Molist, Jorge – Hüter des Tempels

Verschiedene Glaubensrichtungen, unsere Vorstellungen von Gott und seinen Gesetzen werden seit Menschengedenken nicht unbedingt friedlich interpretiert. Leider ist es so, dass Religion immer schon ein Mittel war, um Macht über die Bevölkerung auszuüben, sei es des Geldes wegen oder um den politischen Einfluss in der Region zu auszubauen. Das Negative der Religionen geht immer mit ihren positiven Auswirkungen einher, und da Menschen immer nach Macht und Einfluss streben, sind die unzähligen modernen Kommunikationsmöglichkeiten geradezu der beste Kanal, um auch die entferntesten (Un-)Gläubigen zu beeinflussen.

Nichtchristliche Sekten und auch christliche Splittergruppen werden oft skeptisch beobachtet, nicht nur von uns selbst, sondern auch von Politikern und kontrollierten staatlichen Institutionen immer genauer unter die Lupe genommen. In den Grundgesetzen ist zwar eine freie Ausübung der Religion, des Glaubens verankert, aber auch solche Glaubensgemeinschaften unterstehen rechtlich den Gesetzen des Landes, und das nicht ohne Grund.

Im Namen des Glaubens wurden und werden Kriege geführt, Menschen gezielt beeinflusst, verfolgt und getötet; dass alles geschieht dann im Namen eines Gottes. Vor Jahrhunderten waren es die Kreuzzüge, später dann Religionskriege zwischen Protestanten und Katholiken und jetzt werden erneut Kriege und Konflikte zwischen Christen und Moslems geschürt. Gerade die Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften und Gruppen bilden eine gefährliche Basis für leicht beeinflussbare Menschen, die sich schnell als Fisch zwischen den Maschen des Netzes wiederfinden können, das ein Menschenfischer ausgeworfen hat.

Der Thriller „Die Hüter des Tempels“ von Jorge Molist greift eine solche Konfrontation verschiedener Glaubensrichtungen auf und öffnet dadurch eine Parallele, die, obschon Fiktion, bald Wirklichkeit werden könnte.

_Die Geschichte_

In dem wichtigsten und mächtigsten Medienkonzern der USA laufen alle Kommunikationskanäle zentral zusammen und bilden ein nicht zu unterschätzendes Macthpotenzial aus, um Menschen zu informieren und zu beeinflussen – auf die eine oder andere Art und Weise. Auf diesen Medienkonzern wird ein Bombenanschlag verübt, bei dem eine der höchsten Führungspersonen des Unternehmens getötet wird. Dieser wurde schon als Nachfolger des alternden Konzernchefs gehandelt, war zudem sein bester Freund und hinterlässt nicht nur als Angestellter ein Vakuum in der Führungsetage.

Doch bald steht fest, dass der Anschlag gezielt und erst der Anfang einer großangelegten Unterwanderungsaktion einer Sekte gewesen ist, die sich die „Hüter des Tempels“ nennen. Dem FBI, das die Ermittlungen aufnimmt, ist diese Sekte scheinbar unbekannt, und zudem steht die Behörde auch unter den Druck des Konzernchefs, der Rache für seinen getöteten Freund erstrebt. Laut dem FBI möchte diese Sekte den Medienkonzern unterwandern und darüber ihre eigenen sehr religiösen und radikalen Ansichten verbreiten, um noch mehr Macht und Einfluss zu gewinnen. Doch es gibt noch eine weitere Interessengemeinschaft, eine andere sehr alte Glaubensgemeinschaft, die versucht, den Konzern zu beeinflussen und führende Positionen zu erlangen, um die „Hüter“ an ihren Plänen zu hindern – die Katharer.

Das alles interessiert den erfolgreichen Jaime Bernguer in seiner führender Position innerhalb der Rechnungsprüfung überhaupt nicht. Sein Leben erscheint ihm nach der Trennung von seiner Frau ohne wirklichen Sinn oder ein Ziel, das er erreichen könnte. Bei einem Mittagessen lernt er scheinbar zufällig die attraktive Konzernanwältin Karen Jansen kennen und verliebt sich in sie, allerdings ohne zu ahnen, dass die Gründe ihrer Zuneigung viel tiefer und weiter reichen als eine gegenseitige Sympathie, aus der eine Partnerschaft entstehen könnte.

Karen ist eine Katharerin. Am Anfang ihrer Beziehung scheint sie ihn nur benutzt zu haben und fügt sich nicht unbedingt in die Vorstellungen einer Liebe, wie sie Jaime empfindet. Jaime, ohnehin auf der Suche nach dem Sinn seines Lebens, lässt sich aus Liebe zu ihr beeinflussen und willigt ein, sich an einem Ritual der Katharer zu beteiligen, welches ihm ermöglicht, unter Hypnose den Schritt in ein früheres Leben zu gehen. Laut dem katharischen Glauben ist die Reinkarnation der Seele ein notwendiger Prozess, um sich immer weiter zu entwickeln, um später ein spiritueller, vollkommener Teil Gottes zu werden. Ihren Körper betrachten diese als Gefäß, das der Teufel geschaffen hat, um die Seele binden und daran zu hindern, Vollkommenheit zu erlangen.

Jaime hat in der Hypnose wirklich ein entsprechendes Erlebnis. Im 12. Jahrhundert war er Pedro I., der König von Aragon, und verliebt in die Katharerin Corba, in der die frühere Verkörperung von Karen erkennt. Immer schneller wird Jaime in die Machenschaften der sich bekämpfenden „Hüter des Tempels“ und der Katharer verwickelt, und bald stellt er fest, dass eine Aufgabe aus seinem früheren Leben auf ihn wartet, der er sich nicht mehr zu entziehen vermag.

Als eine Mitarbeiterin des Konzerns auf einer Geschäftsreise brutal gefoltert und ermordet wird, die ebenfalls eine Anhängerin der Katharer war, wird Jaimes Rolle immer gewichtiger. Er muss den Konzernchef davon überzeugen, dass die Firma in Gefahr ist, überlaufen zu werden, und sammelt zusammen mit Karen Beweise, um dafür zu sorgen, dass die Hüter des Tempels aus den Führungsetagen entfernt werden.

Die Situation spitzt sich für beide Lager zu und die Hüter, die ihre Pläne in Gefahr sehen, entschließen sich zu einem brutalen Schritt. Ein Angriff auf den Chef des Medienkonzerns mitsamt seinen Getreuen soll ausgeführt werden; die Morde, die Schuld soll den Katharern zugeschoben werden. Jaime muss sich schnell entscheiden und seinerseits seine auch aus seinem letzten Leben stammenden Getreuen um sich scharren, um zu beenden, was vor Jahrhunderten begann …

_Kritik_

Ich gebe zu, die Handlung klingt an den Haaren herbeigezogen und unglaubwürdig, aber der Roman hat durchaus seine angenehmen Passagen und bietet dem Leser einen ersten Einblick in das Gedankengut katharischen Glaubens.

Jorge Molist schreibt ein wenig unstrukturiert; besonders die Rückblenden von Jaime erschweren es, der Handlung zu folgen, und weisen erzählerische Längen auf, die man sich manches Mal hätte ersparen können. Für die Handlung selbst im Grunde erlässlich, möchte man doch die Zusammenhänge der hier auftauchenden Protagonisten verstehen und verliert dabei die übergeordnete Handlung aus den Augen; zum anderen tauchen hier Fragen auf, die auch am Ende des Romans nicht beantwortet werden können.

Jaimes Charakter wird dabei noch am besten vom Autor interpretiert und hinterfragt. Leider bleibt hier das Zusammenspiel mit den anderen Figuren ein wenig auf der Strecke. Durch viele Wirrungen und Überraschungen in den Handlungen und der Positionen der Charaktere liest sich der Roman durchaus recht spannend und unterhaltsam. Allerdings empfinde ich viele Handlungsweisen der Hauptpersonen einfach unglaubwürdig und naiv. Liebe macht bekanntlich blind, aber dass sie den Bezug zur Realität völlig vernebelt, möchte man dem Autor nicht zwingend abkaufen.

Die Grundzüge der Religion des katharischen Glaubens spiegelt Jorge Molist recht gut wider. Auch wenn es sich nur um ein Grundgerüst handeln mag, wird hier die Definition von Freiheit und Achtung gegenüber Mitmenschen allzu glaubhaft geschildert, fast schon werbewirksam. Die Botschaft der Katharer und die Unterschiede zum katholischen oder allgemein christlichen Glauben werden vom Autor zwar in der Handlung beschrieben, aber nicht in ihrem Innersten erklärt. Ebenso bleibt der Ursprung und Hintergrund des katharischen Glaubens schlichtweg unerwähnt. Sicherlich haben solche Erklärungen und Interpretationen in einem Thriller nicht viel zu suchen und deshalb kann man hier auch nur bedingt kritisieren, aber wenn schon ein derart wichtiges Kapitel der Religionsgeschichte aufgegriffen wird, erwartet man schon etwas mehr Substanz. Jorge Molist nimmt sich selbst viele historische Freiheiten heraus und legt viel mehr Wert auf eine spannende, aber seichte Unterhaltung im Thriller-Genre.

_Fazit_

„Die Hüter des Tempels“ von Jorge Molist ist im Grunde ein spannender Thriller, der besonders im letzten Teil fesselt. Alleine die Überraschungen im Handeln der Personen lassen den Leser zügig durch die Seiten blättern. Der Roman weiß zu unterhalten, ohne aber nennenswert das Nachdenken anzuregen. Im Genre Thriller ist „Die Hüter des Tempels“ bestens aufgehoben. Historisch überzeugt er dagegen überhaupt nicht, weder in den Rückblenden noch in den Botschaften des katharischen Glaubens.

Der Roman ist, fassen wir es unter dem Strich zusammen, empfehlenswert für Leser, die sich gerne mit Verschwörungstheorien unterlegt mit Actioneinlagen unterhalten lassen möchten. Ein guter Roman, der eine spannende Geschichte zu erzählen weiß, ohne dass er jedoch in der Erinnerung lange präsent bleibt.

_Der Autor_

Jorge Molist wurde 1951 in Barcelona geboren. Als Ingenieur verbrachte er viele Jahre in den USA und anderen europäischen Ländern. Seine Begeisterung und Kenntnisse für Geschichte brachten ihn zum Verfassen historischer Romane. Sein Debüt „Das zweite Testament“ wurde über 150.000-mal verkauft. Heute lebt Jorge Molist als Unternehmensleiter in Madrid.

|Originaltitel: El retorno cataro
Aus dem Spanischen von Antoinette Gittinger
Taschenbuch, 512 Seiten|
http://www.heyne.de
[Wikipedia: Katharer]http://de.wikipedia.org/wiki/Katharer

Busiek, Kurt / Mignola, Mike / Truman, Timothy (Autoren) / Nord, Cary (Zeichner) – Conan 4: Die Halle der Toten und andere Geschichten

[„Conan 1 – Die Tochter des Frostriesen und andere Geschichten“ 2840
[„Conan 2 – Der Gott in der Kugel und andere Geschichten“ 3156
[„Conan 3: Der Elefantenturm und andere Geschichten“ 4028

_Story_

Nachdem es Conan gelungen ist, den finsteren Zauberer Yara im Elefantenturm zu besiegen und seine Reichtümer zu stehlen, begibt er sich wieder unter das Volk der Diebe und prahlt in Zamoras anrüchigsten Kneipen mit seinen jüngsten Heldentaten. Dabei verrät er auch, dass er in den Turm des mächtigen Surna eingedrungen ist und dessen junge Geliebte beim ersten Aufeinandertreffen beglückt hat. Seine derzeitige Wegbegleiterin Jiara fürchtet derweil um die Treue ihres fleischgewordenen Helden und taucht ebenfalls in anderen Betten unter, deren Besitzer jedoch nichts Gutes verheißen.

Unterdessen hat Surna von Conans Verbrechen erfahren und hetzt seine Söldner auf den Barbaren. Allerdings gelingt es der bewaffneten Überzahl lediglich, den Gundermann Nestor abzuführen, der sich beim Auftauchen der Söldner zu einem Gefecht mit Conan aufgestellt hatte. Nestor lässt sich bei seiner Ergreifung auf einen teuflischen Deal ein; er möchte seinen Kopf gegen den Conans tauschen und Surna den Barbaren ausliefern. Unermüdlich jagt der Gundermann den Cimmerier durch die Lande, doch immer wieder erntet er Ärger und Prügel. Aber auch Conan muss deftige Prügel einstecken; Jiara hat ihn in seiner Abwesenheit ebenfalls betrogen, und die Folgen muss der Barbar nun ausbaden – bis ihm ein unerwarteter Verbündeter zur Hilfe eilt …

_Persönlicher Eindruck_

Der vierte Sammelband der neuen „Conan“-Comics markiert einen gravierenden Einschnitt in die illustrierten Adaptionen der Helden-Reihe. Kurt Busiek, Wegbereiter und Comic-Autor von Weltformat, trennte sich nach zwei Dutzend erfolgreicher Heftausgaben von der Serie um den berühmten Cimemrier und übergab das Zepter kurzfristig an Mike Mignola („Hellboy“), der als Interimslösung bereitstand, bis schließlich mit Timothy Truman jemand den Stift übernahm und den Comic-Großevent fortwährend weiterleitete.

Diese Veränderung ist rein oberflächlich kaum zu spüren, denn in erster Linie lebt die Story um den kraftvollen Barbaren weiterhin von den gewaltigen Illustrationen des viel gepriesenen Cary Nord, dessen raue Skizzen sich erneut prächtig mit dem ruppigen Weg der Titelfigur arrangieren und definitiv die Basis des Erfolgs darstellen. Indes spürt man einem genauen Blick hinter die Kulissen, dass Truman im direkten Vergleich zu Busiek größeren Wert auf die Verwendung längerer Dialoge legt. Gab sich Conan bislang häufig bestimmt und wortkarg, wachsen seine Sprechblase im zweiten Teil der aus mehreren Teilepisoden zusammengefügten Geschichte schon recht deutlich. Darüber hinaus ist auch die Wortwahl des Barbaren etwas zivilisierter geworden; klar, seine ruppigen Aktivitäten werden von Prahlereien, Protzereien und einer gewissen klischeebesetzten Männlichkeit innerhalb der Dialoge begleitet, aber man stellt schon fest, dass ein marginaler Wandel vollzogen wurde, der auch ohne das diesbezügliche Vorwissen aufgefallen wäre.

Darüber hinaus feiern die beiden neuen Autor einen sehr guten Einstieg; vor allem der kurze Beitrag von Mignola ist ein echtes Highlight und bietet als Interludium einen richtig starken Übergang zwischen die von Busiek forcierte, harte Action-Story und die brutale Schlacht, die sich infolge Jiaras Verrat entwickelt. Überhaupt hat man sich seit der Geschichte um den Elefentanturm noch einmal gehörig steigern können, was sich zum einen an der sehr stark dargestellten Action als auch am feinen Spannungsaufbau während des Plots festmachen lässt. Nicht jede Entwicklung ist in ihrer letztendlichen Form auch tatsächlich vorhersehbar, und gerade im Schlussteil gibt es noch einige Überraschungen, deren Anteil in den letzten Comics ja eigentlich recht rar gesät war. Auch die Einbeziehung der neuen Charaktere ist dem Autorenteam sehr schön gelungen; besonders der unstete Nestor verhilft der Story zu weiteren Spannungspunkte und bleibt durch seine Unberechenbarkeit bis zuletzt die entscheidende Figur der gesamten Handlung.

Trotz vieler kleiner Einschnitte ist es in „Die Halle der Toten“ aber wieder wunderbar gelungen, den Geist des legendären Robert E. Howard und seines weltberühmten Fantasy-Mythos‘ „Conan“ in allen Belangen perfekt einzufangen. Zum vollendeten Glück fehlt lediglich noch die heroische Untermalung von Basil Poledouris, mit der sich die Schlachtenatmosphäre der neuen Geschichte prima zu Gehör bringen ließe – soviel nur als Tipp. Doch andererseits spricht das Werk des Dreamteams Busiek/Mignola/Truman auch abseits des Soundtrack-Klassiker Bände und weist bezogen auf die Darstellung der Erzählung eine Kraft auf, wie sie in diesem Bereich nur ganz selten zu bestaunen ist. Keine Frage, „Die Halle der Toten“ sollte man zu Lebzeiten besucht haben!

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Robert B. Parker – Der stille Schüler

Privatdetektiv Spenser untersucht ein Schulmassaker, das auffällig eifrig ad acta gelegt werden soll. Einem neugierigen Schnüffler, der unangenehme Fragen stellt, kann deshalb leicht etwas zustoßen … – Der 33te (!) Spenser-Thriller lässt durch seinen Plot aufhorchen, der in dem für den Verfasser typischen knappen und dialoglastigen Stil kompetent entwickelt aber etwas zu routiniert umgesetzt wird: für Spenser-Fans und Freunde des „private eye“-Thrillers im Stil des späten 20. Jahrhunderts.
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Wood, Brian / Burchielli, Riccardo – DMZ 1: Abgestürzt

Die ersten Seiten von „DMZ – Abgestürzt“ wecken große Erwartungen. Amerika befindet sich im Bürgerkrieg, das Land ist geteilt. Den Vereinigten Staaten stehen die so genannten Freien Staaten gegenüber. Zentrum des Konflikts ist die Insel Manhattan. Hier liefern sich die beiden Kriegsparteien seit Jahren einen erbitterten Kampf, ohne dass eine Seite den definitiven Sieg davontragen würde. Die Fronten sind verhärtet, im Moment herrscht ein brüchiger Waffenstillstand.

Manhattan ist die DMZ, die Demilitarisierte Zone, in der keine Streitkräfte stationiert sind, sondern in die nur nach Bedarf ein- und wieder ausgerückt wird. Noch immer leben Zivilisten in Manhattan, die versuchen, im Kriegsgebiet möglichst gut über die Runden zu kommen. Mitten in dieses Treiben stürzt der Praktikant Matthew Roth. Er sitzt in einem Hubschrauber, der über der DMZ abstürzt. Als einziger Überlebender bahnt er sich einen Weg durch die von paramilitärischen Einheiten besetzten Hochhäuser, findet schneller Freunde, als der Leser glauben mag, und berichtet hier und da via Internet an die Außenwelt. So begegnet er Zee, einer Medizinstudentin, die als Ärztin unterwegs ist, The King, einem ehemaligen Marine, der mit einem überdimensionierten Sniper-Gewehr Aussicht hält, und Soames, dem Anführer einer Öko-Guerilla-Truppe.

Leider halten die ersten Seiten von „DMZ – Abgestürzt“ nicht, was sie versprechen. Die Grundidee umwölkt eine beinahe beißende Aktualität, nämlich ein inneramerikanischer Konflikt, der nicht nur eine politische, sondern auch eine soziale Dimension hat. Leider findet sich davon in „DMZ“ wenig wieder. Der intellektuelle Anspruch, welcher der Grundidee eines amerikanischen Bürgerkriegs anhaftet, löst sich nach wenigen Seiten in Wohlgefallen auf. Was bleibt, ist ein mittelmäßiger Kriegs-Comic, actionreich und nur selten spannend. Die große Vision bleibt aus.

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Douglas, Tania – Tanz der Wasserläufer

_Story:_

Die 15-jährige englische Adlige Julie Dearsley wird mit dem zwanzig Jahre älteren Frederik Glenstair, dem Earl of Eastington, verheiratet. Das Mädchen ist noch zu unerfahren, um die Lieblosigkeit ihres Ehemannes erklären zu können, doch ihr wird schnell deutlich gemacht, dass Frederik nur eines von ihr will: einen Sohn, um seinen Bruder John als Erben von Eastington abzusetzen. Kurz darauf melden sich John und seine Frau Henriett zu Besuch an, und Julie erfährt von „seltsamen“ Neigungen ihres Mannes. Neugierig sucht sie die Aussprache mit Frederik, doch diese endet in einer Nacht der Vergewaltigung.

Julie flieht in den nahe gelegenen Wald, um sich im Weiher von der Demütigung rein zu waschen. Erschöpft schläft sie kurz darauf am Ufer ein, um von einem Fremden verführerisch geweckt zu werden. Sie vergisst die zuvor erlebte Grausamkeit und ihre Leidenschaft erwacht unter den Händen des Franzosen, ebenso bekommt ihr unbändiger Lebenswille neue Nahrung. Sie verlässt den Unbekannten am Morgen und beschließt, mit Frederik einen Neuanfang zu wagen. Kurz darauf weiß sie um ihre Schwangerschaft. Als sie ihrem Mann die freudige Nachricht überbringen will, erwischt sie diesen in leidenschaftlicher Umarmung mit seinem Leibdiener. Frederik zieht nach London um und stirbt noch vor der Geburt des Sohnes an der Pest.

Julie ist nun die Herrin von Eastington und ihr Sohn Thibault ihr einziger Lebensinhalt. Doch John lässt sich das Erbe nicht so leicht wegnehmen, er empfiehlt seine junge Schwägerin dem ersten Minister Englands, dem Herzog of Buckingham. Dieser stiehlt ihr das Kind und erpresst sie damit. Sie muss die Hochadlige Marie de Chevreuse als Spionin nach Frankreich begleiten. Nur wenn sie dem Minister Informationen über die politische Gesinnung Frankreichs bringt, wird sie ihr Kind wiederbekommen.

In Frankreich angekommen, trifft sie ihren Verführer wieder: Francois de Tallevende, der Comte de Fontes-Villaray, ist ausgerechnet der Liebhaber und Vertraute von Marie de Chevreuse, ihrer Erpresserin. Julie hatte alle Hoffnungen in den wirklichen Vater ihres Sohnes gelegt, doch nun muss sie mit ansehen, wie dieser gegen sie arbeitet. Zu allem Übel begehrt sie den jungen Adligen auch noch und verliebt sich sogar in ihn. Ohne zu ahnen, dass Francois ein Spitzel des französischen Ministers, des Herzogs de Richelieu, ist, beginnt sie, um ihn zu kämpfen. Doch skrupellose Politiker beider Länder machen den beiden das Leben zur Hölle. Und Francois will sowieso alles andere als eine feste Bindung …

_Meine Meinung:_

Dieser Roman hat 722 Seiten und lässt sich dennoch in wenigen Tagen auslesen: Eine verflucht spannende Geschichte!

Doch von vorne:

Julie heiratet Frederik. Der Leser ahnt von Beginn an, dass mit Frederik etwas nicht stimmt. Der Mann ist kalt wie ein Eisblock, hegt unheilbaren Hass auf seinen Bruder, reitet wie der schwarze Teufel durch die Wälder und „besteigt“ Julie wie ein Pferd, eine Ware. Kein Gefühl, keine Liebe.

Julie trifft Francois. Hier allerdings weiß der Leser sofort, dass der junge Waldverführer eine tragende Rolle im Leben unserer Heldin innehaben wird. Er ist sanft, liebevoll. Er gibt Julie durch eine Liebesnacht neuen Mut. Er ist in dieser Situation ihr Retter, ihr Prinz, ihr unbekannter Liebhaber.

Julie bekommt Thibault. Ja, ihr Sohn taucht zwar nur am Anfang und am Ende des Romans auf, spielt für die Charakterentwicklung Julies aber eine wichtige Rolle. Sie wird zur verbissenen Kämpferin, wenn es um den Kleinen geht. Sie steht die gefährliche Zeit in Frankreich durch, sie gibt Francois nicht auf – alles für ihren Kleinen, oder? Nein, nicht ganz. Francois will sie für sich und für ihren Sohn.

Julie ist in Frankreich. Und trifft Francois wieder – doch der entpuppt sich als Feind. Er arbeitet mit ihren Erpressern Hand in Hand – wo ist der Verführer? Ihr Prinz? Ihr Held? Unser Held? Er bleibt es, denn Liebe lässt sich rational nicht erklären. Und siehe da, Francois steht in Wahrheit auf einer ganz anderen, aber deshalb nicht ungefährlicheren Seite: auf der des Kardinals Richelieu, des mächtigsten Mannes von Frankreich. Und auch Richelieu hat es in sich, nachdem er erstmal auf Julie aufmerksam geworden ist. Der Kardinal schafft es, Julie und Francois auseinanderzutreiben, als sie sich endlich gefunden haben. Dass Robert, Julies Page, seinen Anteil dazu beitrug, sei einmal beiseite geschoben. Der Kardinal hat die Macht inne, und er nutzt sie nicht nur für sein Land, sondern auch für sich selbst. Besonders, nachdem des Königs Bruder Gaston Interesse an der englischen Lady bekundet, weiß Richelieu, was gut für sich, den König, Francois und Julie ist.

Ach, ich könnte hier noch so viel dazu schreiben, doch soll die Neugier auf diesen zauberhaften Roman erhalten bleiben. Deshalb wende ich mich nun den stilistischen Elementen des Buches zu: Die Kapitel sind recht lang gehalten, auf 722 Seiten gibt es nur 19 davon. Diese sind aber wiederum durch Absätze unterbrochen, die in der Regel auch einen Szenenwechsel mit sich bringen. Das hält die Spannung aufrecht. Natürlich hat das Buch nicht 722 actiongeladene Seiten, aber die Spannung zieht sich tatsächlich von der ersten bis zur letzten Seite durch. Zwischendurch darf der Leser mal Luft oder Kaffee holen, um das Zubettgehen noch lange zugunsten des Buches hinauszuzögern. Die Autorin schreibt in jeder Zeile lebendig, klar und mitreißend. Selbst Beschreibungen über Städte, Kleidung, Personen standen mir lebendig vor Augen. Eine perfekte Mischung aus Beschreibungen (Stillstand der Handlung) und Dialogen (Vorantreiben der Handlung) bietet Lesevergnügen ohne Ende. Der dicke Wälzer liest sich federleicht; ich war zu jeder Sekunde tief in der Geschichte gefangen.

Tania Douglas muss viel recherchiert haben. Der Hochadel Frankreichs ersteht hier neu auf, die Dekadenz, die Ignoranz, die Intrigen, die Liebeleien – alles ist da, was ein Hof braucht, um unterzugehen. Kein Wunder, dass wir heute keinen königlichen Hof mehr haben. Auch der Krieg zwischen Frankreich und England, zwischen Richelieu und Buckingham, besticht durch Detailbeschreibungen und gute Information der damaligen Auseinandersetzung. Die Autorin zeigt uns drei Jahre Geschichte in fesselnder Art und Weise auf und baut darin eine herzergreifende Liebesgeschichte ein, anhand derer jegliche politische Gesinnung scheitern muss.

Die Charaktere sind natürlich ebenso fesselnd. Julie ist bestens geeignet, um sich als Leserin mit ihr in jeder Lage identifizieren zu können: Sie macht alle Gefühle in den drei Jahren durch, die Liebe und Grausamkeit mit sich bringen. Und sie ist nicht immer stark. Sie bricht vollends zusammen, als ihre Liebe sie ablehnt. Sie ist natürlich auf eine eigene Art schön, zweifelt jedoch an sich selbst oft genug. Sie gibt viel Liebe, starke Liebe, aber sie kann sie auch annehmen. Sie ist Mutter, kämpft um ihr Kind wie eine Löwin, erkennt aber auch Unmögliches. Sie ist Adlige, weiß am Hof zu bestehen, ohne tatsächlich dazuzugehören. Julie ist ein Mädchen, alles erweckt ihre Neugierde, sie ist naiv, neugierig und besitzt über eine Unbedarftheit, die oftmals verwundert.

Ihr Auserwählter ist Francois – ebenfalls adlig, ebenfalls nicht wirklich an den Hof gehörend. Ein Weiberheld, ein Abenteurer, ein unbeständiger Geist, der sich nur schwer festhalten lässt. Er liebt seine Freiheit und dafür kämpft er. Und ausgerechnet er steht im Dienste des mächtigen Kardinals und übermittelt ihm Informationen sowohl aus England als auch aus dem eigenen Reihen. Man (und Frau erst recht) kann Julies Faszination zu diesem Mann verstehen.

Es gibt natürlich Sexszenen. Doch halten diese sich auf ein normales Maß zurück, soll heißen, es gibt keine ausgedehnten Verführungsszenen, keine pornographischen Ausschweifungen. Der Begriff ‚Liebe machen‘ passt hier gut. Sex findet nur zwischen Julie und Francois per Buchstaben statt – und meistens ist es liebevoll und berührend beschrieben. Es gehört halt dazu und erfüllt hier seinen Sinn: Julie und Francois sollen zueinander finden. Ob sie das auch schaffen, das müsst ihr schon selbst herausfinden. Vieles spricht dagegen …

_Die Autorin:_

Tania Douglas wurde 1969 bei Koblenz geboren. Als sie fünf Jahre alt war, zog sie mit ihrer Mutter und ihrem neuen Stiefvater nach Frankreich. Sie machte dort ihr Abitur und studierte Touristik. 1990 kehrte sie nach Deutschland zurück und arbeitete als Flugbegleiterin. Nach ihrer Hochzeit gab sie ihren Beruf auf und begann mit dem Schreiben. „Tanz der Wasserläufer“ ist ihr erster Roman.

Homepage der Autorin: http://www.taniadouglas.com

Michael Connelly – Der Mandant

Michael Haller ist der „Lincoln Lawyer“ – ein moralisch geschmeidiger Winkeladvokat, der seine Geschäfte am liebsten vom Rücksitz einer Limousine der gerade genannten Automobilmarke aus führt. Mobilität ist angesichts seiner Arbeitsmethoden keine schlechte Wahl, denn Haller pflegt seine Klienten finanziell so stark wie möglich zur Ader zur lassen und ist daher kein beliebter Zeitgenosse. Allerdings gehört er zu den besten seiner Zunft – ein mit allen Wassern gewaschener Strafverteidiger, der seinem Job bereits zwei Ehen geopfert hat.

Michael Connelly – Der Mandant weiterlesen

Collins, Max Allan / Rodriguez, Gabriel / Wood, Ashley – CSI 5: Das Dämonenhaus

Band 2: [„Dominos“ 2775
Band 3: [„Geheimidentität“ 3224
Band 4: [„Blutiger Mond“ 3569

_Story_

Das CSI-Department in Las Vegas ermittelt gleich in zwei brisanten Fällen: Zunächst sind sie auf der Spur eines Kleinganovenduos, welches in den letzten Wochen gleich mehrfach dreistellige Beträge aus unauffälligen Läden gestohlen hat. Seltsamerweise hat das Paar aber noch nie freitags zugeschlagen, sodass der neueste Überfall scheinbar von Trittbrettfahrern unternommen wurde.

Das Dämonenhaus, eine Einrichtung der Organisation TARPAS, die sich mit Jugendschutz und Verantwortung unter den Heranwachsenden beschäftigt, wurde um einen Betrag von ungefähr 40.000 $ beraubt und ruft die Einsatztruppe von Gil Grissom auf den Plan. Doch noch während die Ermittler der CSI vor Ort die Spuren untersuchen, ereignet sich bei einer Veranstaltung im Dämonenhaus ein furchtbarer Unfall. Ein Theaterstück endet mit einem tödlichen Schuss, obwohl die scheinbare Tatwaffe nur mit Platzpatronen gefüllt war.

Tragisch dabei: Das Opfer war die Verlobte des Schützen Karl Newton, der völlig verstört zusammenbricht und sein Unglück kaum fassen kann. Grissom und seine Kollegen ermitteln an beiden Schauplätzen weiter und stoßen auf eine bereits befürchtete Erkenntnis. Newtons Verlobte starb nicht infolge eines Unfalls, sondern wurde mit Vorsatz umgebracht. Allerdings passt auf keinen der vermutlichen Täter ein entsprechendes Motiv. Das Team der CSI steht vor einem schwierigen Rätsel …

_Persönlicher Eindruck_

Nach längerer Abstinenz der „CSI“-Comics hat mich die neueste, insgesamt bereits fünfte Ausgabe der illustrierten Adaption des TV-Megaerfolgs mal wieder völlig aus den Socken geschossen. Was Atmosphäre, Spannungsaufbau, Erzähltempo und nicht zuletzt diese fabelhaften Wendungen innerhalb des Plots betrifft, bewegt sich das Team um die Starzeichner Gabriel Rodriguez und Ashley Wood auf einem gleichwertigen Niveau wie der zuverlässige Quotenlieferant und übertrifft sich in „Das Dämonenhaus“ einmal mehr selbst.

Dabei lässt sich mittlerweile schon ein übergeordnetes Schema erkennen, nach dem bislang alle Romane zum Serienhit konzipiert wurden, welches aber in seinem verzwickten Aufbau jedes Mal wieder ein Garant für absolute Hochspannung ist. Dementsprechend beginnt auch die aktuelle Story zunächst einmal ganz unspektakulär; die Ermittler werden an den Ort eines merkwürdigen Raubüberfalls gebeten, erschließen schnell Verbindungen zu einer derzeit anhalten Serie solcher Kleingaunereien und erzielen auch bei der Spurensicherung konstante Erfolge.

Alles läuft wie geschmiert, bis dann eine Art Urknall die Szenerie erschüttert und die ganze Handlung postwendend auf den Kopf stellt. Plötzlich erschüttert ein Mordfall die überdimensionale Spielhölle Las Vegas und hinterlässt dabei einen riesigen Scherbenhaufen, den es für die CSI nun aufzuarbeiten gilt. Aber die Ursachenforschung ergibt kaum Brauchbares; einzig und allein der Verlobte des Opfers hätte äußerlich betrachtet die Möglichkeit gehabt, die ermordete Joanna gezielt zu ermorden, doch der gebrochene Mann ist in einem Maße verstört, dass er als Tatverdächtiger sofort ausscheidet – vorerst jedenfalls. Jedoch ergibt sich im näheren Umfeld des Hauptschauplatzes, dem Dämonenhaus, keine einzige schlüssige Erklärung für den Vorfall. Alle liebten das Opfer, und auch wenn das Verhalten einiger weniger Mitarbeiter der Organisation, für die sowohl Joanna als auch Karl arbeiteten, recht auffällig ist, finden sich doch keine Zusammenhänge zur Tragödie im Theatersaal.

Derweil stehen die Beamten auch bei der Erkundung der Raubserie und einer offensichtlichen Nachahmertat vor einem schier unlösbaren Rätsel. Warum sind es immer bloß Kleinstbeträge, mit denen sich die Diebe bereichert haben? Und welcher Zusammenhang besteht zwischen dem größer angesetzten Überfall auf das Dämonenhaus und dem mysteriösen Mordfall?

Grissom und Co. Rennen von einer Sackgasse in die nächste, ohne dabei nennenswerte Erfolge zu erzielen. Im Gegenteil, man fiebert zwar regelrecht mit den Gesetzeshütern und lässt sich selbst von deren Frustration über die mangelnden Fortschritte mitreißen. Dann jedoch kommen die Dinge ins Rollen – und erneut ist man überwältigt von den Qualitäten der Spezialtruppe, vor allem aber von jenen des Autors, der seine Adaption nicht nur geschickt konstruiert hat, sondern auch problemlos diese fieberhafte Begeisterung auslöst, die ein Millionenpublikum wöchentlich vor die Mattscheibe lockt.

Zwei Kritikpunkte zur neuen Comic-Ausgabe sind aber dennoch anzubringen; zum einen stört die etwas zu schnelle Auflösung der Fälle auf den letzten Seiten. Collins hat sich wirklich allergrößte Mühe gegeben, die Szenerie aufzubauen und den Inhalt reifen zu lassen, und so wird man in den Schlussszenen schon ein wenig überrumpelt, als der Autor plötzlich in unbegründete Eile ausbricht und das Finale meines Erachtens zu abrupt gestaltet. Eine weitere etwas lästige Eigenschaft, die in Band 5 besonders aufgefallen ist, wäre dann noch die ständige Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse zu Beginn eines jeden Kapitels. Im Original wird CSI als Heftserie aufgelegt und nicht wie beim verwöhnten deutschen Publikum als Sammelband, so dass man in den einzelnen Episoden spürbar darum bemüht ist, zum besseren Verständnis der aufeinander folgenden Originalhefte die Eckpunkte der Handlung kurz Revue passieren zu lassen. Anstrengend wird es aber ab dem Moment, in dem man das Ganze in einem Rutsch durchliest und die Story ständig von Wiederholungen längst abgeschlossener Handlungspunkte überlagert wird. Zwar verknüpft Collins diese Passagen immer noch mit einem gezielten Stimmungsaufbau, doch wenn man bedenkt, dass das Finale von „Das Dämonenhaus“ vergleichsweise knapp geraten ist, wäre eine Verschiebung der Prioritäten in diesem Zusammenhang durchaus wünschenswert gewesen.

Nichtsdestotrotz ist die neue Ausgabe der „CSI“-Sonderbände wieder ein echtes Schmankerl im rar gesäten Bereich der illustrierten Kriminalliteratur geworden. Der Fall ist unheimlich interessant, die Zeichnungen grandios und die Spannungskurve begeisternd. Alles andere als die bereits vorab zu erwartende, betont deutliche Empfehlung des neuen Kriminalabenteuers wäre demnach auch eine Beleidigung für diesen tollen Comic.

http://www.paninicomics.de/csi-s10279.html

|Siehe ergänzend dazu auch unsere Rezensionen zu den Buchausgaben:|

[„Tod im Eis“ 342
[„Doppeltes Spiel“ 964
[„In der Hitze der Nacht“ 1377
[„Das Versprechen“ 2034
[„Tödlicher Irrtum“ 2252
[„Killing Game“ 3275

Teuber, Klaus – Siedler von Catan, Die – Junior

_Der Kassenschlager in der Junior-Variante_

Auch mehr als zehn Jahre nach der Prämierung zum Spiel des Jahres wird in Catans Wunderwelten noch gesiedelt; Klaus Teuber hat seinen Erfolgstitel nicht nur in Form von unzähligen Erweiterungen und Abwandlungen wie Karten- und Würfelspiel erfolgreich vermarktet, sondern durch stetig neue Produkte dafür gesorgt, dass sein flinkes Spielprinzip auch zu einem Zeitpunkt, an dem jeder sein Exemplar besitzen sollte, noch im Gespräch bleibt. Seltsamerweise hat der beliebte Spieleautor bei seinen Planungen um die Siedler nie an das jüngere Publikum gedacht, was aber auch manche erwachsene Spieler als gar nicht notwendig empfanden, da das Spielprinzip ja eigentlich ziemlich simpel ist. Andererseits wird es dem herkömmlichen Schulanfänger noch nicht so leicht fallen, das Tauschprinzip sowie den generellen Vorgang des Siedelns genau zu durchschauen und in diesem Bereich effektiv zu agieren, so dass eine vereinfachte Fassung gerade für die ganz kleinen Einsteiger in Teubers Kassenschlager nach all den Jahren geradezu verpflichtend ist.

Nun endlich ist der Mann den sich mehrenden Rufen nachgekommen und hat eine deutlich simplere Version der „Siedler von Catan“ auf den Markt gebracht. Das Junior-Spiel basiert dabei zwar eindeutig auf den Mechanismen des großen Bruders, ist insgesamt aber viel überschaubarer und letztendlich auch deutlich schneller durchgespielt. Ob diese kinderfreundliche Variante aber auch dem unangefochtenen Basiswerk gerecht werden kann, muss erst noch analysiert werden …

_Von Piraten und Papageien_

In „Die Siedler von Catan – Junior“ befinden sich die Spieler noch vor der Inselwelt Catans und versuchen dort, ihre Piratennester aufzubauen und miteinander zu verbinden. Um dies zu gewährleisten, müssen nach bekanntem Prinzip Rohstoffe erwürfelt werden, um damit jene Piratennester zu bauen und die Seestraßen auszubauen. Außerdem ist es möglich, einige Rohstoffe einzusetzen, um den freundlichen Papagei Coco zur Hilfe herbeizubitten, der immerzu mit nützlichen Ratschlägen aufwartet und den Siedlern jederzeit unter die Arme greift, wenn Unterstützung erforderlich ist. Ziel des Spieles ist es schließlich, alle sieben Piratennester aus dem eigenen Vorrat in Catan zu platzieren, bevor dies jemand anderem gelingt. Doch dies ist einfacher gesagt als getan.

_Spielmaterial_

• 1 beidseitig bedruckter Spielplan
• 1 Würfel
• 28 Piratenlager in 4 Farben
• 32 Piratenschiffe in vier Farben
• 1 Geisterpirat
• 24 „Coco hilft“-Karten
• 95 Ausrüstungskarten
• 1 Marktplatz
• 4 Hafenkärtchen
• 4 Baukarten

|Kosmos| haben bei der Wahl der Materialien auf allerhand bunte Farben gesetzt und somit auch einige nette optische Reize erschaffen, die jedoch für den grundsätzlichen Mechanismus nicht immer förderlich sind. So zum Beispiel sind die Ausrüstungskarten mit verwirrenden Umrahmungen versehen, anhand derer man lediglich auch die Verbindung zu den Feldern, auf denen man die Rohstoffe und Gegenstände erwürfelt, herstellen kann. Der Säbel beispielsweise ist in die bekannten roten Steinmuster eingerahmt, passt aber farblich wie strukturell nicht wirklich zum Sechseckfeld, auf dem er produziert wird.

Des Weiteren hätte man einen etwas größeren Spielplan wählen können und speziell zwischen den einzelnen Inselteilen ein wenig mehr Platz lassen sollen. Sind erst einmal einige Schiffe und Lager auf dem Plan verankert, verliert man relativ schnell die Übersicht. Zwar muss man Sonderregelungen wie den festgelegten Abstand zwischen zwei Häusern bei der Junior-Fassung nicht beachten, aber dennoch ist Anschaulichkeit gerade bei der angesprochenen jüngeren Zielgruppe ein entscheidendes Bewertungskriterium, welches hier bisweilen nicht gänzlich zufriedenstellend erfüllt wird.

Auch was die Qualität des Materials betrifft, gibt es einiges anzumerken. In meiner Schachtel waren zum Beispiel schon mehrere Schiffe leicht beschädigt, was die Spielmotivation schon vor der ersten Partie ein wenig trübt. Gerade in solchen Momenten fragt man sich, warum man nicht schon damals bei der Holzversion des Spiels geblieben ist, denn auch wenn die Optik des Plastikminiaturen sicherlich besser ist, so siegt am Ende doch die Funktionalität – und die ist mit beschädigten Gegenständen natürlich nur bedingt gegeben.

Zumindest das Karten- und Kartonmaterial geht in Ordnung, wenn auch hier auf das Problem der Umrandungen noch einmal hingewiesen sei. Alles in allem also kein wirklich guter Eindruck, sieht man mal von der Bilderbuch-Optik der Spielmittel und den verständlich illustrierten Hafen- und Baukarten ab – und damit auch nicht ganz das, was man sich vorab erhofft hatte.

_Spielvorbereitung_

„Die Siedler von Catan – Junior“ kann man lediglich zu dritt oder zu viert spielen. Entsprechend der Anzahl wählt man die dafür vorgesehene Seite des Spielplans und verteilt die einzelnen Schiffe und Piratenlager an die Mitspieler. Anders als bei der ‚großen‘ Variante sind die Startplätze aller Spieler auf dem Spielbrett bereits vorgegeben, so dass man dort jeweils ein Piratenlager absetzt. Auch der Geisterpirat, das Äquivalent zum Räuber, hat einen angestammten Startplatz in der Geisterburg.

Die Ausrüstungskarten werden anschließend nach ihrer Art sortiert und neben dem Spielbrett bereitgelegt. Nun bekommt jeder Spieler jeweils ein Holz und ein Fass Rum als Startkapital. Außerdem wird jeder Ausrüstungsgegenstand einmal auf eines der fünf Felder des Marktes gelegt. Als Letztes werden die ‚Coco‘-Karten und die Hafenkärtchen verdeckt neben den Plan gelegt. Hat nun jeder Spieler eine Baukarte bekommen, kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf_

Wie hinlänglich bekannt, wird zu Beginn eines jeden Spielzuges gewürfelt. Danach wird das Resultat mit den Feldern auf dem Spielplan abgeglichen und ermittelt, wer welchen Ausrüstungsgegenstand bekommt. Zu Beginn herrscht jedoch noch Chancengleichheit, denn mit fast allen Würfen bekommen alle Spieler die gleiche Menge Karten zugespielt. Die erhaltenen Ausrüstungskarten sollten nun schnellstmöglich wieder verwertet werden. Allerdings bedarf es häufig zunächst eines Tausches, um die entsprechenden Karten für den Erwerb von Schiffen, Lagern oder ‚Coco‘-Karten zusammenzubekommen. Man hat nun die Wahl, einmalig pro Zug eins-zu-eins auf dem Markt zu tauschen oder aber nach freien Kriterien mit den Mitspielern zu feilschen. Und auch der Tausch von 3:1 bei der Bank bzw. 2:1, sobald man auf ein Ankersymbol gebaut hat, ist möglich. Wenn bei einem solchen Handel die benötigten Ausrüstungsteile ergattert wurden, kann man weitersiedeln und Schiffe und Lager Schritt für Schritt und ausgehend von den beiden Startpositionen bauen. Es gilt jedoch zu beachten, dass man beim Bau die Reihenfolge Lager-Schiff-Lager-Schiff-… einhält.

Wer indes eine ‚Coco‘-Karte zieht und dadurch die Gelegenheit bekommt, den Geisterpiraten zu versetzen, darf auch in der Geisterburg ein Piratenlager bauen, das er jedoch wieder räumen muss, sobald ein anderer Spieler mehr ‚Coco‘-Piratenkarten besitzt. Dieser Pirat darf außerdem immer versetzt werden, wenn jemand eine 6 würfelt. Am Aufenthaltsort des Geisterpiraten werden bis auf eine erneute Verschiebung der Figur alle Ausrüstungen geblockt, das heißt bei einer entsprechenden Würfelsumme ginge man trotzdem leer aus.

Reihum wird nun gesiedelt, getauscht, gebaut und wieder gesiedelt, bis ein Spieler seine sieben Lager auf dem Feld platziert hat. Allerdings ist dies erfahrungsgemäß sehr, sehr schwierig, weil man häufig schon zuvor alle freien Plätze belegt hat und erst gar nicht die Möglichkeit besteht, alle Lager aufzubauen. Da die Spielanleitung keinen anderen Hinweis liefert, ist davon auszugehen, dass in diesem Fall der Spieler mit den meisten Piratenlagern gewonnen hat.

_Fazit_

Insgeheim habe ich mir bei einem Qualitätstitel wie „Die Siedler von Catan“ ein wenig mehr erwartet als diese nette, aber nicht vollends überzeugende Fassung für das jüngere Publikum. Bereits die oben angeführten Schwierigkeiten mit dem Spielmaterial sind äußerst ungewöhnlich, aber auch Vorkommnisse wie die gerade erst erwähnte Regellücke zur Beendigung des Spiels sind keine typischen Trademarks des Verlags bzw. des Autors und hinterlassen zum Ende hin einen leicht faden Beigeschmack. Allerdings ist es eigentlich das abgewandelte Spielprinzip, das genauer unter die Lupe genommen werden muss, und unter diesem Aspekt hat sich Teuber dann doch wieder weitestgehend als gewiefter Autor beweisen können.

Die Vereinfachungen erscheinen infolge dessen auch wirklich sinnvoll; man erlebt zum Beispiel keine Frustrationen wie den Verfall von Rohstoffkarten (im Originalspiel hervorgerufen durch eine gewürfelte 7), das Spiel driftet zeitlich nicht ins Uferlose ab und durch die eingedämmte strategische Komponente besteht bei der in diesem Alter – konzipiert ist das Spiel für Kinder ab einem Alter von sechs Jahren – doch häufig ganz unterschiedlich entwickelten Zielgruppe dennoch Chancengleichheit. Davon abgesehen hat Teuber auch ein neues Setting gestaltet, das sich vom traditionellen Catan-Schema ein klein wenig distanziert und stattdessen das derzeit sehr beliebte Piraten-Thema grafisch und funktionell verwertet. Dies mag zwar auch aus kommerzieller Hinsicht ein geschickter Zug gewesen sein, doch da die optische Umsetzung wirklich fabelhaft ist, kann man daran beileibe nichts aussetzen.

Insgesamt darf man das Junior-Spiel aber durchaus kritisch sehen: Neben einem anständig umgesetzten, an den richtigen Stellen vereinfachten Spielprinzip fallen einige ungewohnte Nachlässigkeiten auf, welche die Piraten-Adaption nicht ganz so tadellos wie erwartet erscheinen lassen. Oder um es genauer auf den Punkt zu bringen: „Die Sielder von Catan – Junior“ ist ein gutes Kinderspiel, aber keine unfehlbare Blaupause für den Markt der ganz kleinen Spieler. Als leichteren Einstieg in die Welt von Catan ist es dennoch ein durchaus empfehlenswerter Titel, weil der Spaßfaktor selbst bei allen erwähnten kleinen Fehlbarkeiten auch hier sehr groß ist.

http://www.catan.com/
http://www.kosmos.de

|Siehe auch:|

[„Die Siedler von Catan – Das Würfelspiel“ 3603
[„Kampf um Rom“ 3076 (Catan-Spiel)
[„Die Siedler von Catan“ 258
[„Die Siedler von Catan“ 1218 (Lesung)

Novik, Naomi – Drachenprinz (Die Feuerreiter Seiner Majestät 2)

Mit [„Drachenbrut“, 3781 dem ersten Teil ihrer Trilogie „Die Feuerreiter seiner Majestät“, hat Naomi Novik ein unterhaltsames und eigenwilliges Fantasy-Debüt vorgelegt. Entsprechend groß sind logischerweise die Erwartungen an „Drachenprinz“, den zweiten Band der Reihe.

Nach den bestandenen Schlachten aus dem ersten Teil erwarten Feuerreiter Will Laurence und seinen Drachen Temeraire nun neue Abenteuer. Schon am Ende des ersten Teils deutete sich ein Szenario an, das nun vollends Gestalt annimmt. Temeraire war ursprünglich als Geschenk des chinesischen Kaisers an Napoleon gedacht. Nach dem Kapern einer französischen Fregatte fiel Temeraires Drachenei den Engländern in die Hände, und dort hat er nach Meinung der Chinesen gar nichts zu suchen. Vor allem wird Laurence auch als nicht würdig empfunden, als Kapitän dieses hochgeschätzten und äußerst seltenen Himmeldrachen zu dienen. Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Die Chinesen wollen Temeraire, bzw. Lung Tien Xiang, wer er bei den Chinesen heißt, zurückhaben.

Zu diesem Zweck reist eine chinesische Delegation nach England, um den Drachen dort abzuholen, möglichst ohne ihren Kapitän. Doch so einfach lässt Temeraire sich nicht ohne seinen geliebten Laurence entführen. Durch Temeraires Weigerung sind die Chinesen gezwungen, auch Laurence die Reise nach China zu erlauben, wo alles weitere geklärt werden soll. Die Engländer erhoffen sich durch diese Reise nicht zuletzt eine günstige Verhandlungsposition in politischen und wirtschaftlichen Fragen.

Und so steht Temeraire und Laurence eine abenteuerliche Reise nach China bevor, auf der es so manche brenzlige Situation zu meistern gibt: Angriffe des Feindes, verheerende Stürme, Begegnungen mit Meeresungeheuern sowie Spannungen und Intrigen an Bord des Drachentransporters „Allegiance“. Doch so wirklich abenteuerlich wird es erst, als die beiden chinesischen Boden betreten …

Nach dem überaus positiven Eindruck von „Drachenbrut“, hat „Drachenprinz“ verständlicherweise mit einem ziemlichen Erwartungsdruck zu kämpfen. Naomi Novik hat die Latte mit dem ersten Band schon sehr hoch gelegt, und so bekommt sie im Laufe des zweiten Bandes dann doch stellenweise Schwierigkeiten, diese Erwartungen auch wirklich auszufüllen.

Schnell ist der Leser wieder mittendrin in der Handlung. Der Einstieg fällt leicht, und Temeraire, Laurence und die übrige Drachenbesatzung wachsen einem schnell wieder ans Herz. Erste Spannungen bauen sich gleich zu Beginn auf, als die chinesische Delegation in England die Herausgabe des Drachen fordern. Die Beziehung zwischen Laurence und Temeraire ist durch die Geschehnisse in Band eins gefestigt und sehr innig, eine Trennung der beiden somit auch für den Leser undenkbar.

Die Reise nach China, die eine Eskalation der Situation vermeiden und zu einer Verbesserung des englisch-chinesischen Verhältnisses beitragen soll, ist von Anfang an nicht mehr als ein fauler Kompromiss. Die Reise steht unter schlechten Vorzeichen, und so gibt es auf der Monate dauernden Fahrt so manche unangenehme Situation durchzustehen. Dass die chinesische Delegation unter der Leitung von Prinz Yongxing mit an Bord reist, verschärft die Situation nur und sorgt für weitere Spannungen.

Die Seereise der „Allegiance“ nimmt etwa die Hälfte des Buches in Anspruch, und da wären wir auch schon beim ersten Kritikpunkt. Die Fahrt zieht sich schier endlos, immer wieder unterbrochen von kleineren Abenteuern, Spannungen und Intrigen. Auch wenn es natürlich logisch ist, dass ein Segelschiff in der damaligen Zeit eine halbe Ewigkeit von England nach China unterwegs war, hätte man sich als Leser doch eine etwas straffere Abhandlung der Reise gewünscht.

So geht im Verhältnis betrachtet der Showdown in China viel zu schnell. Das Finale wird geradezu im Hauruck-Verfahren vorangetrieben und wirkt etwas gehetzt. Hätte Novik die Seereise etwas gestrafft, hätte sie für das Finale mehr Zeit gehabt. Dem Roman hätte das sicherlich gutgetan. Die Geschehnisse in China sind schließlich derart verwickelt, dass ihre Auflösung etwas mehr Platz verdient hätte, um sie stichhaltig und nachvollziehbar darzulegen. So wirkt die Schilderung mancher Ereignisse in China leider etwas unausgegoren, und gerade der Überfall der Hunhun-Bande erscheint etwas überzeichnet und in seinem Verlauf geradezu unwahrscheinlich.

Das ist insbesondere deswegen schade, weil Novik sich ansonsten sichtlich Mühe gibt, eine stimmige Atmosphäre heraufzubeschwören. Sie unterstreicht die kulturellen Unterschiede zwischen China und Europa und entwirft für die Chinesen eine völlig entgegengesetzte Art der Drachenkultur. Durch diesen Gegensatz haben auch Laurence und Temeraire reichlich Diskussionsstoff, der sicherlich auch ein wichtiger Bestandteil des nächsten Teils der Reihe sein wird, da dieser Themenkomplex über die Unterschiede in der Drachenhaltung zu bedeutungsvoll ist, als dass Novik ihn für die Zukunft einfach wieder fallen lassen könnte.

Die charakterliche Entwicklung der Figuren wird vor allem von dem Druck einer eventuell bevorstehenden Trennung von Laurence und Temeraire geprägt. Gerade Temeraire reift unter diesem Druck weiter heran. Er lernt, sich gegenüber den Chinesen zu behaupten, sieht sich aber gleichzeitig mit einer fremdartigen Welt konfrontiert, die gleichermaßen ein Teil von ihm wie auch völlig neu ist. Interessant dürfte sein, wie diese neuen Eindrücke Temeraires weitere Entwicklung beeinflussen. Das werden wir ab Oktober sehen, wenn mit „Drachenzorn“ der dritte Band der Reihe vorliegt.

Bleibt unterm Strich also ein etwas durchwachsener Eindruck zurück. Die Geschichte um Laurence und Temeraire ist noch immer eine sehr liebenswürdige. Novik legt ihre Welt mit viel Fantasie an und vermittelt sie dem Leser plastisch und farbenprächtig. Das Kampfgeschehen sorgt wie schon im ersten Teil für viele Spannungsmomente, dennoch hat „Drachenprinz“ auch mit ein paar Schwächen zu kämpfen.

So nimmt die Seereise im Verhältnis zu viel Raum ein, es schleichen sich einzelne Längen ein, wohingegen das Ende der Geschichte dann teilweise zu hastig abgespult wird und dabei nicht immer überzeugen kann. Trotzdem macht Naomi Noviks Fantasy-Reihe „Die Feuerreiter seiner Majestät“ noch immer Spaß: Lockere, unterhaltsame und größtenteils spannende Fantasy-Unterhaltung für Jung und Alt.

Offizielle Homepage der Autorin:
http://www.temeraire.org/

Deutsche Fanseite:
http://www.temeraire.de/

Website des Verlags:
http://www.cbj-verlag.de

Groening, Matt – Simpsons, Die – Galerie der Meisterwerke: Das erste Posterbuch

Auch wenige Wochen nach dem Kinostart des ersten Leinwandabenteuers der gelben Familie ist die Simpsons-Manie nicht abgerissen. Allerorts sieht man Schnipsel, Berichte und Werbeaktionen zum wohl am heißesten ersehnten Kinostreifen seit langer, langer Zeit, und auch bei |Panini|, wo seit geraumer Zeit die Comics um Homer, Marge, Bart, Lisa und Maggie vertrieben werden, sitzt man längst nicht mehr still und ist richtig intensiv in die Werbemaschinerie eingestiegen. Neben den herkömmlichen Comics sind daher auch eine ganze Reihe ganz spezieller Veröffentlichungen auf den Markt geschossen, so zum Beispiel ganz spezielle Steckbriefbücher zu einigen Charakteren aus Springfield, oder aber nun auch das erste Posterbuch, welches unter dem verheißungsvollen Titel „Galerie der Meisterwerke“ erschienen ist.

Inhalt des Ganzen sind immerhin 25 Poster um die berüchtigte Familie, darunter allerhand bislang unveröffentlichtes Material wie beispielsweise eine „Planet der Affen“-Parodie namens „Planet der Apus“, eine Hommage an die Schlagerwelt mit einer etwas eigenartigen zusammengesetzten Boygroup namens „Die Überspitzten“ und eine Collage aus Moes Taverne, die den lachenden Bart nach einem seiner beliebten Scherzanrufe in Homers Stammkneipe zeigt. Darüber hinaus gibt es auch diverse Familienporträts zu sehen, welche die Simpsons auf ganz unterschiedliche Weise darstellen. Aber auch gänzlich Ungwöhnliches ist enthalten, wie etwa ein außergewöhnlicher Querschnitt von Ralphs Gehirn, ein mit schillernden Farben belegtes Röntgenbild von Marge sowie Homer in der Rolle des Radioactive Man, sprich Bilder, die alleine schon aufgrund ihrer vollkommenen Exklusivität einen gewissen Reiz ausüben.

All das hat man ins konsumentenfreundliche 20×30-Format gepackt und in einen Hochglanzbildband eingegliedert, dessen einzelne Poster man jeweils ganz leicht an den Seiten heraustrennen kann. Dies mag zwar denjenigen ein wenig stören, der auf ein makelloses Posterformat schwört, da sich die Bilder jedoch sowieso am besten eingerahmt präsentieren und die prinzipielle Qualität der eines herkömmlichen Posters in keinerlei Hinsicht in etwas nachsteht, sollte man diesbezüglich keine Bedenken haben. Darüber hinaus ist auch die Auswahl der Motive sehr gelungen. Man bekommt die Simpsons in allen erdenklichen Lebenslagen zu sehen und erhält sowohl vergleichsweise simple Porträts als auch skurrile Offenbarungen, die den verrückteren Geist der unendlichen TV-Serie auffangen. Das Ganze gibt’s schließlich für den erdenklich niedrigen Preis von gerade einmal 9,95 €uro, was gerade im Vergleich zu einzeln käuflichen Postern fast schon geschenkt ist. Man mag über die überdimensionale Vermarktung des Produktes ‚Simpsons‘ denken, was man mag – aber in diesem speziellen Fall lohnt die Investition auf jeden Fall. Wer also schon länger mal überlegt hat, seine Wohnung mit einigen Gemälden seiner Lieblinge zu dekorieren, oder aber einfach dem anhaltenden Wahn verfallen ist, ist mit dieser „Galerie der Meisterwerke“ allerbestens bedient und bekommt für sein Geld einen tollen Gegenwert.

http://www.paninicomics.de

Sassenberg, Volker – Gabriel Burns – … dem Winter folgte der Herbst (Folge 25)

Unsterblichkeit. Kein Preis scheint zu hoch, um ein ewiges Leben führen zu können. Und gerade deshalb ist die Unsterblichkeit ein Ziel, für das man über Leichen gehen muss. Bakerman hat dies oft genug spüren müssen. Denn er ist mit einem langen Leben gesegnet. Freunde und Verwandte sind gestorben, während er weiterleben durfte. Doch auf welche Weise? Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, hat er die Identität gewechselt und den harten Kurs des Eigenbrötlers gefahren. Warum auch sollte er wieder Freundschaften schließen, wenn er weiß, dass am Ende der bittere Tod zwischen ihm und allen anderen Menschen steht?

Aber Bakerman muss erfahren, dass auch die Unsterblichkeit nicht ewig währt. Er ist noch immer auf das Elexir Ila al Khalf angewiesen, das ihn einst zu dem verlängerten Leben verholfen hat. Doch nirgends ist die Essenz mehr zu finden – natürlich heiß begehrt, wer will nicht ewig leben? So nähert sich der Tod, und es ist schon fast zu spät, als Bakerman erkennt, dass er im Sterben liegt. Es gibt nur noch einen Weg, das Elixier aufzutreiben. Ohne Hilfe wird er es nicht mehr schaffen. Er muss zurück, Jahrzehnte zurück. Und er sieht: „… dem Winter folgte der Herbst“.

_Vorgeschichte: Folgen 1 bis 24_

Vancouver: Steven Burns, erfolgloser Schriftsteller, hält sich mehr schlecht als recht als Taxifahrer über Wasser. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er an den geheimnisvollen Bakerman gerät – oder treffender: als Bakerman Steven kontaktiert, um ihn in ein mysteriöses Projekt einzuweihen, das sich unheimlicher Phänomene angenommen hat. Warum Bakerman, der dieses Projekt leitet, gerade Steven für seine Pläne auserkoren hat, wird dem Schriftsteller in dem Moment klar, als er an seinen Bruder Daniel zurückdenkt. Dieser verschwand nämlich im Alter von vier Jahren auf seinem Geburtstag, als Steven ihn bat, in eine Kiste zu steigen und einen Zaubertrick über sich ergehen zu lassen. Doch das Resultat war kein harmloses Kinderspiel, denn Daniel war plötzlich wie weggezaubert und blieb spurlos verschwunden.

Obwohl Bakerman auf die Geschehnisse von Stevens geheimnisvoller Zaubergabe anspielt, bleibt er ihm die Antworten schuldig. Und wenn er etwas herausrückt, dann nur sehr spärlich und darauf bedacht, die wahren Hintergründe im Dunkeln zu lassen. Denn Bakerman möchte Stevens Fähigkeiten erst einmal testen und eine Vertrauensbasis aufbauen. So schickt er ihn über den gesamten Globus; immer dort hin, wo auf eigenartige Weise Menschen verschwinden, von gefährlichen Experimente berichtet wird oder scheinbare Naturphänomene ans Tageslicht treten.

Steven Burns zur Seite stehen Joyce Kramer und Larry Newman, die das Viererteam um Bakerman komplettieren. Joyce ist bereits seit vielen Jahren ein treuer Verbündeter Bakermans und stellt seine Pläne nicht in Frage. Larry hingegen ist erst kurze Zeit nach Steven zur Mannschaft gestoßen, als sich der frühere Forstbeamte in den Wäldern von Yukon widernatürlichen Phänomenen ausgesetzt sieht und daraufhin beschließt, das Böse zu bekämpfen. Die zehn fahlen Orte sind es, die Steven Burns, Bakerman, Joyce und Larry in Atem halten. Orte, an denen das Böse zum Vorschein kommt und Tore in eine andere Welt geöffnet werden, um die Menschheit durch Kreaturen aus der Hölle zu vernichten.

Steven weiß nun, wer er ist, oder vielmehr, was er ist. Jetzt liegt es an ihm, dieses Wissen für sich zu nutzen und den Kampf aufzunehmen. Die Zeit rennt. Doch bevor er sich seinen Widersachern stellen kann, gilt es, Bakerman zu helfen, denn dieser benötigt die Essenz eines Unsterblichkeitstranks, den er ohne Hilfe nicht mehr rechtzeitig beschaffen kann.

_Inhalt_

Bakermans Gesundheitszustand verschlechtert sich stündlich. Er benötigt Ila al Khalf, und er weiß, wie er es besorgen kann. Doch dazu müsste er in die Vergangenheit reisen, oder zumindest seinen Geist zurückschicken. Ihm fällt nur einer ein, dem es gelingen könnte, seine Seele auf diesen Trip zu schicken: Julien Cardieux. Julien ist der Sohn eines engen Vertrauten Bakermans, und zurzeit als Spiritist unterwegs, um zahlungskräftigen Kunden ihre Zukunft vorherzusagen. Joyce hat Julien stets als Schwindler abgetan. Nun muss sie sich eines Besseren belehren lassen und ihn schleunigst finden.

Glücklicherweise ist Julien schnell auszumachen, doch er ist schlecht auf Bakerman zu sprechen, der ihm einst verwehrt hat, in das Team aufgenommen zu werden. Umso erstaunter ist er, und zunächst nicht zur Kooperation bereit, als Joyce ihn flehentlich bittet, dem kranken Mann zu helfen. Nur widerwillig ist er dazu bereit, doch als er ihr folgt und sieht, wie schlecht es um Bakerman steht, beginnt er sofort mit der Hypnose, um den Geist vom Körper zu lösen und auf die Reise zu schicken.

Bakermans Hülle bleibt in der Gegenwart, doch nicht seine Seele, die es nach Vancouver zum Ende des 19. Jahrhunderts verschlägt – 120 Jahre in der Zeit zurück. Auf den Tag genau, an dem ein riesiges Feuer die damals noch kleine Stadt Kanadas heimsucht und etliche Todesopfer gefordert hat.

Bakerman gelangt jedoch nicht direkt nach Vancouver, sondern findet sich einem Waldstück einige Meilen vor den Stadttoren wieder. Die Schwäche, die seinen Körper ans Bett gefesselt hat, ist von ihm abgefallen, aber er weiß, dass die Zeit ihm davonrinnt und jede Sekunde wertvoll ist. Eine Holzhütte ist das Erste, auf das er stößt. Das Grauen will aber auch in der Vergangenheit nicht von ihm weichen: In dem kleinen Haus findet er einen blutig niedergeschlagenen Mann und einen weiteren, der gerade durch die Hintertür flieht und das Weite sucht. Bakerman kann dem Opfer nicht mehr helfen. Um mit seinem neumodischen Äußeren nicht aufzufallen, bleibt ihm aber nichts anderes übrig, als dessen Kleidungsstücke anzulegen.

Dumm nur, dass die nächste Person, der er begegnet, die Kleidung dem Verstorbenen zuordnen kann. Bakerman kann ihn gerade bewusstlos schlagen, als der oberste Polizeiinspektor Vancouvers vorbeikommt. Dieser merkt jedoch nichts, so dass Bakerman sich ihm auf dem Weg in die Stadt anschließen kann und so einiges über das genaue Datum erfährt und auch über die Person, die er durch die Zeitreise finden will: Pandialo. Er ist der Schlüssel zum Unsterblichkeitselixier, so viel ist klar, doch Pandialo ist Ende des 19. Jahrhunderts offiziell nicht mehr als ein Wahrsager, der einem Wanderzirkus angehört. Und dieser ist längst aus Vancouver abgereist. Über eine Tänzerin kann Bakerman schließlich die Fährte aufnehmen und dem Wanderzirkus folgen. Doch Verfolger sind ihm dicht auf der Spur und setzen alles daran, um ein Treffen zu verhindern.

_Bewertung_

Die Folge „… dem Winter folgte der Herbst“ hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Ebenso wie die vorige Episode zögert sie den Metaplot in der |Gabriel Burns|-Reihe einmal mehr heraus und beginnt einen völlig neuen Handlungsstrang. Das spricht zwar für deren Komplexität und steht auch ganz im Zeichen der bisherigen Serien, in der Elemente immer erst sehr viel später wieder aufgegriffen worden sind, hat aber dennoch einen schalen Beigeschmack. Schließlich kann der Reiz auch wieder verloren gehen, wenn ein zentrales Motiv, in diesem Fall die Erkenntnis Steven Burns über seine Herkunft und sein Wesen in Folge 23, komplett in den Hintergrund rückt und nicht mehr beachtet wird. Ein Ende ist also nicht in Sicht, doch die Hoffnung stirbt zuletzt, dass die Haupthandlung in Kürze weiter an Fahrt gewinnt. Ungeachtet dieser Verzögerungstaktik, die man natürlich auch unter dem Gesichtspunkt sehen kann, dass es mit der Geschichte noch lange weitergehen soll, ist die Episode „… dem Winter folgte der Herbst“ gelungen und überzeugend übergesetzt.

In einigen früheren Folgen ist bereits mit der Verknüpfung historischer Ereignisse und der Gegenwart ein interessanter Ansatz verfolgt worden, der nun erneut genutzt wurde, um die Geschichte anhand zweier Zeitstränge zu verweben. Dabei ist nicht die Reise in die Vergangenheit an sich das, was die Folge ausmacht, sondern die Auswirkungen der in der Vergangenheit ausgeübten Handlungen, die mit der Gegenwart verwoben werden. Obwohl der Schwerpunkt auf dem Vancouver des 19. Jahrhunderts liegt, findet das Finale im jetzigen Vancouver statt.

Die Einbindung des geschichtlichen Hintergrunds in Form des Feuers, das Vancouver vor 120 Jahren heimgesucht hat, wirkt passend und ergänzt die Episode um ein weiteres gewinnbringendes Motiv. Die Sprecher, Geräuschkulisse und Musik sind wie eh und je erstklassig und machen den Trip in die Vergangenheit zu einem unterhaltsamen Hörgenuss. Eigenartig klingt nur die Stimme Steven Burns‘. Obwohl sich seine Passagen in dieser Folge im Rahmen halten, spricht er mit leicht veränderter Klangfarbe. Bloßer Zufall, die ungewollten Nebenwirkungen eines schlechten Tages oder einer Erkältung oder steckt doch mehr dahinter? Hoffentlich geben die nächsten Folgen eine Antwort – oder auf eine der anderen Fragen, die noch offen sind.

http://www.gabrielburns.de/

|Siehe ergänzend dazu auch unsere Besprechungen zu den aktuellen Buchveröffentlichungen|

[„Gabriel Burns: Die Grauen Engel“ 3892
[„Gabriel Burns: Verehrung“ 3960

Rosenstolz – Rosenstolz – Das große Leben (Songbook)

ROSENSTOLZ gehören bereits seit einer halben Ewigkeit zur Speerspitze der deutschsprachigen Indie-Bewegung. Die beiden Protagonisten Peter Plate und AnNa R. haben sich in den letzten Jahren durch eine deutliche Abkehr von Trends, Strömungen und Neuentwicklungen in die Herzen eines enorm großen Pop-Publikums gespielt und nicht zuletzt dank Super-Hits wie ‚Liebe ist alles‘ den endgültigen Sprung an die Spitze eines nicht näher definierten Genres innerhalb der Popmusik vollzogen. Mit dem letzten Album „Das große Leben“ hat sich der Erfolg auch rein äußerlich mit Fakten belegen lassen; die Scheibe stieg auf Nummer 1 der Media-Control-Charts ein – eine Ehre, die sicherlich nur den besten deutschsprachigen Künstlern zuteil wird, und auf die das Duo lange und gezielt hingearbeitet hat. Dabei lebte gerade dieses Album von der Kraft jedes einzelnen Elements; die sanften Pianos, die entschlossene und manchmal doch so zerbrechliche Stimme und nicht zuletzt die bezaubernden, einprägsamen Gitarren-Arrangements setzten sich fest und lieferten individuell den Beweis ab, dass der große Absatz des Albums in jeglicher Hinsicht gerechtfertigt ist.

Nun sind ROSENSTOLZ sicherlich auch gute Lehrmeister, was die reine Kompositionslehre betrifft; eigenwillig, anders und doch genial setzen sich ihre Lieder über das herkömmliche Fundament des klassischen Arrangierens hinweg. Aus diesem Grunde scheint die Veröffentlichung eines Songbooks zur neuen Platte ein konsequenter und auch ansprechender Schritt, den die Gruppe bereits mit den zwei vorherigen Notenbüchern erfolgreich vollzogen hatte. Der Unterschied dieses Mal: Das Sammelalbum mit Arrangements für Klavier, Gesang und Gitarre ist auf den letzten musikalischen Output spezialisiert und enthält lediglich die zwölf Kompositionen von „Das große Leben“, darunter die Hitsingle ‚Ich bin ich (Wir sind wir)‘, nachdenkliche Songs wie ‚Ich hab genauso Angst wie du‘ und typische ROSENSTOLZ-Nummern wie ‚Bester Feind‘ und ‚Aus Liebe wollt ich alles wissen‘. All dies wurde sehr wirkungsvoll in die Farben des Albums getaucht und mit einigen tollen Schwarzweiß-Fotos versehen, welche die Stimmung der Songs sowie des gesamten Material richtig schön wiedergeben. Dazu gehören auch einzelne Impressionen der darstellenden Künstler in den bedächtigen Düster-Farben, deren Wirkung ebenfalls stimmig mit der Grundatmosphäre der Songs ist.

Nicht nur inhaltlich, sondern auch bezogen auf die Aufmachung ist das Songbook zu „Das große Leben“ daher auch ein echter Genuss. Und strukturell lässt man dann auch nichts mehr anbrennen; das Buch ist sehr übersichtlich und anschaulich aufgebaut, und wenn einen nicht schon die fantastischen Fotos in den Bann ziehen, dann tun es spätestens die poetischen Texte, deren anspruchsvolle Darbietung aufgrund der charismatischen Stimme von Sängerin AnNa eine Herausforderung für jede Nachahmerin darstellen sollte. ROSENSTOLZ-Fans, die ebenfalls eine musikalische Begabung aufwiesen und gerne noch mehr mit ihren Favoriten verwachsen wollen, sollten daher nicht lange zögern, denn dieses kleine Notenalbum ist insgesamt ein wirklich prächtiges Werk.

|Songs:|

Nichts von alledem (tut mir leid)
Ich bin ich (Wir sind wir)
Anders als geplant
Ich geh in Flammen auf
Ein Wunder für mich
Auch im Regen
Ich bin verändert
Bester Feind
Ich hab genauso Angst wie du
Aus Liebe wollt ich alles wissen
Etwas zerstört
Woran hält sich die Liebe

http://www.bosworth.de

Harrison, M. John – Nova

Saudage ist in ihren Außenbezirken eine verfallene, von Randexistenzen und Kriminellen bewohnte Stadt auf einem erdfernen Planeten der Zukunft, die indes eine Besonderheit aufweist: Vor Jahren tat sich ein Riss im Raum-Zeit-Gefüge auf, der Saudage zur Hälfte verschlang bzw. eine Region mit fest umrissener Grenze schuf, innerhalb derer die bekannten Naturgesetze keine Gültigkeit besitzen.

Menschen können hier geraume Zeit überleben, doch sie zahlen dafür mit Krankheit und einem beschleunigten Alterungsprozess. Das Risiko gehen Glücksritter gern ein, denn die „Aureole“ birgt außerirdische Artefakte, mit denen sich viel Geld verdienen lässt. Weil das Risiko groß ist, dass sich diese als gefährlich entpuppen, steht das Betreten des Ereignisgebiets unter Strafe.

Einer dieser Abenteurer ist Vic Serotonin. Derzeit steht er unter Druck, denn er hat ausgerechnet dem mächtigen Schwarzhändler Paulie DeRaad ein Artefakt verkauft, das diesen körperlich und geistig mutieren lässt. Außerdem ist ihm der hartnäckige Ermittler Lens Aschemann auf den Fersen, der ihn angeblich überführen möchte, während er tatsächlich selbst Ungesetzliches plant. Zu allem Überfluss verliebt sich Vic in die psychisch instabile Elisabeth Kielar, die eine neue Lebensperspektive ausgerechnet im Inneren der Aureole sucht, wohin Vic sie führen soll.

Die Aureole wächst, und in ihrem Inneren geht Seltsames vor, das zunehmend auf die Außenwelt übergreift. Wie weit wird diese Ausbreitung gehen – und lässt sie sich notfalls zum Stoppen bringen? Fieberhaft studiert Vic die verworrenen Aufzeichnungen Emil Bonaventuras, seines Mentors, der angeblich bis ins Zentrum der Aureole vorgedrungen ist. Ist dort der Schlüssel zum Verständnis dieses Phänomens zu finden? Vic geht zurück, und Elisabeth will ihn auf seine Expedition begleiten. An der schwankenden Grenze zur Aureole treffen sie auf Aschemann und einen schrecklich veränderten, rachsüchtigen Paulie. Vic und Elisabeth flüchten in die Aureole, wohin Aschemann ihnen folgt …

Die Zukunft wird ein absonderlicher Ort sein. Das mag als Einleitung zur Rezension eines Science-Fiction-Romans wie eine Binsenweisheit klingen. Wer diese Lektüre liebt und sie sich nicht durch „Battletech“-Balla-Ballereien, Fließband-Epen und andere Sünden des Genres vermiesen lässt, muss freilich viel oft feststellen, dass die Welt von Morgen als mehr schlecht als recht getarntes Spiegelbild der Gegenwart daherkommt. Simpel-Action und Soap-Opera scheinen sich mit leichten futuristischen Elementen prächtig zu verkaufen, aber Science-Fiction ist das nicht.

Der Mensch wird sich voraussichtlich – oder sollte man sagen: hoffentlich? – in seinem Denken und Handeln weiterentwickeln, obwohl Grundsätzlichkeiten vermutlich bleiben werden; Liebe und Hass, Gier und Großzügigkeit, Mut und Angst prägen uns und werden uns immer prägen. Das Umfeld dieser Menschen der Zukunft wird hingegen ein deutlich anderes sein, und es wird die beschriebenen Emotionen und Denkweisen und die daraus resultierenden Handlungen beeinflussen.

Das ist das Spielfeld für ‚richtige‘ SF. Sie stellt Ansprüche an ihre Autoren, fordert sie heraus, eher zu extrapolieren als zu variieren. Auf der anderen Seite sehen sich die Leser intellektuell herausgefordert. Wenn sie sich einem ambitionierten Verfasser wie M. John Harrison anvertrauen, werden sie erfreut feststellen, dass es abseits der ausgetretenen Pfade literarisches Neuland zu entdecken gibt.

Die Expansion der „Aureole“ ist nur ein Handlungsstrang; er ist nicht einmal der wichtigste und endet noch weit vor dem Finale. „Nova“ ist ein Roman, in dem Handlung und Stimmung sich die Waage halten. Harrison beschreibt eine fremdartige, exotische Welt, die er nicht unbedingt erklärt. Er betrachtet sie durch die Augen seiner Figuren, die selbstverständlich mit ihr vertraut sind und sich die Erläuterung des Alltags sparen. Das lässt viel Raum für eigene Interpretationen, was reizvoll sein aber durchaus in Verwirrung enden kann. Davon sollte man sich nicht schrecken lassen; nur jene Leser, die partout keine ungelösten Rätsel, schwer zu deutenden Visionen oder offen bleibenden Fragen lieben, sollten besser in ihrer kleinen, klaren Welt bleiben, wie sie z. B. in der „Sendung mit der Maus“ definiert wird.

Denn das Unerklärliche ist Programm in Saudage. Nicht umsonst liegt die Stadt direkt neben einer Anomalität, die ihre Grenzen sprengt und lange Zeit unbemerkt die Realität, wie wir bzw. die Bewohner von Saudage sie kennen, nachhaltig unterminiert. Was geschieht wirklich, was beruht auf Einbildung bzw. der Fehlfunktion von Sinnesorganen; gibt es eine erschreckendere Entdeckung als die, dass man seinen eigenen Augen nicht mehr trauen kann? So ergeht es auch uns Lesern, denen der Verfasser den festen Boden unter unseren Füßen wegzieht.

Inhaltlich wie stilistisch lässt sich „Nova“ als Post-Cyberpunk kategorisieren. Der Cyberpunk, ein SF-Subgenre, das in den 1980er Jahren für Aufsehen sorgte, weil es der Science-Fiction eine gänzlich neue literarische Dimension zu bieten schien, hat sich längst im breiten Strom der SF aufgelöst. M. John Harrison bedient sich bekannter Cyberpunk-Klischees, erschafft eine Welt mit scharfen gesellschaftlichen Kontrasten, in der sich jede/r selbst der Nächste ist. Cyberpunks sind Außenseiter, die sich um das Gesetz nicht scheren, sondern mit mehr als einem Bein im multimedialen Datenstrom stehen, der die Gegenwart dieser Zukunft prägt. Saudage ist auf allen Ebenen vernetzt, Hightech steht auch den Armen und Ausgestoßenen zur Verfügung, hat sie aber entgegen der Prognosen futurfixierter Vordenker keineswegs aus dem Elend befreit, sondern altbekannte Missstände nur in neue Formen gegossen.

Vic Serotonin ist so ein später Cyperpunk, nur dass ihm so gar kein anarchistischer Impetus mehr innewohnt. Die digitale Revolution hat längst ihre Kinder gefressen. Vic ist kein idealistischer Gegner des Systems, sondern ein Kleinkrimineller, der sich ohne Hoffnung auf eine positive Wende durch sein trübsinniges Leben treiben lässt.

So wie ihm geht es den meisten Menschen in seinem Umfeld. Nicht einmal die Tatsache, dass Vic sich regelmäßig in die Aureole wagt, macht ihn zu einer besonderen Person. Er hat keine Ahnung, was dort geschieht, sondern sammelt ängstlich Artefakte, die er nicht versteht, und verkauft sie weit unter Wert an skrupellose und clevere Ausbeuter, ohne sich Gedanken über mögliche Folgen zu machen.

Die Gesellschaft von Saudage scheint allerdings ohnehin an einem Punkt angekommen zu sein, an dem ihr herzlich gleichgültig ist, was ihr da aus fremder Dimension ins Haus schneit. Die Grenzen zwischen Realität und Aureole sind mindestens ebenso verwischt wie die Grenzen zwischen ‚analogem‘ und ‚digitalem‘ Alltag. Die Menschen lassen sich operativ ‚umschneidern‘, verwandeln sich in bizarre Kreaturen, die eine neue Mode in noch groteskere Gestalten treiben kann; sie lassen ihr Hirn und ihre Sinne künstlich ‚aufrüsten‘ und schaffen sich Ebenbilder aus Bits & Bytes – wie sollen sie überhaupt registrieren, dass etwas wirklich Fremdes über sie kommt?

In dieser Stadt der Haltlosen wirkt Lens Aschemann als Gesetzeshüter nicht fehl am Platze. Er entscheidet, was ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ ist. Scheinbar ist er niemandem Rechenschaft schuldig. Dabei ist Aschemann ein psychisch arg aus der Bahn geworfener Zeitgenosse, der sich mit seiner toten Gattin zu unterhalten pflegt und auch sonst ein auffälliges Verhalten an den Tag legt. Seine Assistentin wirkt auf den ersten Blick systemkonformer, doch sie hegt ihre eigenen Neurosen und ist eine Sklavin ihres ‚getunten‘ Körpers.

So leben die Bewohner von Saudage, obwohl auf allen Ebenen vernetzt, im Grunde nebeneinander her. Eine traurige Zukunft ist das, von der Harrison uns erzählt. „Nova“ kennt keine Helden, keine Schurken, sondern nur durchschnittliche Menschen in einer unwirtlichen Welt.

Die wirkt zu großen Teilen wie aus einem von Ted Benoits „Ray Banana“-Comics übernommen. Harrison übertreibt es mit seinem offensiven Mix aus futuristischer Hightech im Retro-Gewand. Wieso sollten die Bewohner von Saudage eine Vorliebe ausgerechnet für die irdische Architektur, Mode, Musik etc. der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts besitzen? Antwort: So lässt sich Hirnschmalz sparen, das sonst in die Darstellung einer wirklich fortschrittlichen oder wenigstens fortgeschrittenen Gesellschaft investiert werden müsste.

Aus dem „Film Noir“ ist die düstere Atmosphäre ‚entliehen‘. Alle Figuren sind quasi verdammt, wenn wir sie kennen lernen. Manche – wie Vic oder Emil – haben es erkannt und akzeptiert, manche glauben wie Fat Antoyne Messner und Irene, die Mona, noch immer an eine Chance, die sich ihnen u. a. an Bord des Raumschiffs „Nova Swing“ schließlich bieten wird.

Post, Retro, Film Noir – Eine positive aber objektive Kritik darf und muss sogar erwähnen, dass „Nova“ nicht zwangsläufig ‚Literatur‘ sein muss, nur weil der Verfasser mit den Regeln der Simpel-SF bricht. Harrison beherrscht sein schriftstellerisches Handwerk. Dennoch keimt der Verdacht auf, dass er hier weniger neu kreiert als routiniert abspult. Auch ‚anspruchsvolle‘ Literatur kann nach Autopilot entstehen – eine Tatsache, die Literaten und Literaturwissenschaftler gern abstreiten. Sie setzen dabei erfolgreich auf die heimliche Angst des Lesers, er (oder sie) sei schlicht zu dumm, den geistigen Höhenflügen des Verfassers zu folgen. Man darf sich da nicht irremachen lassen: Hinter manchem Adler versteckt sich nur eine lahme, aber schlaue Ente.

„Nova“ ist letztlich durchschnittliche SF mit Anspruch – interessant, aber simpel geplottet, was Harrison durch eine fein ziselierte Sprache (die ihre Übersetzung wohlbehalten überstanden hat) gleichzeitig zu veredeln und zu bemänteln weiß. Die Antwort auf die Frage nach der ‚Qualität‘ dieses Romans muss sich der Leser deshalb vor allem selbst beantworten. Wer dennoch Führung wünscht, mag sich an der Tatsache orientieren, dass „Nova“ mit einem „Arthur C. Clarke Award“ als bester Roman des Jahres 2006 ausgezeichnet wurde.

Michael John Harrison wurde am 26. Juli 1945 in der englischen Stadt Rugby (Warwickshire) geboren. Nach seiner Schulzeit arbeitete er zunächst in einem Reitstall, ging dann zum College, ließ sich zum Lehrer ausbilden, ging aber ohne Abschluss nach London und versuchte sich als Schriftsteller.

Schon 1966 erschien seine erste Science-Fiction-Story in Michael Moorcocks berühmten Magazin „New Worlds“. 1968 wurde Harrison hier redaktioneller Mitarbeiter; er blieb es bis 1975 und veröffentlichte in diesen Jahren nicht nur weitere Kurzgeschichten, sondern auch Essays und Rezensionen, die sich durch Genrekenntnis und Schärfe auszeichneten.

Ein erster Roman („The Pastell City“, dt. „Die Pastell-Stadt“) erschien 1971. Harrison zeigte sich schon hier und zunehmend in seinen späteren Werken als Autor, der vordergründige Action mied und stattdessen Science-Fiction schrieb, die offene Fragen und Missstände der Gegenwart auslotete. Die Schrecken einer skrupellosen Globalisierung, das Versagen der Politik oder den Zerfall von Gesellschaften bildeten und bilden die Themen, mit denen Harrison sich beschäftigt, dem deshalb die Kritik eher gewogen ist als die breite Leserschaft. Auch seine Fantasy (u. a. der „Viriconium“-Zyklus) ist fern aller Tolkien-, Williams- oder Pratchett-Tümelei.

Der Privatmann M. John Harrison ist ein passionierter Bergsteiger. Für seinen Roman „Climbers“ wurde er 1989 mit einem „Boardman Tasker Prize for Mountain Literature“ ausgezeichnet. Auch für seine SF-Romane und Kurzgeschichten verlieh man ihm diverse Preise, so 2006 einen „Arthur C. Clarke Award“ für den Roman „Nova Swing“ (dt. „Nova“).

http://www.heyne.de

_M. John Harrison auf |Buchwurm.info|:_

[„Licht“ 907
[„Die Centauri-Maschine“ 2851

McIver, Joel – Metallica: Justice For All – Die Wahrheit über Metallica

Die Story von |Metallica| ist einerseits durch die jahrelange, stete Medienpräsenz prinzipiell kein Mythos mehr; zu tief haben sich die Schicksalsschläge sowie die späteren musikalischen Wandlungen eingebrannt, zu oft wurde eigentlich schon darüber diskutiert. Und dennoch bietet der Stoff, aus dem diese vier Helden gemacht sind, noch einige Geheimnisse, Enthüllungen, die nur Insidern bekannt sind, aber auch Tiefpunkte, die bislang gerne mal verschwiegen wurden, um das Saubermann-Image der wohl größten Metal-Band des Planeten zu wahren. Joel McIver veröffentlichte vor einiger Zeit in seinem Buch [„Justice For All: Die Wahrheit über Metallica“ 1303 eine ganze Palette verschwiegener Fakten und eher versteckter Hintergründe. Von den schwierigen Anfängen, den Startschwierigkeiten über den langsamen Erfolgsweg bis hin zum Sprung an die Spitze einer ganzen Bewegung, die der Autor berechtigt als ein Lebensgefühl beschreibt, zeichnet er die Geschichte der Band chronologisch nach und lässt dabei wirklich kein Detail aus. Aufgrund der aktuellen Popularität des Metiers wurde diese Dokumentation nun auch als Hörbuch veröffentlicht, als solches aber natürlich in stark gekürzter Form. Claude-Oliver Rudolph hatte die Ehre, den geschnittenen Vortrag über die Giganten zu halten – und er schlägt sich bisweilen achtbar.

Allerdings kann die Hörbuchfassung den dicken Wälzer keinesfalls ersetzen; alleine dadurch, dass man verpflichtet war, sich aufs Wesentliche zu beschränken, reduziert man die Story im Endeffekt wieder nur auf all die Inhalte, die dem geneigten Fan im Grunde genommen eh schon bewusst ist. Hier und dort gibt es zwar noch einige Infos über den Studioaufenthalt zu „Ride The Lightning“ oder den Zwist zwischen der Band und Dave Mustaine, aber es ist eigentlich nichts dabei, was man nicht schon längst in Erfahrung gebracht hätte. Dennoch wäre es im Rahmen des Hörbuchs sicherlich möglich gewesen, bei gleichem Umfang besseres Infotainment zu bieten; so ist es zum Beispiel extrem anstrengend, wenn Rudolph zu jeder Tour nahezu alle Auftrittsorte auflistet und so die gut erzählte Geschichte immer wieder aus dem Zusammenhang reißt. Der Fakt, dass das Ausmaß der Tourneen ständig ins Unermessliche wuchs, hätte als Randinformation hier ganz bestimmt ausgereicht. Des Weiteren offenbart der Lektor zumindest bei seinem Grundwissen über die Band einige Schwächen; Songtitel werden falsch ausgesprochen, und zwischenzeitlich kommt es immer wieder zu Artikulierungsfehlern, über die sich der scharfsinnige Fan – und der ist nun mal der zentrale Punkt der angesprochenen Zielgruppe – brüskieren wird.

Und genau dies sind schließlich die Mankos, die im direkten Vergleich zur Vorlage nichts anderes als den Schluss zulassen, dass die Rundumbedienung in Buchform auf jeden Fall vorzuziehen ist. Zwar kann diese nicht die musikalischen Beiträge der beiden CDs ersetzen (hier covern einige Künstler, darunter auch |Motörhead|, Songs wie ‚Enter Sandman‘ und ‚Whiplash‘), aber der tatsächliche Gehalt ist doch um ein Vielfaches größer. |Metallica|-Fans hatten es in den letzten Jahren sowieso nicht sonderlich bequem, warum sollte sich daran also nun etwas ändern: Meine Empfehlung geht an das Buch; die zugehörige Doppel-CD taugt indes lediglich als Ergänzung.

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Wood, Brian / Burchielli, Riccardo – DMZ 1: Abgestürzt

_Story_

Während die amerikanischen Truppen ständig Missionen in Übersee starten, verkommt das eigene Land langsam aber sicher zum Schlachtfeld. In New York herrschen katastrophale Zustände; ein Bürgerkrieg erschüttert die Stadt und trennt das Herz, Manhattan, von den umliegenden Gebieten. Doch nach Monaten verheerender Gefechte scheint der Waffenstillstand nur noch eine Frage der Zeit, was die Journalisten erstmals ermutigt, die Krisengebiete aufzusuchen und ein Bild des dortigen Grauens zu zeichnen.

Matthew Roth traut weder Augen noch Ohren, als er kurzfristig die Gelegenheit bekommt, mit dem berühmten Reporter Ferguson nach Manhattan zu fliegen, um einen Bericht über die Zustände der demilitarisierten Zone für die lokalen Nachrichten zu drehen. Doch die Landung mit dem Helikopter wird zum Fiasko; alle Insassen sterben durch Heckenschützen, und nur der völlig hilflose Roth überlebt das Scharmützel. Verzweifelt sucht er nach einem Ausweg und nimmt mithilfe seiner zurückgebliebenen Ausrüstung Kontakt zum Militär auf.

Doch auch sein Rettungsversuch endet blutig, führt ihm aber erstmals vor Augen, wie erniedrigend die Menschen in Manhattan mittlerweile leben und was ein Menschenleben hier überhaupt noch wert ist. Hin- und hergerissen zwischen den Gedanken, sichere Zuflucht zu finden oder eine überwältigende Story zu schreiben und somit auf der Karriereleiter steil emporzusteigen, kämpft er in den Ruinen der einst so prächtigen Stadt ums nackte Überleben und macht sich alsbald einen Namen. In einer Zeit nämlich, in der alle Hoffnung begraben scheint, sind Menschen wie er ein echter Lichtblick.

_Persönlicher Eindruck_

Eine sehr mutige Story ist es, die Brian Wood mit „DMZ“ entworfen hat; gleichzeitig ein apokalyptisches Endzeitszenario und eine äußerst gesellschaftskritische Sichtweise der Entwicklungen innerhalb der Vereinigten Staaten, bei der die Arroganz und Brutalität des Militärs insgeheim an den Pranger gestellt werden. Davon abgesehen sind auch die Charakterzeichnungen, die Wood im ersten Band entworfen hat, wahrlich fantastisch. Dies beginnt mit dem hochnäsigen Reporter Ferguson, der sich für unfehlbar hält und in seiner Überheblichkeit gar nicht zu begreifen vermag, was es heißt, im Bürgerkrieg zu leben. Die Medienberichte schienen für ihn nur Bilder einer fremden Welt zu sein, doch ereignen sich die schlimmsten Szenarien in diesem Fall vor der eigenen Haustür, was er in seinem naiven Leichtsinn nicht wahrhaben will.

Auf der anderen Seite steht mit Matthew Roth ein absolutes Greenhorn, das allzu leichtfertig als Kanonenfutter den Gehilfen spielen soll, nicht wissend, worauf er sich da überhaupt einlässt. Seine Berufung kommt völlig überraschend, und da er überhaupt keine Informationen über seinen Einsatz hat, ist er gänzlich verloren, als er das Attentat der Miliz überlebt. Doch in einer derartigen Extremsituation übermannt ihn sein Überlebensinstinkt; die erste Flucht gelingt und nach und nach gestatten ihm neue Gefährten, einen genaueren Blick in das schäbige Leben in Manhattan zu werfen.

Als dann aber eine Rettungsmission zur Befreiung des Praktikanten ziellos auf Zivilisten schießt, verliert Matt seine Glaubwürdigkeit und muss sich fortan alleine durch das Zentrum der Zerstörung kämpfen. Und erst dabei wird er der erschütternden Wahrheit gewahr; schwer verletzte Kinder, hungernde Familien, brutale Plünderer, Prostitution als Lebensgrundlage, ein völlig außer Gefecht gesetztes Gesundheitssystem, all das macht Manhattan in diesen Zeiten aus. Bilder, die Matt nur aus dem Fernsehen kannte und ihm beweisen, dass nichts schlimmer ist als die Realität, wenn sie einen derart bedrängt. Und ausgerechnet jetzt soll er sich als Nobody durchschlagen, ohne zu wissen, wo er von nun an hingehört und wem er vertrauen kann – und ohne zu begreifen, was eigentlich wirklich los ist.

Erschreckend und fesselnd sind sie, die postapokalyptischen Szenarien, die Wood hier entworfen hat; New York in Trümmern ist ein Bild, das seit dem 11. September kein Unbekanntes mehr ist. Doch wie eine Stelle in „DMZ“ treffend beschreibt, so herrscht in diesem Comic jeder Tag der 11. September. Zu sehen, wie bedeutende Protagonisten ihre Menschlichkeit gegen Waffen getauscht haben, zu sehen, wie das Militär skrupellos auf Landsleute schießt und die Schreckenstaten sowie den Mord von unbeteiligten Zivilisten, darunter auch Kinder, vertuschen möchte, aber auch zu sehen, wie sich der Hauptakteur inmitten einer solch aussichtslosen Situation, getrieben vom Willen zum Überleben, zurechtfinden muss, ist ein absolutes Novum, weil die komplette Story so realistisch und nahbar wirkt. Der Schauplatz der Gefechte ist real, und nicht erst seit den Flugzeugattentaten auf New York im Jahre 2001 scheinen Bilder, wie man sie hier zu sehen bekommt, nicht mehr unwahrscheinlich.

Doch noch erschreckender ist, dass man erst wachgerüttelt wird, als man sich vergegenwärtigt, dass die Handlung in den Vereinigten Staaten spielt. Weltweit sind derartige Niederträchtigkeiten Alltag; man toleriert sie schon fast, weil man selber nicht beteiligt oder betroffen ist und nimmt sie als gegeben hin. Doch jetzt ist es New York, eine so sicher geglaubte Stadt, vielleicht sogar die bekannteste Stadt der Welt, und schon verfinstern sich die Eindrücke im Verlauf der Story. An dieser Stelle soll jetzt keine Moralpredigt folgen, aber ist es nicht traurig, dass es eines Werkes wie „DMZ“ bedarf, um den Leuten die Bedeutung von Bürgerkrieg so authentisch wie möglich zu vermitteln? Meiner Meinung auf jeden Fall. Aber es spricht zweifelsohne für den Autor und seinen Kollegen Richard Burchielli, dass einem solche Gedanken überhaupt erst kommen. „DMZ“ regt zum Nachdenken an, offenbart eine schonungslose Realität und bietet darüber hinaus auch noch einen eiskalten, teils sehr actionreichen Plot, der einen von der ersten bis zur letzten Seite vor Begeisterung und Erschütterung gleichsam lähmt. Oder mit anderen Worten: ein Meisterwerk, das hier seinen Anfang nimmt und dessen Fortsetzung mit großer Spannung erwartet wird.

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Roberts, Adam – Sternensturm

_Kleiner Ausschnitt einer großen Bibliographie._

Adam Roberts ist ein umtriebiger Autor, der seit 2000 bereits zehn Science-Fiction-Romane veröffentlicht hat, eine Science-Fiction-Kurzgeschichtensammlung und zwei Bücher über Science-Fiction. Dazu kommen noch sechs Parodien, die |Dr. Who| auf die Schippe nehmen, das |Silmarillion|, den |kleinen Hobbit|, |Star Wars|, |Matrix| und den |Da Vinci Code|. Zur deutschen Übersetzung haben es davon „Das Stiehlnemillion – Die Tolkien-Parodie“ geschafft, „Der kleine Hobbnix – Die Tolkien-Parodie“ und „Star-Warped – Die Krieg-der-Sterne-Parodie“.

Nicht zu vergessen, dass Roberts als Dozent tätig ist, an der University of London, um sich zum einen mit Literatur des 19. Jahrhunderts zu befassen, aber auch mit der Postmoderne – insbesondere mit Science-Fiction.

Von Roberts‘ Science-Fiction-Ergüssen sind nur wenige ins Deutsche übersetzt worden: sein Erstling „Salt“ („Sternennebel“), „Stone“ („Sternenstaub“) und das vorliegende „Sternensturm“ (im Original: „Polystom“). Dazu sei gesagt, dass die drei Romane inhaltlich nicht zusammenhängen, auch wenn die deutsche Titelgebung etwas Derartiges suggeriert. Jedenfalls ist „Polystom“ bereits 2003 erschienen, während die fünf Nachfolger noch auf ihre Übersetzung warten: die Kurzgeschichtensammlung „Swiftly“ (2004), „The Snow“ (2004), „Gradisil“ (2006), „The Land of the Headless“ (2007) und „Splinter“ (2007). Nicht vergessen werden sollen auch die unübersetzten Vorgänger von Polystom: „On“ (2001), „Park Polar“ (2002) und „Jupiter Magnified“ (2003)

_Ein verkannter Profi des Besonderen._

Wenn man sich die Lesermeinungen in diversen Online-Buchgeschäften so ansieht, die um Roberts übersetzte Science-Fiction-Werke kreisen, schwinden alle Hoffnungen, dass die besagten Polystom-Nachfolger jemals den Weg in die deutschen Büchereien schaffen. Grund für den allgemeinen Unmut mag vielleicht die etwas ungeschickte Coverwahl von |Heyne| sein, denn hypermoderne Riesenraumschiffe finden sich in „Sternensturm“ nicht, ebenso wenig wie die krasse Hardcore-Science-Fiction, deren Erwartung einem der werbewirksam abgedruckte Kommentar von Stephen Baxter einflüstert. Stattdessen begegnet Roberts der Science-Fiction auf eine wunderbar unkonventionelle Art, die dem Raumschiff-Puristen mit Sicherheit aufstößt, aber hiermit jedem Leser empfohlen sei, der sich auf die etwas andere Science-Fiction einlassen kann und Abstand braucht von altbekanntem Weltraumgeballer.

_Was wäre, wenn …_

… es den Äther tatsächlich gäbe, wenn die Sonne in einer Atmosphäre arbeitete, wenn man zwischen den Planeten mit Zeppelinen und Flugzeugen fliegen könnte, wenn Himmelswale durch den Äther zögen, um sich von interplanetarem Plankton zu ernähren? Dann wären die Planeten um einiges kleiner, als sie es in unserer Welt sind, und es wäre auch nichts Besonderes, wenn einzelne Menschen Verwalter ganzer Welten wären. Dementsprechend ist Polystom ein solcher Verwalter, auf dem Papier zumindest, denn eigentlich ist er der Sohn des verstorbenen „echten“ Verwalters und eher adligem Nichtstun verpflichtet als politischen Aufgaben. Polystoms Herz schlägt für die Poesie und für die Wälder, die sein Gut umwachsen, für sein Flugzeug außerdem und für seinen Onkel Kleonikles, den er des Öfteren auf dem Mond besucht – um sich auszuweinen meistens.

Nun, der Leser jedenfalls erfährt schon auf der ersten Seite des Buches, dass Kleonikles nur noch drei Tage zu leben hat. Bevor dieses Ereignis aber eintritt, streift man durch Polystoms Vergangenheit, erlebt seine gescheiterte Ehe mit der seltsamen Beeswing und erfährt, dass Kleonikles der absurden Theorie nachhängt, es könnte auch Planeten- und Sonnensysteme in einem Vakuum geben. Dann, wenn man dem Leben und Leiden dieser beiden Figuren zugesehen hat, wird Kleonikles wie angekündigt umgebracht und Polystoms Leben nimmt eine weitere Wendung.

Er verpflichtet sich dazu, am Krieg auf dem Schlammplaneten teilzunehmen, wo sich Bedienstete gegen ihre Herren aufgelehnt haben und nun schon Jahre ihrer Niederwerfung trotzen konnten. Polystom lässt einen Teil seiner eigenen Dienerschaft ausbilden und fliegt selbst mit auf den Schlammplaneten, als diensthabender Offizier, um dort schmerzhaft lernen zu müssen, dass Krieg alles andere als poetisch und heldenhaft ist. Außerdem, und das ist viel wichtiger, stößt er dort auf ein Geheimnis, das ihn vor eine schwere und schicksalhafte Entscheidung stellt …

_Weltraumabenteuer mit Figuren-Fokus._

Wo andere Science-Fiction-Romane großen Wert auf ihr Universum legen und auf möglichst abgefahrene Techno-Spielereien, legt Roberts in diesem Roman den größten Wert auf seine Figuren. Das obig skizzierte Szenario mag gähnend langweilig erscheienen, und mit Sicherheit wäre es das auch, würde Roberts seine Feder nicht so pointiert und scharfzüngig führen. Seine Bilder sind frisch und unverbraucht, seine Dialoge treffen voll ins Schwarze und nie hätte ich gedacht, dass man Gehässigkeit so geschickt zwischen die Zeilen eines Buches packen kann.

Sympathische Figuren sucht man in „Sternensturm“ jedenfalls vergeblich. Polystom etwa, diese selbstverliebte, Untergebene verheizende, dummdreiste, naive, standesdünkelnde Heulsuse, stürzt einen ständig in ein Wechselbad der Gefühle: Entweder hasst man ihn, oder man bemitleidet ihn. Seine gescheiterte Ehe etwa … Als man am Anfang des Buches davon erfährt, hat man noch das Standardbild der gescheiterten Ehe vor Augen: eine normale Beziehung, man lebt sich auseinander, wie eine Ehe eben so kaputtgeht. Aber von wegen. Diese „Ehe“ verdient ihre Bezeichnung nur in Polystoms Wahrnehmung, der Leser erlebt ein grauenhaftes Fiasko durch die narzistisch selbstüberschätzende Brille, die Polystom trägt. Alleine schon sein Balzverhalten lässt einen gehässig Tränen lachen, die Hände über dem Kopf zusammenschlagen oder beides. Das Ganze gipfelt allerdings in einem knallharten Psychoduell, bei dem irgendwann auch der dunkelsten Seele das Lachen im Halse stecken bleibt: Ständig betrachtet man die Geschehnisse aus dem Blickwinkel des „höherwertigen Polystom“, der von seiner Frau Respekt einzufordern versucht, weil sie „diese Ehe als ein Geschenk betrachten und mit Respekt würdigen sollte, da sie gesellschaftlich weit unter ihm stünde.“

Die ganze Gesellschaft in dieser parallelen Welt ist geprägt von einem beinharten Hierarchiesystem und es ist sicher nicht übertrieben anzunehmen, dass Roberts mit „Sternensturm“ einen herben Angriff auf blaublütigen Dünkel verüben will und auf die Natur des Menschen im Allgemeinen. Der ganze Roman ist eine einzige Spitze, vollgepackt mit giftigem Humor, der manchmal so bitter zynisch und pechschwarz ist, dass man sich nur noch hinter vorgehaltener Hand zu lachen traut. Zum Ende hin verflüchtigt sich der Humor allerdings und leidenschaftlicher Zynismus gewinnt die Oberhand: Die Bilder werden zunehmend drastisch, als Polystom den Krieg auf dem Schlammplaneten erlebt, und Roberts‘ Stil überschreitet ein ums andere Mal die Grenze zum Bösartigen. Und hier, man hat schon gar nicht mehr erwartet, nimmt dann doch die Science-Fiction die Zügel in die Hand und überrascht den Leser mit einem unerwarteten Finale.

_Besondere Kost für besondere Leser._

Ja, der Science-Fiction-Anteil von „Sternensturm“ hält sich definitiv in Grenzen, beschränkt sich auf die Beschreibung der alternativen Physik des Universums, auf die Forschungsbeschreibungen von Polystoms Onkel und auf den Clou am Ende. Auch dieser Clou wird nicht jeden Geschmack treffen, ich wage zu behaupten, dass man ihn entweder liebt oder hasst, aber das trifft mit Sicherheit auf das ganze Buch zu. Dementsprechend ist es nicht ganz einfach, die Zielgruppe einzugrenzen, die an „Sternensturm“ ihre Freude haben könnte.

Wer sich ein Buch mit dem Titel „Sternensturm“ sonst nicht kaufen würde, hat jedenfalls schon mal gute Chancen für die Kandidatenliste. Wer sich bei Raumschiffen auf dem Buchcover sonst mitleidig lächelnd abwendet, sollte ebenfalls hellhörig werden. Wer sich auf eine gallige Gesellschaftsfiktion einlassen kann, mit einem Humor, der manchmal so böse zwischen den Zeilen hockt, dass er diese Bezeichnung kaum noch verdient, bekommt ebenfalls Pluspunkte auf seinem Kandidatenindex. Jetzt braucht es nur noch eine Begeisterung für das futuristisch-philosophische Gedankenexperiment, um sich guten Gewissens auf den Weg in das nächste Buchgeschäft zu machen. „Sternensturm“ ist ein mutiges Kleinod von ausgesuchter Gemeinheit!

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|Adam Roberts auf Buchwurm.info:|

[„Sternenstaub“ 2308
[„Der kleine Hobbnix“ 477
[„Star Warped“ 1495

Hartley, Welles / Harrison, Mick / Williams, Rob – Star Wars 63: Dark Times 2 (von 5) – Der Weg ins Nichts

[Band 1 3853

_Inhalt_

|“Der Weg ins Nichts“|

Dass Jennir und der Nosaurier Bomo sind nur knapp der Invasion des Imperiums und somit auch der Sklaverei entkommen. Dennoch lasten die persönlichen Verluste schwer auf Bomos Schultern, dessen Familie auf dem Fluchtweg gekidnappt und auf den Sklavenplaneten Orvax 4 verschleppt wurde. Gemeinsam reist das Duo inkognito zur Sklavenbasis der imperialen Streitkräfte und geht an Bord ihres Schiffes wegen ihrer Verschwiegenheit ein erhöhtes Risiko ein. Doch die Wegbegleiter erweisen sich schnell als treue Verbündete und kämpfen sich mit dem Jedi und dem Nosaurier durch das Gefängnis von Orvax 4. Aber Bomo kommt zu spät.

|“Rebellion“|

Wyl Tarson gehört zu den geheimsten Schützlingen der Rebellion und hat der Allianz in den letzte Jahren immer wieder treue Dienste durch die Übermittlung von geheimen Informationen erwiesen. Nun gerät der mutige Jüngling jedoch in den Einfluss des Verbrecherkönigs Raze, der Wyl nach einer Explosion aufgabelt und ihm eine Bombe in den Körper pflanzt. Wyl ist jedoch nicht bereit, sich dem Willen des Fieslings zu unterwerfen, und widersetzt sich zunächst seinen unglaublichen Forderungen. Als ihm dann aber bewusst wird, dass er damit blindlings in den Tod stürzen wird, überdenkt er seine Entscheidung und unterstützt Raze bei seinen teuflischen Plänen.

_Meine Meinung_

Nach dem eher schwachbrüstigen letzten Heft der „Star Wars“-Comics beinhaltet die neue Ausgabe nun endlich den heiß ersehnten zweiten Teil der aktuellen Reihe „Dark Times“, einem der vielversprechendsten Plots des Star-Wars-Universums der letzten Monate. Strikt führt das Autorenteam Hartley und Harrison die Story fort und versetzt die beiden Protagonisten von einer Notlage in die nächste. Mit Heimtücke und gutem Willen gelingt es Bomo und Dass Jennir, sich an Bord eines Schiffes Zuflucht zu verschaffen und geradewegs auf den Sklavenplaneten zuzusteuern, auf dem der Nosaurier seine verschollene Frau und die gemeinsame Tochter wähnt. Unerbittlich kämpft sich das eingespielte Zweigespann durch die Gefahren dieser Welt und schummelt sich teils auch mit Gewalt bis in die Gefängnisstation des Planeten durch. Für Bomo Greenbark leuchtet für einen kurzen Zeitpunkt wieder der Stern der Zuversicht – nur um nach einer schrecklichen Nachricht seiner alten, ebenfalls versklavten Verbündeten wieder zu verlöschen.

Hartley und Harrison lassen im zweiten Teil der deutschsprachigen Ausgabe definitiv die Action sprechen. Vor allem Dass Jennis muss auf Orvax gleich mehrfach seinen Mann stehen und dabei zusehen, dass weder die imperialen Truppen noch die seltsamen Biester, die den Planeten bevölkern, auf ihn aufmerksam werden. Des Weiteren wird die Story in rasendem Tempo fortgeführt und wird trotz der relativ kurzen Spanne von einigen inhaltlichen wie emotionalen Hochs und Tiefs gesäumt. Einzig die Zweifel Vaders, der sich insgeheim im letzten Teil gegen die Pläne des Imperators gestellt hat, hätte man nicht so weit im Dunkeln stehen lassen müssen, schließlich begründete sich ein Teil des inhaltlichen Potenzials auf dessen Skepsis. Aber möglicherweise folgt diesbezüglich im Abschluss der Story noch mehr, worauf man nach den Ereignissen im mittleren Part mehr als gespannt sein darf. Insgesamt also eine löblich strukturierte, spannende und vor allem kurzweilige Fortsetzung der „Dark Times“.

Parallel hierzu eröffnet man auch gleich schon eine neue Mini-Serie innerhalb der Sternencomics. Neben dem Hauptakteur Wyl Tarson trifft man hier auf alte Bekannte wie den zwielichtigen Raze, der sich hier als unnachgiebiger Fiesling und kompromissloser Sklaventreiber offenbart und somit das Böse in einer Story von Verrat, Intrigen, Hinterlisten und Gemeinheiten verkörpert. Lediglich der etwas verwirrende Aufbau der Handlung trübt den eigentlich positiven Gesamteindruck der neuesten „Rebellion“-Saga ein wenig und führt gerade in der Mitte zu einigen Ungereimtheiten, die zu einem späteren Zeitpunkt auch nicht ganz ausgeräumt werden. Aber auch hier hofft man für Klarheit in der Fortsetzung, die wahrscheinlich in Heft Nr. 64 enthalten sein wird.

Alles in allem ergibt sich nach dem kurzen Einbruch der letzten Ausgabe wieder ein überaus zufriedenes Gesamtfazit: Die alte Serie bekommt eine würdige Fortsetzung und zugleich auch noch einen gleichwertigen, wenn auch zwischenzeitlich konfusen Nachfolger zur Seite gestellt. In den „Star Wars“-Comics bleibt es spannend und vor allem vielseitig – dank Volltreffern wie „Dark Times“ und „Rebellion“.

http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10314

Arthur C. Clarke – Inseln im All

clarke-inseln-im-all-cover-1983-kleinJüngling Roy besucht eine Raumstation, lernt den schwerelosen Alltag kennen und erlebt viele lehrreiche Abenteuer … – Aus heutiger Sicht naiver „Roman für die Jugend“, der allzu didaktisch daherkommt, aber sehr interessant die längst verworfene Vision einer Zukunft beschreibt, in der Technik und Wissen für Weltfrieden und Wohlstand sorgen.
Arthur C. Clarke – Inseln im All weiterlesen

Anthony Pratt – Cluedo (DVD-Brettspiel)

Digitale Schnüffelei

Es scheint derzeit sehr beliebt, einstige Spieleklassiker fürs digitale Zeitalter neu aufzupeppeln und aus dem klassischen Brettspiel ein interaktives Vergnügen zu machen, welches den Geist der Ursprungsversion in die Moderne führt. Gerade bei |Parker/Hasbro| hat sich in diesem Bereich während der letzten Jahre so einiges getan, wenngleich die Verfechter der alten Originale dieser Entwicklung eher skeptisch gegenüberstehen. Auch bei „Cluedo“, dem wohl bekanntesten und berühmtesten Detektivspiel aller Zeiten, durfte man gespannt sein, inwiefern die DVD-Variante an die Genialität des bereits 1949 erstveröffentlichten Debüts anknüpfen kann, zumal der Klassiker aus der Feder von Anthony Pratt in seiner Sparte als nahezu unangetastet gilt.

Doch die digitale Improvisation lässt sich diesbezüglich absolut nicht lumpen. So hat man das übliche Spielschema noch mit zehn festgelegten Fällen erweitert, die um einiges kniffliger sind als der sogenannte Hauptfall, bei dem man lediglich erforschen muss, welche Person wann und wo einen vorher festgelegten Gegenstand gestohlen hat. Davon abgesehen ist auch das neue Design um ein großes Stück fortschrittlicher; das Spielbrett erstrahlt in neuem Glanz, die üblichen Verdächtigen werden mit einer tollen Figur gewürdigt und die Navigation durch das interaktive Menü bringt dem Spiel ganz neue Möglichkeiten, die einen schon nach der ersten Runde zum vorläufigen Resümee bringen, dass das DVD-Brettspiel seinen Vorgängern noch einiges voraus hat – und daher sowohl für Einsteiger als auch Fortgeschrittene die erste Wahl sein sollte.

Die Hintergrundgeschichte

Chaos in Schloss Neubrunn; kurz vor den Feierlichkeiten in der Herberge des Grafen Eutin ist ein wichtiger Gegenstand gestohlen worden. Doch worum handelt es sich bei dem rätselhaften, verschollenen Irgendwas? Wer hat sich das Diebesgut zu Eigen gemacht? Und wo hat er es entwenden können? Zu welcher Tageszeit war der Gauner respektive die Gaunerin aktiv?

Mit Hilfe des Butlers James und der tatkräftigen Unterstützung von Inspector Brown machen sich die Spieler daran, den Fall langsam aber sicher aufzuklären und über verschiedene Hinweise und verschlüsselte Informationen die Liste der Tatverdächtigen stetig einzuschränken. Allerdings ist Vorsicht geboten; auch die übrigen Schnüffelnasen machen bei ihren Ermittlungen Fortschritte – und das größte Lob gilt schließlich nur demjenigen, der den mysteriösen Fall hat aufklären können.

Spielmaterial

• 1 DVD
• 1 Spielbrett
• 42 Karten
• 10 Spielfiguren
• 1 rote Lupe
• 1 Diebstahlakte
• 1 Detektiv-Notizblock
• 4 Vorhängeschlösser

Die Materialien in der Schachtel des „Cluedo DVD-Brettspiels“ muss man aus zweierlei Sicht betrachten. Zunächst einmal wäre da die Originalität der zugrunde liegenden Struktur. So besitzen die Karten auf ihrer Rückseite jeweils mehrere verschlüsselte Symbole, die man mit der Lupe entziffern muss, um diejenigen Karten auszusortieren, die später für die individuellen zehn Falldarstellungen benötigt werden. Des Weiteren ist auch das Spielbrett eine echte Augenweide und bietet auch dem Auge des Hobbydetektivs einige optische Reize, die der älteren Variante bisweilen abgingen. Und mit den witzigen Spielfiguren bringt man eine weitere Komponente ein, die das gesamte Setting noch authentischer gestaltet. In dieser Hinsicht kann man also nur lobende Worte verlieren.

Ganz anders schaut’s indes bei der Stabilität des Materials aus; enttäuscht musste ich beim Öffnen der Schachtel feststellen, dass der Griff der Lupe bereits abgebrochen war, und das ohne jegliche Fremdeinwirkung. Darüber hinaus sind auch die Spielfiguren und die Diebstahlakte recht empfindlich, was bei mehrfacher Verwendung – und davon ist sicherlich auszugehen – zu raschen Verschleißerscheinungen führen wird, die wiederum die Optik zweifelsohne trüben werden. Und auch der Detektiv-Notizblock wird eines Tages aufgebraucht sein, wenngleich er schon ziemlich dick bestückt ist.

Optik plus Funktionalität vs. Stabilität; was dies betrifft, gibt es beim „Cluedo DVD-Brettspiel“ pro und kontra, und beides sollte eben nicht unerwähnt bleiben.

Spielaufbau

Zu Beginn einer jeden Partie werden die Gegenstandskarten aussortiert und die Karten mit Tatorten, Verdächtigen und Tageszeiten gemischt und unter den beteiligten Spielern aufgeteilt. Vorab werden außerdem die Karten herausgesucht, auf denen die drei bzw. vier gesuchten Tatbefunde (je nachdem, ob man einen vorgegebenen oder eben den Hauptfall wählt) zutreffen, dies aber natürlich verdeckt, da es ja letztendlich darum geht, herauszufinden, was auf diesen Karten steht. Jeder Spieler startet mit seiner Figur im Beweisaufnahmeraum im Zentrum des Spielfelds seine Ermittlungen und erkundet von dort aus die einzelnen Tatorte.

Egal, ob man sich nun für einen der zehn vorgegebenen Fälle oder doch für den flexibleren Hauptfall (bekannt aus dem Ursprungsspiel) entscheidet, so ist das grundsätzliche Procedere doch jedes Mal gleich. Ein Spielzug besteht aus insgesamt zwei Zügen, die sich jedoch ein wenig variabel gestalten lassen. Als Erstes bewegt man seine vorab bestimmte Figur immer auf dem Spielfeld von einem möglichen Tatort zum nächsten. Gegebenenfalls verwendet man hierzu auch einen Geheimgang, muss dabei jedoch eventuell eine durch die DVD vorgegebene Hürde bestehen (z. B. eine seiner Karten abgeben). Hierbei versucht man, immer wieder Hinweise zu bekommen und in die Karten der anderen Spieler Einblicke zu erhalten, denn jede Karte, die sich nicht in der Diebstahlakte befindet, gibt weiteren Aufschluss darüber, welches Wer, Was, Wo bzw. Wann man auf seinem Notizblock ankreuzen und für den weiteren Fall ausschließen kann.

Hat man seine Figur nun entsprechend ein Feld weiterbewegt, gibt es mehrere Möglichkeiten. Man kann entweder einen Verdacht aussprechen und Vermutungen äußern, was wann und wo geschehen ist und wer genau dahintersteckt. Sollten aber mittlerweile auch schon der Butler und der Kommissar integriert sein – dies geschieht bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Spiels und wird von der DVD angekündigt – kann man auch ihre Hinweise und Notizen lesen und wieder weitere Dinge aus seiner Liste auf dem Notizblock als unverdächtig markieren.

Sollte man sich dazu entschließen, einen Verdacht zu äußern, geschieht dies folgendermaßen: Man nennt drei der insgesamt vier Tatelemente und versucht somit, den Kreis der Verdächtigen zu verkleinern. Ein Verdacht könnte also folgendermaßen aussehen: Konrad hat im Speisezimmer das Fernrohr gestohlen. Nun gilt es für die Mitspieler, diese Behauptung zu überprüfen und nach Möglichkeit zu widerlegen. Im Uhrzeigersinn schaut jeder nach, ob er eine der drei genannten Karten auf der Hand hält. Der erste Spieler zur Linken beginnt nun; hat er tatsächlich eine oder gar mehrere gefragte Karten auf der Hand, wählt er eine aus und zeigt sie verdeckt dem derzeit aktiven Detektiv. Dieser notiert nun, was er gesehen hat. Sollte sich zum Beispiel Konrad als Karte beim Nachbarn in der Hand befunden haben, steht fest, dass er nicht mit der Tat in Verbindung steht. Der Kreis der Verdächtigen ist also wieder um eine Person verringert worden. Eine Klausel gilt es allerdings zu beachten. Sollte in die Verdachtsäußerung auch das Wo einbezogen werden, darf man immer nur Tatorte benennen, an denen man sich selber derzeit aufhält. Es ist also nicht möglich, in der Halle die Vermutung zu äußern, dass der Diebstahl im Salon stattgefunden hat.

Sollte man indes noch nicht genügend aufschlussreiche Indizien gesammelt haben, lohnt es sich auch, den Butler zu fragen, der still und heimlich seine Beobachtungen macht und allen Mitspielern transparent neue Informationen gibt. Auch der Kommissar hat von Zeit zu Zeit neue Hinweise, die er auf einem Notizzettel hinterlegt, den man schließlich mit der Lupe auf dem Fernseher dechiffrieren bzw. anschließend im Begleitheft nachschlagen muss, nachdem man erfahren hat, auf welcher Seite man den Hinweis finden wird. Ab und zu versteckt der Komissar auch Gegenstandskarten an verschiedenen Tatorten, die man einsehen kann, wenn man dort seine Begabungen als Detektiv bei einer kniffligen Aufgabe bewiesen hat. Dies durchzuführen gilt ebenso wie die Hinzunahme des Butlers respektive des Kommissars sowie die Äußerung eines Verdachts als ein möglicher zweiter Schritt, nachdem man seine Figur in der ersten Spielphase um ein Feld vorwärts bewegt hat.

Im Laufe des Spiels greift der Kommissar dann immer häufiger ins Geschehen ein und treibt die Ermittlungen unerbittlich voran. Immer öfter muss man nun eine seiner Karten offen in den Beweisaufnahmeraum legen, so dass jeder Spieler stetig neue Informationen bekommt und sich die Vermutungen zur Tat verdichten. Allerdings ist Eile geboten, denn sollte jemand keine Karte mehr auf der Hand halten und wird aufgefordert, eine solche abzulegen, scheidet er vorzeitig aus.

Spielende

Ist sich jemand nun endgültig sicher und glaubt, er kann den Tathergang genauestens rekonstruieren, begibt er sich ins Beweisaufnahmezimmer und erhebt Anklage. Nun prüft er mit der Lupe auf dem Bildschirm jedes einzelne Indiz nach und erhält schließlich Auskunft, wie viele seiner Vermutungen richtig sind. Sollten dies gleich alle vier sein, hat er den Fall aufgeklärt und das Spiel gewonnen. Liegt er indes falsch, muss er für jeden falschen Verdacht eine weitere Karte abgeben. Auch hier gilt: Gerät er diesbezüglich in eine Bringschuld und kann keine Karten mehr nachlegen, ist das Spiel für ihn oder sie vorzeitig vorüber.

Variation im Hauptfall

Der Hauptfall unterscheidet sich durch den oben beschriebenen Hergang der zehn vorbestimmten Fälle insofern, dass der Gegenstand, der gestohlen wurde, bereits bekannt ist. James kann demzufolge auch keine Hinweise geben, und auch der Kommissar weiß nichts über den Verlauf der Tat. Dementsprechend ist auch die Suche ein wenig beschwerlicher. Wer nämlich zum Schluss Anklage erhebt, ist gezwungen, in die Diebstahlakte zu sehen und zu vergleichen. Hat er dabei auch nur einen falschen Verdacht, ist das Spiel sofort für ihn zu Ende, da er nun schon die Lösung kennt.

Persönlicher Eindruck

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich das klassische „Cluedo“ bis dato nie besessen habe und nur noch ganz entfernte Kindheitserinnerungen in mir herumtrage, die nun aber wieder vollkommen aufgeblüht sind, nachdem die komplett überarbeitete Variante zum ersten Mal auf den Tisch gekommen war. Allerdings war mir das Spiel definitiv nicht mehr als derart genial im Hinterkopf geblieben, obwohl mir auf jeden Fall bewusst war, dass es über eine riesige, ständig wachsende Fangemeinde verfügt.

Wie auch immer, die DVD-Version von „Cluedo“ hat von Beginn an große Begeisterung hervorgerufen; alleine schon die durch das Filmmaterial geschaffene Atmosphäre ist wahrlich einzigartig und versetzt einen in eine Zeit, in der Meisterdetektive wie Sherlock Holmes zu Legenden reiften. Die musikalische Untermalung, die plötzlichen Einwürfe des Kommissars, die verstrickten Hinweise des Butlers und generell die Zusammenfügung der unterschiedlichsten Hinweise transferiert den Spieler auf sehr authentische Art und Weise in die Rolle eines geheimen Schnüfflers und macht besonders die neu hinzugekommenen zehn Fälle zu einem echten Schmankerl, welches im Rahmen der Serie sicher noch weiter ausgebaut werden sollte. Schließlich sollte es ein Leichtes sein, eine DVD-Erweiterung mit wieder neuen Fällen zu konzipieren. Doch das ist erst einmal Zukunftsmusik.

Erst einmal gilt es sicherlich, die Skepsis der Zweifler einzudämmen, was durch besagte Atmosphäre eigentlich schon zum größten Teil erledigt sein sollte. Darüber hinaus gefällt auch der allgemeine Aufbau sowie die Navigation durch das DVD-Menü auf Anhieb. Zwar wünscht man sich bisweilen, dass man nicht ständig die OK-Taste bedienen müsste, aber insgesamt ist die Struktur leicht verständlich, spieltechnisch ziemlich ausgereift und mit einem diesbezüglich sehr guten Spannungsbogen versehen. Dazu gehört auch die Art und Weise, wie Hinweise und Einschnitte ins Szenario eingebaut werden. Es geschieht recht häufig, dass dadurch ein fast schon als zwingend richtig erwiesener Tatverdacht wieder ad absurdum geführt wird, weil James und Brown mit neuen Fakten daherkommen. So bleibt das Spiel bis zur letzten Sekunde spannend, bis sich schließlich die Verdächtigungen erhärten und man sicher sein kann, bei der Anklage richtig zu liegen.

Genau an diesem Punkt offenbart „Cluedo“ aber eine nicht zu unterschätzende Schwäche: Es ist nämlich schon so, dass alle Detektive bei ihren Ermittlungen auf einem gleichen Level Fortschritte erzielen und man den Gegenübern nicht wirklich viel vorenthalten kann. Daher ist es zum Schluss häufig so, dass sich die letzten Züge zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen in Richtung Beweisaufnahmeraum entwickeln und derjenige das Spiel gewinnt, der von vornherein am günstigsten positioniert ist. Dies ist insofern ungünstig, als mehrere Spieler den Fall aufgedeckt haben, aber keiner mehr die Chance bekommt, dies zu beweisen. Erst nach mehreren Spielen entwickelt man zur Vermeidung eines solchen Settings Strategien durch geschicktes Ausspielen seiner Karten (bei Aufforderung des Kommissars), soll heißen man entwickelt ein Händchen dafür, welche Infos man besser für sich behält und wie man die Konkurrenten täuschen kann. Aber gerade zu Beginn tritt das nicht ganz ideale Finale häufiger auf.

Nichtsdestotrotz weiß das DVD-Brettspiel zu „Cluedo“ die ermittelnde Spielgemeinschaft in seinen Bann zu ziehen. Das Konzept wurde wirklich sehr fortschrittlich ins digitale Zeitalter transferiert, das generelle Spielprinzip noch einmal gehörig erweitert und mit den Mitteln der cineastischen Begleitung außerdem eine Atmosphäre kreiert, innerhalb derer das Spiel gleich doppelt Spaß macht. Aus diesem Grunde sollten selbst diejenigen, die bereits das Original im heimischen Regal platziert haben, noch einmal überlegen, ob sie nicht auch zur neuzeitlichen Version greifen möchten, da der Spielspaß in dieser definitiv noch einmal ausgebaut wird. Von der Vielzahl der digitalen Brettspiele, die meinerseits bislang getestet wurden, hat jedenfalls keines so gut abgeschnitten wie „Cluedo“, weshalb ich ruhigen Gewissens resümieren kann, dass es gelungen ist, einen viel geliebten Klassiker noch einmal um einige Nuancen zu verbessern. Wirklicht toll gemacht!

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Bachmann, Richard / King, Stephen – Qual

Das Leben hat Clayghton Blaisdell jr, genannt Blaze, übel mitgespielt. Mit drei Jahren verliert er seine Mutter bei einem Unfall, sein Vater ist ein Trinker, der ihn oft verprügelt. Eines Tages wirft er seinen Sohn die Treppe hinunter. Blaze überlebt nur knapp und trägt einen Hirnschaden davon, der den begabten Jungen in ein leicht zurückgebliebenes Kind verwandelt. Er kommt in ein Waisenhaus, dessen strenge Erziehungsmethoden seine Lage aber nicht verbessern. Auch die kurze Zeit bei Pflegeeltern endet mit einer Katastrophe.

Blaze wächst zu einem einfältigen, aber dafür körperlich umso stärkeren Jugendlichen heran, der sich mit kleinen Delikten über Wasser hält. In diesem Milieu trifft er auf den gerissenen Gauner George, der ihn zu seinem Partner macht. Auch wenn Blaze hin und wieder unter Georges Attacken leiden und missgelungene Coups ausbaden muss, fühlt er sich bei ihm gut aufgehoben. Kurz vor der geplanten Entführung eines Babys reicher Eltern, das den beiden zwei Millionen bringen soll, stirbt George jedoch in einer Messerstecherei.

Blaze ist wieder auf sich allein gestellt – doch er fühlt Georges Gegenwart nach wie vor in seiner Nähe. Die Stimme seines Partners sitzt in seinem Kopf und sagt ihm, er soll den großen Coup alleine durchziehen. Blaze gelingt es tatsächlich, den kleinen Joe an sich zu bringen. Von nun an wird er nicht nur von der Polizei gejagt, sondern er spürt auch eine immer größer wachsende Zuneigung zu dem Baby …

Bereits aus dem Jahre 1973 stammt dieser frühe King-Roman, der unter seinem Pseudonym Richard Bachmann, das 1985 gelüftet wurde, erscheinen sollte. Das Manuskript geriet in Vergessenheit, bis es jetzt in überarbeiteter Form veröffentlicht wurde.

|Gelungener Protagonist|

Im Mittelpunkt steht Blaze, ein geistig leicht retardierter Mann mit hünenhafter Gestalt, unverkennbar eine Hommage an die Figur des Lennie aus Steinbecks „Von Mäusen und Menschen“, wie King auch im Nachwort bestätigt. Blazes Leben steht von Anfang an unter einem schlechten Stern, die Mutter stirbt, der Vater ist ein gewalttätiger Alkoholiker. Der schwere Treppensturz hinterlässt neben dem Hirnschaden eine auffallende Delle in der Stirn des Jungen, die ihn, zusätzlich zu seinem früh entwickelten Bärenkörper, von nun an wie ein Kainsmal durchs Leben begleitet. Einen kleinen Lichtblick bildet seine Freundschaft im Waisenhaus zum schmächtigen John, die jedoch durch dessen Tod jäh beendet wird. Fast zwangsläufig gleitet der unbeholfene Blaze in ein kriminelles Leben ab und fast ebenso zwangsläufig verspürt man Mitgefühl. Obwohl man ahnt, dass es kein glorreiches Happy-End geben wird, hofft man beständig darauf, dass sich Blazes Lage bessern wird. Zu keiner Zeit ist Blaze ein schlechter Mensch, doch ein ums andere Mal überschätzt er seine körperlichen Kräfte, was fatale Folgen mit sich bringt.

Besonders gelungen sind die Rückblenden, in denen Blazes Kindheit und Jugend beleuchtet wird. Blaze wehrt sich gegen die Drangsalien des Rektors, macht Bekanntschaft mit der ersten Liebe und erlebt einen aufregenden Tag mit seinem Freund John in Boston, der ihm ein paar Momente des Glücks beschert. Bei etlichen tragikkomischen Szenen fällt es schwer, sich zwischen Lachen und Weinen zu entscheiden, etwa wenn er treudoof auf gehässige Kommentare seines Partners George reagiert.

|Wenig Gewalt, kein Horror|

Der Name Stephen King steht in der Regel für Horror, oft mit übernatürlichen Elementen. Unter den Pseudonym Richard Bachmann veröffentlichte er realitätsnähere, dafür sehr harte Romane mit deprimierend-düsterer Stimmung. Mit anderen Bachmann-Werken hat „Qual“ den knappen Stil gemeinsam. Keine ausufernden Schilderungen einer typischen Kleinstadt, wie King es sonst gerne zelebriert, dafür eine direkte Sprache, die andeutet, dass er sich stilistisch an den Hardboiled-Krimis der vierziger Jahre orientierte. Todesfälle und brutale Szenen werden nur kurz erwähnt, ohne dass auf Details eingegangen würde, doch gerade dieser lakonische Stil, der Blazes hartes, schnörkelloses Leben widerspiegelt, ruft beim Leser Emotionen hervor. Für einen Hauch von Mystik sorgt die Stimme des toten George, die Blaze in seinem Kopf hört, die aber eher den Status eines imaginären Freundes besitzt als den eines Geistes. Im Gegensatz zu Werken wie „Todesmarsch“, „Menschenjagd“ oder „Der Fluch“ ist die Atmosphäre nicht bitterböse, sondern eher auf Melancholie aufgelegt. Es ist kein reiner Krimi, sondern mehr ein tragisches Melodram über einen Außenseiter, das eher bewegt als nervenaufreibend fesselt.

|Kleine Schwächen|

Die Schwäche des Romans liegt in seiner Vorhersehbarkeit. Die geradlinige Handlung, die nie lange an einem Punkt in Blazes Leben verweilt, entwickelt sich zum größten Teil genau so, wie der Leser es erwartet. An keiner Stelle taucht eine überraschende Wendung auf, worunter mit der Zeit auch die Spannung leidet. Blazes Gefühle für das Baby kommen nicht unerwartet, da man seinen Charakter bis dato ausreichend kennt. Somit bleibt nur die Frage offen, welches Schicksal er und sein „Schützling“ nehmen, die aber am Ende nur von den eigenen Vermutungen bestätigt bleibt. Ein Manko darüberhinaus ist das zu rasch eingeleitete und zu knapp abgehandelte Ende. Gerade weil der Leser schon recht früh ahnt, auf was für ein Finale der Roman hinauslaufen wird, ist der Schluss im Vergleich zum Rest etwas enttäuschend. Man wünscht sich noch einen kleinen zusätzlichen Nachhall, muss sich aber mit einem unspektakulären Ende begnügen.

Sehr unglücklich gewählt ist der Titel der deutschen Übersetzung, da man sich unter „Qual“ kaum etwas vorzustellen hat. Während das Original schlicht nach seiner Hauptfigur „Blaze“ benannt ist, besitzt das deutsche Pendant keinen Bezug zum Inhalt, wenn man davon absieht, dass Blazes Leben größtenteils eine „Qual“ ist. Als schöne Beigabe für King-Fans ist im Anschluss die Kurzgeschichte „Erinnerung“ enthalten, die den Ausgangspunkt für den neuen King-Roman, der Anfang 2008 erscheinen soll, bildete.

_Als Fazit_ bleibt ein bewegender Roman über einen Außenseiter in bester Steinbeck-Tradition. Die vordergründige Krimi-Handlung um eine Entführung rückt zugunsten der melodramatischen Elemente in den Hintergrund. Kleine Abzüge gibt es für die vorhersehbare Handlung und das zu knapp gehaltene Ende.

_Stephen King_, Jahrgang 1947, zählt zu den erfolgreichsten Autoren der Welt. 1973 veröffentlichte der ehemalige Lehrer mit „Carrie“ seinen ersten Roman, der sofort ein Bestseller wurde. Alle folgenden Bücher wurden ebenfalls Welterfolge, viele davon sind von namhaften Regisseuren verfilmt wurden. Zu den bekanntesten Werken zählen unter anderem: „Es“, „Christine“, „Shining“, „Misery“, „The Stand“ und die siebenteilige Saga vom „Dunklen Turm“. Weitere Bücher erschienen unter dem Pseudonym Richard Bachmann. Mehr über ihn auf seiner Homepage http://www.stephenking.com.

|Originaltitel: Blaze
Originalverlag: Scribner
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger
Gebundenes Buch, 384 Seiten, 13,5 x 21,5 cm|
http://www.heyne.de

_Stephen King bei |Buchwurm.info|_ (Auswahl):

[„Brennen muss Salem – Illustrierte Fassung“ 3027
[„Brennen muss Salem“ 3831 (Hörbuch)
[„Briefe aus Jerusalem“ 3714 (Audio)
[„Friedhof der Kuscheltiere“ 3007 (Audio)
[„Puls“ 2383
[„Trucks“ 2327 (Audio)
[„Colorado Kid“ 2090
[„The Green Mile“ 1857 (Audio)
[„Das Leben und das Schreiben“ 1655
[„Atemtechnik“ 1618 (Audio)
[„Todesmarsch“ 908
[„Der Turm“ 822 (Der Dunkle Turm VII)
[„Der Sturm des Jahrhunderts“ 535
[„Tommyknockers – Das Monstrum “ 461
[„Achterbahn“ 460
[„Danse Macabre – Die Welt des Horrors“ 454
[„Christine“ 453
[„Der Buick“ 438
[„Atlantis“ 322
[„Das Mädchen“ 115
[„Im Kabinett des Todes“ 85
[„Duddits – Dreamcatcher“ 45