Soininvaara, Taavi – Finnischer Tango

[„Finnisches Requiem“ 1909
[„Finnisches Quartett“ 2988
[„Finnisches Blut“ 3465

_Vom Gefolterten zum Folterer_

In Camp Bucca wird Adil al-Moteiri qualvoll gefoltert. Doch er übersteht die Erniedrigungen und Qualen schwer verletzt. Anschließend ist er allerdings nicht nur körperlich gekennzeichnet, sondern er will dieses Unrecht wieder gutmachen …

Eeva Hallamaa, ehemals drogenabhängig, hat dagegen einigermaßen ins Leben zurückgefunden. Nach dem Sorgerechtsstreit um ihre Tochter Kirsi und der gescheiterten Beziehung zu Adil al-Moteiri ist sie glücklich in ihrer Partnerschaft mit Mikko, der allerdings nur unter der Bedingung mit ihr zusammen ist, dass Eeva keine Drogen mehr nimmt. Als sie eines Tages im Dezember in ihre Wohnung zurückkehrt, stimmt etwas nicht, sie spürt sofort, dass etwas anders ist. Und richtig: Ein Mann, der sich als „der Türke“ vorstellt, bedroht sie und setzt vor ihren Augen einem bekannten Drogendealer den goldenen Schuss. Der Türke trägt Eeva auf, der Polizei eine Botschaft zu übermitteln, und zwar soll sie ihnen sagen, dass Wassili Arbamov den europäischen Drogenmarkt erobern möchte. Noch ahnt Eeva allerdings nicht, dass ihr Alptraum erst begonnen hat.

Sie flüchtet sich zu Arto Ratamo, den sie in der Vergangenheit kennen und schätzen gelernt hat, weil Kirsi mit Ratamos Tochter Nelli gut befreundet ist. Arto Ratamo glaubt Eevas Schilderung, doch als sich in ihrer Wohnung außer Spuren von Amphetamin nichts findet, beginnt auch Ratamo, skeptisch zu werden. Der tote Drogendealer wird später gefunden – mit Spuren aus Eevas Wohnung direkt an der Leiche, und erschossen wurde er mit der Waffe von Eevas Vater. Eeva rutscht ungewollt in eine schier ausweglose Situation. Bald wird sie wieder vom Türken bedroht, der weitere Pläne mit ihr hat. Doch noch weiß sie nicht, dass hinter allem ihr Exfreund al-Moteiri steckt, der einen wahrlich teuflischen Plan ausgeheckt hat, bei dem Eeva eine entscheidende Rolle spielen soll …

_Rasant_

Der finnische Erfolgsautor Taavi Soininvaara spinnt erneut seine spannende Reihe um Arto Ratamo weiter. Ratamo, der früher als Wissenschaftler gearbeitet hat, ist nun schon seit geraumer Zeit bei der SUPO, der finnischen Sicherheitspolizei. Seine ehemalige Liebe Riitta Kuurma kehrt nach ihrem Dienst bei Europol in die finnische Hauptstadt zurück, und Ratamo merkt, dass Riitta die Trennung noch nicht vollkommen verkraftet hat. Arto Ratamo jedoch steckt bereits in einer neuen Beziehung, in der er zwar glücklich ist, doch Ilona möchte gerne eine Familie gründen und mit Ratamo zusammenziehen; das allerdings ist Ratamo zu viel der Nähe, sodass er ins Zweifeln gerät, ob diese Beziehung wirklich das Richtige ist oder ob er womöglich einfach beziehungsunfähig ist. Gleichzeitig hadert er mit seiner Freundschaft zu Eeva Hallamaa, die schwer belastet wird durch all die Indizien, die gegen sie sprechen und auch Ratamo an ihrer Glaubwürdigkeit zweifeln lassen.

Schon im Prolog nimmt die Geschichte Fahrt auf, denn wir lernen Adil al-Moteiri kennen, der schwerste Folterungen zu erdulden hat, diesen aber standhält und neue Pläne schmiedet, wir erfahren, dass er nun einen Weg einschlagen will, von dem es kein Zurück mehr gibt. Doch was genau al-Moteiri plant und welche Rolle Eeva Hallamaa, seine Exfreundin, dabei spielt, das bleibt sehr lange Zeit im Dunkeln. Nur häppchenweise erfahren wir von Taavi Soininvaara, welche Figuren in den Plan verwickelt und welche teuflischen Anschläge auf die Menschheit geplant sind.

Erst kurz vor Ende erfahren wir dann aber, was genau das oberste Ziel al-Moteiris ist, und sind genauso schockiert wie die Polizisten, die kurz vor knapp ebenfalls herausbekommen, was al-Moteiri vorhat. Der Spannungsbogen setzt von Beginn an ein, steigert sich dann immer mehr, um schließlich im großen Finale seinen Höhepunkt zu erreichen. Soininvaara schafft es daher wieder einmal, seine Leser völlig zu fesseln und in seine Geschichte eintauchen zu lassen. So musste ich das Buch auch in wenigen Tagen verschlingen, um endlich zu erfahren, was al-Moteiris Plan ist.

_Gut gegen Böse_

Insbesondere Eevas Rolle in al-Moteiris Plänen verleiht der Geschichte ihren besonderen Reiz. Wir wissen, dass Adil al-Moteiri Eeva immer noch liebt, gleichzeitig bringt er sie aber in eine ausweglose Lage; er lässt Reste von Amphetaminen in ihrer Wohnung verteilen, obwohl er weiß, dass Eeva dadurch höchstwahrscheinlich ihren Job an der Uni sowie das Sorgerecht für ihre Tochter verliert. Er hetzt den Türken auf Eeva und versetzt sie dadurch in Angst und Schrecken, er legt falsche Fährten, die Eeva stets als Schuldige dastehen lassen, und versteckt schlussendlich kiloweise Drogen in Eevas Wohnung und im Atelier ihres Lebensgefährten. Wieso al-Moteiri das seiner Geliebten antut, bleibt lange im Dunkeln. Eeva Hallamaa wird dadurch zur Sympathieträgerin, da der Leser ja weiß, dass sie unschuldig und ohne ihr Zutun in diese Situation geraten ist. Wieso Eeva der Schlüssel zum Gelingen von al-Moteiris Plan ist, fand ich zwar arg unlogisch, doch über diesen kleinen Schönheitsfehler mag man hinwegsehen.

Der zweite Sympathieträger ist wieder einmal Arto Ratamo, der vom Unglück verfolgt zu sein scheint. Seine Beziehungen scheitern der Reihe nach, seine Tochter Nelli war wochenlang krank, sodass Ratamo sich große Sorgen um sie macht und den Ergebnissen ihrer Blutuntersuchung ängstlich entgegenblickt, und dann macht er sich auch noch wiederholter Dienstvergehen schuldig, um seine Freundin Eeva Hallamaa zu decken. Ratamo hat wirklich das Potenzial, einen Wallander abzulösen, zumal in der Tat einige Parallelen zu entdecken sind. Und mir scheint, ein Krimi- oder Thrillerheld muss einfach eine tragische Figur sein, die nie zum Happy-End gelangen wird. Und da passt Arto Ratamo hervorragend ins Profil, obwohl er am Ende natürlich stets als mehr oder weniger gefeierter Held dasteht. Mit Ratamo hat Taavi Soininvaara eine Figur geschaffen, die durchaus eine längere Thrillerreihe trägt, weil sie Ecken und Kanten besitzt, stets glaubwürdig bleibt und uns so nahe gebracht wird, dass wir immer mitfiebern und mitleiden. Das ist mal wieder ganz großes Kino.

Neben den Sympathieträgern baut Soininvaara auch die unliebsamen Gestalten zum Teil weiter aus und stellt Ratamo bei der SUPO zwei ungeliebte Gegenparts gegenüber, mit denen Ratamo immer wieder in Clinch geraten kann und die nach und nach immer sympathischer werden – herrlich!

_Wenn Frisuren zu Hauptdarstellern werden_

Auch sprachlich überzeugt Taavi Soininvaara. Obwohl seine Bücher ausgesprochen spannend geschrieben sind, nimmt Soininvaara sich dennoch ab und an die Zeit, um seine Situationen durch nette Metaphern oder Ironie aufzulockern. Insbesondere in der Figurenbeschreibung macht sich das bemerkbar, ein Beispiel:

|“Sie machte einen ganz ruhigen Eindruck und klopfte mehrmals leicht auf ihre massive Frisur, die heute gewissermaßen haargenauso aussah wie ein Hexenbesen am Ast einer Birke.“|

Doch die misslungene Frisur von Arto Ratamos Chefin ist Hauptdarstellerin in einer weiteren Situation:

|“[…] und Arto Ratamo beobachtete interessiert, wie sich ihre massive Haartracht in der Waagerechten verhalten würde. Die Stützkonstruktion hielt, stelle er enttäuscht fest, das imposante tütenförmige Gebilde wackelte kaum, während die Chefin der SUPO vorsichtig Kaffee schlürfte.“|

So gerät das vorliegende Buch nicht nur zu einem spannenden Pageturner, sondern auch noch zu einem vergnüglichen Leseerlebnis, denn Soininvaara trifft stets den schmalen Grat zwischen locker-flockiger Figurenzeichnung und den spannenden Passagen, die natürlich von derlei Schnickschnack verschont bleiben.

_Ein teuflischer Plan_

Auch die Hauptstory überzeugt über weite Teile. Taavi Soininvaara greift verschiedene Probleme auf; so thematisiert er unter anderem den europäischen Drogenhandel. Er beschreibt, auf welchen Wegen die Drogen nach Europa geschmuggelt und dort weiterverbreitet werden, um immer mehr Menschen drgenabhängig zu machen – und das offensichtlich sehr erfolgreich, denn die Strippenzieher schwimmen im Geld, sodass Arbamov eine Erpressung um 25 Millionen Euro eigentlich ganz gut verkraften kann.

Die Drogen sind aber nur ein Schauplatz, denn auch der Konflikt zwischen den islamischen Staaten und den westlichen Mächten ist ein weiterer Themenschwerpunkt. Adil al-Moteiri kämpft als Vertreter des Islams für das Recht seines Volkes, außerdem möchte er vergelten, was seiner Familie widerfahren ist. Dabei bewegt er andere Menschen wie Bauern auf einem Schachbrett und opfert das Leben seiner Mitmenschen, ohne dabei mit der Wimper zu zucken. Nach und nach wird einem immer klarer, dass al-Moteiri vor nichts zurückschreckt, was am Ende die islamischen Staaten allerdings auch wieder als die einzig Bösen hinstellt. Taavi Soininvaara baut jedoch ein Feindbild auf, das durchaus glaubwürdig ist; er macht sehr deutlich, welch schreckliches Elend einzelne Terroristen erzeugen können, wenn sie zu viel Macht und Geld erlangen …

_Darf ich bitten?!_

Unter dem Strich ist Taavi Soininvaara erneut ein erstklassiger Thriller gelungen, der von der ersten Seite an fesselt und mit überzeugenden und authentischen Charakteren aufwarten kann. Nicht nur sprachlich, sondern auch thematisch unterhält Soininvaara seine Leser gut, auch wenn seine Geschichte an manchen Stellen ein wenig hakt (mir erschien Eevas Rolle und Mithilfe dann doch etwas zu konstruiert). Vielleicht nicht allerbeste Sahne, aber insgesamt dennoch verdammt lesenswert!

http://www.aufbauverlag.de

Greg Rucka, Steve Lieber – Whiteout: Melt

Mit „Whiteout“ haben Autor Greg Rucka und Zeichner Steve Lieber einen ebenso spannenden wie ungewöhnlichen Comic abgeliefert. US-Marshal Carrie Stetko muss unter den lebensfeindlichen Bedingungen der Antarktis einen Mord aufklären. Dabei hat sie als einzige Frau unter 400 Männern schon genug andere Sorgen und einen durch das gespaltene Verhältnis zu ihren Vorgesetzten alles andere als leichten Job.

Mit „Whiteout: Melt“ legen Rucka und Lieber nun den zweiten Teil der Mini-Serie vor, und von der bedrückenden Enge der antarktischen Forschungsstationen geht es diesmal hinaus in die stillen Weiten des ewigen Eises.

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Bishop, Anne – Belladonna (Die dunklen Welten 2)

Band I: [„Sebastian“ 3671

_Oberflächlich gesehen_, ist Michael nicht mehr als ein schäbiger Vagabund, der sich sein Geld mit Flötespielen verdient. Das liegt daran, dass das, was unter dieser Oberfläche schlummert, bestenfalls mit Misstrauen, wenn nicht gar mit Ablehnung betrachtet wird. Doch nun scheint es, als müsse sich daran dringend etwas ändern! Grausame Dinge sind geschehen, die Menschen haben Angst, und die vernünftigeren unter ihnen sind eher dafür, dass Michael etwas dagegen unternimmt, anstatt ihn dafür verantwortlich zu machen.

Allerdings zieht Michael damit die Aufmerksamkeit des tatsächlichen Verursachers auf sich. Prompt wird er angegriffen, und die einzige Gegenwehr, die ihm einfällt, bringt ihn an einen Ort, der fremder und wundersamer kaum sein könnte: Ephemera …

_Unter den diversen neuen Charakteren_ dieses zweiten Bandes ist Michael der einzige wirklich wichtige. Erstaunlich dabei ist, dass es über ihn eine Menge zu sagen gäbe, allerdings kaum Eigenschaftswörter. Zumindest solche, die seinen Charakter beschreiben könnten. Bestenfalls könnte man sagen, er besäße Verantwortungsbewusstsein. Obwohl Bewusstsein hier auch schon übertrieben ist, denn tatsächlich ist Michael absolut ahnungslos, was seine wirkliche Tätigkeit betrifft. Seit zwölf Jahren ist er auf Wanderschaft, bereist regelmäßig dieselben Ortschaften, ohne zu wissen, warum das so ist und was es bedeutet. Inzwischen ist er seines Lebens als Außenseiter müde und sehnt er sich nach Zugehörigkeit, sowohl zu einem Ort als auch zu anderen Menschen, sprich: nach einem Zuhause.

Seine Schwester Caitlin besitzt ebenfalls eine besondere Gabe, für die sie misstrauisch beäugt und verspottet wird. Sie empfindet ähnlich wie Michael, nur noch viel stärker. Denn erstens ist sie ein Mädchen und deshalb einer zusätzlichen, besonders unangenehmen Art von Diskriminierung ausgesetzt. Zum zweiten ist sie im Gegensatz zu Michael nicht unterwegs. Wie ihr Bruder weiß auch sie nicht wirklich, was es mit ihrer Gabe auf sich hat, und da sie nicht fort kann, reagiert sie mit wachsendem Trotz und Zorn.

Brighid, die Tante, die die beiden aufgezogen hat, war ursprünglich die Oberste der Gemeinschaft auf der Insel des Lichts, ehe sie die Insel verließ, um die beiden verwaisten Kinder großzuziehen. Sie ist eine strenge, aufrechte Frau und kann die beiden Kinder, obwohl sie diese nach außen stets verteidigt hat, selbst nicht vorbehaltlos akzeptieren. So ist auch sie mit ihrer Situation nicht glücklich, nicht einmal, als sie wieder auf die Insel zurückkehrt.

_Im Vergleich zum ersten Band_ ist die Charakterzeichnung ein kleine wenig schwächer ausgefallen. Caitlin und Brighid sind nicht so stark ausgearbeitet wie Teaser oder Nadia, vielleicht auch, weil Brighid überhaupt eher wenig und Caitlin im letzten Drittel so gut wie gar nicht mehr vorkommt. Aber auch Michaels Darstellung ist nicht so intensiv ausgefallen wie Sebastians, was daran liegen mag, dass er sich den Mittelpunkt mit Glorianna Belladonna teilen muss. Gloriannas Charakter stand bereits, sodass die Autorin sich in diesem Fall mehr auf ihre Gefühlswelt konzentrieren konnte, was sie auch getan hat, allerdings ohne dabei die Balance zu verlieren. Insgesamt sind wir somit noch immer auf einem Niveau, das ein gutes Stück über dem Durchschnitt liegt.

Was „Belladonna“ weit mehr von „Sebastian“ unterscheidet, ist die Unwissenheit sämtlicher neuer Figuren in Bezug auf das wahre Wesen Ephemeras. Sie alle leben in dem Teil der Welt, der durch den Kampf gegen den Weltenfresser nahezu unversehrt geblieben ist. Offenbar waren dort keine Brückenbauer notwendig, die die einzelnen Bruchstücke miteinander verbanden. Trotzdem hat es mich doch ein klein wenig erstaunt, dass das Wissen um die Landschaffer und ihre Aufgaben dort so nahezu vollständig untergehen konnte. Zumindest Brighid, die ja immerhin noch wusste, was sie selber war, hätte erkennen müssen, was ihre Nichte und ihr Neffe waren!

Ein wenig verwirrt hat mich außerdem die Frage, wie sehr die beiden Gebiete – das unversehrte und das zersplitterte – nun eigentlich wirklich voneinander getrennt waren. Einerseits tauchten in den Orten auf Michaels Route gelegentlich Geschöpfe auf, die aus den dunklen Landschaften in der Nachbarschaft des Sündenpfuhls stammen, zum Beispiel Wasserpferde. Warum aber gab es dann keine weiteren Kontakte? Warum hat niemand aus Michaels Gegend daran gedacht, die Schule der Landschafferinnen zu besuchen, bevor das Wissen so weit verloren gehen konnte, dass niemand mehr eine Ahnung davon hatte? Warum hat niemand aus den anderen Landschaften je versucht, den unversehrten Teil der Welt zu erreichen? Schon eigenartig.

Andererseits fällt es im Hinblick auf die eigentliche Handlung nicht schwer, diese kleinen Unstimmigkeiten beiseite zu lassen. Nachdem die Autorin den Leser gleich im ersten Drittel beinahe in eine Katastrophe laufen lässt, die halb aus zwischenmenschlichen Konflikten, halb aus der Bedrohung durch den Antagonisten besteht, wird es eine Weile etwas ruhiger, nur um nach einem weiteren Drittel noch einmal massiv an Dramatik und Spannung zuzulegen. Auch der Schluss des Buches war nicht unbedingt vorherzusehen. Die Art und Weise, wie Belladonna den Weltenfresser bekämpft, ist wirklich erst ab dem Zeitpunkt klar, als Anne Bishop ihn verrät. Und das sagt noch gar nichts darüber aus, wie dieser Kampf endet.

Faszinierend finde ich auch stets aufs neue, wie die Autorin Licht und Schatten ausbalanciert. Immer wieder malt sie die düstersten Stimmungen und muss dabei nicht im Geringsten auf blutige Details zurückgreifen. Und ein paar Seiten weiter sprüht trockener Humor aus den Dialogen und bringt den Leser dazu, breit zu grinsen oder sogar zu lachen.

_Diese Mischung aus phantasievoller, interessanter Welt, menschlichen, lebendigen Charakteren, Spannung und Humor macht beinahe süchtig._ Zumindest gilt das für mich. Ephemera hat mir fast noch besser gefallen als der Juwelenzyklus. Der Zweiteiler ist nicht so brutal und auch stofflich noch nicht so sehr beansprucht wie sein großer Bruder, der immerhin schon fünf Bände umfasst. Und eigentlich gäbe es auch keinen Grund, aus Ephemera eine Trilogie zu machen, aber man weiß ja nie. Geschichten, die eigentlich abgeschlossen sind, noch einmal weiterzuspinnen, ist meistens keine gute Idee. Aber das muss ja nichts heißen, wie selbst Anne Bishop bereits bewiesen hat.

_Anne Bishop_ lebt in New York, liebt Gärtnern und Musik, und hatte bereits einige Romane und Kurzgeschichten veröffentlicht, ehe ihr mit dem Zyklus der |Schwarzen Juwelen| der internationale Durchbruch gelang. Außerdem stammen aus ihrer Feder die Trilogie |Tir Alainn|, die auf Deutsch bisher anscheinend nicht erschienen ist. Dafür kommt im Oktober dieses Jahres unter dem Titel „Nacht“ noch mal ein weiterer Band aus dem Juwelenzyklus in die Buchläden.

|Originaltitel: Belladonna (Ephemera, Bd. 2)
Übersetzt von Kristina Euler
Mit Illustrationen von Animagic
Taschenbuch, 528 Seiten|
http://www.heyne.de
http://www.annebishop.com/

_Anne Bishop auf |Buchwurm.info|:_

|Die dunklen Welten|:

Band I: [„Sebastian“ 3671
Band II: [„Belladonna“ 4722 (zusätzliche Buchrezension)

|Die Schwarzen Juwelen|:

Band I: [„Dunkelheit“ 3375
Band II: [„Dämmerung“ 3437
Band III: [„Schatten“ 3446
Band IV: [„Zwielicht“ 3514
Band V: [„Finsternis“ 3526
Band VI: „Nacht“ (dt. im Oktober 2008)

Bodenski (Autor) / Vieweg, Oliver (Herausgeber) – Subway To Sally Storybook

Abgesehen von der Akustik sind es vor allem die Texte, die einen besonderen von einem weniger besonderen Song unterscheiden und über die sich eine Band im Musikmarkt positioniert. Wer nicht auf die zwar eingängigen, aber in der Regel oberflächlichen One-Hit-Wonders oder den Einheitsbrei von Castingbands steht, findet speziell im Sektor der etwas härteren Musik zahlreiche Künstler, die viel Wert auf ihre vermittelten Botschaften legen – und, nicht zu unterschätzen, ihre Stücke selbst schreiben. Wenn es sich nicht gerade klischeebeladene Trink- oder Machoinhalte sind, die Rock, Metal und Punk natürlich auch prägen, liegt der Fokus auf stimmungsvollen Lyrics: von metaphorischen Strophen, die viel Spielraum für eigene Interpretationen gewähren, bis hin zu ganzen Konzeptalben, die durchdacht aufgebaut eine ganze Geschichte erzählen.

Zu jenen Bands mit vielseitigen, anspruchsvollen Texten zählt die siebenköpfige Formation |Subway To Sally|, die seit 1992 mittelalterliche, historische Klänge mit harten Gitarren mischt. Die letzten Albumveröffentlichungen „Engelskrieger“, „Nord Nord Ost“ und „Bastard“ belegten vordere Chartplatzierungen, ausschweifenden Tourneen und Festivalauftritten folgte eine |Echo|-Nominierung. Den bisherigen Höhepunkt stellte die Teilnahme an Stefan Raabs |Bundesvision Song Contest| dar, den |Subway To Sally| im Februar 2008 für sich entscheiden konnte.

Obwohl Sänger Eric Fish durch seine markante Stimme und seine selbstbewusste Erscheinung im Mittelpunkt des Interessen steht, ist für das Songschreiben und damit für das wichtige Liedgut ein anderer verantwortlich: Michael Boden alias Bodenski, der seit der Bandgründung den Großteil der Texte beisteuert. Viel Material hat sich da im Laufe der Jahre angesammelt, so dass Bodenski nun in Zusammenarbeit mit dem |Egmont|- und |Schwarzer Turm|-Verlag ein Storybook konzipiert hat, das seine Arbeit als Songschreiber mit dem visuellen Medium verknüpft: Das „Subway To Sally Storybook“ enthält nämlich 19 Comics diverser Nachwuchskünstler, die sich einige der bei den Fans beliebtesten und schönsten Stücke der Folk-Rocker als Vorlage genommen und visuell umgesetzt haben.

_19 Songs, 19 Werke_

Einleitend gibt Bodenski zu jedem Comic ein paar Informationen darüber preis, wie es zu dem jeweiligen Songtext gekommen und wovon er beim Schreiben inspiriert worden ist. Obwohl nur wenige Zeilen umfassend, sind die Hinweise durchweg interessant und halten auch für langjährige Fans der Band einige neue Informationen zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Titeln bereit. Mit den Comics haben diese einleitenden Worte aber nichts weiter zu tun, denn diese sind allein Interpretation des Zeichners – mal nah an der ursprünglichen Aussage des Textes, mal aber auch von ihr losgelöst und nur im übertragenen Sinne gezeichnet.

Sehr nah am Text hält sich Tara Starnegg mit „Unterm Galgen“, die das rund 230 Seiten dicke Buch eröffnet. Ebenso wie der Song vom „Bannkreis“-Album schildert die bebilderte Geschichte die letzten Minuten eines durch den Strick zum Tode verurteilten Menschen. Die Zeichnerin lässt den von Schaulustigen überfüllten Platz einer mittelalterlichen Stadt entstehen, konzentriert sich dabei aber vor allem auf den Ausdruck des Verurteilten. Der Wahn steht ihm ins Gesicht geschrieben, als er zum Galgen geführt wird. Immer wieder reißt er die Augen weit auf, wenn es wie im Refrain heißt: „Sterben, sterben kann ich nicht.“ Der leicht überzeichnete Mangastil wirkt passend und verleiht dem Comic eine moderne Note. Die Bilder sind in Schwarzweiß gehalten, nur sporadisch hebt Starnegg einige Motive durch leichte rote Farbtöne hervor.

So wie „Unterm Galgen“ sind auch alle anderen Comics in Schwarz, Weiß und Rot gehalten. Dadurch fällt der gesamte Band düster und, den Songtexten entsprechend, sehr poetisch aus. Nicht immer jedoch wird die rote Farbe als zusätzliche Nuance nur spärlich eingesetzt. „Feuerkind“ von Julia Schlax geizt nicht mit roten Tönen, als am Ende des Songs und damit auch dem Ende des Comics das knisternde Feuer hervorbricht. Auch Caroline Sander, die die Bilder zu „Minne“ beisteuert, offenbart ihr Faible für diese Farbe und lässt anschaulich die umworbenen Schönheiten mit blutig-roten Lippen erstrahlen.

So ähnlich wie die Farbgestaltung bei den Comics auch ausfällt und diese miteinander verbindet, so unterschiedlich sind die Zeichenstile, die das „Subway To Sally Storybook“ in diesem Band vereint. Beeindruckend plastisch kommt etwa Iona Haiducs Version der „Henkersbraut“ daher: realistische Konturen gemischt mit einem leicht japanischen Zeichenstil. Grotesk dagegen fällt die „Arche“ von Annelie Kretzschmar aus. Statt Bilderabfolgen reizt sie mit großformatigen Motiven die zur Verfügung stehenden Doppelseiten aus und füllt das Schiff, der nicht gerade bibeltreuen |Subway To Sally|-Arche angemessen, mit menschlichem Wahnsinn und Verderben. „Kleid aus Rosen“ von Katharina Niko geht wiederum minimalistisch vor, stellt vor allem die Hauptfigur des Songtextes in den Vordergrund und lässt den Hintergrund bewusst schwammig. Damit gelingt es ihr, die abschließende Pointe als zentrales Motiv ihres Comics hervorzuheben.

Nicht jeder Comic ist auf gleich hohem Niveau angesiedelt. Durch die unterschiedlichen Stile bietet der Band aber genügend Auswahl für seine eigenen Favoriten, die je nach persönlichem Geschmack unterschiedlich ausfallen dürften. Die einzelnen Interpretationen entsprechen auch nur selten den eigenen. Das ist jedoch weniger schlimm, da die eigenen Bilder beim Hörer der Stücke durch die Comics nicht zerstört werden – ganz im Gegenteil zu Filmumsetzungen, die nach der Filmbetrachtung die Lektüre guter Buchvorlagen erschweren. So ist das Storybook also vielmehr als nette Ergänzung zu verstehen, um beim Hören der Songs entspannt mitzulesen. Wer sich schon immer für die Songtexte interessiert hat und auf die visuellen Umsetzungen neugierig ist, bekommt ein schönes Buch geliefert, das jeden |Subway To Sally|-Fan und solche, die es noch werden wollen, zufriedenstellt. Obligatorisch ist es aber nicht, denn |Subway To Sallys| Musik liefert auch ohne Comic als Stütze Bilder im Kopf.

http://www.ehapa-comic-collection.de
http://www.manganet.de
http://www.subwaytosally.de

Gößling, Andreas – Freimaurer, Die. Weltverschwörer oder Menschenfreunde?

Andreas Gößling stellt sich eine altbekannte Frage: „Die Freimaurer, Menschfreunde oder Weltverschwörer?“ Den gleichlautenden Titel seines 2007 erschienenen Buches über die Freimaurerei könnte man für müßig halten. Zu oft haben uns Autoren unterschiedlicher Couleur mit ihren x-fachen Abhandlungen über Freimaurerei gelangweilt. Gößling scheint auf den ersten Blick mit seinem plakativen Titel genau hier anzuknüpfen, er beackert ein vorbelastetes Feld. Doch seine Ausführungen stechen aus der Masse einschlägiger Literatur zum Thema heraus – inhaltlich und stilistisch. Gößling arbeitet akribisch, historisch genau und bedient sich einer gleichsam verständlichen und anspruchsvollen Sprache. Die flüssige Prosa verhindert, dass man sein Buch mit dem polarisierenden Titel gelangweilt zur Seite legt.

Gößling macht kein zusätzliches Geheimnis um freimaurerische Termini, er erläutert sie – und das ist hervorhebenswert – in ihrer modernen und ursprünglichen Bedeutung. Die Ambivalenz zwischen den freimaurerischen Wurzeln, etwa den antiken Mysterienkulten, und der seit der Aufklärung um- und neugedeuteten Symbole der Freimaurerei gehört zu Gößlings Schwerpunkten. Bezeichnend hierfür sind seine Thesen:

(1) Die moderne, „symbolische“ Freimaurerei basiert auf einer „humanistischen Umdeutung“ archaischer Symbole. Das „Mysterium“ der Freimaurer ist der Prozess kultureller Überführung von synkretistisch-okkulten Lehren in die Moderne.

(2) Die aktuelle Freimaurerei besteht aus Überbleibseln archaischer Männerbünde, die z. B. auf den Mithras-Kult oder die Mysterien der Isis zurückgehen. Magie und Mystik spielten in diesen archaischen Bünden stets eine große Rolle. Der Kerngedanke der bis in die Moderne gelangten Weiterentwicklungen dieser Bünde ist, trotz der aufklärerischen Einflüsse, von magisch-mystischen Denkfiguren geprägt. Die Betonung der Freimaurerei auf ethisch-humanistische Werte ist kein Widerspruch zu magischen Weltbildern. Nur vordergründig schließen Aufklärung und Humanismus den Bezug auf Emotionales, Numinoses und Okkultes aus. Vielleicht zeigt sogar die Versöhnung von Magie und Ratio am Beispiel der Freimaurerei, dass es den magischen Theorien unserer Vorfahren im Kern auch um ethische Fragen ging (die Alchemie bezeugt diese These); oder sie zeigt, dass das Weltbild der Aufklärung auch die okkulten Aspekte von Welt und Selbst zu integrieren vermag.

(3) Gößling bezeichnet nicht ganz frei von Ironie den Freimaurerorden als „Geheimbund ohne Geheimnis“. Das maurerische Geheimnis ist laut Mythologie bekanntermaßen verlorengegangen. Aber im Kollektiv der Brüder kann es erneuert werden; das soziale Gefüge bringt es – angepasst an Zeit und Kontext – beständig neu hervor. Somit ist es kein normatives Geheimnis, ja eigentlich auch keine „teilbare Erkenntnis“, denn es „lebt“ erst in jedem Einzelnen.

Wohl aber besitzt es einen archetypischen, exemplarischen Kern: die Tatsache, dass es in der Geschichte als „Geheimnis“ bezeichnet wurde. Und Kennenlernen kann es logischerweise nur, wer am Kollektiv der Freimaurer partizipiert. Das „verlorene Meisterwort“ – das subjektive Geheimnis – dient als Hülse facettenreichster Deutung; das macht auch Gößling deutlich, wenn er die wesentlichen Unterschiede zwischen Johannismaurerei, schottischer Hochgradmaurerei, französischer Co-Maurerei und anderen zum Teil nationalen Formen des Ordens anführt.

Gößling referiert spannungsreich das überlieferte Wissen der Freimaurer; er nimmt den Leser mit auf 16 Reisen durch die Mythologie und Geschichte des Ordens. Dabei scheint er sich am Einweihungsweg der Brüder selbst zu orientieren. Vom Lehrlingsgrad über den des Gesellen bis hin zum Meistergrad führt er in die ambivalente Symbolik und Ritualistik der Freimaurerei ein. Der Autor tut dies kritisch und scheut sich nicht, auch exakte Anleitungen wie zum Beispiel Vereidigungstexte aus den Initiationsritualen zu zitieren.

Gößling ist an zeitgemäßer Deutung der Freimaurergeschichte interessiert. Er streift mit seinen Thesen aktuelle Fragestellungen der internationalen Esoterikforschung. So zeigte beispielsweise auch Kocku von Stuckrad, dass okkulte und esoterische Weltbilder seit dem Mittelalter das soziale Phänomen, das wir „Moderne“ nennen, mit hervorgebracht haben.

Gößlings „Die Freimaurer. Weltverschwörer oder Menschenfreunde?“ ist ein spannend geschriebenes Buch, das mehr als einen flüchtigen Einblick in die Geschichte der Freimaurerei bieten kann. Das Buch bleibt nicht bei der Geschichte stehen, sondern thematisiert letztlich auch die Probleme und Grenzen eines auf archaischen Wurzeln ruhenden sozialen Gefüges in einer individualistischen und rationalistischen Zeit.

http://www.andreas-goessling.de
http://www.droemer-knaur.de

_Andreas Gößling auf |Buchwurm.info|:_
[„Faust der Magier“ 3904

Miéville, China – Un Lon Dun

China Miéville – ein britischer, aufstrebender Autor, der gleich mit seinem Debüt „King Rat“ im Jahr 1998 von sich reden machte. Sein Rezept: Er beschränkt sich in seinen Werken nicht auf ein Genre. Er mischt kräftig Fantasy mit Sciencefiction-Elementen, dazu gibt er gerne eine Spur Horror bei und – wenn man so will, sein Markenzeichen – grotesken Humor. Dieser kommt auch in seinem Jugendroman „Un Lon Dun“ nicht zu kurz, steht aber nicht im Zentrum einer abenteuerlichen Geschichte um Freundschaft und die Rettung einer ganzen Welt.

_Inhalt_

Zanna ist ein ganz normales Mädchen. Sie besucht die Kilburn-Gesamtschule in London, schreibt gute Noten und verbringt ihre Freizeit mit ihren besten Freundinnen, allen voran Deeba aus ihrer direkten Nachbarschaft. Seit einiger Zeit häufen sich jedoch Ereignisse, die das aufgeweckte Mädchen durcheinanderbringen. So sehr sie diese auch nicht überbewerten möchte, an Zufälle glaubt Zanna schon lange nicht mehr.

Fremde Personen sprechen das Mädchen auf offener Straße an und begrüßen sie als Schwasie, später entdeckt sie an einer Hauswand ein Graffiti mit der Aufschrift „Zanna for ever“. Und Tiere beobachten sie mit einem außergewöhnlich großen Interesse, vor allem Hunde blicken ihr hinterher. Auf dem Schulgelände hat sie sogar eine kurze Begegnung mit einem Fuchs. Nur Deeba kann sie sich anvertrauen, doch obwohl ihre Freundin zu ihr hält, will sie nicht so recht glauben, was da passiert.

Bis zu dem Tag, als sich das Leben der beiden Jugendlichen ändert. Angezogen von einer offen stehenden Kellertür, die die beiden Mädchen eines Tages in einer ruhigen Nebengasse Londons entdecken, folgen sie den dunklen Korridoren bis zu einer Sackgasse. Nur ein verrostetes Ventilrad befindet sich in dem Raum. Aus reiner Neugierde drehen Zanna und Deeba an dem Rad, und ehe sie sich versehen, finden sie sich in einer neuen Welt wieder: Müll und weggeworfener Elektroschrott, der zu Leben erwacht, menschenähnliche und menschenunähnliche Gestalten, die auf der Straße mit im normalen London als Schrott bezeichneten Gegenständen Handel treiben, und Kinder, die als geisterhafte Wesen durch die Straßen huschen, beherrschen das Stadtbild. Und darüber, über der ganzen Szenerie, schwebt eine Sonne in Donutform.

Ein Passant klärt die zwei Londonerinnen schließlich auf: sie befinden sich in Un Lon Dun, einer Parallelwelt, die auf paradoxe Weise das Leben in London persifliert. Hier funktioniert alles nach ähnlichen, aber doch ganz anderen physikalischen Gesetzen. Vieles scheint vertraut, doch auf so absurde Weise ins Lächerliche verkehrt, dass Zanna und Deeba nicht wissen, ob sie nun lachen oder weinen sollen.

Viel Zeit zum Grübeln bleibt ohnehin nicht. Ein Mann namens Obaday Fing, der sich in die Romanseiten literarischer Klassiker gekleidet hat, nimmt sich der Mädchen an. Als er auf Zannas Travelcard entdeckt, wen er dort vor sich hat, will er die Mädchen schnell in Sicherheit bringen. Denn in Zanna sieht er die Schwasie, die Auserwählte, die Un Lon Dun von dem Smog retten soll. Doch wenn die Geschichte mit der Schwasie auf einer Prophezeiung Un Lon Duns beruht und eben jener Name auch schon im richtigen London gefallen ist, dann muss, so hoffen die Mädchen, mehr als ein Weg zwischen ihren Welten existieren. Die Chance auf eine baldige Rückkehr treibt sie an.

Zunächst gilt es jedoch, zu den Prophezeiern zu gelangen, die laut Obaday den Mädchen alles erklären und ihre Fragen, auch zu ihrer Heimkehr, beantworten können. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn ihre Verfolger, die der Smog um sich versammelt hat, haben sich bereits an ihre Fährte geheftet. Geister, die sie nach Nebulos, in eine leere Welt ziehen wollen, Zyklopsbrummer und Aerobanditen, die auf den Brummern durch die Gegend jagen. Doch zum Glück, nachdem sie sich bei einer hektischen Verfolgungsjagd von Obaday trennen müssen, bekommen Zanna und Deeba unterwartete Hilfe. Endlich bei den Prophezeiern angelangt, geht das Abenteuer aber erst richtig los.

Denn der Smog wagt einen verzweifelten Angriff, dringt in Zannas Lunge ein und lässt sie bewusstlos zu Boden gehen. Unschirme, lebende Regenschirme, können die giftige Smogwolke wieder vertreiben, doch die Auserwählte ist erst einmal außer Kraft gesetzt. Ist die Prophezeiung also nur ein Hirngespinst, das auf Hoffnung, aber nicht auf Tatsachen beruht? Gibt es die Schwasie vielleicht gar nicht? Die Mädchen und die Bewohner Un Lon Duns müssen Antworten erhalten und sich entscheiden, ob sie trotzdem den Kampf gegen den Smog aufnehmen wollen.

_Bewertung_

China Miéville erschafft mit Un Lon Dun eine Parallelwelt, die an eine moderne Form von Alices Wunderland erinnert. Fantastische Elemente finden sich zuhauf, doch sind sie ins Absurde gezogen und persiflieren Alltäglichkeiten der normalen Welt. Der Einfallsreichtum des Autors ist enorm. Auf fast jeder Seite baut er neue Geschöpfe ein, die in Un Lon Dun aus entsorgten Elektrogeräten oder weggeworfenem Müll zum Leben erwachen. Der Milchkarton Krissel etwa begleitet die Mädchen als eine Art Haustier auf ihrer Reise durch die Parallelwelt, und mit dem Fledderschrimm steht ein tapferer Regenschirm an ihrer Seite, der sich mehr als einmal zwischen sie und den Smog wirft. Und wenn die Protagonisten nicht auf lebendige Gegenstände treffen, dann auf verrückte Menschen oder Tiere, die auf gleicher Augenhöhe durch die skurrile Welt wandern.

So viele farbenfrohe Wesen auch durch Un Lon Dun wuseln, so wenig plastisch fügen sie sich in Miévilles Roman ein. Die Figuren sind zwar einfallsreich gestaltet, hinterlassen allerdings keinen bleibenden Eindruck, da sie meist genauso schnell verschwinden, wie sie aufgetaucht sind. Auch den Nebencharakteren, von denen sich im Laufe der Handlung eine stattliche Anzahl ansammelt, mangelt es an Charaktereigenschaften, die sie liebens- oder verabscheuenswert machen. Ihr absonderliches Erscheinungsbild oder Verhalten ist das Einzige, was dem Leser im Gedächtnis bleibt, wesentliche Charakterzüge fehlen leider. So bleiben die Figuren austauschbar und wirken nur als Fassade einer Welt, in die man nicht so recht einzutauchen vermag, trotz grandioser und zahlreicher Einfälle, Un Lon Dun zum Leben zu erwecken.

Auch die Protagonisten erscheinen blass und austauschbar. Zanna Und Deeba sind anfangs kaum voneinander zu unterscheiden, wäre da nicht die Prophezeiung, die Zanna auf eine scheinbar höhere Stufe stellt. Zwar baut sich im Laufe der Handlung eine angenehm überraschende Wendung auf, die Hauptfiguren bieten aber insgesamt nur selten Identifikationsmöglichkeiten, um den Leser dauerhaft packen zu können.

So als wolle Miéville diese meist nur oberflächliche bleibende Figurendarstellung und Entwicklung unterstützen, ist das mit knapp 600 Seiten wahrlich nicht dünne Buch von einem hektischen, flüchtigen Stil geprägt. Die einzelnen Kapitel sind selten mehr als zehn Seiten lang. Kurze Sätze sowie der häufige Gebrauch einer elliptischen Satzstruktur prägen den Roman. Hinzu kommt ein ausgeprägter Nominal-Stil samt zahlreichen Wortneuschöpfungen, um den Un Lon Duner Geschöpfen und Gegenständen einen neuen Namen zu verleihen. Das wirkt stellenweise komisch, behindert in der Häufung aber eher den Lesefluss und fällt im Handlungsverlauf eher störend auf. Schieferläufer, Unschirmissimo, das Faselland, Graffel-Häuser und Miefschniefer klingen gekünstelt. Statt Namen, die sich selbst beschreiben und selbsterklärend sein sollen, wäre ein beschreibender, verbaler Stil angebrachter gewesen. Auch, oder sogar gerade ein Jugendbuch benötigt Raum zur Entfaltung.

Das ist schade, denn die Handlung kann überzeugen und durchbricht gekonnt die Konventionen des fantastischen Genres. Eine Auserwählte, die zusammen mit ihrer besten Freundin in eine Parallelwelt gelangt, scheint auf den ersten Blick altbekannt. Miéville spielt allerdings mit den altbewährten Mustern eines unfreiwilligen Helden und gibt nicht viel auf Prophezeiungen, die irgendwann und irgendwo einmal aufgestellt worden sind. In Un Lon Dun wird nur der zum Helden, der sich selbst dazu berufen fühlt, und das ist in diesem Fall nicht die Person, die auf den ersten zweihundert Seiten als vermeintliche Hauptfigur in Erscheinung tritt.

Durchweg rasant zieht sich die Handlung durch den Roman, dem Leser bleibt kaum Zeit, sich auf die Eindrücke einzulassen. Das entspricht zwar dem bereits ausgeführten Stil des Buches, der wie der rasante Schnitt eines schnellen Films daherkommt, verschenkt aber die Möglichkeiten, in ruhigen Passagen neu an Fahrt zu gewinnen. „Un Lon Dun“ macht Spaß, verschenkt aber zu viel, denn hier wäre deutlich mehr drin gewesen.

http://www.bastei-luebbe.de

_China Miéville auf |Buchwurm.info|:_

[„Perdido Street Station“ 695
[„Die Narbe“ 591
[„Leviathan“ 612
[„Der Eiserne Rat“ 2293

Hrissomallis, Simeon – Faith – The Van Helsing Chronicles: Verwandlungen (Season 1 – Episode 2)

Episode 1: [„Die Zusammenkunft“ 4811

Faith und ihre Freunde erfahren von Christopher Lane, dass sie übernatürliche Kräfte besitzen. Während es bei Vin und Shania unklar ist, wie sich diese Kräfte äußern, muss Faith die Tatsache verarbeiten, dass ihre Mutter ein zum Mensch gewordener Engel war, dessen Fähigkeiten nun auch in ihrer Tochter erwacht sind. Darüber hinaus macht sie die Bekanntschaft mit dem geheimnisumwitterten Raven, einem Freund Christophers, der helfen will, die drei Teenager im Kampf gegen das Böse auszubilden. Zunächst aber müssen sich Raven und Faith allein auf die Jagd nach einem mörderischen Werwolf machen …

_Meine Meinung:_

Die zweite Episode der ersten Staffel setzt die Ereignisse aus Folge eins konsequent fort. Die Parallelen zu „Buffy“ werden immer offensichtlicher, denn auch Faith ist mit übermenschlichen Kräften gesegnet. Die Sprecher, allen voran Nana Spier, sind voll bei der Sache. Da klingt nichts gekünstelt oder abgelesen. Nur einige Dialoge sind eher lächerlich und hören sich an wie aus einer Teenie-Sendung im Nachmittagsfernsehprogramm. Gerade die dümmlichen Kommentare von Vin nerven eher, als dass sie komisch wirken. In den Dialogen zwischen ihm und Shania hört man deutlich, dass Tessmann und Hugo ihre Rollen als pubertierende Teenager gezielt übertreiben.

Sehr schön war der Gastauftritt von Helmut Krauss als Schuldirektor; der Sprecher arbeitet ansonsten als Synchronsprecher oder steht selbst vor der Kamera. Christians Rodes Part als Professor Ryan war schlicht grandios – mit dieser Stimme konnte das Label einen der ganz Großen in der Hörspielbranche gewinnen. Petra Wolf als Sprecherin überzeugt immer mehr und vermittelt mit ihrer dunklen Stimme das richtige Flair.

Die Story mit den Werwölfen ist sehr originell, und die Darstellung des indianischen Rituals zeigt, dass Simeon Hrissomallis beim Verfassen der Skripte Wert auf eine genaue Recherche legt. Der Epilog der Geschichte treibt zudem den roten Faden voran, der die komplette erste Staffel verbinden soll.

All dies ist unterlegt mit filmreifen Effekten und einer klangvollen, unaufdringlichen Musik.

_Zur Aufmachung:_

Das Cover von Timo Würz zeigt Faith mit ihrer Armbrust. Der Werwolf sieht zwar ein wenig wie eine Riesenratte aus, doch davon abgesehen ist die Illustration gelungen. Im Innenteil des Booklets sind sogar Fotos von den Sprechern Nana Spier, Petra Wolf, Helmut Krauss und Thomas-Nero Wolff abgebildet.

_Fazit:_

„Verwandlungen“ ist eine eher durchschnittliche Fortsetzung der Abenteuer von Faith Van Helsing. Während die eigentliche Story sehr spannend und originell erzählt wird, ist die Hintergrundgeschichte um Faith und ihre übernatürlichen Kräfte ziemlich haarsträubend. Hinzu kommen die albernen Dialoge zwischen Vin und Shania, die den Hörspaß etwas trüben.

_Besetzung:_

Faith Miles: Nana Spier (Sarah Michelle Gellar, Claire Danes, Drew Barrymore)
Christopher Lane: Thomas-Nero Wolff (Hugh Jackman, Jason Statham, Anthony ‚Giles‘ Head)
Shania Francis: Dorette Hugo (Jennifer Garner, Christina Ricci in „Ally McBeal“)
Melvin Masters: Boris Tessmann (David ‚Angel‘ Boreanaz)
Raven: David Nathan (Johnny Depp, Christian Bale, James ‚Spike‘ Marsters)
Direktor Arowic: Helmut Krauss (Marlon Brando, James Earl Jones, Samuel L. Jackson)
Professor Ryan: Christian Rode (Michael Caine, Christopher Plummer)
Hunter: Udo Schenk (Ray Liotta, Ralph Fiennes, Kevin Bacon, Gary Oldman, Jeffrey Combs …)
Jill: Daniela Hoffmann (Julia Roberts, Calista ‚Ally McBeal‘ Flockhart)
Harry: Erminio Juliano
Erzählerin: Petra Wolf
Joe Hagett: Thomas Kästner (William ‚Raucher/Krebskandidat‘ Davis)
Alex Elwood: Wolfgang Strauss
Unbekannter: David Russel

|51 Minuten auf 1 CD|
http://www.rb-company.de
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Broughton, Rhoda – Geistergeschichten

_Inhalt_

– |“Mrs. Smith von Longmains“| (Mrs. Smith of Lingmains, 1886), S. 7-44: Ein düsterer Traum von kaltblütigem Mord treibt Mrs. Smith trotz eisigen Winterwetters zu einer ungeliebten Nachbarin, doch es wird schwieriger als gedacht, dem Schicksal in den Arm zu fallen …

– |“Bettys Visionen“| (Betty’s Visions, 1886), S. 45-81: Viermal wird Betty in ihrem Leben von Todesahnungen überfallen, die sich als schrecklich zutreffend erweisen; als sie denkt, dass es schlimmer nicht kommen kann, belehrt sie Vision Nr. 5 eines Schlechteren …

– |“Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit“| (The Truth, the Whole Truth and Nothing But the Truth, 1868), S. 82-95: Eine bemerkenswert günstige Mietwohnung in London erweist sich als Wohnstatt eines Wesens, dem man besser nicht begegnet …

– |“Der arme, hübsche Bobby“| (Poor Pretty Bobby, 1872), S. 96-122: Falls etwas schiefgehen sollte auf See, werde er seiner Verlobten auf jeden Fall eine letzte Botschaft übermitteln, verspricht der junge Seemann – und als Mann von Ehre hält er sein Wort …

– |“Sind Träume Schäume?“| (Behold, It Was a Dream, 1873), S. 123-138: Leidlich beruhigt reist Dinah heim, denn sie hat ihre Freunde, die Watsons, erfolgreich vor einem Mörder gewarnt, von dem ihr träumte. Leider ist das Schicksal ebenso einfallsreich wie boshaft und lässt sich gern von voreiligen Menschen die Drecksarbeit abnehmen …

– |Nachwort von S. M. Ellis: „Rhoda Broughton“| (Rhoda Broughton, 1920), S. 139-143

_Einige Anmerkungen zu dieser Sammlung_

Das 19. Jahrhundert ist für die phantastische Literatur eine wichtige Epoche. Die ‚Geburt‘ der Kurzgeschichte bietet ungeahnte Möglichkeiten, Geschichten auf den Punkt zu bringen. Gleichzeitig lässt der Fortschritt von Wissenschaft und Technik das Stellen nie gekannter Fragen zu, deren Beantwortung nur eine Frage der Zeit zu sein scheint. Dazu gehört das uralte Rätsel, ob es ein Jenseits gibt, das bewohnt wird von den Geistern der Verstorbenen, aber auch von fremden oder bösartigen Kreaturen, die in die diesseitige Welt vordringen und den Lebenden Botschaften übermitteln oder Böses antun können. Gibt es eine Verbindung zwischen den Sphären, lässt sich Kontakt aufnehmen, ist es möglich, die Motive von Geistern zu entschlüsseln?

In der bürgerlichen Mittelklassewelt der Rhoda Broughton haben Geister einen festen Platz. Die vergleichsweise forschen Heldinnen glauben entweder bereits an ihre Existenz oder werden nachdrücklich davon überzeugt. Da gibt es etwas, das fremd, aber näher ist, als wir es uns vorstellen können, und es verstört oder schadet uns. Wir erleben womöglich das Wirken von Geistern, doch verstehen können wir sie nicht. Wieso erhalten „Mrs. Smith von Longmains“, Betty („Bettys Visionen“) und Dinah („Sind Träume Schäume?“) Einblicke in die Zukunft? Warnungen sind es nicht, denn unweigerlich trifft ein, was geträumt wurde. Wer steckt dahinter? Es bleibt offen, und für diese Entscheidung ist die Verfasserin zu loben, denn die daraus resultierende Ungewissheit teilt sich dem Leser mit.

Manchmal lassen sich Geister tatsächlich blicken. Auch dann fragt man sich nach dem Sinn ihres Spukens. Seemann Bobby ist seiner Braut kein Trost, als er sie aus seinem nassen Grab zum Abschied besuchen kommt („Der arme, hübsche Bobby“). Sein Geist vermag sich nicht verständlich zu machen und sät nur Schrecken. Völlig ratlos bleibt man über die Natur des Wesens, dass in „Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit“ umgeht. Eine Begegnung raubt den Verstand oder tötet. Die Unbarmherzigkeit dieses Spuks hinterlässt seinen Eindruck beim Leser.

_Eine Fußnote der phantastischen Literatur_

Solche Höhepunkte sind wichtig, denn leider bleiben sie recht rar. Das hier vorgestellte Bändchen sammelt Geschichten, die in Deutschland noch nie veröffentlicht wurden oder längst vergessen sind. Solche Wiederentdeckungen können äußerst reizvoll sein. Oft stellt sich freilich heraus, dass der Staub der Zeit ruhig weiter über ihnen hätte ruhen können. Broughtons Geistergeschichten können heute nur sehr bedingt fesseln. Zu stark sind sie ihrer zeitgenössischen Umgebung verhaftet. Inhalt und Stil sind veraltet, Schrecken sieht heute nicht nur anders aus, sondern wird auch anders entfesselt. Gar zu ruhig geht Broughton ans Werk. Jene andeutungsreiche Zurückhaltung, die Literaturkritiker gerade in der Phantastik so schätzen, ist ein Job für richtig gute Schriftsteller, und zu denen gehört die Verfasserin aus heutiger Sicht nicht. Böse Visionen in Serie oder spukende Liebhaber gab es zudem in den letzten 150 Jahren mehr als genug. Wie der Plot aussehen wird, weiß der Leser des 21. Jahrhunderts sicherlich früher als Broughtons zeitgenössische Leserschaft. Dafür kann sie nichts, aber es sorgt für gewaltige Längen, was einer Kurzgeschichte schlecht bekommt.

Was ihren Unterhaltungsfaktor angeht, kann selbst der an der Historie des Genres interessierte Gruselfan auf die Neuveröffentlichung (oder Exhumierung) von Broughtons Geistergeschichten leider – es muss so deutlich gesagt werden – verzichten. Die Verfasserin mag ein Baustein im Gefüge der Literatur des 19. Jahrhunderts sein, doch zumindest in der Phantastik weist dieser höchstens die Größe eines Kiesels auf.

_Figuren einer viktorianischen Welt_

Eine wirklich interessante Fassette der „Geistergeschichten“ wird die meisten Leser kaum interessieren, da sie mit dem eigentlichen Thema – der Heimsuchung aus dem Jenseits – nichts zu tun hat. Dagegen findet der (Literatur-)Historiker die fremde Welt faszinierend, in der sich Broughtons Figuren bewegen. Auch Unterhaltungsliteratur ist eine Art Spiegel der realen Welt, hier die der ‚besseren Leute‘ der englischen Gesellschaft in der Hochzeit der viktorianischen Ära. Diese wird heute gern als bigotte, prüde, chauvinistische Hölle verdammt, was jedoch ein Pauschalurteil ist. Diejenigen, die sich in die zeitgenössische Gesellschaftsordnung einfügten (und über ein geregeltes Einkommen verfügten), fühlten sich hier durchaus wohl. Broughton macht darüber hinaus deutlich, dass sich die Frauen trotz des in der Rückschau restriktiven Klimas ihre Freiräume schufen und sich nicht auf die Rolle der demütigen Dame des Hauses und Mutter einschränken ließen. Die Autorin lässt sie aus eigenem Willen denken, reden und handeln – und die männlichen Figuren nehmen daran keinen Anstoß, da sie es als selbstverständlich kennen.

Die ältere Rhoda Broughton – wir können es ihrem diesem Band angefügten Nachruf entnehmen – urteilte in dieser Hinsicht deutlich schärfer. Mit dem Fortschreiten des viktorianischen Zeitalters wurde die Schicht der sozialen Verkrustungen dicker; es blieb ihr weder verborgen noch unkommentiert. Die junge Nachwuchsautorin beschränkte sich darauf, ihren eigenen Status in die Charakterisierungen ihrer weiblichen Figuren einfließen zu lassen: Broughton war eine Frau, die unter ihrem eigenen Namen zahlreiche erfolgreiche Romane und Kurzgeschichten veröffentlichte. Das verschaffte ihr eine privilegierte Stellung, denn sie stand auf eigenen Beinen.

_Die Autorin_

Rhoda Broughton wurde am 29. November 1840 in die Familie eines Geistlichen geboren. Schon früh widmete sie sich der in der viktorianischen Epoche für Frauen gerade noch tolerierten Tätigkeit der Schriftstellerei, wobei sie einen gewichtigen Starthelfer an ihrer Seite wusste: Joseph Sheridan Le Fanu (1814-1873), der zu den größten Romanciers des 19. Jahrhunderts gehört – er schuf u. a. die klassische Novelle [„Carmilla“, 993 in der ein weiblicher(!) Vampir im Mittelpunkt steht -, war nicht nur ihr Onkel, sondern wurde auch ihr Förderer. Ersten Kurzgeschichten folgte 1872 der Roman „Red as a Rose is She“, der ihr sogleich literarische Ehren und gute Verkaufszahlen bescherte. 20 weitere folgten, dazu weitere Storys, die Broughton vor allem in den 1880er Jahren zu einer Bestsellerautorin werden ließen. Ihre weiblichen Helden waren gerade das Quäntchen selbstständiger als die üblichen Frauenfiguren, das die zeitgenössischen Leser/innen dulden mochten.

Broughton ließ sich in den 80er Jahren in Oxford nieder, wo sie – mit einer kurzem Zwischenspiel in Surrey – bis zu ihrem Tod am 5. Juni 1920 immer noch aktiv, wenn auch allmählich in Vergessenheit geratend blieb. (Diese biografische Skizze stützt sich auf das Nachwort von S. M. Ellis, welches dem vorgestellten Buch angehängt wurde.)

_Anmerkung_

Als Buch gibt die deutsche Sammlung „Geistergeschichten“ übrigens keinen Anlass zu echter negativer Kritik. Das Paperback ist schön gestaltet und angenehm stabil gebunden; vor allem Letzteres ist leider hierzulande keine Selbstverständlichkeit, gerade im Bereich der Kleinverlage! Die Übersetzer haben sehr gute Arbeit geleistet; ihnen gelang es, die Altertümlichkeit des Stils zu bewahren, ohne die Leserschaft des 21. Jahrhunderts zu überfordern oder abzuschrecken. Auf den Seiten 83/84 blieb ein Steuerzeichen unkorrigiert, das eine längere Textpassage im hellen Graudruck erscheinen lässt – eine Nichtigkeit angesichts der erfreulichen Tatsache, dass insgesamt kaum Druckfehler auftauchen.

http://www.verlag-lindenstruth.de

McIntosh, Fiona – dunkle Gabe, Die (Der Feuerbund I)

Wyl Thirsk ist noch ein Junge, als sein Vater, der General der morgravianischen Arme, in einer der zahllosen Schlachten gegen das Nachbarreich Briavel fällt. Da er gemäß der Tradition einst das Amt seines Vaters als Heerführer der morgravianischen Armee übernehmen soll, muss er das Landgut seines Vaters verlassen und seine Ausbildung in der Hauptstadt Pearlis beenden.

Damit beginnen schwere Zeiten für den Jungen, denn der fast gleichaltrige Kronprinz Celimus hat es von Anfang an darauf abgesehen, Wyl zu demütigen. So nimmt ihn Celimus unter anderem zu einem Hexenprozess mit, dessen Grausamkeit Wyl schwer zusetzt. Nicht, dass das junge Mädchen namens Myrren wirklich eine Hexe wäre. Aber es ist doch etwas Besonderes an ihr. Denn kurz vor ihrem Tod macht sie Wyl ein ungeheuerliches und beängstigendes Geschenk, von dem der Junge zunächst keine Ahnung hat.

Dann stirbt Celimus‘ Vater König Magnus …

_Ein Großteil der Geschichte lebt von der Rivalität zwischen Wyl und Celimus._ Wyl ist ein Abbild seines Vaters, in jeder Hinsicht. Er ist rothaarig und untersetzt, also eher unansehnlich, davon abgesehen aber ist er ein hervorragender Kämpfer, intelligent, treu und von einer manchmal geradezu spröden Direktheit. Mit Celimus‘ Bosheiten kann er vor allem deshalb schlecht umgehen, weil ihm aufgrund seiner schwächeren Position die Möglichkeit verwehrt ist, diesem angemessen Paroli zu bieten. Dazu kommt, dass der Prinz auch noch wesentlich besser aussieht und im Kampf ein nahezu ebenbürtiger Gegner ist. Über die Jahre hinweg baut sich in Wyl ein Hass auf, der ihm schließlich selbst gefährlich zu werden droht.

Celimus dagegen braucht nicht eine einzige Minute, um Hassgefühle gegen den designierten Heerführer zu entwickeln. Schon dessen Vater war ihm verhasst, und nun hat er den gleichen Kerl in junger Ausgabe vor sich. Wie einst seinen Freund zieht der König nun den jungen Thirsk seinem eigenen Sohn vor, worauf Celimus sowohl mit Eifersucht als auch mit Hass auf seinen Vater reagiert. Abgesehen davon tyrannisiert Celimus auch den Rest seiner Umgebung: Pagen und Diener, später die Frauen, die er sich ins Bett nimmt. Er kann unerhört charmant sein, ist im Grunde aber kaltherzig und grausam, außerdem intrigant und hinterhältig, eitel und anfällig für Selbstüberschätzung.

Und wie’s das Drehbuch will, kommt zu dem ohnehin schon verbissen geführten Zweikampf auch noch die Rivalität um eine schöne Frau. Valentyna ist die Königin von Briavel, wunderschön, von erfrischender Natürlichkeit, intelligent und mutig. Leider ist ihr dünn besiedeltes Land vom letzten Krieg noch immer so geschwächt, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt keinen weiteren leisten kann. Sie hat genug von Celimus gehört, um einer Heirat mit diesem Mann eher ablehnend gegenüberzustehen, aber sie hat ebenfalls genug von ihm gehört um zu wissen, dass ihre Weigerung eben jenen Krieg bedeuten würde, den sie lieber vermeiden möchte. Außerdem ist sie bereits verliebt, muss aber über diesen Mann Dinge erfahren, die sie zutiefst erschrecken. Die Zwickmühle scheint ihr über den Kopf zu wachsen.

Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte: Im Gebirge nördlich der beiden verfeindeten Königreiche ist es einem jungen, charismatischen, aber jähzornigen Stammesführer namens Cailech gelungen, die von den südlichen Ländern als Barbaren verachteten Bergstämme zu einen. Jetzt bedroht er die nördlichen Grenzen sowohl Morgravias als auch Briavels. Vor allem durch Celimus‘ Verhalten fühlt er sich provoziert. Wenn es um das Abschlachten von Kindern geht, ist er empfindlich. Andererseits ist er selbst nicht gerade zimperlich, wenn es darum geht, Eindringlinge in sein Gebiet zu bestrafen. Sein treuester Freund und Weggefährte beobachtet diese Tatsache mit wachsender Besorgnis.

_Insgesamt_ ist die Charakterzeichnung für meinen Geschmack etwas zu stark einem Gut-Böse-Schema verhaftet. Aus diesem Rahmen scheinen allein Cailech und ein Söldner namens Romen Koreldy ein wenig herauszufallen. Ersterer ist allerdings noch zu grob skizziert, um zu einer wirklich lebendigen Figur zu werden, und Letzterer überlebt nur ein paar Seiten. Immerhin steht zu erwarten, dass Cailech im zweiten Band noch wichtig genug wird, um ihm etwas mehr Detail und Intensität zu verleihen.

Für den Hass zwischen Wyl und Celimus hat sich die Autorin dagegen viel Zeit gelassen. Trotz eines Zeitsprungs von sechs Jahren zieht sich der Aufbau dieser Feindschaft ziemlich hin. Einen vorläufigen Höhepunkt bildet der Zweikampf der beiden auf dem Turnier, doch richtig zur Sache geht es erst, als Celimus den Thron besteigt. Bis dahin ist nahezu ein Viertel des Buches gelesen.

Auch danach verfällt die Autorin gelegentlich in Weitschweifigkeiten. So hätte es die Szene zwischen Romen Koreldy und Arlyn nicht unbedingt gebraucht, und die Beschreibung des Weges zu Cailechs Festung hätte ebenfalls ein wenig Straffung vertragen können. Der Spannungsbogen hängt immer wieder mal durch.

Als besonders langatmig und noch dazu unlogisch empfand ich den Prolog. Da beschließen ein weiser, gütiger König und sein treuer und strategisch brillanter General, den Feind nach der gewonnenen Schlacht nicht völlig zu besiegen, sondern sich zurückzuziehen, um dem Gegner Zeit zu geben, sich für den nächsten Krieg angemessen zu erholen. Denn man hat ja große Achtung vor dem König des Nachbarlandes. Meine Güte, wenn dem so ist, warum bemüht sich dann keiner um einen Friedensschluss? Zumal alle ständig von der wachsenden Bedrohung aus dem Norden reden! Abgesehen davon halte ich es für strategischen Schwachsinn, den Gegner jetzt zu schonen, um ihn in ein paar Jahren unter schwierigeren Bedingungen doch wieder umzubringen!

Mag sein, dass die Grundsituation, die aus diesem seltsamen Anfang resultiert, Voraussetzung dafür war, dass die Handlung sich so entwickeln konnte, wie sie es tat. Man hätte diese Situation aber auf andere, glaubwürdigere Art aufbauen können. Das wäre dann vielleicht etwas komplizierter geworden, aber das hätte der Geschichte nur gutgetan. Denn die Grundidee, die Wanderung einer Seele durch verschiedene Körper, fand ich gar nicht schlecht. Sie eröffnet unendlich viele Möglichkeiten. Und dementsprechend viele Handlungsstränge sind am Ende des Buches auch offen. Insgesamt aber ist der Handlungsverlauf dadurch, dass das Augenmerk so stark auf Wyl liegt, ziemlich eingleisig gestrickt. Sämtliche Fäden, die sich durch die Trennung der Personen von Wyl entfernen, sind so lange auf Eis gelegt, bis sie Wyl wieder begegnen. Einzige Ausnahmen sind Celimus und Valentyna, die trotzdem gelegentlich kurz eingestreut werden. Durch diese Methode bleiben viele interessante Charaktere blasse Randfiguren, allen voran Cailech, wie oben bereits erwähnt, aber auch dessen Magier oder Celimus‘ neuer Berater Jessom.

_Mit anderen Worten_, die Autorin hat das Potenzial ihrer Idee bisher nicht voll ausgenutzt. Vielleicht war das Absicht, immerhin handelt es sich bei dem Buch um den Auftakt eines Zyklus. Trotzdem hoffe ich, dass die Folgebände etwas mehr Ausgewogenheit zeigen. Ein wenig mehr Vielschichtigkeit der Hauptfiguren, die in ihrer Aufgabe als Pro- beziehungsweise Antagonist ein wenig zu stereotyp ausgefallen sind, eine straffere Erzählweise und etwas mehr Leben für all die Nebenfäden, die im Wust der Haupthandlung so völlig untergegangen sind.

_Fiona McIntosh_ stammt ursprünglich aus England, ist aber bereits als Kind viel zwischen Afrika und England hin- und hergereist, hat eine Zeit lang in Paris gearbeitet und ist schließlich in Australien gelandet, wo sie mit ihrem Mann und zwei Kinder hängengeblieben ist. Der Herausgabe eines Reisemagazins folgte 2005 der Roman „Myrren’s Gift“, der erste Band ihrer |Quickening|-Trilogie und im Februar dieses Jahres unter dem Titel „Die dunkle Gabe“ auf Deutsch erschienen. Das Erscheinungsdatum des Folgebandes ist noch nicht bekannt. Seither hat die Autorin mit |Trinity| und |Percheron| zwei weitere Trilogien geschrieben, die allerdings bisher nur auf Englisch erhältlich sind.

|Originaltitel: Myrren’s Gift
Übersetzt von Beate Brammertz
Mit Illustrationen von Paul Young
Paperback, 800 Seiten|

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Mamatas, Nick – Unter meinem Dach

_Das Königreich Weinbergia grüßt die Welt_

In naher Zukunft: Der Krieg der USA gegen den Terror ist eskaliert, und Vater Daniel Weinberg hat die Schnauze voll: Er bastelt zusammen mit seinem Sohn Herbert eine Atombombe, erklärt sein Grundstück auf Long Island zur unabhängigen Nation und bietet den Kriegsgegnern der USA Friedensverträge an. Weinbergia wird fortan zum Mekka der Aussteiger.

Aber kann die junge Nation dem Druck standhalten? Können Pizzalieferungen aus dem angrenzenden imperialistischen Ausland die frischgebackene Atommacht lange genug am Leben erhalten? Reichen die Bierdosen im Kühlschrank, um eine langfristige Blockade durch die amerikanischen Soldaten auszusitzen? Mama Weinberg bezweifelt dies irgendwie und begibt sich ins Exil.

_Der Autor_

Nick Mamatas ist ein junger amerikanischer Autor griechischer Abstammung, der mit seinen Romanen „Abwärts: Move underground“ und „Northern Gothic“ aufhorchen ließ und viel positive Kritik einheimste. „Unter meinem Dach“ ist sein neuester Roman und für den deutschen Kurd-Laßwitz-Preis 2008 nominiert.

_Handlung_

Der junge Herbert Weinberg ist ein Gedankenleser und erzählt uns, seinem Publikum, haarklein, welche haarsträubenden Dinge er auf diesem Wege über seine lieben Mitmenschen erfährt. Dabei bemüht er sich, keine Vorurteile seinen Blick verstellen zu lassen. Auch nicht über die amerikanischen Soldaten, die sein Haus umstellt haben. Und das kam so …

Vater Daniel hat seinen ersten und dann noch den Ersatz-Job verloren, weil mal wieder eine Sparwelle durch die Firma fegte. Nun sammelt er dies und das. Aber weil Daniel ein findiger Bursche ist, weiß er auch, woher man sich spaltbares Material besorgt. Zusammen mit seinem Sohn Herbie durchforstet er die nächste Müllkippe auf Long Island, um nach Rauchmeldern und Barometern zu suchen. Rauchmelder enthalten ein Bauteil aus Americium, und dies lässt sich durch diverse chemische Prozesse in Uran-235 und -238 umwandeln.

Vater hat ein altes Hippie-Handbuch gefunden und mixt nun das spaltbare Material in seinem Keller. Um ein Haar werden er und Sohnemann von Mami Weinberg (Geri) erwischt, doch sie können sie noch einmal beschwindeln. Sobald sie zwei Komponenten sowie den nötigen Sprengstoff und Zünder beisammen haben, stopft Paps die Höllenmaschine in seinen großen Gartenzwerg und stellt diesen harmlos aussehenden Zeitgenossen wieder in seinem weitläufigen Garten auf. Dann erklärt er die Unabhängigkeit seines Königreichs. Es ist nicht ganz zufällig der 11. September, der Patriot Day.

Im Zeitalter der modernen Kommunikationsmittel ist auch das Unterfangen der Verkündung nicht schwierig. Paps muss seine Unabhängigkeitserklärung nur übers Radio verlautbaren und per Fax und Mail an die Regierungen aller existierenden Länder schicken. Den Feinden Amerikas bietet er einen Friedensvertrag an, denn er hat es satt, dass Amerika so viele Feinde hat. Als Erstes tauchen die Nachbarn auf, dann das FBI, das sich dezent nach Weinberg erkundigt. Herbie kann die Gedanken der Agenten lesen. Schließlich stehen eines Morgens die Panzer der Armee am Rande des Grundstücks, und der Befehlshaber fordert Danny auf, sich zu ergeben.

Die befreundete Republik Palau warnt die USA vor einem internationalen Zwischenfall und versichert Weinbergia ihres Beistandes und ihrer Solidarität. Wo ist Palau überhaupt, fragt sich Herbie und wird in der Südsee fündig. Aha, 1992 von den USA in die Unabhängigkeit entlassen, schau an. Der Beinahe-Zwischenfall veranlasst Mama Weinberg, schon immer etwas nervöser, das Haus zu verlassen und sich in die Obhut eines Rechtsanwalts zu begeben. Sie versucht, Herbie da rauszuholen, bevor das Haus zerbombt wird.

Nicht lange, da erfreuen sich Vater und Sohn Weinberg der Solidarität diverser Nachbarn. Bemerkenswert sind zwei Frauen mit Pizza, die einfach hier wohnen bleiben wollen. Die ältere, Adrienne, hat es offenbar darauf abgesehen, den König zum Ehebruch zu verleiten, und die jüngere, Kelly, wirft ein Auge auf den halbwüchsigen Prinzen Herbie, der besser mit Computern als mit Mädchen umgehen kann. Weinbergia bietet mehr und mehr Aussteigern Asyl. Die Paranoia des modernen Amerika schlägt zwar hohe Wellen, doch Papa Weinberg lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.

Leider schafft es Mama Weinberg, Herbie loszueisen und mit sich zu nehmen. Sie hat sich einer christlichen Erweckungsgruppe angeschlossen und tritt mit ihrer Geschichte im Fernsehen auf. Unterdessen beobachtet Herbie per Gedankenlesen, wie sich die Lage in Weinbergia zuspitzt. Als Papa Weinberg beschließt, eine Expedition ins feindliche Ausland zu wagen, um die unabhängige Exklave des nächsten Supermarktes zu besuchen, glaubt die amerikanische Armee, nun sei die Gelegenheit günstig.

Doch die Dinge entwickeln sich keineswegs so, wie alle erwartet haben …

_Mein Eindruck_

Ich habe diesen kurzweiligen Roman binnen eines Nachmittags und Abends gelesen. Da die Sätze so kurz sind und das Geschehen so einfach zu verstehen ist, braucht man seine Hirnzellen nicht allzu sehr anzustrengen, um den Sinn und die Botschaft zu kapieren. Das meiste liest sich sowieso wie eine Episode aus der Familien-Soap-Parodie „Die Simpsons“. Manchmal allerdings gerät die internationale „Politik“ in den Fokus des Geschehens – wenn man den Solidarpakt mit Palau dazurechnen darf. Denn einer der Gründe, warum das Buch so unterhaltsam ist, liegt darin, dass stets Interessensvertreter nur direkt und persönlich auftauchen (auch per Gedankenlesung), so dass ständig ein lebhafter Dialog besteht.

|Der Austritt|

Natürlich wundert sich der deutsche Leser, wieso überhaupt ein Amerikaner auf die Idee kommen kann, sich und sein Grundstück für unabhängig zu erklären. Das ist in der amerikanischen Verfassung und Unabhängigkeitserklärung begründet. Bekanntlich sind die USA eine Union von Staaten, die dem Bund beigetreten sind. Nach der Eroberung der Indianergebiete mussten sich die Territorien erst den Status des Bundesstaates erwerben. Theoretisch könnten sie ihn auch wieder verlieren (wie es Springfield im [Simpsons-Film]http://www.powermetal.de/video/review-1149.html ergeht) oder gar aus dem Staatenbund austreten. Autarkiebestrebungen hat es offenbar immer wieder gegeben, und Vermont ist bekanntermaßen einer der renitentesten Bundesstaaten. Klar, dass Vermont dem neuen Weinbergia seine Solidarität erklärt.

|Vorbilder|

Die Grundidee des Austrittes aus der Union ist nicht gerade taufrisch. Schon 1985 veröffentlichte Marc Laidlaw, ein Vertreter des Cyberpunk in der SF, seinen satirischen Roman [„Dad’s Nuke“]http://en.wikipedia.org/wiki/Dad’s__Nuke (deutsch bei |Goldmann| 1987 unter dem Titel „Papis Bombe“). Darin errichtet ein Familienvater ein Atomkraftwerk auf seinem Grundstück. Die USA sind zu dem Zeitpunkt allerdings schon in einen Flickenteppich von Kleinstaaten zerfallen. Auch die Idee kleinster unabhängiger Staaten ist weltweit immer wieder umgesetzt worden. Diese Mikrostaaten geben eigene Briefmarken etc. heraus, was den Sammlern nur recht sein kann.

|Warum Autonomie?|

Die Grundfrage finde ich nicht besonders gut beantwortet: Warum erklärt sich Weinberg überhaupt für unabhängig und gründet einen Staat? Nun, die USA haben ja bekanntlich dem „Terror“ an sich den „Krieg“ erklärt und mit dem Patriot Act und dem Heimatschutzministerium das Fundament für ein faschistisches Regierungssystem gelegt. Der Rechtsruck schränkt bürgerliche Freiheiten ein, lässt der Wirtschaft freie Hand und schließt Minderheiten aus – von der Paranoia hinsichtlich feindlicher Ausländer ganz zu schweigen. Weinberg bietet eine Alternative: Sein Friedensangebot an den islamischen Orient und das Asyl, das er sogar misstrauisch beäugten Kanadiern („die weiße Gefahr!“) gewährt, sind ein Beispiel für den guten Amerikaner, wie es ihn irgendwann mal gegeben haben mag.

|Guter oder schlechter Amerikaner?|

Die Nachbarn stellen prompt die kritische Frage, ob Weinberg ein guter oder ein mieser Amerikaner sei. Weinberg sagt, er sei überhaupt kein Amerikaner mehr. Na, wenn das nicht mieser Patriotismus ist! Fortan müssen die Weinbergs und ihre Asylanten Wache schieben. Die Frage nach der Liebe des Vaterlandes ist das immer gleiche Totschlagargument, das sich jeder Kritiker der Regierung in den USA gefallen lassen muss. Man muss offenbar sieben Kinder vorweisen können, um wie die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhaus Nancy Pelosi den Präsidenten kritisieren zu dürfen.

|Panorama der Neurosen|

Herbie kann die Gedanken aller lesen. Seine Fähigkeit wird nie auch nur im Ansatz begründet, aber es ein gutes Mittel des Autors, um Herbie zu einem allwissenden Erzähler zu machen. Auf diese Weise erleben wir nicht nur den recht begrenzten subjektiven Blickwinkel Herbies und seines Vaters, sondern auch die ansonsten verborgenen Meinungen, Ansichten und Gefühle der Menschen um ihn herum.

Ein kleiner Mikrokosmos entsteht, den ich sehr interessant gestaltet fand. Die Widersprüche zwischen Gedanken und Worten lassen jede Menge Ironie entstehen. Hier werden dann die Werte und Verklemmtheiten der amerikanischen Mittelklasse à la „Desperate Housewives“ und anderen Suburbia-Dramen auf die Schippe genommen. Dass auch die Zwangsneurosen der Militärs bloßgestellt werden, versteht sich von selbst. Der Showdown im Supermarkt bietet wieder köstliche satirische Action, mit Ironie vermengt.

|Die Übersetzung|

Ich will die Druckfehler außer Acht lassen und mich auf die Stilfehler und dergleichen beschränken. Auf Seite 29 wird Herbies Dad mit „ihre Lordschaft“ bezeichnet. Richtiger wäre wohl angesichts seines männlichen Geschlechts, von „seiner Lordschaft“ zu sprechen.

Auf Seite 61 steht ganz unten der holprige Satz: „Es fiel schwer, zu denken, geschweige den, die Gedanken anderer Leute aufzuschnappen.“ Statt „den“ sollte es „denn“ heißen, und ob das erste Komma vor „zu denken“ stehen muss, bezweifle ich.

Ansonsten ist Körbers Übersetzung ein Paradebeispiel für lebhaften und anschaulichen Stil, der insbesondere idiomatische Redewendungen ausgezeichnet ins Deutsche überträgt. Die Figuren reden wie Deutsche ihre eigene Umgangssprache und wirken so wesentlich realistischer, als wenn sie gestelztes literarisches Deutsch (im Original natürlich Englisch) reden würden.

Wundervoll passend finde ich das Titelbild. Man muss schon genau hinsehen, um die kleine Bombe zwischen all den Sternen auf der Flagge zu finden.

_Unterm Strich_

„Unter meinem Dach“ ist eine flotte und sehr humorvolle Satire über den heutigen Zustand der amerikanischen Gesellschaft. Sie ist zunehmend von Paranoia und dem Verschwinden der Mittelschicht geprägt (was ja bei uns auch nicht anders ist). Die Simpsons lassen schön grüßen, inklusive amerikanisch-christlicher Erweckungsbewegung. (Offenbar darf nie eine Epiphanie fehlen.)

Als Sciencefiction kann man nur zwei Aspekte bezeichnen: den Austritt aus der Union und das Gedankenlesen des Erzählers. Wer also eine kurzweilige Satire auf den American Way of Life lesen möchte, die auf dem aktuellen technischen und kulturellen Stand ist, der ist hier an der richtigen Adresse.

Der relativ hohe Preis von knapp 13 Euro ergibt sich aus der niedrigen Auflage. |Edition Phantasia| ist eben keiner der großen Verlage. Aber dafür werden hier die interessantesten Bücher innerhalb des phantastischen Genres verlegt.

|Originaltitel: Under my Roof, 2007
149 Seiten
Aus dem US-Englischen von Joachim Körber|
http://www.edition-phantasia.de

Zygmunt Miloszewski – Domofon

Brodno ist ein Viertel der polnischen Hauptstadt Warschau, das für seine vielen Plattenbauten bekannt ist. In sozialistischer Vergangenheit rasch und kostengünstig hochgezogen, beginnen sie zu bröckeln und sind im „neuen“ Polen recht unbeliebt, weshalb viele Wohnungen leerstehen. Für das junge Paar Agnieszka und Robert ist das von Vorteil, denn Wohnraum ist billig in diesen Mietshäusern.

Die Freude an der ersten gemeinsamen Wohnung verfliegt indes rasch, denn just beim Einzug wird in einem der Fahrstuhlschächte der Kopf eines Mieters gefunden. Offensichtlich hat der Mann in einem Anfall selbstmörderischer Angst durch das Türfenster kriechen wollen und wurde durch den anfahrenden Fahrstuhl enthauptet.

Agnieszka ist folgerichtig in den nächsten Tagen recht nervös. Das verstärkt sich, als sie Stimmen zu hören beginnt und ein grässlich entstelltes Kinderphantom zu sehen glaubt. Etwas Schreckliches ist offensichtlich in diesem Gebäude geschehen. Leider merkt Robert überhaupt nichts und ist deshalb keine Unterstützung. Zwar erleben auch andere Mieter inzwischen Seltsames, doch es ist ein anonymes Wohnen in diesen Mauern.

Die Erscheinungen nehmen an Intensität und Bedrohlichkeit zu. Schließlich wird es unmöglich, das Haus zu verlassen. Für die Außenwelt scheint es nicht mehr zu existieren. Innen steigt die Spannung. Man ist dem Fremden jetzt ausgeliefert, aber es bleibt mehr als genug Raum für Eifersüchteleien und Zank. Erst allmählich wird deutlich, dass auch dies von der unbekannten Macht geschürt wird. Das Haus verwandelt sich in einen brodelnden Kessel ungezügelter Emotionen, der mit der Zunahme bizarrer Manifestationen überkocht. Die Ursache des Grauens muss gefunden und entschärft werden, doch nur ein alkoholkranker Journalist, ein pubertierender Jungmann und die verängstigte Agnieszka finden die Kraft, sich dieser Herausforderung zu stellen …

Ein „Domofon“ ist eine Wechselsprechanlage. Man findet sie an den Eingängen großer Mietshäuser, wo sie den Mieter im zehnten Stock mit dem Hausgast verbindet, der weit außer Sicht und gesichtslos Einlass fordert. Schon in der Realität ist so ein Gerät also eine fragwürdige Errungenschaft. Zygmunt Miloszewski geht einen Schritt weiter und verwandelt ein ganzes Mietshaus in eine gigantische Relaisstation zwischen der Realität und dem Jenseits. Die Realität vermischt sich mit der Vergangenheit, und Menschen lassen sich von Gespenstern nicht mehr unterscheiden; kein Wunder, ist doch in diesem Haus die Existenz für beide so traurig, dass sie ohne echtes Leben zu vegetieren scheinen.

Miloszewski wollte keinen ’normalen‘ Gruselroman schreiben. Schon die Struktur soll dies deutlich machen. „Domofon“ erzählt keine fortlaufende Handlung, sondern setzt sich aus Fragmenten zusammen. Die Geschichten der Hausbewohner bleiben zunächst so isoliert, wie die Mieter in diesem Plattenbau leben. Hinzu kommen unkommentierte Tonbandaufnahmen, die ein schon abgeschlossenes Geschehen dokumentieren. Erst allmählich setzt sich das Gesamtbild zusammen – eine Möglichkeit, die diffuse Grenzlinie zwischen der Realität und dem Übernatürlichen zu betonen und den Leser in Unsicherheit zu versetzen: Was geht da wirklich vor?

„Domofon“ ist also Horror mit Anspruch, was angesichts der ermüdenden, nie versiegenden Flut flachgründiger Genre-Machwerke vor allem aus dem Angelsächsischen, aber auch aus dem Deutschen zunächst eine erfreuliche Abwechslung verspricht. Allerdings wirkt Miloszewski zumindest übersetzt recht angestrengt und hölzern. Außerdem soll „Domofon“ um jeden Preis Originalität an den Tag legen. Hier ist der Verfasser gescheitert, denn hinter seinen Verfremdungen und stilistischen Experimenten kommen im letzten Drittel, wenn die Auflösung naht, die bekannten Elemente – und Klischees – zum Vorschein.

Besessen vom Bösen; schwarzer Schleim, der durch die Wände schwitzt; Visionen und Erscheinungen; Flüche aus düsterer Vergangenheit – in dieser Hinsicht trifft das auf dem Cover wiedergegebene Zitat zu: „Domofon“ ist eine „klassische“ Horrorgeschichte, und blutig ist sie auch. Wenn der sich schier endlos ziehende, statische Mittelteil endlich überwunden ist, kommt sie sogar in Schwung. Die finale Konfrontation mit dem Bösen ist nicht ohne Reiz, weil es die Erwartungen – im positiven Sinn – enttäuscht. Originell ist es im Kern leider nicht. Das Böse verabschiedet sich zu beiläufig. Warum es einen ganzen Wohnblock terrorisiert hat, um letztlich auf die Erfüllung seiner Rache zu verzichten, bleibt unklar bzw. kann nicht überzeugen.

Die zentralen Figuren eines modernen Unterhaltungsromans zeichnen sich durch Brüche und Schwächen aus. Miloszewski berücksichtigt das nicht nur – er übertreibt es. Zumindest sei die Frage gestattet, ob es in seiner Absicht lag, ’sein‘ Haus ausschließlich mit abstoßenden und unsympathischen Zeitgenossen zu bevölkern, an deren Schicksal der Leser keinerlei Anteil nimmt. Falls diese Frage bejaht werden muss, hat der Verfasser viel zu gute Arbeit geleistet. Genauso treffend ist der Vorwurf, dass er reine Pappkameraden mit einer seelischen ‚Tiefgründigkeit‘ beschreibt, die einer Vorabend-Soap-Serie entliehen wurde.

Viel zu ausführlich beschreibt Miloszewski Figuren, deren Schicksal bald besiegelt ist. Wie sich herausstellt, sind ihre Vorgeschichten in der Regel völlig unerheblich für die eigentliche Handlung. Wieso sich also mit ihnen auseinandersetzen? Schlimmer noch: Personen wie die Polizisten Kuzniecow und Niemiec werden aufwändig eingeführt, um irgendwann einfach aus dem Geschehen zu verschwinden. Dafür erscheint im letzten Drittel ein Allwissender, der die Fäden der Handlung endlich rafft und den Weg ins Finale öffnet.

So belegt „Domofon“ in erster Linie den Ehrgeiz eines noch unerfahrenen Schriftstellers, der einer im Grunde sehr einfachen Geschichte zu viel Ballast aufpackt, es am notwendigen Timing fehlen lässt und sie damit ins Straucheln geraten lässt. Denn „Domofon“ entpuppt sich als ganz normale Gespenstergeschichte, die als solche erzählt werden müsste. Dass sie an einem vergleichsweise ‚exotischen‘ Ort – einer polnischen Vorstadt – spielt, verleiht ihr keinen Bonus, zumal Miloszewski kaum Gebrauch davon macht. „Domofon“ könnte in jedem Wohnblock auf der Welt spielen.

Folgerichtig tritt Miloszewski in einen Wettbewerb mit vielen Autoren, und dabei schneidet er (noch) schlecht ab. Stephen King – und jetzt muss dieser Name doch endlich fallen – hätte „Domofon“ eleganter, weil schwungvoll, ökonomisch und damit effizient über die Runden gebracht. Miloszewski verliert mehr als einmal die Aufmerksamkeit seiner Leser. Um das pseudo-literarische Beiwerk gestrafft, könnte „Domofon“ ein kurzer, aber unterhaltsamer Horrorroman sein. Leider soll er auch ‚intellektuell‘ sein, und das merkt man ihm zu seinem Nachteil an.

http://www.dtv.de

Parzzival, S.H.A. – Todesanzeigen (Titan-Sternenabenteuer 22)

Die Ökoterroristen greifen die |World Market|-Kette des Industriellen Michael Moses mit genmanipulierten Rieseninsekten und -spinnen an. Für die Neueröffnung seiner Firmenzentrale in der Wüste von Arizona befürchtet Moses neue Anschläge und bittet seinen alten Freund Amos Carter, ihm die |Titan| mitsamt Crew für die Festlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Shalyn Shan, Kommandantin der |Titan|, hat darüber hinaus noch ganz andere Probleme. Am letzten Tag ihres Landurlaubes lernt sie die geheimnisvolle Monja kennen – und verliebt sich Hals über Kopf in sie. Doch hinter der jungen Frau steckt ein tödliches Geheimnis. Alle früheren Freunde Monjas, mit denen sie eine festere Beziehung hatte, starben unter mysteriösen Umständen. Außer anonymen Todesanzeigen, die sie erhalten hat, hat Monja keinerlei Anhaltspunkte für die Hintergründe.

Als Shalyn Shan und ihre neue Freundin bei einem Ex-Freund Monjas nachforschen, bahnt sich eine neue Katastrophe an. Eine gigantische Flutwelle bricht über das Hotel in den Bergen herein, welches Monjas Ex-Freund gehört und in dem die beiden Freundinnen mit dem Mann sprechen wollten …

_Eindrücke_

Dies ist der erste Band, den ich aus der Serie „Titan – Sternenabenteuer“ lese, und gleichzeitig ist es auch der Einstand des Autors S.H.A. Parzzival, der mit „Todesanzeigen“ zugleich einen neuen Zyklus einleitet. Auch die klassischen Abenteuer der |Promet|, deren Tradition |Titan| fortsetzen will, kenne ich lediglich vom Hörensagen. Umso gespannter war ich darauf zu sehen, wie sich dieser Band gestalten wird, der laut Verlagschef Kaegelmann den Beginn einer völlig neuen Storyline darstellen soll. Da sich die Handlung von Weltraumgeschichten nunmehr auf die irdischen und menschlichen Geschicke konzentriert, wurde das Genre der Romane auch kurzerhand in „Social Fiction“ geändert.

Auffallend sind zunächst der recht geringe Umfang der Bücher und die flotte Schreibe des Autors. Die Charaktere entsprechen dem Heftroman-Klischee und sind entweder außerordentlich attraktiv oder besonders exotisch oder gleich beides. Die Ausnahmen bestätigen die Regel und kompensieren ein weniger dem gängigen Schönheitsideal entsprechendes Aussehen mit einem hohen Intelligenzquotienten, wie zum Beispiel beim wohlbeleibten Professor Lukas Hagen. Nichtsdestotrotz werden die Protagonisten vom Autor liebevoll und sympathisch dargestellt, auch wenn die blitzartige Entwicklung der Beziehung zwischen Shalyn Shan und Monja nicht gerade glaubwürdig rüberkommt.

Die Handlung entwickelt sich rasant und temporeich, lässt kaum Zeit zum Luftholen und bietet sehr kurzweilige Unterhaltung, gepaart mit viel Humor und Situationskomik. Der Strang um Michael Moses und seine Firmenzentrale „Germania“, erbaut nach den Entwürfen der von Hitler geplanten Reichshauptsstadt, schneidet darüber hinaus auch sozial- und gesellschaftskritische Themen an. Übergroße Insekten wirken zwar unheimlich trashig in diesem Kontext, tragen aber auch viel zum Spaß- und Spannungsfaktors des Buches bei.

Dank des Lexikons am Ende finden sich auch Neuleser schnell im |Titan|-Kosmos zurecht. Aufgelockert wird der Roman durch zwei Computer-Illustrationen von Marcel Barthel, die aufgrund des Schwarzweiß-Drucks sehr dunkel wirken und daher auf der Rückseite in kleinerer Form und in Farbe nochmals zu bewundern sind. Allerdings sehen die Illustrationen auch recht steril aus und lassen ein wenig die künstlerische Individualität vermissen. Ein ähnliches Problem besteht bei der Titelillustration, die allerdings durch eine hohe Detailliertheit und ein hohes Maß an Realismus positiv auffällt.

_Fazit:_ „Todesanzeigen“ ist ein actionreicher und rasanter Social-Fiction-Thriller mit skurrilen aber liebenswerten und im Ansatz noch recht einfach strukturierten Charakteren.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

Edwards, Blake / Rohrbeck, Oliver – Richard Diamond, Privatdetektiv: Fall 5 & 6

_Inhalt_

|Fall 5: Der Mord am Barbier|

Ein Friseurbesuch bei seinem Stammschneider Tony endet für Rick in einem mittelschweren Desaster. Noch während des Schnitts flüchtet sein Barbier Barney unter dem merkwürdigen Vorwand, er müsse nun sofort jemanden treffen, aus dem Laden. Unschlüssig eilt Diamond ihm hinterher und entdeckt Barney in einer angrenzenden Telefonzelle. Mit letzter Kraft stammelt er den Namen ‚Faschetti‘ und erliegt den Folgen des Messerstichs, welcher ihm gerade zugefügt wurde.
Rick verfolgt das Telefonat zurück und landet bei Walt Levinson im Police Department.

Kurze Zeit später ermitteln die beiden bereits gemeinsam in der Mordsache am Barbier und verfolgen die Spur Faschettis. Dieser jedoch wurde seinerzeit des Landes verwiesen und muss sich nun regelmäßig bei den italienischen Behörden melden. Ein Aufenthalt in den Staaten ist dementsprechend unwahrscheinlich, glaubt zumindest Diamond. In einem Nachtclub trifft er dann jedoch überraschenderweise Faschettis langjährige Geliebte Lillian Barnett, die er eigentlich ebenfalls in Genua wähnte. Ist Faschetti also doch zugegen und in den Mord involviert?

|Fall 6: Der Gibson-Fall|

Virginia und Harvey haben es eilig: Vor wenigen Stunden ist ihr Betrug an dem gutgläubigen Mr. Gibson aufgeflogen, und nun droht dieser damit, die beiden bei den Behörden anzuschwärzen. So weit kommt es jedoch nicht mehr. Gibson will die Sache persönlich klären und kommt bei einem Gerangel mit Harvey ums Leben.

Kurze Zeit später meldet sich eine verzweifelte, ältere Dame namens Esther Blodgett in Diamonds Büro und berichtet von einer Leiche, die in ihrem Zimmer abgelegt wurde. Merkwürdig daran: In der gesamten Wohnung finden sich keine Einbruchsspuren. Gerührt von der plötzlichen Hingabe zu ihm, nimmt Diamond Blodgetts Auftrag an und begibt sich auf Spurensuche.

Dabei trifft er zunächst auf Gibsons Tochter, die bereits böse Vorahnungen wegen der jüngsten Bekanntschaften ihres Vaters hatte. Der alte Mann hatte sich in einem Hotel einquartiert, weil er sich in eine der Bediensteten verliebt hatte. Schnell erkennt Rick, dass die junge Dame, mit der Gibson sich offenkundig auch mehrfach getroffen hatte, in den Komplott involviert ist. Doch wer ist diese Virginia Palgrim, die dem Mann den Kopf verdrehte?

_Persönlicher Eindruck_

Ungewöhnliche Szenarien üben eine wahre Anziehungskraft auf unseren stillen Helden Richard Diamond aus. So scheint es jedenfalls, als der wortgewandte Privatschnüffler plötzlich selber Teil eines Falles wird. Mit halbfertigem Haarschnitt muss er tatenlos mit ansehen, wie sein Barbier ins Unglück stürzt, ohne dass sich Derartiges zu Beginn seines Friseurbesuches in irgendeiner Form angekündigt hätte.

Mit dem letzten Anhaltspunkt, den das Opfer noch selber zur Aufklärung beitragen konnte, stürzt sich Diamond in die Ermittlungen und somit auch ins städtische Nachtleben, wo Leute wie er natürlich weniger erwünscht sind. Doch nachdem hier alte Bekanntschaften gepflegt sind und die Zunge des Hauptakteurs sich wieder gelockert hat, nimmt der Fall sehr schnell konkrete Konturen an – nur leider auch wieder mit einer kleinen Unlogik. Woher zum Teufel kennt Diamond denn plötzlich Faschetti, wenn er doch bei den Stöberarbeiten im Polizeiarchiv keinen blassen Schimmer hatte, wer der Typ ist? Nun denn, derartige Ungereimtheiten seien bei der rasanten Spannungskurve dieser Episode erlaubt, sollten aber unter den professionellen Bedingungen, in die der Retro-Krimi ansonsten eingebettet ist, nicht zwingend an der Tagesordnung sein.

Mit dem zweiten Fall widmet sich das Regieteam dann einmal mehr der Gattung merkwürdiger Fälle. Dabei ist es viel weniger die Mordgeschichte, die hier frischen Wind ins Genre einbringt, als vielmehr die seltsame, hochinteressante Inszenierung. Einmal mehr nämlich kommt der Humor der Reihe deutlich zum Tragen, sei es nun bei den witzigen Verwechslungen einiger Namen, einem Running Gag, der sich auf die Bezeichnung eines Stuhls bezieht, oder doch den innigen Emotionen, die Mrs. Blodgett sofort offenbart, als sie die Stimme ihres neuen Lieblings Rick zum ersten Mal hört. Geradezu aufdringlich schmeißt sie sich an den Detektiv heran, himmelt ihn regelrecht an, was einerseits zu leichten Spannungen zwischen Diamond und Levinson führt, den Hauptdarsteller andererseits aber auch in Rechtfertigungsschwierigkeiten bringt, als Helen später von der Zuneigung durch Esther erfährt. Hier verschiebt sich die Spannung ergo einmal mehr auf unterschiedliche Ebenen, verharrt aber natürlich in erster Linie auf dem interessanten Kriminalfall. So soll’s schließlich auch sein!

Alles in allem also sind auch die Kapitel fünf und sechs absolut hörenswerte Beiträge zum zuletzt deutlich aufkeimenden Genre des nostalgischen Krimis. Und nicht zuletzt deswegen, da Mr. Diamond höchstpersönlich den besten Hörspiel-Gag seit einer halben Ewigkeit landet, gehört die dritte Doppelfolge daher auch in jede gut sortierte Sammlung. O-Ton: „Diamond, sind Sie das?“, „Nein, hier spricht Black Beauty. Ich bin soeben die Meile in 1,20 gelaufen und wollte melden, dass ich gedopt war.“ Bedarf es noch weiter Erklärungen zu den außergewöhnlichen Qualitäten dieser Serie? Sicherlich nicht. Wenn irgendwo superbe Sprecher, lässiger Humor und dennoch spannungsvoll inszenierte Kriminalfälle aufeinandertreffen, dann unter der Überschrift „Richard Diamond“!

lauscher news


http://www.luebbe-audio.de

|1. Staffel (Dezember 2007):|

Fall 1: Die schwarze Puppe
Fall 2: Der braune Umschlag
Fall 3: Der Fall Ed Lloyd
Fall 4: Der Mordauftrag
Fall 5: Der Mord am Barbier
Fall 6: Der Gibson-Fall

|2. Staffel (Juli 2008):|

Fall 7: Die rote Rose
Fall 8: Der Karussell-Fall
Fall 9: Der graue Mann
Fall 10: Gute Nacht, Nocturen
Fall 11: Der Nachtclub-Fall
Fall 12: Mr. Walkers Problem

Huxley, Robert (Hg.) – großen Naturforscher von Aristoteles bis Darwin, Die

Vor der Interpretation steht das Recherchieren von Fakten; um ein schlüssiges Gesamtbild zu erhalten, muss die Faktenbasis möglichst breit sein. Das Gesamtbild umfasst in diesem Fall nichts Geringeres als die Gesamtheit der Tiere und Pflanzen auf dieser Erde. Jede Art hat ihren Platz in diesem Gefüge, und ihr Standort gibt Aufschluss über ihren evolutionären Status und (mögliche) Verwandtschaften.

Dieses stammbaumähnliche Konzept beruht auf der Jahrtausende währenden Arbeit von Entdeckern und Forschern. Sie wurde von vielen Sackgassen und Irrtümern begleitet, schritt aber voran, bis sie etwa zur Zeit Charles Darwins eine neue Qualität gewann: Bisher wurde sie von Amateurforschern und Universalgelehrten geleistet, die in der Biologie oder Botanik mindestens ebenso beschlagen waren wie in der Medizin, der Astronomie, der Geologie, der Philosophie und anderen Disziplinen.

In „Die großen Naturforscher“ stehen die Entdecker, die Beschreiber, die Klassifizierer im Zentrum der Betrachtung, die jeweils das ganze Tier oder die ganze Pflanze in Augenschein, später unter die Lupe und noch später unter das Mikroskop nahmen.

Forschung wird und wurde vor allem unter dem Gesichtspunkt der Alltagstauglichkeit ihrer Ergebnisse gewertet. Folgerichtig orientierte sich die Naturforschung, deren Anfänge sich bereits im dritten Jahrtausend vor Christus im Reich der Sumerer feststellen lassen, an den beiden Kategorien „nützlich“ und „schädlich“. So blieb es bis in die Zeit der griechischen Antike, die sich der Materie abstrakter näherte, d. h. die Natur und ihre Lebewesen nach ihrer Gestalt zu ordnen begann. Als erster ‚richtiger‘ Naturforscher gilt Aristoteles (384-322 v. Chr.), dem weitere wissensdurstige Männer folgten.

Mit dem Niedergang Roms endete diese Phase der aktiven Forschung. Während des Mittelalters und in der frühen Neuzeit beschränkte man sich auf das Wissen der Vorväter, zumal nur dieses von der allmächtigen Kirche geduldet wurde. Obwohl auch in diesen vielen Jahrhunderten hin und wieder Zweifel laut wurden, brachte erst die Renaissance die Rückkehr zur echten Grundlagenforschung. Spätestens im 16. Jahrhundert setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Zeit überreif für eine Überprüfung, Korrektur und Ergänzung des antiken Wissensschatzes war.

Gleichzeitig begann sich der Akt des Forschens selbst zu verändern. Mehr und mehr setzte sich die Erkenntnis durch, dass ‚am Objekt‘ und möglichst vor Ort studiert werden musste. Ergebnisse sollten nachprüfbar sein, sodass die ersten Sammlungen von Tieren und Pflanzen sowie die ersten Museen entstanden. Hier konnten sorgfältig präparierte Lebewesen auch ohne gefährliche Reisen in ferne Länder untersucht werden. In einem dritten Schritt wurde die bisher vor allem ‚künstlerische‘ Wiedergabe von Forschungsobjekten durch die realitätsbezogene, nüchterne und systematische zeichnerische Abbildung ersetzt.

Das 17. Jahrhundert wird im Abendland das „Zeitalter der Aufklärung“ genannt. Sie brachte vor allem die Trennung zwischen Religion und Naturkunde, die eine objektive Forschung bisher erschwert, oft unmöglich oder – man denke an Galileo Galilei – gar lebensgefährlich gemacht hatte. Jetzt wurden sogar Geistliche zu Forschern, nachdem sie Gottes Geist in seinen Werken zu spüren glaubten.

Ebenfalls im 17. Jahrhundert begann die Arbeit an einer Klassifizierung sämtlicher Lebewesen. Carl von Linné (1707-1778) durchschlug den Gordischen Knoten, aber die Natur war komplexer als gedacht. Es blieb mehr als genug Arbeit für weitere Forscher, die Ausnahmen einer weiter gefassten Ordnung einzupassen.

Die Forscher des 19. Jahrhunderts gingen den nächsten Schritt: Sie suchten nach Erklärungen für das Bild, das sie entworfen hatten. Gelehrte wie Alexander von Humboldt (1769-1859) betrachteten Tiere und Pflanzen nicht mehr isoliert, sondern erkannten die Gesetzmäßigkeiten ihres Zusammenlebens sowie ihre Abhängigkeit von Faktoren des Klimas, der Geologie und der Geografie.

Die klassifizierte Natur musste ihren Ursprung und sich entwickelt haben. Das Konzept der Evolution ließ den Kampf mit der Kirche noch einmal aufflammen. Charles Darwin (1809-1882) wurde unfreiwillig zur Leitfigur dieses Streites.

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts ließen Entdeckungsreisen nie gekannten Ausmaßes und moderne Forschungstechniken den Informationsstrom auf ein Maß anschwellen, das kein einzelner Mensch mehr meistern konnte. Der Amateur und Universalgelehrte wurde abgelöst vom Spezialisten, der sich auf ein ganz bestimmtes Fachgebiet konzentrierte.

„Prachtband“ ist ein großes Wort. Hier darf und muss man es verwenden. „Die großen Naturforscher“ ist ein Buch, das man in die Hand nimmt, darin blättert und sogleich gefangen ist. Schwer liegt es in der Hand, obwohl es kein Überformat und einen Umfang von kaum mehr als 300 Seiten aufweist. Dies bestehen freilich aus dickem, feinporigem Papier, das nicht nur ein wunderbar scharfes Schriftbild garantiert, sondern vor allem die zahlreichen Abbildungen zur Geltung bringt.

Wie ein Relikt aus den ersten Jahrhunderten der Buchdruckkunst wurde „Die großen Naturforscher“ gestaltet. Das Layout orientiert sich an Büchern aus dem 18. oder 19. Jahrhundert. Die mit Text bedruckten Seiten sind gelblich eingefärbt wie ein vergilbter Band aus einem alten und selten benutzten Archiv; nicht einmal Verfärbungen und Flecke wurden vergessen.

Das schwere Kunstdruckpapier kommt freilich vor allem den zeitgenössischen Bildern zugute. Sie stammen aus einer Vergangenheit, die in ihrem Ausklang den Fotoapparat zwar schon kannte, ihn aber nicht verwendete. „Die großen Naturforscher“ ist Zeugnis der großen Zeit der gezeichneten Darstellung von Tieren und Pflanzen. Diese besaß eine Prägnanz, die ihre Werke noch nach den Kriterien der gegenwärtigen Forschung bestehen lässt. Nicht künstlerische Interpretation, sondern die klare Wiedergabe des Tatsächlichen war die Forderung an die Zeichner, Maler und Holzschnitzer der hier wiedergegebenen Werke. Sie haben diese Aufgabe glänzend gelöst und dabei dennoch bestaunenswerte Kunstwerke geschaffen, die heute ungeachtet mancher sachlicher Fehler faszinieren.

Wobei ein besonderer Aspekt dazu beiträgt: Was vor zwei oder drei Jahrhunderten gesammelt und untersucht werden konnte, existiert heute womöglich gar nicht mehr. Viele der in diesem Buch gezeigte Pflanzen und Tiere sind heute dort, wo man sie einst fand, längst nicht mehr heimisch, weil sie durch Überbevölkerung und Umweltverschmutzung verdrängt wurden. Manche wie der Carolinasittich (S. 234) sind inzwischen ausgerottet.

Die einzelnen Beiträge künden von dem langen Prozess der Wissensfindung. Die Naturforschung ist selbst zum Gegenstand der Wissenschaft geworden, stellt doch ihre Geschichte ein Spiegelbild der jeweiligen politischen und geistigen Verhältnisse dar. Sie erschöpfte sich deshalb nie in der Beschäftigung mit offenen Fragen, sondern war immer auch Kampf gegen Aberglaube und Religion, gegen die Gleichgültigkeit derer, die Wissen nur dort interessierte, wo es sich in klingende Münze verwandeln ließ, gegen missgünstige Konkurrenten, denn auch Wissenschaftler waren und sind nur Menschen, die um Rang, Ehre und Fördermittel raufen.

Diese Geschichte ist spannend, denn sie bildet nicht nur einen roten Faden durch die Jahrtausende, sondern hat einen Anfang und ein Ende, auch wenn er nicht straff gespannt verläuft, sondern viele Windungen, Schlingen und sogar Knoten aufweist: Vieles wurde erdacht, ausprobiert und verworfen, manches doppelt oder dreifach gemacht. Aus den Fortschritten wurde ebenso gelernt wie aus den Irrtümern. Dieser Prozess ist heute keineswegs abgeschlossen. Das Leben wird heute als Gefüge ungemein komplexer, miteinander verwobener und nie isolierter Vorgänge akzeptiert, aber keineswegs in allen Details verstanden. Die Reihe der großen Naturforscher wird sich also fortsetzen.

Wer sein Wissen über die Wissenschaftler der Vergangenheit vertiefen möchte, kann sich aus einem umfangreichen Literaturverzeichnis weitere Titel aussuchen. Selbstverständlich gibt ein Register, das ein gezieltes Arbeiten mit diesem Buch ermöglicht, das nur empfohlen werden kann.

http://www.frederking-thaler.de

Diverse – Simpsons Winter-Wirbel 1

_Inhalt_

|“Briefe aus Springfield an den Weihnachtsmann“|

Santa Claus ist der hirnrissigen Briefe aus Springfield langsam überdrüssig. Als er erneut von den völlig realitätsfremden Wünschen der dortigen Bürger erfährt, beschließt er, den Ort von seiner alljährlichen Tour zu streichen. Dann jedoch entdeckt er noch einen letzten Brief …

|“Ihr Kinderlein kommet“|

Bart Milhouse und Lisa ziehen von Haus zu Haus, um die Leute zur Weihnachtszeit mit Liedern zu erfreuen. Doch bereits nach ihrer ersten Station geraten sie ins Visier einer jugendlichen Gang, die gerne selber die Kekse für ihren Singsang abstauben möchte.

|“Happy Chanukka“|

Krusty erzählt anlässlich des Chanukka-Fests von seiner ersten großen Liebe, die er ebenfalls einst zu dieser Feierlichkeit kennengelernt hat. Doch je tiefer er in seine Vergangenheit eintaucht, desto trauriger wird der allzeit heitere Clown …

|“Schnee, der auf Verräter fällt“|

Officer Wiggum ermittelt in einer Diebstahlserie, die sich mit kunstvollen Schneeskulpturen beschäftigt. Jeder noch so offensichtliche Verdächtige scheidet mit einem plötzlichen Alibi aus. Dann jedoch erfährt Wiggum von einem Wettbewerb, bei dem die schönste Figur gekrönt werden soll – und erwischt den Täter auf frischer Tat.

_Persönlicher Eindruck_

Simpsons-Fans sollten langsam aber sicher den Überblick über die zahlreichen Comic-Releases ihrer Helden verlieren, besonders nach dem Erfolg des Kinostreifens aus der Evergreen Terrace in Springfield. Inmitten der kältesten Jahreszeit schob der |Bongo|-Verlag nun erneut eine komplett neue Serie ins Rennen, dieses Mal unter dem Titel „Winter-Wirbel“. Und wie der Titel sehr verheißungsvoll suggeriert, beschäftigen sich die teils ziemlich kompakten Strips auch mit allerhand skurrilen Geschehnissen um die Springfielder Weihnachtszeit und ihre Ausläufer, dies aber leider nicht immer auf dem gewohnt hohen Niveau. Grob betrachtet, ist nämlich nur der erste Plot, in dem die Rolle des Weihnachtsmanns sowie die Maßlosigkeit aller bekannten gelben Gesichter auf die Schippe genommen werden, lohnenswert. Hier punktet das Heft mit coolen Seitenhieben, bewährt starkem Wortwitz und feiner Situationskomik, sprich, mit den Elementen, die den klassischen Simpsons-Comic auszeichnen.

Leider flacht der Level in den folgenden Episoden ein wenig ab. Die ewige Fehde zwischen Bart und der Straßengang wirkt im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest ein wenig künstlich aufgebauscht und verfehlt ihre Wirkung ebenso wie die bizarren Räuberpistolen aus der Biografie des schmierigen TV-Clowns Krusty. Ein wenig Besserung verspricht lediglich die letzte Hauptgeschichte, was aber einzig und allein an der herrlich dümmlichen Darstellung von Inspector Wiggum festzumachen ist. Sein naiver Ermittlungsstil sorgt auch bei der Suche nach dem Eisskulpturen-Räuber für Aufsehen und Chaos, führt letztendlich aber natürlich auch wieder zur Ergreifung des Täters. Schade ist nur, dass die zugehörige Erzählung potenziell eher schwächer einzustufen ist.

Damit bestätigt sich leider auch ein Trend, der schon bei den letzten themenspezifischen Ausgaben der „Simpsons Comics“ recht bitter aufstieß. Die Geschichten wirken erzwungen und eher zweckmäßig in das übergeordnete Profil der jeweiligen Überschrift eingefügt. Und meist sind es nur einzelne Kapitel, die wirklich den Anspruch an den Comic als auch die berechtigte Einordnung in das Thema sicherstellen. Insofern folgt der erste Teil des Winterwirbels der Neigung zur Massenware, die gerade bei den Simpsons in letzter Zeit bedenkliche Züge annimmt. Vielleicht sollte man sich künftig besser doch auf die regulären Serien und gelegentliche Sonderausgaben beschränken. Je mehr Releases auf den Markt schwemmen, desto größer wird nämlich auch die Zahl der qualitativen Einbrüche. Und zu dieser Kategorie gehört der erste Teil dieser Winterserie trotz einzelner Momente zweifellos!

http://www.paninicomics.de/simpsons-s10310.html
http://www.paninicomics.de/comic-sonderband-s10220.html

Burger, Wolfgang – Schwarzes Fieber

Eigentlich wollte Kripochef Andreas Gerlach zwei Sommerwochen mit seinen beiden Töchtern in Portugal verbringen, um dort seine Eltern zu besuchen. Doch ein Wasserrohrbruch im Haus seiner Eltern macht dem geplanten Urlaub einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen leidet die Familie Gerlach unter dem erneuten Jahrhundertsommer in Heidelberg. Während Andreas Gerlach versucht, sich trotz tropischer Temperaturen zu sportlichen Aktivitäten aufzuraffen, und seine Töchter sich derweil um ein Pferd kümmern, liest Gerlach in der Zeitung von einer verunglückten Motorradfahrerin, die mit schweren Verletzungen auf dem Weg zum Heidelberger Aussichtsberg, dem Königstuhl, gefunden wurde. Dass es sich bei der Verunglückten gar nicht um eine Motorradfahrerin handelt, erfährt Gerlach erst nach seinem Urlaub.

Die schwer verletzte Frau liegt im Krankenhaus, spricht jedoch kein Wort. Ihre Identität bleibt daher genauso im Dunkeln wie ihre Herkunft und die Frage, wie sie schwer verletzt im Graben neben der Straße landen konnte.

Kurz darauf entdeckt ein Ehepaar auf seinem Grundstück in Heidelberg die stark verweste Leiche eines Farbigen. In dessen Hosentasche findet sich das erste wichtige Beweisstück, nämlich ein Streichholzbriefchen aus einer Kneipe, in der die Kneipenwirtin sich tatsächlich an den Farbigen erinnern kann. Ihre Mithilfe ist es schließlich, die die Polizei auf die erste heiße Spur bringt. Dank der Kneipenwirtin kann die Polizei die Wohngemeinschaft ausfindig machen, in welcher der Schwarze vor seinem Tod gewohnt hat. So ist zumindest dieser Tote identifiziert, und die Spur führt die Polizei nach Angola, das Heimatland des Toten.

Derweil schwebt die verunglückte Unbekannte in Lebensgefahr, denn mehrfach schleicht sich ein Typ im Anzug an ihr Krankenbett, kann jedoch glücklicherweise immer rechtzeitig aufgescheucht und vertrieben werden. Doch wer ist der Anzugtyp, der offensichtlich das zu Ende bringen möchte, was er am Königstuhl begonnen hat? Als eine Faser, die bei der Toten gefunden wurde, als Haar einer Perücke identifiziert werden kann, ist die Polizei endlich in der Lage, ein besseres Foto der Unbekannten zu veröffentlichen, und tatsächlich bringt dies den Durchbruch und ihre Identifikation. Auch sie stammt aus Angola – was hat die Unbekannte mit dem Toten zu tun und wer trachtet ihr weiterhin nach dem Leben?

Wolfgang Burger hat das Verbrechen ins beschauliche und weltberühmte Heidelberg gebracht. Die wunderschöne Stadt am Neckar ist Schauplatz seiner Krimireihe rund um Alexander Gerlach, der nach dem Tod seiner Frau zusammen mit seinen zwei Töchtern im Nordbadischen wohnt und bei der Polizei arbeitet. Dieses Mal hat er wieder einen sehr vertrackten Fall zu lösen, denn zwei vermeintlich unzusammenhängende Kriminalfälle kann er langsam aber sicher miteinander in Verbindung bringen.

Wie gewohnt tappt die Polizei zunächst lange im Dunkeln, wodurch Burger einiges an Spannung aufbaut, zumal die Unbekannte im Krankenhaus weiterhin bedroht wird. Welches Geheimnis verbirgt sie, das der Mann im Anzug gerne auslöschen möchte? Es ist eine mühsame Schnitzeljagd, auf die Gerlach und seine Kollegen sich begeben müssen.

Umrahmt wird dieser Kriminalfall von Gerlachs Sorgen um seine beiden Töchter, die sich in den Ferien um ein Pferd kümmern und dabei ihre Liebe zu diesen Tieren entdecken. Die beiden umsorgen liebevoll jeden Tag ihr Pflegepferd und wollen nun all ihr Taschengeld sparen, um sich selbst ein eigenes Pferd anschaffen zu können. Und so löchern sie ihren Vater unentwegt und fragen ihn so lange nach Geld, bis er sich schließlich mit seinen beiden hartnäckigen Töchtern aufmacht in die Zweiburgenstadt Weinheim an der Bergstraße, um dort ein Pferd zu begucken, in das die beharrlichen Töchter sich auch sogleich verlieben. Das eigene Pferd ist dann schnell gekauft, obwohl es ein großes Loch in Gerlachs Brieftasche reißt, doch sieht er auch die positive Entwicklung seiner Töchter, die sich verantwortungsbewusst zeigen und dank des Pferdes auch einiges an Bewegung bekommen.

So entwickelt Wolfgang Burger ganz nebenbei seinen Hauptcharakter weiter und beschreibt Alexander Gerlachs Privatleben ausgesprochen detailreich. Leider ist das auch die einzige Geschichte, welche die Ermittlungen umrahmt, sodass Gerlach der einzige Polizist ist, der uns näher gebracht und der uns daher sympathisch wird. In Gerlachs Charakterzeichnung investiert Burger zwar viel, dennoch hätte ich mir gewünscht, dass er sich nicht alleine auf seinen Krimihelden beschränkt.

Im Mittelpunkt stehen allerdings weiterhin der Mord an dem Schwarzen und der Fall um die afrikanische Unbekannte. Mithilfe des Botschafters in Angola kommt die Polizei Schritt für Schritt weiter, denn der Botschafter erweist sich als ein echter Dr. Watson, der die Polizei mit wichtigen Informationen füttern kann. Mit seiner Hilfe erfährt die Polizei bald den Grund für die Einreise der Unbekannten. Ein schlimmes Schicksal hat sie in Angola ereilt, das sie nun in Deutschland rächen möchte, doch nun ist ein Killer ihr auf der Spur, wodurch die Jägerin zur Gejagten wird.

Nebenbei erfährt der Leser von einer mysteriösen Einbruchserie im Odenwald, bei der in Häuser eingebrochen wird, deren Bewohner zurzeit im Urlaub sind. Und obwohl die Bewohner an alles gedacht haben, ihren Briefkasten regelmäßig leeren lassen und dafür sorgen, dass immer wieder Licht im Hause angemacht wird, werden sie ausgeraubt. Diese Einbruchserie gibt der Polizei viele Rätsel auf, und Gerlachs gute Seele von Sekretärin ist es schließlich, die den Fall lösen kann. Leider hat dieser rein gar nichts mit dem eigentlichen Kriminalfall zu tun, was ich ausgesprochen schade fand, denn so ist die Einbruchserie nur schmückendes Beiwerk.

All die Ermittlungen spielen sich im schönen Nordbaden ab, das wieder einmal von einem Jahrhundertsommer heimgesucht wird. So kann sich Gerlach auch kaum zum Radfahren aufraffen, weil es einfach viel zu heiß ist, um sich sportlich zu betätigen. In diese sommerliche Idylle platzt die spannende Ermittlung, die Wolfgang Burger durch geschickt platzierte Hinweise immer am Laufen hält. Dadurch erhöht sich nach und nach die Spannung, die schließlich in einem Cliffhanger auf Seite 193 gipfelt, auf der Gerlach ankündigt, den entscheidenden Fehler begangen zu haben, der zu weiteren Todesfällen führen wird. Leider löst sich nicht wirklich auf, welcher entscheidende Fehler Gerlach unterlaufen ist; man kann sich zwar einiges zusammenreimen, aber mir ist nicht klar geworden, wie er die weiteren Taten hätte verhindern können.

Zum Showdown begibt Gerlach sich schließlich nach Sardinien, wo der Fall aufgeklärt und zum Abschluss gebracht wird. Für seine Schauplätze hat sich Burger wirklich schöne Orte ausgesucht, die den Fall gut umrahmen. Wir begleiten Gerlach gerne auf seinen Touren rund um Heidelberg, entlang der Bergstraße und schließlich bis nach Sardinien. Zu viel des Lokalkolorits ist es allerdings nicht; Burger verwendet lokalspezifische Informationen recht wohldosiert, sodass auch Ortsfremde sich gut zurechtfinden werden.

Auf den ersten Blick gefällt der vorliegende Kriminalroman recht gut, doch bei genauerer Betrachtung finden sich auch einige Punkte, die störend wirken. Zum ersten ist das die spärliche Charakterzeichnung, die sich auf Gerlach beschränkt. Zum zweiten ist es die überflüssige Einbruchserie, und zum dritten sind es viele Zufälle, die schließlich zur Lösung des Falles führen. So kann sich die Kneipenwirtin nicht nur fünf Wochen nach dem Kneipenbesuch des Schwarzen an ihn erinnern, auch der beherzte Einsatz des Botschafters in Angola, ohne den die Heidelberger Polizei ganz schön alt ausgesehen hätte, ist schon durchaus beachtlich. Und schlussendlich ist es die privat aufgestellte Radarfalle eines Fanatikers, die zur Identifikation des Mörders führt. Hier kommen zu viele unwahrscheinliche Ereignisse zusammen, worunter die Spannung ein wenig leidet. Auch die Vorgeschichte in Angola wirkt ein wenig aufgesetzt, obwohl sie ein durchaus heikles Thema aufgreift, das den Leser nachdenklich stimmt.

So bleibt unter dem Strich ein positiver Eindruck zurück, der durch einige Kleinigkeiten zwar getrübt wird, dennoch würde ich immer wieder zu einem Heidelbergkrimi aus der Feder Wolfgang Burgers greifen.

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Arimasa Osawa – Der Hai von Shinjuku: Rache auf chinesisch

Das geschieht:

Die City Shinjuku gilt als das Herz Tokios. Shinjuku ist auch das kommerzielle Zentrum der Stadt. Das größte Vergnügungsviertel und ein gewaltiger Rotlichtbezirk finden sich hier. Das lockt neben Geschäftsleuten und Touristen aus aller Welt das organisierte Verbrechen magisch an. Viele große und noch mehr kleinere Yakuza-Banden haben Shinjuku unter sich aufgeteilt, schöpfen Schutzgelder ab, waschen Schwarzgeld und führen eigene Restaurants, Bordelle und Spielhöllen.

Dies ist das Revier, in dem Oberkommissar Samejima von der Eingreiftruppe der Direktion Shinjuku sich heimisch fühlt. Der unbestechliche Polizist wurde karrieremäßig aufs Abstellgleis geschoben, nachdem er mehrfach gegen den internen Ehrenkodex verstoßen und gegen korrupte Kameraden ermittelt hat. Statt sich in sein Schicksal zu fügen, setzt Samejima seinen Kampf gegen das Verbrechen entschlossen fort. Man nennt ihn, der sich nicht um die angemaßten Privilegien der Yakuza schert, den „Hai von Shinjuku“. Arimasa Osawa – Der Hai von Shinjuku: Rache auf chinesisch weiterlesen

Shocker, Dan – Gespenstervilla, Die (Larry Brent, Band 41)

_Gefangener des Unsichtbaren_

Der irische Kunstsammler Fred McPherson wird eines Nachts von einem Einbrecher geweckt, welcher sich an einigen wertvollen Gemälden zu schaffen macht. Insbesondere ein Werk mit dem Namen „Die schwarze Dämonensonne“ scheint den spitzbärtigen Eindringling zu interessieren. McPherson versucht erfolglos, den Diebstahl zu verhindern, und muss dabei sein Leben lassen.

Ein Jogger entdeckt am nächsten Tag in dem Gelände vor dem Anwesen McPhersons die verbrannten Überreste einer Leiche im Feld. Sofort befürchtet man, dass es sich bei dem Toten um den Hausbewohner handeln könnte, doch die Polizei trifft den Kunstsammler quicklebendig in seinem Domizil an – was diesen Umstand noch unheimlicher macht, da die Identität der Überreste laut der Pathologie mit derjenigen McPhersons übereinstimmt.

PSA-Agent Klaus Thorwald alias X-RAY-5 ist von David Gallun in den irischen Ort Traighli abkommandiert worden, um dort einigen Hinweisen auf das dort gelegene Anwesen der Crowden-Familie nachzugehen. Der Antiquitätenhändler John White hat Thorwalds Interesse geweckt, da dieser ein Gemälde erworben haben will, welches sich „Die schwarze Dämonensonne“ nennt; die Dämonensonne fungierte als Symbol der ausgestorbenen Crowden-Familie. Doch der Agent wird bei seinem Besuch in Whites Laden von einem Mann überwältigt, der sich selbst Lord Crowden nennt, und in das unheimliche Haus an der Küste verschleppt.

Larry Brent und Iwan Kunaritschew sind als Verstärkung ebenfalls nach Irland gekommen. Sie machen sich umgehend auf die Suche nach ihrem verschollenen Kollegen und vermuten einen möglichen Zusammenhang zu den seltsamen Vorkommnissen auf dem Anwesen von Fred McPherson. Tatsächlich stoßen die beiden Agenten auf den ominösen McPherson sowie den spitzbärtigen Einbrecher und müssen feststellen, dass beide Personen eine Art von Geisterwesen zu sein scheinen, da sie sich einfach in Luft auflösen, bevor man ihrer habhaft werden kann.

Währenddessen kommt Thorwald in den Gewölben des gefürchteten Crowden-Hauses zu sich, als sich im nächsten Moment eine Hundertschaft ausgehungerter Ratten auf ihn stürzt …

|Eindrücke|

Die Legende um die dämonische Crowden-Familie, die bereits in der Geschichte „Mordaugen“ (siehe |BLITZ|-Band 39 „Zombies“) ihren Anfang genommen hat, führt in diesem ersten Teil der Trilogie direkt nach Irland in den Ort Traighli, wo sich das legendäre Anwesen der angeblich ausgestorbenen Familie befinden soll. Und eben dieses gespenstische Haus versprüht in der Tat eine packende Atmosphäre der Vergänglichkeit und Düsternis, von der man sicherlich noch mehr in Teil zwei „Tod in der Gespenster-Villa“ genießen darf.

Hinzu kommen einige parallele Handlungsstränge, die wieder mal einen gemeinsamen Kernpunkt haben, nur dass dieser Band vorerst mit einigen Fragezeichen endet. Was hat es mit diesem Spitzbärtigen auf sich, der auf der einen Seite der frisch genesene Philip Hanton ist und doch gleichzeitig ein erbarmungsloser Dämon zu sein scheint? Wer ist dieser ‚falsche‘ Fred McPherson, der nun an Stelle des Kunstsammlers in dessen Haus weilt, und was hat dieser mit Hanton zu tun? Und vor allem, was plant dieser seltsame Lord Crowden? Viele Fragen, auf die es die eine oder andere Antwort sicherlich in beiden Folgebänden geben dürfte.

Der Titel selbst hat mich ein wenig irritiert, da es eigentlich keinen wirklich Unsichtbaren gibt, auch wenn Lord Crowden einmal von White als ein solcher bezeichnet wird – nur ist dieser Lord doch recht gut zu sehen, abgesehen davon, dass er sich und andere Gegenstände bei Bedarf teleportieren kann. Whatever …

Dieser erste Teil lässt sich jedenfalls im Mittelfeld ansiedeln, da er sicherlich unterhaltsam ist, jedoch auch nicht übermäßig heraussticht, auch wenn hier durch die Weiterführung der Crowden-Saga eine kleine Besonderheit eingebracht wird.

_Tod in der Gespenster-Villa_

Die Ereignisse in Irland spitzen sich zu. Und nicht nur dort, denn der besessene Philip Hanton macht sich nach den bestialischen Morden an seiner Frau und deren Schwester auf die Suche nach dem dritten Gemälde der Dämonensonne. Dieses befindet sich im Besitz von Lord Bernhard of Shannon, welcher mit seinen drei Kindern in einer Villa auf dem Berg Ben Wyvis (Schottland) lebt. Dieses Anwesen steht bei den Touristen aufgrund seiner Berühmtheit als Gespenster-Villa ganz hoch im Kurs. Und wieder mal haben sich einige Reisegruppen für eine Übernachtung bei den of Shannons angekündigt, als Glendale, die sensible Tochter des Lords, plötzlich von dramatischen Vorahnungen spricht – etwas Furchtbares soll noch in der kommenden Nacht geschehen.

Iwan und Larry werden in Philip Hantons Haus in Builth Wells (Wales) mit den blutigen Missetaten des Crowden-Anhängers konfrontiert. Langsam steigen sie in die wirren Umstände ein, begreifen, was es mit dem Ableben des Kunstsammlers McPherson und dem des Antiquitätenhändlers White auf sich hat, welche Sonderstellung diesem Hanton zukommt, und dass ihr immer noch vermisster Kollege Klaus Thorwald allem Anschein nach einem noch lebenden Crowden ganz dicht auf den Fersen war. Hinter allem steht die Suche nach den drei Gemälden der Dämonensonne. Eines dieser verfluchten Werke konnte Hanton in McPhersons Haus erbeuten, der ominöse Lord Crowden wurde in Whites Antiquitätenladen fündig und die beiden PSA-Agenten stoßen zufällig auf einen Hinweis, dass das dritte Bild in der Gespenster-Villa der of Shannons versteckt sein muss.

Während sich die beiden Freunde auf den Weg nach Schottland machen, muss ihr gebeutelter deutscher Kollege X-RAY-5 feststellen, dass es aus dem Keller des unheimlichen Crowden-House keinen Ausweg gibt. Seine neue irische Freundin, die Kellnerin Sioban Coutrey, gerät ebenfalls in den Bann der Crowdens und eilt einem ungewissen Schicksal entgegen.

Von diesem Drama bekommen Iwan und Larry noch nichts mit, denn sie müssen sich nach ihrer Ankunft in der Gespenster-Villa einer ganz anderen Gefahr stellen. Es tritt nämlich genau das ein, was Glendale of Shannon vorhergesehen hat. Die Villa wird samt den Anwesenden von ihrem eigentlichen Standort mitten auf einen Schienenstrang vor einen heranrasenden Nachtzug teleportiert. Eine schreckliche Katastrophe wird eingeleitet, die für einige Gäste tödlich endet …

|Eindrücke|

Und weiter geht es im zügigen Tempo! Häppchenweise lichten sich die Nebel aus dem ersten Teil, Fragen werden beantwortet und die Jagd nach den Dämonensonnen bekommt deutlichere Strukturen. Und genau diese Art Schnitzeljagd bereitet allemal ein gewisses Vergnügen, gerade weil Larry und Iwan keine wirklichen Erfolge erzielen können, da ihnen die Crowdens samt ihren Anhängern dann doch immer einen Schritt voraus sind.

Eine neue ansprechende Szenerie kommt mit der Villa der of Shannons hinzu, welche mit der Teleportation des Gebäudes etwas ins Trashige abdriftet. Die doch recht farblose Figur des Lord Crowden hingegen und auch der mit ihm verbundene Handlungsstrang um die hypnotisierte Sioban mutet dann doch ziemlich konstruiert an und vermittelt sehr schnell den Eindruck eines Lückenfüllers. Auch wenn dieser Lord Crowden sicherlich zur Schlüsselfigur verwertet werden soll, verblasst er doch ziemlich neben seinem viel interessanteren Handlanger Philip Hanton.

Auch Klaus Thorwalds Anstrengungen in seinem Kellergefängnis sorgen nur mühsam für Spannung, wobei sich gegen Ende des zweiten Teils auch im Crowden-House etwas anzubahnen scheint. Lassen wir uns also vom dritten und finalen Teil überraschen …

_Insgesamt_

Eine kleine Gemeinheit bringt dieser Band dann doch mit sich, denn den dritten Teil wird der Leser voraussichtlich erst im |BLITZ|-Band 42 (Veröffentlichung: März 2009) serviert bekommen. Dennoch sorgen auch die beiden ersten Teile der Crowden-Trilogie – welche seinerzeit auch den Untertitel „Unter der Dämonesonne I-III“ verpasst bekam – schon für beste Unterhaltung. Die Nachkommen der anscheinend doch noch nicht ganz so ausgestorbenen Crowden-Familie machen unseren PSA-Agenten einigermaßen das Leben schwer, während diese von einem Spukhaus ins nächste spazieren. Mit Irland und Schottland sind sowieso zwei herrliche Schauplätze ausgewählt worden, welche für das ideale Flair sorgen. Auch ein neuer PSA-Kollege – Klaus Thorwald alias X-RAY-5 – hat seinen ersten Auftritt.

Insgesamt ist auch dieser Band wieder ein Muss für alle Larry-Freunde, denn die Legende um die Crowdens gehört nun mal einfach ins Brent-Universum. Da bleibt einem nicht anderes übrig, als eben doch zähneknirschend etwas länger auf den letzten Teil zu warten. Sollte man bis dahin die Handlung ein wenig vergessen haben, dann hilft definitiv das kleine Glossar am Ende des Buches weiter …

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Larry Brent auf |Buchwurm.info|:_

Band 1: [„Das Grauen“ 2164
Band 2: [„Dämonenaugen“ 2198
Band 3: [„Die Todestreppe“ 2587
Band 4: [„Die Höllenbrut“ 2588
Band 5: [„Bluthände“ 2589
Band 7: [„Der Vampir“ 4392
Band 8: [„Im Leichenhaus“ 4356
Band 23: [„Die Mordleiche“ 3896
Band 24: [„Dartmoor“ 3897
Band 25: [„Hexensabbat“ 2281
Band 26: [„Alpträume“ 2284
Band 27: [„Dämonen“ 2423
Band 28: [„Das Höllentor“ 2465
Band 31: [„Die Gruft“ 3898
Band 32: [„Deborah“ 2684
Band 33: [„Die Vampirklinik“ 2685
Band 34: [„Der Unheimliche“ 3899
Band 35: [„Borro“ 4009
Band 36: [„Das Atoll“ 4010
Band 37: [„Leichenvögel“ 4011
Band 40: [„Die Nebelhexe“ 4755
Band 108: [„Kloster des Grauens“ 4012
Band 110: [„Das Methusalem-Projekt“ 4013
Band 113: [„Der Dämonensohn“ 3042
Band 114: [„Der Schädelgürtel“ 3043
Band 115: [„Finale“ 3077
Hörbuch 3: [„Nachts, wenn die Toten kommen“ 4810

Bottero, Pierre – achte Tor, Das (Der Andere, Band 1)

In Frankreich ist Pierre Bottero ein etablierter Autor, in Deutschland dagegen kennt man ihn kaum. Das soll sich nun ändern. Mit „Das achte Tor“ erscheint bei |Ullstein| der erste Band von Botteros Trilogie, die in Frankreich „L’Autre“ betitelt ist.

Als ein ambitionierter Wissenschaftler im brasilianischen Dschungel nach einem Maya-Tempel sucht, entdeckt er ein unbekanntes Bauwerk, in dessen Inneren ein schwarzer Würfel schwebt. Was er nicht weiß: In diesem Würfel lebt eine Macht, die Der Andere genannt wird. Vor langer Zeit wurde sie in dieses Gefängnis verbannt und nur sieben bestimmte Familien, von denen jede einzelne eine bestimmte Fähigkeit besitzt, wissen von der Existenz des Anderen und können gegen ihn ankommen.

Nathan gehört zu zwei dieser Familien, weiß aber nichts davon. Er ahnt, dass etwas mit ihm nicht stimmen kann, denn er lernt jede beliebige Sportart innerhalb kürzester Zeit und vollbringt dabei ungewöhnliche Leistungen. Jedes Mal, wenn ihm dies gelingt, ziehen seine Eltern sofort um, so dass der Sechzehnjährige mittlerweile sehr weit herumgekommen ist.

Als eines Tages seine Eltern bei einer Bombenexplosion sterben, erhält er von seinem Vater auf seinem Handy eine aufgenommene Nachricht, dass er von Montréal nach Marseilles fliehen und dort nach seiner Familie suchen soll. Dabei begegnet er der gleichaltrigen Shaé, in der ungeahnte Kräfte wohnen. Gemeinsam entkommen sie den bedrohlichen Helluren und lernen schließlich die restlichen Mitglieder von Nathans Familie, den Kogisten, kennen. Ihr Markenzeichen ist ihre schnelle Auffassungsgabe, und die kann Nathan auch gut gebrauchen, denn plötzlich wendet man sich gegen ihn und Shaé. Sie müssen es nun nicht nur mit den Helluren, sondern auch mit Nathans Familie aufnehmen. Und mit einer dritten Macht, die für das ganze Chaos verantwortlich zu sein scheint und es auf die beiden abgesehen hat…

Pierre Botteros Fantasygeschichte zeichnet sich hauptsächlich durch seine Nüchternheit aus. Es ist angenehm frei von magischen und fantastischen Elementen. Selbst die besonderen Kräfte, die man den einzelnen Familien zuschreibt, sind zumeist nur eine ins Extrem getriebene Steigerung von normalen Fähigkeiten. Natürlich sind Dinge wie Der Andere nicht von dieser Welt, aber mit der magischen Fantasy à la Harry Potter hat Botteros Buch wenig zu tun. Die Geschichte ist dadurch angenehm locker und bricht nicht unter der Last von unwirklichen Ideen zusammen. Stattdessen baut der Autor trotz einer recht langen Vorgeschichte am Ende ein beträchtliches Maß an Spannung mit wenigen, aber effizienten Mitteln auf. Dazu gehört eine überschaubare Anzahl von Hauptfiguren, ein paar ungelöste Geheimnisse und ein Verwirrspiel darüber, wer nun gut und wer böse ist.

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Nathan und Shaé, die sehr lebensnah gezeichnet und starke junge Charaktere sind. Ihnen liegt eine eher düstere Grundstimmung zugrunde, die gut zu der nicht unbedingt fröhlichen Geschichte passt. Beide haben bislang Probleme damit gehabt, Anschluss zu finden und echte Freundschaften zu führen. Sie fühlen sich einsam und merken, dass sie anders sind. Dadurch entstehen sehr tiefsinnige, nachdenkliche Figuren, die der Geschichte sehr viel Leben einhauchen und sie auf weiten Strecken bestimmen.

Der Schreibstil ist nüchtern und schnörkellos. Trotzdem schlägt er den Leser mit sicheren Formulierungen und einer düsteren, fesselnden Atmosphäre in den Bann. Der Autor versteht es, anspruchsvoll zu formulieren und mit wenigen Worten eine Stimmung, einen Sachverhalt oder ein Gefühl auszudrücken. Dadurch gibt es keine Längen, und trotz einer recht weitschweifigen Vorgeschichte wird aus „Das achte Tor“ doch noch eine runde Sache.

„Das achte Tor“ vereint Gegensätze: Auf der einen Seite herrscht eine düstere, beinahe schon verzweifelte Grundstimmung vor, auf der anderen sind aber Handlung und Schreibstil unbeschwert und frei von unnötigem Ballast. Mithilfe dieses Gerüsts erschafft der Autor eine spannende, atmosphärische Geschichte, die nicht langweilig wird und Lust auf die Folgebände macht.

|Originaltitel: L’Autre – Le souffle de la hyene
Aus dem Französischen von Wolfgang Renz
336 Seiten, kartoniert|
http://www.ullstein-taschenbuch.de

Hrissomallis, Simeon – Faith – The Van Helsing Chronicles: Die Zusammenkunft (Season 1 – Episode 1)

Als Faith van Helsing eines Abends nach Hause kommt, ahnt sie noch nicht, dass sich ihr Leben kurz darauf gravierend verändern wird. Ihre Eltern sind grausam getötet worden, umgebracht von einer Vampirin und einer Hexe. Auch Faith und ihre beiden Freunde Shania Francis und Melvin Masters sollen den Dämonen zum Opfer fallen. Da taucht der geheimnisvolle Kämpfer Christopher Lane auf und rettet die drei jungen Menschen.

Doch die Flucht endet abrupt, als der teuflische Hunter erscheint, um Christopher, Shania und Melvin zu vernichten. Nur Faith will er lebend, denn sie ist die letzte lebende Van Helsing. Die Van Helsings haben seit Jahrhunderten die Mächte der Finsternis bekämpft, bis die Hölle zurückschlug und alle Mitglieder der Familie nach und nach tötete. Nun soll Faith auf die Seite der Finsternis gezogen werden. Doch im Zweikampf erwacht das Erbe der Engel in Faith Van Helsing, und sie wird zur Kämpferin gegen die Hölle …

_Meine Meinung:_

„Die Zusammenkunft“ ist die erste Folge einer vielversprechenden Hörspielserie. Wie es sich für eine gute Pilotfolge gehört, wird erst einmal die Vorgeschichte ausführlich erzählt und die Hauptcharaktere werden vorgestellt. Faith Van Helsing wird souverän und leidenschaftlich von Nana Spier gesprochen, der Synchronstimme von Sarah Michelle Gellar/Prinze alias ‚Buffy‘.

Und an „Buffy“ erinnert auch das Konzept dieser professionell produzierten Hörspielserie: Eine junge Frau, noch eine Teenagerin, ist dazu ausersehen, mit übernatürlichen Fähigkeiten gegen Dämonen, Monster und Vampire zu kämpfen. Unterstützt wird sie dabei, ebenso wie ihr Vorbild aus dem Fernsehen, von zwei guten Freunden gleichen Alters, einem etwas älteren Lehrer und Mentor namens Christopher Lane und einem geheimnisvollen Kämpfer mit Namen Raven. Letzterer erinnert stark an Figuren wie ‚Angel‘ oder ‚Spike‘, und es würde mich nicht wundern, wenn er sich als verkappter Vampir entpuppen sollte. Hinzu kommt, dass Raven, ebenso wie ‚Spike‘, von David Nathan verkörpert wird.

Aber in diesem Hörspiel ist die Besetzungsliste von oben bis unten gefüllt mit bekannten Namen aus der Hörspiel- und Synchronbranche. Thomas-Nero Wolff, deutsche Stimme von Hugh Jackman, spricht Christopher Lane und geht in seiner Rolle sichtlich auf. Als Shania Francis brilliert Dorette Hugo. Melvin Masters wird von Boris Tessmann gemimt, und hinter dem Bösewicht Hunter steckt niemand anderer als Udo Schenk. Der Sprecher ist wie geschaffen, um den Fiesling glaubhaft dazustellen. Im Kino und im Fernsehen hört man ihn häufig als Stimme von Ray Liotta oder auch Keanu Reeves („Bram Stoker’s Dracula“). Auch das Hörspiel-Urgestein Christian Rode ist mit einem kleineren Part zu Beginn der Geschichte vertreten. Als Erzählerin fungiert Petra Wolf, die mit ihrer recht tiefen Stimme ein wenig an die Erzählerin der alten |John Sinclair|-Hörspiele aus dem Tonstudio Braun erinnert. Aber irgendwie passt die Stimme hervorragend zu den Texten. Lediglich die Dialoge sind manchmal ein wenig zu flappsig, was aber von den exzellenten Sprechern kaschiert wird.

Die Musik von Jase Brandon ist schlicht genial und passt ideal zu dem Geschehen. Länge und Trackeinteilung lassen keine Wünsche offen. Mit zirka 61 Minuten unterteilt in 19 Kapitel gehört das Hörspiel vom Umfang her zum guten Durchschnitt. Dabei wird es auch nicht langweilig, und wer auf einfache und gruselige Unterhaltung steht, wird mit |Faith| sicherlich glücklich werden. Nur die Altersempfehlung ab zwölf ist teilweise etwas zu großzügig ausgelegt worden, denn die Beinahe-Vergewaltigung ist nicht unbedingt etwas für zarte Gemüter und geht schon unter die Haut, auch wenn die Täter alsbald zu Opfern werden.

_Zur Aufmachung:_

Für die Cover-Illustrationen zeigt sich Timo Würz verantwortlich, dessen Stil wunderbar zu den Geschichten um Faith Van Helsing passt. Schrill, bunt und erotisch angehaucht, stechen die Booklets jedem Hörspielfan schnell ins Auge.

_Fazit:_

„Die Zusammenkunft“ ist der vielversprechende Beginn einer neuen Hörspielserie, die sich eng an die Fernsehserie „Buffy“ anlehnt, aber durchaus eigene Wege beschreitet und zum Teil viel ernsthafter rüberkommt.

_Besetzung:_

Faith Miles – Nana Spier (Sarah Michelle Gellar, Claire Danes, Drew Barrymore)
Christopher Lane – Thomas-Nero Wolff (Hugh Jackman, Jason Statham, Anthony ‚Giles‘ Head)
Shania Francis – Dorette Hugo (Jennifer Garner, Christina Ricci in „Ally McBeal“)
Melvin Masters – Boris Tessmann (David ‚Angel‘ Boreanaz)
Raven – David Nathan (Johnny Depp, Christian Bale, James ‚Spike‘ Marsters)
Valeria – Claudia Urbschat-Mingues (Angelina Jolie, Jennifer Connelly)
Rufina – Ursula Hugo (Brittany Murphy, Tara Reid, Julie ‚Darla‘ Benz)
Hunter – Udo Schenk (Ray Liotta, Ralph Fiennes, Kevin Bacon, Gary Oldman, Jeffrey Combs …)
Erzählerin – Petra Wolf
Helen – Daniela Hoffmann (Julia Roberts, Calista ‚Ally McBeal‘ Flockhart)
Michael – Martin Keßler (Nicolas Cage, Vin Diesel)
John – Nicolas Böll (Emilio Estevez, Joaquin Phoenix)
Monique – Anna Carlsson (Piper Perabo, Eliza ‚Faith‘ Dushku)
Samuel – Detlef Bierstedt (George Clooney, Robert ‚Freddy Krueger‘ Englund …)
Dimitri – Thomas Kästner (William ‚Raucher/Krebskandidat‘ Davis)
Ellen Miles – Joseline Gassen (Linda Hamilton, Bette Midler, Ellen Barkin, Mira ‚Delenn‘ Furlan)
Dave Miles – Charles Rettinghaus (Robert Downey jr., Jean-Claude van Damme, LeVar ‚Geordi LaForge‘ Burton)
Der Seher – Christian Rode (Michael Caine, Christopher Plummer)
Melissa – Nana Spier
Bud Nevis – Wolfgang Strauss
Felipe Rodriguez – David Russel

|61 Minuten auf 1 CD|
http://www.rb-company.de
http://85.25.136.73/shop2/index.php?user=rbcompany

_Florian Hilleberg_