Robert L. Stevenson – Die Schatzinsel (Europa-Originale 25)

Besetzung

Jim Hawkins – Susanne Hartau
John Silver – Hans Paetsch
Der alte Seebär – Wolfgang Rau
Der Doktor – Jürgen Wegner
Der Baron – Michael Stobbe
Der Kapitän – Jürgen Pooch
Der blinde Pirat – Rudolf Fenner
Ein Pirat – Hans Meinhardt
Ein anderer Pirat – Gottfried Lackmann
Leichtmatrose Tom – Sven H. Mahler
Ben Gunn und Seeleute – Wolfgang Rau

_Story_

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Conrad, Julia / Büchner, Barbara – Terminal: Stadt jenseits des Todes (Band 1)

_Trailer_

Sie wollen dieses Leben nicht, aber der Tod spuckt sie wieder aus: Nach dem Sprung von der Brücke landen Michelle, Maike und Tobias in einer entseelten Zwischenwelt, in der ihre Ängste Gestalt angenommen haben.

Und sie sind nicht allein!

Gespenstische Begleiter und mysteriöse Heilige führen sie von einer Entscheidung zur nächsten. Terminal, der große Verteilerbahnhof, wird für jeden zum Wendepunkt.

_Rezension_

Die Erfolgsautorin Barbara Büchner liefert hier unter dem Pseudonym Julia Conrad den ersten Band der |Terminal|-Trilogie ab.

„Terminal“ ist ein intelligenter und moderner Fantasyroman für Jugendliche. Aber nicht nur für sie, sondern auch für deren Eltern oder babysittende Freundinnen, denen das, was die Autorin offen anspricht, aber auch das, was zwischen den Zeilen schwingt, zu denken geben sollte: Nehmen wir die Menschen in unserem Umfeld wahr? Schenken wir ihnen genug Zeit? Genug Liebe? Schätzen und respektieren wir sie um ihrer Selbst willen? So wie sie sind – oder pressen wir sie in Schubladen und leben nebeneinander her?

Da ist Michelle Feilmann,16, die von ihrer Mutter immer eine |langweilige Suse| geschimpft wird und sich in Groll und Selbstmitleid ergeht. Daher halten die Freunde sie für eine neurotische Zicke. Darüber hinaus eilt ihr der Ruf voraus, die Schuld immer nur bei den anderen zu suchen und die Augen vor ihrer eigenen Trägheit zu verschließen. Dabei fürchtet sich Michelle leicht und hat ständig Angst, etwas falsch zu machen. Die zweite im Bunde ist Maike Perlinger, 17, die sich Unmengen von Leberkäse, Semmeln, Fritten und Bier einverleibt und darüber jammert, dass sie |trotz aller Diäten| immer dicker würde, und die Michelle für total prollig hält. Und da wäre noch Tobias Welden-Bogerstein, 16, ein affiger, leicht reizbarer Schickimicki.

Gemeinsam springen sie von einer Brücke, um frustriert aus dem Leben zu scheiden. Sven Langner, 18, wird bei dem Versuch, Michelle am Sprung zu hindern, mit hinabgezogen. Sie alle landen in einer Zwischenwelt – der Stadt, die |Terminal| heißt – und bleiben nicht lange alleine, denn auch andere – teilweise schuldbeladene – Selbstmörder gesellen sich zu ihnen.

Keine Geringere als Jeanne d’Arc nimmt die am Leben Verzweifelten unter ihre Fittiche und soll sie und jene, die noch zu ihnen stoßen, an den Feurigen Brunnen führen, damit Michelle und ihre Begleiter von dem |Wasser des Lebens| trinken. Es geht durch bizarre Spiegelwelten, das Reich der Finsterwürmer und andere Unwegsamkeiten … Werden Michelle und ihre Freunde den Feurigen Brunnen erreichen? Und was geschieht, wenn sie vom Wasser des Lebens trinken?

„Terminal“ ist mehr als ein reiner Unterhaltungsroman. Wieder einmal verquickt die Autorin mit Leichtigkeit historische Elemente mit (teils nicht mehr gelebten) Wertigkeiten – ohne mit dem erhobenen Zeigefinger daherzukommen. Die Handlung führt uns die Grenzgestalten der Gesellschaft näher, hält uns vielleicht sogar einen Spiegel durch sie vor. Daher ist „Terminal“ nicht nur ein Roman mit pädagogischem Wert für jugendliche Leser, sondern auch für deren Vorbilder (oder die, die es sein sollten).

Band 1 weist zudem ein gelungenes Ende mit Fortsetzungspotenzial auf, wie es sich für den Auftaktband einer Trilogie gehört.

_Fazit:_ Empfehlenswerter Roman mit erzieherischem Nährwert, der dennoch nicht schulmeisternd daherkommt. Ein Satz hat mir besonders gut gefallen: „Das Gespräch von Mensch zu Mensch ist immer noch das Beste“ (anstelle nur in die Glotze zu schauen). Das sollten sich wieder mehr Menschen auf die Fahne schreiben, denn Sprachlosigkeit ist das immer größer werdende Manko unserer Gesellschaft.

Brendow Verlag

Woodward, Bob – Informant, Der. Deep Throat – Die geheime Quelle der Watergate-Enthüller

_Inhalt_

Die inzwischen legendäre Geschichte um den Einbruch im Watergate-Hotel und die damit einhergehende Tatsache, dass Präsident Nixon seine Konkurrenz ausspionierte, beinhaltet viele Hauptfiguren, aber in der ganzen Zeit war keine so wichtig wie der geheime Informant Deep Throat. In seinem neuesten Buch enthüllt Bob Woodward, Verfasser der Artikel in der |Washington Post| und Kontaktmann zu Deep Throat, das Geheimnis um die Identität des Informanten und erzählt auch in Anbetracht der neuen Erkenntnisse die Geschehnisse um den ganzen Fall neu. Auch alles, was das Leben danach betraf, sowie die Gründe für die Enthüllung werden in dem Buch preisgegeben.

_Schreibstil_

Man erkennt, dass es sich bei „Der Informant“ um das Buch eines Zeitungsredakteurs handelt, da es von vorn bis hinten mit Informationen gefüllt ist. Wer den auf einem früheren Buch Woodwards basierenden Film „Die Unbestechlichen“ von Alan J. Pakula gesehen hat, der weiß, was ich meine. Namen, Tatsachen und Informationen werden dem Leser nur so um die Ohren gehauen, und das ist auch gut so. Wären zu jedem Namen und jeder Information detailliertere Ausführungen ergänzt worden, so wären aus den 200 Seiten des Buches schnell ein 500-seitiger Roman mit ständigen Wiederholungen geworden.

Interessant ist es auf jeden Fall, das ganze Geschehen noch einmal mit den neuen Informationen nachzulesen, obwohl es ohne Vorkenntnisse doch sehr schwer fallen kann. Auch zu erfahren, wie es mit Deep Throat und Bob Woodward nach dem Rücktritt Präsident Nixons weitergegangen ist, ist auf jeden Fall lesenswert. Nur auf den letzten Seiten, wo es um die Gewissensfrage zu der Enthüllung von Deep Throat geht, wird es doch sehr träge, da es sich nur noch um persönliche Meinungen und Gedanken dreht, und die Informationen, die das Buch spannend machen, letztendlich fehlen.

Was negativ auffällt, ist, dass manchmal zwischen all den Gedanken und Informationen der rote Faden verloren geht. So kann es schon vorkommen, dass ein kurzer Abschnitt mit einer enormen Menge an Details gefüllt wurde, letzen Endes aber nur eine kleine Randbemerkung im ganzen Kapitel ist. Das macht die Lektüre leider auch etwas anstrengend.

_Fazit_

Dass die Geschichte ohne lebensbedrohliche Situationen oder sonstige Thrillermomente auskommt, ist von vornherein klar; wer sich allerdings mit investigativem Journalismus oder Watergate im Allgemeinen beschäftigt, wird trotzdem genügend Anreize finden, sich durch die Seiten zu wühlen, auch wenn das Werk sich nicht gerade zum Nebenbeilesen eignet. Allein die zahlreichen Details, die sich nun offenbaren, machen das Buch lesenswert. Fans des Films „Die Unbestechlichen“ ebenso wie Geschichtsinteressierte werden mit „Der Informant“ auf jeden Fall zufrieden sein.

Interview mit Chr. von Aster, B. Koch, M. Hoffmann

Vor einigen Wochen habe ich mich mit den drei Berliner Autoren Christian von Aster, Boris Koch und Markolf Hoffmann in einem Berliner Café getroffen und ihnen ein paar Antworten zu ihrer Lesereihe, dem StirnhirnHinterZimmer, und ihrem Schaffen entlocken können.

_Sven Ollermann:_
Stellt euch unseren Lesern bitte einmal vor.

_Markolf Hoffmann:_
Hier vor mir sitzt der großartige, phantastische Christian von Aster, seines Zeichens aufstrebender Jungliterat.

_Christian von Aster:_
Gleiches kann ich von meinem mir schräg gegenüber sitzenden Kollegen Boris Koch sagen, der wohl ebenso aufstrebend und jung-literarisch ist wie ich.

_Boris Koch:_
Neben mir dann Markolf Hoffmann, der jüngste und weitest gestrebteste von uns allen, mit fast einem abgeschlossenen Studium in der Tasche.

_Sven Ollermann:_
Wie hat das mit dem StirnhirnHinterZimmer eigentlich angefangen? Wer hat sich den Namen ausgedacht?

_Markolf Hoffmann:_
Ich weiß gar nicht mehr so richtig, wer war das denn eigentlich?

_Christian von Aster:_
Oh, ja, das war dann wohl meine Aufgabe. |(zu Koch)| Du machst den Newsletter, |(zu Hoffmann)| du machst die Nachbereitung, und ich habe mir den Namen ausgedacht.

_Markolf Hoffmann:_
Dann war’s wohl Christian, selbstverständlich.

_Boris Koch:_
Uns war nur klar, dass ein „Z“ drin sein muss.

_Markolf Hoffmann:_
Genau, es musste ein „Z“ drin sein, wegen der Z-Bar. Wir kannten ja schon den Ort der Lesung. Wie waren doch gleich die Alternativvorschläge? Lügenlabor?

_Sven Ollermann:_
Da ist aber kein „Z“ drin.

_Christian von Aster:_
Oh doch, da ist ein „Z“ drin, man sieht es nur nicht …

_Markolf Hoffmann:_
Weil es eben eine Lüge ist.

_Christian von Aster:_
Ein dezentes „Z“ – also ein de’entes „Z“.

_Markolf Hoffmann:_
Das waren die beiden Vorschläge, zwischen denen wir am Ende abgestimmt haben. Und da kam dann StirnhirnHinterZimmer bei raus, weil die Lesung ja auch im Hinterzimmer stattfindet – der Name liegt nahe.

_Boris Koch:_
Die Wahrheit liegt uns ja auch irgendwo am Herzen.

_Markolf Hoffmann_
Ganz genau.

_Christian von Aster:_
Den Gedanken daran fanden wir so gut und ganz schön, sich ins Hinterzimmer des Gehirns zurückzuziehen – das Unterbewusste und all diese Dinge, nicht wahr?

_Sven Ollermann:_
Und wie hat es angefangen?

_Boris Koch:_
Eigentlich zwangsweise – auf dem Odyssee-Con. Plötzlich saßen wir da zu dritt auf der Bühne, nach Mitternacht und machten …

_Christian von Aster_
Ne, Moment, Moment. Vor „plötzlich saßen wir zu dritt“ gab es noch „wo bleibt Markolf?“. Das ging ziemlich lange, wir waren schon dabei, Hohnlieder auf Hoffolf Markmann zu dichten. Aber er kam …

_Boris Koch:_
Das ist ein bisschen übertrieben. Also nur, weil wir sechs Stunden früher da waren als Markolf …

_Christian von Aster:_
… und eigentlich mit ihm gerechnet hatten.
Ich muss ja sagen, ich bin immer recht kritisch und ein garstiger, kleiner Mistbock; ich wollte ja schon auf Markolf Hoffmann schimpfen und alles schlecht finden, weil der ja auch bei großen Verlagen veröffentlicht – der kann ja nicht gut sein. Dann habe ich ihn gesehen und er war gut. Das fand ich so richtig scheiße. Hab ich ihm aber auch gesagt, dass ich es scheiße finde, dass er so gut war.

_Markolf Hoffmann:_
Also, nur um mal die Legende zurechtzurücken: Ich hatte die Abgabe meines zweiten Buchs. Deswegen kam ich dann wirklich erst kurz vor knapp. Aber ich kam und las. Und dann trafen wir uns am Ende zu dritt bei einer Nachtlesung, die eigentlich sehr witzig war. Da hab ich dann erstmal verbale Prügel bezogen.

_Christian von Aster:_
Haben wir die eigentlich zusätzlich gemacht?

_Boris Koch:_
Nee, die war schon geplant. Na ja, so halbwegs, wir wollten ja auch mal zusammen … „Könnt ihr auch zusammen?“ haben die Veranstalter gefragt, worauf wir: „Wir kennen zwar Markolf nicht, aber können wir.“

_Christian von Aster:_
Das war schon nett, richtig nett. Und dann haben wir festgestellt, dass wir alle in einer ähnlichen Stadt wohnen, und dann war der Schritt nicht mehr weit, zu sagen …

_Markolf Hoffmann:_
Na ja, der Zufall wollte es, dass wir die Texte der anderen gegenseitig geschätzt haben und bemerkten: „Okay, die machen keinen Scheiß.“

_Christian von Aster:_
Vor allem aber auch geil, weil wir auch gemerkt haben, dass es zwar gut ist, aber eben auch wirklich verschieden. Jeder von uns hat irgendwie einen anderen Humor, eine andere Herangehensweise, und auch andere Qualitäten in den Geschichten – und was ich halt beim StirnhirnHinterZimmer wirklich genial finde: Manchmal denk ich mir „Scheiße, ist das geil“, denn eigentlich haben wir, wie ich das Gefühl habe, in jedem StirnhirnHinterZimmer einen richtig schönen Knalleffekt drin.
Ich für meinen Teil bin auf jeden Fall fett stolz darauf, dass wir das Ding so etabliert gekriegt haben, weil hier in Berlin jeder Arsch immer liest und du irgendwie jeden Tag deine 20 Lesungen zusammenkriegst.

_Boris Koch:_
Aber nicht jeder liest auch in der Sommerpause, so wie wir – wir ziehen das durch.

|(nach einer kleinen geräuschpegelbedingten Pause)|

_Markolf Hoffmann:_
Um noch mal auf die Anfänge des Hinterzimmers zurückzukommen: Wir hatten auf der Nachtlesung vereinbart, uns „demnächst mal“ zu treffen. Aus „demnächst“ wurden dann vier oder fünf Monate, ich weiß es nicht mehr genau. Der Con war im August, und im März hatten wir die erste Lesung.

Wir haben uns also in der Zwischenzeit das Konzept überlegt; dass es immer ein Motto geben wird, das immer einer reihum auswählt. Und dann ging es los. Nachdem wir am Anfang so um die 15 Zuhörer hatten, haben wir uns dann gesteigert, und bald platzte die Z-Bar aus allen Nähten. Notsitze wurden eingerichtet, Günni |(der Wirt der Z-Bar)| hat das Hinterzimmer dann leicht vergrößert. Die Z-Bar wird immer kleiner, weil das StirnhirnHinterZimmer immer weiter in die Bar reinwuchert – bis es irgendwann nur noch die Theke und das StirnhirnHinterZimmer gibt.

_Sven Ollermann:_
Häufig ist es phantastische Literatur, ab und an mal Realsatire oder Fantasy, aber primär liegt das Augenmerk doch auf der Phantastik. Wie seid ihr darauf gekommen?
Boris, wie bist du an die Phantastik gekommen, das ist ja nun alles andere als Mainstream und nicht gerade einfach bei den Verlagen unterzubekommen, oder?

_Boris Koch:_
Ja, aber wenn du etwas schreibst, ist die erste Frage ja nicht automatisch: „Wie kriege ich das bei einem Verlag unter?“ Das wäre zu wenig, man will ja auch etwas Bestimmtes erzählen, etwas sagen, was einem im Kopf umgeht. Ich weiß nicht genau, warum Phantastik, es steckt einfach im Kopf und muss raus. Ist sozusagen die Art, wie ich denke. Gerade groteske Elemente schleichen sich immer wieder in Geschichten, die ich eigentlich „realistisch“ anlege. Wo dieses grundsätzliche Faible für die Phantastik herkommt, ist einfacher: Ich hab mit elf oder zwölf angefangen, einiges in die Richtung zu lesen, grotesken Humor immer gern gehabt, und dann bleiben halt die Symbole übrig, die man irgendwo in der Kindheit und Jugend gelesen hat. Und auch wenn ich immer viele andere Sachen gelesen habe und lese, dann weiß ich immer noch, was ein Werwolf ist, was Außerirdische sind und benutze sie gerne als Metaphern – auch weil es einfach Spaß macht.

_Sven Ollermann:_
Also ist es eher eine Form der Kunst. Autor eher im Sinne eines Künstlers, als um damit primär Geld zu verdienen?

_Boris Koch:_
Ich find die Trennung sowieso albern, also …

_Sven Ollermann:_
Schau dir unsere literarische Landschaft an, kann man die nicht genauso einteilen?

_Boris Koch:_
Nee, das find ich gar nicht, überhaupt nicht. Es gibt genug Leute, die intelligente Dinge schreiben und damit Geld verdienen und es gibt genug Leute, die Schwachsinn schreiben und damit kein Geld verdienen. Es ist zu einfach gedacht, entweder schreibe ich Niveau oder ich verdiene Geld. Ich glaube, damit tue ich Umberto Eco ziemlich unrecht, um mal ein Beispiel zu nennen, wenn nicht vielleicht das beliebteste Beispiel überhaupt.

_Sven Ollermann:_
Wie sieht es bei dir aus, Christian – ist die Phantastik dein größtes Faible oder gibt es da auch andere Dinge?

_Christian von Aster:_
Ich weiß nicht, ich denke eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte, und meine Vorbilder sind halt irgendwie allesamt Storyteller. Natürlich kennt man seine Klassiker und mag das, aber ich mag vor allem solche Leute wie Roal Dahl und Neil Gaiman, die sich keine genretechnischen Begrenzungen setzen. Eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte und wenn mir was einfällt … – manchmal kommt sogar ein Brettspiel dabei heraus. Gut, will aber keiner haben.

_Boris Koch:_
Hätte vielleicht auch kein Spiel sein sollen, sondern eine Geschichte, vielleicht funktioniert es dann …

_Christian von Aster:_
Das ist eben auch genau dasselbe wie mit Kurzfilmen oder sonstwas, eine Geschichte sagt eigentlich demjenigen zu dem sie kommt, wie sie sein will. Geschichten haben ihre eigenen Gesetze, und wenn man darauf hört, dann kommt dabei auch das Richtige raus. Meistens sind es Kurzgeschichten, oftmals in der Phantastik, so denk ich das.

_Sven Ollermann:_
StirnhirnHinterZimmer sind ja Kurzgeschichten – die eine kürzer, die andere etwas länger, nech, Markolf?

_Markolf Hoffmann:_
Jetzt fängt der auch schon an.

_Christian von Aster:_
Das ist die Wahrheit, die lässt sich nicht auf Dauer unter den Teppich kehren, Markolf.

_Sven Ollermann:_
Markolf hat seine Roman-Reihe und gedenkt ja auch weiterhin immer wieder Romane zu schreiben. Boris, wie sieht das bei dir aus, Romane oder eher primär Kurzgeschichten? Bleibt überhaupt so was wie Zeit, sich Konzepte für Romane einfallen zu lassen?

_Boris Koch:_
Zeit für Konzepte bleibt immer, das Problem ist Zeit für Romane. Aber ich hab erst gerade einen geschrieben, für die Shadowrun-Reihe bei Fantasy Productions, „Der Schattenlehrling“. Romane und Kurzgeschichten sollen es sein, nicht entweder oder. Und ich hatte schon zusammen mit Jörg Kleudgen vor Jahren einen Roman geschrieben und in seiner Goblin Press veröffentlicht.

_Sven Ollermann:_
Und bei dir Christian, wie schaut es mit Romanen aus?

_Christian von Aster:_
Ich hab jetzt erstmal ’nen Kabarett-Preis gewonnen und schaue mal, ob ich jetzt bühnentechnisch mehr mache und ansonsten hab ich halt vor allem Bock auf Filme. Allerdings hab ich auch gerade einen Roman, an dem ich arbeite. Abgesehen davon hab ich sogar schon welche veröffentlicht, „Schatten der Götter“, „Armageddon TV“; nee, da gibt es auch mehr, ich bin gerade auch an meinem persönlichen Harry Potter dran, wo ich dann nach drei Seiten festgestellt hab, der wird dann doch nichts für Jugendliche, aber das ist ja nicht meine Schuld.

_Sven Ollermann:_
Bei dir liegt die Zukunft also eher auf der Bühne und hinter der Kamera?

_Christian von Aster:_
Ich hab gesagt, da hab ich Lust drauf. Natürlich würde ich auch gerne bei einem ordentlichen Verlag unterkommen. Aber Markolf sagt mir ja nicht, mit wem ich schlafen muss.

_Sven Ollermann:_
Und bei dir, Markolf?

_Markolf Hoffmann:_
Da steht jetzt der vierte Roman an, der letzte Teil des „Zeitalters der Wandlung“. Ich habe dann natürlich auch – also ich glaube, an Konzepten sind wir alle nicht arm, vor allem nicht an Romankonzepten – noch verschiedene andere Pläne. Ich würde gerne auch mal außerhalb der Fantasy und auch außerhalb der Phantastik etwas machen. Ich teile auch mit Christian das Interesse am Film. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, ein Drehbuch zu schreiben oder Regie zu führen. Der Vorteil beim Filmdrehen ist, dass man da nicht allein in seinem Kämmerchen sitzt und vor sich hin schreibt, sondern eben mit anderen zusammenarbeitet. Das ist nämlich das größte Manko der Schriftstellerei, finde ich.

_Sven Ollermann:_
Wie steht’s mit einer Gemeinschaftsproduktion mit anderen Autoren bezüglich Romanen?

_Markolf Hoffmann:_
Habe ich bisher noch nicht ausprobiert, aber stelle ich mir reizvoll vor. Und ich denke, das StirnhirnHinterZimmer ist auch der erste Schritt einer Zusammenarbeit. Da ziehe ich auch persönlich viel heraus, weil man jeden Monat halt was schreiben muss, ob kurz oder lang. Und man kriegt auch viel Input. Also ich finde es sehr interessant, wie die anderen beiden ihre Geschichten gestalten, man lernt, was beim Publikum ankommt und was nicht. Und vor allem lernt man regelmäßig zu schreiben, jeden Monat muss was da sein, das Publikum will unterhalten werden.

_Sven Ollermann:_
Boris, wie sieht bei dir die Zukunft aus?

_Boris Koch:_
Abwarten, ich hab jetzt Blut geleckt, was Romane anbelangt; hab da Lust, was zu machen, zu schreiben. Schauen, was da als Nächstes kommt. Aber ob Phantastik, realistisch, historisch oder Kinderbuch, das werden wir sehen. Das entscheide ich dann, wenn ich mit dem Roman fertig bin, also mit der Überarbeitung. Ansonsten kann ich mir auch andere Medien vorstellen. Comic oder Hörspiel würden mich beide sehr reizen. Film auch, klar – aber ich glaube, beim Hörspiel hat man mehr Freiheiten als beim Film. Es ist einfach spannender in Hinsicht auf die Umsetzung, weil das alles gleich teuer ist. Die Geräusche von einem explodierenden Hubschrauber sind genauso teuer wie die einer Fliege. Beim Film kommt dir irgendeiner mit Budget und du kannst irgendetwas nicht machen. Nicht, dass ich jetzt auf einen explodierenden Hubschrauber Wert lege, aber vom Prinzip ist es einfach so, dass man beim Hörspiel viel freier ist. Da würde ich halt gern was machen.

_Christian von Aster:_
Zumal wir da auch zu dritt was machen könnten. Die Technik haben wir, das ist beim Hörspiel ganz schön.
Ich hab meine Kinderbücher gar nicht erwähnt. Ich muss ja nur noch zwei illustrieren, dann hab ich nämlich zwei. Vergesse ich immer.

_Sven Ollermann:_
Das heißt, du illustrierst selbst?

_Christian von Aster:_
Manchmal. Ich hab ja damals Kunst und Germanistik studiert und das heißt, mich irgendwann auch mal für andere Sachen interessiert.

_Sven Ollermann:_
Wie sieht es bei euch mit Hörbüchern aus? Markolf, wir hatten das ja beim [letzten Mal]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=34 schon. Du kannst dir das vorstellen, Romane als Hörbücher freizugeben.
Wie ist das bei euch beiden? Oder doch lieber in Eigenproduktion und nicht immer die großen Synchronsprecher oder Schauspieler als Sprecher?

_Boris Koch:_
Weiß ich nicht, aber knallhart gesagt, es ist einfach eine Geldfrage. Wenn ein Verlag sagt, hör zu, hier kriegst du soundsoviel Geld für die Hörspiel-/Hörbuchrechte an dem Ding, freue ich mich. Ansonsten, wie man sich das traumhaft vorstellt, ist natürlich, dass eine möglichst große Verbreitung da ist, damit man einfach gehört wird. Und beim Sprecher: Es gibt sehr gute, die es meinetwegen gern machen könnten.

_Sven Ollermann:_
Christian, Hörbücher und Hörspiele? Oder gar nicht so deine Welt? Ein Hörbuch hast du ja schon draußen, würdest du weitermachen in der Richtung?

_Christian von Aster:_
Eins? Zwei, du Arsch.

_Sven Ollermann:_
Wie schon zwei?

_Christian von Aster:_
„Das Koboltikum“ und „Höllenherz“. Ach ja, und „House of Usher“. Ich finde Hörbücher und Hörspiele sehr geil, aber empfinde das Ding mit den prominenten Sprechern – auch wenn ich mich damit unpopulär mache – als die Pest. Du kannst den größten Scheiß machen und nimmst halt Joachim Kerzel (Synchronstimme u. a. von Jack Nicholson) und dann glänzt es auch wie Gold. Genau so funktioniert das.

_Markolf Hoffmann:_
Na ja, auf der anderen Seite kann man das auch langsam gar nicht mehr hören, ständig die Synchronstimme von Robert De Niro.

_Christian von Aster:_
Daran krampft es irgendwie ein bisschen. Aber Verlage nehmen halt lieber diese großen Stimmen, weil die eben nochmal zusätzlich Absatz versprechen. Finde ich ein bisschen unschön. Also, ich denke, alleine produzieren wäre fein, aber wie Boris schon sagte, wenn man für die Rechte Kohle geboten kriegt, dann sollte man nicht nein sagen. Denn was uns dann irgendwie, glaub ich, das Wichtigste ist, auch wenn ich da jetzt für die Kollegen spreche, ist einfach, wenn du irgendwoher mal Kohle kriegst und dir mal ein halbes Jahr keine Sorgen machen musst, um dann arbeiten zu können. Ich weiß ja nicht, ob hier irgendwer den Eindruck erwecken möchte, dass wir keine Geldprobleme haben. So ist das zumindest bei mir, und es ist einfach übelst anstrengend, wenn du jedes Wochenende auf Lesungen bist und dann unter der Woche vier Tage Zeit hast, um dein Zeug irgendwie auf die Reihe zu kriegen – und da auch immer noch den ganzen anderen Scheiß machen musst. Von daher, verkaufen ist schon immer gut, und das darf dann auch Joachim Kerzel oder wer auch immer lesen. Tja, aber ansonsten, selber machen ist nicht das Falscheste.

_Boris Koch:_
Wichtig ist halt, das der Text halbwegs so bleibt. Es gibt ja auch gekürzte Lesungen. Sinnvolle Kürzungen, ja, aber bei gekürzten oder veränderten Texte möchte ich mich nicht plötzlich wundern müssen, wie es zu einer derartig konservativen Einstellung des Protagonisten kommt und wo das Happy End plötzlich her ist.

_Sven Ollermann:_
Thema große Verlage – kleine Verlage. Markolf ist ja bei Piper. Boris, du hast mit Medusenblut mindestens einen kleinen Verlag, in dem du tätig bist. Hast du den mit aufgebaut – ist das quasi dein Baby, oder bist du da irgendwie anders zu gestoßen?

_Boris Koch:_
Ist quasi mein Baby. War es von Anfang an, mehr oder weniger. Es sollte eigentlich nur eine Reihe innerhalb eines Verlages werden. Bevor das erste Ding rausgekommen ist, hatte ich mich mit dem Verlag … na ja, sagen wir, wir hatten den Kontakt verloren. Er hat sich nicht mehr gemeldet. Lag wahrscheinlich an gewissen Differenzen, die wir hatten, was politische Ansichten anbelangt.
Und dann ergab es sich einfach, ich hatte ’nen Schwung Autoren, aber keinen Verlag mehr, und dachte dann, na gut, machen wir es halt selber. Ich hatte davor schon mal ein Fanzine herausgegeben, von daher war das nicht ganz blauäugig. Nur zwei Drittel blauäugig.

_Sven Ollermann:_
Der Verlag soll aber schon weiterhin in der literarischen Landschaft agieren, oder würdest du den einstampfen, wenn du irgendwo bei einem großen Verlag mit deinen Sachen unterkommst?

_Boris Koch:_
Nee, eingestampft auf keinen Fall. Das ist ja nicht ausschließlich ein Verlag für meine Bücher, es sind zwar welche von mir dabei, aber ein Großteil sind ja andere Autoren. Es ist ja auch eine andere Arbeit. Ich kann mir da Umstrukturierungen vorstellen, klar. Aber das hat nichts mit meinem Schreiben zu tun. Ich kann mir auch vorstellen, dass ich überhaupt nichts Phantastisches über Jahre schreibe, aber der Verlag ist halt einer, der nur Phantastik rausbringt, also das ist inhaltlich eine komplette Unterscheidung.

_Sven Ollermann:_
Das heißt, die Verlagsarbeit ist auch durchaus neben der Schreiberei wichtig für dich?

_Boris Koch:_
Ja.

_Sven Ollermann:_
Und bei dir, Christian, du hast, wie ich neulich festgestellt habe, auch einen kleinen Verlag, um so schreiben zu können, wie du das gerne möchtest.

_Christian von Aster:_
Ich hab damals … Ich bin nicht mit so viel Geduld gesegnet wie andere Autoren. Mitunter, wenn man an zehn oder zwanzig Verlage was schickt – und ich habe damals halt geschickt und keine positive Antwort bekommen. Mein Ego wollte das halt nicht so auf sich sitzen lassen und da hab ich eben angefangen, meine Sachen selber zu veröffentlichen. So ab und zu mach ich auch manchmal eine – wie heißt das – eine Anthologie. Und hab da dann manchmal seltsame Ideen, was man da so machen könnte. Aber vor allem ist es ausschlaggebend, dass ich schreiben kann, was ich will und wie ich es will. Darum veröffentliche ich eben auch von Kinderbüchern über Science-Fiction bis zu Horror, und solche Sachen, die man nirgendwo kategorisieren kann. Ähnlich wie Ubooks, aber anders. Also, es ist die Freiheit, alles so machen zu können, wie ich es will.

_Sven Ollermann:_
Auch mit der Gefahr, dass du es dann nicht absetzen kannst?

_Christian von Aster:_
Das Gros meiner Einkünfte kommt ja tatsächlich über die Lesungen. Eine Mischung aus Kabarett und Literatur. Dadurch passiert sehr viel. Auf den Lesungen setze ich halt eben auch einige Bücher ab. Ist eine Nische. Heutzutage musst du mit einem Verlag entweder groß sein oder eine Nische bedienen. Das, was Boris meines Erachtens auch macht, und was ich mache, sind kleine Verlage, aber Boris ist professioneller. Ich möchte mir nicht immer so viel Stress mit den Büchern machen, deshalb mach ich auch immer so understatement designs.

_Sven Ollermann:_
Wobei, wenn man an das Trollbuch zurückdenkt oder das Koboltikum …

_Christian von Aster:_
Solche Sachen sind was Besonderes, was zwischendurch passiert. Wenn du ein Buch mit Schieferplatten als Cover oder mit gebeiztem Holz machst, oder so …

_Markolf Hoffmann:_
Wie wär’s mal mit Wurstscheiben? |(lacht)|

_Christian von Aster:_
Brotscheiben, nicht Wurst. Wenn man die vernünftig imprägnieren kann, wäre Brot eigentlich gar nicht falsch. So Knäckebrot …
Na ja, die Trollbücher müssen jetzt verteufelt fertig werden. Wir werden in der Schweiz in einer Höhle lesen, mit Trollmusik und einer Geschichtenerzählerin und mit mir, und da muss ich natürlich einige Bücher mitnehmen. Hauptsache ist, ich kann machen, was ich will. Für mich ist es einfach ein Austoben, der Verlag ist nicht auf Expansion ausgelegt, es reicht, wenn er sich selbst trägt und mir meine Miete zahlt. Und dann darf man ja nicht vergessen, diese Lesungsdinger sind ja nicht zu unterschätzen, es gibt ja auch sehr große Aktionen, so wie zum Beispiel das WGT, wo ich dann halt vor tausend Leuten innerhalb von drei Tagen lese. Und da verkauft man dann schon zwei Bücher. Es funktioniert halt anders, es ist eine Nische und es ist anstrengender Scheiß, aber es ist gut für mich.

_Sven Ollermann:_
Markolf – großer Verlag. Wo liegen die Vorteile bzw. Nachteile gegenüber dem, was deine Herren Kollegen gerade erzählt haben?

_Markolf Hoffmann:_
Die Vorteile liegen auf der Hand: Man steht in den Buchläden, man verdient eine feste Summe, der Verlag kümmert sich natürlich um Werbung, etc. – mal mehr, mal weniger. Der Nachteil ist, es reden dir natürlich sehr viele andere mit rein. Man muss um Seitenzahlen kämpfen, man ärgert sich über Cover, die einem nicht passen, man hat Abgabetermine, die mehr oder weniger unumstößlich sind. Man ist halt nicht so frei wie die Kollegen.

_Boris Koch:_
Aber auch bei den kleinen Verlagen hast du halbwegs Abgabetermine, die du einhalten solltest, die dich fordern, weil … du hast ja auch einen Abgabetermin für deine Miete.

_Sven Ollermann:_
Du würdest also auch definitiv bei den großen Verlagen bleiben wollen und nicht in einem kleinen Verlag rumwuseln, wenn dir die großen eine Absage erteilen?

_Markolf Hoffmann:_
Also erstmal, wenn man in einem großen Verlag veröffentlicht, dann finde ich das schön und gut, hat wie gesagt auch viele Vorteile, und ich bin froh, diesen Schritt so problemlos geschafft zu haben. Gleich im ersten Anlauf, was ja schon ungewöhnlich ist. Da hab ich verdammt viel Glück gehabt. Es schließt sich ja nicht aus, auch in Kleinverlagen zu veröffentlichen. Ich hab jetzt auch schon einen Text für eine Anthologie geschrieben, die erscheint in einem kleinen Verlag, der neu gegründet wurde. In den „Arkham-Reiseführer“ hat Christian mich hineingeschmuggelt. So etwas wie Anthologien machen große Verlage ja eigentlich gar nicht, oder es läuft unter ganz obskuren Bedingungen ab. Das ist eine Nische, die kleine Verlage haben und das finde ich auch sehr wichtig. Zum Glück habe ich ja Kontakt zu meinen beiden Stirnhirn-Kollegen – ich wuchere buchstäblich aus der großen Verlagswelt in die kleine Verlagswelt hinein. Eine ganz perfide Strategie.

_Sven Ollermann:_
Schlagen wir mal eine kleine Brücke zwischen StirnhirnHinterZimmer und Verlag. Wie sieht das aus, habt ihr vor, was zu veröffentlichen?

_Boris Koch:_
Ist in Planung, wird kommen.

_Christian von Aster:_
Wird kommen. Das ist eine gute Aussage.

_Markolf Hoffmann:_
Muss kommen.

_Sven Ollermann:_
Großer Verlag oder kleiner Verlag?

_Boris Koch:_
Werden wir sehen.

_Markolf Hoffmann:_
Du siehst, wir machen den Eindruck, das Feuer unter dem Kessel zu schüren.

_Christian von Aster:_
Genau, es wird ein beeindruckendes Buch. Es wird groß, phantastisch.

_Markolf Hoffmann:_
Es wird wirklich ein „Best of“ im besten Sinne des Wortes.

_Sven Ollermann:_
So, dann ist jetzt noch ein bisschen Platz für Werbung und eigene Worte an die Leser. Christian?

_Christian von Aster:_
StirnhirnHinterZimmer rockt. Prima. Was für Kinder und Eltern. Spaß für die ganze Familie.

_Markolf Hoffmann:_
Also, mein Werbespruch wäre: StirnhirnHinterZimmer – kommt vorbei, sonst kommt es zu euch.

_Boris Koch:_
Noch mehr Werbung muss nicht sein. Aber hätte irgendwer dort draußen Lust, einmal im Monat zum Saubermachen vorbeizukommen? Die Stirnhirnbrösel treten sich sonst in den Teppich.

[Christian von Aster]http://www.vonaster.de
[Boris Koch]http://www.boriskoch.de
[Markolf Hoffmann]http://www.nebelriss.de
[StirnhirnHinterZimmer]http://www.stirnhirnhinterzimmer.de

Hesse, Andree – andere Blut, Das

Der deutsche Autor Andree Hesse hält mit seinem zweiten Kriminalroman „Das andere Blut“ die Fahne deutscher Kriminalautoren hoch und braucht sich auch mit dem zweiten Teil seiner Arno-Hennings-Reihe nicht vor der internationalen Konkurrenz zu verstecken. Noch eins vorweg: Auch wenn sich das ganze Buch um Pferde dreht und nebenbei ein Pferderipper gesucht wird, lässt sich „Das andere Blut“ auch dann hervorragend lesen, wenn man keine Pferde mag und früher nicht die „Wendy“ abonniert hatte. Ich mag keine Pferde und fand das vorliegende Buch trotzdem spannend, gut konstruiert, unterhaltsam und sehr gelungen!

_Hoppe, hoppe Reiter_

In der kleinen niedersächsischen Stadt Celle geht ein Pferderipper um, der Pferde absichtlich quält. Auch die Stute Gypsy der jungen Schülerin Kira von Helsen ist Opfer des Pferderippers geworden, der ihr einen Ast in die Vagina gebohrt und sie dadurch innerlich aufgerissen hat. Kira ist erschüttert und will den Pferderipper auf eigene Faust stellen. Doch überlebt sie die einsame Nacht auf der Pferdekoppel nicht.

Arno Hennings und seine polnische Freundin Aglaja, die sich nach ihrem schrecklichen Fahrradunfall in Celle von ihren Verletzungen erholt, verbringen den Abend bei Arnos Kollegen Karsten Müller, der die Einweihungsparty in seinem neuen (unfertigen) Haus feiern möchte. Doch Arno ist gar nicht nach feiern zumute, denn nachdem Aglaja ihm eröffnet hat, dass sie vielleicht ein Kind von ihm erwartet, ärgert Arno sich immer noch über seine verhaltene Reaktion und wundert sich gleichzeitig darüber, dass er sich darüber freuen würde, wenn Aglaja tatsächlich schwanger wäre. Auf der Party erhält Arno einen Anruf von einem ehemaligen ungeliebten Klassenkameraden, der nun auch bei der Celler Polizei arbeitet. Auf einer Pferdekoppel wurde eine merkwürdige Opferstätte entdeckt, die Arno sich nun ansehen soll. Dort angekommen, stöbert seine Hündin Basta allerdings etwas viel Schrecklicheres auf, nämlich die Leiche Kira von Helsens, die kopfüber in einem wassergefüllten Graben liegt.

Kurz nach dem Leichenfund verdichten sich die Verdachtsmomente gegen Kiras Klassenkameraden Simon Funke, der vor der Polizei flüchtet und spurlos verschwindet, aber auch Simons Bruder Manuel, der beim Celler Landgestüt arbeitet, scheint etwas zu verbergen zu haben. Als kurz darauf ein totes Pony auftaucht und jemand Selbstmord begeht und mit einem dubiosen Abschiedsbrief gefunden wird, suchen Hennings und seine Kollegen Verbindungen zwischen den Verbrechen und entdecken dabei immer mehr Hinweise, die zum Celler Landgestüt führen und weit in die Vergangenheit reichen …

_Im (Schweins-)Galopp durchs Buch_

Mit „Das andere Blut“ ist Andree Hesse ein packender und gut durchkonstruierter Kriminalroman gelungen, der den Leser von der ersten Seite an fesselt. Seinem Buch vorangestellt ist ein Prolog, der über einen mutmaßlichen Unfall (oder war es doch ein Verbrechen?) von der berühmten Hengstparade berichtet, bei dem der beliebte Ringo ums Leben kommt. Dort lernen wir auch Jürgen Schmohl kennen, dem offensichtlich ebenfalls einiges Ungemach droht und der das vorliegende Buch nicht überleben wird.

18 Jahre später trifft die 18-jährige Kira von Helsen auf einer Pferdekoppel ihren Mörder, der sie bewusstlos schlägt und kopfüber im Wasser liegen lässt, bis Kira schließlich ertrinkt. Schnell entdeckt Arno Hennings eine Spur, die zu einem von Kiras Freunden führt, der Hals über Kopf vor der Polizei flüchtet, als diese ihn stellen will. Simon wird dadurch zu einem dringenden Tatverdächtigen, sodass andere Spuren zunächst in den Hintergrund treten.

Doch Andree Hesse hält noch einige weitere Überraschungen für uns parat, denn der Fall ist nicht so eindimensional und simpel, wie wir anfangs vermuten könnten. Alle auftauchenden Personen spielen eine entscheidende Rolle in diesem Spiel, und schlussendlich wird uns offenbart, dass bereits zig Jahre vor Kiras Ermordung die Weichen gestellt wurden, für alles, was noch folgen würde. Hesse schafft es dabei, uns ganz allmählich mit den Figuren bekannt zu machen, die in das Verbrechen verwickelt sind. Nach und nach spielt er uns Hinweise zu, die uns zum Miträtseln animieren und dafür sorgen, dass wir immer neue Vermutungen anstellen und selbst einen Täter erraten können.

Die Verstrickungen, die uns Andree Hesse zu präsentieren hat, sind nicht ganz leicht zu durchschauen, sodass man schon genau lesen und mitdenken muss, um am Ende mit einem Aha-Erlebnis belohnt zu werden, bei dem schließlich alles seinen Sinn ergibt. Andree Hesse gelingt es dabei ganz wunderbar, seine Leser bei Stange zu halten und immer nur so viel zu offenbaren, dass die Spannung stetig zunimmt und man unweigerlich so schnell wie möglich weiter lesen will. Dadurch wird „Das andere Blut“ zu einem unterhaltsamen und packenden Lesevergnügen, das auch bei seiner Auflösung am Ende zu überzeugen weiß – denn nichts ist so, wie es scheint …

_Tierisch gute Charaktere_

Auch in seiner Charakterzeichnung beweist Andree Hesse viel Fingerspitzengefühl. Wir lernen Arno Hennings noch besser kennen und erleben mit, wie seine Freundin Aglaja von ihrer Vermutung erzählt, dass sie schwanger sein könnte. Wir leiden mit, wenn er Aglaja durch sein Verhalten wieder einmal vor den Kopf stößt und auch dann, wenn Arno mit einem ungeliebten ehemaligen Schulkameraden konfrontiert wird, der seine Fehler auf andere abwälzen und damit Arno Hennings schaden will. Arno Hennings weist dabei einige Charakterzüge auf, die wir auch von Mankells Wallander kennen, dennoch grenzt Hesse seinen Krimihelden gut genug von seinem schwedischen Vorbild ab, sodass die Parallelen nicht zu offensichtlich werden. Auch Hennings ist nicht perfekt, er leidet unter Beziehungsproblemen und ab und an auch unter seiner Familie. Aber gerade diese kleinen Fehler sind es, die Hennings menschlich und sympathisch wirken lassen.

Ein weiterer Sympathieträger ist Hennings‘ Kollege Müller, der Arno Hennings meist bei seinen Ermittlungen begleitet und sich dabei als kompetent, nett und hilfsbereit erweist. Bei Müller ist jedoch nicht alles eitel Sonnenschein; kurz nach der Einweihungsparty steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür, woraufhin Müllers Frau und Kinder ausziehen und Müller auf seinem Schuldenberg alleine sitzen lassen.

Eventuell könnte man Hesse vorwerfen, dass er uns zu viele Figuren vorstellt, die alle irgendwie miteinander zusammenhängen. Das mag an mancher Stelle etwas unglaubwürdig wirken, aber es gehört zu Hesses Konstruktion dazu und sorgt schlussendlich auch für einige Überraschungen.

_Aufs richtige Pferd gesetzt_

Obwohl ich kein sonderlich gutes Verhältnis zu Pferden habe, hat mir „Das andere Blut“ ausgesprochen gut gefallen. Die Informationen über Pferde, Reiten und die berühmte Hengstparade hielten sich glücklicherweise in Grenzen, sodass auch ich gut unterhalten wurde. Was es mit dem Buchtitel auf sich hat, erklärt uns Andree Hesse erst so spät im Buch, dass ich darüber nichts verraten möchte.

Pluspunkte sammelt Hesse in seiner sympathischen Charakterzeichnung und vor allem durch seinen gelungenen Spannungsaufbau, der von Beginn an einsetzt und keine Langeweile aufkommen lässt. Hesses zweiter Kriminalroman ist klug inszeniert und wartet am Ende mit ein paar Überraschungen auf, mit denen man wahrscheinlich nicht gerechnet hatte. Insgesamt gefiel mir Andree Hesses zweiter Kriminalroman sogar noch besser als der vielversprechende Erstling, sodass ich mich schon sehr auf den nächsten Celle-Krimi freue!

|Ergänzend: [„Der Judaslohn“ 1213 |
http://www.rowohlt.de

Nomi Baumgartl – Mumo

Mumo genießt die letzten Minuten im Meer. Hier fühlt sich der junge Elefantenbulle wohl, doch hier kann er nicht auf ewig bleiben. Seine Herde zieht wieder ins Landesinnere, und weil Mumo sich seiner Familie stark verbunden fühlt, tritt er mit ihnen die Rückreise ins Herz von Afrika an. Doch obwohl er hier glücklich und in Frieden lebt und auch nicht die Gefahr durch menschliche Elfenbeinjäger fürchten muss, trifft er eine wichtige Entscheidung. Beim Elefantenbaum hat er die Gewissheit bekommen, dass es ihm vorbehalten ist, seinen Traum zu leben, und Mumos Traum soll ihn zurück ans geliebte Meer führen. In einer schicksalhaften Nacht zieht Mumo, ohne sich großartig zu verabschieden, von dannen, läuft aber bereits nach wenigen Stunden in die Fänge der gefürchteten Menschen. Statt des friedlichen Lebens in Meeresnähe droht ihm nun die Gefangenschaft auf Lebenszeit. Mumo ist verzweifelt, denn innerhalb kürzester Zeit steht sein gesamtes Leben komplett auf der Kippe.

Nomi Baumgartl ist in erster Linie Fotografin und als solche auch international renommiert. Die aus München stammende Autorin verbringt ihr Leben überall in der großen, weiten Welt und hat es sich zum Lebenswerk gemacht, als Hommage an die Schöpfung die Verbindung von Mensch und Natur in Bildern zu zeigen. Nun aber ist „Mumo“ in der hier rezensierten Fassung ein Hörbuch, in dem es der Autorin nicht möglich ist, mit visuellen Bildern zu arbeiten. Stattdessen muss sie ihre Kreativität ausschließlich darauf ausrichten, ihre Worte derart wirken zu lassen, dass eben genau das, was sie ansonsten mit der Kamera einfängt, sich nun auf mentaler Ebene bei ihrem Publikum festsetzt. Schaut man sich Nomis beeindruckende Fotografien im Booklet an, wird einem klar, welch schwierige Aufgabe sie sich mit dieser Hörbuchgeschichte aufgeladen hat, zumal die Story um den kleinen Elefanten auch reichlich moralische Aspekte beinhaltet, welche die vielen Eindrücke noch verstärken.

Doch, und das muss man schon einmal vorweg sagen, ist es der Autorin wunderbar gelungen, auf gänzlich andere Weise emotionale Bilder zu erschaffen, die auch abseits der Handlung zu berühren vermögen.

Baumgartl beginnt die Erzählung, die übrigens vom überaus erfahrenen Synchronsprecher Thomas Fritsch (William Hurt, Jeremy Irons, Russel Crowe) dargeboten wird, mit einer herrlichen Momentaufnahme Mumos im Meer und beschreibt damit auch schon sehr umfassend die träumerischen Gedanken des Elefanten, die sich nach und nach zu seinem zukünftigen Lebensweg manifestieren sollen. Bereits hier entwickeln sich prägende Eindrücke, die in jedem Schritt von Mumos Reise haften bleiben und dazu auch immer noch von weiteren eindrucksvollen Momentaufnahmen ergänzt werden. Fritsch erzählt vom langsamen Fußmarsch der Dickhäuter beim Sonnenuntergang, analysiert Traditionen und Riten, die von den Elefanten sehr bewusst betrieben werden, spricht von geheimen Wünschen und Erwartungen und geht dann mit einem Mal über in eine sehr dramatische Wendung, in welcher der lang ersehnte Traum von der bitteren Realität abgelöst wird und sich das Schicksal des wehrlosen Elefanten ohne seine Einflussnahme für sein gesamtes weiteres Leben entscheidet.

Die Geschichte vom Leben des Elefanten, der beschloss, seine letzten Tage am Meer zu verbringen, mag auf den ersten Blick eine rein fiktive Erzählung aus dem Bereich der Jugendliteratur sein, ist aber hinsichtlich des traurigen Beigeschmacks und des moralischen Anspruchs definitiv mehr als das, nicht zuletzt, weil Baumgartl den Plot absolut realitätsnah vortragen lässt und unterschwellig sehr viel Kritik einbringt, die sich vordergründig auf das Verhalten der menschlichen Jäger bezieht. Die Autorin beschreibt in einem scheinbar harmlosen Bericht, wie der Mensch kompromisslos die Natur ausbeutet, die Tierwelt erheblich gefährdet und sich der wertvollsten Schätze beraubt, ohne sich dabei der langfristigen Konsequenzen des natürlichen Gleichgewichts bewusst zu sein. Elefanten, in diesem Fall der hilflose Bulle Mumo, der zunächst als Spielball der unbarmherzigen Tierfänger missbraucht wird, gehören zu den am meisten gefährdeten Opfern in diesem kaum mehr aufzuhaltenden Teufelskreis und bieten daher auch den perfekten Aufhänger für eine derart tragische Erzählung, nicht zuletzt, weil Baumgartl auch schon mehrfach Erfahrungen mit den riesigen Dickhäutern gemacht hat, die sie hier auch souverän ausspielt.

Was genau hinter diesen Lebewesen steckt, welche Gepflogenheiten ihr Leben bestimmen, wie sie sich generell in ihrer Umwelt verhalten und was ihre Natur ausmacht – nun, das werden Experten sicherlich wissen. Wie man all dies jedoch mit Emotionen füllt, ein Mehr an Leben einbringt, weitere Geheimnisse enthüllt, Sympathien ausbreitet |und| dann auch noch eine bewegende Geschichte erzählt, diese Kunst ist sicherlich nur wenigen vorbehalten, unter anderem eben der Autorin von „Mumo“, der ich ein großes Kompliment für die Story und die Darstellung der grauhäutigen Landriesen aussprechen muss. Um es einmal bildlich zu beschreiben, möchte ich zum Abschluss gern meine Lebensgefährtin zitieren, die im Bezug auf unser gemeinsames Kind folgende Äußerung hören ließ: „Wenn der Kleine irgendwann den Inhalt begreift und sich von Mumos Geschichte mitreißen lässt, haben wir als Eltern gute Arbeit geleistet.“ Ich denke, dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen.

Zum Rahmen des im Digibook erscheinenden Hörbuchs sei noch gesagt, dass neben den zwei CDs mit dem eigentlichen Plot als Zusatz noch eine DVD mit der Dokumentation „Der Elefantenmann“ enthalten ist, auf der es weitere beeindruckende Bilder aus dem afrikanischen Tierreich zu sehen gibt. Auch hierbei handelt es sich um eine ergreifende Dokumentation, die zum einen erschreckende Aspekte offenbart, andererseits aber auch die Schönheit dieser Tiere adäquat nach außen kehrt. Schlichtweg grandios, wie eben die Reise des Elefantenbullen Mumo, die ich jedem, egal welche Art und Form der Literatur er oder sie bevorzugt, nur wärmstens ans Herz legen kann.

2 CDs
Sprecher: Thomas Fritsch
http://www.sprechendebuecher.de

Bollhöfener, Klaus (Red.) / Havemann, Achim (Hrsg.) – phantastisch! 24

_Inhalt_

|Interviews|
Nicole Rensmann: Interview mit Marianne Eschbach
Carsten Kuhr: Interview mit Jonathan Stroud
Ulrich Blode: Interview mit Hannes Riffel
Thomas Harbach: Interview mit Catherine Asaro

|Bücher und Autoren|
Andreas Eschbach: Das Arbeitszimmer des Schriftstellers
– Werkstattnotizen Teil 9
Achim Schnurrer: Klassiker der phantastischen Literatur : Gustav Meyrink Teil 1
Rainer Zuch: It´s alive
Ulrich Blode: Daniel Keyes „Blumen für Algernon“
Bartholomäus Figatowski: Margaret Peterson Haddix´ Schattenkinder
Thomas Harbach: Trash and Treasury

|Phantastisches Update|
Phantastische Nachrichten zusammengestellt von Horst Illmer

|Rezensionen|
Doris Dreßler: Jenny-Mai Nuyen: „Nijura – Das Erbe der Elfenkrone“
Carsten Kuhr: Jonathan Stroud: „Bartimäus – Die Pforte des Magiers“
Andreas Wolf: Markus K. Korb: „Insel des Todes“
Johannes Rüster: Bartholomäus Figatowski: „Sonne, Klon und Sterne: Eine SF-Anthologie“
Andreas Wolf: Bernard Craw: „Sanguis B. – Vampire erobern Köln“
Ulrich Blode: Rainer Erler: „Das Genie“
Herrmann Ibendorf: Frank Miller: „300“
Horst Illmer: Ursula K. Le Guin: „Die Geißel des Himmels“
Horst Illmer: Vernor Vinge: „Die Tiefen der Zeit“

|Comic|
Olaf Funke: Lanfeust der Sterne

|Story|
Nick Mamatas: Reise zwischen Himmelskörpern
Jakob Schmidt: Abfallprodukte.

|Wissenschaft|
Götz Roderer: König Laurins Gedanken

_Rezension_

Die Ausgabe 24 der |phantastisch!| kommt wieder einmal gewohnt abwechslungsreich daher – ausgewogen und informativ. Da ist jede Publikation gleich souverän und ohne Fehl und Tadel. Und Klaus Bollhöfener weist in seinem Vorwort darauf hin, dass mit der nächsten Ausgabe, die im Januar 2007 erscheint, |phantastisch!| in das siebte Jahr geht und sich die Leser auf einige besondere Überraschungen freuen dürfen.

Horst Illmer startet das UPDATE mit Nachrufen (z. B. über den am 28.07.2006 verstorbenen englischen Fantasyautor David Andrew Gemmell), Geburtstagen, Neue Hör(Bücher), Neue Sekundärliteratur, SF & Fantasy in den Medien( z. B. der im Sommer erschienen Ausgabe 19 der EXODUS und der August-Ausgabe des deutschen ROLLING STONE) und der Frage „Wer ist eigentlich Vernor Vinge?“ – vorweg sei so viel verraten: einer der profiliertesten und weitsichtigsten Autoren der amerikanischen Gegenwarts-SF.

Daran schließen sich die 9. WERKSTATTNOTIZEN von _Andreas Eschbach_ an, in denen sich der Autor thematisch mit dem Arbeitszimmer des Schriftstellers befasst. Wozu es da ist und welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit es funktioniert. Es – das Schreiben. Die Anmerkungen sind zugegeben nicht schlecht, aber hier muss ich aus eigener langjähriger Erfahrung und meinem regem Austausch mit Autorenkollegen sagen, dass dies (um Fontane zu bemühen) ein „weites Feld“ ist. Denn gerade, was dieses Thema angeht, hat jeder spezielle Ansprüche an sein „Arbeitsfeld“, die Atmosphäre und daran, was die Kreativität fördert oder untergräbt. Was den einen stört, benötigt der andere geradezu, um schöpferisch aktiv zu werden.

Den Werkstattnotizen schließt sich ein Interview an, das Nicole Rensmann mit _Marianne Eschbach_, der Frau von Andreas Eschbach, die ebenso unter die Schriftsteller gegangen ist, geführt hat. Und da gehe ich wieder mit ihm konform, wenn er sagt: |“Etwas Besseres kann einem Autor nicht passieren, als dass der Ehepartner ebenfalls schreibt. Ich kenne etliche Kollegen – beiderlei Geschlechts –, die darunter leiden, dass ihre bessere Hälfte nicht versteht, was sie da eigentlich treiben, was einem das Schreiben bedeuten kann und mit welchen Schwierigkeiten man bisweilen ringt. Sprich warum man manchmal mit glasigen Augen dasitzt und nicht ganz in dieser Welt ist“|. Ich spüre mich heftig nicken, kenne ich doch aus eigener leidiger Erfahrung jenes Unverständnis des nichtschreibenden Liebsten – aber auch seit geraumer Zeit eben jenes wundervoll Gefühl, endlich auf einen Gleichgesonnen getroffen zu sein. Doch kommen wir zurück zum Thema – wer mehr über Marianne Eschbach erfahren möchte, lese das interessante Interview!

Olaf Funke bietet einen Artikel für die Comic-Rubrik über „Barbaren im Weltall“, der Comic-Reihe rund um die Geschichten über Lanfeust von Troy, gezeichnet von _Didier Traquin_ und getextet von _Christophe Peling_, besser bekannt unter seinen Pseudonymen Scotch bzw. Christophe Arleston.

Carsten Kuhr sprach mit _Jonathan Stroud_, der als Lektor und später Verfasser für Kinderbücher begann. Der Autor der „Bartimäus“-Bücher lebt mit seiner Frau Gina, einer Grafikerin, in London.

Rainer Zuch bietet dem Leser einen Streifzug durch die Bilder in der angloamerikanischen Phantastik. Mit Beispielen anhand von Poe- oder Ligotti-Texten u. v. m.

Lesenswert ist auch Teil 1 des Porträts von Achim Schnurrer über den grandiosen _Gustav Meyrink_ in „Klassiker der Literatur“!

Bartholomäus Figatowski berichtet über die „Schattenkinder“-Reihe von _Margaret Peterson Haddix_, die zu den populärsten Jugendbuchautorinnen in den USA zählt. Mit der siebenbändigen „Schattenkinder“-Reihe feierte sie einen großen Erfolg im SF-Genre.

Thomas Harbach führte ein Interview mit _Catherine Asaro_, der Autorin der Romane rund um das Sternenreich Skolia und den neuen Zyklus um die genetisch modifizierte Überfrau Alpha – spektakulärere SF mit Anspruch und interessanten Charakteren.

Ulrich Blode hingegen sprach mit _Hannes Riffel_, der seit 2004 die „Hobbit Presse“ als freier Lektor betreut, zusammen mit Stephan Askani von Klett-Cotta.

Aber wie immer bietet die |phantastisch!| erheblich mehr – u. a. Geschichten, Rezensionen, „Trash & Treasy“ von Thomas Harbach und weitere Artikel. Und Klaus Bollhöfener startet eine neue Rubrik „Intern“, in der er fortan Einblicke in die Arbeit des |phantastisch!|-Teams gewähren will. Den Anfang macht er mit _Michael Gottfried_ (dem neuen Coverillustrator).

_Fazit:_ Wie immer ist auch diese Ausgabe ohne jegliche Schwäche – mein Kompliment!

http://www.phantastisch.net/

Sage, Angie – Septimus Heap – Flyte

Mit „Flyte“ läutet Angie Sage die nächste Runde ihrer Reihe um die Geschichte des jungen Septimus Heap ein. Die Geschichte des lange verschollen geglaubten siebten Sohn eine siebten Sohnes (und als solcher mit besonderen magischen Fähigkeiten gesegnet), die in in [„Septimus Heap – Magyk“ 1856 ihren Anfang nahm, wird nun im zweiten Band der Trilogie fortgeführt.

Mit dem hoffnungsvollen Nachwuchsmagier Septimus hat Angie Sage eine Fantasy-Figur erschaffen, die neben Harry Potter und Co. ihre Daseinsberechtigung hat. Septimus braucht sich kaum hinter seinem bekannteren Kollegen zu verstecken, wenngleich die Septimus-Heap-Romane ihre Zielgruppe enger fassen. Sie sind noch in wesentlich stärkerem Umfang wirkliche Kinder- und Jugendbücher, als dies bei Kollege Potter der Fall ist.

Seit den Geschehnissen in „Magyk“ ist ein gutes Jahr vergangen. Septimus ist mittlerweile seit einem Jahr im Zaubererturm bei der Außergewöhnlichen Zauberin Marcia Overstrand als Lehrling angestellt und hat viel gelernt. Jenna ist zusammen mit der Familie Heap in den Palast gezogen, wo nach dem Ende des bösen Zauberers DomDaniel und des Obersten Wächters wieder beschauliche Ruhe eingekehrt ist. Das Leben der Familie und der jungen Prinzessin Jenna verläuft in geregelten Bahnen, bis eines Tages der seit einem Jahr verschwundene älteste Heap-Sohn Simon auftaucht und das ruhige Leben aufmischt.

Kurzerhand entführt er Jenna und flieht mit ihr in seine Höhle jenseits der Schieferbrüche. Dort hat Simon sein Lager in einer alten Landwurmhöhle aufgeschlagen, zusammen mit den Gebeinen von DomDaniel, die nicht so ganz hundertprozentig tot zu sein scheinen. Simon will den Zauberer zurück in die Welt der Lebenden holen und dann bei ihm in die Lehre gehen. Dafür will er DomDaniel bei der Wiederherstellung seiner früheren Macht loyal zur Seite stehen und dazu gehört auch die Entführung von Jenna.

Wird es DomDaniel gelingen, die Macht über die Burg wieder an sich zu reißen und als Oberster Zauberer in den Zaubererturm einzuziehen? Septimus macht sich auf, Jenna zu suchen und nach Hause zu bringen. Aber reichen seine magischen Fähigkeiten schon aus, um gegen Simon und DomDaniel etwas ausrichten zu können?

Der Beginn der Geschichte spielt sich wie im Vorgängerband nahezu komplett innerhalb der Burgmauern ab. Wieder einmal beschwört Sage eine Welt herauf, die an das späte Mittelalter erinnert, gewürzt mit einer saftigen Prise Magie. Überall in Sages Welt gibt es kleine magische Gimmicks, die das Leben erleichtern und die der Handlung eine gewisse humorvolle Note verleihen. Sage versteht es, der Geschichte auch lustige Züge zu verleihen, die den Lesespaß gerade für Kinder enorm erhöhen dürften.

Die ersten düsteren Züge der Handlung treten mit dem Auftauchen von Simon in Erscheinung. Simon hegt eine starken Groll, zum einen gegen seinen „neuen“ Bruder Septimus, der die Lehrstelle bei Marcia Overstrand bekommen hat, die er selbst sich doch immer gewünscht hat, und zum anderen gegen Jenna, die sich auf einmal als Prinzessin entpuppte. Die Entführung von Jenna gelingt zunächst, wenngleich Jenna gerissen genug ist, einen erfolgversprechenden Ausbruch zu wagen (der wiederum seine komischen Züge hat, weil er recht ungewöhnlich vonstatten geht).

Doch damit fängt die Geschichte erst an und Simon lässt nichts unversucht, Jenna so schnell wie möglich zurück in seine Gewalt zu bringen. Der Beginn eines Katz-und-Maus-Spiels, das fortan den Plot bestimmt und noch für reichlich Spannung sorgt. Spannende Lektüre ist somit garantiert. Simon hat schon einiges an magischen Fertigkeiten erlangt und er ist als Gegner für Septimus, der versucht, Jenna im weiteren Verlauf zu beschützen, ein wirklich harter Brocken. Septimus kann froh sein, dass sein Bruder Nicko ihm zur Seite steht, und auch Wolfsjunge, der zusammen mit einigen von Septimus‘ Brüdern im Wald lebt und Septimus, Nicko und Jenna begleitet, erweist sich als hilfreicher Gefährte.

Spannung, Magie, Humor, Freundschaft – Sages Geschichte enthält viele Elemente, die eine vielversprechende Mischung abgeben. Manches Problem der Protagonisten löst sich für den erwachsenen Leser sicherlich ein bisschen zu leicht. Kinder dürfte dieser Aspekt indes wohl wenig stören. Sages Welt ist recht einfach gestrickt. Die Figuren lassen sich ganz leicht in Gut und Böse einteilen, Grauzonen gibt es dabei nicht so recht. Sages Romanwelt ist halt durch und durch kindgerecht angelegt.

So verwundert es auch nicht, dass die Bösen, um besiegt werden zu können, manchmal schon eine recht trottelige Figur abgeben müssen. Manchmal wirkt Simon wie der letzte Depp und stellt sich einfach nur ungeschickt an, obwohl er schon über recht ausgefeilte magische Fähigkeiten verfügt. Auch Marcia Overstrand macht in diesem Band eine eher schlechte Figur. Auch sie wirkt irgendwie zu tollpatschig (gemessen daran, dass sie immerhin die mächtigste und wichtigste Zauberin im Land ist). Sie wird stellenweise ein wenig zur Witzfigur degradiert, was ihr in ihrer Rolle als Septimus‘ Mentorin nicht unbedingt gut bekommt.

Ein weiterer Nachteil ergibt sich daraus, dass „Flyte“ der Mittelband einer fortgesetzten Serie ist. So ist die Handlung alles andere als abgeschlossen, wobei manches für meinen Geschmack etwas zu offen bleibt. Zumindest ein Erzählstrang wirkt unschön abgebrochen, ansonsten schafft Sage mit „Flyte“ eine ganz ordentliche Ausgangsposition für den nächsten Band der Reihe. Insgesamt ist ihr das im ersten Teil aber besser gelungen, da sie dort gleichzeitig den ersten Handlungsblock abgeschlossen und die Grundlagen für den zweiten Band geschaffen hat. So bleibt die Lektüre am Ende doch ein wenig unbefriedigend.

Schön ist dagegen wieder einmal die Aufmachung des Buches. War schon der erste Band sehr liebevoll gestaltet, so steht der zweite Band dem in nichts nach. Liebevoll skizzierte Figuren am Kapitelanfang zeigen die Protagonisten und verleihen der Geschichte mehr Atmosphäre.

Sages Schreibstil ist leicht verständlich und eingängig, aber stets auch etwas gewitzt. Für Kinder dürfte hier der Lesespaß garantiert sein und ich bin mir sicher, dass mir die Septimus-Heap-Reihe zu meinen Kindertagen auf jeden Fall reichlich Freude bereitet hätte.

Alles in allem ist „Septimus Heap – Flyte“ eine schöne Fantasygeschichte für Kinder, die anders als die letzten Harry-Potter-Bände auch wirklich kindgerecht ist. Das schränkt natürlich auch den Lesespaß der erwachsenen Leserschaft ein, aber das kann man einem Kinderbuch wohl kaum zum Vorwurf machen. Abgesehen davon, dass einer der Erzählstränge am Ende unschön abgebrochen und die ehrwürdige Marcia Overstrand in manchen Situationen ein wenig zu sehr als Witzfigur strapaziert wird, macht das Buch einen größtenteils guten Eindruck. Die Geschichte ist phantasievoll erzählt, hat eine humorvolle Note und sympathische Figuren. Kinder dürften daran in jedem Fall ihre wahre Freude haben.

Website zum Buch: [www.septimusheap.de]http://www.septimusheap.de

Trudi Canavan – Die Novizin (Die Gilde der Schwarzen Magier 2)

Die Gilde der schwarzen Magier

Band 1: Die Rebellin“
Band 2: „Die Novizin“

Am Ende des ersten Bandes der Trilogie hat Sonea sich dafür entschieden, als Novizin in die Gilde einzutreten. Keine Frage, dass das einer Menge Leute gar nicht gefällt. Schon bald zeichnet sich ab, dass einer sie ganz besonders hasst: Regin, ein sehr begabter Junge, der mit ihr in die Klasse geht. Von Anfang an macht er ihr das Leben schwer. Unter anderem sorgt er dafür, dass Sonea Rothens Wohnung verlassen und in die Unterkunft der Novizen umziehen muss.

Richtig übel wird es allerdings erst, als der Hohe Lord herausfindet, dass jemand hinter sein Geheimnis gekommen ist! Er besteht darauf, zu Soneas Mentor ernannt zu werden. Nicht nur, dass Sonea nun in die Residenz umziehen und regelmäßig mit dem Hohen Lord zu Abend essen muss, sie ist nun auch noch verstärkt den neidischen Attacken Regins ausgesetzt …

Dannyl ist derweil als Botschafter nach Elyne geschickt worden. Außerdem hat Administrator Lorlen ihn inoffiziell darum gebeten, die Reise des Hohen Lords nachzuvollziehen. Er will herausfinden, was genau Akkarin in den fünf Jahren getan hat, die er fern von Imardin verbracht hat. Dabei ist nicht klar, was er sich mehr erhofft: etwas, das ihm gegen Akkarin helfen könnte, oder etwas, das Akkarin entlastet.

Ohne zu wissen, wie heikel seine Tätigkeit ist, findet Dannyl tatsächlich schon bald eine heiße Spur …

Im Vergleich zum Vorgängerband hat sich die Personenkonstellation um einiges verschoben. So tauchen Fergun überhaupt nicht mehr und Cery nur einmal kurz auf, ohne tatsächlich eine Rolle zu spielen.

Fergun als unmittelbarer Gegner Soneas wurde durch Regin ersetzt. Und ich muss sagen, Regin legt tatsächlich einiges mehr an Rafinesse und Gemeinheit an den Tag als sein erwachsener Vorgänger! Vielleicht liegt es auch nur daran, dass Fergun nicht so leicht an Sonea herankam wie Regin. Jedenfalls ist Regin einer von der besonders falschen, hinterhältigen Sorte und gleichzeitig von Hass und Neid regelrecht zerfressen.

Der Ersatz für Cery heißt Dorrien und ist Rothens Sohn, ein Heiler, der sich in den Bergen um eine kleine Gemeinde von Hirten kümmert. Zwar bestimmt er die Handlung nicht so sehr wie Cery im ersten Band, dafür verbringt er zu wenig Zeit in Imardin. Trotzdem nimmt er Cerys Stelle als Kumpel ein, er bringt Sonea zum Lachen, unternimmt etwas mit ihr, macht ihr Mut und steht ihr indirekt gegen Regin bei.

Ansonsten beansprucht, wie erwartet, Akkarin einigen zusätzlichen Raum in der Handlung. Aber trotz seines dunklen Geheimnisses und seiner ziemlich drastischen, ja groben Maßnahmen, es zu wahren, konnte ich mich nicht dazu durchringen, in ihm einen wirklichen Bösewicht zu sehen. Cerys Rettung im ersten Teil passt einfach nicht dazu! Denn läge es wirklich in der Absicht des Hohen Lords, an Soneas Kräfte zu kommen, dann hätte er Cery im Keller verrotten lassen und in aller Ruhe abgewartet, bis Ferguns Plan aufgegangen wäre und die Gilde Sonea hinausgeworfen hätte. Stattdessen hat er erst die Voraussetzungen geschaffen, dass sie bleiben konnte, und so selbst dafür gesorgt, dass er nicht mehr an sie herankommen kann, ohne Aufsehen zu erregen! Auch andere Indizien sprechen dafür, dass es einen besonderen Grund für Akkarins Verhalten geben muss, der aber natürlich noch nicht verraten wurde …

Charakterliche Entwicklung gibt es eigentlich nur bei Sonea und überraschenderweise bei Dannyl. Sonea leidet sehr unter der Ausgrenzung und natürlich unter Regins Schikanen. Letztlich stellt sich aber heraus, dass Regin das Gegenteil von dem erreicht, was er erreichen will. Anstatt Sonea zu demoralisieren, sorgt er dafür, dass sie lernt, sich zu wehren. Außerdem macht ihr die Nähe zu Akkarin zu schaffen, obwohl sie ihn nicht oft und lange sieht. Doch die Drohungen gegen sie und Rothen waren auch nicht dazu geeignet, ihr den Wechsel ihres Mentors zu erleichtern. Während sie ihr Problem mit Regin allmählich in den Griff bekommt, wird ihre Angst vor Akkarin eher immer größer. Dannyl dagegen genießt seine Reisen, zumal er in Elyne einen Reisegefährten gewonnen hat, der eine echte Bereicherung darstellt, und das nicht nur für die Aufgabe, die Lorlen ihm gestellt hat. Schon bald steht Dannyl vor einer Situation, die ihn zwingt, Stellung zu beziehen, vor allem sich selbst gegenüber. Und Dannyl trifft eine erstaunliche Entscheidung …

Die Handlung teilt sich grob gesagt in zwei Stränge, den um Dannyls Reise und den um die Ereignisse in der Gilde, wobei Letzterer sich ebenfalls noch einmal unterteilt. Den Löwenanteil nimmt dabei natürlich Soneas Konflikt mit Regin ein sowie die „öffentliche Meinung“, das heißt, die Ansichten diverser Magier über Sonea. Außer Rothen scheint nur Yikmo, ihr Lehrer in den Kriegskünsten, ihr freundlich gesinnt zu sein. Außerdem hat Sonea sich die Sympathien von Lady Tya erworben, weil sie ihr bei der Arbeit hilft. Die Ansichten der übrigen Magier wechseln je nach Ereignis von skeptischer Duldung zu offener Ablehnung.

Ein weiterer, größerer Teil widmet sich Lorlen und seinem Gewissenkonflikt sowie seinem gestörten Verhältnis zu Akkarin. Lorlens Vertrauen in seinen besten Freund ist durch Soneas Entdeckung zutiefst erschüttert, und er weiß nicht, wie er sich ihm gegenüber verhalten soll. Er macht sich Vorwürfe, weil er nichts unternimmt, weiß aber gleichzeitig, dass ihm die Hände gebunden sind.

Rothen taucht nach Soneas Umzug in die Residenz nur noch am Rande auf, und dann eher im Zusammenhang mit Dannyl und Dorrien, da er Sonea nicht mehr sehen darf.

Das ständige Geplänkel mit Regin bringt die Handlung natürlich nicht unbedingt weiter. Abgesehen davon, dass der Leser eher früher als später beginnt, Regin abgrundtief zu verabscheuen, schwebt ständig eine leise Drohung von Überdruss über den Ereignissen. Die werden immer wieder durch kleine Kniffe ausbalanciert, und als auch das nicht mehr hilft und der Leser den Eindruck gewinnt, dass sich an der Situation nichts ändern wird, ganz gleich, was Sonea tut, holt die Autorin endlich zum Schlag aus. Ob es ein Befreiungsschlag wird, werden wir allerdings erst im dritten Band erfahren. Immerhin sorgt dieser Schlag zumindest gegen Ende für einen Anstieg der Spannungskurve.

Eher geeignet, so etwas wie Spannung aufzubauen, ist die seltsame Mordserie, die die Garde in Atem hält. Zwar geschehen diese Morde alle in Imardin, trotzdem stehen sie eher in Zusammenhang mit Dannyls Nachforschungen, und damit mit Akkarin, als mit Sonea. Und zumindest Dannyl sorgt für etwas Fortschritt. Die Entdeckung des Symbols der Hand mit dem Mond und die Verbindung zwischen König Charkan und der alten Magie, die letztlich nach Sachaka weist, sind immerhin Schritte hin zu einer möglichen Lösung des Rätsels um Akkarin.

Auch vom zweiten Band der Gilde der schwarzen Magier kann man nicht behaupten, dass er aus der Masse der übrigen Fantasy herausragt. Immerhin sorgen die interessante Figur Akkarins sowie Dannyls Entdeckungen, aber auch der seltsame Schrank im Lager der Magierbibliothek dafür, dass es dem Leser nicht langweilig wird und er im wiederkehrenden Auf und Ab zwischen Regin und Sonea etwas hat, worüber er nachdenken kann. Und ich kann nicht behaupten, dass ich auf die endgültige Lösung im dritten Band nicht neugierig wäre.

Trudy Canavan stammt aus Australien, wo sie nach einem Studium am Melbourne College of Decoration als Designerin, Illustratorin und Kartenzeichnerin für verschiedene Verlage tätig war, ehe sie zu schreiben begann. 1999 gewann sie mit ihrer Kurzgeschichte „Whispers of the Mist Children“ den |Aurealis Award for Best Fantasy Short Story|. 2001 erschien dann ihr erster Roman, der erste Band der Trilogie |Die Gilde der schwarzen Magier|. Inzwischen hat sie mit |Age of Five| eine weitere Trilogie geschrieben, die aber bisher nur im englischsprachigen Raum erschienen ist. Derzeit arbeitet sie an „The Magician’s Apprentice“, einem Prequel zur Magiertrilogie. Auch ein Sequel soll folgen.

Taschenbuch 608 Seiten
Originaltitel: The Novice
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3-570-30329-0

http://www.trudicanavan.com/
http://www.randomhouse.de/cbj/

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Kramer, Wolfgang – Im Bann der Pyramide

_Die Spielidee_

In der Wüste Ägyptens wurde der Zugang zu einer bisher unbekannten Pyramide entdeckt. Archäologen begeben sich auf die spannende Suche nach der Königskammer. Mit ihrer Ausrüstung erforschen sie verzweigte Gänge und geraten von einem Abenteuer ins nächste. Wer entdeckt die Königskammer trotz versteckter Fallen als Erster?

_Das Spielmaterial_

• 5 beidseitig verwendbare Abenteuerkarten
• 1 beidseitig verwendbare Königskammer
• 5 Archäologen in 5 verschiedenen Farben
• 1 Depotkarte
• 36 Ausrüstungskarten mit den Werten 1-5 bzw. den Symbolen ‚Fackel‘, ‚Leiter‘, ‚Seil‘ und ‚Spitzhacke‘
• 18 Sonderkarten (8 x Zauber, 3 x Fluch, 3 x Schutz, 3 x Skarabäus-Amulett, 1 x Mumie)
• 1 Spielanleitung in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch

„Im Bann der Pyramide“ ist ein reines Kartenspiel, dessen Spielmaterial dementsprechend auch nur aus Karten besteht. Eine Besonderheit ergibt sich jedoch bei der Gestaltung der Spielfiguren, symbolisiert durch die Archäologen-Karten, die in der Mitte geknickt werden müssen, damit sie ‚aufrecht‘ stehen können. Diese Eigenheit hat jedoch leider den Nachteil, dass sich die fünf zugehörigen Karten relativ schnell abnutzen, weil sie durch das Ein- und Auspacken immer wieder hin- und hergebogen werden und so drohen, bei intensiverer Verwendung in der Mitte durchzubrechen. Es gibt allerdings Möglichkeiten, dem vorzubeugen, indem man zum Beispiel eine klassische Halma-Figur einsetzt, wobei dadurch natürlich wieder der Charakter des Kartenspiels ausgehebelt wird. Hier möge bitte jeder selber entscheiden; ansonsten ist die Qualität des Spielmaterials nämlich ausgezeichnet, sowohl bei der Handhabung als auch hinsichtlich der Belastbarkeit. Im Bezug auf die Gestaltung ist „Im Bann der Pyramiden“ ebenfalls ganz ansprechend gehalten, soll heißen, man hat sich trotz netter, witziger Zeichnungen auf das Wesentliche beschränkt und somit auch von vornherein sämtliche Irritationen vermieden. Und so soll’s eigentlich auch sein.

_Spielvorbereitung_

„Im Bann der Pyramide“ ist für mindestens zwei und maximal fünf Spieler vorgesehen, wobei das Kartenmaterial beim höchsten Mehrspielermodus auch an seine Grenzen kommt (was allerdings keinen Einfluss auf den Spielfluss hat). Vor Beginn des Spiels werden die Archäologen in der Mitte (wie oben beschrieben) gefaltet und an die entsprechende Spielerzahl jeweils einer verteilt. Dann entscheidet man sich für eine Seite der Königskammer (vorgegeben sind die Werte 12 und 14) und legt diese offen aus. Die fünf Abenteuerkarten werden gemischt und vier von ihnen an das pfeilabgewandte Ende der Königskammer platziert. Anschließend wird die Karte mit dem Depot, auf der die Symbole der Ausrüstungskarten abgebildet sind, mit der Seite der Leiter direkt an den Pfeil der Königskammer gelegt. Nun bekommt jeder Spieler noch jeweils fünf Ausrüstungskarten verdeckt auf die Hand; die übrig gebliebenen Karten bilden den ebenfalls verdeckten Nachziehstapel.

Am Ende der Vorbereitungen entsteht nun folgendes Bild: Zentral liegt die Königskammer, angrenzend daran an der Gegenseite des Pfeils vier Abenteuerkarten mit unterschiedlichen Werten zwischen 5 und 11 und direkt anschließend an den Pfeil der Königskammer das Depot, welches genau bestimmt, mit welchen Symbolen die Spieler die auf den Abenteuerkarten erforderlichen Punkte erreichen können.

_Die Funktionen der Karten_

• Die Depotkarten: Sie bestimmen maßgeblich die Richtung des Spiels. Hierbei ist entscheidend, welches Symbol gerade vom angrenzenden Pfeil der Königskammer angezeigt wird. Die Spieler dürfen nämlich nur diejenigen Karten auslegen und verwerten, die durch die Vorgabe des Pfeils gerade gefragt sind. Zu Beginn des Spiels sind dies Leitern. Im weiteren Verlauf darf die Depotkarte aber unter zweierlei Bedingungen gedreht werden: Zum einen, wenn jemand ein Abenteuer mit dem genau passenden Wert bestanden hat, und zum anderen, wenn ein Spieler die Sonderkarte ‚Zauber‘ ausspielt, die es ihm ermöglicht, das Depot seinem Wunsch entsprechend zu verändern.

• Die Abenteuerkarten: Sie zeigen an, welchen Wert die ausgelegten Karten besitzen müssen, damit der Archäologe ein Abenteuer bestehen kann. Liegt zum Beispiel am Anfang des Spiels die Karte mit dem Wert 9 an erster Position, muss der Spieler Ausrüstungskarten mit einem Wert von 9 oder mehr auslegen, um dieses Abenteuer zu bestehen bzw. diese Barriere zu überschreiten. Trifft er die geforderte Zahl sogar passend, darf er sowohl die Depotkarte nach Belieben einmalig verändern als auch noch einen weiteren kompletten Spielzug anhängen. Sollte jener wieder dazu führen, dass ein Abenteuer bestanden wird, darf man dieses Procedere wiederholen.

• Die Ausrüstungskarten: Die Ausrüstungskarten unterscheiden sich in vier Spielfarben und fünf Wertigkeiten. Je höher der Wert, desto besser, denn durch größere Ziffern erlangt man schneller die erforderliche Gesamtzahl, die von den Abenteuerkarten vorausgesetzt wird. Doch Vorsicht: Es lohnt sich enorm, den passenden Wert auszulegen, denn eine begünstigende Wendung des Depots und ein zusätzlicher Zug können mitunter spielentscheidend sein.

• Die Sonderkarten: Insgesamt gibt es fünf verschiedene Sonderkarten, die einem das Spiel in bestimmten Situationen enorm erleichtern können. Die am großzügigsten verteilte ist die Sonderkarte ‚Zauber‘, die es einem ermöglicht, das Depot zu wenden. Mit dem ‚Fluch‘ hingegen kann man einen Gegenspieler belasten, der als Folge eine der bereits ausgelegten Karten auf den Ablagestapel legen muss. Davor kann man sich jedoch schützen, und zwar mit dem ‚Schutz‘, den man ebenfalls ablegen kann, wenn man vom ‚Fluch‘ befallen wird. Gerade zum Schluss hin kann das ‚Skarabäus-Amulett‘ sehr wertvoll sein, denn dieses ermöglicht es, einmalig so viele Ausrüstungskarten wie gewünscht auszuspielen. Nur einmal vertreten, dafür aber auch sehr effektiv, ist die Mumie. Derjenige Spieler, dem sie in die Auslage (von einem anderen Spieler) hineingepfuscht wird, benötigt drei Punkte mehr, um das aktuelle Abenteuer zu bestehen. Ist ihm dies dann gelungen, darf er die Mumie an einen Konkurrenten seiner Wahl weiterreichen. Die Mumie ist die einzige Karte, die somit auch bis zum Schluss im Spiel bleibt, wenn sie einmal ausgelegt wurde.

• Die Königskammer: Wer die Königskammer als Erster passiert, hat das Spiel gewonnen. Allerdings sind die Anforderungen hier ein wenig höher, denn man muss schon exakt 12 bzw. 14 Punkte (je nach Seitenwahl) aufbringen, um an den versteckten Schatz zu kommen. Spätestens hier merkt man dann häufig, wie wichtig es sein kann, auch Ausrüstungskarten mit geringeren Werten auf der Hand zu horten.

_Der erste Zug_

Nachdem der Startspieler bestimmt wurde (es beginnt laut Spielregel der jüngste Mitspieler), startet das Abenteuer in den Gemächern der Pyramide. Zu Beginn eines jeden Zuges hat man dabei zwei verschiedene Optionen: Entweder entscheidet der Spieler sich dafür, weitere Pyramidenkarten vom Nachziehstapel zu ziehen bzw. unerwünschte Karten den Vorgaben entsprechend einzutauschen, oder aber er entschließt sich dazu, eine vorgegebene Anzahl seiner Handkarten auszuspielen.

Dies sieht dann wie folgt aus: Spieler A wählt die Möglichkeit, seine Handkarten zu erweitern, weil er zum Beispiel nicht die entsprechenden Symbole, (in der ersten Runde ist dies stets die Leiter), die vom Depot gefordert werden, auf der Hand hat. Nun darf er eine oder zwei Karten vom Nachziehstapel ziehen. Im weiteren Verlauf muss er jedoch beachten, das Maximum von zehn erlaubten Handkarten einzuhalten. Doch dies ist in der ersten Spielrunde noch nicht relevant. Hat er sich nun für diese Option entschieden, endet sein Zug auch schon mit dem Auffüllen der Handkarten.

Sollte Spieler A hingegen mit seinem Blatt überhaupt nicht zufrieden sein, darf er auch bis zu fünf Handkarten gegen neue Ausrüstungskarten vom Nachziehstapel eintauschen. Die getauschten Karten werden danach auf den Ablagestapel gelegt. Sollte der Nachziehstapel später aufgebraucht sein, wird er vom durchgemischten Ablagestapel ersetzt.

Die letzte Möglichkeit besteht darin, dass jener Spieler A das Depot ‚bedienen‘ kann. Dies ist der Fall, wenn er Leiterkarten auf der Hand hat und diese auch ausspielen möchte, oder aber wenn er einen ‚Zauber‘ auf der Hand hat, mit ihm das Depot verändert und die nun gefragten Ausrüstungskarten ausspielt. Man beachte hierbei die Ausnahmeregel, dass nach einer Sonderkarte immer noch eine Ausrüstungskarte gespielt werden darf, während es ansonsten lediglich erlaubt ist, immer nur eine Karte auszulegen. Wie man’s auch anstellt: Die Ausrüstungskarten werden vor dem Spieler ausgelegt und verbleiben dort so lange, bis das momentane Abenteuer bestanden ist.

Gelingt es ihm dabei bereits, das Abenteuer zu bestehen, darf er das Depot erneut verändern und den hier beschriebenen Spielzug (sprich: eine mögliche Option) wiederholen. Vorher muss er jedoch noch die ausgelegten Karten auf den Ablagestapel legen.

Sollte er indes ein Abenteuer noch nicht bestanden haben, ist nun ebenso wie in den zuvor beschrieben Fällen Spieler B, also der im Uhrzeigersinn nächste Spielpartner, an der Reihe.

Kurz zusammengefasst:

Option A)
• 1 oder 2 Karten ziehen
• Oder: bis zu fünf Karten eintauschen

Option B)
• 1 Ausrüstungskarte ausspielen
• Oder: 1 Sonderkarte und 1 Ausrüstungskarte ausspielen
• Oder: 1 Sonderkarte ausspielen
Sollte man die Mumie auf der Hand haben, darf man diese in beiden Fällen noch zusätzlich ausspielen.

_Spielverlauf_

Reihum kämpfen sich die Spieler nun durch das Labyrinth der Pyramide, versuchen dabei, ihre Gegner ein wenig zu durchschauen und durch Entwicklung verschiedener Strategien selber schnellstmöglich in die Königskammer zu gelangen. Dabei ist es immer ratsam, sich vor Angriffen des Gegners durch den lästigen Fluch abzuschirmen, indem man den Schutz auslegt. Gerade bei Spielen mit mehreren Leuten ist es ungleich schwerer, die erforderlichen Ausrüstungskarten zu erlangen, und sollten diese einem dann auch noch in der Auslage zerstört werden, ist das ziemlich ärgerlich. Allerdings ist es gar nicht mal so einfach, sich eine greifbare Taktik zu erarbeiten, weil das Spiel trotz seines simplen Aufbaus eine überraschende Tiefe bietet, so dass adäquate Siegstrategien undenkbar scheinen. Schließlich hängt auch viel vom Glück ab, welche Karten man nachzieht oder aber davon, ob einem ein Mitspieler ohne wirkliche Absicht kurz vor dem eigenen Zug nicht doch noch einen Strich durch die Rechnung macht und die eigenen Pläne kurzerhand wieder zerstört. Zwar ist man nach einer knappen halben Stunde (bei zwei Spielern auch gerne in der Hälfte der Zeit) in der Königskammer angelangt, doch bis hierhin ist es ein ziemlich weiter Weg, bei dem auch schon mal die Köpfe qualmen, weil eine Änderung der Strategie prinzipiell nach jedem Spielzug denkbar ist. Und steht man kurz davor, kann einem dann mit der Mumie auch noch mal das Los erschwert werden, so dass man sich in diesem Spiel niemals zu siegessicher sein sollte.

_Mögliche Varianten_

Interessant bei diesem Spiel ist, dass es sowohl im Spiel zu zweit als auch im Mehrspieler-Modus gleichermaßen hohen Spaß bietet. Zwar fällt es in der erstgenannten Variante manchmal etwas leichter, die Taktik und das Blatt des Gegners zu durchschauen, doch dies bedeutet keinesfalls, dass dies die Grundlage für einen sicheren Durchmarsch bietet. Im Gegenteil: Sobald man sich nämlich davon beeinflussen lässt bzw. zu sehr darauf setzt, den Gegenspieler zu durchschauen, rennt man meistens ins offene Messer und wird vom ersten Eindruck getäuscht.

Außerdem nennt die Spielanleitung noch einige mögliche Modifikationen, auf denen aufbauend jeder Spieler über kurz oder lang das Spiel so gestalten kann, wie es ihm am interessantesten erscheint. Sehr gut gelöst, wie ich finde. Und weil das Spiel auch nicht an irgendeine Sprache gebunden ist, darüber hinaus in drei verschiedenen Sprachen erklärt wird, ist es nicht nur für den deutschsprachigen Raum, sondern für einen internationalen Spielerkreis interessant.

_Meine Meinung_

Ich bin seit jeher der Meinung, dass es ungleich schwerer ist, ein gutes Kartenspiel zu kreieren, weil das Spielmaterial bei dieser Spezies der Familienspiele erheblich limitiert ist. Es kommt also ausschließlich darauf an, aus den minimalen Möglichkeiten, über ein packendes Spielprinzip den maximalen Spielspaß herauszuschlagen. Genau dies ist Spieleautor Wolfgang Kramer mit „Im Bann der Pyramide“ gelungen. Das Spiel ist einerseits überschaubar und leicht verständlich, wird aber trotzt seiner Simplizität niemals durchschaubar und hat dabei das Potenzial, sich von Partie zu Partie neu zu erfinden. Dementsprechend groß ist dann auch die Begeisterung über diese Neuheit aus dem kleinen |Adlung|-Verlag. „Im Bann der Pyramide“ ist eines der schönsten und kurzweiligsten Kartenspiele, die aktuell auf dem Markt zu haben sind, und garantiert auch auf lange Sicht sehr gute Unterhaltung. Bei einem Preis von 7 €uro kann man darüber hinaus auch nichts falsch machen – das wird man spätestens feststellen, wenn aus dem geplanten Appetizer plötzlich ein abendfüllender Wettkampf geworden ist …

http://www.adlung-spiele.de/

Klönne, Gisa – Unter dem Eis

Nach ihrem hochgelobten Debüt [„Der Wald ist Schweigen“ 1879 veröffentlicht Gisa Klönne mit „Unter dem Eis“ ihren zweiten Kriminalroman.

Auch dieses Mal begegnen wir der Kölner Hauptkommissarin Judith Krieger, der Frau mit den roten Locken, den selbstgedrehten Zigaretten und dem leichten Retrotick. Allerdings steht sie nicht wirklich im Vordergrund des Falls, bei dem im Hochsommer ein Junge mit seinem Rauhhaardackel einfach so verschwindet. Sie ist gerade damit beschäftigt, ihren Urlaub in Kanada zu verbringen – aber nicht, um Waschbären bei der Arbeit zu beobachten, sondern um das Verschwinden einer ehemaligen Klassenkameradin aufzuklären. Dabei gerät sie selbst in Gefahr, denn der Mann, auf den sie sich in dem kleinen Kaff Cozy Harbour einlässt, scheint nicht unbeteiligt am Verschwinden Charlottes zu sein.

Gleichzeitig erlebt Köln den heißesten Sommer seit langem, und Manni Korzilius, der nach dem letzten Einsatz mit Judith Krieger zur Fahndung zurückversetzt wurde, wird von seinem Chef zu einem Fall hinzugezogen, bei dem der vierzehnjährige Jonathan zusammen mit seinem Dackel Dr. D aus einem Indianercamp verschwunden ist. Es gibt verschiedene Ansätze, was passiert sein könnte, aber vor allem steht Jonnys Stiefvater Frank Stadler unter Verdacht. Dieser Verdacht erhärtet sich, als Dr. D gequält und getötet gefunden wird, denn Frank hat den Dackel immer gehasst.

Gleichzeitig benehmen sich aber auch einige andere Menschen im Umfeld dieses Verbrechens sehr merkwürdig, doch erst, als Judith Krieger zurückkehrt, entdecken sie, dass es hier nicht nur um einen verschwundenen Jungen geht, sondern um etwas viel Größeres …

Es muss schon an irgendetwas liegen, dass man nach der Mitte des Buches selbiges erschrocken zuschlägt, mit einem überraschten Blick auf die Uhr feststellt, wie schnell der Nachmittag doch umgegangen ist, und dann wundert man sich erneut, wenn man sieht, wie weit man gekommen ist. Und dann denkt man sich: Ein Kapitel geht noch …

„Unter dem Eis“ ist ein Pageturner erster Güte. Dabei ist das Buch an und für sich nicht besonders auffällig. Seine Thematik ist nicht neu, ein Ermittlergespann aus Männlein und Weiblein auch nicht, und dass jemand sterben wird, war von vornherein klar. Wie schafft Klönne es also, den Leser derartig zu fesseln?

Der Aufbau des Buches trägt dazu bei, dass das Seitenblättern unglaublich viel Spaß macht. Eine Fülle von Perspektiven, die zumeist nicht besonders lang ausgeführt sind, schüren den Hunger auf mehr. Man kann gar nicht anders, als eine Perspektive nach der anderen in sich aufzunehmen, denn man möchte unbedingt wissen, wie es an dieser oder einer anderen Stelle weitergeht. Insgesamt fügen sich all diese Perspektiven zu einer stringenten, spannenden Story zusammenfügen, die das übliche Krimischema meidet.

Hand in Hand mit den spannenden Perspektivabschnitten und ihrer sauberen Ausarbeitung in Bezug auf Gedanken, Gefühle und äußere Details gehen die Charaktere. Sie überzeugen durch Authentizität und ihre sorgfältige Gestaltung.

Besonders gut gelingen Klönne die Kommissare Krieger und Korzilius. Abseits jeglicher Klischees präsentiert sie uns zwei Menschen wie du und ich. Unauffällig und natürlich wirkt Judith Krieger, auch wenn sie immer wieder als Superermittlerin bezeichnet wird. Allerdings prahlt sie nicht mit dieser Eigenschaft, was sie sehr sympathisch macht, genau wie ihre leichte Unaufgeräumtheit und ihre beständigen Gedanken an die Vergangenheit und ihr eigenes Versagen in gewissen Situationen.

Korzilius dagegen, gutaussehend, um die dreißig und trotzdem mit nur mäßigem Erfolg bei den Frauen, muss sich weniger mit der Vergangenheit als mit der Gegenwart auseinandersetzen. Während er, der immer noch an der Versetzung zur Fahndung knabbert, den Mörder von Jonny jagt, muss er sich auch noch mit seinen Eltern herumschlagen. Der Vater, der mit der Berufswahl des Sohnes nie einverstanden war, liegt im Sterben. Doch Manni kann sich nicht dazu durchringen, sich mit seinem Vater, der einst die Familie mit Schlägen tyrannisierte, auf dem Totenbett zu versöhnen und schiebt lieber ständig seine Arbeit als Ausrede vor.

Neben dem Handlungsaufbau und den Personen ist noch eine dritte Komponente daran beteiligt, dass „Unter dem Eis“ so ein Genuss geworden ist: Klönnes Schreibstil. Er ist ebenso unauffällig und ruhig, wie ihre Charaktere oder die Handlung es sind, und gerade dadurch gewinnt er dermaßen an Fahrt. Klönne kocht auch nur mit Wasser. Sie reiht Satz an Satz, ohne großartig auf rhetorische Mittel zurückzugreifen, doch ihre Wortwahl und ihr ganzes Ambiente sind so gelungen, dass die erwähnten positiven Effekte auftreten.

Gibt es denn auch negative Punkte an diesem Überwerk?, fragt man sich. Tja nun. Tatsache ist, dass Klönne definitiv auf sehr hohem Niveau schreibt. Dies zu toppen, fällt schwer, doch wer immer auf der Jagd nach Innovation ist, wird enttäuscht, denn viel Neues hat die Autorin nicht zu bieten. Dafür aber sehr viel Gutes. Und das ist heutzutage schwer genug zu finden.

Bleibt als Fazit also: ein Pageturner erster Güte.

http://www.ullstein-verlag.de

Meirose, Astrid / Pruß, Volker – Finstere Fluten (Schattenreich 2)

_Story_

Kurz nachdem Christian Wagner zum ersten Mal in die bizarre Welt des ‚Schattenreichs‘ abgetaucht ist, wird er schon wieder mit einem neuen mysteriösen Fall vertraut gemacht. Dieses Mal geht es um das plötzliche Verschwinden des Ägyptologen Walberg, dem verschiedenste Theorien zugrunde liegen. Von Entführung bis hin zu eigenmächtiger Flucht wegen des Überschreitens moralischer Grenzen bei seinen Forschungen reichen die Vermutungen, als Wagner gemeinsam mit Reporterin Tina Müller die Ermittlungen aufnimmt.

Bereits bei ihren Nachforschungen in Walbergs Labor stoßen sie auf abschreckende Fakten; der abgetrennte, fein sezierte Kopf von Chritians Jugendfreund Robbie, ebenfalls ein Mitglied der ‚Titanen‘, liegt dort konserviert aufgebahrt und versetzt die beiden erneut in Schrecken. Und die Merkwürdigkeiten reißen nicht ab: Christian selbst wird auf einem seltsamen Zettel erwähnt, den die Reporterin wohlwissend beseitigen möchte – und als sie dann Walbergs entlegene Residenz verlassen, geraten sie auch noch mitten in eine Flutwelle, die Wagner samt leichtem Gedächtnisverlust ins nächstgelegene Krankenhaus befördert. Als dann auch noch Alexa an seinem Krankenbett wacht, stapeln sich in Christians Kopf die Zweifel. Erneut knüpft er Zusammenhänge mit dem ‚Schattenreich‘ und muss sich bald die Frage stellen, was nun wirklich real ist bzw. was ihm nur als Phantasieprodukt vorgespiegelt wird.

_Meine Meinung_

Ebenso wie der ersten Teil der neu gestarteten „Schattenreich“-Serie von |Lübbe Audio| ist die Handlung von „Finstere Fluten“ von sehr vielen komplexen Gedankengängen und verwirrenden Szenarien durchsetzt, die den Hörgenuss nicht gerade erleichtern. Hinzu kommt, dass die im Prinzip ganz effektiven Musikeinsprengsel manchmal sehr unpassend eingesetzt werden, so dass vereinzelt Situationen kurzzeitig aus dem Zusammenhang gerissen werden, was sich leider in diesem Fall nicht gerade förderlich auf die Geschichte auswirkt. Allerdings muss man hier schon einige Verbesserungen zum diesbezüglich eher unausgereiften Vorgänger anerkennen, zumal durch die Musik keine Disharmonien in der Dynamik des Hörspiels mehr entstehen.

Allerdings ist die partiell übersteigerte Komplexität – sofern man sie nicht Verworrenheit nennen will – des Plots ein erneuter Kritikpunkt, den man dem „Schattenreich“-Team anlasten muss. Wiederholt wird die Story zu oft aus dem stringenten Verlauf herausgerissen, und durch die Vielzahl der geäußerten Vermutungen und die dem Zuhörer auferlegten Erwartungen kommt es zu einer weniger idyllischen Kombination aus fiktivem Gedankenspiel und transparenter Realität, die zur Folge hat, dass man dem Inhalt nicht mehr so ganz folgen kann – nicht zuletzt, weil das abrupte Ende den Hörer zusätzlich aus dem Konzept bringt.

Man wird zwar mit recht vielen Informationen versorgt, kann diese aber nicht entsprechend einordnen, was dadurch verstärkt wird, dass zum Schluss hin die Gelegenheit ausbleibt, Ordnung in die Handlung hineinzubringen. Die in der Inhaltsangabe beschriebene Handlung mag zwar nach außen hin leicht durchschaubar sein, wird aber zwischenzeitlich derart verzwickt, dass es trotz erhöhter Konzentration nicht einfach ist, all den unabhängigen Gedankenzügen zu folgen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die zahlenmäßige Menge der Mysterien dadurch erweitert, dass die Rätsel aus der vorangegangenen Episode nicht aufgelöst werden, somit allerdings darauf schließen lassen, dass es sich bei „Schattenreich“ um ein größer angelegtes Konstrukt handelt, welches erst in seiner Gesamtheit – es wird schließlich noch Fortsetzungen geben – transparent zu erfassen ist.

Aus diesem Grunde sollte man sich intensiv überlegen, ob für einen selber die Auseinandersetzung mit diesen bisweilen anstrengenden Hörspielen interessant erscheint. Hinsichtlich Stimmungen und klanglicher Untermalung gehört die „Schattenreich“-Reihe, und damit auch „Finstere Fluten“, zu den führenden Hörspiel-Produkten auf dem Markt. Was hingegen den Aufbau und die Struktur der Story betrifft, ist die Serie bis dato recht konfus gestaltet, besitzt aber dennoch ein ausreichendes Potenzial, um bei einer bereiteren Hörerschaft Anerkennung zu finden – und damit ist sicher nicht nur derjenige Bevölkerungsteil angesprochen, der eine Vorliebe für finstere Musik und düster-romantische Poesie hat.

http://www.schattenreich.net/

Shocker, Dan – Wahnsinnsbrut (Larry Brent 30)

_Sanatorium der Toten_

Angelique Gourmon, Tochter eines erfolgreichen Theaterproduzenten, erwacht eines Nachts in einem schwarzen Sarg. Verängstigt rennt sie auf die Straße, direkt vor einen Krankentransportwagen, der vom nahe gelegenen Sanatorium Professor Mineaus kommt. Die Pfleger wollen der armen Frau helfen und lassen sie einsteigen. Doch im Wagen sieht Angelique keine Bahre, sondern den schwarzen Sarg. Die junge Frau verliert darüber den Verstand und wird in das Sanatorium eingeliefert.

Derweil hat Larry Brent den Auftrag erhalten, das Verschwinden mehrerer junger, hübscher Frauen zu untersuchen. Erster Anhaltspunkt ist ein Edelbordell, in dem eine Frau namens Yvonne Basac arbeitet, die mehr von den Geschehnissen zu wissen scheint. Larry verabredet sich mit der Dame, die zuvor aber ein Date mit einem Mann hat, der sich nur „Marquie“ nennt. Doch der Besuch verläuft anders als geplant und Yvonne wird entführt. Larry verfolgt die Kidnapper bis zur Ruine des sagenumwobenen Marquie de Noir, der vor 200 Jahren jungen Frauen nachstellte. Doch Brent kann Yvonne nicht befreien und wird niedergeschlagen und mit Whiskey abgefüllt. Die alte Bäuerin Louise findet den Agenten und gibt ihm ein gutes Frühstück. Dabei erzählt sie ihm die Geschichte des grausamen Edelmannes und die Sage, dass sein Geist angeblich immer noch in der Gegend umherspuke.

Larry kehrt zum Bordell zurück, findet die Puffmutter aber nur noch erstochen vor. Die Rätsel werden immer zahlreicher, und so schickt David Gallun, alias X-Ray-1 seinem Agenten Unterstützung in Form von X-Girl-C, alias Morna Ulbrandson.

Die Schwedin, die in das Raster der verschwundenen Frauen passt, soll sich als Reporterin im Sanatorium umsehen und den Lockvogel spielen. Doch die attraktive Schwedin gerät in die Falle der unbekannten Verbrecher. Larry Brent kann seiner Kollegin nicht helfen, denn bei einer erneuten Untersuchung der Ruine gerät X-Ray-3 ebenfalls in Lebensgefahr …

Der Roman bietet eine ausgeklügelte Kriminalstory mit einer hervorragenden Gruselatmosphäre. Die Action kommt dabei zwar sehr kurz, was der Spannung aber keinen Abbruch tut. Nur sorgen die vielen Handlungsabläufe und agierenden Personen schnell für Verwirrung, insbesondere die Täuschungsmanöver und der Psychoterror, welcher die Frauen in den Wahnsinn treiben soll. Letzterer ist dabei sehr eindringlich dargestellt worden und der Autor hat mit diesem Roman wieder eines seiner Lieblingsthemen aufgegriffen, die Behandlung von Geisteskranken. Die medizinischen Details zum Ende der Geschichte sind dabei sehr haarsträubend, aber auch faszinierend, und die Beweggründe des Drahtziehers sind auch stückweise nachzuvollziehen. Im Finale schafft es Dan Shocker auch wie immer, die Fäden zu einem Ganzen zusammenzufügen und die Geschehnisse plausibel zu erläutern.

Ein spannender Roman, der leider durch seine komplexe Handlung einige Längen aufweist.

_Die Wahnsinnsbrut des Dr. Satanas_

In Montevideo tritt plötzlich eine grauenvolle Form des Wahnsinns auf: Menschen werden von Hunden angegriffen, beißen die Tiere aber selber tot und fangen an, die Hunde zu fressen. X-Ray-1 schickt seine besten Agenten nach Uruguay: Larry Brent, alias X-Ray-3, und Iwan Kunaritschew, alias X-Ray-7.

Larry rollt den Fall von Anfang an auf und besucht die Familie des Mannes, der als erstes vom Wahnsinn befallen wurde.

Iwan hingegen besucht die Anstalt, in der die veränderten Menschen untergebracht wurden. Dabei erfährt der Russe aus erster Hand eine ungeheuerliche Tatsache. Die Wahnsinnigen scheinen keine Menschen mehr zu sein, denn anstelle von Organen befindet sich in den Körpern eine graue undefinierbare Masse. Iwan verlässt die Anstalt, um im Hotel auf seinen Freund und Kollegen Larry zu warten. Doch der hat die Spur eines sechzehnjährigen Mischlingsmädchen aufgenommen, das scheinbar eng mit dem mysteriösen Dr. Satanas zu tun hat. Tatsächlich lockt es X-Ray-3 zu einem großen, schwarzen Schiff, in dem Dr. Satanas sein Hauptquartier eingerichtet hat. Er überwältigt den Agenten und bietet ihm an, an seiner Seite zu arbeiten. Der Verbrecher weiß über die PSA und ihre Aufgabe Bescheid und will sich den Feind zum Verbündeten machen. Er verankert einen hypnotischen Befehl in Larry, so dass er glaubt, Iwan sei selber schon vom Wahnsinn befallen und damit ein Feind, den es zu vernichten gilt.

Zur selben Zeit befreit Dr. Satanas die Wahnsinnigen aus der Anstalt und eine wahre Hölle bricht los …

Ein Meilenstein innerhalb der Serie und gleichzeitig einer der gefährlichsten und haarsträubendsten Fälle von Larry Brent und Iwan Kunaritschew. Der Wahnsinn der Befallenen und das Grauen, welches sie verbreiten, werden eindrucksvoll beschrieben. Besonders im Falle von Amarilia Lavalleja wird das plastisch demonstriert, denn die junge Frau muss mit ansehen, wie ihr Freund zum Hundefresser und später von Hunden zerrissen wird.

In diesem Roman schafft es der Autor auf eine unnachahmliche Art und Weise, eine schockierende Atmosphäre mit Action zu verknüpfen und eine Glanzleistung unter den Gruselromanen abzuliefern.

Mit Dr. Satanas betritt nun auch endlich das verbrecherische Genie die Bühne, welches zum Albtraum der gesamten PSA werden soll und bei den Fans für ein Leuchten in den Augen sorgt, wenn sein Name fällt. Kein anderer Gegner hat ein derartiges Potenzial und wird so gefährlich und menschenverachtend dargestellt wie Dr. Satanas.

Der Verbrecher verlässt sich dabei nicht nur auf sein eigenes Genie, sondern pflegt auch intensive Kontakte zum Dämonenreich und zum Jenseits, welches ihn ausgiebig mit Wissen und Informationen versorgt.

Der perfide Plan, in dem er dafür sorgt, dass Larry seinen besten Freund Iwan umzubringen versucht, zeugt von der Macht dieses Mensch-Dämons, und seine Fähigkeit, die Gesichter anderer Menschen zu kopieren, kann wahre Paranoia auslösen.

Die Szene, in der X-Ray-7 seinen besten Freund ans Bett fesseln musste und dieser der festen Überzeugung war, dass Iwan unter dem Einfluss des Verbrechers stand, gehört zu den eindringlichsten Abschnitten des Romans und ging merklich unter die Haut. Insbesondere, da der Serienheld derjenige war, welcher dem bösen Einfluss erlag, und nicht sein Partner.
Darüber hinaus hat es der Autor verstanden, einen hervorragenden Spannungsbogen aufzubauen, der erst langsam beginnt, mit der Szene, in der Fred Martin, der Nachrichtenmann der PSA, dem Verbrecher in die Falle läuft, und seinen Höhepunkt in dem Massaker in der Anstalt findet.

Fazit: Einer der spannendsten und schockierendsten Romane der Serie mit einem hohen Ekelfaktor und einigen Splattereinlagen.

Beide Romane ähneln sich thematisch durch ihren Schwerpunkt, den der Autor auf Wahnsinn und Geisteskrankheit legt. Bei beiden missbrauchen Ärzte und Wissenschaftler ihr Wissen, um egoistische Forschungen zu betreiben und in beiden Fälle bleiben dadurch Unschuldige auf der Strecke.

Und doch unterscheiden sich die Geschichten in ihrer Umsetzung und ihrem Ausmaß an Grauen. Der erste Roman geht noch sehr subtil an die Geschehnisse heran und viel Wert wurde dabei auf einen kriminalistischen Hintergrund gelegt, welcher sich im Endeffekt um das Schicksal eines einzigen Menschen dreht.

Der zweite Roman erzählt die Geschichte eines Größenwahnsinnigen, welcher mit außerirdischen Sporen die Weltherrschaft an sich bringen will. Die Story gleitet bisweilen ins Groteske ab und bezieht gerade daraus ihre Faszination. Zudem benötigt der Leser stärkere Nerven in Hinsicht auf Brutalität und Ekel; die Szenen, in denen die Wahnsinnigen Hunde fressen und Menschen anfallen, sind nichts für schwache Nerven.

Pat Hachfeld hat beide Geschichten mit neuen und geradezu genialen Illustrationen bereichert. Das Titelbild gehört eigentlich zum Larry-Brent-Roman „Lebende Leichen“, passt aber thematisch auch zu den Geschichten dieses Buches.

Beide Romane, so ambivalent sie sein mögen, bieten hervorragende Unterhaltung und Abwechslung; insbesondere die zweite Story macht dieses Buch zu einem echten Highlight und zu einem Muss für jeden Larry-Brent-Fan.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

Canavan, Trudi – Novizin, Die (Die Gilde der Schwarzen Magier 2)

Band 1: [„Die Rebellin“ 3041

Einige Zeit ist verstrichen, seit Sonea bei der alljährlichen Säuberung einen Stein gegen einen Magier geschleudert und damit überraschenderweise die Schutzbarriere der Magier durchbrochen hat. Viel ist im Leben des jungen Mädchens aus den Hüttenvierteln passiert, seit sie entdeckt hat, dass magische Fähigkeiten in ihr schlummern, die bislang unentdeckt geblieben sind. Mit diesem Überraschungsangriff auf die |Gilde der Schwarzen Magier| begann Trudi Canavans fantastische Trilogie um das arme Mädchen aus den Hüttenvierteln, das in der Gilde aufgrund ihrer Herkunft verachtet wird. Inzwischen hat Sonea sich dazu entschlossen, der Gilde beizutreten und zu lernen, ihre magischen Fähigkeiten einzusetzen.

Zu Beginn des vorliegenden Buches wird Sonea offiziell als Novizin in die Gilde der Schwarzen Magier aufgenommen, der Alchemist Rothen wird ihr Mentor und damit beginnt Soneas ereignisreiche Lehrzeit in der Schule. Zunächst wird sie von ihren Mitschülern nur links liegen gelassen; als der Novize Regin Sonea jedoch offen seine Feindschaft zeigt und nach und nach alle Novizen ihres Jahrgangs auf seine Seite zieht, steht Sonea nicht nur ohne Freunde da, sondern sie wird auch permanent Opfer von Regins üblen Attacken. Als er einen wertvollen Gegenstand in ihrer Tasche versteckt, wird Sonea öffentlich als Diebin beschuldigt, doch noch schlimmer trifft es Sonea, als Regin böse Gerüchte streut und behauptet, ihr Mentor Rothen würde sie missbrauchen. Diese Anschuldigungen führen so weit, dass Sonea schlussendlich resignieren muss und ins Novizenquartier einzieht, wo sie Regin noch weniger entfliehen kann als in Rothens Haus.

Noch schlimmer lastet aber ein anderes Wissen auf Sonea: Als sie einst mit ihrem Freund Cery in die Gilde geschlichen ist, konnte sie den Hohen Lord Akkarin bei merkwürdigen Handlungen beobachten. Bei einer Wahrheitslesung stellt der Administrator Lorlen fest, dass sein bester Freund Akkarin sich schwarzer Magie bedient und seine Kraft durch diejenige unschuldiger Menschen stärkt. Dieses Wissen schweißt Lorlen, Sonea und ihren Mentor Rothen zusammen, da sie wissen, dass nicht einmal die gesamte Gilde mächtig genug ist, um gegen Akkarin vorzugehen. Doch die drei haben die Rechnung ohne Akkarin gemacht, der so mächtig ist, dass er die Gedanken anderer Magier lesen kann, ohne dass diese es merken. So kann er bald die Verschwörung gegen ihn aufdecken und zieht seine eigenen Konsequenzen daraus …

Von all dem ahnt Rothens guter Freund Dannyl nichts, der als Botschafter in fremde Länder reist. Von Lorlen hat er den Auftrag bekommen, die Spuren Akkarins nachzuverfolgen, der vor etlichen Jahren ebenfalls in fremde Länder gereist ist und dort offensichtlich die schwarze Magie für sich entdeckt hat. Doch von Akkarins Handlungen weiß Dannyl nichts, er glaubt, dass es einzig darauf ankommt, Wissen über alte Magie wiederzuentdecken. Einen guten Freund und Helfer findet er in Tayend, von dem er später erfährt, dass Tayend Neigungen hat, die in der Gilde nicht akzeptiert werden. Tayend fühlt sich nämlich zu Männern hingezogen, doch genau diese Neigung wurde einst Dannyl nachgesagt, was damals zu großen Problemen geführt hat. Nun drohen diese Gerüchte erneut aufzukommen.

Diese zwei verschiedenen Handlungsstränge sind es, die sich konsequent durch das gesamte Buch ziehen, das den zweiten Teil der Trilogie bildet. Den Schwerpunkt der Erzählung bildet natürlich die Geschichte rund um Sonea, die während ihrer Ausbildung ständigen Anfeindungen und Attacken ausgesetzt ist und sich nicht anders zu helfen weiß, als Tag und Nacht zu lernen, um einen Jahrgang aufzusteigen und in einer Klasse anderer Novizen lernen zu können. Fleißig und stark wie Sonea ist, schafft sie dies ohne größere Probleme, allerdings dauert es nicht lange, bis Regin ihr nachfolgen kann. Als schließlich die Unterrichtsstunden in den Kriegskünsten beginnen, muss Sonea darüber hinaus feststellen, dass Regin ihr dort überlegen ist; sie muss bittere Niederlagen einstecken, mit denen sie niemals gerechnet hätte.

Dies ist jedoch nicht die einzige Bedrohung, der Sonea ausgesetzt ist, da sie in ständiger Angst vor Akkarin lebt, von dem sie weiß, dass er dank schwarzer Magie der mächtigste Magier der Gilde ist, gegen den nicht einmal alle Magier geschlossen eine Siegchance haben würden. Ihr großes Ziel ist es daher, so mächtig zu werden, dass sie zum Sieg gegen Akkarin beitragen kann. Dennoch müssen Lorlen, Sonea und Rothen bitteres Lehrgeld zahlen, da sie den Hohen Lord unterschätzen. Ohne ihr Wissen dringt er in ihre Gedanken ein und liest dort den Verrat gegen sich. Sofort handelt er, sehr zum Leidwesen der drei, die praktisch handlungsunfähig werden.

Trudi Canavan entwickelt konsequent ihre Geschichte weiter, die sie eindrucksvoll in „Die Rebellin“ begonnen hat. Der erste Teil endete mit einem gewaltigen Cliffhanger, der mich dazu verleitet hat, sofort zur Fortsetzung zu greifen, denn natürlich wollte ich wissen, was der Hohe Lord Akkarin im Schilde führt und ob die Gilde gegen ihn siegen kann. Doch rückt der Handlungsstrang um Akkarin zunächst etwas in den Hintergrund, da Sonea damit beschäftigt ist, die Angriffe ihrer Mitnovizen abzuwehren. Diese ständigen Bedrohungen sind es, die deutlich zum Spannungsaufbau beitragen, da die Angriffe gegen Sonea immer rücksichtsloser und gefährlicher werden. Canavan bedient sich typischer Elemente, die solche Internatsgeschichten auszeichnen: Es geht um Schule, Intrigen unter Schülern und natürlich um Magie. In diesen Punkten ahnt man Parallelen zu „Harry Potter“, der mit ähnlichen Attacken zu leben hat, aber glücklicherweise mit Ron einen Freund an seiner Seite hat, der stets zu ihm hält. Genau dieser Freund fehlt aber Sonea, sodass ihre Geschichte noch trostloser erscheint als die von Harry Potter. Doch ansonsten dürfte Trudi Canavan mit ihrer Trilogie genau diejenigen Leser abgreifen, die sehnsüchtig auf den letzten Potter-Teil warten und die lange Wartezeit mit anderen guten Fantasy-Geschichten versüßen wollen.

Die Gilde der Schwarzen Magier füllt erfolgreich die Lücke zwischen zwei Potter-Bänden, da Canavan und Rowling sich ähnlicher Elemente bedienen und beide gleichermaßen den Kampf gegen einen mächtigen bösen Magier schildern. Die Magier der Gilde in Canavans Geschichte verfügen über Magie, die sie den Regeln der Gilde zufolge nur zu guten Zwecken einsetzen dürfen, doch gibt es auch hier schwarze Schafe, die Magie gegen andere Menschen oder Magier richten und ihnen schaden wollen. Canavan zeichnet hier ganz unterschiedliche Charaktere, sie entwickelt einige Sympathieträger wie Sonea, Rothen und auch Dannyl, mit denen der Leser einfach mitfiebern muss. Wenn Sonea dann Opfer von Regins bösen Angriffen wird, fühlt der Leser hautnah Soneas Verzweiflung mit und wünscht ihr, dass sie sich endlich gegen ihren Widersacher durchsetzen und eigene Freunde finden kann. Doch noch erfüllt uns Canavan diesen Wunsch nicht, denn die Autorin fügt ihrer Geschichte auch einige dunkle Charaktere hinzu, die immer wieder Intrigen spinnen und damit das Erzähltempo vorantreiben.

Insgesamt lesen sich die gut 600 Seiten flüssig und angenehm, die Zeit verfliegt beim Lesen und man fühlt sich einfach wunderbar unterhalten. Es kommen zwischendurch nur ganz wenige Durststrecken auf, bei denen die Spannung etwas leidet, was eigentlich etwas verwundert, denn im Grunde genommen ist es nicht viel, das in diesem dicken Buch passiert. Doch Trudi Canavans ausschmückender Erzählstil, der uns alles so hervorragend vor Augen führt, sorgt dafür, dass man sich dennoch nie langweilt, selbst wenn es um Regins x-te Attacke gegen Sonea geht. Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass Trudi Canavan nicht unverdient eine große Fangemeinde für ihre Trilogie gewonnen hat, denn ihre Erzählung macht einfach Spaß zu lesen. Sie bedient sich genretypischer Elemente, fügt diese aber zu einem gelungenen und überzeugenden Gesamtwerk zusammen, das zu gefallen weiß. Mit Sicherheit werde ich schnellstmöglich auch den dritten Teil der Trilogie lesen, um endlich zu erfahren, welches Spiel Akkarin treibt und ob die Gilde den schwarzen Magier besiegen kann.

[Verlagsspezial zur Serie]http://www.randomhouse.de/specialskids/canavan/

[„Priester“ 4275 (Das Zeitalter der Fünf 1)
[„Magier“ 4456 ((Das Zeitalter der Fünf 2)
[„Götter“ 4621 (Das Zeitalter der Fünf 3)
[„Die Rebellin“ 3041 (Die Gilde der Schwarzen Magier 1)
[„Die Novizin“ 2989 (Die Gilde der Schwarzen Magier 2)
[„Die Meisterin“ 3065 (Die Gilde der Schwarzen Magier 3)

Perry-Rhodan-Team / Böhmert, Frank / Effenberger, S. A. / Sieper, Marc – Mascantin, Die (Perry Rhodan – Sternenozean 2)

Folge 1: [„Der Sternenbastard“ 3030

_Story_

Kantirans Geliebte Thereme ist tatsächlich tot. Hinterlistig wurde sie in der Abwesenheit ihres ergebenen Freundes ermordet und hinterlässt diesen voller Selbstzweifel und Traurigkeit. Der Kadett der Militärakademie Arkons wird durch diesen unerwarteten Vorfall völlig aus der Bahn geworfen, beschließt schließlich aber doch, seine Ausbildung zu Ende zu bringen. Kantiran begibt sich gleichzeitig aber dennoch an die Fahndung nach dem Mörder Theremes, macht dabei die Bekanntschaft eines rätselhaften Katers und dringt immer tiefer in eine Verwicklung von verschiedenen Unwahrheiten und Geheimniskrämereien vor. Über die einst ausgesandte Mascantin Ascari da Vivo bringt er Schritt für Schritt mehr Informationen über die Geschichte seiner direkten Vorfahren in Erfahrung und muss dabei erschrocken feststellen, dass seine Vergangenheit unmittelbar mit den jüngsten Ereignissen in Verbindung steht.

_Meine Meinung_

Nach der Pflicht nun die Kür: Während der erste Teil der neuen „Perry Rhodan“-Hörspielserie weitestgehend dazu verwendet wurde, die Rahmenbedingungen sowie die allgemeine Situation abzustecken, entwickelt sich der Plot in „Die Mascantin“ mit einem Mal rasend schnell fort und wird bereits von zahlreichen Überraschungen gezeichnet, welche sich bereits zu diesem Zeitpunkt erheblich auf den Umfang der Geschichte auswirken sollten. In der zweiten Episode werden nämlich mittels der Aufklärung verschiedener Geheimnisse die Grundsteine für mehrere Sub-Plots gesetzt, von denen Kantirans Vergangenheitsaufarbeitung natürlich den wichtigsten diesbezüglichen Aspekt ausmacht.

Andererseits heißt dies aber auch, dass das Regisseur-Team im Gegensatz zur vorangegangenen Folge nicht mehr lange fackelt und ohne Umschweife in die Details geht. Die Action um Kantiran herum nimmt deutlich zu, und der Kreis derer, die anscheinend eine ganze Menge zu verbergen haben, wächst auch von Minute zu Minute, wodurch das Potenzial der Geschichte natürlich ebenfalls in regelmäßigen Schüben anwächst.

Rein inhaltlich werden ebenfalls schon einige revolutionäre Schritte vollzogen, allen voran natürlich bei der Begegnung zwischen Ascari da Vivo und Kantiran, die für Letztgenannten ein geradezu verheerendes Ausmaß annimmt – doch hierzu möchte ich noch nicht zu viel verraten. Weiterhin ist der frühe Tod einer tragenden Figur natürlich auch eine krasse Entscheidung seitens des Autors, aber auch der scheinbar notwendige Fortschritt, um die Story anzuheizen, eine Vielzahl von Konflikten zu schüren sowie überhaupt den später beobachteten Schwung in die Sache hineinzubringen. Man kann hierbei getrost von der ersten, enorm wichtigen Schlüsselszene innerhalb der gesamten Saga sprechen, wenngleich es innerhalb der zweiten Episode nicht die letzte bleiben soll.

Eine gezielte Auseinandersetzung mit dem Verlauf der Geschichte ist indes nicht möglich, weil es kaum möglich ist, zu viel über den Inhalt zu sagen, ohne dabei entscheidende Details zu verraten. Doch das spricht ja im Grunde genommen auch nur für die gute Adaption seitens der Regisseure und ihrer hochkarätigen Sprecher-Riege sowie natürlich der Audioschmiede, die hier einmal mehr vom Berliner Filmorchester unterstützt wird.

Obwohl der eigentliche Titelheld auch in „Die Mascantin“ keine echte Rolle einnimmt (allerdings stets präsent ist), entwickelt sich die Story bereits frühzeitig zu einem spannenden Science-Fiction-Epos in typischer „Perry Rhodan“-Manier und sollte deswegen auch keinen Anhänger der Heftromane enttäuschen. Wenn nämlich bei einer Spielzeit von ca. 73 Minuten keine Längen auftreten, und das, obwohl die Geschichte rein quantitativ nicht dringend so viel hergibt, um diese Minuten stets imposant zu füllen, darf man ohne Umschweife von Top-Qualität sprechen. Und nachdem ich nun schon einen ziemlich guten Eindruck von diesem Serienstart gewonnen habe, läge mir alles andere auch definitiv fern.

http://www.perryrhodan.org
http://www.luebbe-audio.de
[Ausführlicher Überblick über diesen Zyklus der Heftromanserie]http://www.perrypedia.proc.org/Der__Sternenozean__%28Zyklus%29

Richard Stark – Ein Job für Parker [Parker 4]

stark parker 04 job cover kleinAls Profigauner Parker für einen Kunstraub angeheuert wird, kommt er einem Konkurrenten in die Quere, was ihn die Beute und fast das Leben kostet; Rachelust lässt ihn schnell wieder auf die Beine kommen und zu einer gewaltreichen Verfolgung ansetzen … – Schnörkelloser, rasanter Krimi, der ausschließlich im Gangstermilieu spielt und diese als düstere Parallelwelt schildert, in der es ausschließlich um Vorteil und Verrat geht: ein schmutziger kleiner Klassiker des Genres, den die Jahrzehnte nur reifen aber nicht altern ließen. Richard Stark – Ein Job für Parker [Parker 4] weiterlesen

Shocker, Dan – Sumpfhexe, Die (Larry Brent 29)

_Lebende Leichen_

In dem kleinen österreichischen Ort Moolstadt erwachen kürzlich Verstorbene wieder zum Leben. Dabei versuchen sie, ihr altes Leben wieder aufzunehmen, doch das neue Leben währt nur kurze Zeit und die lebenden Leichen sterben für immer. Larry Brent befindet sich auf der Durchreise nach Budapest, als er auf die merkwürdigen Vorkommnisse aufmerksam wird und beschließt, den Fall aufzuklären. Allzu bald wird er selbst zum Zeugen des grausigen Geschehens und die Angst der Bewohner ist fast körperlich zu fühlen. Hinzu kommt das mysteriöse Verschwinden der Hunde von Moolstadt. Der PSA-Agent steht vor einem Rätsel. Dann geschieht der erste Mord …

Unheimlich beschreibt Dan Shocker das Erwachen der Leichen und die Angst der Bewohner vor einem Fluch. Die bedrückende Atmosphäre überträgt sich unwillkürlich auf den Leser und auch wenn die Leichen nicht aggressiv gegenüber den Lebenden auftreten, verbreitet das unheimliche Wiedererwachen ein Gefühl des Schauderns. Besonders als das ertrunkene Mädchen an die Tür ihrer Pflegemutter klopfte, war sehr gruselig.

Die beginnende Hysterie der Stadtbewohner wurde ebenfalls treffend dargestellt und gekonnt beschreibt der Autor, wie die Angst umschlägt in Wut, als die Menschen endlich glauben, einen Schuldigen gefunden zu haben, den sie für die Geschehnisse verantwortlich machen können. Somit beinhaltet der Roman auch einen Hauch Gesellschaftskritik.

Der Urheber des Grauens ist dieses Mal auch kein abgrundtief bösartiger Charakter oder ein menschenverachtendes Individuum, sondern ein fehlgeleiteter Mensch mit durchaus noblen Gesinnungen.

Der Schreibstil ist zu beginn ein wenig holprig, bedingt durch die schnellen Szenenwechsel, wird aber schnell flüssig und rasant, obwohl die Story mit Action sehr sparsam umgeht. Aber gerade das ist eine Stärke des Romans, der sich hauptsächlich auf eine düster-unheimliche Stimmung konzentriert.

Unverständlich bleibt Larrys Verhalten, extra ein Telefongespräch nach New York anzumelden, um Bericht zu erstatten. Den hätte er auch mit seinem PSA-Ring durchgeben können, zumal er sowieso einen Rückruf abwarten musste. Auch seine Laserwaffe hatte der Agent scheinbar zu Hause gelassen, denn bei der Belagerung der Burg seines alten Freundes
durch die Bewohner von Moolstadt hätte er sich mit der Pistole zumindest Respekt verschaffen können. Doch die Smith & Wesson-Laser wird nicht mal erwähnt.

Fazit: Ein unheimlicher, spannender Thriller, weitab von gängigen Zombie-Klischees mit einer raffinierten Hintergrundgeschichte und nur kleinen Schwächen und Ungereimtheiten.

_Machetta – Sumpfhexe vom Mississippi_

Als Larry Brent mit einer Bekannten zusammen in einem Taxi durch New York fährt, läuft ein Passant vor den Wagen, entkommt aber scheinbar unversehrt. Brent findet die Brieftasche des vermeintlichen Unfallopfers und erfährt, dass es Perry Wilkinson heißt. Der PSA-Agent beschließt am nächsten Tag, den Mann aufzusuchen, um zu sehen, wer einen Autounfall so unbeschadet zu überstehen vermag. Doch Wilkinson wiegelt den Agenten ab und auch ein Vertreter, der Wilkinson aus Schultagen her kennt, wird von diesem barsch abgewiesen. Larry trifft diesen Vertreter zufällig am selben Abend in einem Restaurant wieder, wo er Larry von dem seltsamen Geschehen berichtet. Der Vertreter macht sich auf der Toilette frisch, wo ihn Larry später erwürgt auffindet. Doch niemand konnte unbemerkt in die verschlossene Kabine hineingelangen.

Kurz darauf wird auch Larrys Schwester Opfer eines geisterhaften Anschlags. Ein nebelhafter Schemen versucht, die Schauspielerin in ihrer Garderobe zu erdrosseln. X-Ray-3 kommt gerade noch rechtzeitig, um das Schlimmste zu verhindern, doch ab jetzt steht der Agent selbst auf der Abschussliste von – Machetta …

Der Roman beginnt mit der Szenerie in New York noch etwas zäh und schleppend, gewinnt aber im Verlauf des Romans an Tempo und das Rätsel um Perry Wilkinson verleiht dem Roman etwas Mysteriöses.

Die Handlung um das Ausreißerpaar, welches im Sumpf eine verlassene, mit Totenschädeln geschmückte Hütte findet, ist dagegen von Anfang an spannend und beschreibt eine düstere, drückende Sumpfatmosphäre. Die Szenen, in denen die beiden jungen Leute das scheinbar verlassene Haus erkunden und das Mädchen eine mumifizierte Leiche findet sowie der Kampf mit der eigentlichen Bewohnerin erinnern stark an Filme wie „Wrong Turn“ oder „Texas Chainsaw Massacre“. Wie die Sumpfhexe ihre Opfer ins Jenseits befördert und die Schädel aushöhlt, um damit ihre Hütte zu schmücken, und zudem noch in der Lage ist, den Leichenteilen der Opfer Leben einzuhauchen, ist ein echtes Stück Splatter-Horror.

Ein wenig zu zufällig ist allerdings die Begegnung Larrys mit dem Vertreter, den er am Vormittag erst vor der Wohnung von Wilkinson traf.

Das Finale, so kurz und schnörkellos es letztendlich auch ist, ist dennoch dramatisch und hochspannend.

Im Ganzen betrachtet ein Gruselkrimi, den zu lesen es sich lohnt.

Beide Geschichten sind flott und kurzweilig geschrieben und bieten dem Leser geradlinigen, echten Horror vom Feinsten.

Beide Storys wurden von Pat Hachfeld gekonnt illustriert und auch das vielfarbige Cover gehört zu den besten Titelbildern der Larry-Brent-Serie. Schon beim Originalroman fand dieses Cover Verwendung, und seitdem hat es nichts von seiner Faszination eingebüßt. Machetta vor ihrer Behausung und eines ihrer Opfer. Auch wenn diese Szene so im Roman nicht vorkommt, vermittelt es einen passenden Eindruck von der Handlung, die den Leser erwartet. Ein unheimliches und gruseliges Cover, bei dem die Angst dem armen Mann buchstäblich ins Gesicht geschrieben steht.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Florian Hilleberg_

David Morrell – Creepers

Das geschieht:

Sie nennen sich „Creepers“: Männer und Frauen, die es lieben, sich in möglichst alte, lange verlassene Tunnel, Gebäude und andere Großbauwerke einzuschleichen, wo sie zwischen bröckelnden Mauern nach Relikten vergangener Zeiten suchen. Robert Conklin, unorthodoxer Professor für Geschichte, ist der Anführer dieser Gruppe, die aus seinen Studenten Vincent Vanelli, Cora und Rick Magill besteht.

Zu ihrer aktuellen Tour hat Conklin den Reporter Frank Balenger eingeladen, denn sie gilt einem ganz besonderen Ziel: Ashbury Park, einst eine blühende Kleinstadt im US-Staat New Jersey, ist schon lange eine Ruinenstätte, über der sich wie eine antike Maya-Pyramide das Paragon-Hotel erhebt. 1901 hat es der exzentrische Millionär Morgan Carlisle entworfen und errichten lassen. Siebzig Jahre hat er das Penthouse des Hotels nicht verlassen, bis er in der letzten Nacht seines 92-jährigen Lebens daraus geflohen ist und sich umgebracht hat. David Morrell – Creepers weiterlesen

Diana Wynne Jones – Die Merlin-Verschwörung

Roddy lebt im königlichen Troß, mit dem sie ununterbrochen durch ganz Blest unterwegs ist. Das ist notwendig, denn die Aufgabe des Königs ist es, das Reich auf diese Weise gesund zu erhalten. Eigentlich hat Rhoddy mit ihrem Vagabundendasein kein Problem, wenn nur nicht die Familie ihres besten Freundes Grundo so fürchterlich wäre! Kein Wunder, daß Sybils Mann vor ihr geflüchtet ist!
Im Augenblick ist der königliche Hof auf dem Weg zu einem offenbar recht kitzligen Treffen mit dem schottischen König. Alles wurde akribisch vorbereitet, alles scheint perfekt. Bis der Merlin bei der Begrüßung unerwarteter Weise sterbend zusammenbricht. Eine Zeit lang geht alles drunter und drüber, und die Lage beruhigt sich erst, als Maxwell Hyde, Rhoddys Großvater väterlicherseits und ein mächtiger Magide, mit einem Nachfolger für den Merlin auftaucht. Dieser Merlin scheint jedoch irgendwie seltsam, und schon bald sind Rhoddy und Grundo einer riesigen Verschwörung auf der Spur. Aber niemand, dem sie davon erzählen, will ihnen glauben…

Derweil begleitet Nick seinen Vater auf einen Schriftstellerkonferenz nach London. Eigentlich findet er das alles furchtbar langweilig, aber nur, bis er sich plötzlich unvermittelt auf einem Flugplatz wiederfindet. Von ein paar Männern in Wildlederanzügen wird er in ein fremdartiges Fluggerät verfrachtet und nach Marseille geflogen, wo er erfährt, daß er für die Sicherheit in einem Krickettspiel sorgen soll, bei dem der Thronfolger mitspielt! Noch fremdartiger wird es, als er sich in einem Tunnel unter dem Stadion einfach auf den Boden setzt, weil er keine Ahnung hat, was er eigentlich tun soll. Kaum hat er sich niedergelassen, findet er sich in einem fremdartigen Wald wieder, wo er eine der bemerkenswertesten Begegnungen seines Lebens hat. Und plötzlich steckt er mitten in einem gefährlichen Abenteuer…

Wer aufgrund des Buchtitels irgendeinen entfernten Handlungsfaden im Zusammenhang mit der Artus-Sage vermutet, liegt also völlig daneben. Oder sagen wir, ziemlich daneben, denn Bezüge dazu gibt es durchaus, zum Beispiel im Hinblick auf den weißen und den roten Drachen oder Rhoddys Großvater mütterlicherseits.
Abgesehen davon jedoch ist die Geschichte eigenständig.
Diana Wynne-Jones arbeitet mit diversen Parallelwelten. Insgesamt sind es vier, wenn man Romanows Insel nicht mitzählt.
Eine davon ist unsere Realität, in der Nicks Dad lebt. Natürlich nicht ganz, denn immerhin stammt Nick, der ebenfalls dort lebt, aus einer anderen Parallelwelt. Da unsere Realität aber nur zu Beginn kurz auftaucht, ist das nicht weiter von Belang.
Die Hauptwelt, in der sich der größte Teil der Handlung, vor allem das Komplott, abspielt, ist Rhoddys Welt, genannt Blest. Zunächst wirkt diese Welt ein wenig irritierend. Hier existieren Magie und Technik in schönster Eintracht. Roddys Dad zaubert mithilfe von Magie für den König mal eben den Regen weg und läßt die Sonne scheinen, während ihre Mutter an ihrem Laptop arbeitet. Übliche Fortbewegungsmittel sind ganz normale Busse und Autos, telefoniert wird dagegen auf magische Weise. Nebenbei hat die Autorin in diese Welt den stärksten mythischen Anteil einfließen lassen, von Hexenmagie über das Kleine Volk bis hin zum walisischen Totengott.
Die Welt der Plantagenets, in der Nick seinen seltsamen Wachdienst im Krikettstadion schiebt, führt ebenfalls eher ein Randdasein. Sie bleibt von der Ausgestaltung her ziemlich blaß, was auch daran liegen mag, daß Nick sich hauptsächlich unterm Stadion aufhält und mit den beteiligten Leuten nur wenig spricht. Allein die Schilder in den Fenstern der Restaurants bringen ein wenig Farbe in diese Stelle, wahrscheinlich ein augenzwinkernder Seitenhieb auf französische Aussprache. Im übrigen dient diese Welt hauptsächlich der Vorbereitung auf die Figur Romanows.
Zuletzt wäre da noch Loggia, so benannt nach ihrem balkonartigen Aufbau innerhalb einer Schlucht. Obwohl Nick sich dort nicht länger aufhält als in der Welt Plantagenet, ist Loggia etwas ausführlicher und lebendiger beschrieben. Dennoch erhält der Leser auch hier nur einen Überblick, ins Detail geht die Autorin nicht.

Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der Handlung. Und die ist leider etwas wirr geraten.
Das liegt nicht unbedingt daran, daß wir es hier mit verschiedenen Welten zu tun haben, sondern eher daran, daß die Autorin mit ihren Erklärungen äußerst sparsam umgeht. So steht der Leser zunächst mal etwas irritiert vor einer Handlung, die mit englischen Ortsbegriffen gespickt ist, aber ganz deutlich in keinem irgendwie bekannten England spielt! Der Mix aus Technik und Magie und das Umherziehen des Königs tragen ebenfalls ihr Teil dazu bei. Es dauert ein wenig, bis man sich eingelesen hat.
Auch als mit Nicks Auftauchen klar wird, daß es sich um Parallelwelten handelt, bleibt die Sache etwas konfus. So bin ich mir zum Beispiel nicht wirklich sicher, ob Nicks Dad ebenfalls von diesen Parallelwelten weiß, oder ob er nur deshalb Maxwell Hyde mit der Suche nach seinem Sohn beauftragt hat, weil der gerade neben ihm stand, als sein Sohn verschwand.
Damit sind wir schon beim nächsten Punkt. Die Autorin macht sich nicht die Mühe zu erklären, was ein Magide ist oder was er tut. Das wird dem Leser erst mit fortschreitender Lektüre klar, als Maxwell Hyde immer häufiger auftaucht. Auch erfährt der Leser nicht, um was für Geschöpfe es sich eigentlich bei den durchsichtigen Wesen handelt, die Rhoddy das erste Mal im Haus ihrer Großmutter auf ihrem Bett sitzen sieht.
Die Ortswechsel von Nick sind ebenfalls sehr unpräzise dargestellt. Einerseits sagt Nick, er könnte nicht allein von einer Welt in die andere wechseln, andererseits erzählt er nur wenige Absätze später, sein erster Wechsel zwischen den Welten sei ihm in einem Hotel gelungen! Falls die Autorin damit meinte, daß Nick einen solchen Wechsel nur unbewußt zustande bringt, dann hätte sie dies vielleicht erwähnen sollen.

Ein Knackpunkt ist auch Romanows Insel. Die Männer, mit denen Nick das Stadion bewacht hat, erwähnten, er hätte sich die Insel aus verschiedenen Welten und Zeiten zusammengebastelt und sich dort versteckt, damit ihn niemand finden könnte, vor allem nicht seine Ex-Frau. Nick findet ihn aber ohne größere Schwierigkeiten, nachdem er auf den Wegen zwischen den Welten drei Hilfesuchenden weitergeholfen hat. Nun mag man einwenden, daß Romanow bei ihrem Gespräch im Stadion Nick ja sozusagen eingeladen habe, der Trick also nur bei Feinden wirke. Dann frage ich mich aber, wie der Gebetsmeister aus Loggia es dorthin geschafft hat, noch dazu mit einem Fluggerät! Und wenn der es geschafft hat, warum hat Romanows Ex-Frau es dann nicht geschafft?
Und dann ist da auch noch das Problem mit der Zeit: Romanows Insel befindet sich im Verhältnis zu den anderen Welten zehn Jahre in der Vergangenheit. Als Nick in Loggia zum ersten Mal auf Joel und Japheth trifft, sind sie noch Kinder, kleiner als er. Beim Showdown sind sie bereits erwachsen. Nick ist dagegen immer noch vierzehn. – Nun hat Nick ja, nachdem Joel und Japheth von Romanows Insel verschwunden sind, noch einige Zeit dort verbracht. Und wenn man davon ausgeht, daß die Zeit an diesem besonderen Ort womöglich anders verläuft als anderswo, dann wäre es ja möglich, daß er nicht so sehr gealtert ist wie die beiden anderen Jungen. Seltsamerweise aber ist Grundos Schwester Alicia zum Zeitpunkt des Showdowns ebenfalls noch ein Kind!
Da fallen Unwahrscheinlichkeiten – zum Beispiel, daß der walisische Totengott mit einer Menschenfrau verheiratet war und eine Tochter und eine Enkelin hat – kaum noch ins Gewicht!

Das Erstaunliche an alledem ist, daß das Buch trotzdem unterhaltsam war. Nachdem sich zumindest ein Teil der Wirrnisse durch geduldiges Weiterlesen geklärt hatte, kam die Geschichte in Fahrt und gewann an Farbe. Dazu trugen nicht nur eigenwillige Tiere wie Helga, die Ziege, und Mini, die Elefantendame, bei, sondern auch die teilweise recht schrägen Charaktere, zum Beispiel Rhoddys Großmutter, ihre Zwillingscousinen oder ihre Tante Dora. Auch Maxwell Hyde gibt Anlaß zum Schmunzeln, wenn er sturzbetrunken zwischen den Welten unterwegs ist. Die übrigen Personen wirken eher etwas klischeehaft: Romanow ist der starke Mann, Sibyl die unerträgliche Schreckschraube, Nick der unfreiwillige Held und Rhoddy die weltrettende Kratzbürste. Das macht sie aber nicht weniger sympatisch. Wenn Nick wieder einmal frisch aufgewacht ist und sich bis zu seinem Kaffee wie eine totale Tranfunzel benimmt, hat er garantiert sämtliche Morgenmuffel auf seiner Seite!

Mit der „Merlin Verschwörung“ hat die Autorin ein Buch geschrieben, das durchaus interessante Ideen und eine vielversprechende Handlung vorweisen kann, die kurzweilig erzählt ist und gegen Ende zunehmend spannend wird. Nur die Ausführung hätte an einigen Stellen noch etwas präziser und detaillierter sein können. Das hätte sowohl den Einstieg erleichtert als auch einige Knackpunkte zutage gebracht, die so vielleicht vermieden worden wären.
Andererseits ist das Buch für eine Leserschaft von zwölf bis vierzehn Jahren geschrieben, und ich bin mir nicht sicher, ob für so junge Leser die Zeitproblematik überhaupt eine ist.
Wie auch immer man es dreht und wendet, das Buch hat ein wenig von seinem Potential verschenkt. Der Dalemark-Zyklus war besser durchdacht und sauberer aufgebaut.

Diana Wynne Jones lebt mit ihrer Familie in Bristol und gilt als die bedeutendste Jugendbuchautorin Groß-Britanniens. Viele ihrer Bücher erhielten angesehene Preise, u.a. den World Fantasy Award und den Guardian Award, wurden aber nicht alle ins Deutsche übersetzt. Außer dem Dalemark-Zyklus schrieb sie „Eine Frage der Balance“, „Einmal Zaubern – Touristenklasse“, und den Kinderbuch-Zyklus Die Welt des Crestomanci.

Taschenbuch 576 Seiten
Originaltitel: The Merlin-Conspiracy
Deutsch von Gabriele Haefs
ISBN-13: 978-3-404-20442-7

https://www.carlsen.de/?gclid=EAIaIQobChMI0O6uhMX63wIVTIuyCh115QFmEAAYASAAEgJLFvD_BwE/

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Hacker, Katharina – Habenichtse, Die

Katharina Hacker hat dieses Jahr den Deutschen Buchpreis für den besten deutschsprachigen Roman des Jahres für ihr Buch „Die Habenichtse“ erhalten. Das ist natürlich eine große Ehre, aber trägt die gebürtige Frankfurterin diesen Titel zu Recht?

Jakob hat Isabelle nie vergessen. Er hat nur einen Abend mit ihr verbracht, doch die junge, lebenslustige Frau hat sich in seinem Kopf und seinem Herzen festgebissen. Am 11. September 2001, als in New York die Türme zusammenbrechen, sehen sie sich wieder und nach einer kurzen Romanze heiraten sie und ziehen nach London, wo Jakob einen Job in einer Anwaltskanzlei angeboten bekommt.

Während er immer mehr Zeit im Büro verbringt, fasziniert von seinem neuen Chef, hat Isabelle, die als Grafikerin von zu Hause aus arbeitet, genug Zeit, um durch die Stadt zu streifen oder ihre Nachbarn zu beobachten. Da wären zum Beispiel der Dealer Jim, der in den Fängen seines Auftraggebers steckt und seiner Liebe Mae, der Isabelle ähnlich sieht, hinterherweint, und die Leute, die Wand an Wand mit Isabelle und Jakob wohnen. Was hat das Gepolter auf der anderen Seite zu bedeuten?

Der Leser weiß es längst, denn neben den Perspektiven von Isabelle, Jakob und Jim erfahren wir auch etwas aus dem Leben der kleinen Sara, die nach den Worten ihres Vaters zurückgeblieben ist und nicht wachsen will. Deshalb darf sie nicht in die Schule und muss die Quälereien ihres Vaters aushalten. Einzig ihr großer Bruder Dave kümmert sich um sie, doch Dave verschwindet und sucht Unterschlupf bei Jim …

Wenn man nach der letzten Seite von „Die Habenichtse“ gefragt werden würde, was denn nun im Buch passiert sei, würde man vermutlich erst mal eine Weile überlegen müssen. Die Stärken des Romans liegen eindeutig in einem anderen Bereich und es ist ebendieser, der das Buch wirklich auszeichnet.

Hacker hat ein unglaubliches Gespür dafür, wie sie Worte so platziert, dass sie ein kleines Universum bilden, in dem sich sowohl Protagonisten als auch Leser austoben können. Mit einer akribischen Detailiertheit, die aber nicht zu kleinteilig wirkt, und einem sicheren, reichhaltigen Stil erzählt sie in einem ruhigen Fluss aus dem Alltag ihrer Hauptpersonen. Dazu benutzt sie geradezu inflationär Bandwurmsätze, verkleidet als Reihungen, die sehr schön bildhaft darstellen, wie es im Leben der Protagonisten aussieht.

Unterfüttert wird dieser durchkomponierte, trockene Stil von weiteren Elementen wie Personifikationen oder treffenden Metaphern wie auf Seite 257:

|“Ich bin glücklich, wollte Jakob sagen, aber der Satz war wie ein Holzpüppchen, das man behutsam aufstellte und das sich doch nur einen Augenblick hielt, bevor es umkippte. Nicht schlimm, dachte Jakob, man kann es im Gleichgewicht halten, muß nur ganz leicht nachhelfen, mit einem Finger.“|

Auf den ersten Seiten hat man noch das Gefühl, die übliche junge deutsche Literatur vor sich zu haben, mit einem flappsigen Schreibstil und einer kühlen Distanz zu den Personen, aus deren Sicht erzählt wird, während man gleichzeitig schonungslos ihre Gedanken und Gefühle offenlegt. Hacker geht aber weit hinaus über diese Mode, indem sie „Die Habenichtse“ mit einer gewissen Reife ausstattet und das Buch ohne großartige Durchhänger auf über 300 Seiten bringt.

Doch innerhalb dieser über 300 Seiten bleibt ein Manko, das auch der Schreibstil nicht so einfach kaschieren kann: die Handlung und stellenweise auch die Handlungsmotive. Während die Protagonisten an und für sich wunderbar ausgearbeitet sind, mit einer Vergangenheit, mit Dingen aus ihrer Vergangenheit, die sie nicht vergessen können, und einer intensiv erlebten Gegenwart, bleiben einige ihrer Verhaltensweisen arg im Dunkeln. Gerade Jim, der Dealer, tut sich hier negativ hervor. Er ist natürlich ohnehin eine zwielichtige Figur, aber da wir innerhalb seiner Perspektive sehr viel über ihn erfahren, sollten wir eigentlich auch erzählt bekommen, wieso er Isabelle letztendlich so behandelt, wie er sie behandelt. Das lässt sich nämlich leider nicht völlig frei erschließen.

Gleichzeitig fehlt es dem Buch handlungstechnisch an Schwung. Zuerst hofft man noch, dass vielleicht in der Mitte des Buches endlich etwas Handfestes passiert, gegen Ende hat man die Hoffnung beinahe aufgegeben, wenn dann letztendlich die einzelnen Perspektiven zusammenfließen und klar werden sollte, warum dies so ist. Leider geschieht das nicht und es bleibt ein taubes Gefühl zurück. Was ist jetzt noch mal genau passiert? Und warum ist es passiert? Diese Fragen bereiten Schwierigkeiten.

Aber ganz ehrlich: Wer will solche lästigen Fragen schon beantworten, wenn der Schreibstil so wundervoll ist und mit seiner ruhigen und bildhaften Art das Auseinanderleben des Traumpaars Isabelle und Jakob so schön beschreibt? Nun, eigentlich sollte die Autorin diese Frage zwischen den beiden Buchdeckeln beantworten. Da dies nur unzureichend geschehen ist, kommt es an den sehr handlungsarmen oder -verwirrenden Stellen manchmal schon zu Langeweile, aber im Gesamtkontext kann sich „Die Habenichtse“ recht gut schlagen.

http://www.suhrkamp.de