Adenauer-Preis für Literatur der Deutschland-Stiftung e.V.
Viele seiner Werke wurden erfolgreich vertont bzw verfilmt.

Mehr über den Autoren erfährt man auf seiner Homepage: http://www.preussler.de.

Diverse – Indianermärchen

Die Märchen aus dem europäischen Kulturkreis haben in den letzten Jahren ein wenig an Bedeutung verloren. Dies liegt jedoch nicht daran, dass sie nach all den Jahren weniger interessant wären, sondern einfach nur daran, dass sich die belesenen Märchenkenner über die Grenzen der eigenen Kultur hinaus weiter umsehen. Neben den orientalischn Geschichten, die besonders im letzten Jahrzehnt Hochkonjunktur hatten, und den weisen japanischen Erzählungen sind diesbeüglich auch die lehrreichen Sagen der Indianer sehr beliebt. Der |Patmos|-Verlag hat dies auch erkannt und sieben solcher Kurzgeschichten auf eine CD gepresst, die bereits 2003 als Kassette auf den Markt gekommen ist und nun auch mein Interesse geweckt hat.

Das schlicht „Indianermärchen“ (nicht zu verwechseln mit dem etwas bekannteren „Indianermärchen aus Nordamerika“) betitelte Werk enthält dabei jeweils kurze Märchengeschichten von sechs verschiedenen Stämmen sowie eine recht lustige Geschichte über die eigenwillige Namensfindung der Indianer von Richard Melach.

Abgehandelt werden hierbei unter anderem Themen, die besonders indianische Kinderherzen beschäftigt haben müssen. So werden unter anderem der Ursprung des Feuers und die Herkunft der Büffel in einem kurzen Märchen erzählt. In „Der Geist, der so gerne tanzte“, einer alten Sage der Arikara, beschäftigt man sich hingegen mit dem Mystischen, das ja in der Indianerkultur ebenfalls eine gewichtige Rolle spielte. Der Beitrag des Stammes der Lakota hingegen besteht aus einer lustigen Heldengeschichte, die von einem jungen Mann handelt, der sich vor gar nichts fürchtete. Den sonderbarsten, gleichzeitig aber auch humorvollsten Plot liefern indes die Irokesen in Form von „Blauwolke und der fliegende Riesenkopf“. Bleibt noch die schönste Geschichte, und die entstammt dem Volke der Cree. „Der Windigo am Ende der Fährte“ beschreibt die Geschichte eines Jungen, der mit seinem neuen Gefährten gegen einen bösen Geist vorgeht und für das Gute einsteht.

Alle sieben Geschichten sind natürlich in erster Linie für ein kindliches Publikum geschrieben und werden dementsprechend auch sehr langsam, dennoch aber lebhaft von den beiden Sprechern Anja und Volker Niederfahrenhorst erzählt. Es sind allesamt kleine Lehren, teils gespickt mit einem moralischen Aspekt, teilweise aber auch nur unterhaltsam und fröhlich und trotzdem in ihrer Art sehr eigenwillig. Der Ursprung der gänzlich andersartigen Kultur der Indianer ist schnell erkennbar, gleichermaßen aber auch die Tatsache, dass sich die verschiedenen Stämme in ihren Wurzeln noch einmal stark voneinander unterscheiden. Natürlich kann man von diesen Kurzgeschichten nicht auf ein ganzes Volk schließen, aber es sind schon einige kleine Unterschiede, die sich in den Ansätzen von beispielsweise „Der Geist, der so gern tanzte“ und „Wie das Feuer auf die Erde kam“ gut herausfiltern lassen.

Doch die Märchen sind nun nicht dazu gedacht, irgendetwas Tiefsinniges zu analysieren. Sie sollen unterhalten und dem nach unten hin altersmäßig uneingeschränkten Zielpublikum Freude bereiten. Und genau dies ist, vor allem durch die beruhigenden Erzählstimmen der beiden Niederfahrenhorsts, absolut der Fall. Wer seinen Kleinen mal eine Freude machen möchte, ist mit diesem kurzweiligen Hörbuch bestens beraten.

_Übersicht_

1. Wie die Büffel in die Welt kamen (Märchen der Comanchen)
2. Der Geist, der so gern tanzte (Märchen der Arikara)
3. Sonne-über-dem-Kürbis (von Richard Melach)
4. Der Windigo am Ende der Fährte (Märchen der Cree)
5. Blauwolke und der fliegende Riesenkopf (Märchen der Irokesen)
6. Wie das Feuer auf die Erde kam (Märchen der Cherokee)
7. Der Junge, der vor nichts Angst hatte (Märchen der Lakota)

Hörproben gibt es übrigens [hier.]http://www.patmos.de/title/23/349124071/mode/quick/singleBook.htm

Dahl, Arne – Rosenrot

Kriminalromane haben Hochkonjunktur, insbesondere, wenn ihre Autoren aus Skandinavien und dort speziell aus Schweden kommen. Doch seit Henning Mankell immer seltener seine beliebten Wallanderromane veröffentlichte, schaffen auch andere Autoren den Sprung nach ganz oben in die Krimi-Bestsellerlisten. Ein Autor, der Mankell nicht nur in seiner Schreibweise und einigen Anspielungen sehr nahe kommt, ist der ebenfalls schwedische Autor Arne Dahl, der mit „Rosenrot“ seinen nunmehr fünften Roman rund um die so genannte A-Gruppe vorlegt.

Im Einsatz gegen illegale Einwanderer erschießt der Polizist Dag Lundmark – vermeintlich in Notwehr – den Südafrikaner Winston Modisane, als dieser seinen Fluchtweg versperrt vorfindet. Zunächst sieht alles nach einem ganz normalen Polizeieinsatz aus, doch schnell mehren sich die Verdachtsmomente gegen Dag Lundmark, der offensichtlich etwas zu verbergen und vielleicht doch nicht in Notwehr gehandelt hat. Der Leser weiß natürlich bereits, dass auf Lundmark kein Schuss abgegeben wurde und dass Modisane unschuldig sterben musste. Die A-Gruppe kommt zum Einsatz, sodass wir schnell auf Paul Hjelm und Kerstin Holm treffen, die Lundmark verhören sollen. Doch Holm ist befangen, trägt sie doch noch den Verlobungsring von Dag Lundmark, mit dem sie vor Jahren eine unglückliche Beziehung geführt hat. Tief in Kerstin Holm kommen Gefühle zum Vorschein, die sie sicher verwahrt geglaubt hatte. Obwohl Dag Lundmark sie damals regelmäßig vergewaltigt hatte, trägt sie nach wie vor seinen Verlobungsring und kann ihrem Ex-Geliebten immer noch nicht so recht unter die Augen treten.

Zu dem mutmaßlichen Mord an Winston Modisane gesellt sich eine zweite Leiche, über die ein erkälteter Einbrecher stolpert, dessen Nase so verstopft ist, dass er die halb verweste Leiche zunächst gar nicht bemerkt und ebenso wenig, dass er selbst so sehr nach Leiche stinkt, dass er von der nächsten Polizeikontrolle aufgelesen wird. Bei der zweiten Leiche handelt es sich um Ola Ragnarsson, der einen mysteriösen Abschiedsbrief hinterlassen hat, in welchem er sich als Massenmörder zu erkennen gibt. Doch wieso konnten Ragnarssons Morde unentdeckt bleiben und wieso wurden keine Menschen vermisst gemeldet? Ein verdeckter Hinweis führt die Polizisten zu einem Acker, in welchem zwei Leichen begraben liegen, die offensichtlich auf Ragnarssons Konto gehen. Die Spuren führen bis nach Monte Carlo, wo Ragnarssons Ex-Freundin lebt, die den Ermittlern einen wichtigen Hinweis geben kann.

Zur gleichen Zeit verschwindet Dag Lundmark, gegen den sich die Verdachtsmomente so weit verdichten, dass er schnell als Modisanes Mörder entlarvt werden kann. Langsam aber sicher entdecken die Ermittler die Verbindung zwischen den beiden so unterschiedlich aussehenden Todesfällen, doch bis dahin ist es ein langer Weg für die schwedische Polizei und insbesondere für Kerstin Holm, die von ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt wird und schlimme Dinge entdecken muss …

Arne Dahl präsentiert uns einen zunächst absolut unspektakulären Fall, in dem ein vielleicht rassistisch veranlagter und zu Brutalität neigender Polizist im Dienst einen schwarzen Einwanderer erschießt und dies wie Notwehr aussehen lässt. Doch ist dies nur die Oberfläche, an der wir kratzen. Hinter der Fassade versteckt sich ein ausgeklügelter Plan, der weitreichende Konsequenzen hat. Nach und nach streut Arne Dahl weitere Hinweise ein, die uns Dag Lundmark besser kennen lernen lassen. Wir erfahren wichtige Dinge aus seiner Vergangenheit und auch von Kerstin Holms Vergangenheit, die vor Dag Lundmark bereits von einem Freund ihrer Familie sexuell belästigt und vergewaltigt wurde. Die sonst so toughe A-Ermittlerin erscheint verletzlicher und angreifbarer denn je. Ein „schwarzes Loch“ zieht sie an und droht, sie in die Tiefe zu reißen. Kerstin Holm kann nicht länger vor ihrer eigenen Vergangenheit flüchten und ist in diesem Kriminalfall die Marionette in einem perfiden Plan.

Nach etwa hundert Seiten tritt die zweite Leiche auf den Plan und die Ermittlungen spalten sich in zwei vermeintlich unterschiedliche Kriminalfälle auf, die selbstverständlich miteinander zusammenhängen, obwohl sie erst gar nichts miteinander zu tun haben. Der Einbrecher Björn Hagmann erhält einen anonymen Hinweis und beschließt daraufhin, auch mit seiner schweren Erkältung einen Einbruch zu verüben, der jedoch nur dazu dient, dass die Leiche von Ragnarsson entdeckt werden kann. Kurz nach dem Einbruch gelingt Hagmann die Flucht vor der Polizei, doch kann er nicht einem Mordanschlag entkommen, den er nur knapp überlebt.

Die schwedische Polizei hat alle Hände voll zu tun, liefern beide Todesfälle doch viel Anlass zu Ermittlungen, sodass wir etliche Ermittler kennen lernen, die in einem schwer durchschaubaren Miteinander leben und arbeiten. Arne Dahl entwirft ein kompliziertes Beziehungsgeflecht, in dem die meisten Protagonisten eine bewegte Vergangenheit haben und auch aktuell nicht frei von Problemen und Sorgen sind. Leider lässt Dahl allerdings so viele Ermittler und Verdächtige auf den Plan treten, dass man sich als Leser nur schwer zurechtfinden kann. Die fremdartigen Namen helfen natürlich auch nicht gerade, um die jeweilige Hintergrundgeschichte einem Protagonisten zuzuschreiben. Einzig Paul Hjelm und Kerstin Holm bleiben gut im Gedächtnis und hinterlassen ihre Spuren beim Leser. Besonders Kerstin Holm wird uns näher gebracht, auch wenn wir ihre Handlungen nicht nachvollziehen können. Doch im Nachhinein zeigt sich, dass Kerstin Holms Taten von ihren verwirrten Gefühlen getrieben wurden und hierbei sehr verständlich bleiben.

Personell ist „Rosenrot“ leider etwas überfrachtet; man bekommt den Eindruck, dass die schwedische Polizei sogar überbesetzt ist, weil so viele unterschiedliche Personen an den beiden Fällen arbeiten. Das macht die Identifikation mit den einzelnen Figuren beim Lesen deutlich schwieriger. Hier vermisst man dann doch den Mankell’schen Wallander, der in seinen Romanen stets im Mittelpunkt steht und dem Leser als Identifikationsfigur oder zumindest doch Bezugsperson dient. Dies fällt in „Rosenrot“ deutlich schwieriger.

Doch Arne Dahl überzeugt dafür an anderer Stelle: Wie dem Leser schnell klar wird, hängen beide Kriminalfälle natürlich eng zusammen und gehören zu einem großen Plan, auch wenn Dahl uns nur langsam die Verbindungen zeigt und uns erst spät verstehen lässt, wie alles zusammenhängt und wo die Motive für die Morde versteckt liegen. Dahl eröffnet immer mehr Handlungsspielorte und lässt seine Akteure in viele unterschiedliche Richtungen ermitteln, sodass die Erzählung immer mehr Tempo aufnimmt und den Leser zunehmend fesselt. Die Geschichte in „Rosenrot“ ist verwickelt, aber sehr gut konstruiert. Der Kern zur Auflösung der Todesfälle liegt versteckt unter einem Haufen verhüllender Schichten, die nur nach und nach angehoben werden. Als Leser muss man sich mit wohldosierten Informationshäppchen zufrieden geben, die sukzessive den Blick unter die vielen Schichten erlauben und den Leser ganz am Ende mit einer Auflösung belohnen, die ein echtes Aha-Erlebnis ist. Wenn sich die Hintergründe der Todesfälle offenbaren, bleibt der Leser sprachlos zurück. Arne Dahl hat mit „Rosenrot“ eine überzeugende und bewegende Romanhandlung komponiert, die nachwirkt und sich äußerst positiv vom Durchschnitt der aktuellen Kriminalromane abhebt. Mit diesem Buch festigt Arne Dahl seinen Anspruch auf die oberen Plätze der Bestsellerlisten und seinen Platz unter den großen Autoren der Spannungsliteratur.

Abschließend bleibt nur noch festzuhalten, dass Arne Dahl mit „Rosenrot“ einen klug inszenierten Roman vorgelegt hat, der logisch durchkomponiert ist und absolut überzeugen kann. Wie sein schwedischer Kollege Mankell scheut auch Dahl sich nicht davor, seinem Roman einen politisch kontrovers diskutierbaren Hintergrund zu geben und darüber hinaus Protagonisten, die alles andere als perfekt sind und einige Krisen zu durchleben haben. „Rosenrot“ beginnt zwar erst gemächlich, nimmt dann aber ein solches Tempo auf, dass man das Buch nicht mehr zur Seite legen kann. Und auch das Ende enttäuscht nicht, allerdings sollte man sich als Leser zurückhalten und vor der Lektüre lieber nicht den Umschlagtext zum Buch lesen, da meiner Meinung nach einiges vorweggenommen wird, was Arne Dahl dem Leser erst spät präsentiert. „Rosenrot“ ist eine runde Sache, endlich wieder ein Autor, der Henning Mankell so nah kommt wie vielleicht kein anderer!

http://www.piper.de

Siehe ergänzend auch die [Rezension 3091 von Michael Matzer zur Lesung bei |steinbach sprechende bücher|.

Nimmo, Jenny – Charlie Bone und die magische Zeitkugel (Die Kinder des roten Königs 2)

Die Kinder des roten Königs 1: [„Charlie Bone und das Geheimnis der sprechenden Bilder“ 1992

Nach den turbulenten Ereignissen in der Ruine der Bloor-Akademie hat Charlie seine Ferien so richtig genossen. Aber jetzt ist Weihnachten herum, und obwohl draußen beinahe arktisches Wetter herrscht und in Benjamins Schule der Unterricht ausfällt, holt Charlie die Schule wieder ein.

Und gleich am ersten Abend stolpert er über das nächste Abenteuer in Form eines Jungen, der plötzlich in der Eingangshalle wie aus dem Nichts auftaucht. Der Junge heißt Henry, sieht Charlie ziemlich ähnlich und ist auch ungefähr genauso alt. Bald stellt sich heraus, dass er Charlies Urgroßonkel ist. Eine magische Zeitkugel hat ihn um neunzig Jahre in die Zukunft versetzt.

Jetzt gilt es, Henry schleunigst zu verstecken. Denn die beiden wurden von Billy Raven beobachtet, und Charlie hat längst gemerkt, dass mit Billy in letzter Zeit etwas nicht stimmt. Tatsächlich suchen schon am nächsten Tag sämtliche Bloors nach Henry, und natürlich vor allem auch nach der magischen Zeitkugel. Um diese beiden in Sicherheit zu bringen, müssen Charlie und seine Freunde sich ganz schön anstrengen …

Jenny Nimmo baut ihren Zyklus sehr vorsichtig weiter aus. Bei den Charakteren sind drei Neuzugänge zu verzeichnen.

Zunächst natürlich Henry, der gleichaltrige Urgroßonkel. Seine Verwirrung angesichts der fremdartigen Welt, in die er geraten ist, hält sich in Grenzen. Das kommt wahrscheinlich daher, dass ihm als einem Verwandten der Bloors Magie nicht völlig fremd ist. Er weiß, wie die Zeitkugel funktioniert, was ihn aber nicht davon abgehalten hat, trotzdem hineinzuschauen. Kinder sind eben oft einfach noch unvernünftig und die Neugier stärker als die Angst. Insofern ist Henry gut getroffen.

Desweiteren wäre Mrs. Bloor zu nennen. Die Misshandlung und Unterdrückung durch die Familie ihres Mannes, der sie aus reiner Geldgier geheiratet hat, haben aus ihr ein verhuschtes, trübseliges Geschöpft gemacht. Dass aber sogar Manfred mit Begeisterung seine eigene Mutter quält, obwohl er gleichzeitig wohl eine gewisse Zuneigung zu ihr empfindet, zeigt schon einen recht verqueren Charakter! Kein Wunder, dass Mrs. Bloor die unverhoffte Gelegenheit der Zeitkugel nutzt, um schleunigst zu verschwinden!

Der wichtigste Zuwachs ist die Köchin. Eine mütterliche und gleichzeitig resolute Frau, der es ein großes Bedürfnis ist, Kinder zu beschützen, vor allem, wenn sie es schwer haben. Wie zum Beispiel der verfolgte Henry … Dabei bietet sie sogar Manfred die Stirn, was nicht weiter verwundert, denn offenbar ist auch die Köchin sonderbegabt. Sie wohnt in einer kleinen gemütlichen Wohnung innerhalb der Akademie, deren Zugang hinter einem Küchenschrank versteckt ist. Wie weit die Absonderlichkeiten im Hinblick auf diese Frau den Bloors bekannt sind, ist nicht ganz klar, jedenfalls kommt keiner von ihnen auf die Idee, Henry bei ihr zu suchen. Nicht einmal der Hund von Manfreds Großvater ist bereit, sie zu verraten.

In welchem Umfang Henry in den folgenden Bänden noch eine Rolle spielen wird, ist nicht sicher. Zwar ist er noch in Reichweite, aber da er keine Sonderbegabungen hat, gibt es eigentlich keinen Grund mehr für ihn, noch einmal aufzutauchen. Mrs. Bloor hat sich wie gesagt aus dem Staub gemacht.
Der einzige auf Dauer relevante Neuzugang dürfte deshalb die Köchin sein. Die ist aber auch wirklich interessant und ein echter Gewinn. Eine Verbündete innerhalb der Akademie, dann auch noch in einem solchen Versteck und mit einer Sonderbegabung, das klingt vielversprechend!

Auch im Hinblick auf die Handlung und die „Ausstattung“ erfolgte der Ausbau eher zurückhaltend.

Neu ist natürlich die Zeitkugel. Eine nette Idee, die die Handlung für diesen Band gestiftet hat, ähnlich wie der Roboter und der Metallkasten im ersten Teil. Genau wie diese ist auch die Zeitkugel am Ende des Buches wieder verschwunden und macht Platz für einen neuen Handlungsmotor.

Eine nachhaltigere Neuerung ist die Tatsache, dass Charlie inzwischen nicht nur die Leute auf Fotos und Gemälden hören, sondern auch in die Bilder eintreten kann. Er befindet sich dann tatsächlich an dem Ort auf der jeweiligen Abbildung und in Gegenwart der dort anwesenden Personen, die ihn auch wahrnehmen können. Nur der Rückweg bereitet ihm noch ziemliche Schwierigkeiten. Seinen ersten Versuch wagt er mit einem Gemälde, das seine Großmutter Bone absichtlich in der Küche liegen gelassen hat. An sich bereits ein ziemliches Wagnis, wenn man bedenkt, dass diese Großmutter nicht unbedingt seine Freundin ist! Wie war das noch mal mit dem kindlichen Leichtsinn? Trotzdem ist es Charlie gelungen, mit genau dem Werkzeug aus dem Bild zurückzukehren, das er braucht, um Henry zu helfen, anstatt sich von dem Magier im Bild zu einer Dummheit überreden zu lassen. Immerhin!

Das Werkzeug ist die zweite Neuerung, die langfristigere Auswirkungen besitzt. Es handelt sich um einen weißen Zauberstab, der einst einem walisischen Zauberer gehört hat. Jetzt hat Charlie nicht nur seine Sonderbegabung, sondern auch außerhalb dieser Zugriff auf Magie. Zumindest so lange, wie er den Stab vor den Bloors geheimhalten kann.

Die Erweiterung der Rahmenhandlung schließlich kommt sandkörnchenweise daher. Neu sind eigentlich nur der Baum mit den rotgoldenen Blättern, das Café der glücklichen Haustiere und sein Geheimgang in die Ruine des Bloors sowie der Schatten hinter dem Bild des roten Königs im Hausaufgabenzimmer der Sonderbegabten, dem einzigen Bild, das Charlie nicht reden hören kann. Hier lässt die Autorin sich besonders viel Zeit, aber schließlich soll der Rahmen ja wohl noch für einige weitere Bände reichen.

Was den Aufbau der Geschichte angeht, hat sich Jenny Nimmo an ihr Konzept vom ersten Band gehalten. Beschreibungen von Gegenständen und Charakteren oder auch Erklärungen von Funktionsweisen – etwa der Zeitkugel – wurden zugunsten der eigentlichen Handlung eher knapp gehalten. Die Handlung selbst ist nicht mit so vielen Überraschungen gespickt wie im ersten Teil, macht dafür aber einen etwas atemlosen Eindruck, vor allem, weil Henry sich ständig aus seinen Verstecken davonschleicht und jedes Mal entdeckt wird! Charlies Rettungsversuche werden oft genug vereitelt, nicht nur durch Billys Spionage, sondern auch durch die aufmerksame Bewachung, die ihm tagsüber durch Manfred, nachts durch seine Tante Lucretia zuteil wird. So verwundert es nicht, dass Henrys Rettung letztlich außerplanmäßig auf ganz unkonventionelle Weise erfolgt …

Der einzige Knacks, über den ich gestolpert bin, betrifft den Speisesaal. Im ersten Band saßen noch alle im selben Raum, jeder Schulzweig an seinem Tisch. Jetzt erwähnt die Autorin plötzlich einen eigenen Speisesaal für jeden Zweig, und sogar für jeden der drei Speisesääle eine eigene Küche. Wie in diesem Fall allerdings Olivia Manfreds bissige Bemerkung über ihre Haare gehört haben soll, und wo bei einer solchen Aufteilung die Lehrer sitzen, das ist ziemlich unklar. Ich denke aber nicht, dass solche Dinge auch Kindern zwischen acht und zwölf auffallen.

Im Vergleich zu Rowlings Blockbuster, der sich aufgrund der doch recht starken Ähnlichkeiten immer wieder aufdrängt, klingt das alles ziemlich bescheiden. Andererseits hat Charlie Bone am Ende des ersten Bandes gerade mal ein paar Wochen am Bloor verbracht, der zweite Band umfasst nur drei Wochen. Harry hat nach zwei Bänden bereits zwei ganze Schuljahre hinter sich.

Spätestens hier zeigt sich deutlich, dass Charlie Bone für jüngere Kinder geschrieben wurde. Und während Harry seiner ursprünglichen Leserschaft spätestens im fünften Band aus den Schuhen rauswächst, wird Charlie Bone wohl noch länger Kind und damit seinen Fans treu bleiben.

Jenny Nimmo arbeitete unter anderem als Schauspielerin, Lehrerin und im Kinderprogramm der BBC. Geschichten erzählte sie schon als Kind, Bücher schreibt sie seit Mitte der Siebziger. Unter anderem stammt der Zyklus |Snow Spider| aus ihrer Feder, sowie „Im Garten der Gespenster“, „Der Ring der Rinaldi“ und „Das Gewächshaus des Schreckens“. „Charlie Bone und das Geheimnis der sprechenden Bilder“ ist der erste Band des Zyklus |Die Kinder des roten Königs| und hat sie auch in Deutschland bekannt gemacht. Seither sind drei weitere Bände von Charlie Bone erschienen, „… die magische Zeitkugel“, „… das Geheimnis der blauen Schlange“ und im Februar dieses Jahres „… und das Schloss der tausend Spiegel“.

http://www.ravensburger.de

Caleb Carr – Das Blut der Schande

Das geschieht:

Irgendwann in den späten Tages des 19. Jahrhunderts – ein exaktes Datum verschweigt uns der Verfasser, aber den Hund der Baskervilles deckt bereits der kühle Rasen – tritt Mycroft, der ältere Bruder des berühmten Privatermittlers Sherlock Holmes, mit einem Spezialauftrag an diesen heran: In Holyroodhouse, dem Sommerlandsitz der britischen Königin Victoria, sind zwei Männer auf grausige Weise zu Tode gekommen: Man fand ihre Leichen von unzähligen Klingenstichen durchbohrt; jeder Knochen im Leib war zerbrochen.

Mycroft, welcher der Regierung als ‚Berater‘ nahe steht, wähnt schottische Anarchisten oder sogar deutsche Spione am Werk. Diskret soll die peinliche Affäre aufgeklärt werden. Sherlock freut sich, denn zur Sorge seines treuen Gefährten Dr. Watson hegt der sonst so rational denkende Detektiv seit einiger Zeit merkwürdige Theorien, die um die Existenz jenseitiger Welten kreisen. Holyroodhouse war vor drei Jahrhundert Schauplatz eines düsteren Ereignisses: Vor den Augen einer entsetzten Königin Maria Stuart ermordeten schottische Adlige ihren italienischen Sekretär und Vertrauten. Seither soll der Geist dieses David Rizzio im Westturm von Holyrood umgehen und rachedurstig die Unvorsichtigen packen, die ihm zu nahe kommen. Caleb Carr – Das Blut der Schande weiterlesen

Chrono, Nanae – Peace Maker Kurogane 05

Leider hat die Freude über den fünften Band der „Peace Maker Kurogane“-Serie auch einen negativen Beigeschmack, der sich auf die Zukunftspläne von Nanae Chrono bezieht. Die Autorin möchte nämlich zunächst mal eine längere Pause einlegen und die Geschichte zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen – und dies ausgerechnet an einem Punkt, an dem die Spannung nicht größer sein könte. Aaaarrrgghhh …!
Nun, freuen wir uns aber jetzt erst einmal über diesen fünften Band, denn der hat es, was die Action anbelangt, wirklich in sich!

_Story_

Die politischen Zustände haben sich in letzter Zeit deutlich zugespitzt, besonders nach dem Tod von Ryoma Sakamoto, für den verfeindete Gruppen Tetsu verantwortlich machen. Weiterhin scheint die Organisation des verräterischen Ito, die „Kaiserliche Grabwache“, nach dem Einstieg der beiden geheimnisvollen Shinsengumi-Persönlichkeiten Heisuke Todo und Hajime Saito immer mehr an Macht zu gewinnen und ihren alten Auftraggeber langsam zu untergraben. Der Kampf scheint vorprogrammiert, und nach einem weiteren Aufeinandertreffen zwischen Ito und den Shinsengumi kommt es zu einem Überfall, bei dem der stark angetrunkene Führer der „Kaiserlichen Grabwache“ hinterhältig ermordet wird.

Dessen Handlanger, darunter eine beträchtliche Zahl Ronin-Söldner, lassen sich nicht lange bitten, rücken in voller Kampfmontur und Heerstärke gegen die Shinsengumi vor und umzingelt die zahlenmäßig unterlegene Organisation. Es kommt zu einer brutalen, blutigen Schlacht, in deren Mittelpunkt einmal mehr Tetsu steckt, der aufgrund des Mordverdachts zum Tode verurteilt wurde. Der wahre Mörder Sakamotos hingegen spinnt eine Intrige nach der anderen und freut sich über jeden weiteren Shinsengumi, der ohne besondere Anzeichen Hochverrat begeht.

In einem Rückblick wird die Geschichte von Soji Okita erzählt, der wegen seines mädchenhaften Äußeren in seiner Kindheit eines Samuraikämpfers für nicht würdig befunden wurde. Katsuta Kondo und Toshiza Hijikata, gerade mal 18 bzw. 17 Jahre alt, finden jedoch schnell heraus, dass sich hinter dem kleinen unscheinbaren Jungen ein furchtbares Geheimnis verbirgt, das unmittelbar mit einem verschollenen Schwert in Verbindung steht …

_Meine Meinung_

Der fünfte Teil der Serie ist auf jeden Fall der gradlinigste bislang. Es ist zwar weiterhin nicht gerade einfach, die vielen gemeinen Intrigen zu durchschauen, doch da sich die Verräter dieses Mal nicht mehr so sehr im Verborgenen aufhalten und durch die Vorgeschichte langsam Licht ins Dunkel gekommen ist, bekommt man hier relativ schnell den Durchblick.

Und sobald man sich hier (in meinem Fall nach längerer PMK-Abstinenz) wieder zurecht gefunden hat, steckt man auch schon mitten drin in der Action. Band 5 ist gefüllt von weiteren hinterhältigen Mordplänen, vielen Schwertkämpfen, verräterischen Hinterlisten und Ungerechtigkeiten, in deren Mittelpunkt wiederum Tetsunosuke Ichimara steht, der diesmal das Opfer eines feigen Komplotts werden soll. Hintergründige Gefühle und Emotionen spielen kaum noch eine Rolle, und auch die politischen Schachzüge finden hier in den rasanten Kampfhandlungen ein jähes Ende.

Leider aber gilt dieser Schlussstrich fürs Erste auch für die gesamte Handlung; etwa zur Mitte des Buches – der Kampf zwischen den Ronin und der Shinsengumi ist gerade beendet, die Spätfolgen sind aber noch nicht geklärt – stoppt Nanae Chrono den Hauptplot und führt den Leser über einen größer angelegten Flashback zurück in die Kindheit des zart wirkenden Sojimoro Okita, hinter dem sich insgeheim aber ein brutaler Kämpfer und offenkundiger Mörder verbirgt. Mehr dazu möchte ich an dieser Stelle nicht sagen, aber mit dem Beginn der so genannten Hino-Kapitel startet die Autorin eine weitere sehr interessante Facette, die den gesamten Storyverlauf sicherlich noch ein weiteres Mal umkrempeln wird und das Hintergrundwissen um einen weiteren wichtigen Charakter aufwertet. Hinter dem heutigen Shinsengumi Soji steckt viel mehr als das, was die kindliche Seele nach außen hin ausstrahlt, und diesen Kontrast hat Chono auch wieder sehr gut in die Zeichnungen mit aufgenommen.

Zu Letztgenannten möchte ich abschließend auch noch ein paar Worte loswerden; was mir nämlich sehr positiv aufgefallen ist, sind die weniger hektischen Bildfolgen in den Action-Szenen. Die Kampfhandlungen verschwimmen nicht im Wust an überladenen Skizzen, sondern sind in ihren Details sehr gut zu differenzieren. Selbst die Passagen, in denen die Ronin mit ihrer geballten Masse gegen die Shinsengumi vorgehen, entbehren der vorher schon mal öfter aufgetreten, illustrierten Hektik und zeugen von einer optimalen Weiterentwicklung seitens der Zeichnerin. Kompliment an Nanae Chrono, die sich jetzt leider erst einmal für unbestimmte Zeit zu Ruhe setzen möchte. Angesichts des prima Spannungsaufbaus und der toll inszenierten Action wäre es jedoch wünschenswert, wenn die Dame auf schnellstem Weg mit einem weiteren „Peace Maker Kurogane“-Band aus dem Handgelenk käme – auch wenn man landläufiger Meinung nach eigentlich auf dem Höhepunkt aufhören sollte! Band 5 ist ein – man verzeihe mir die ungezügelte Ausdrucksweise – endgeiles Manga-Erlebnis!

http://www.tokyopop.de/

Haydon, Elizabeth – Tochter des Sturms (Rhapsody / Symphony of Ages)

Rhapsody Saga

Band 1: Rhapsody: Child of Blood, Tor 1999, ISBN 0-312-86752-2
Tochter des Windes, Heyne 2003, Übersetzer Michael Windgassen, ISBN 3-453-86372-0
Band 2: Prophecy: Child of Earth, Tor 2000, ISBN 0-312-86751-4
Tochter der Erde, Heyne 2003, Übersetzerin Christine Struth, ISBN 3-453-87069-7
Band 3: Destiny: Child of Sky, Tor 2001, ISBN 0-312-86750-6
Tochter des Feuers, Heyne 2004, Übersetzer Michael Siefener, ISBN 3-453-87549-4
Band 4: Requiem for the Sun, Tor 2002, ISBN 0-312-87884-2
Tochter der Zeit, Heyne 2005, Übersetzer Michael Siefener, ISBN 3-453-87911-2
Band 5: Elegy for a Lost Star, Tor 2004, ISBN 0-312-87883-4
Tochter des Sturms, Heyne 2006, Übersetzer Michael Siefener, ISBN 3-453-52067-X
Band 6: The Assassin King, Tor 2007, ISBN 0-765-30565-8
Tochter der Sonne, Heyne 2008, Übersetzer Michael Siefener, ISBN 978-3-453-53256-4
Band 7: The Merchant Emperor, Tor 2014, ISBN 978-0-7653-0566-4
Band 8: The Hollow Queen, Tor 2015, ISBN 978-0-7653-0567-1
Band 9: The Weaver´s Lament, Tor 2016, ISBN 978-0-7653-2055-1

Lost Journals of Ven Polypheme

The Floating Island, Starscape 2006, ISBN 0-765-30867-3
The Thief Queen’s Daughter, Starscape 2007, ISBN 978-0-7653-0868-9
The Dragon’s Lair, Starscape 2008, ISBN 978-0-7653-0869-6
The Tree of Water, Starscape 2014, ISBN 978-0-7653-2059-9
(Quelle: Wikipedia.de)

Als Achmed von der Westküste zurückkehrt, wo er Rhapsodys Entführer nachgejagt ist, findet er schon auf den Krevensfeldern Glassplitter, die eindeutig von den Scheiben in der Kuppel des Gurgus stammen! Fluchend reitet er weiter. Aber kaum zu Hause angekommen, muss er schon wieder aufbrechen …

Rhapsody und Ashe haben beschlossen, Gwydion sei alt genug, um die Nachfolge seines Vaters als Herzog von Navarne anzutreten. Zusammen mit Anborn führt ihn sein erster offizieller Staatsbesuch nach Tyrian. Die Fortsetzung der Reise nach Sorbold ist eher weniger offizieller Natur. Schon die ersten Entdeckungen allerdings sorgen dafür, dass Gwydion eilig nach Navarne zurückkehrt, um Ashe zu warnen, während Anborn auf seiner Erkundung bis in die Hauptstadt Jierna’Sid vordringt …

Ashe ist allerdings nicht mehr zu Hause, als Gwydion zurückkehrt. Denn Rhapsody ist gleichzeitig mit Gwydion aufgebrochen, um die Drachin Elynsinos zu besuchen, wo jetzt wiederum Ashe sie besucht, denn sie fehlt ihm ganz entsetzlich! Er kommt fast gleichzeitig mit Achmed dort an, der zum Glück Krinsel, die Hebamme, dabeihat. Nur alle gemeinsam sind sie in der Lage, Rhapsody und ihr Kind heil durch die Geburt zu bringen! Der Knabe erhält den Namen Meridion.

Er ist allerdings noch keine Stunde alt, als er sich bereits auf der Flucht befindet. Anwyn, die als Drachin das erste Konzil der Cymrer nach dem cymrischen Krieg verheerte und daraufhin von Rhapsody in der Erde eingeschlossen wurde, ist entgegen aller Annahmen nicht tot. Die Erschütterung der Explosion am Gurgus hat sie geweckt und ihr Gefängnis aufgebrochen. Nun will sie Rache!

Als wäre das noch nicht übel genug, hat der neue Kaiser von Sorbold Faron, das missgestaltete Kind von Rhapsodys Entführer, durch irgendeine alte Magie in eine Statue aus lebendigem Stein verpflanzt, um einen willenlosen und unbesiegbaren Soldaten zu schaffen. Dafür musste er die Kathedrale von Terreanfor schänden und hinterher sämtliche Priester beseitigen, weil sie allesamt Zeuge der Schändung waren.

Und dann taucht auch noch Estens Stellvertreter Dranth bei ihm auf, um ihm ein Geschäft vorzuschlagen …

Sechs verschiedene Handlungsstränge, das klingt komplizierter, als es wirklich ist. Grob gesagt teilt sich der Band in zwei Hälften, wobei „teilt“ eigentlich zu viel gesagt ist. Die Gewichtung verschiebt sich lediglich im Laufe der Erzählung ein wenig. Liegt sie zunächst etwas mehr auf Sorbold und seinem Kaiser, so wechselt sie später stärker zu den Ereignissen um Anwyn.

Kaiser Talquist von Sorbold stellt sich allmählich als extrem skrupellos heraus. Er giert nach Macht mindestens ebenso sehr wie die F’dor nach Zerstörung. Nicht nur, dass er die Waage manipuliert hat, um Kaiser zu werden, inzwischen zeigt sich, dass er absolut alles gnadenlos ausbeutet, was sich ihm nähert beziehungsweise dem er sich nähern kann. Der Nachschub an Sklaven, der durch Sorbold strömt, ist nahezu unermesslich, und man fragt sich, wo in aller Welt er diese vielen Menschen herholt! Er betreibt Raubbau an der Macht eines Heiligtums und bedient sich ihrer ganz unverblümt. Er benutzt jedermann, selbst jene, die ihn für ihren Freund halten, er intrigiert und schachert, und als Krönung verpflanzt er einfach ein Geschöpf von einem Körper in den nächsten, nur so als Test, und nimmt in Kauf, dass so ziemlich alles schief geht, was nur schief gehen kann. Und tatsächlich entzieht sich das Ergebnis des Experiments sogleich seiner Kontrolle …

Faron, das einst hilflose, ans Wasser gebundene Geschöpf, steckt jetzt in einem Körper, den es kaum versteht. Es versteht überhaupt fast nichts, weder die Welt selbst, noch die Wesen darin, noch was mit ihm geschehen ist. Aber er spürt die Klänge der bunten Schuppen, von denen ihm auf dem Weg nach Sobold zwei abhanden gekommen sind. Unwillkürlich folgt er den vertrauten Klängen durch den Kontinent zurück, um sich das Verlorene wiederzuholen. Und womöglich die violette Schuppe gleich dazu, die sich in den Händen Talquists befindet? Beim Anblick des stumpfsinnigen, aber unverwundbaren Kriegers aus lebendem Gestein packt den neuen Kaiser von Sorbold die Panik …

Am gelungensten fand ich die Beschreibung von Anwyn, die sich beim Erwachen an nichts mehr erinnert, nicht einmal an ihren eigenen Namen. Nur langsam und allmählich gehen ihre Gedanken über bloßen Instinkt hinaus, findet sie Antworten auf die vielen Fragen, die durch ihren Kopf schwirren. Und je mehr sie herausfindet, desto größer wird ihre Wut!

So kann man für diesen Band getrost dasselbe feststellen wie für den Vorgängerband: Die Autorin hat wieder viel Sorgfalt auf ihre Nebenfiguren verwendet.

Leider muss gleichzeitig auch für das ursprüngliche Trio Rhapsody/Achmed/Grunthor dasselbe festgestellt werden wie zuvor: Im Vergleich zu den ersten drei Bänden wirken sie einfach blass. Immerhin hat Rhapsody endlich ihr Kind entbunden. Jetzt, wo es ihr wieder besser geht, wird sie hoffentlich auch wieder aktiver und stärker, und zwar in jeder Hinsicht, in der sie es ursprünglich war. Auch Achmed wird hoffentlich wieder vermehrt zu dem dhrakischen F’dor-Jäger, der er sein sollte, denn im Augenblick ist er ein wenig zum Dauerretter Rhapsodys verkommen! Grunthor kommt ja fast gar nicht mehr vor.

Handwerklich gesehen, ist der Band gewohnt souverän aufgebaut. Elizabeth Haydon hat ein paar kleine Details eingestreut, die grundsätzlichen Fragen aber offen gelassen, um die Neugier wach zu halten. So erfährt der Leser zwar, dass es sich bei Farons bunten Schuppen offenbar um eine Art Kartenspiel handelt, aber nicht, wozu es dient und wie man es benutzt; dass die Glaskuppel, die Achmed so verbissen nachzubauen versucht, alte Magie anzapft, aber nichts Genaues über ihre Funktion. Außerdem finden sich wie gewohnt Ansätze zu neuen Handlungssträngen, zum Beispiel in der Figur des Jal’asee, des Gesandten der Magierinsel, oder der der Portia, die Ashe von Tristan Steward sozusagen aufgedrängt wurde, und die offenbar geheime Fähigkeiten hat. Die Frage, zu welchem Zweck genau Tristan sie unbedingt dort haben will, ist noch offen, ebenso wie die Pläne, die Dranth von der Rabengilde und der sorboldische Kaiser miteinander geschmiedet haben.

Das größte Rätsel ist allerdings erst zur Welt gekommen, nämlich Meridion. Aus dem dritten Band ist bekannt, dass er sein körperloses Selbst nicht nur durch die Zeit bewegen, sondern auch in die Geschehnisse eingreifen kann. Woher er diese Fähigkeiten hat, wie es dazu kam, dass er diese Fähigkeiten tatsächlich einsetzte, und wer sein Meister ist, der kurz erwähnt wurde, sind die Fragen, die mich derzeit am brennendsten interessieren. Ich fürchte allerdings, um diese zu beantworten, wird die Autorin – im Hinblick darauf, dass das Kind gerade erst geboren wurde – noch mal drei zusätzliche Bände brauchen! Ob sie dann noch alle Fäden ohne Verhedderungen weiterführen kann?

Schon in Band vier zeigen sich erste Schwierigkeiten, als Rhapsodys Entführer einen bestimmten Raum seiner Behausung aufsucht, um mit dem F’dor zu sprechen, dessen Wirt er doch ist, sodass das eigentlich gar nicht nötig sei sollte. Schnitzer dieser Art tauchen jetzt öfter auf. Anwyn hat bei ihrem Erwachen nicht mehr alle Verletzungen, die sie beim Kampf auf dem Konzil davongetragen hat, und von der Rede bei Meridions Namensgebung, die am Ende von Teil drei erwähnt wird, fehlt bei der tatsächlichen Namensgebung im neuesten Band jede Spur.

Auch das Lektorat war nicht ganz fehlerfrei. So tauchte die überraschende Mehrzahl Kinds auf, gemeint sein dürften wohl Kinder. Und obwohl sich die Verlage bei der Übersetzung von Titeln jegliche Freiheiten nehmen – was besonders bei den beiden neuesten Bänden auffällt, deren Titel wohl nur noch der Einheitlichkeit des Zyklus dienen und keinerlei Bezug zum Inhalt mehr haben -, schaffen sie es nicht, ihre Übersetzung sprachlicher Logik anzupassen. So heißt es an einer Stelle: “ … sprach drei Worte …: ‚Es tut mir leid.‘ „. Das sind eindeutig vier Worte, und nicht drei wie im englischen Original. Hier wäre ein Abweichen vom Originalwortlaut wenigstens mal sinnvoll gewesen!

Insgesamt entspricht das Niveau des fünften Bandes ungefähr dem vierten, was schade ist. Der Spannungsbogen ist längst nicht mehr so straff gespannt wie in den ersten drei Bänden. Der Leser ist zwar neugierig, weil die Autorin immer noch geschickt ihre Antworten nur häppchenweise verteilt, aber das Mitfiebern, das zu Anfang noch vorhanden war, schwindet zusehends, weil die drei Sympathieträger des Zyklus so schwächeln. So interessant die neuen Ideen auch sind, richtig mitreißen kann die Handlung nicht mehr. Ich hoffe doch sehr, dass wenigstens im sechsten Band, wo voraussichtlich die Zuspitzung auf den Höhepunkt erfolgen dürfte, endlich wieder Schwung in die Geschichte kommt.

Das Erscheinen dieses sechsten Bandes wurde allerdings auf Januar 2007 verschoben; wann die deutsche Übersetzung zu „Assassin King“ erscheinen wird, steht also noch in den Sternen. Ob diese großen Abstände zwischen den einzelnen Bänden dem Zusammenhang und der Logik dienlich sind, wird sich noch zeigen.

Elizabeth Haydon lebt an der Ostküste der USA mit ihrem Mann und drei Kindern. Sie interessiert sich für Kräuterkunde und Geschichte, singt und spielt selbst Harfe. Bevor sie zu schreiben begann, arbeitete sie im Verlagswesen. Außer |Symphony of Ages| schrieb sie auch |The Journals of Ven Polypheme| für Kinder.

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French, Nicci – falsche Freund, Der

Miranda Cotten ist Ende zwanzig, lebt in London und führt ein lockeres, ungebundenes Leben. Ehe oder feste Partnerschaft gibt es bei ihr nicht, doch sie trifft sich ein paar Mal mit Brendan Block. Aber bevor sich die Sache zu einer ernsthaften Beziehung entwickeln kann, ertappt sie ihn dabei, wie er heimlich in ihre Wohnung eindringt und ihr altes Tagebuch liest. Ohne Zögern macht Miranda Schluss und hofft, ihn nie wiederzusehen.

Bald darauf taucht Brendan jedoch wieder in ihrem Leben auf – als neuer Freund von ihrer Schwester Kerry. Miranda fühlt sich in dieser Konstellation sehr unwohl. Aber es kommt noch schlimmer, denn Brendan erzählt jedem, dass er es war, der Miranda verlassen hat, anstatt umgekehrt. Innerhalb kurzer Zeit integriert sich Brendan in Mirandas Familie und ihrem Bekanntenkreis. Kerry schwebt im siebten Himmel, die Eltern sind von dem charmanten Mann angetan und auch Mirandas Freunde finden ihn sympathisch. Immer freundlich, verständnisvoll und hilfsbereit präsentiert er sich seiner Umgebung, sodass ihn alle für den perfekten Traummann halten.

Doch hinter der Fassade lauert ein unberechenbarer Psychopath. Nach wie vor ist Brendan von Miranda besessen. Er spioniert ihr Leben aus, er verfolgt sie, er spinnt Intrigen gegen sie. Mit teuflischem Geschick gelingt es ihm sogar, sich und Kerry für einige Zeit in ihrer Wohnung einzunisten. Immer öfter fühlt sich Miranda von ihm belästigt und bedroht, kann es jedoch niemandem beweisen. Verzweifelt versucht Miranda, ihre Familie und Freunde vor ihm zu warnen, doch die anderen schlagen sich immer weiter auf Brendas Seite. Um Abstand zu gewinnen, zieht sie vorübergehend zu ihrer besten Freundin Laura, aber auch hier will man ihr langsam nicht mehr glauben; bald darauf zerbricht ihre neue Beziehung. Miranda gilt bei allen als hysterisch und krankhaft eifersüchtig. Hilflos muss sie mitansehen, wie Brendan und Kerry sich verloben und ihre Hochzeit planen. Als sich schließlich eine schreckliche Tragödie ereignet, glaubt sich Miranda endgültig am Ende – bis sie beschließt, zurückzuschlagen …

Spätestens seit dem Film „Eine verhängnisvolle Affäre“ ist das Thema Stalking abgewiesener Liebhaber ein immer wieder gern genommenes Thema für Kino und Literatur. Ob es sich bei dem Psychopathen um Mann oder Frau handelt, ist dabei relativ egal; in jedem Fall geht es um verletzten Stolz und unerwiderte Gefühle, die sich zu einer Hass-Liebe steigern und dem Liebesobjekt das Leben zur Hölle machen. Auch die Darstellung des Verfolgten, dem niemand aus seiner Umgebung Glauben schenkt, ist ein beliebtes Mittel, das hier seine hitchcockeske Wirkung nicht verfehlt.

|Fiebern mit Protagonistin|

Der Roman wird aus der Ich-Perspektive der Hauptfigur Miranda erzählt. Die Identifikation des Lesers und seine Sympathie sind daher ein wichtiges Kriterium, um sich in die Handlung vertiefen zu können. Tatsächlich gelingt es den Autoren gut, Miranda überzeugend darzustellen und den Leser mit ihr mitfiebern zu lassen. Miranda erscheint als durchschnittliche Frau mit mehr oder weniger liebenswerten Zügen; kein perfektes Barbiepüppchen, sondern eher eine handfeste Frau mit Charakter, die in ihrem Maler- und Tapezierberuf aufgeht, bescheiden wohnt und ihr Leben mit großer Selbstständigkeit meistert. Die Beziehung zu Brendan ist für sie kaum mehr als eine belanglose Affäre, der sie keine Sekunde lang hinterhertrauert. Miranda ist nicht oberflächlich, aber selbstbewusst genug, um zwischen wichtigen und unwichtigen Dingen in ihrem Leben zu unterscheiden – und Brendan gehört dabei eindeutig zu den unwichtigen Dingen. Dazu kommt, dass sie den Schlussstrich aus sehr nahe liegenden Gründen zieht.

Auch den Leser beschleicht Empörung, als er liest, wie sich der neue Freund ungefragt in der Wohnung ausbreitet und in Seelenruhe in Mirandas Tagebuch blättert. Die Antipathie gegen Brendan ist damit unausweichlich, während man sich bereits um Mirandas Willen vor seiner Rache fürchtet. Hinzu kommt, dass uns sofort bewusst ist, dass Miranda sich nichts vorzuwerfen hat und ohne eigene Schuld die Zielscheibe von Brendans Aktionen wird. So wie sie ahnungslos in seine Fänge stolperte, könnte es auch jedem Leser ergehen, der genau wie sie nicht jeden Menschen auf Anhieb richtig einschätzen kann. Im Grunde könnte in jedem Menschen auf der Straße ein Charakter wie Brendan stecken – und das ist durchaus eine beunruhigende Vorstellung, der man sich nur schwer entzieht.

Einer weiterer gut gelungener Charakter ist Mirandas kleiner Bruder Troy. Der knapp Siebzehnjährige leidet seit Jahren unter schweren Depressionen, die ihn zum Sorgenkind der Familie Cotton machen. Gleichzeitig führen seine Intelligenz und seine kurzzeitigen Gute-Laune-Phasen bei allen Beteiligten zur besonderer Freude. Miranda liebt ihren kleinen Bruder mit aller Zärtlichkeit und kann ebenso wenig wie der Leser den Gedanken ertragen, dass Brendan ihm schaden könnte.

|Von Tatsachen und Beweisen|

Für Miranda liegt es auf der Hand, dass es sich bei Brendan um einen Psychopathen handelt. Dabei ist sie zunächst durchaus gewillt, sich für ihre Schwester zu freuen und hofft, sich mit Brendan auf einer oberflächlichen Basis – Kerry zuliebe – arrangierne zu können. Doch sein unbefugtes Eindringen in ihre Wohnung, der Einbruch in ihre Privatsphäre und obszöne Bemerkungen unter vier Augen reichen bereits aus, damit Miranda ihn von ganzen Herzen zu hassen beginnt. Vielleicht hätte ein mehrwöchiger Abstand ihre Antipathie gedämpft, doch stattdessen ziehen Kerry und Brendan vorübergehend in ihre kleine Zweizimmerwohnung.

Brendan benutzt ihr Badezimmer und tritt ungefragt ein, während sie in der Badewanne liegt; Brendan plaudert ihre Tagebuchgeständnisse auf Familienfeiern aus. Aber hat er auch nach seinem Auszug ihre Wohnung betreten, hat er tatsächlich ihr Badezimmer überflutet? Miranda ist dessen sicher, aber Beweise für diese Taten hat sie nicht. Während sie in ihrer Wut Brendan offen Beschuldigungen vorwirft, reagiert dieser so lammfromm, dass alle Freunde und Familienmitglieder ihm Glauben schenken. Auch der Leser darf hin und wieder zweifeln, ob er wirklich für alle schlimmen Taten verantwortlich ist, oder ob Mirandas Verstand wirklich beginnt, ihr Streiche zu spielen – denn schließlich kennt man nur ihre Sicht der Dinge.

Noch schlimmer kommt es, als Miranda beim Versuch, Beweise für Brendans Schuld zu finden, selber ertappt wird, wie sie seine Sachen durchwühlt. Die Detektivin wird zum Tatverdächtigen, und anstatt Brendan von ihren Lieben zu entzweien, treibt sie ihn immer weiter in deren Arme. Beinah schmerzhaft wird uns bewusst, wie schwer es ist, einen geschickten Lügner zu überführen. Für jedes Indiz, das Miranda auftreibt, hat Brendan eine Ausrede parat, die er gelassen und überzeugend den anderen erklärt. Bald hat Miranda niemanden mehr, dem sie vertrauen kann – aber sie schwört sich, nicht zu ruhen, bis sie ihre Rache bekommt …

|Kleine Konstruktionen und offene Fragen|

Auch wenn die Autoren bemüht sind, die Ereignisse subtil zu steigern, erscheint es doch ein wenig unglaubwürdig, wie viel Glück und Geschick Brendan bei seinem Vorgehen zufliegen. Es gelingt ihm, so gut wie jeden aus Mirandas Umgebung einzuwickeln und von seiner Harmlosigkeit zu überzeugen und nicht zuletzt auch Kerry äußerst schnell zu einer Verlobung zu überreden. Der Zufall will es zudem, dass ein Unterkommen im Haus der zukünftigen Schwiegereltern unmöglich ist, sodass Miranda den beiden gezwungenermaßen Zuflucht in ihrer winzigen Wohnung bieten muss.

Auch muss man sagen, dass Mirandas Familie und Freunde ihr viel zu wenig vertrauen. Es scheint gar keine harte Arbeit von Brendans Seite nötig zu sein, um Miranda bei allen anderen Menschen zu diffamieren. Man möchte doch meinen, dass beste Freundinnen und engste Familienangehörige sich nicht so leicht von Fremden überzeugen lassen und zunächst einmal dem Menschen glauben, den sie ein Leben lang kennen. Unrealistisch wirkt in dem Zusammenhang ebenfalls, dass sich Brendan rasch mit dem ermittelnden Polizeibeamten, Rob Pryor, anfreundet, der natürlich im Gegenzug einer der härtesten Widersacher von Miranda wird.

Wer bis ins letzte Detail alle Hintergründe geklärt haben will, wird zum Schluss womöglich eine kleine Enttäuschung erleben. Obwohl Miranda hartnäckige Nachforschungen in Brandons früherem Leben anstellt, bleiben doch viele Fragen offen, wie er sich zu dem Menschen entwickeln konnte, der er ist. Hier bleibt Raum für Andeutungen und Spekulationen – aber manchmal ist genau das von Vorteil, denn im wahren Leben erfährt man auch nicht immer alle Beweggründe.

|Flüssiger Stil|

Nicht nur die sich immer weiter zuspitzende Handlung, sondern auch der flüssige Schreibstil sorgen dafür, dass man die knapp 400 Seiten locker in zwei Tagen herunterlesen kann. Schon ab den ersten Seiten ist man mitten im Geschehen und lebt sich in Mirandas Welt und ihre Sicht der Dinge ein. Die Autoren lassen keinen Platz für Abschweifungen oder überflüssige Nebenhandlungen; die Ereignisse werden teilweise in rascher Abfolge, aber immer überschaubar präsentiert.

Wer nicht in der glücklichen Lage ist, den Roman binnen kürzester Zeit zu verschlingen, der braucht sich nicht zu sorgen, dass ihm ein erneuter Einsteig nach einer Pause Schwierigkeiten bereitet. Die Handlung verläuft einsträngig und geradlinig, es gibt weder viele Schauplatzwechsel noch eine Masse an Namen zu merken. In der deutschen Übersetzung (und so wohl auch im Original) sind die Sätze überwiegend kurz und in einer einfachen Sprache gehalten, sodass keine hohen Konzentrationsanforderungen gestellt werden. Damit eignet sich der Thriller ideal als Urlaubszeitvertreib oder auch als Nebenherlektüre, wenn man Erholung von schwierigeren Werken sucht.

_Als Fazit_ bleibt ein unterhaltsamer Thriller, der sich zwar des altbekannten Themas über psychopathische Stalker bedient, die Handlung aber solide umzusetzen versteht. Dank des raschen Einstieges und des temporeichen Verlaufs der Handlung ist der Leser sofort drin im Geschehen. Die Ich-Erzählerin lädt zur Identifikation ein und die Spannung spitzt sich in höchstem Maße immer weiter zu. Dank des flüssigen Stils, der keinen Platz für Abschweifungen lässt, liest sich der Roman in kurzer Zeit herunter. Einige Schwächen, die aber nicht gravierend sind, liegen in der Vorhersehbarkeit der ersten Hälfte, ein paar konstruierten Ereignissen und kleine Unglaubwürdigkeiten.

_Hinter Nicci French_ verbergen sich in Wirklichkeit gleich zwei Autoren, nämlich das Journalistenehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Nicci Gerrad wurde 1958 geboren, studierte Englische Literatur und lehrte später in Los Angeles. Ihr Partner Sean French ist ein Jahr jünger und studierte ebenfalls Englische Literatur. Weitere Werke sind u.a.: „Höhenangst“ (1999), „Der Sommermörder“ (2000), „Das rote Zimmer“ (2001) und „In seiner Hand“ (2002). Zuletzt erschien auf Deutsch „Der Feind in deiner Nähe“.

Crossley-Holland, Kevin – Artus – Zwischen den Welten (Band 2)

Band 1: [„Der magische Spiegel“ 2420

_Story_

Es ist erst ein Jahr ins Land gezogen, seit Artus von Merlin den geheimnisvollen Obsidian geschenkt bekommen hat, und dennoch hat sich in dieser Zeit unheimlich viel ereignet. Artus hat über sein gleichnamiges Spiegelbild in der anderen Welt bereits eine Menge in Erfahrung bringen können, versteht aber noch immer nicht ganz die Zusammenhänge, die sich für sein eigenes Leben dadurch ergeben. Gleichzeitig muss er die Wahrheit seiner Herkunft verarbeiten, denn in Wirklichkeit ist Lord Stephen sein leiblicher Vater, wohingegen die Frage nach seiner richtigen Mutter noch geklärt werden muss. Dadurch ergeben sich auch Komplikationen für die vielen Verehrerinnen Artus’; die schwärmende Grace ist aus dem Rennen ausgeschieden, wohingegen mit der rothaarigen Winnie eine neue Bewerberin hinzugekommen ist. Zunächst bleibt Artus von Caldicot allerdings noch seiner derzeitigen Freundin Gatty treu …

Währenddessen ist Artus auf dem Weg zum Ritter ein ganzes Stück weitergekommen; Stephen hat ihn zum Knappen beordert und ihm wichtige Fertigkeiten in seiner Ausbildung zum Schwertkämpfer beigebracht. Gleichzeitig widmet sich Artus aber auch der Poesie, die ihm von seiner Tätigkeit am Hofe auch abverlangt wird. Doch für Romantik ist in Großbritannien nicht mehr viel Zeit; nach der Ära von Richard Löwenherz ist das Reich am Boden und die sind Menschen von Tag zu Tag unzufriedener. Als Papst Innozenz schließlich die Kreuzzüge einberuft, schließt sich Artus seinem Vater an, begleitet ihn nach Frankreich und leistet dort einen Schwur auf das Kreuz ab. Und damit sind seinem Ziel, als tapferer Ritter für sein Land zu kämpfen, kaum noch Hindernisse im Weg.

Zur gleichen Zeit hat Artus aber auch hart an der verbotenen Suche nach seiner Mutter zu knabbern. Er spürt, dass er einem undurchdringlichen Mysterium auf der Spur ist, das mit ihrem Verschwinden in direktem Zusammenhang steht. Weil ihm die Entwicklungen in der Heimat aber keine andere Wahl lassen, stellt er dieses Thema erst mal wieder hinten an. Die Ereignisse, die er im Spiegelstein von Merlin sieht, lassen ihn indes auch bei seinem Aufbruch zu den Kreuzzügen keine Ruhe. Dort nämlich wird ihm zum ersten Mal das Bild einer mächtigen Tafelrunde offenbart, an der auch ein Ritter namens Artus teilnimmt …

_Meine Meinung_

Kevin Crossley-Holland vertieft im zweiten Teil seiner Artus-Trilogie die Geschehnisse in der von Artus erblickten Parallelwelt und führt den jungen Artus immer mehr an sein eigenes Schicksal heran. Ständig wechselt der Autor zwischen der Erzählung der Legende um König Artus und der Entwicklung des schmächtigen Knappen am Hofe von Lord Stephen und hält so in beiden Hauptsträngen die Spannung auf einem konstant hohen Level.

Insgesamt aber ist „Zwischen den Welten“ noch einmal um einiges umfangreicher als der vorangegangene Band, und das nicht etwa nur wegen der etwas größeren Seitenzahl. Crossley-Holland bearbeitet wesentlich mehr Themen und erforscht vor allem die Herkunft des 13-jährigen Artus und die sich daraus ergebenden Konsequenzen etwas genauer. Zudem rückt das Liebesleben des angehenden Ritters etwas weiter in den Vordergrund, zumal hier auch neue weibliche Charaktere, allen voran Stephens Nichte Winnie, in den Plot eingeführt werden und ihn entscheidend verändern. So fühlt sich Artus zwischenzeitlich hin- und hergerissen zwischen der Treue zu seiner derzeitigen Herzensdame Gatty und der Frau, in die er sich bei Ankunft auf dem Hofe des leiblichen Vaters sofort verliebt hat.

Der wichtigste Punkt der Handlung ist aber natürlich die weitere Ausbildung zum Ritter, bei welcher der ehrgeizige Jüngling ein erstaunliches Talent zeigt und dementsprechend auch große Fortschritte macht. Daher sind die Zweifel, die Artus anfangs noch an seinem Zukunftsweg hegte, mittlerweile auch völlig verschwunden, erst recht ab dem Moment, in dem der junge Knappe realisiert, dass ihm die Ehre zuteil wird, als Ehrenmann in die Kreuzzüge aufzubrechen. Der romantische Zwiespalt muss hintanstehen, denn die Verwirklichung der selbst auferlegten Bestimmung ist das Nahziel, und bevor Artus sich versieht, wird ein Traum endlich Wirklichkeit – ähnlich wie beim jungen König Artus, dessen Abenteuer der Sohn des Lords weiterhin durch den Obsidian Merlins beobachtet.

Der Autor hat den Plot nicht nur logisch weiterentwickelt, sondern ihn auch um viele neue Binnenhandlungen bereichert. Die Schwerpunkte werden dabei gleichmäßig verteilt und beschreiben die Hauptperson sowohl in der Rolle des mutigen und wissbegierigen Ritteranwärters, als auch in der Figur des emotionalen Jünglings, der ebenso mit den Schatten der Vergangenheit wie mit den durch die verschiedenen Liebeleien aufgeworfenen Beziehungsschwierigkeiten umgehen muss – und dies alles, während im parallel ablaufenden Strang die Legende von König Artus erzählt wird. Stark gemacht! Wenn man „Zwischen den Welten“ überhaupt etwas anlasten kann, dann ist es der manchmal doch etwas kindliche Stil des Autors, doch weil weder die Atmosphäre noch die Story selber darunter leiden, ist dies kein Nebeneffekt, der nicht zu verschmerzen wäre. Insofern: sehr schöner zweiter Teil einer bis dato herausragenden Jugendbuchtrilogie.

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Joann Crispi – Roxane und Alexander

Das Leben des großen Feldherren Alexander ist ja schon in vielen historischen Romanen aufgearbeitet worden, in denen der junge König meistens mehr schlecht als recht weggekommen ist. Vom ersten echten Pascha war da mal die Rede, an anderer Stelle aber auch vom klugen Kriegsstrategen. Es ist eben die Frage, aus welcher Sicht man Alexander betrachtet, als Menschen oder als Herrscher. Joann Crispi hat sich zum Beispiel in ihrem Roman „Roxane und Alexander“ vorwiegend auf den erstgenannten Teil konzentriert und diesbezüglich speziell die Beziehung zwischen Alexander und seiner Gattin Roxane analysiert – und dies aus Sicht der zunächst unfreiwillig Vermählten, die nach dem Tode ihres Mannes im Alter von gerade mal zweiunddreißig Jahren die Geschichte ihres gemeinsamen Lebensabschnitts niederschreibt.

Story

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Cheyney, Peter – Rote Lippen – blaue Bohnen

Zwei hochrangige Physiker sind spurlos verschwunden. In der mexikanischen Sierra Leone sollten sie zum Nutzen des freien Westens atomare Überraschungen für die heimtückischen Sowjetroten testen. J. Edgar Hoover, Leiter des FBI, entsandte den Agenten Pepper über die Grenze. Er sollte sich dort unauffällig umhören – und ging ebenfalls verloren.

Auftritt Lemuel H. „Lemmy“ Caution, FBI-Mann der draufgängerischen Sorte, der selten im Büro sitzt, sondern lieber durch die Welt gaukelt und die Bösen das Fürchten lehrt, wobei manche Flasche Whiskey und noch mehr schöne Frauen seinen Weg säumen. Inkognito reist Caution Pepper hinterher, dessen Leiche er in einem einsamen Wüstengrab findet. Auch Lemmy bekommt es sofort mit jenen dunklen Mächten zu tun, die weitere Nachforschungen und ihn im Keim ersticken wollen. Unter seinen Gegnern findet er erstaunt den Schläger Jack Hotshot, genannt „Spiegelei“, der für den Mafiaboss Mike Koltisow in Chicago die Drecksarbeit erledigt.

Aber auch dieser sitzt noch längst nicht am Ende der Fahnenstange: Dort lauern die finsteren Sowjets, die gern viel Geld für die brisanten Dokumente zahlen würden. Diese müssen ihnen – die verdrehte Dramaturgie dieser Räuberpistole will es so – in Frankreich übergeben werden. Also macht sich Lemmy auf den Weg ins alte Europa, zumal sich im Schlepptau der Gangster die schöne Georgette befindet, die es zu retten gilt. Bloß: Ist sie Opfer – oder steckt sie gar hinter den Ereignissen, die in Paris ins Rollen kommen, Lemmys Pläne gründlich durcheinander bringen und in einem furiosen Finale auf dem offenen Atlantik münden …?

Nein, der Plot ist es wirklich nicht, der den Krimifreund hier fesseln könnte. Autor Cheyney macht freilich nie einen Hehl daraus, dass er die dünne Handlung nur als Vorwand für ein turbulentes Garn betrachtet, das primär durch Schlägereien und schwitzige Techtelmechtel mit willigem Weibsvolk geprägt wird, wobei die einen mit den anderen abwechseln.

Ernst zu nehmen ist hier nichts. Physiker wurden entführt? Es könnten auch Marsmenschen sein. Der Plot ist ein Hitchcockscher „McGuffin“, d. h. eine von den Lesern verlangte Notwendigkeit, die der Handlung ein Fundament verschaffen soll. Peter Cheyney, der wie Edgar Wallace stets mit zahllosen Gläubigern auf den Fersen schrieb, kümmerte sich wenig um die Schlüssigkeit seiner Geschichten. Er erzählte sie schnell und ohne sich Gedanken über die Logik zu machen. Viel mechanisches Schreibhandwerk wird allzu offenbar, wenn sich Lemmy wieder und wieder auf offensichtlich kriminelle Frauen einlässt und Schurken vertrimmt.

Trotzdem geht die Rechnung auf: „Rote Lippen – blaue Bohnen“ unterhält. Cheyney macht Tempo, jagt Lemmy Caution kreuz & quer durch Mittel- und Nordamerika. Dass er von den realen Verhältnissen auf beiden Kontinenten nur rudimentäre Kenntnisse besitzt, ist eigentlich unwichtig. Heute gilt dies mehr denn je; Lemmy prügelt und liebt sich durch diverse Märchenländer, über die zu lesen nostalgisches Vergnügen (mit gewissen Einschränkungen – s. u.) bereitet.

Wer heute an Lemmy Caution denkt, vor dessen geistigem Auge entsteht sofort die narbige, dauergrinsende Visage des Schauspielers Eddie Constantine, der mit dieser Figur nicht nur die Rolle seines Lebens fand, sondern ihr vor allem eine Gestalt verlieh, die sie angenehm vom literarischen Vorbild unterschied.

Lemmy Caution à la Peter Cheyney ist eine Figur, über welche die Zeit längst hinweggegangen ist. Einst war er der Held für kleine und große Jungs – ein Kriminalist, der jeglicher bürokratischer Vorschriften und alltäglicher Langeweile enthoben war, und stattdessen durch die ganze Welt zog, um dort allerlei Gangsterpack zu jagen. Stets hat dieser Lemmy einen coolen Spruch auf und eine Flasche Whiskey an den Lippen. („Ich muss selbst auf mich aufpassen, denn mein FBI-Ausweis ist hier für mich genausoviel wert wie ein Erdbeereis für einen Eskimo mit doppelseitiger Lungenentzündung.“) Schöne Frauen ziehen ihn an wie das Licht die Motte; auf die weibliche Gegenseite wirkt die Anziehungskraft sogar noch stärker.

Diese Damen heißen hier Fernanda oder Zellara aber ihre Namen sind unwichtig: Cheyney-Frauen sind austauschbar schön aber heimtückisch. Sie schmelzen wie Butter in der Sonne, sobald Lemmy auf der Bildfläche erscheint, doch den freigiebig (wenn auch zeitgebunden züchtig) dargebotenen Reizen ist meist nicht zu trauen. Dame und Herr tauschen andeutungsreiche Anzüglichkeiten aus, denen aber niemals bettschwere Taten folgen.

Caution kämpft gegen Verbrecher, die mit der Realität rein gar nichts verbindet. Raue Kerls sind das, denen ihr Job ins hässliche Gesicht geprägt steht. Sie reden und handeln so, wie sich der fleißige Kinosesseldrücker das einst vorstellte. Bei aller Brutalität sind sie ziemlich dumm, so dass sich Caution mit flinken Fäusten & flotten Sprüchen aus jeder Todesfalle winden kann.

Das geht in Ordnung so, denn Cheyney-Thriller sind unter kriminalliterarischen Gesichtspunkten fröhlicher Unsinn, der einfach nur unterhalten soll. Allerdings war der echte Peter Cheyney, der sich gern als kosmopolitischer Lebemann gab, nach Aussagen seiner Zeitgenossen kein durchweg angenehmer Mensch. So soll er ausgesprochen rassistisch gewesen sein. Nach der Lektüre von „Rote Lippen – blaue Bohnen“ will oder muss man das gern glauben. Die Geschichte spielt in Mexiko, dessen Bürger der Verfasser entweder herablassend – Lemmy duzt sie alle, während er selbstverständlich gesiezt wird – oder offen als „Menschen minderer Klasse“ behandelt werden:

– „Sie setzen sich hin, greifen nach ihren Gitarren und gucken verdutzt aus der Wäsche, wie das die Mexikaner immer tun, wenn sie merken, dass sie arbeiten müssen.“ (S. 9)
– „Ich stelle fest, dass sie für eine Mexikanerin einen verteufelt hübschen Mund hat. Sie hat nicht solch dicke Lippen wie die meisten Frauen hier unten …“ (S. 11)
– „Er hat den Mund voll Gold wie jene naiv-protzigen Südamerikaner, die damit zeigen wollen, dass sie die Taschen voll Geld haben.“ (S. 109)

Dies sind willkürlich herausgegriffene Beispiele. Die traurige Liste lässt sich leicht verlängern. Für Caution = Cheyney sind alle (männlichen) Mexikaner faule, verlogene, geldgierige, korrupte Gockel, die man ordentlich züchtigen muss. Die Frauen sind hitzig und allzu freizügig, so dass ein (weißer) Mann, der auf sich hält, es tunlichst vermeidet, sich in amouröse Niederungen zu begeben. Dass solche Niederträchtigkeiten quasi wie nebenbei und in Nebensätzen geäußert werden, zeigt, dass sie vom Verfasser so beabsichtigt sind.

Die deutsche Übersetzung versucht den Verfasser offenbar noch zu übertrumpfen. „Don’t Get Me Wrong“ wurde 1939 veröffentlicht, „Rote Lippen – blaue Bohnen“ indes erst 1954, als die Lemmy-Caution-Filme auch die deutschen Zuschauer in die Kinos lockten. Die Handlung wurde „aktualisiert“: Plötzlich lesen wir von Lemmys Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg, der zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung gerade erst begonnen hatte. Es fällt ohne Blick in den Originaltext schwer zu beurteilen, ob sich der Plot auch ursprünglich um Atomspionage mit sowjetischen Drahtziehern drehte. Sowjets gab es auch 1939 schon, aber die gesamte Kalter-Krieg-Szenerie muss dem Roman nachträglich aufgepfropft worden sein – samt hysterischer Hasstiraden gegen die roten Teufel, die Lemmy am liebsten über den Haufen schießen will.

|“Rote Lippen – blaue Bohnen“ – der Film|

Eddie Constantine spielte die Lemmy-Caution-Figur mit der nötigen Dosis Selbstironie, welche zum operettenhaften Geschehen passt, was ihr bei Cheyney völlig abgeht. Constantines Caution ist ein sympathischer, großer, nie erwachsen gewordener, kalauernder Junge, der weder sich noch die absurden „Kriminalfälle“ ernst nimmt, in die er ständig verwickelt wird. Diese Unbekümmertheit floss in die rasant gemachten B-Movies der 1950er Jahre ein, die Constantine, ein US-Amerikaner in Frankreich, wie am Fließband drehte. „Rote Lippen – blaue Bohnen“ („Vous Pigez?“/“Il Maggioratio Fisico“), eine französisch-italienische Coproduktion, entstand 1955 unter der Regie von Pierre Chevalier. Vor und hinter der Kamera tummelten sich filmerfahrene Leute, so dass dieses vierte Filmabenteuer von Lemmy Caution trotz der dicken Staubschicht, die sich auf diesen Streifen gelegt hat, auch heute noch anschaubar ist. (Hier dreht sich die Story übrigens nicht um geheime Sprengstoffe, sondern um die Herstellung künstlicher Diamanten – ein weiterer Hinweis auf die Nebensächlichkeit von Logik.)

Reginald Evelyn Peter Southouse Cheyney wurde am 22. Februar 1896 in London, Stadtteil Whitechapel, als jüngstes von fünf Kindern geboren. Rechtsanwalt sollte er werden, doch wie so viele seiner Altersgenossen musste er in den I. Weltkrieg einrücken, wo er es bis zum Lieutenant brachte. Der junge Mann versuchte nach seiner Entlassung im Showbusiness Fuß zu fassen. Jahre der Armut folgten, in denen Cheyney kleine Theaterrollen ergatterte, Sketche und Lieder schrieb. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre verzeichnete Cheyney endlich Erfolg als Ghostwriter, der unter dem Namen eines ehemaligen Polizisten „wahre Kriminalgeschichten“ verfasste. Er gründete eine Literaturagentur, die gleichzeitig Detektei war.

1936 versuchte sich Cheyney als Schriftsteller unter eigenem Namen. „This Man is Dangerous“, der erste Roman einer Serie um den FBI-Agenten Lemmy Caution, wurde sogleich ein großer Erfolg. Auch mit Slim Callaghan, einem britischen Privatdetektiv, traf Cheyney ins Schwarze. In den nächsten 15 Jahren verfasste er mindestens zwei Romane pro Jahr. Hinzu kamen unzählige Kurzgeschichten, die sich derselben Mixtur aus Sex & Crime bedienten wie später u. a. Ian Fleming (James Bond) oder Mickey Spillane (Mike Hammer).

Peter Cheyney ließ die Kerze seines Lebens an beiden Enden kräftig brennen. Schon in den späten 1940er Jahren begann der Raubbau, den er mit seinen Kräften trieb, seine Folgen zu zeigen, ohne indes seine Produktivität zu beeinträchtigen. Am 26. Juni 1951 ist Cheyney im Alter von nur 55 Jahren gestorben.

Den eigentlichen Erfolg seiner Werke erlebte Cheyney nicht mehr. Besonders in Frankreich erfreuten sich seine unbekümmert harten, anspruchslosen Geschichten großer Wertschätzung. Zwei Jahre nach seinem Tod entstand mit „La mome vert-de-gris“ (dt. „Im Banne des blonden Satans“) der erster einer langen Reihe von Lemmy-Caution-Streifen, die den aus Los Angeles stammenden, in den USA erfolglosen Schauspieler Eddie Constantine (1917-1993) zum europäischen Film- und Kultstar machten. Auch in Deutschland liefen diese rabaukig charmanten B-Movies viele Jahre erfolgreich in den Kinos und später im Fernsehen. Primär kamen die deutschen Leser in den Genuss der Cheyney-Romane um Caution und Callaghan, während das sonstige Werk nur sporadisch Aufmerksamkeit gewann. Seit den 1980er Jahren werden die lange nachgedruckten Romane nicht mehr aufgelegt.

Die Lemmy-Caution-Serie:

01. This Man is Dangerous (1936, dt. „Eine Dame stiehlt man nicht/Dieser Mann ist gefährlich“)
02. Poison Ivy (1937; dt. „Hiebe auf den ersten Blick“)
03. Dames Don’t Care (1937; dt. „Schwierige Damen/Serenade für zwei Pistolen“)
04. Can Ladies Kill? (1938, dt. „Frauen sind keine Engel/Lemmy schießt nicht auf Blondinen“)
05. Don’t Get Me Wrong (1939, dt. „Rote Lippen – blaue Bohnen“)
06. You’d Be Surprised (1940; dt. „Auf Befehl der FBI“)
07. Your Deal, My Lovely (1941; dt. „1 : 0 für Lemmy“)
08. Never a Dull Moment (1942; „Im Bann der grünen Augen/Lemmy lässt die Puppen tanzen“)
09. You Can Always Duck (1942; dt. „Gut versteckt ist halb gewonnen“)
10. I’ll Say She Does (1945; dt. „Die Geheimakten/Wer Lemmy eine Grube gräbt“)

Pramas, Chris – Warhammer Fantasy-Rollenspiel

_Die „Warhammer“-Welt_

Das „Warhammer Fantasy-Rollenspiel“ spielt in der so genannten „Alten Welt“, die geographisch grob an das irdische Europa erinnert. Das Hauptland dieses Settings ist das „Imperium“, welches aus zehn Kurfürstentümern besteht. Weitere Länder, die in diesem Grundregelwerk kurz beschrieben werden, sind Bretonia, Estalia, Tilea und Kislev. Allerdings wird davon ausgegangen, dass man zu Beginn einen Charakter aus dem Imperium spielt (obwohl es durchaus möglich ist, einen Ausländer zu spielen).

Das Imperium wird ständig von den Horden des Chaos bedroht, welche aus Tiermenschen, Kultisten des Chaos, Orks, Goblins und anderem Schrecken bestehen. Diese von den Chaosgöttern Geschaffenen oder Pervertierten wollen nichts anderes als die Menschheit (respektive Zwergen, Elfen, Halblinge) zu vernichten. Natürlich gibt es außerdem noch „normale“ Schurken, doch könnten das auch durchaus die Spieler sein.

Von der Entwicklung her ist das Imperium als eine Mischung aus Mittelalter und früher Neuzeit zu beschreiben. Zwar gibt es schon Schusswaffen, doch sind diese selten und vor allem teuer. Die politische Ordnung, in der die Kurfürsten den Imperator wählen, ist in etwa mit der im Deutschland der Frühen Neuzeit zu vergleichen.

An spielbaren Rassen bevölkern, neben den Menschen, Zwerge, Elfen und Halblinge die „Alte Welt“. Natürlich gibt es im „Warhammer Fantasy-Rollenspiel auch Magier, doch ist die Magie in diesem System ein zweischneidiges Schwert, denn sie ist nicht nur gefährlich (auch für den Anwender), sondern treibt die Zaubernden leider allzu oft in die Arme der Chaosgötter.

_Charaktererschaffung und System_

Zuerst steht bei der Charaktererschaffung die Auswahl der Rassen an, also Mensch, Halbling, Zwerg oder Elf. Jede dieser Rassen hat bestimmte Rassenmerkmale. So haben etwa Elfen, Zwerge und Halblinge Nachtsicht, Menschen nicht. Um dem Charakter anschließend etwas Fleisch auf die Knochen zu bringen, werden nun die Eigenschaftswerte bestimmt. Diese setzen sich immer aus einer Standardzahl und zwei Würfelwürfen mit einem zehnseitigen Würfel (W10) zusammen, da wären also etwa 10+2W10 / 20+2W10 / 30+2W10. Wie hoch die Standardzahl ist, hängt von der Rasse ab, so dass sich Halblinge etwa bei Kampfgeschick mit 10+2W10 begnügen müssen, während Zwerge mit 30+2W10 starten.

Insgesamt gibt es zehn Eigenschaften: Kampfgeschick (KG), Ballistische Fertigkeit (BF), Stärke (ST), Widerstand (WI), Gewandtheit (GE), Intelligenz (IN), Willenskraft (WK) und Charisma (CH).

Um dem neuen „Warhammer“-Helden dann ein Gesicht zu geben, wird auf die Tabelle der Anfangskarrieren gewürfelt. Auch hier hängen die möglichen Karrieren von der Rasse ab, so dass etwa die Klasse des „Trollslayers“ nur Zwergen vorbehalten ist. Die Karriere bestimmt dann, welche Fertigkeiten und Talente der neue Charakter erhält. Außerdem wird so auch bestimmt, welche Folgekarieren in Zukunft möglich sind. So kann man etwa als Zauberlehrling beginnen und dann später zu einem Fahrenden Magier aufsteigen. Von diesem kann man dann zum Meistermagier werden, und so weiter.

Die Proben werden mit 2W10, also einem Prozent-Wurf abgelegt. Dieser geht dann entweder direkt auf eine Eigenschaft oder eine passende Fertigkeit. Da aber wiederum die Fertigkeiten alle einer Eigenschaft zugeteilt sind, werden eigentlich alle Proben auf die Eigenschaften abgelegt. Der Unterschied zwischen den Proben auf Eigenschaften und denen auf Fertigkeiten besteht darin, dass man, falls man eine Fertigkeit noch nicht erworben hat, auf den halben Eigenschaftswert würfeln muss.

_Mein Eindruck_

„Warhammer“ ist das abgefahrenste Fantasy-Rollenspiel, das mir bisher untergekommen ist. Die Stimmung ist düster, wahnsinnig und gewalttätig. Hübsche Feen, die durch einen von Rosenduft geschwängerten Wald schweben, passen definitiv nicht zum „Warhammer Fantasy-Rollenspiel“. Wer sich die Charakterklassen wie Trollslayer, Riesenslayer, Dämonenslayer, Grabräuber oder Räuberhauptmann anschaut, kann sich sicher denken, was ich meine. Man kann den klassischen Helden spielen, man muss aber nicht.

Genauso ist auch das Kampfsystem: schnell, blutig und vor allem tödlich. Besonders gut kommt der Flair bei den Zeichnungen des toll aufgemachten Grundregelwerkes rüber, denn strahlende Ritter in blitzender Rüstung wird man hier eher nicht finden. Das „Warhammer“-Äquivalent dazu ist ein schmutziger, abgehalfterter Kämpe mit wahnsinnigem Blick. Wo wir gerade beim Wahnsinn sind: Jeder Charakter sammelt bei schweren Verletzungen oder schlimmen Erlebnissen so genannte Wahnsinnspunkte. Hat er hier eine bestimmte Grenze überschritten, kann es sein, dass er sich eine Geisteskrankheit zuzieht.

Auch die Magie ist nicht so wie in anderen Rollenspielen. Sie ist zwar durchaus mächtig, aber auch für den Anwender extrem gefährlich. Die magisch begabten Heldentypen fangen zu Beginn mit einem Magiewert von eins an, das heißt sie Würfeln beim Zaubern mit 1W10. Falls die Mehrzahl der Würfel eine Eins zeigt, ist der Zauber nicht nur misslungen, sondern der Charakter zieht sich zudem noch einen Wahnsinnspunkt zu. So ist es nicht verwunderlich, dass bei einer zehnprozentigen Chance pro Zauber, einen Wahnsinnspunkt zu erhalten, viele Magier relativ früh dem Chaos verfallen. Allerdings wird es mit zunehmender Stufe auch nicht besser, denn dann kann die Magier zusätzlich noch Tzeentchs Fluch treffen: Jedes Mal, wenn der Magier bei einem Zauberwurf einen Pasch würfelt, kommt es zu Chaosmanifestationen. Je mehr Würfel an dem Pasch beteiligt sind, desto schlimmer fallen diese aus. Da ist es doch nur ein schwacher Trost, dass ein Magier so oft wie er nur möchte zaubern kann.

So ansprechend ich das „Warhammer Fantasy Rollenspiel“ auch finde, Schwächen hat es trotzdem. Fangen wir bei der Fertigkeiten an: Dass eine Fertigkeit einer Eigenschaft zugeordnet ist, ist unglücklich. Dies ist gut sichtbar, wenn man sich die Fertigkeit „Klettern“ anschaut: Hier wird ein Wurf auf Stärke abgelegt. Wäre hier die Gewandtheit nicht die sinnvollere Alternative gewesen? Worauf ich hinauswill ist, dass solche Einteilungen immer ein fauler Kompromiss sind, ob jetzt bei diesem Rollenspiel oder bei so vielen anderen.

Richtig schlecht finde ich die Vorschrift, dass man nur in eine Folgekarriere wechseln kann, wenn man sich die vorgegebene Ausrüstung beschafft hat. Die Regel scheint zwar durchaus logisch zu sein, wird allerdings von den vorgegebenen Ausrüstungslisten ad absurdum geführt. So muss ich mir, wenn ich einen Spion spielen möchte, vorher vier Brieftauben kaufen (nicht drei, nicht fünf, nein vier an der Zahl!), sonst ist es mir nach den Regeln nicht gestattet, diese Karriere zu beginnen. Dies fördert eine Stereotypenbildung, zumal es echt blöd ist, wenn dann während des Spiels Sätze kommen wie: „Vorsicht, der hat vier Brieftauben, das ist sicher ein Spion!“. Sorry, diese Voraussetzungen sind einfach lächerlich!

Allerdings möchte ich betonen, dass diese Regelschwächen von jedem durchschnittlich begabten Spielleiter mit Hausregeln einfach behoben werden können und daher nicht wirklich schlimm sind.

_Fazit_

Alles in allem ist das „Warhammer Fantasy-Rollenspiel“ durchaus sehr gelungen und eine willkommene Alternative zu den klassischen Fantasy-Rollenspielen wie „DSA“ oder „Midgard“. „Warhammer“ hat einfach ein cooles Flair und ist richtig abgefahren. Zudem sind die Regeln einfach und verständlich und daher sowohl für Einsteiger als auch für erfahrene Spieler geeignet. Als Tipp: Schaut euch einfach mal die Bilder im Regelwerk an, ob euch der Stil gefällt. Daraus lässt sich gut auf die Gesamtstimmung des „Warhammer Fantasy-Rollenspiels“ schließen.

http://www.feder-und-schwert.com