Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Smith, Kathryn – Tochter der Träume

Träume faszinieren die Menschen seit jeher. Es gibt genug Psychologen und Forscher, die versuchen, aus dem, was wir im Schlaf erleben, etwas heraus zu lesen. Die achtundzwanzigjährige New Yorkerin Dawn Riley, die Heldin aus „Tochter der Träume“, hingegen interpretiert Träume nicht nur. Sie kann sie auch beeinflussen und sogar besuchen, denn sie ist niemand Geringeres als die Tochter von Morpheus, dem König der Träume.

Dawn arbeitet als Schlafforscherin in einem New Yorker Labor. Einer ihrer Patientin ist der Künstler Noah, ein so genannter luzider Träumer. Anders als andere Menschen kann er seine Träume willentlich beeinflussen und so einen Albtraum in einem Traum zu seinen Gunsten verändern. Dawn hofft, dass sie von ihm Informationen darüber erhält, wie sie Menschen mit Albträumen helfen kann. Einmal abgesehen davon ist Noah ziemlich gutaussehend und er flirtet manchmal mit ihr.

Doch ihre zarten Annäherungsversuche werden gestört, als Noah Dawn erzählt, dass seine Träume versuchen, ihn zu töten. Ein Traumdämon namens Karatos sucht ihn nachts heim, verspottet ihn und raubt ihm die Kraft. Karatos ist kein Unbekannter für Dawn, denn auch sie wird neuerdings von dem Dämonen im Schlaf verfolgt. Sie weiß nicht, was er will und woher er kommt, doch sie ahnt, dass sie die Antworten auf diese Fragen nur finden wird, wenn sie an den Ort zurückkehrt, den sie am meisten hasst: Das Königreich ihres Vaters, denn mit Morpheus hat sie sich zerstritten. Um Noah und sich vor dem immer stärker werdenden Dämon zu retten, reist sie im Schlaf ins Land der Träume, doch diese Reise gestaltet sich schwieriger als gedacht …

Kathryn Smith hat mit „Tochter der Träume“ einen netten Romantic-Fantasy-Roman geschrieben, der das Gewicht allerdings eher auf den ersten Teil der Bezeichnung legt. Tatsächlich durchzieht die aufkeimende Liebe von Dawn und Noah fast die gesamte Geschichte, garniert mit einigen nicht gerade züchtigen Bettszenen. Die Hauptzielgruppe ist damit klar: Wer nicht von vornherein ein gewisses Interesse an Liebesgeschichten mitbringt, dem wird dieses Buch vermutlich wenig Freude machen. Darüber hinaus schafft es die Autorin aber, den Anteil an Romantik insofern aus zu balancieren, dass „Tochter der Träume“ weder im Kitsch ertrinkt noch langweilig wird. Die Handlung an sich – die Verfolgung und Vernichtung von Karatos – ist gut aufgebaut und steigert sich zusehends. Langweilig wird dem Leser also auch zwischen den Stelldicheins der beiden Hauptfiguren nicht. Hinzu kommt die starke Präsenz des Haupthandlungsortes: New York. Smith erzählt sehr viel über diese Stadt, genauso wie über Dawns Liebe für Filme oder ihr Arbeitsleben.

Überhaupt lernt der Leser die Protagonistin ausführlich kennen. Dawn erzählt aus der Ich-Perspektive und lässt dabei nichts aus. Smith schafft es, dass man das Gefühl hat, im Buch direkt neben der sympathischen Hauptfigur zu stehen. Außerdem gelingt es ihr, Dawn auf der einen Seite zwar als ganz gewöhnliche Frau darzustellen, wie man sie vermutlich massenweise in jeder Großstadt trifft, ihr dabei aber trotzdem Ecken und Kanten zu geben. Dadurch wirkt Dawn real – realer, als man das in einem Buch des Genres vielleicht erwartet hätte.

Einziger Kritikpunkt an der Hauptperson ist ihre Geschwätzigkeit. Auf der einen Seite ist es natürlich vorteilhaft, wenn jede Situation bis ins kleinste Detail geschildert wird, doch auf der anderen Seite wird es irgendwann langweilig, wenn neu auftretende Personen mit allen passenden Farb-, Aussehens- und Geruchsattributen ausgestattet werden. Tatsächlich neigt Smith dazu, ihre Charaktere zu idealisieren. Fast jeder ist überaus hübsch, hat „schokoladenbraune“ Augen oder Augen mit einem anderen, teilweise klischeehaften Farbadjektiv und und riecht nach allen möglichen Gewürzen aus dem Küchenregal. Manchmal kann man sich an solchen Stellen das Schmunzeln fast nicht unterdrücken. Allerdings ist das noch weniger störend als die kontinuierlichen Beschreibungen von Dawns Schmink- und Ankleideritualen. Die Autorin wirft dabei mit Markennamen nur so um sich, was ziemlich befremdlich und fast schon wie Product Placement wirkt.

Abgesehen von diesem Manko ist „Tochter der Träume“ allerdings ein ziemlich anständiges Buch. Romantisch, ja, aber dank der spannenden Handlung und der netten Hauptperson ist es mehr als das, nämlich auch ein annehmbares Fantasybuch.

|Originaltitel: Before I wake
Aus dem Amerikanischen von Regina Schneider
459 Seiten, Taschenbuch
ISBN-13: 978-3426283059|
http://www.pan-verlag.de
http://www.kathryn-smith.com

Ward, Peter – Rubindrache, Der

Rokshan ist Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns in Marakanda. Er führt ein recht beschauliches Leben und hofft, nach Abschluss der Schule Sonderbotschafter zu werden. Doch dieser Traum wird jäh gestört, als der alte Geschichtenerzähler Shou Lao ihm eröffnet, er sei vom Schicksal dazu ausersehen, eine Reise zum Dhavan-Pass anzutreten, da das schlafende Böse erwache. Nicht, dass Rokshan mit dieser Erklärung etwas anfangen könnte, obwohl er in den alten Legenden wohl bewandert ist. Doch dann wird plötzlich sein Vater verhaftet, und so findet sich Rokshan schon bald tatsächlich in einer Karawane auf dem Weg zum Pamirgebirge wieder …

_Rokshan ist ein_ sehr gutherziger Kerl, der von all den seltsamen Ereignissen, die sich plötzlich so häufen, ziemlich verwirrt ist. Was ihn nicht daran hindert, genau das zu tun, was man von ihm erwartet. Mit anderen Worten, ein echter Klischeeheld. Naiv und gutgläubig lässt er sich von allen benutzen und wie ein Schaf zur Schlachtbank führen, wo er sich heldenmütig opfert. Ehrlich, die rebellischen Helden, die aus purem Trotz immer das Gegenteil von dem tun, was sie sollen, gingen mir in letzter Zeit ziemlich auf die Nerven. Aber seit ich Rokshan kenne, weiß ich, warum die Trotzköpfe erfunden wurden.

Sein Bruder An Lushan ist keinen Deut besser. Zwar ist er nicht so reinen Herzens wie Rokshan, aber dasselbe Schaf. Blind vor Naivität tappt er in die Falle und lässt sich verführen, wird zum Verräter an seiner Familie und an der gesamten Menschheit, nur um letzten Endes doch noch auf seine eigene Art und Weise heldenhaft über das Böse zu triumphieren, auch wenn es da längst zu spät ist, zumindest für den Rest der Welt.

Und dann wäre da noch Lianxang. Die Enkelin einer Schamanin aus den Nomadenstämmen im Nordwesten ist natürlich selbst auch eine zukünftige Schamanin und mit Abstand die sympatischste Figur in diesem Buch. Zwar ist sie teilweise ebenso naiv und edelmütig wie Rokshan, aber sie entwickelt zumindest ein gewisses Maß an Eigeninitiative und lässt sich nicht nur herum schubsen, ohne von irgendetwas Ahnung zu haben.

Nach dieser Darlegung muss ich wohl kaum explizit feststellen, dass die Charakterzeichnung in diesem Buch absolut enttäuschend war.

Dasselbe gilt auch für die Handlung. Eine gewisse Grundstruktur lässt sich durchaus erkennen: Während der eine Bruder auf die Reise geht, um die Welt zu retten, gerät der andere in die Fänge der Bedrohung und wird zum Werkzeug. Irgendwann treffen die beiden wieder aufeinander und es kommt zum Kampf.

Bedauerlicherweise ist die Geschichte so hölzern und unbeholfen erzählt, dass es eine wahre Tortur war, sie zu lesen! Nicht nur, dass Rokshan brav von Station zu Station reitet, um dort jeweils ein neues Bröckelchen Information aufzulesen, wie ein Huhn, dem man eine Spur Körner gestreut hat. Der ganze Ablauf diese Reise wirkt so unnatürlich steif, wie ich es nur selten erlebt habe. Rokshan erreicht eine Station, bekommt in einem kurzen Gespräch sein Häppchen serviert, denkt kurz nach und beschließt dann, genau das zu tun, was ihm aufgetragen wird, worauf er wieder aufbricht. Außerdem erwecken diverse Formulierungen den Eindruck von Flickschusterei, etwa, wenn Lianxang, nachdem sie eigentlich alle ihre Kräuter auf Befehl An Lushans verbrannt hat, plötzlich doch noch einen geheimen in ihren Kleidern eingenähten Vorrat auspackt, der vorher nirgends auch nur mit einem Wort erwähnt wurde.

Dazu kommt noch, dass die ganze Sache von dem alten Geschichtenerzähler aufgrund der Konstellation der Sterne und eines Rätsels ins Rollen gebracht wird. Beides wird mit absoluter Bestimmtheit auf eine gewisse Weise interpretiert, und niemand scheint auch nur eine Sekunde lang die geringsten Zweifel an der Richtigkeit dieser Interpretation zu haben. Was die Sterne angeht, wird ihre tatsächliche Konstellation nicht erwähnt. Das Rätsel dagegen ist wörtlich abgedruckt. Und was seine im Buch aufgeführte Bedeutung angeht, so muss ich sagen, dass sie mich nicht überzeugt hat. Für mich klangen diese Zeilen eher wie eine Sterbehymne der Kaiser, die – zumindest in dieser Geschichte – glaubten, nach ihrem Tode von Drachenpferden in den Himmel getragen zu werden. Aber nicht nach der Ankündigung einer ernsten Bedrohung, ganz gleich ob verschlüsselt oder nicht.

Zu guter Letzt hat mir auch der Hintergrund der Geschichte nicht gefallen. Sie beginnt im China des Jahres 818 in Marakanda, wie die Stadt bei den Griechen hieß. Und da fängt es schon an: Wieso sollte jemand in China eine Stadt bei ihrem griechischen Namen nennen? Tatsächlich hieß die Stadt im Jahr 818 Samarkand und lag nicht mehr in China, auch nicht in seinem teilautonomen Westteil, sondern im Reich der Abassiden, also in Persien.

Nun ist ein Mangel an Korrektheit in geschichtlichen Belangen selbst bei Historienromanen keine Seltenheit. Leider ist sie hier auch noch mit einem Mangel an Korrektheit in religiösen Belangen zusammengetroffen! Natürlich hat der Autor recht, wenn er im Nachwort äußert, die verschiedenen Religionen an der Seidenstraße hätten sich miteinander vermischt. Trotzdem mutet es seltsam an, wenn ein buddhistischer Mönch es als Strafe ansieht, wenn eine Seele aus dem Kreis der Wiedergeburt ausgeschlossen wird, denn eigentlich ist es ja das erklärte Ziel des Buddhisten, das Rad der ständigen Wiedergeburt irgendwann zu verlassen. Im Falle dieses Buches ist das allerdings tatsächlich nicht erstrebenswert, denn die der Wiedergeburt entrissenen Seelen landen in der Hölle, obwohl es die im Buddhismus gar nicht gibt. Die Absicht des Autors, alle an der Seidenstraße vertretenen Religionen in seine Geschichte einfließen zu lassen, führt zu einem unüberschaubaren Mischmasch, in dem der Schöpfungsmythos christliche Züge trägt, der oberste Gott jedoch Ahura Mazda heißt und die erschaffene Welt von taoistischen Göttern und chinesischen Mythenwesen belebt ist. Da ist der Leser fast erleichtert, dass Peter Ward auf die einzelnen Religionen gar nicht genauer eingeht, sondern größtenteils nur mit spezifischen Begriffen oder Persönlichkeiten um sich wirft.

Nun ist es ja nicht unbedingt verwerflich, die religiöse Vielfalt jener Region deutlich zu machen. Wenn der Autor sie denn auch deutlich gemacht hätte. Statt dessen verrührt er alles in einem großen Topf zu einer Megagesamtreligion, die jegliche Konturen verloren hat.

Zugegeben, an diesem Buch hatte ich eine Menge zu meckern. Und wenn ich schon mal dabei bin, muss ich an dieser Stelle auch noch erwähnen, dass die Karte vorne im Buch grottenschlecht ist! Wie in aller Welt kommt der Baikalsee in den Westen des Pamirgebirges??

_Sagen wir es so:_ Wer dieses Buch tatsächlich lesen will, der darf sich keinesfalls an so unwichtigen Details stören wie dem, dass die chinesischen Drachen hier Flügel haben oder dass Personennamen aus einem chinesischen Familiennamen, einem chinesischen Vornamen und dann noch einem indischen oder persischen Familiennamen bestehen; er darf sich nicht daran stören, dass die sprachliche Gestaltung nicht nur von grammatikalischen Fehlern strotzt, sondern auch nahezu völlig leblos die einzelnen Ereignisse nacheinander herunter spult; dass die Figuren jegliches Eigenleben vermissen lassen, da selbst ihre gelegentlichen Gedanken an frühere Freunde oder Verwandte, Träume oder Ziele so marionettenhaft daher kommen wie ihre Ausdrucksweise in den Dialogen; und dass die Handlung nur deshalb nicht völlig vorhersehbar ist, weil der wilde Religionsmix und die seltsame Deutung des Rätsels so wirr daher kommen, dass man sie kaum nachvollziehen kann.

Na gut, ich will nicht ungerecht sein: Auf den letzten achtzig Seiten kommt dann doch zumindest ein wenig Spannung auf. Die konnte mich aber kaum dafür entschädigen, dass ich mich dafür zuvor vierhundert Seiten lang durch eine sprachliche und inhaltliche Wüste quälen musste. Sie hat lediglich dafür gesorgt, dass ich das Buch überhaupt fertig gelesen habe.

_Peter Ward_ hat einen Teil seiner Kindheit in verschiedenen asiatischen Ländern verbracht und von dort eine bleibende Faszination für östliche Kulturen, insbesondere China, mitgebracht. Nach einem Studium in Philologie und Religionswissenschaften war er in der Medienbranche tätig, ehe er mit „Der Rubindrache“ seinen ersten Roman verfasste. Er lebt mit seiner Frau und drei Kindern in London.

|Gebundene Ausgabe: 496 Seiten
ISBN-13: 978-3570136546
Originaltitel:| Dragon Horse|
Übersetzt von Gerold Anrich|

Michael Marcus Thurner – Das gestrandete Imperium (Perry Rhodan, Posbi-Krieg 1)

Der Posbi-Krieg ist der Titel eines sechbändigen Abenteuers um den Science-Fiction-Helden Perry Rhodan. Der ist gleichzeitig Name, Held und Programm für eine fantastische Erfolgsgeschichte deutscher SF, blickt die Serie, die als ausschließliche, wöchentlich erscheinende Heftromanserie begann, doch auf eine mittlerweile über 45jährige Geschichte zurück, in der über 3000 Heftromane in der immer noch wöchentlich erscheinenden Hauptserie geschrieben wurden und unzählige Taschenbücher, Schwesternserien, Sekundärliteratur, Spin-off-Serien und dergleichen mehr erschienen. Seit einigen Jahren erscheinen bei |Heyne| in schöner Regelmäßigkeit der jeweils aktuellen Hefthandlung angegliederte, jedoch eigenständige und unabhängig lesbare Romanreihen im Taschenbuchformat – und eine dieser Reihen trägt den Eigentitel „Posbi-Krieg“.

Posbis sind Roboter, die auf eine Komponente zugreifen können/müssen, die sie der Gefühle befähigt und damit zu definitionsgemäß echten Intelligenzen macht. Im ersten Band des Sechsteilers verschlägt es Perry Rhodan und seine beiden Begleiter Startac Schroeder und Mondra Diamond in eine ferne, durch hyperphysikalische Phänomene abgeschottete Galaxie. Dort leben einige den Menschen bekannte unterschiedliche Völker zusammen, unter anderem eine Gruppierung der Posbis. Und aus einem unbekannten Grund ist diese Roboterzivilisation plötzlich darauf aus, alles andere intelligente Leben in ihrem Aktionsradius (sprich in jener Galaxis) zu vernichten. Wie soll ein einzelner Mensch (oder auch derer dreie) diese furchtbare Gefahr abwenden oder auch nur bekämpfen? Zumal Rhodan selbst in der menschlichen Kolonie zunächst auf wenig Unterstützung trifft …

Thurner schreibt in typischer Perry Rhodan-Manier, verliert sich dabei oft in technischen Erklärungen und haarsträubenden Dialogen. Es gibt Dinge, Charakterzüge, die er versucht zu modernisieren oder neu zu beschreiben, um den Rhodan-Stempel auf seine Geschichte zu prügeln, und dabei misslingt ihm gerade das Wichtigste: Die Charakterisierung der Hauptfigur, Perry Rhodan. Zugegeben, eine schwere Aufgabe bei einer Figur, die länger als 40 Jahre allwöchentlich beschrieben wird, aber es ist eine der wichtigsten Aufgaben in diesem Romanprojekt. So ist – um wenigstens ein Beispiel zu nennen – es absolut undenkbar, dass Perry Rhodan einen seiner beiden Mitstreiter allein auf einer Welt zurück lässt, ohne überhaupt zu wissen, wo er ist oder ob er vielleicht in Schwierigkeiten steckt. Natürlich kann er nicht wissen, dass Startac Schroeder in dem Moment an der Grenze zwischen Leben und Tod weilt und aufs Blut gefoltert wird, aber etwas mehr als ein „Der kommt schon zurecht“ ist schon zu erwarten.

Positiv zu vermerken ist die Menschlichkeit, mit der sich Rhodan (erst zum Ende dieser ersten Geschichte) in der neuen Umgebung durchsetzt. Allerdings entbehrt es wiederum fast an gleicher Stelle jeder Grundlage, dass er vor dem Mikro seines Funkgerätes steht und versucht, mit den sturen Robotern ins Gespräch zu kommen, während tausende Menschen in explodierenden Raumschiffen sterben und die Kontaktversuche offensichtlich zu nichts führen.

Größte Ungereimtheit im ersten Teil: Rhodans Unverständnis der Abneigung, ja des Hasses der Alteraner jedwedem Posbi gegenüber. Thurner lässt ihn sich (und seine Mitstreiter) allen Ernstes fragen, wieso die angetroffenen Alteraner mit Hass und Schock auf die Anwesenheit der beiden Posbis reagieren – obwohl er von Lotho Keraete (dem Boten seines Auftraggebers) äußerst intensiv gebrieft wurde!

Ein insgesamt enttäuschender Auftakt für diesen Sechsteiler, der Heyne-typisch mit den höchsten Attributen versorgt wurde: Ein Science-Fiction-Abenteuer im Breitwandformat!

Taschenbuch: 384 Seiten
ISBN-13: 978-3453532625

Nix, Garth – Kalter Mittwoch

_Abwechslungsreich: Begegnungen mit Walen und anderen Unwesen_

Eigentlich ist Arthur Penhaligon kein Held. Genau genommen, ist ihm sogar ein früher Tod vorherbestimmt. Doch dann rettet ihm ein geheimnisvoller Gegenstand das Leben: Er sieht aus wie ein Uhrzeiger und wird von seltsam gekleideten Männern als „Schlüssel zum Königreich“ bezeichnet.

Doch zugleich mit dem Schlüssel erscheinen bizarre Wesen aus einer anderen Dimension, die ihn um jeden Preis zurückgewinnen wollen. In seiner Verzweiflung wagt es Arthur, ein geheimnisvolles Haus zu betreten – ein Haus, das nur er sehen kann und das in andere Dimensionen führt. Dort will er nicht nur sein wahres Schicksal erkennen, sondern auch sieben Schlüssel besorgen …

Im Krankenhaus findet Arthur eine seltsame Karte unter seiner Bettdecke. Es ist eine Einladung. Die geheimnisvolle Lady Mittwoch bittet ihn zu einem Mittagsmahl mit 17 Gängen. Und schon steckt Arthur im nächsten Abenteuer, bei dem er Piraten, tosenden Stürmen und einem riesigen Geschöpf trotzen muss, das angeblich alles frisst, was ihm in die Quere kommt. Eines steht fest: Arthur muss den dritten von insgesamt sieben Schlüsseln finden – nicht nur für sich selbst, sondern für die unzähligen Menschen seiner Welt, die Schlimmes erleiden müssen, falls er versagt.

Das Buch eignet sich für Kinder ab 10 Jahren.

_Der Autor_

Garth Nix wurde 1963 in Melbourne/Australien geboren. Nach seinem Studium arbeitete er in einer Buchhandlung, später als Verleger, Buchhandelsvertreter, Zeitungsredakteur und Marketingsberater. Seit 2002 bestreitet er seinen Lebensunterhaltet ausschließlich als Autor. Er lebt heute mit seiner Frau, einer Verlegerin, und seinem Sohn in einem Vorort von Sydney. Zu seinen bekanntesten Büchern gehört die Abhorsen-Trilogie, die komplett bei |Carlsen| und |Lübbe| erschienen ist („Sabriel“; „Lirael“; „Abhorsen“).

Der Zyklus „Die Schlüssel zum Königreich“ auf |Buchwurm.info|:

[„Schwarzer Montag“ 3719 (Die Schlüssel zum Königreich 1)
[„Schwarzer Montag“ 3172 (Hörbuch)
[„Grimmiger Dienstag“ 3725 (Die Schlüssel zum Königreich 2)
[„Grimmiger Dienstag“ 4528 (Hörbuch)
[„Kalter Mittwoch“ 4242 (Die Schlüssel zum Königreich 3)
[„Kalter Mittwoch“ 5101 (Hörbuch)
[„Rauer Donnerstag“ 4831 (Die Schlüssel zum Königreich 4)
[„Rauer Donnerstag“ 5051 (Hörbuch)
[„Listiger Freitag“ 5626 (Die Schlüssel zum Königreich 5)
[„Mächtiger Samstag“ 5790 (Die Schlüssel zum Königreich 6)

Außerdem von Garth Nix auf Buchwurm.info:

[„Sabriel“ 1109 (Das alte Königreich 1)
[„Lirael“ 1140 (Das alte Königreich 2)
[„Abhorsen“ 1157 (Das alte Königreich 3)

_Handlung_

Nach seinem letzten Abenteuer mit Sir Dienstag liegt Arthur mit gebrochenem Bein im Krankenhaus. Dort arbeitet seine Mutter Emily. Seine Familie ist durch diverse Agenten des HAUSES in Schwierigkeiten geraten, doch Arthur kann nichts deswegen unternehmen. Er rechnet jeden Moment damit, von den Abgesandten der Lady Mittwoch abgeholt zu werden.

Gerade als seine Freundin Blatt ihn besucht, geht es los. Seine Uhr geht rückwärts, sein Kalender bewegt sich. Vorsorglich zieht sich Arthur schon mal an. Da dringt Wasser in seinem Zimmer ein, und die Wand wird zu einer Wasserwand, die ihn und Blatt durchnässt. Sie klammern sich an das Einzige, was noch schwimmt: sein Bett. Unversehens geraten sie in die Welt des HAUSES und treiben auf der Grenzsee. Ein Dreimaster nähert sich – es ist die „Fliegende Gottesanbeterin“, geschickt von Lady Mittwoch. Doch bevor Arthur Blatt an Bord folgen kann, fällt er ins Wasser und wird abgetrieben. Der Dreimaster trägt Blatt mit sich fort.

Kaum ist Arthur ganz allein auf dem Meer, spürt er einen Gegenstand unter seinem Bett. Es ist eine knallrote Boje. Seltsam, was mag die Boje wohl bezeichnen? Er zieht an einem Ring und die Boje explodiert unter Blitz und Donner. Nun ist sie offen, und er steigt hinein, was sicherlich trockener ist als ein schwimmendes Bett. In der Nacht kommt aber schon wieder Schiff, und weil dessen Matrosen alle tätowiert sind, hält Arthur sie für Piraten. Da sind sie aber beleidigt: Sie seien Berger, sie bergen Schätze – Schätze wie den unter der Boje.

Eine Taucherin der Berger holt eine Truhe vom Meeresboden. Sie trägt das Zeichen des größten Feindes aller Berger: das von Fieberauge, dem Hexenmeister des Nichts. Au weia, das könnte Ärger geben. Kaum hat sich Arthur Kapitän Katzenkissen, seinem Ersten Offizier Concord und dem Zauberer Dr. Skamadandros vorgestellt, da taucht auch schon das Schiff „Schauder“ auf, das – wem wohl? – gehört: Fieberauge!

_Mein Eindruck_

Das Muster der Handlung ist immer das gleiche. Auch diesmal muss Arthur, unser schwacher Held, erst einmal Freunde, Helfer und Gefährten finden und für sich gewinnen. Schon am Anfang jedoch verliert er die treue Blatt, und er ist auf seine eigene Fähigkeit angewiesen, sich bei den Bergern durchzusetzen. Zum Glück erkennen sie, dass er ein erbberechtigtes Kind des VERMÄCHTNISSES ist und in der Gunst der ARCHITEKTIN steht. Das erleichtert einiges.

Diese Helfer sind jedoch sehr nötig, wenn der Feind angreift. Da ist zunächst einmal der Oberpirat und Hexenmeister Fieberauge, ein Diener des NICHTS und somit ein Feind des VERMÄCHTNISSES. Aber er ist nicht der Schlüsselbewahrer und Treuhänder des VERMÄCHTNISSES. Das ist schließlich Lady Mittwoch. Mit Hilfe weiterer Gefährten, den Steuerratten unter Commodore Monkton, erfährt Arthur mehr darüber, wer, was und vor allem wo Lady Mittwoch ist.

|Die Gegner|

Macht und Bedrohung manifestieren sich in vielerlei Formen. Diesmal ist es nicht Gewalt, sondern schiere Größe, die Arthur Furcht einflößt. Denn Lady Mittwoch ist ein gigantischer Walfisch von 32 Kilometern Länge und entsprechender Höhe. Versteht sich, dass sich die Machtbasis des Hexenmeisters Fieberauge in ihrem voluminösen Inneren verbirgt. Dort würde Arthur auch die verlorene Blatt wiederfinden. Der einzige Weg dorthin führt über das U-Boot, das die Ratten steuern.

|Herakles|

Diesmal gerät Arthur mitten unter die echten Piraten. Über die historischen Piraten zwischen 1670 und 1730 hat sich der Autor offenbar genau informiert, wie man an Details wie einem brennenden Bart aus Zündschnüren ablesen kann. Diesen Bart trug nur Edward „Blackbeard“ Teach. Arthurs Showdown mit Fieberauge ist phantastisch gut geschildert. Der Sieg ist nur schwer zu erringen, und Arthur braucht wieder die Hilfe seiner Gefährten, um zu siegen. Denn wie kann man einen Gegner niederringen, dessen abgeschlagener Kopf immer wieder nachwächst?

Dieses Problem hatte schon der antike Held Herakles, welcher der Hydra die Köpfe abschlug, doch sie wuchsen ihr immer wieder nach. Er musste sie einzeln ausbrennen. Dass der Autor die Herakles-Sage kennt, beweist der Name des Schiffes „Fliegende Gottesanbeterin“: Heraklius Schwell. Arthur ist eine Verkörperung vieler Helden, und König Arthur sowie Herakles sind nicht die Geringsten darunter.

|Die Aussage|

Interessant ist auch das Verhältnis zwischen Fieberauge und Lady Mittwoch. Sie ist das Opfer eines Fluches, der sie nimmersatt macht. Jemand muss sie davon erlösen. Fieberauge ist der Erlöser garantiert nicht, denn er benutzt sie als sein Versteck und seine Operationsbasis. Seine Organisation ist wie sein Verstand: eine Art Hydra, die gierig ihre Finger überallhin ausstreckt, um Beute an sich zu raffen.

Dass diese Organisation sich versteckt, könnte symbolisieren, dass es sich bei dem Bösen, das sie verkörpert, um die Mafia, Camorra usw. handelt, die ja schon vielfach als „Hydra“ bezeichnet worden ist (zuletzt in Roberto Savianos Buch „Gomorrha“). Sie kann aber auch die Korruption sein, die damit einhergeht und der Ausbreitung der Hydra Vorschub leistet.

_Unterm Strich_

Diese Fantasyreihe wartet mit einem recht gut durchdachten Paralleluniversum auf, das erstens die Bestimmung des Helden bereithält und zweitens natürlich die Lösung zu allen Rätseln. Aber diese Bestimmung fällt dem denkbar ungeeigneten Asthmatikerhelden nicht in den Schoß, wie man sich leicht denken kann, sondern muss in sieben Kämpfen errungen werden.

Da sich diese Kämpfe auch auf die Welt des Helden erstrecken, gerät er mit seiner Familie in alle möglichen gefährlichen Situationen. Der Angriff von Grotesken, Nichtlingen und Käptn Fieberauge dürfte nur ein Vorgeschmack auf das sein, was noch kommen könnte. Doch wie im HAUS die loyale Susi Arthur beim Bestehen von Abenteuern beisteht, so tut dies in der Realwelt die treue Blatt.

Mir hat die Geschichte viel Spaß gemacht, denn der Autor überrascht mit einigen doch recht interessanten Einfällen, wie etwa dem verschlafenen Sonnenbären, dem Geschenk des VERMÄCHTNISses, das ganz aus Buchstaben besteht, oder den sprechenden Schiffsratten. Dieses Buch dreht sich ebenfalls um Macht und wie man ihr entgegentreten kann. Interessant ist dabei, dass Lady Mittwoch keineswegs der Schurke im Stück ist, sondern das Opfer eines Fluchs, das erlöst werden muss. Der Schurke ist Fieberauge, und ihn zu besiegen, stellt sich als wahrlich nicht einfach heraus.

|Die Heilung der Welt|

Natürlich erinnert der Aufbau der Geschichte ein wenig an Tad Williams‘ Zyklus „Otherland“, und hier wie dort durchstreift der Held eine virtuelle Welt, die er heilen muss. Aber er hat sie auch zu erobern und dafür etliche Kämpfe zu bestehen. Denn damit heilt er zugleich auch seine eigene Welt. Beides gehört zusammen, und der Weg ist das Ziel: Arthur findet nicht nur zu selbst, sondern erkennt auch seinen Platz und seine Aufgabe in der Welt. Das ist eine wertvolle Lektion, wie sie nur sehr gelungene Jugendbücher glaubwürdig zu vermitteln vermögen, so etwa die Harry-Potter-Reihe oder der Wintersonnenwende-Zyklus von Susan Cooper.

|Originaltitel: Drowned Wednesday, 2005
Aus dem australischen Englischen übersetzt von Axel Franken
382 Seiten
ISBN-13 der Taschenbuchausgabe: 978-3404206094|
http://www.bastei-luebbe.de

Michael J. Reaves – Drachenland

Michael Reaves ist den meisten Science-Fiction-Lesern inzwischen vornehmlich als Verfasser der aktuellen „Star Wars“-Novellen bekannt. Gemeinsam mit dem renommierten Steve Perry erschuf er vor allem in den letzten drei Jahren zahlreiche Geschichten um den Sternenkrieg und konnte sich nach einer ewig währenden Suche nach seiner Identität als Schriftsteller endlich mal langfristig etablieren. Dabei ist Reaves kein Unbekannter mehr; seit mehr als 30 Jahren ist er als Autor tätig, arbeitete mit bekannten Kollegen wie Byron Preiss und Neil Gaiman und hievte einige seiner Titel auf die Bestsellerlisten.

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Coney, Michael – Träume von Pallahaxi

_Das geschieht:_

Erstes Buch: „Der Sommer geht“ (S. 9-258): Der Planet der Stilk umkreist die Sonne Phu und beschert seinen menschenähnlichen Bewohnern ein mildes Klima. Den Umgang mit der Kälte beherrschen die Stilk nicht; sie ist zu einem gefürchteten Phänomen geworden.

Seit Jahren führen Erto und Asta, die beiden Großmächte des Planeten, erbittert Krieg. Noch wissen nur die Regierungen vom bevorstehenden Verhängnis: Phu bildet mit ihrem Riesenplaneten Rax ein komplexes Binärsystem. Kommen die beiden sich zu nahe, kann es geschehen, dass Rax der Sonne den Planeten der Stilk quasi entreißt und mit sich nimmt. Die Umlaufbahn von Rax ist überwiegend sonnenfern, sodass dieses Ereignis, dass nun wieder einmal bevorsteht, dem unfreiwilligen Begleiter einen vierzigjährigen Winter beschert.

Der hohe Regierungsbeamte Burt tritt mit seiner Familie den jährlichen Sommerurlaub in der Hafenstadt Pallahaxi an. Sohn Druv steckt tief in der Pubertät und rebelliert permanent gegen die konservativen und auf ihre gesellschaftliche Stellung pochenden Eltern. In Pallahaxi erneuert Druv die Freundschaft zur schönen Gastwirtstochter Braunauge und gerät zwischen die Fronten einer Rebellion empörter Bürger, die sich von ihrer Regierung verraten & verkauft fühlen …

Zweites Buch: „Erinnerungen an Pallahaxi“ (S. 259-607): Der lange Winter ist nur noch sagenhafte Vergangenheit. Vor acht Generationen haben Besucher von der Erde den Planeten der Stilk entdeckt. 600 Menschen ließen sich in Devon-Station nieder. Als ihr Vertreter fungiert Mr. McNeil, der außerdem versucht, zwischen den beiden nur mühsam Frieden haltenden Städten Yam und Noss zu vermitteln.

Hardy ist der Neffe des Yam-Hauptmanns Borst, den aktuell große Ernteausfälle beunruhigen. Sogar in Noss musste man vorstellig werden, um Fisch zu kaufen; eine Aufgabe, die Borst klugerweise seinem diplomatisch deutlich begabteren Bruder Bruno überließ. Hardy begleitet ihn und verliebt sich in Noss prompt in Talis, die Tochter der Hauptfrau.

Als Bruno einem Mord zum Opfer fällt und Hardy schwere Vorwürfe erhebt, muss er Noss und Talis verlassen. In Yam werden mehrere Anschläge auf Hardy verübt. Nur knapp kommt er mit dem Leben davon. Er entkommt nach Noss, wo man ihm Asyl gewährt. Hardy beginnt in eigener Sache zu ermitteln. Er kommt einer uralten Intrige auf die Spur und löst außerdem das Rätsel der mysteriösen Lorin, die mit den Stilk den Planeten bewohnen …

_Fremde Welt mit bekannten Fehlern_

„Träume von Pallahaxi“ vereint zwei Romane des britischen Schriftstellers Michael G. Coney. Sie ranken sich um ein exotisches Sonnensystem, dessen intelligente Bewohner vom Verfasser nach menschlichem Vorbild geformt wurden. Die Stilk haben sich ‚ihren‘ Planeten untertan gemacht und könnten ein geruhsames Leben führen. Stattdessen pflegt man interne Querelen. Obwohl der Grund nur den jeweiligen Führungsspitzen bekannt ist, liegen im ersten Band die beiden Machtblöcke Erto und Asta, in der Fortsetzung die Städte Noss und Yam im Streit. Die Gesellschaft des Planeten ist streng hierarchisch strukturiert. Die ‚höheren‘ Klassen achten auf ihre Privilegien, während der sprichwörtliche ‚kleine Mann‘ zu spuren hat, wobei kriegsbedingt vorgeschobene Zwangsmaßnahmen hilfreich sind.

In diese mit sich selbst beschäftigte Welt platzt die Bombe einer seltenen Naturerscheinung. Die Stilk könnten sich anpassen, aber die Mächtigen sorgen sich stattdessen ängstlich um ihre Vorrechte. Nur die Jugend ist, sofern noch nicht im Räderwerk des Establishments gefangen, willens und in der Lage, den radikalen Weg zu gehen, der ein Überleben des 40-jährigen Winters ermöglicht.

_Stilk am Scheideweg_

„Der Sommer geht“ beschreibt einen Kampf zwischen Widerstand und Anpassung. Michael Coney gibt ihm Gesichter; auf der einen Seite sind die Konservativen wie Burt und Fayer, Druvs Eltern, aber auch Wolff, als Repräsentant einer schon indoktrinierten Folgegeneration. Ihnen stehen Druv und Braunauge gegenüber, die das System zunehmend kritisch betrachten, seine Schwachstellen erkennen und notwendigen Veränderungen gegenüber aufgeschlossen sind.

Vor allem Druv muss sich entscheiden und seinen eigenen Weg finden, was „Der Sommer geht“ zu einem Science-Fiction-Entwicklungsroman macht. Als prominentester Schriftsteller dieses Subgenres galt lange Robert A. Heinlein (1908-1988), der zahlreiche SF-Romane schrieb, in denen Jugendliche das Abenteuer Leben zu meistern begannen und in mindestens eine dramaturgisch geschickt arrangierte Krise gerieten, in der sie anwenden mussten, was sie gelernt hatten.

Heinlein (aber nicht nur er) schilderte diesen Prozess als Fluss von Erfahrungen, der von den Älteren auf die Jüngeren überging. Diese Jugend war – den zeitgenössischen Systemstrukturen der 1940er und 50er Jahre entsprechend – formbar bis unkritisch unterwürfig, diszipliniert und bienenfleißig bzw. in allen Details das gespiegelte Idealbild der (konservativen) Elterngeneration. Widerspruch war möglich, stellte sich jedoch stets als Fehler heraus, da die Alten tatsächlich alles besser wussten.

_Nach rechts oder nach links?_

Coney steht für jenen Aufbruch, der in den späten 1960er und 70er Jahren diese Vormacht sowie ihre Vertreter in Frage stellte. Auch oder gerade der junge Bürger ließ sich nicht mehr alles als Notwendigkeit diktieren, sondern hinterfragte Entscheidungen und leistete ihnen notfalls keine Folge. Die alten Methoden griffen ohnehin nicht mehr, aber Gewalt und Willkür sollten sie trotzdem konservieren. Das misslang, und für eine Weile schien ein Neuanfang möglich. Zwar ging die Geschichte über diese ‚Tauperiode‘ hinweg, doch konnten ‚Real-Politiker‘ und Global-Konzerne (bisher) nicht alle Errungenschaften dieser Ära wieder abschaffen.

In diesem Zeitfenster entstand „Der Sommer geht“. Der Umbruch auf dem Planeten der Stilk orientiert sich an den realen Unruhen der 1970er Jahre. Coney transponierte die irdischen Parteien und ihre Argumente in eine SF-Handlung. Obwohl er dabei keine Seite von Kritik aussparte, ist doch klar, für wen sein Herz schlägt.

Die Charakterisierung gerät klar aber simpel – zu simpel womöglich, denn Figuren wie Druvs Vater Burt oder vor allem Mutter Fayer sind Karikaturen. Sie stehen für das starre bzw. dumme und insgesamt ungerechte Establishment. Umgekehrt sind auch die ‚Guten‘ auf ihre Weise überzeichnet. Ausgerechnet hier tradiert Coney das Konzept des Jugendromans, der ‚einfach‘ strukturiert sein soll, weil seine Leser die Subtilität einer nicht schwarzweißen, sondern grauen Welt angeblich noch nicht begreifen.

Für besonderes Augenverdrehen sorgt dabei das scheue Aufkeimen der ersten Liebe; was im (wie üblich mit Vorsicht zu genießenden) Covertext als „bezaubernde Liebesgeschichte“ hochgejubelt wird, ist albern mit einschlägigen Klischees durchsetzt, bevor Coney zumindest in „Der Sommer geht“ mit einem unerwarteten Finale zwischen bittersüßer Tragödie und beißender Ironie überrascht.

_Vom Abenteuer zur Routine_

Mehr als drei Jahrzehnte nach „Der Sommer geht“ wirkt Coney in „Erinnerungen an Pallahaxi“ müde. Die Sozialkritik schimmert zwar noch durch, aber die Rückkehr auf die Welt der Stilk ist vor allem ein farbenfrohes Planetenabenteuer, das die grundsätzliche Plot-Konstellation des Vorgängerbandes aufgreift bzw. ein wenig zu offensichtlich imitiert. Wie nicht nur in der Sciencefiction heute üblich, geht der Verfasser vor allem in die Breite. Coney lässt sich Zeit, seinen Lesern den Planeten der Stilk vorzustellen – noch einmal. Dessen Gesellschaftsstruktur hat sich nur scheinbar verändert. Die bekannten Konfliktherde prasseln munter weiter. Erneut haben jene, die es eigentlich nicht verdienen, das Sagen. Sie werden als Widerlinge, Feiglinge und Dummköpfe inszeniert, doch der warnende Unterton ist verschwunden. Der grobe Borst ist beispielsweise ebenso eine Witzfigur wie die zänkischen Hauptfrauen (oder besser Weiber) Lonessa oder Wanda.

Zwischen allen Stühlen stehen wieder junge Menschen. Hardy und Talis sind recht profilarme Inkarnationen von Druv und Braunauge sowie mit vergleichbar holzköpfigen Eltern und anderen Autoritätspersonen geschlagen. Einzig Yams Vater Bruno gibt den gealterten Idealisten, der sich wider besseres Wissen in den Dienst der Tradition stellt und (dafür) ein schlimmes Ende nimmt.

_Eine neue Partei im Planetenspiel_

Als quasi übergeordnete Instanz haben sich inzwischen die Menschen auf Stilks Planet etabliert. In Coneys Entwurf einer möglichen Zukunft sind sie Repräsentanten einer Art Föderation, deren (auch nichtmenschliche) Mitglieder auf der Suche nach Wissen und Bodenschätzen durch das All reisen. Treffen sie dabei auf intelligente, aber technisch ‚unterentwickelte‘ Planetenbewohner, nehmen die Menschen zwar Kontakt mit ihnen auf, halten sich dabei jedoch an eine Nichteinmischungs-Klausel, die eine Weitergabe von Hightech aber auch Nothilfe verbietet.

Die Menschen sind freilich keineswegs aus Erfahrung klug geworden. Zwar enthalten sie ihren ‚Gastgebern‘ jene Supertechnik, die ohne das Wissen um eventuell mit dem Einsatz verbundene Nachteile die Stilk ins Verderben stürzen könnte, umsichtig vor. Doch als die ‚kanalisierte‘ Ausbeutung ins Stocken gerät, soll das Problem mit Gewalt gelöst werden.

Dieser Subplot gehört zu den Hauptschwächen der ohnehin recht orientierungslos zwischen Abenteuer, Liebesgeschichte und Krimi mäandrierenden Story. Die düsteren Beweggründe der Menschen sind aufgesetzt und können nicht überzeugen. Später lösen sie sich in Luft auf bzw. werden vom Verfasser mit einem Nebensatz abgetan. Offensichtlich möchte Coney unbedingt für Tempo und Dramatik sorgen, als das Finale naht. Man kann ihn verstehen, denn die bisher aufgeworfenen und gelösten Rätsel konnten den Leser nicht in atemloses Staunen versetzen. Obwohl viel gereist, verfolgt und intrigiert wird, fehlt dem Geschehen echte Spannung.

Letztlich bringt vor allem die Neuauflage von „Der Sommer geht“ dem Leser Freude. „Erinnerungen an Pallahaxi“ zeigt den ’späten‘ Coney, der den Biss früherer Werke vermissen lässt. Dafür mag sein Gesundheitszustand mitverantwortlich sein. „I Remember Pallahaxi“ gehört zu den letzten, im Buch zu Coneys Lebzeiten nicht mehr veröffentlichten Romanen; der sterbenskranke Autor stellte sie im Wissen um den nahen Tod auf seine Website. Coney hat noch immer sein Talent zur Schilderung fremdartiger Ökosysteme, die er mit erstaunlichen Kreaturen bevölkert. Das nützt jedoch wenig, wenn in diesen Kulissen nichts wirklich Spannendes geschieht. Deshalb überwiegt die Enttäuschung über diesen Doppelband, der in seinem zweiten Teil nur aufwärmt, was im Auftakt noch heiß war.

_Der Autor_

Michael Greatrex Coney wurde am 28. September 1932 im englischen Birmingham geboren. Nach der Schule wurde er Wirtschaftsprüfer; ein Beruf, in dem er herzlich unglücklich war. Er versuchte sich deshalb später u. a. als Manager eines Campingplatzes und arbeitete für eine Brauerei. 1969 verließ Coney, inzwischen verheiratet und Vater einer Tochter, England. Die Familie siedelte sich auf Antigua, eine der Westindischen Inseln, an, wo Coney ein Hotel leitete.

Ebenfalls 1969 erschien eine erste SF-Story im britischen Magazin „Vision of Tomorrow“; weitere Kurzgeschichten folgten und wurden auch in den USA gedruckt. Der Durchbruch gelang Coney jedoch erst als Verfasser von Romanen, die spannende Plots mit exzellenten Beschreibungen fremdartiger Welten verbanden sowie eine intensive aber unaufdringliche Prise Sozialkritik beinhalteten. „Mirror Image“ (1972, dt. „Planet der Angst“), „Winter’s Children“ (1974, dt. „Eiskinder“) und vor allem „Hello Summer, Goodbye“ (1975, dt. „Der Sommer geht“) fanden sowohl den Beifall des Publikums als auch der Kritikerschaft.

1972 verließen die Coneys Antigua und zogen nach Kanada um. Auf Vancouver Island nahm Coney einen Job im Finanzwesen der Forstverwaltung an, den er bis zu seiner Pensionierung Ende der 1980er Jahre ausübte und der ihm die Zeit für weitere Bücher und Storys ließ. Nach Ansicht der Kritik lässt der ‚kanadische Coney‘ die Originalität der frühen Jahre vermissen. Ein letzter Erfolg wurde 1976 „Brontomek!“ (1976, dt. „Brontomek!“), für den Coney 1977 mit einem „British Science Fiction Association Award“ ausgezeichnet wurde. In den 1990er Jahren schrieb er verstärkt und erfolgreich Sachbücher über lokalhistorische Themen.

Coney erkrankte um die Jahrtausendwende an einer Asbestose, die zum Lungenkrebs führte. Als klar wurde, dass er der Krankheit erliegen würde, stellte Coney vier noch unveröffentlichte Bücher ins Internet, wo sie frei verfügbar waren. Michael Coney starb am 4. November 2005 in British Columbia.

_Impressum_

Originaltitel: Hello Summer, Goodbye (London : Victor Gollancz 1975) u. I Remember Pallahaxi (Hornsea : PS Publishing 2007)
Deutsche Erstveröffentlichung dieser Gesamtausgabe: Oktober 2009 (Wilhelm Heyne Verlag/TB Nr. 52543)
Übersetzung: Bernhard Kempen
Cover: Lee Gibbons (Karten: Iris Daub)
607 Seiten
EUR 9,95
ISBN 13: 978-3-453-52543-6
http://www.heyne.de

Butcher, Jim – Feenzorn (Die dunklen Fälle des Harry Dresden, Band 4)

_|Die dunklen Fälle des Harry Dresden| auf |Buchwurm.info|:_

Band 1: [„Sturmnacht“ 3168
Band 3: [„Grabesruhe“ 4315

_Handlung:_

Harry Dresden muss sich vor dem Weißen Rat dafür verantworten, dass er einen Krieg mit dem Roten Hof der Vampire angezettelt hat, die seine Auslieferung fordern. Doch dank einiger Fürsprecher kann Dresden ein Ultimatum herausschinden. Er soll die Unterstützung der Feen erwirken, damit diese dem Weißen Rat freies Geleit durch ihr Refugium gewähren.

Dieses Abkommen kommt gerade zur rechten Zeit, denn Mab, die Königin des Winterhofes, beauftragt Harry mit der Ermittlung eines bizarren Mordfalls. Der Ritter des Sommerhofes wurde ermordet und sein magischer Umhang entwendet. Dadurch ist das Machtgefüge zwischen den Feen des Sommers und des Winters erheblich gestört worden. Die Mitsommernacht steht kurz bevor, und nach diesem magischen Datum fällt dem Winterhof automatisch mehr Macht zu. Daher sieht sich die Königin des Sommerhofes gezwungen, einen Krieg gegen die Feen des Winters zu initiieren, einen Krieg, der unabsehbare Folgen für die Menschheit haben könnte.

Harry Dresden muss alles daransetzen, um den Mörder zu entlarven und den Status quo zwischen den Feenreichen wieder herzustellen. Ein Unterfangen, das durch die Attacken von Ghuls, Ogern und Pflanzenmonstern nicht gerade vereinfacht wird.

_Eindrücke: _

In seinem vierten Fall wird der Magier Harry Dresden erneut an den Rand der Belastbarkeit getrieben und kämpft mit Zaubersprüchen, Köpfchen und Herz gegen Ungerechtigkeit und böse Mächte. Bewegten sich zumindest die ersten beiden Romane noch auf einem verhältnismäßig bodenständigen Level, so ist zumindest „Feenzorn“ ein höchst fantastischer Beitrag, und das in mehrerlei Hinsicht. Nicht nur, dass der Autor den Leser auch in diesem Roman mit vielen kreativen Ideen überrascht, auch sein Schreibstil ist so locker und angenehm wie gewohnt und macht die Geschichte zu einem vergnüglichen, unterhaltsamen Lesespaß für Zwischendurch.

Das Niemalsland, das im dritten Roman bereits Erwähnung fand, wird hier ebenso zum Schauplatz wie das Reich der Feen. Die Charaktere sind liebenswert, furchterregend, skurril oder einfach bizarr – je nachdem, und die Erzählweise aus der Perspektive des Serienhelden sorgt für eine natürliche Vertrautheit mit der Figur des Harry Dresden. Der hat mittlerweile sein leicht vertrottelt wirkendes Image komplett abgelegt und ist ein ernstzunehmender Gegner für jeden, der sich ihm in den Weg stellt. Dass er meistens in Schwierigkeiten steckt, kein Geld hat und unter immensem Zeitdruck steht, hat er dabei nicht seinem Unvermögen zu verdanken, sondern schlicht und ergreifend der Tatsache, dass er ein grundguter Kerl ist, der einem festen Ehrenkodex folgt und Ungerechtigkeiten verabscheut. Als Gentleman der alten Schule lässt er keine Frau im Stich, was dazu führt, dass er bisweilen Aufträge von Damen annimmt, die ihn häufig in prekäre Situationen führen, aus denen er oft nur mit Hilfe seiner Freunde herausfindet.

Der Bekanntenkreis von Harry Dresden ist mittlerweile zu einem ansehnlichen Haufen gewachsen, und bei der Lektüre trifft man auf viele Vertraute, wie beispielsweise den Werwolf Billy und seine Clique, die Alphas, oder Bob, den Hauself, der in einem Totenschädel haust. Auch Karrin Murphy, Leiterin der Sonderabteilung der Chicagoer Polizei, ist wieder mit von der Partie und liefert sich mit dem Magier witzige und schlagfertige Wortduelle.

Neben all der Spannung und Dramatik, die Butcher in seine actiongeladenen Fantasy-Romane einfließen lässt, ist der Humor ein besonderes Markenzeichen der Serie und verhindert, dass sich die Geschichten selbst zu ernst nehmen. Auch in „Feenzorn“ hat der Leser einiges zu lachen. Trotzdem bleibt die Story immer packend und unheimlich, insbesondere das Finale gipfelt dieses Mal in einem dramatischen Showdown.

Erstmals ist es dem |Knaur|-Verlag geglückt, an eines der Original-Titelbilder heranzukommen. So ziert auch die deutsche Ausgabe von „Summer Knight“ dasselbe Cover wie auf der amerikanischen Version und zeigt den Magier Harry Dresden mit seinem Sprengstock. Leider wirkt das Bild ein wenig körnig und unscharf, doch immerhin gibt es endlich einen direkten Bezug zum Inhalt.

_Fazit:_

Harry Dresden ist Kult! Auch der vierte Fall des praktizierenden Magiers aus Chicago hat alles, was das Herz des Phantastik-Lesers begehrt. Action, Humor, Spannung und die ganze Palette übernatürlicher Kreaturen, wie Ghuls, Oger, Werwölfe, Feen, Vampire und Trolle.

_Der Autor:_

Jim Butcher wurde am 26. Oktober 1971 in Missouri geboren, wo er bis heute mit seiner Familie lebt. Schon in jungen Jahren begann er mit dem Schreiben. Neben dieser Leidenschaft ist er auch ein großer Comic-Fan, begeisterter Kampfsportler und begabter Reiter, was er gelegentlich auch auf dem Rücken eines Pferdes in der Öffentlichkeit demonstriert. Seine Roman-Veröffentlichungen machten ihn zum Liebling eines treuen Millionen-Publikums auf der ganzen Welt und brachten ihn regelmäßig in die Bestseller-Listen. (Verlagsinfo)

|Originaltitel: Summer Knight; New York, USA 2002
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski
Titelillustration von Chris McGrath
448 Seiten
ISBN-13: 9783426501740|
http://www.knaur.de
http://www.jim-butcher.com
http://www.wizardsharry.com

_Außerdem von Jim Butcher auf |Buchwurm.info|:_

[„Codex Alera 1 – Die Elementare von Calderon“ 5774

Robin Hobb – Der Schattenbote (Die Chronik der Weitseher 2)

Die Chronik der Weitseher

Band 1: Der Weitseher“
Band 2: „Der Schattenbote“
Band 3: Der Nachtmagier

Zwar hat Fitz am Ende des ersten Bandes eine schwere Bewährungsprobe bestanden, doch scheint ihn das seine Gesundheit gekostet zu haben. Er ist schwach und hat immer wieder unvorhersehbare und unkontrollierbare Anfälle. Ein ziemliches Manko für einen Assassinen! Fast schon hat Fitz beschlossen, nicht in den Dienst des Königs zurückzukehren, da hat er einen bedeutungsschweren Traum. Und so kommt es, dass er sich trotz seiner Schwäche zurück nach Bocksburg schleppt, mitten hinein in die Höhle des Löwen …

Fitz ist tatsächlich ein bisschen reifer geworden, was man an seiner veränderten Beziehung zu Molly ablesen kann. Außerdem neigt er inzwischen dazu, ab und an die Initiative zu ergreifen, meist zur äußerst mäßigen Begeisterung von Chade, der danach die Dinge wieder ins Lot rücken muss. Auch sonst fehlt es Fitz gelegentlich noch an Selbstbeherrschung, was sowohl Molly als auch den jungen Wolf betrifft, den er auf dem Markt dem Tierhändler abkauft.

Dafür wird König Listenreich immer kränker und schwächer, so dass er als eigenständige Persönlichkeit zunehmend weg fällt. Gleichzeitig rückt dadurch der Narr etwas mehr in den Vordergrund, er taucht jetzt häufig bei Fitz auf, um mit ihm zu reden. Der geheimnisvolle und hochintelligente kleine Kerl ist seinem König mit Leib und Seele ergeben und tut alles, um Fitzens Aufmerksamkeit auf die Situation des Königs zu lenken. Er braucht dringend Verbündete, nicht nur für seinen König, auch für sich selbst.

Einen Teil der Aktivitäten Listenreichs übernimmt Kettricken. Die junge Frau ist jetzt mit Kronprinz Veritas vermählt, doch dieser hat kaum Zeit für sie. Dabei wünscht Kettricken sich so sehr, in die Sorge um das Reich mit eingebunden zu werden. Sie will nicht nutzlos herumsitzen und ihre Zeit mit sinnlosem Kleinkram wie Sticken vertun, das widerspricht völlig ihrer Auffassung von dem, was eine Königin für ihr Volk sein sollte, nämlich mehr als nur eine Zuchtstute, die den Thronfolger zur Welt bringt. Und schließlich ergreift sie die Initiative.

Veritas, der Trottel, dagegen merkt zunächst gar nicht, was für eine Perle er da zur Frau hat. Er reibt sich für sein Volk fast auf, aber anstatt seine Sorgen und Pläne mit seiner Gemahlin zu teilen, ist er blind für ihre Fähigkeiten und ihren Wunsch, ihn zu unterstützen. Erst als er sie durch Fitzens Augen sieht, erkennt er ihren Wert, aber da ist es schon fast zu spät.

Auch diesmal ist die Charakterzeichnung ausgesprochen gelungen. Einige Figuren werden intensiviert, wie zum Beispiel Molly, die aufgrund ihrer Rolle jetzt wesentlich häufiger auftaucht, und Fitz entwickelt sich nachvollziehbar und glaubwürdig zu einem jungen Mann. Na gut, einem sehr jungen Mann. Sehr gut gezeichnet ist auch Kettricken und ihr Bemühen, sich in ihrem neuen Leben zurecht zu finden und die Stellung auszufüllen, die sie nun inne hat.

Die Handlung lässt sich auch diesmal wieder eher träge an. Nachdem Fitz nach Bockburg zurückgekehrt ist, widmet sich die Autorin erst einmal dem Aufbau der neuen Situation: Veritas sucht nach Wegen, die roten Korsaren zu bekämpfen, und tatsächlich kann er ein paar Erfolge verzeichnen. Doch die Nachrichtenübermittlung ist mangelhaft, und letztlich muss gesagt werden, dass all seine Bemühungen ohnehin nur die Symptome bekämpfen. Keiner außer Chade hat bisher auch nur versucht, die Ursachen herauszufinden.

All das, Veritas‘ Kampf, Listenreichs Siechtum, Kettrickens Schwierigkeiten, aber auch Fitzens Beziehung zu Molly, sorgt dafür, dass sich der Anfang doch etwas zieht.

Fahrt nimmt das Ganze erst auf, als Veritas sich entschließt, sich auf die Suche nach den Uralten zu begeben. Edel fängt bei der Aussicht darauf, in Abwesenheit Veritas‘ endlich nahezu freie Hand zu haben, regelrecht an zu sabbern. Und tatsächlich sieht der Leser von Veritas‘ Abreise an, wie Fitz und seine Verbündeten hilflos und unaufhaltsam in die Katastrophe rutschen. Dabei ist so offensichtlich, was Edel da tut! Und es erstaunt mich doch sehr, wie lange Chade vor dem Offensichtlichen die Augen verschließt, eigentlich hatte ich ihn für intelligenter gehalten.

Natürlich ist auch die Bedrohung durch die Roten Korsaren noch immer vorhanden, obwohl die Autorin in dieser Hinsicht noch immer mit neuen Informationen geizt. Statt dessen nutzt sie ihre Andeutungen dazu, neue Rätsel aufzubauen, was die Neugierde gehörig schürt.

So wird es dann doch noch zunehmend fesselnd, vor allem gegen Ende, unter Anderem auch deshalb, weil Fitz sich durch seinen Rachefeldzug wirklich so richtig tief in die Patsche hineinreitet. Natürlich muss er überleben, schließlich gibt es noch einen dritten Band. Trotzdem fragt sich der Leser bis zur letzten Seite, wie Fitz sich da wohl herauswinden wird. Die Lösung ist dann überraschend und spektakulär. Und obwohl er mit dem Leben davon kommt, scheint alles andere in Trümmern zu liegen. Nun, wenigstens kann es dann im dritten Band eigentlich nur noch aufwärts gehen. Schade nur, dass ich darauf und auf die Antworten auf all die Rätsel und offenen Fragen noch bis März 2010 warten muss.

Robin Hobb war bereits unter dem Namen Megan Lindholm eine erfolgreiche, mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin, ehe sie mit der Weitseher-Trilogie erfolgreich ins Genre der Fantasy einstieg. Neben dem bereits erwähnten Zyklus der Zauberschiffe stammen aus ihrer Feder Die zweiten Chroniken von Fitz, dem Weitseher und die Nevare-Trilogie, sowie unter dem Namen Megan Lindholm der Windsänger– und der Schamanen-Zyklus. Derzeit schreibt sie an ihrem neuen Zyklus The Rain Wild Chronicles, dessen erster Band unter dem Titel „Dragon Keeper“ im Juni 2009 auf Englisch erschienen ist. Sie lebt mit ihrem Mann in Tacoma/Washington.

Taschenbuch: 960 Seiten
Originaltitel: Royal Assassin (Farseer 2)
Deutsch von Eva Bauche-Eppers
ISBN-13: 978-3453525207

http://www.robinhobb.com/index.html
http://www.randomhouse.de/penhaligon/index.jsp

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Robin Hobb – Der Weitseher (Die Chronik der Weitseher 1)

Die Chronik der Weitseher

Band 1: „Der Weitseher“
Band 2: Der Schattenbote
Band 3: Der Nachtmagier

Als der sechsjährige Bursche in die Obhut von Burrich gegeben wird, hat er nicht einmal einen Namen. Und so nennt Burrich ihn Fitz. Denn der Junge ist ein Bastard, der uneheliche Sohn des Kronprinzen Chivalric, Burrichs Dienstherrn. Der sich allerdings bemüßigt fühlt, dem Jungen erst gar nicht zu begegnen und sich statt dessen unter Verzicht auf die Thronfolge in eine der Provinzen des Reiches zurück zu ziehen. So wächst Fitz als Stallbursche auf. Als Bastard hat er von Anfang an kein leichtes Leben in der Burg. Doch dann läuft er mehr oder weniger versehentlich dem König über den Weg. Und das Schicksal nimmt seinen Lauf …

Fitz ist ein aufgeweckter Bengel, der von seinem Vater nicht nur die Gabe geerbt hat, sondern offenbar auch noch über die alte Macht verfügt, die ihn befähigt, extrem engen Kontakt zu Tieren zu knüpfen, vor allem zu Hunden. Ansonsten ist er hauptsächlich bemüht, seinen Platz in der Welt zu finden, was aufgrund des Makels seiner Geburt extrem schwierig ist. Auf der einen Seite ziemlich stur, auf der anderen auch noch sehr leicht beeinflussbar, oft unbeholfen oder naiv, erinnert er den Leser stets daran, dass er noch lange nicht erwachsen ist.

Burrich dagegen ist ein ziemlich knurriger Kerl, dem die ihm anvertrauten Tiere – Pferde, Jagdhunde, Falken – nahezu über alles gehen. Einst war er eine Autorität, doch nachdem Chevalric ohne ihn ins Exil gegangen ist, ist er nicht mehr derselbe. Er trinkt zu viel und den Jungen, den man in seine Obhut gegeben hat, empfindet er als eine Last, zumal er sich vor der alten Macht, über die Fitz verfügt, regelrecht zu fürchten scheint. Doch wie seine Pflichten als Stallmeister nimmt er auch die Erziehung des Jungen sehr ernst. Er tut sein Bestes, allerdings scheint er in seiner direkten, fast derben und wenig einfühlsamen Art manchmal einfach nicht der Richtige dafür zu sein.

Mit Chade kommt Fitz besser zurecht. Chade ist ein alter Mann, aber immer noch stark, zäh und voller Energie. Er bildet Fitz zum Assassinen aus, allerdings mit weniger ruppigen Methoden. Bei ihm lernt Fitz, nicht nur seine Hände zu benutzen, sondern auch seinen Verstand. Die Übungen, die er Fitz absolvieren lässt, erfordern nicht nur körperliches Geschick, sondern auch Ideenreichtum, und er ermuntert Fitz dazu, nicht nur genau zu beobachten und zuzuhören, sondern auch das Beobachtete zu interpretieren und mögliche Zusammenhänge herzustellen. Von allen Beteiligten kommt er einem Freund am nächsten.

Edel dagegen, der jüngste Sohn des Königs, kann Fitz auf den Tod nicht ausstehen. Der ehrgeizige Schönling empfindet den Jungen offenbar als Konkurrenten, obwohl Chivalric Fitz nie anerkannt hat. Abgesehen davon ist Edel auch so eitel und selbstsüchtig genug, um auf dem wehrlosen Fitz herumzuhacken.

Und dann wäre da auch noch Galen zu nennen, der Gabenmeister der Feste. Zu arrogant, um auch nur irgendjemanden des Unterrichts im Gebrauch der Gabe für würdig zu halten, macht er seinen Schülern das Leben zur Hölle. Ganz besonders hasst er Fitz, denn er spürt nur zu bald, dass dessen Potential das seine weit übersteigt. Und so versucht er auf feige und hinterlistige Art, Fitz loszuwerden.

Ich finde die Charakterzeichnung hervorragend. Robin Hobb hat nahezu sämtliche Klischees erfolgreich umschifft, indem sie zum Beispiel die Beziehung zwischen Fitz und Burrich so zwiespältig gestaltet hat. Auch ist Fitz zu keiner Zeit ein strahlender Überheld, trotz seiner doppelten Begabung macht er immer wieder Fehler. Allein Edel in seiner übertriebenen Eitelkeit und Arroganz droht ein wenig ins Klischee abzurutschen, doch da er so selten vorkommt, hält sich dieser Eindruck in Grenzen.

Der Ort des Geschehens nennt sich die sechs Provinzen. Sie sind auf demselben Kontinent angesiedelt, der schon als Kulisse für Robin Hobbs Zyklus der |Zauberschiffe| diente, genauer gesagt befinden wir uns in dieser Geschichte nordöstlich von Bingtown, an der Grenze zu Chalced. Allerdings verweisen darauf nur eine kurze Bemerkung und die Karte. Eine paar Andeutungen lassen mich vermuten, dass es sich bei den erwähnten Uralten um die Drachen handeln könnte. Ansonsten konzentriert sich die Darstellung des Hintergrunds auf das direkte Umfeld, sprich, auf die sechs Provinzen, die bei Weitem kein einheitliches Reich darstellen. Nicht, dass dabei besonders ins Detail gegangen worden wäre. Sowohl der geschichtliche Hintergrund als auch die Magie, sowohl im Hinblick auf die Gabe als auch auf die alte Macht, sind noch ausbaufähig, aber vielversprechend.

Die Handlung verläuft erstaunlich ruhig. Hier wird nicht die Welt vor dem abgrundtiefen und übermächtigen Bösen gerettet, zumindest vorerst nicht. Statt dessen wird der Leser Zeuge, wie Fitz in Bocksburg aufwächst, erlebt die Gleichgültigkeit und Abneigung, die ihm entgegen gebracht wird, die kaltblütige Berechnung, mit der man ihn benutzt, die Verluste, die ihm nach und nach zugefügt werden. Fitz gehört zu den einsamsten Protagonisten, über die ich je gelesen habe.

Das heißt natürlich nicht, dass sonst nichts passiert. Sowohl die Ausbildung bei Chade als auch die bei Galen sorgen für ein paar turbulente Szenen außerhalb der Burgmauern, und außerdem stellt sich schließlich heraus, dass da im Geheimen einiges gemauschelt wird. Diese Intrige sorgt dafür, dass der Spannungsbogen sich gegen Ende ziemlich strafft.

Und außerdem wären da auch noch die Roten Korsaren. Sie sind der eigentliche Feind; das, was sie mit den Menschen anstellen, wirkt außerordentlich bedrohlich. Bisher hat die Autorin diesen Aspekt jedoch nur gestreift. Er muss ja auch noch für zwei Folgebände reichen, also ist Robin Hobb diesbezüglich eher sparsam.

So kommt am Ende eine sehr gelungene Mischung aus Lebensgeschichte, politischen Verwicklungen, vielfältigen Charakteren und unterschwelliger Bedrohung durch eine Macht des Bösen heraus, die ich regelrecht verschlungen habe. Ich hatte den „Weitseher“ kaum weggelegt, da hätte ich am liebsten schon nach dem „Schattenbote“ gegriffen, und es hat mich einiges an Selbstbeherrschung gekostet, mich erst einmal dieser Rezension zu widmen, ehe ich weiterlese. Was ich aber hiermit sogleich tun werde.

Robin Hobb war bereits unter dem Namen Megan Lindholm eine erfolgreiche, mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin, ehe sie mit der Weitseher-Trilogie erfolgreich ins Genre der Fantasy einstieg. Neben dem bereits erwähnten Zyklus der Zauberschiffe stammen aus ihrer Feder Die zweiten Chroniken von Fitz, dem Weitseher und die Nevare-Trilogie, sowie unter dem Namen Megan Lindholm der Windsänger– und der Schamanen-Zyklus. Derzeit schreibt sie an ihrem neuen Zyklus The Rain Wild Chronicles, dessen erster Band unter dem Titel „Dragon Keeper“ im Juni 2009 auf Englisch erschienen ist. Sie lebt mit ihrem Mann in Tacoma/Washington.

Taschenbuch: 624 Seiten
Originaltitel: Assassin’s Apprentice (Farseer Trilogy 1)
Deutsch von Eva Bauche-Eppers
ISBN-13: 978-3453524811

http://www.robinhobb.com/index.html
http://www.randomhouse.de/penhaligon/index.jsp

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Hendee, Barb und J. C. – Dhampir 3: Dunkelland

Band 1: [„Halbblut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4873
Band 2: [„Seelendieb“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5322

Vampire einmal anders – das Autorenpaar Barb und J. C. Hendee siedelt die Untoten in eine Fantasywelt um, die eher an „Herr der Ringe“ als an „Twilight“ erinnert. „Dunkelland“ ist der dritte Band der Reihe „Dhampir“ und in ihm findet die junge Halbvampirin Magiere endlich das Geheimnis ihrer Herkunft heraus.

Zusammen mit ihren Reisegefährten Leesil, einem Halbelfen, der Weisen Wynn und dem seltsamen Hund Chap macht sich die Vampirjägerin nach Dröwinka auf, wo sie bei ihrer Tante aufgewachsen ist. Sie erfährt, dass ihre Mutter damals vom Lehnsherr des Dorfes entführt und tot zurückgebracht worden ist. Als sie den Bergfried, in dem der Mord geschehen sein soll, genauer unter die Lupe nehmen, finden sie in einem zugemauerten Kellerraum die Leichen mehrerer übernatürlicher Wesen. Ob hier der Schlüssel zu finden ist, warum Magiere halb Mensch und halb Vampir ist?

Nachdem Magiere mit den Dorfleuten aneinander gerät, reisen sie eilig weiter, denn nun möchten sie etwas über Leesils Herkunft und den Verbleib seiner Mutter erfahren. Doch als sie Halt in einem kleinem Dorf machen, sind ihre Fähigkeiten als Vampirjäger gefragt. Denn die Bewohner der Ansiedlung wirken merkwürdig still und blass und eine seltsame Mattigkeit überfällt die Reisenden, als sie den Ort betreten. Als sie wenig später den Lehnsherr Stefan treffen, erfahren sie auch, warum. Ein Untoter hat das Dorf verzaubert, als Stefan ihm nicht gehorchen wollte. Nun ist die Familie des Lehnsherren tot, er selbst kann sein Haus nicht verlassen und die Dorfbewohner werden regelmäßig von dem Untoten ausgesaugt. Eigentlich eine einfache Aufgabe für die Helden, doch es stellt sich heraus, dass dieser Untote anders ist als die, mit denen sie es sonst zu tun haben …

Der Titel der Reihe spielt auf eine Art von übernatürlichen Wesen an, die man momentan eher in urbanen Fantasy-Settings findet: Halbvampire. Tatsächlich hat das Autorenpaar seine Geschichte aber in einer komplett neuen Welt angesiedelt, die eher an Tolkiens Geschichten erinnert. Dieser Vergleich bezieht sich aber trotz des Auftretens von Elfen eher auf die Land- und Ortschaften. Abgesehen von Chap ist der Großteil der auftretenden Personen menschlich, auch wenn sich Vampire und Zauberer darunter finden. Die Kulisse hingegen ist gespickt mit Natur und einfachen Dörfern und Städten, die mittelalterliche Züge tragen. Die Autoren sehen jedoch davon ab, diese ausführlich zu beschreiben, so dass es dem Hintergrund von „Dunkelland“ ein bisschen an Originalität fehlt.

Die Handlung erinnert auch eher an Tolkien. Sie entwickelt sich langsam und wechselt das gemächliche Tempo nicht. Die einzelnen Ereignisse der Reise bauen zwar aufeinander auf, es gibt jedoch keine echte Spannungskurve. Ruhige Abschnitte wechseln sich mit etwas actionreicheren ab, verbunden durch einen dichten, intensiven Schreibstil, der die einzelnen Situationen mit knappen Worten gut zu skizzieren weiß. Ihm ist es zu verdanken, dass die Geschichte trotz der angezogenen Handbremse halbwegs interessant bleibt. Er verleiht dem Buch einen gewissen behäbigen Märchencharakter, so dass weniger die Handlung an sich als vielmehr die Gesamtgeschichte im Vordergrund steht.

Magiere ist zwar die Hauptperson im Buch, doch die Hendees räumen auch ihren Reisegefährten Platz ein. Die Perspektivenwechsel sorgen dafür, dass der Leser die Geschichte wirklich in allen Einzelheiten erfährt, doch die Charaktere bleiben blass bei diesem Vorgehen. Bestes Beispiel ist Magiere. Ihr unwirsches, häufig ruppiges Temperament wird in den Dialogen zwar immer wieder erwähnt, kommt aber in der Geschichte selbst gar nicht so rüber. Ähnlich wie Leesil, Wynn oder Chap – die Perspektive des Hundes ist eine angenehme Überraschung – bleibt sie eher blass. Die Autoren vernachlässigen es, bestimmte Charakterzüge indirekt hervorzuheben und verpassen es so, dem eigentlich ansprechenden, da schön geschriebenen Roman eine eigene Note zu verpassen.

„Dunkelland“ ist daher eine nette Fortführung der Geschichte um Magiere und ihre Freunde, aber kein wirklicher Höhepunkt. Dafür mangelt es sowohl der Handlung als auch den auftretenden Figuren an Originalität.

|Originaltitel: |Sister of the Dead|
Aus dem Englischen von Andreas Brandhorst
380 Seiten, Taschenbuch
ISBN-13: 978-3802581984|
http://www.egmont-lyx.de
[Website der Autoren]http://www.nobledead.com

King, Stephen – Glas (Der Dunkle Turm IV)

|Der Dunkle Turm:|

Band 1: [Schwarz 5661
Band 2: [Drei 5839
Band 3: [tot. 5864
Band 4: Glas
Band 5: [Wolfsmond 153
Band 6: [Susannah 387
Band 7: [Der Turm 822

Roland und seine Gefährten befinden sich mit Blaine dem Mono auf einer Horrorfahrt nach Topeka auf Leben und Tod. Blaine hat genug von seinem Dasein und ist dem Wahnsinn anheim gefallen, weshalb er sich jetzt das Leben nehmen will. Dabei ist es für ihn ein besonderes Vergnügen, Roland und seine Freunde mit in den Tod zu reißen. Deshalb hat der Revolvermann mit dem wahnsinnigen Zug eine Wette ausgehandelt: Gelingt es Roland und seinen Freunden nicht, Blaine ein Rätsel zu stellen, welches er nicht lösen kann, so fahren sie mit ihm alle zusammen in ihren Tod; anderenfalls lässt er die Gefährten am Leben. Die Lage erscheint aussichtslos, da Blaine jedes Rätsel, das ihm gestellt wird, innerhalb von Sekunden richtig beantworten kann, doch kurz bevor es zu spät ist, werden die Gefährten durch einen von Eddies Einfällen gerade noch gerettet.

Nun befinden sich Roland, Susannah, Eddie, Jake und Oy in der Stadt Topeka, welche dem Kansas aus der Welt, aus der Susannah, Eddie und Jake stammen, zum Verwechseln ähnelt. Zudem stellt sich heraus, dass sie sich nicht mehr auf dem Pfad des Balkens befinden, weshalb sie sich dazu aufmachen, das verlassene Kansas dieser Welt schnellstmöglich zu durchqueren und den Pfad des Balkens wiederzufinden. Doch auf dem Weg dorthin bemerken die Gefährten, dass dem Revolvermann etwas schwer auf dem Herzen liegt, was sich noch deutlicher zeigt, als plötzlich ein riesiges Schloss aus Glas am Horizont erscheint. Sie überreden ihn dazu, sich seinen Kummer von der Seele zu reden, und zum ersten Mal erfahren sie von Rolands Vergangenheit, in der ein Mädchen namens Susan, Intrigen und eine geheimnisvolle Glaskugel eine große Rolle spielen …

_Eindrücke:_

Der vierte Band von Stephen Kings Fantasy-Saga „Der Dunkle Turm“ unterscheidet sich stark von den vorhergehenden. Während der Leser von Band eins bis drei nur sehr wenig und bruchstückhaft von Rolands Vergangenheit mitbekommt, erzählt King im vorliegenden Band nun endlich dessen Geschichte: wie er frühzeitig dazu getrieben wurde, die Prüfung zum Revolvermann zu absolvieren, und wie er dann mit 14 Jahren zum jüngsten Revolvermann überhaupt wurde; wie er daraufhin mit seinen zwei Freunden Alain und Cuthbert, die auch schon in den Bänden davor kurz erwähnt werden, in eine andere Stadt geschickt wurde, weit weg von Gilead, der Stadt der Revolvermänner, wo die drei den Besitz der Stadt schätzen sollten. Auch, wie er dort Susan Delgado kennen lernte, die gegen Geld und Land zum Feinsliebchen des Bürgermeisters der Stadt gemacht werden sollte und in die er sich unsterblich verliebt. Was letztendlich in einer absoluten Katastrophe endet …

Jedem, der nun schon die ganzen ersten drei Bände darauf gewartet hat zu erfahren, was Roland nun verbirgt, was ihn zu dem gemacht hat, was er ist, und was ihm so schwer auf der Seele liegt, dem wird nun endlich geholfen. Über 700 Seiten lang wird seine Geschichte von vorn bis hinten erzählt, mit allen Details und ohne auch nur irgendetwas auszulassen. So lernen wir Roland nun endlich ein wenig besser kennen und wissen auch, was es mit seiner Susan auf sich hat. Obwohl Stephen King selbst von sich sagt, dass er Geschichten von Liebenden nur schwer beschreiben kann, ist es ihm sehr gut gelungen, dem Leser die zarte, erste Liebe zwischen Roland und Susan aufzuzeigen. Er beschreibt die Liebschaft zwischen den beiden sehr angenehm, nicht zu kitschig, und hat es auch geschafft, das Verhalten beider passend und authentisch darzustellen. Dies und der Kontrast durch die Intrigen und Gefahren, die den Liebenden entgegenstehen, bewirken, dass eine völlig andere Atmosphäre erzeugt wird als bislang. Zwar war bisher jedes Buch aus der Reihe des Dunklen Turms etwas Eigenes und Besonderes, doch gerade bei „Glas“ fällt dies deutlich auf.

Allerdings weiß der Leser von Anfang an, dass die Liebe der beiden unter keinem guten Stern steht. Nicht nur deswegen, weil wir aus dem Bänden davor wissen, dass Roland um seine Susan trauert, und weil vermittelt wird, dass etwas Furchtbares mit ihr geschehen ist, sondern allein auch wegen der Umstände, die sich auftun. Roland und Susan müssen ihre Liebe vor jedem geheim halten, da insbesondere Hart Thorin, der Bürgermeister und ihre Tante Cord auf keinen Fall davon erfahren dürfen. Trotz aller Hindernisse und Gefahren treffen sich die beiden weiterhin und wollen miteinander fortgehen, wozu es letztendlich aber niemals kommen wird. Susan ist durch ihr Versprechen an den Bürgermeister gebunden, und ihr Verrat droht jederzeit aufzufliegen. Die Tatsache, dass der Leser genau weiß, dass Rolands und Susans gemeinsame Zeit nicht von Dauer sein wird, verleiht der Geschichte des Revolvermanns eine gewisse Tragik.

Auch ich war natürlich froh darüber, dass ich endlich mehr über den Revolvermann erfahren konnte. Allerdings war mir die Erzählung aus der Rückblende dann doch etwas zu langgezogen, und mir hat die eigentliche Geschichte ein wenig gefehlt. Gut zwei Drittel des ganzen 950 Seiten langen Buches handelten nur von der Vergangenheit, die Roland seinen Gefährten erzählt, und dabei kam mir die Story der Gefährten in dem etwas anderen Kansas einfach zu kurz. Lässt man Rolands ausschweifende Erzählung über seine Vergangenheit weg, passiert eigentlich nichts außer dem Sieg über Blaine den Mono und letztendlich dem Ende, als die Gefährten den „Zauberer von Oz“ in der Glasburg aufsuchen. Es hätte mir besser gefallen, wenn Rolands Erzählung ein wenig kürzer ausgefallen und stattdessen im Hier und Jetzt der Geschichte mehr geschehen wäre.

Sobald Roland seine Geschichte beendet hat, wird es in dem Kansas, in dem sich die Gefährten befinden, gerade Morgen. Sie beschließen, sich dem Schloss aus Glas zu nähern, wobei Stephen King einige Andeutungen zu Frank Baums „Der Zauberer von Oz“ in seine Geschichte einbringt. Die Gefährten finden rote Schuhe, mit deren Hilfe sie in das Schloss geraten, um dann dem Zauberer von Oz gegenüberzustehen. Doch wer der Zauberer von Oz ist und was mit den Gefährten in der Glasburg geschieht, das behalte ich für mich.

Der Schreibstil von Stephen King ist natürlich auch in „Glas“ wieder stets passend und noch immer faszinierend. King schafft es einfach, in seiner Geschichte mit einer mitreißenden Erzählweise immer eine stimmige Atmosphäre zu erzeugen: beginnend bei der Szene, in der sich die Gefährten innerhalb des verrückten Zuges Blaine befinden, der Rätsel gestellt bekommen will, wenn King eine abenteuerliche, fantastische und natürlich gefährliche Atmosphäre aufbaut; gefolgt von der Geschichte aus Rolands Vergangenheit, wenn er seine zarte erste Liebe mit viel Gefühl, Tragik und Bedrohung beschreibt; bis hin zu der Schlussszene, die verstörend und eigenartig zugleich ist.

_Fazit:_

In „Glas“ erfahren wir endlich mehr über den unnahbaren Revolvermann Roland, was das Buch in gewisser Weise zu etwas Besonderem macht. Andererseits haben mir die anderen Charaktere, Susannah, Eddie, Jake und sogar Oy gefehlt, weshalb ich es besser gefunden hätte, wenn die Geschichte aus Rolands Vergangenheit gestraffter ausgefallen wäre.

_Der Autor:_

Stephen Edwin King wurde am 21. September 1947 in Portland, Maine, geboren. Er schrieb unter anderem auch unter Pseudonymen wie Richard Bachman und John Swithen. Er ist einer der erfolgreichsten und bekanntesten Horror-Schriftsteller und hat bislang mehr als 400 Millionen seiner Bücher verkaufen können. Heute lebt er zusammen mit seiner Frau, die ebenfalls Schriftstellerin ist, in Maine und Florida.

|Originaltitel: Wizard and Glass – The Dark Tower IV
Originalverlag: Viking
Aus dem Amerikanischen von Joachim Körber
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 992 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-01217-2|
http://www.heyne.de
http://www.stephenking.com
http://www.stephen-king.de

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Charles Stross – Die Kinder des Saturn

Es gibt mehrere auf Deutsch unveröffentlichte Titel von Charles Stross, was das Warten auf die nächste deutsche Ausgabe noch erschwert. „Die Kinder des Saturn“ ist schon an sich ein Titel, der bei Science-Fiction-Lesern Begehrlichkeiten weckt, kündet er doch von Weltraum, Reisen, Eroberung fremder Welten … Und so kann man sich täuschen.

Inhalt

Freya ist das letzte Modell einer Serie von menschlichen Robotern, die dazu geschaffen wurden, sexuelle Dienste an ihren Schöpfern (also den Menschen) zu leisten. Ihr Modell hat mittlerweile seinen Daseinszweck verloren, da die Menschheit ausgestorben ist. Trotzdem halten sich einige ihrer baugleichen Schwestern mit erniedrigenden Jobs in der Roboterzivilisation mehr schlecht als Recht in der Unabhängigkeit, und auch Freya schätzt sich glücklich, ein unversklavter Bürger dieses unbeweglichen Systems zu sein – bis eine geheimnisvolle Mail einer ihrer Schwestern sie in Aufruhr versetzt und in Geschehnisse verwickelt, die sie anfangs überfordern und zu neuen Erkenntnissen führen, von denen sie sich nie hätte Träumen lassen.

Als Agentin einer Organisation, die sich die Neuerschaffung der Menschen aus uraltem genetischen Material zum Ziel gesetzt hat (um – der Zivilisation den Daseinszweck zurück zu geben? Um – der eigenen Versklavung vorzubeugen und vielmehr selbst zum absoluten Herrscher zu werden?), verschlägt es sie einmal quer durchs Sonnensystem und konfrontiert es sie mit Gefahren, die sich in ihrem bisherigen 150-jährigen Leben niemals offenbart haben. In ihrem Hinterkopf regen sich frevlerische Gedanken, und aus dem Nichts tauchen totgeglaubte Schwestern auf – nicht immer zu ihrer Freude …

Charles Stross

… wurde als neuer Shootingstar der Sciencefiction gehandelt, mittlerweile muss man ihn zu den besten Genreautoren unserer Zeit zählen. Neben seinen weitblickenden Visionen „Accelerando“ und „Glashaus“ weiß er auch mit mysteriösen Geschichten um seinen Ermittler Bob Howard zu begeistern. Ein Autor, den zu verfolgen sich lohnt!

http://www.antipope.org/charlie/

Kritik

Der Titel täuscht im ersten Moment eine Richtung vor, die an sich zwar ein fester Bestandteil des Genres ist (nämlich die Space Opera), doch wer andere Romane von Charles Stross gelesen hat, ist im zweiten Moment fast ein wenig enttäuscht – und dennoch wartet man ungeduldig auf sein Erscheinen. Schließlich wird Stross nicht nur von irgendwelchen Magazinen gelobt, sondern versprüht durch seine Geschichten tatsächlich ein Charisma und eine unbändige Kreativität, der es sich lohnt zu folgen. Enttäuscht allein schon im Vorfeld durch den Titel – aber hoffnungsvoll im Innern, dass es sich nicht um den x-ten Saturnerforschungsroman handelt.

Tatsächlich spielt der Saturn selbst keine Rolle.

Schon die erste Seite zeigt dem Leser die Richtung, indem Stross den Roman zwei Riesen der Sciencefiction widmet, deren Romane und Geschichten ganz bestimmte Aspekte der Gesellschaft, der Zukunft und des Lebens aufgreifen. Die zweite Seite ruft uns die Asimov’schen Robotergesetze in Erinnerung, doch verdeutlicht uns die Protagonistin sehr bald, dass es mit der Universalität und Einfachheit dieser Gesetze in der Realität (d. h. der Romanrealität) nicht getan ist, sondern dass ihre Aussage wichtig ist, die Umsetzung dagegen keine einfache Sache: Erstmals wird hier die Programmierung einer KI mit Begriffen wie „Override“-Befehlen erleuchtet.

Hier geht es also um Roboter. Aber glücklicherweise nicht um die seelenlosen Blechdinger, sondern sehr moderne Designs und KI – so ist die Protagonistin beispielsweise eine der selten gewordenen idealisierte Körperlichkeit des Menschen 1.0, während, den Gesetzen der Raumfahrt und Masse gehorchend, die meisten posthumanen Roboter wenig Menschliches an sich haben. Doch alle, bei denen ein Kontakt mit Menschen vorstellbar war, sind sich in einer grundlegenden Besonderheit gleich: Die Anwesenheit eines Menschen erstickt ihre Individualität und eigenen Willen, sie werden zu widerstandslosen Sklaven.

Es ist das Grundthema des Romans: Versklavung. Ursprünglich von den Menschen einprogrammiert aus Angst vor der Eigenständigkeit und Verselbstständigung ihrer Schöpfung (eine Angst, die schon viele Romane thematisiert haben), wird sie in dem Roman von Clans als „Aristos“ bezeichneter reicher Roboter zur Erhaltung ihrer Scheinmacht eingesetzt und missbraucht. Stross konstruiert ein fabelhaft funktionierendes System einer Roboterzivilisation, die emsig der Aufgabe nachgeht, den Weltraum für die Menschen zu erobern – nur sind die Menschen ausgestorben. Das Rechtssystem ist unveränderlich und stagniert seit dem Abtritt der Menschen, da es den Robotern nie den Status eines Bürgers gewährte und damit auch die Möglichkeit zur Veränderung nahm.

Wir erleben den Roman aus der Ich-Perspektive einer „weiblichen“ KI, geschaffen als Sexsklave für Menschen. Dieses Innenleben offenbart keinen Unterschied zu dem eines Menschen, womit der Aspekt der Versklavung noch verstörender wird, da man nicht von Maschine, sondern von Menschen sprechen muss, da diese KIs perfekt nach menschlichem Vorbild erschaffen wurden. Ihre Erlebnisse sind bizarr, wenn man sich ihrer Beschaffenheit bewusst ist, aber das verleiht der Geschichte den menschlichen Charakter, an dem man erst in voller Konsequenz vermitteln kann, was ihr eigentliches Motiv ist.

In einem Glossar klärt der Übersetzer uns darüber auf, dass Stross sich bei Personennamen oder Kapitelüberschriften in der Literatur bedient hat, um bestimmte Eigenschaften zu projizieren, ohne näher darauf einzugehen. Das erweckt die Idee, den irreführenden Titel des Romans genauer unter die Lupe zu nehmen (was der Übersetzer versäumt hat):

Der Originaltitel führt zu einem politikwissenschaftlichen Buch gleichen Titels, geschrieben von den Autoren Duncan und Hobson, die sich in diesem Buch mit dem Staat als entmündigende, enteignende und versklavende Institution beschäftigen. Also ist der Titel diesen Buches genau das, was ein Titel sein soll, nämlich ein deutlicher Hinweis auf die Motivation des Romans, und zwar in doppelter Form: Die Autoren Duncan und Hobson bedienten sich des Titels auch als Motivationsträger, indem sie die Sklaven des Systems mit den Kindern Saturns aus den Mythen in Verbindung bringen, nach denen der Gott Saturn aus Angst vor Insubordination durch seine Kinder diese nach der Geburt verspeist. So ist der Titel in Stross‘ Fall ein zweifacher Zeiger: Direkt, durch seine literarische Anspielung, und im übertragenen Sinne durch den mythologischen Hintergrund. Und beides trifft die Sache im Kern.

Während der Lektüre erweckt einzig die Wahl des Protagonisten hin und wieder Missfallen, wenn sie zum x-ten Mal in lüsternen Träumen schwelgt oder ihre Handlungen nach sexuellen Zielen ausrichtet – aber gerade anhand dieses tragenden Beispiels wird einem die unausweichliche Versklavung sehr deutlich gemacht.

Fazit

Verwoben wie ein Thriller und von ungemeiner kreativer Kraft, wendet sich das Buch in eine ganz andere Richtung, als man vermuten mag. Und es ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite, denn ungeachtet des hintergründigen Motivs ist die eigentliche Handlung ein verzwicktes Vergnügen voll unerwarteter Wendungen und punktgenauer Landung bei einem herzlich befriedigenden Ende.

ISBN-13: 978-3-453-52578-8
448 Seiten, Taschenbuch
Deutsche Erstausgabe
Originaltitel:
Saturn’s Children
Übersetzt von Usch Kiausch

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Sapkowski, Andrzej – Feuertaufe (Geralt-Saga, 3. Roman)

_Die Geralt-Saga:_

Vorgeschichte: _1_ [Der letzte Wunsch 3939
Vorgeschichte: _2_ [Das Schwert der Vorsehung 5327

_Roman 1_: [Das Erbe der Elfen 5334
_Roman 2_: [Die Zeit der Verachtung 5751

Triss Merigold sei Dank hat Geralt die Ereignisse in Thanned überlebt und befindet sich jetzt im Brokilon, wo die Dryaden ihn heilen. Aber er spürt deutlich, dass Ciri in Gefahr ist, dass sie ihn braucht, und er kann es kaum erwarten, sie zu retten. Milva, eine Verbündete der Dryaden, hat die Nachricht gebracht, dass Ciri in die Hände von Emhyr var Emreis geraten ist, also macht Geralt sich auf nach Süden. Und zu seinem Verdruss hat er dabei nicht nur Milva im Schlepptau, sondern bald auch noch ganz andere Leute …

Im Gegensatz zu Geralt weiß Emhyr längst, dass das Mädchen, das man ihm geschickt hat, nicht Ciri ist. Offenbar hat so ziemlich jeder, den er auf sie angesetzt hat, furchtbar gepfuscht, und Emhyr ist nicht der Mann, der Versagen einfach so verzeiht. Schon bald tauchen überall Leute auf, die nach den Beteiligten des Komplotts fragen, nach Vilgefortz, Yennefer und dem Nilfgaarder Cahir …

Die Zauberin Philippa Eilhart ist derweil bemüht, der Magie Macht und Einfluss zu erhalten. Ihrer Überzeugung nach stören Männer da nur, deshalb schart sie lediglich Frauen um sich. Grenzen stören sie dabei weniger, weshalb sich auch zwei Nilfgaarderinnen in dem illustren Kreis befinden. Allerdings sind sich die Anwesenden auch ohne Männer alles andere als einig, was nicht an den beiden Fremden in ihren Reihen liegt …

_Die einigen Neuzugänge_, die der Handlung länger als nur für diesen Band erhalten bleiben dürften, sind die beiden Nilfgaarderinnen, Milva und ein Mann namens Regis:

Die beiden Zauberinnen Assire und Fringilla sind bisher nicht besonders detailliert gezeichnet, was daran liegt, dass sie nur in zwei beziehungsweise drei Szenen auftauchen. Immerhin beweist Fringilla bereits, dass sie eine gute Beobachtungsgabe besitzt, über ihre Motive kann man vorerst aber nur spekulieren. Das gilt in noch größerem Maße für Assire, die sich wesentlich passiver verhält.

Weit ausführlicher widmet der Autor sich der Figur des Regis. Der Mann ist klug und gebildet und drückt sich dem entsprechend aus, was seinen Gefährten manchmal ein wenig auf die Nerven geht. Außerdem verfügt er über einige äußerst nützliche Fähigkeiten. Vor allem aber ist er verlässlich. Die Frage ist nur: Warum hat er sich dieser Gruppe angeschlossen?

Wesentlich einfacher gestrickt als die übrigen ist Milva. Die junge Frau ist als Mädchen von Zuhause fort gelaufen, weil sie nicht ihr ganzes Leben lang irgendwelchen Männern ausgeliefert sein wollte. Sie ist derb und ungebildet, aber auch zäh und gewandt und besonders geschickt mit dem Bogen.

Echte Tiefe muss sich bei diesen neuen Figuren erst noch einstellen. Lediglich Milvas Persönlichkeit entwickelt sich im Laufe des Buches ein wenig, man erfährt etwas über ihre Vergangenheit und ihre Beweggründe. Bei Regis, vor allem aber bei Assire und Fringilla überwiegen bisher noch die Fragen, was diese Charaktere geheimnisvoll erscheinen lässt, sie aber auch auf Distanz zum Leser hält. Für Sympathien ist es, zumindest im Fall der Zauberinnen, einfach noch zu früh.

Die Handlung konzentriert sich in diesem Band wieder wesentlich stärker auf Geralt und seine direkte Umgebung. Zwar wirft der Autor gelegentlich auch einen Blick auf Ciri, Dijkstra und die oben erwähnte Zauberinnenrunde, fasst sich dabei aber jedesmal ziemlich kurz. Rience und Vilgefortz sind völlig von der Bildfläche verschwunden, und auch Yennefer taucht so gut wie gar nicht auf.

Letztlich führt das dazu, dass die Intrigen zu Gunsten des Krieges etwas in den Hintergrund treten. Dabei beschränkt Andrzej Sapkowski sich nicht auf pures Schlachten und Metzeln. Tatsächlich ist es so, dass die kleinen Scharmützel oft drastischer beschrieben werden als die Großangriffe, was nur dadurch gemildert wird, dass die Scharmützel in der Regel nur ein paar Zeilen andauern. Andere Details lassen die Kriegssituation genauso lebendig werden, zum Beispiel die vielen Flüchtlinge, die in Krisensituationen sprunghaft steigende Anfälligkeit der Massen für Fanatismus und Aberglaube und dergleichen mehr.

Zusätzliche Würze erhält die Geschichte durch den Einbau von Vampiren. Es ist eine Weile her, dass Ungeheuer mehr als nur ein kurzes Gastspiel gegeben haben. Und wie meistens bei Sapkowski wird auch hier wieder einiges an Mythen demontiert und zurecht gerückt. Abgesehen davon ist es amüsant, dem dozierenden Regis zu lauschen, wie er mit seiner Ausdrucksweise Milva zur Weißglut bringt.

Und dann trifft Geralt auch noch auf einen alten, sehr rachsüchtigen Bekannten …

_Insgesamt betrachtet_ tut sich also gar nicht so viel. Geralt ist auf dem Weg zu Ciri und stolpert dabei von einem Hindernis zum nächsten. Da keines dieser Hindernisse durch das vorhergehende bedingt ist oder sich auf das nächste auswirkt, erscheint das Ganze etwas episodenhaft. Letztlich stört das aber nicht, da der Autor genügend andere interessante Aspekte einbringt, auch wenn diese – wie die Geheimloge der Zauberinnen oder Dijkstras Suche nach Vilgefortz – zum Teil nur allmählich und am Rande aufgebaut werden. Sie werfen jede Menge neuer Fragen auf, von den Geheimnissen um Figuren wie Regis, Assire und Fringilla, aber auch Cahir ganz zu schweigen. Ich bin jetzt schon neugierig auf den nächsten Band.

_Andrzej Sapkowski_ ist Literaturkritiker und Schriftsteller und nebenbei Polens bekanntester Fantasyautor. Der Hexer-Zyklus diente bereits als Grundlage für einen Kinofilm und eine Fernsehserie sowie für das polnische Rollenspiel „Wiedzmin“. Auch das Computerspiel „The Witcher“ stammt von Sapkowski, ebenso die Narrenturm-Trilogie um die Abenteuer des jungen Medicus Reinmar von Bielau.

|Taschenbuch: 432 Seiten
ISBN-13: 978-3423247559|
Originaltitel: |Chrzest ognia|
Aus dem Polnischen von Erik Simon
http://www.der-hexer.de

Davidson, MaryJanice – Die mit dem Werwolf tanzt

Der umgängliche Werwolf Derik lebt zusammen mit seinem Rudel, dessen Alpha sein bester Freund Michael ist. Doch von heute auf morgen soll sich alles verändern: Derik wird zunehmend aggressiv, bis es schließlich beinahe zu einem Rivalenkampf zwischen den beiden kommt. Der Grund dafür ist Derik, der sich in einen Alpha verwandelt hat und es unter der Führung von Michael nicht mehr länger aushält.

Da kommt ihm Antonia, die in die Zukunft sehen kann, ganz recht: Die böse Zauberin Morgan Le Fay, Artus‘ Verräterin, ist in Gestalt einer jungen Frau namens Dr. Sara Gunn wiedergeboren worden, und sollte es niemand schaffen, sie innerhalb einer Woche aufzuhalten, wird sie den Untergang der Welt verursachen. Derik, der Abstand von Michael braucht, soll sich um die Frau kümmern.

Doch obwohl Derik nicht zum ersten Mal jemanden ermordet und Sara für ihn kein Problem darstellen sollte, will es ihm einfach nicht gelingen, die süße zerstreute Rothaarige um die Ecke zu bringen. Jedes Mal, wenn er es versucht, entwischt sie ihm aus purem Glück. Bis er es letztendlich aufgibt, da er einfach nicht glauben kann, dass Sara, die er absolut scharf findet, die Böse sein soll. Er beschließt, Sara stattdessen zu beschützen und zusammen mit ihr den wahren Auslöser für den anstehenden Untergang der Welt auszumachen – und bis die beiden diesen finden, kommt es zwischen ihnen nicht nur ständig zu Streitereien, sondern auch zu einer wachsenden Sympathie und Leidenschaft füreinander …

_Eindrücke:_

MaryJanice [sic!] Davidson ist für Fantasy-Romance-Liebhaber ein bekannter Name, und ihre Bücher werden gerade wegen der stilistischen Art und Weise gerne gelesen. Bei ihren Büchern handelt es sich keinesfalls um typische 08/15-Fantasy-Romance-Geschichten, wie man sie auf dem heutigen Büchermarkt zuhauf antrifft, sondern um fantastische Liebesgeschichten, in denen nicht wie sonst die Erotik die größte Rolle spielt, sondern der Humor. Bei ihren Werken handelt es sich daher eher um Fantasy-Romance-Komödien. Der Begeisterung vieler ihrer anderen Leser zum Trotz, konnte ich mit ihrem Humor im ersten Band ihrer „Betsy Taylor“-Reihe allerdings rein gar nichts anfangen. Ich fand ihn viel zu aufgesetzt und bemüht, sodass die Geschichte auf mich nicht mehr lustig, sondern nur noch lächerlich wirkte.

Auch wenn ich die Hoffnung hatte, dass „Die mit dem Werwolf tanzt“ wenigstens ein bisschen besser sein würde als [„Weiblich, ledig, untot“, 4993 habe ich damit gerechnet, dass mir das Buch genauso wenig gefallen würde wie das erste. Doch meine recht niedrigen Erwartungen an das Buch wurden bei weitem übertroffen. Zwar ist auch „Die mit dem Werwolf tanzt“ gewollt übertrieben lustig dargestellt, aber auf eine andere Art als bei „Weiblich, ledig, untot“. Die Geschichte ist dermaßen überzogen, dass man die Handlung gar nicht mehr ernstnehmen kann, und gerade das macht „Die mit dem Werwolf tanzt“ so amüsant. Man wird nicht an einigen Stellen mit irgendwelchen altbekannten Sprüchen bombardiert, die lustig sein sollen, sondern man bekommt eine niedliche Werwolf-Liebeskomödie serviert, die von Anfang bis Ende einfach lustig ist und sich immer wieder selbst auf die Schippe nimmt. Insbesondere die Auseinandersetzungen zwischen Derik und Sara, angefangen mit der Verfolgungsjagd in Saras Haus, als Derik sie umbringen will, bis hin zu dem Zeitpunkt, als die beiden erkennen müssen, dass sie sich lieben und die Zankereien auch dann noch andauern, sorgen beim Lesen immer wieder für ein amüsiertes Kichern.

Auch was die Erotikszenen angehen, tanzt „Die mit dem Werwolf tanzt“ den typischen Fantasy-Romance-Romanen aus der Reihe. Statt dass die Liebesszenen so erotisch und leidenschaftlich wie möglich beschrieben werden, wie es in diesem Genre üblich wäre, enden die Liebesspiele zwischen Derik und Sara entweder in einem Schlamassel oder werden auf eine andere Art und Weise lustig dargestellt, mit dem einzigen Ziel, die Geschichte noch amüsanter zu gestalten. Erotische Stimmung kommt beim Lesen somit keine auf, was hier aber ganz und gar nicht stört. Im Gegenteil, die ein bisschen lächerlich gemachten Sexszenen passen zu dieser Werwolf-Liebeskomödie wie die Faust aufs Auge und unterhalten den Leser umso mehr. Normale Erotikszenen, die für das Genre typisch sind, wären hier sogar eindeutig Fehl am Platz gewesen.

Die Protagonisten Derik und Sara sind absolute Sympathieträger, in die sich der Leser zwar wegen ihrer übertriebenen Art kaum hineinversetzen, mit denen er aber von Anfang an mitfiebern kann. Beide sind nicht perfekt, besitzen aber ihren ganz eigenen Charme, mit dem sie den Leser für sich einnehmen. Sara ist total zerstreut und chaotisch und hat eine Figur, die nicht unbedingt Modelmaßen entspricht, und Derik denkt nur daran, wie er Sara ins Bett kriegen könnte, hat ständig Hunger und ärgert sich über die Hunde-Witze, die Sara hin und wieder ablässt, um ihn zu ärgern. Ihre kleinen Schwächen und die Tatsache, dass die beiden sich von morgens bis abends eigentlich nur streiten und mit ihren Zankereien den Leser fesseln, machen die beiden zu etwas Besonderem und die Geschichte erst richtig interessant und lustig.

Die Geschichte selbst ist ziemlich kurz geraten, wirkt gerafft und kommt auch ohne großartige Anfangspassagen, die den Leser in die Erzählung einführen sollen, gleich zur Sache. Die Problematik wird dargestellt, dass Derik mit Michael nicht mehr klarkommt, kurz darauf erhält er den Auftrag, die Welt zu retten, und steht praktisch auf der nächsten Seite des Buches schon vor Saras Haustür. So verliert „Die mit dem Werwolf tanzt“ wirklich zu keiner Sekunde die Spannung und der Leser bleibt von Anfang bis Ende an das Buch gefesselt. Ich konnte das Buch kaum weglegen, weil jede Seite der Geschichte spannend und unterhaltsam war und ich die Lektüre deshalb nur ungern unterbrechen wollte.

Allerdings ist damit auch der Schluss des Buches arg kurz geraten. An dieser Stelle hätte ich mir wenigstens ein paar Seiten mehr gewünscht, denn das Ende in „Die mit dem Werwolf tanzt“ wirkt so leider ein bisschen zu abgehackt. Es wäre schön gewesen, wenn man noch ein bisschen mehr darüber erfahren hätte, was nun mit Derik und Sara passiert.

Der Schreibstil von MaryJanice Davidson ist erfrischend und flüssig zu lesen, sodass man das Buch innerhalb von kurzer Zeit und durchaus an einem Stück durchgelesen hat. Er passt perfekt zur Geschichte und unterstützt zusätzlich den Humor.

_Bonusstory: Eine schöne Bescherung:_

Zusätzlich zu der eigentlichen Geschichte gibt es im Anhang noch eine Zusatzstory, „Eine schöne Bescherung“. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine Werwolf-Liebeskomödie, die ein bisschen Bezug auf „Die mit dem Werwolf tanzt“ nimmt. Es geht um den Werwolf Alec, der sich nichts sehnlicher wünscht als eine Gefährtin. Während einer Geschäftsreise trifft er schließlich die Frau seiner Träume: die unscheinbare Giselle, die in einem Weihnachtsmannkostüm Geld für gute Zwecke sammelt. Er drängt sie zu einem gemeinsamen Mittagessen, und als sie dabei eine Lebensmittelvergiftung erleidet, will sie Alec bei sich behalten, bis es ihr wieder besser geht. In der Nacht kommen sich die beiden schließlich näher.

„Eine schöne Bescherung“ ist ein wenig anders als „Die mit dem Werwolf tanzt“. Zwar ist die Geschichte auch unterhaltsam, aber nicht so lustig angelegt wie die Haupterzählung. Die Sexszenen werden hier nicht mehr albern dargestellt, sondern wieder auf erotische Weise. Zudem war mir Alec auch nicht so sympathisch, da ich ihn ein bisschen zu aufdringlich dargestellt fand. Ansonsten ist die Geschichte als Bonus am Rande ganz in Ordnung.

_Fazit:_

Unerwarteterweise hat mir „Die mit dem Werwolf tanzt“ sehr gut gefallen. Die Geschichte ist lustig und unterhaltsam, die Charaktere sind sympathisch, und obwohl humorvolle Fantasy Romance nichts Neues mehr ist, kann man „Die mit dem Werwolf tanzt“ doch als etwas Besonderes ansehen.

_Die Autorin:_

MaryJanice Davidson lebt in Minnesota. Mit [„Weiblich, ledig, untot“ 4993 gelang ihr der Sprung auf die amerikanischen Bestsellerlisten. Seitdem gewann sie mit ihren „Betsy Taylor“-Romanen, einer Werwolfsaga und einigen anderen Liebesromanen eine große Fangemeinde.

|Originaltitel: Derik’s Bane. A Wyndham Werwolf Tale
Deutsch von Stefanie Zeller
287 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-8025-8216-5|
http://www.egmont-lyx.de
http://www.maryjanicedavidson.net

Adrian, Lara – Gefährtin der Schatten (Midnight Breed 5)

Die |Midnight Breed|-Reihe:

Band 1: [Geliebte der Nacht 4775
Band 2: [Gefangene des Blutes 4781
Band 3: [Geschöpf der Finsternis 4902
Band 4: [Gebieterin der Dunkelheit 5298
Band 5: Gefährtin der Schatten
Band 6: Gesandte des Zwielichts

Überall auf der Welt kommt es zu Mordüberfällen auf Gen-Eins-Vampire. Der Orden versucht, dem Mörder auf die Spur zu kommen und ihm Einhalt zu gebieten. Deshalb wird Nikolai, einer der Ordenskrieger, nach Montréal zu dem Gen-Eins-Vampir Sergej Jakut geschickt, der durch Glück einen Mordanschlag überlebt hat, um mehr über den Täter zu erfahren und Jakut zu warnen. Doch Jakut, der sich in seinem im Wald verborgenen Jagdhaus, umringt von seinen Leibwächtern, in Sicherheit wiegt, weist Nikolais Hilfe ab. Er fühlt sich insbesondere von der Stammesgefährtin Renata und ihrer besonderen Gabe beschützt, die er zusammen mit dem kleinen Mädchen Mira, einer kleinen Stammesgefährtin mit einer Sehergabe, bei sich gefangen hält und für seine Zwecke missbraucht.

Als Nikolai die Mission abbrechen und nach Boston zurückkehren will, wird Sergej Jakut allerdings tatsächlich ermordet, und die Schuld an dem Mord wird Nikolai zugeschoben. Jakuts Mörder, sein Sohn Alexej, nimmt Kontakt mit dem korrupten Vampir Fabien auf – einem Mitglied der Agentur -, der nicht nur dafür sorgt, dass Nikolai in der Klinik der Agentur eingesperrt und gefoltert wird, sondern auch das kleine Mädchen Mira mit sich nimmt. Renata, die ihr Leben für die Kleine geben würde, befreit Nikolai aus der Klinik, in der Hoffnung, dass er ihr beim Aufspüren von Mira helfen kann. Während sie versuchen, Mira zu finden und sowohl Alexej als auch Fabien das Handwerk zu legen, entwickeln Renata und Nikolai eine tiefe Leidenschaft füreinander …

_Eindrücke:_

Mittlerweile ist die „Midnight Breed“-Reihe von Lara Adrian mit ihren sechs Bänden schon recht weit fortgeschritten. Wo in den ersten drei Bänden der Reihe jedes Buch im Prinzip seine eigene Geschichte erzählte und es kaum Zusammenhänge gab, baut sich nun seit dem vierten Band eine richtige Story auf, die auch im fünften Band weitergeführt wird. Eine Welle an Mordüberfällen auf die stärksten Vampire, die der ersten Generation, verbreitet sich auf der ganzen Welt. Dahinter steckt ein Vampir namens Dragos, der alle Gen-Eins-Vampire vernichten und eine neue Armee von Gen-Eins-Vampiren für seine Zwecke züchten will. Würde sein Plan aufgehen, würde das den Untergang der Menschheit und der normalen Stammesvampire bedeuten.

Durch die Hintergrundgeschichte wird die Geschichte der Ordenskrieger wesentlich besser. Die Geschichte an sich erhält mehr Hintergründe, wird spannender, und die Leidenschaft, die sich zwischen Nikolai und Renata aufbaut, bildet nicht mehr den absoluten Mittelpunkt der Geschichte. Zwar handelt es sich bei „Gefährtin der Schatten“ eindeutig um Fantasy Romance, aber die Liebesgeschichte wird nun endlich in eine normale, spannende Story eingebaut, statt dass, wie in den ersten paar Bänden, das Thema Liebe und die erotischen Szenen eigentlich den einzigen Inhalt der Geschichte bilden.

Zwar hat sich die Geschichte in dieser Hinsicht deutlich verbessert, aber andererseits bleibt der Verlauf der Story in manchen Bereichen doch wieder gleich. Die Liebesgeschichte zwischen Stammesgefährtin A und Ordensvampir B verfolgt immer dasselbe Muster: der Vampir, um den es geht, wird stets als Sonderling, Einzelgänger, Killer und so weiter bezeichnet, der sich von den anderen angeblich(!) unterscheidet und keine Verwendung für die Liebe hat, da ihn seine Berufung als Ordenskrieger zu sehr einnimmt. Letztendlich werden aber alle Vampire des Ordens genau gleich beschrieben. Zumeist ist auch die eine Stammesgefährtin gleich wie die andere, auch wenn Renata in diesem Fall eine Ausnahme bildet. Jedenfalls geht es dann so weiter, dass beide weder eine Liebesaffäre, geschweige denn eine feste Bindung wollen (dabei fällt des Öfteren das Wort „unmöglich“), aber dennoch fühlen sich beide Parteien innerhalb kürzester Zeit so sehr zu dem anderen hingezogen (in erster Linie natürlich sexuell, dann auch aus Liebe), dass sie letztendlich nach einigen gemeinsamen absolut feurigen Liebesnächten doch eine Blutsverbindung miteinander eingehen. Und dann ist die Geschichte zu Ende und im nächsten Band ist der nächste Vampir dran, bei dem alles wieder von vorne beginnt, bis irgendwann alle Ordensvampire, die eigentlich keine Frauen haben wollten, innerhalb von ein bis zwei Jahren doch noch mit der Frau ihrer Träume ausgestattet sein dürften.

Gerade was die Charaktere und den Verlauf der Liebesgeschichte angehen, hätte ich mir auch noch eine Veränderung gewünscht – dass nicht alles immer wieder dem Klischee des vorherigen Bandes entspricht, sondern auch mal etwas Neues geschieht; dass die beiden auf eine andere Art und Weise als sonst zusammenkommen; dass es auch mal mehr Komplikationen gibt; dass vielleicht auch einmal zwei Vampire um eine Frau kämpfen oder umgekehrt und, und, und … All das würde die „Midnight Breed“-Reihe um einiges interessanter machen.

Was die Charaktere in „Gefährtin der Schatten“ und den restlichen Bänden der Reihe betrifft, gibt es da auch noch ein bisschen mehr zu bemängeln. Dass die Nebencharaktere in der Geschichte recht oberflächlich gehalten sind, will ich dabei mal außer Acht lassen, aber auch die Protagonisten und vor allem die Antagonisten könnten sicherlich ein bisschen mehr Tiefe gebrauchen. Da die meisten Charaktere sehr klischeehaft gestaltet sind und die einzelnen Vampire (und zugehörigen Stammesgefährtinnen) innerhalb eines Bandes abgehandelt werden und danach kaum mehr eine Rolle in der Geschichte spielen, kann man zu keinem der Charaktere wirklich eine Bindung aufbauen, geschweige denn eine wirkliche Sympathie empfinden. Das hätte sicherlich besser funktioniert, wenn beispielsweise die Charaktere der Ordenskrieger sich mehr unterscheiden und vor allem auch in den Folgebänden eine größere Rolle spielen würden, damit man sie auch dann noch besser kennen lernen kann.

Der Schreibstil ist an sich ganz in Ordnung, wenn mich auch zwei Dinge daran gestört haben: einmal die Flüche, die Lara Adrian in all ihre Bücher aus der Reihe einbaut und die nach einer Weile einfach nur noch störend sind, und zudem noch die Ausdrucksweise an der ein oder anderen Stelle. Wenn die Erektion mit einem „stolzen Soldat“ verglichen wird und sie sich „auf seinem Geschlecht pfählt“, dann ist das nicht mehr erotisch, sondern in meinen Augen äußerst unglücklich umschrieben.

Alles in allem ist die ganze Geschichte auch übermäßig kitschig und leidenschaftlich, sodass es an einigen Stellen wirklich übertrieben ist. Wenn ein Ordenskrieger, der bis vor ein paar Tagen mit Liebe noch rein gar nichts am Hut hatte und plötzlich die Frau seiner Träume gefunden hat, seine Gefühle auf absolut klischeehafte Weise zum Ausdruck bringt und jedes Mal, wenn sich die beiden sehen, vor Leidenschaft schier in Flammen aufgehen, dann wirkt das einfach nur überzogen. Ebenso wenn bei den erotischen Szenen die Grenzen des Möglichen meilenweit überschritten werden.

Dennoch hat die Reihe etwas an sich, was „Frau“ dennoch weiter lesen lässt. So kitschig und übertrieben das Ganze auch ist, so oberflächlich und klischeehaft die Charaktere sind und so gleichartig die Liebesgeschichte auch immer wieder abläuft, irgendetwas hat die Reihe einfach, dass man dennoch wissen will, wie es weitergeht. Das liegt, wie ich glaube, einfach am Unterhaltungswert, den die Reihe trotz allem bietet.

_Fazit:_

„Gefährtin der Schatten“ von Lara Adrian hat einige schwerwiegendere und einige weniger herbe Mängel vorzuweisen, angefangen mit der Geschichte, die sich im Prinzip immer wiederholt, bis hin zu den Charakteren, die sich zumeist kaum voneinander unterscheiden. Dennoch hat sich die Reihe ab dem vierten Band gebessert, was auch noch in Band fünf, „Gefährtin der Schatten“, weitergeführt wird, und so kitschig und übertrieben die Geschichte auch ist, so ist dies doch eine unterhaltsame Lektüre für Zwischendurch.

_Die Autorin:_

Zusammen mit ihrem Mann lebt Lara Adrian an der Küste Neuenglands, die von uralten Friedhöfen und dem Atlantik umgeben sind. Schon in ihrer Kindheit entwickelte sie ein Faible für Vampirromane und verschlang Bücher von Bram Stoker und Anne Rice. „Geliebte der Nacht“ war ihr erster eigener Vampirroman.

|Originaltitel: Veil of Midnight
Deutsch von Katrin Kremmler
393 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-8025-8185-4|
http://www.egmont-lyx.com

Fallon, Jennifer – Palast der verlorenen Träume, Der (Gezeitenstern-Saga 3)

Band 1: [„Der unsterbliche Prinz“ 4899
Band 2: [„Die Götter von Amyrantha“ 5305

_Arkady hätte es schlechter_ treffen können. Es ist ihr gelungen, mit dem Arzt des Sklavenschiffes, das sie nach Senestra bringt, einen Handel abzuschließen. Das reduziert die Anzahl der Männer, die sie über sich ergehen lassen muss, auf einen. Leider hat es aber, wie sich nur allzu bald herausstellt, auch eine unangenehme Nebenwirkung …

Declan Hawkes hat sich von Stellan Desean dazu überreden lassen, sich auf die Suche nach Arkady zu machen und sie in Sicherheit zu bringen. Keine einfache Aufgabe für jemanden, der eigentlich tot sein sollte und deshalb nur einen Bruchteil seiner Kontakte nutzen kann.

Stellans Aufgabe ist allerdings auch nicht einfacher. Er hat sich bereit erklärt, Prinzessin Nyah von Caelum nach Hause zu bringen. Damit allein ist es aber nicht getan, schließlich hat er es jetzt nicht mehr nur mit zwei Gezeitenfürsten zu tun, sondern gleich mit derer sechs! Und als wäre das alles noch nicht genug, bittet der Canide Warlock, der als Spion der Bruderschaft ebenfalls in Caelum weilt, Stellan um Hilfe: Er will seine Gefährtin und seine Kinder zurück nach Glaeba schaffen …

Cayal hat inzwischen gemerkt, dass Brynden ihm eins ausgewischt hat. Als er jedoch feststellen muss, dass Arkady nicht mehr in Torlenien ist, beschließt er, dass Sterben wichtiger sei und macht sich auf zu Lukys. Der wiederum schickt ihn aus, um weitere Unsterbliche dazu zu überreden, ihnen zu helfen.

_Auch diesmal hat die Autorin_ die Riege der Personen um einige erweitert, hauptsächlich Unsterbliche:

Arryl tauchte zum ersten Mal im ersten Band auf, in Cayals Erzählungen. Jetzt erscheint sie auch persönlich und sie ist mit Abstand die sympathischste Person in diesem ganzen Haufen. Sie ist weniger eigennützig, weniger wankelmütig und weniger gelangweilt. Vielleicht liegt es daran, dass sie und ihre beiden Freundinnen Medwen und Ambria als einzige von allen Unsterblichen etwas Nützliches tun: Sie beschützen die geheime Kolonie der Chamäliden-Arks in den Urwäldern Senestras.

Lyna dagegen ist genauso egoistisch, gelangweilt und gleichgültig wie die meisten anderen Unsterblichen. Die Geliebte Kontravyons hat keine Lust, die Gezeitenflut allein zu verbringen. Da sie Kontravyon immer noch im Eis eingeschlossen glaubt und auf die unsterbliche Sippschaft in Caelum keine Lust hat, ist sie nach Glaeba gekommen.

Bei den Sterblichen wäre eigentlich nur Cedne, der Arzt, zu erwähnen. Der Mann hat ein ernstes Problem mit Frauen, er kann einfach nicht mit ihnen umgehen, ist gehemmt und übernervös. Fast könnte er einem Leid tun, wäre er nicht ein so hochnäsiger und ignoranter Esel!

Insgesamt bleibt die Charakterzeichnung der Neuzugänge diesmal etwas blass. Cedne ist ganz gut getroffen, aber letztlich nur eine Nebenfigur. Arryl ist zwar ganz sympathisch, es fehlt ihr aber noch ein wenig an Tiefe. Vielleicht wird das ja noch … Lyna dagegen ist als Person nur eine weitere in diesem Haufen lästiger Schmeißfliegen, die Caelum und Glaeba bereits besetzt haben, ihr Auftauchen scheint eher dem Handlungsverlauf zu dienen als der Erweiterung des Figurenensembles um einen neuen, unverbrauchten Charakter.

Allerdings scheint sich Lynas Auftauchen hauptsächlich im nächsten Band aus zu wirken. Der vorliegende Band wirkt eher wie eine Atempause, genutzt, um ein paar Inhalte neu aufzustellen. Dazu gehört die Entstehung von Unsterblichen. Die Ewige Flamme ist vor langer Zeit erloschen, trotzdem ist Declan Hawkes ein frisch gebackener Gezeitenfürst, was ohne die Ewige Flamme eigentlich nicht möglich sein sollte. Zwangsläufig machen sich einige Leute vermehrt Gedanken darüber, wie es dazu kommen konnte.
Auch ein zusätzlicher neuer Aspekt der Magie taucht auf, der bisher völlig unerwähnt geblieben, unter einigen Unsterblichen aber offenbar schon seit langer Zeit ein wichtiges Thema ist: der Kristall des Chaos. Elyssa scheint nach diesem Ding zu suchen, sie fragt Warlock danach, stöbert ständig in alten Dokumenten herum und dergleichen mehr. Und Elyssa ist offenbar nicht die einzige, die sich dafür interessiert.

Es dauert allerdings eine Weile, bis dieser Aspekt etwas mehr in den Vordergrund rückt. Zunächst liegt das Hauptaugenmerk auf Arkady und ihrer Reise nach Senestra sowie den Ereignissen dort. Alle anderen Handlungsstränge bleiben vorerst nur Randerscheinungen, bis zu dem Punkt, an dem einige von ihnen sich treffen. Und auch dann dreht sich weiterhin der größte Teil der Handlung um die Ereignisse in Senestra.
Das finde ich ein wenig schade. Denn die Ereignisse in Senestra umfassen eine Menge Nebensächlichkeiten. Zwar basiert ein Großteil des Flairs im ersten Band ebenfalls auf dem, was sich zwischen den Beteilgten abspielt, der dritte Teil des Zyklus‘ kann damit jedoch nicht mithalten, weil es dafür den Charakteren an Intensität fehlt. Arkadys Gekabbel mit Cedne ist stellenweise ganz nett zu lesen, das Beziehungskuddelmuddel zwischen Arkady und Declan oder Arkady und Cayal finde ich jedoch allmählich etwas lästig. Es wäre nett, wenn die Beteiligten sich endlich mal entscheiden könnten. Dass außerdem auch noch eine kleine Liebesgeschichte zwischen Tiji und einem Chamäliden aus dem Dschungel einflochten ist, rückt die fortlaufenden Ereignisse, die eigentlich auch den Spannungsbogen tragen sollten, zu weit in den Hintergrund.

Der eigentlich kniffligere Teil des Geschehens spielt sich noch immer in Glaeba und Caelum ab, wo Warlock Angst um seine Familie hat, Stellan versucht, Nyah zu beschützen, Jaxyn sich auf einen Krieg vorbereitet und Elyssa nach einem Objekt sucht, das höchstwahrscheinlich für die Welt eine immense Gefahr bedeutet. Da diese Details jedoch alle in den Nebensträngen verpackt sind, bleibt die Spannung ebenfalls eher eine Nebensache.

Ein Lichtblick sind Declans Schwierigkeiten mit der Tatsache, dass er jetzt ein Gezeitenfürst ist. Die Versuchung, die das Eintauchen in die Gezeiten bedeutet, ist sehr gut herausgearbeitet, ebenso die Probleme, die das Auftauchen mit sich bringen. Drollig finde ich auch die Szene mit dem Versuch des Priesters, einen Exorzismus durchzuführen. So ganz raus reißen können diese Aspekte es aber auch nicht mehr. Alles in allem ist der dritte Teil des |Gezeitenstern-Zyklus| eine eher durchwachsene Angelegenheit.

_Immerhin verspricht_ die Tatsache, dass Elyssa nicht als einzige nach dem geheimnisvollen Kristall sucht, wieder mehr Turbulenzen für den nächsten Band. Und immerhin hat Cayal sich endlich mal gefragt, warum Lukys eigentlich so extreme Anstrengungen auf sich nimmt, nur um ihm beim Sterben zu helfen! Auch werde ich irgendwie das Gefühl nicht los, dass mit diesem Agenten der Bruderschaft, dem Warlock berichtet, etwas nicht stimmt. Und dass Lukys Declan nicht so ganz die Wahrheit gesagt hat.

_Jennifer Fallon_ stammt aus einer großen Familie mit zwölf Geschwistern. Sie hat in den verschiedensten Jobs gearbeitet, unter Anderem als Kaufhausdetektivin, Sporttrainerin und in der Jugendarbeit. Letzteres scheint ihr immer noch nach zu hängen: Unter ihrem Dach leben außer drei eigenen Kindern einige obdachlose Jugendliche als Pflegekinder. Schreiben tut sie nebenher. Ihre erste Veröffentlichung war die |Dämonenkind|-Trilogie. Außerdem stammen die Trilogie |Second Sons| sowie |Die Chroniken von Hythria| aus ihrer Feder. Der vierte Band der |Gezeitenstern-Saga| ist in Australien bereits unter dem Titel „The Chaos Crystal“ erhältlich, ein Erscheinungstermin für die deutsche Übersetzung steht noch nicht fest. Die Autorin schreibt derweil an ihrem nächsten Zyklus |Rift Runners|.

|Broschiert: 574 Seiten
ISBN-13: 978-3802582448|
Originaltitel: |The Palace of impossible Dreams|
Deutsch von Katrin Kremmler, René Satzer
http://www.jenniferfallon.com/
http://www.egmont-lyx.de/

_Mehr von Jennifer Fallon auf |Buchwurm.info|:_

[„Kind der Magie“ 1328 (Dämonenkind Band 1)
[„Kind der Götter“ 1332 (Dämonenkind Band 2)
[„Kind des Schicksals“ 1985 (Dämonenkind Band 3)
[„Erbin des Throns“ 2877 (Die Chroniken von Hythria 1)
[„Ritter des Throns“ 3327 (Die Chroniken von Hythria 2)
[„Herrscher des Throns“ 3878 (Die Chroniken von Hythria 3)

De Camp, L. Sprague / Carter, Lin / Nyberg, Björn – Conan der Schwertkämpfer

_Das geschieht:_

Sieben Geschichten schildern Episoden aus den Jugendjahren des Barbaren Conan, der sein Glück als Söldner, Pirat oder Dieb versucht und meist nur blutige Wunden und böse Erfahrungen erntet, was ihn aber nie davon abhält, sich umgehend in neue Abenteuer zu stürzen:

– |L. Sprague de Camp: Vorwort|, S. 13-22

– |Lin Carter/L. Sprague de Camp: Legion der Toten (Legions of the Dead)|, S. 23-54: Conan schließt sich im nördlichen Königreich Hyperborea einem verzweifelten Stammesfürsten an, der seine Tochter aus der Festung einer Hexenkönigin befreien will …

– |Björn Nyberg/L. Sprague de Camp: Das Volk des Gipfels (People of the Summit)|, S. 55-76: Als Söldner im Heer des Königs von Turan flüchtet Conan nach einem fatal geendeten Einsatz in die berüchtigten Nebelberge, wo er vom Regen in die Traufe, d. h. wieder einmal in den Bann unheimlicher Mächte gerät …

– |Lin Carter/L. Sprague de Camp: Schatten in der Finsternis (Shadows in the Dark)|, S. 77-118: In Begleitung eines Diebes und eines Zauberers will General Conan den Herrscher von Khoraja aus der Gefangenschaft befreien …

– |Lin Carter/L. Sprague de Camp: Der Stern von Khorala (The Star of Khorala)|, S. 119-160: Eigentlich will Conan der schönen Königin von Ophir für einen guten Finderlohn einen kostbaren Ring zurückgeben, doch er gerät stattdessen in eine Palastintrige …

– |Lin Carter/L. Sprague de Camp: Das Juwel im Turm (The Gem in the Tower)|, S. 161-198: Conan ist unter den Besatzungsmitgliedern eines Piratenschiffs, die in den Schwarzen Königreichen den Turm eines Zauberers plündern wollen, der sich solcher Eindringliche auf schreckliche Weise zu erwehren weiß …

– |Lin Carter/L. Sprague de Camp: Die Elfenbeingöttin (The Ivory Goddess)|, S. 199-232: Im Königreich Punt versucht Conan, abergläubische Gottesanbeter um ihren Tempelschatz zu betrügen, was auf gänzlich unerwartete Weise spektakulär scheitert …

– |Lin Carter/L. Sprague de Camp: Blutmond (Moon of Blood), S. 233-284|: In Aquilonien kämpft Conan gegen wilde Pikten und ihren Hexenmeister und entdeckt dabei den Verrat eines hohen Vorgesetzten …

_Hartes Leben ohne Atempausen_

Das Menschenleben währte nicht lange in vergangenen Zeiten. Wind und Wetter, Hitze oder Kälte, Krankheit und Hunger – die Palette verkürzender Faktoren war breit, und abgerundet wurde sie durch die Allgegenwart zwischenmenschlicher Gewalt. Dennoch konnten sich unsere Vorfahren noch glücklich schätzen, nicht im hyborischen Zeitalter gelebt zu haben. Vor zwölf Jahrtausenden, so postuliert Robert E. Howard (1906-1936), war diese Erde schon einmal dicht bevölkert. Archaische Königreiche erstreckten sich über Kontinente, deren Umrisse die heutige Gestalt schon erahnen ließen. Im Alltag ging es rau zu, und zu den eingangs genannten Lebensenden addierte sich der Tod durch schwarze Magie, menschenfressende Ungeheuer und geduldsarme Gottheiten.

Durch diese bunte, aber gefährliche Welt zieht unermüdlich Conan, der Barbar. Geboren im schon damals schneekalten Norden, hielt es ihn nicht im heimatlichen Cimmerien, das er ein „langweiliges Land“ nennt. Lieber verdingt und versucht sich Conan auf der Suche nach Wein, Weib und klingender Münze als Söldner, Pirat oder sogar Dieb, was gleichzeitig seine ausgeprägte Abenteuerlust stillt. Weil er es in der Regel an Diplomatie fehlen lässt, muss sich Conan darüber hinaus oftmals aus dem Staub machen, weil er die gelangweilte Gattin eines Adligen beglückt oder einen vernagelten Kommandanten verprügelt hat. Auf diese Weise bleibt er stets in Bewegung.

_Chronik mit vermutlich interessanten Lücken_

Ein solches Leben bietet den idealen Stoff für Geschichtenerzähler. Robert E. Howard hat die Conan-Saga nie als geschlossene Chronologie konzipiert. Er schilderte ereignisreiche Höhepunkte im Leben seines Helden, wobei er in der Zeit nach Belieben vor- oder zurücksprang. Bewusst ließ Howard große Lücken, in die er nach Bedarf weitere Abenteuer einbetten konnte.

Daraus wurde nichts, da Howard im Alter von nur 30 Jahren Selbstmord beging. Doch andere Autoren profitierten vom skizzenhaften Konzept. Conan wurde viele Jahre nach Howards Tod wieder populär – so populär, das die vorhandenen Geschichten den Hunger eines gierigen Publikums nicht stillen konnten. Dieser Klientel nahmen sich Schriftsteller wie Lyon Sprague de Camp, Lin Carter und Björn Nyberg an, zu denen sich nach dem Erfolg des „Conan“-Films von 1980 viele weitere Autoren gesellten.

„Conan der Schwertkämpfer“ ergänzt die zwölf Bände der sogenannten „Lancer-Reihe“, die zwischen 1966 und 1977 erschienen und in der originale Howard-Storys, ’nach Entwürfen‘ Howards vollendete Storys sowie neue Storys von de Camp, Carter und Nyberg sich zur „Saga of Conan“ mischten, die das Leben des Cimmerers vom Jungbarbaren bis zum (weiterhin kampfstarken) Greis umfasst. Den Einleitungen der sieben „Schwertkämpfer“-Erzählungen lässt sich entnehmen, wo diese zeitlich in die Saga einzupassen sind.

_Variationen einer bekannten Melodie_

„Conan der Schwertkämpfer“ bietet seinen Lesern, was sie erwarten und wünschen: Hau-Drauf-Fantasy des Kalibers „sword & sorcery“. Die hyborische Welt erleben wir aus dem Conanschen Blickwinkel, und der ist ausdrücklich ein schlichter, aber gleichzeitig unverdorbener Zeitgenosse. Von der grauen Realität, die den politischen und wirtschaftlichen Alltag auch in grauer Vorzeit beherrschte, ist in diesen Geschichten höchstens ansatzweise die Rede. Aufregende Höhepunkte bestimmen das Geschehen, und Conan ist das verbindende Element.

Über den Tellerrand seines jeweiligen Umfeldes blickt er nur selten. Conan weiß, was er meint wissen zu müssen, und das genügt ihm. Politik bedeutet Intrigen, Geldgier, Verrat, und deshalb hält sich ein Mann, der zwar Barbar ist, sich aber trotzdem (oder gerade deswegen?) einem ungeschriebenen Ehrenkodex verpflichtet sieht, lieber an der Peripherie der Macht auf.

Die simple, aber wirkungsvolle Dramaturgie der „heroic fantasy“ lässt ihn allerdings genau dort erst recht in Bedrängnis geraten. In unseren sieben Geschichten gerät Conan immer wieder in die Fänge der verhassten Magie. Da er buchstäblich mit offenem Visier zu kämpfen pflegt, ist er der intelligenten Hinterlist solcher Hexenmeister unterlegen. Das macht Conan wütend, und wenn das geschieht, mutiert er zu einer Art Urzeit-Hulk, der sich mit solch berserkerhafter Wucht in die Schlacht stürzt, bis der Schädel noch des mächtigsten Zauberers über den Boden rollt.

_Conan: Helm auf – Feind: Kopf ab_

Jede Story mündet in einen entsprechenden Höhepunkt. Conan killt Hexer, Zombies, mörderische Riesenaffen, steinhäutige Riesenvampire, Verräter und andere Unholde, dazu wilde Tiere aller Arten und Größen. Das wird mit Tempo und Schwung dargeboten, wirkt auf die Dauer aber ein wenig eintönig, was ein bekanntes Problem solcher Pastiches ist, die dem Original möglichst nahekommen wollen und es dabei nur imitieren.

Diesen Vorwurf muss man auch dem Autoren-Trio machen, das für „Conan der Schwertkämpfer“ verantwortlich zeichnet. Es leistet ‚Dienst nach Vorschrift‘ und liefert aktionsreiche Routine-Fantasy. Das zeichnet die Gesamtheit der Conan-Romane und Story-Sammelbände – an die 100 sind es inzwischen! – im Guten wie im Schlechten aus. Sie sind zwar farbenfroh, leiden aber bei näherer Betrachtung unter einem steifen Pinselstrich.

_Die Autoren_

Lyon Sprague de Camp wurde am 27 November 1907 in New York City geboren. Der studierte Ingenieur veröffentlichte seine erste Kurzgeschichte erschien im September 1937 in |Astounding Science Fiction|. In den nächsten sechs Jahrzehnten entstanden Storys und Romane, die immer wieder de Camps Sinn für echten Humor belegten. Seine Aktivitäten beschränkten sich nicht auf die Phantastik. De Camp interessierte sich für Geschichte, Technik oder Mythologie und verfasste populärwissenschaftliche Sachbücher. 1978 wurde de Camp mit einem „Nebula Award“ für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Nach einem langen, bis zuletzt aktiven und produktiven Leben starb Lyon Sprague de Camp wenige Tage vor seinem 93. Geburtstag am 6. November 2000.

Linwood Vrooman Carter wurde am 9. Juni 1930 in St. Petersburg (US-Staat Florida) geboren. Nach seinem Einsatz im Korea-Krieg studierte er an der Columbia University und arbeitete anderthalb Jahrzehnte für diverse Agenturen und Verlage. 1965 debütierte Carter mit „The Wizard of Lemuria“ im Phantastik-Genre. Er wurde Vollzeit-Schriftsteller, veröffentlichte zahlreiche Romane sowie Kurzgeschichten und machte sich als Herausgeber von Fantasy-Kollektionen einen Namen. Der „heroischen Fantasy“ galt Carters ganze Liebe. Er schrieb im Stil von Edgar Rice Burroughs oder Robert E. Howard. Letzterem verhalf er zur literarischen Auferstehung, indem er mit Lyon Sprague de Camp und Björn Nyberg Howards Conan-Storys sammelte, ordnete und Lücken mit eigenen Geschichten und Romanen füllte. Selbst nahm Carter, von Alkoholismus und Krebs gezeichnet, am 7. Februar 1988 ein frühes Ende.

Björn Emil Nyberg (geb. am 11. September 1929) ist ein schwedischer (Fan-)Autor, der schon in den 1950er Jahren mit L. S. de Camp einige Fragmente nachgelassener Conan-Geschichten vollendete. Darüber hinaus ist Nyberg, der heute in Frankreich lebt, als Schriftsteller nicht hervorgetreten.

_Impressum_

Originaltitel: Conan the Swordsman (New York : Bantam Books 1978)
Übersetzung: Lore Strassl
Deutsche Erstausgabe: Mai 1982 (Wilhelm Heyne Verlag/Heyne Fantasy 06/3895
284 Seiten
ISBN 10: 3-453-30818-2

Neuausgabe: November 1988 (Wilhelm Heyne Verlag/Heyne Fantasy 06/3895)
284 Seiten
ISBN 13: 978-3-453-30818-3
http://www.heyne.de

_Mehr Conan auf |Buchwurm.info|:_

[„Conan 1: Die Tochter des Frostriesen und andere Geschichten“ 2840
[„Conan 2: Der Gott in der Kugel und andere Geschichten“ 3156
[„Conan 3: Der Elefantenturm und andere Geschichten“ 4028
[„Conan 4: Die Halle der Toten und andere Geschichten“ 4044
[„Conan 5: Die Juwelen von Gwahlur & Die Tochter von Midora“ 4428
[„Conan und die Straße der Könige“ 5846

Fink, Torsten – Erwählte, Die (Die Tochter des Magiers 3)

Band 1: [„Die Diebin“ 5775
Band 2: [„Die Gefährtin“ 5950

_Nach der Beinahekatastrophe_ am Ende des vorhergehenden Bandes sind Tasil und Maru nach Ulbai geflohen. Die Stadt wird inzwischen von Numur belagert und Tasil verdient sich mit Schmuggel wenn schon keine goldene, dann zumindest eine silberne Nase. Doch die Obrigkeit ist bereits auf ihn aufmerksam geworden. Zu Tasils Überraschung wird er jedoch nicht in den Kerker gesteckt, sondern mit einer besonderen Mission betraut: Er soll als Unterhändler mit Numur einen Friedensvertrag aushandeln. Das ist eine Aufgabe ganz nach Tasils Geschmack.

Maru dagegen hat ganz andere Sorgen. Sie weiß inzwischen, was der Daimon Utukku vorhat, und ist fest entschlossen, seinen Plan zu vereiteln. Außerdem will sie endlich wissen, wer ihre Eltern waren. Tasils Intrigenspiel kann sie sich letztlich aber doch nicht ganz entziehen.

_Die Charaktere, die_ hauptsächlich im Zusammenhang mit politischen Intrigen und Tasils Vabanquespielen auftauchen, sind diesmal etwas blass ausgefallen:

Numur ist inzwischen tatsächlich völlig wahnsinnig geworden. Das ist schade, denn damit fällt er als eigenständiger Charakter komplett aus, zumal die Entwicklung seines Wahnes zu schwach ausgearbeitet ist. Numur ist eben doch nur eine Nebenfigur.

Und auch sein Priester Mahas nimmt keine so zentrale Stellung mehr ein wie im ersten Band, so dass auch dieser Intrigant fast völlig weg fällt.
Gleichzeitig baut der Autor auch die neuen Charaktere der Gegenseite nur so weit aus, wie es für die Entwicklung des Plotts erforderlich ist. Das führt zwar zu einem äußerst effizienten Usurpator, gleichzeitig bleiben die Personen aber zu flach, um sich vom Klischee des ehrgeizigen Thronräubers oder des schmeichlerischen Höflings abzuheben.

Ganz anders dagegen Marus Freund Temu: Der Gelehrte und Schreiber sitzt völlig allein in einem großen Gebäude, das man vielleicht als Registratur oder Aktenarchiv bezeichnen könnte. Ein liebenswerter, hilfsbereiter, aber sehr ablenkbarer und weitschweifiger Mann, der angesichts einer alten Steuerliste in helles Entzücken geraten kann und gleichzeitig nicht den geringsten Sinn dafür hat, warum jemand sich für ein Mittel zur Dämonenbekämpfung interessieren sollte.

So zeigt sich schon in der Charakterzeichnung, dass Tasil bei Weitem nicht mehr so stark im Mittelpunkt steht, wie das noch im ersten Band des Zyklus‘ der Fall war. Statt dessen richtet sich das Augenmerk mehr auf Maru, die immer mehr Eigeninitiative entwickelt und sich immer mehr von Tasil abnabelt.

Das hat auch der Handlung gut getan, die dadurch nicht zu einem reinen Abklatsch des ersten Bandes geraten ist. Vielmehr hat Torsten Fink hier Marus eigene Bemühungen geschickt mit ihrer Rolle in Tasils Vorhaben verbunden und dadurch beide Handlungsteile zu einer Einheit ohne Ecken und Kanten zusammen gefügt. Gewürzt wurde das Ganze durch das überraschende Zuschlagen des Usurpators, der sich bei Weitem nicht so leicht von Tasil beeinflussen und lenken lässt, wie das bei Numur und seinem Bruder noch der Fall war. Dadurch nimmt nicht nur die Entwicklung von Tasils Plänen Fahrt auf. Die Unruhe, die sich in Folge des Anschlags in der Stadt ausbreitet, bringt auch Maru in immer größere Gefahr. Der Showdown hält dann auch noch eine Überraschung bereit.

Das Mehr hinsichtlich der Handlung ging auf Kosten des örtlichen Hintergrundes. Ulbai ist eben eine Stadt wie andere auch, nichts, was man detailliert beschreiben müsste. Immerhin aber hat der Autor durchaus ein paar Worte für die Stimmung innerhalb der Stadtmauern übrig: Den Hunger, das Sumpffieber, vor allem aber die Gerüchteküche im Zusammenhang mit dem Umsturz, die Unsicherheit, Nervosität und Angst der Menschen, die Entstehung eines Mobs, all das ist trotz der relativ knappen und prosaischen Erzählweise gut heraus gearbeitet.

_Insgesamt_ eine runde Sache, was dazu führt, dass ich nach der Lektüre der letzten Seite doch etwas verwirrt die Stirn runzelte. Denn so gekonnt der Erzähler die Zusammenhänge um Tasil und Utukku letztlich auflöst, so kalt lässt er den Leser in der Frage nach Marus Herkunft in der Luft hängen. Und dann brechen Maru und Temu am Ende auch noch zu einer Reise auf, um Marus Vater zu suchen.
Dieser Schluss schreit derart laut nach einer Fortsetzung, dass ich mich erst einmal auf die Suche nach einem vierten Band gemacht habe – ohne Ergebnis. Falls Torsten Fink die Absicht hat, diesen Faden noch weiter zu spinnen, steht zumindest noch kein Erscheinungstermin für dieses neue Buch fest. Dem Leser bleibt also wohl nichts anderes übrig, als sich mit diesem etwas unbefriedigenden Ende erst einmal abzufinden und zu hoffen, dass irgendwann vielleicht doch noch etwas nachkommt.

_Torsten Fink_ war Journalist und Texter unter Anderem für literarisches Kabarett, ehe er 2008 sein erstes Buch „Die Insel der Dämonen“ veröffentlichte. Er lebt und arbeitet in Mainz.

|Taschenbuch: 400 Seiten
ISBN-13: 978-3442266333|

Fink, Torsten – Gefährtin, Die (Die Tochter des Magiers 2)

Band 1: [„Die Diebin“ 5775

_Tasil und Maru_ sind aus Serkesch entkommen und das mit einer nicht zu verachtenden Beute, die Tasil schließlich irgendwo versteckt. Und schon sind sie auf dem Weg zum nächsten Coup: In den Sümpfen von Awi soll eine gewaltige Seeschlange einen goldenen Tempel bewachen. Es dauert jedoch nicht lange, da werden Tasil und Maru von den Ereignissen in Serkesch eingeholt …

_Der Ortswechsel bringt_ eine Menge neuer Charaktere mit sich.

Die Ältesten Taiwe und Skeda sind, wie man es von Ältesten erwartet, alte Männer. Der örtliche Priester Hana jedoch ist ein junger Mann mit wenig Charakter, der unter der Fuchtel seiner Frau steht und vor allem Taiwe nicht leiden kann. Taiwe ist jemand, der stets versucht, die Wurzel eines Problems zu ergründen und es so möglichst ganz auszureißen. Hana dagegen neigt dazu immer den einfachsten Weg zu gehen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass ihn das langfristig in noch größere Schwierigkeiten bringen könnte; schon allein deshalb gerät er mit Taiwe ständig aneinander. Da er meistens den Kürzeren zieht, kommt auch noch eine gehörige Portion Trotz dazu.

Dann wäre da noch die Kräuterfrau Wika, eine scharfsinnige Alte, die sofort erkennt, dass Maru Magierblut in den Adern hat, und generell so ziemlich die einzige zu sein scheint, die die Wahrheit hinter dem Vordergründigen sieht. Schade nur, dass keiner auf sie hört. Aber immerhin gibt sie Maru eine Menge zum Nachdenken.

Abgesehen von den Dorfbewohnern, Tasil und Maru finden sich in diesem Sumpfloch auch noch ein bunter Haufen Söldner, die von dem Krieg zwischen dem neuen Fürsten von Serkesch und dem Khaidan, dem obersten Herrscher, gehört haben und nun überlegen, wem sie ihre Dienste anbieten sollen.

_Insgesamt finde ich_ die Charakterzeichnung nicht ganz so gelungen wie im ersten Band. Obwohl mir Wika ziemlich sympathisch ist, ist sie doch ein wenig im Klischee der alten weisen Frau verhaftet, was auch für die Söldner gilt, in deren Trupp vom schweigsamen Hinterwäldler über das Großmaul und den leichtsinnigen Jungspund bis hin zum durchtriebenen Schurken alles vorhanden ist. Das Umkippen der Stimmung zwischen den Männern, als diese sich dem Schatz nähern, ist jedoch gut gemacht, auch wenn ich als Frau sie am liebsten alle der Reihe nach geohrfeigt hätte! Und Taiwe und Hana sind ebenfalls gut, wenn auch nicht mit echter Tiefe gezeichnet.

Die Landschaft ist ein echtes Kontrastprogramm zur Wüste um Serkesch:

Nicht nur von unten ist es es nass, sondern auch von oben. Es regnet quasi ununterbrochen mehr oder weniger stark. Alles tropft, alles trieft, nichts als Matsch und Schlamm überall, selbst auf den Inseln. Dementsprechend skurril verläuft auch das Duell auf dem Dorfplatz, bei dem die Kontrahenten mehr aneinander vorbei schlittern als gegeneinander zu kämpfen. Dazu kommt noch ein einziger Urwald aus Schilf und Wasserpflanzen, in dem es keinen einzigen direkten Weg irgendwohin gibt, und das schwarze Wasser eines Stromes, das man nicht trinken kann.

Mit dieser ausgesprochen plastischen Darstellung der Örtlichkeit kann die Handlung nicht ganz mithalten. Auch diesmal versucht Tasil aus der Situation Gewinn zu schlagen. Da ihm bewusst ist, dass die Dörfler das Geheimnis um den Goldenen Tempel freiwillig nicht herausrücken werden, macht er sich die Bedrohung durch die Seeschlange zu Nutze. Dabei geht er genauso skrupellos vor wie bereits in Serkesch, versucht, Taiwe zu bestechen, beschwatzt die Söldner, die Seeschlange zu töten und dergleichen mehr.

Allerdings hat Tasil es hier mit weit weniger gefährlichen Männern zu tun als in Serkesch, was vielleicht auch der Grund ist, warum Torsten Fink noch einmal Numur und dessen Berater und obersten Priester Mahas ins Spiel bringt. Tatsächlich verleiht das der Handlung einiges an zusätzlicher Würze, Tasils Jonglieren zwischen den Parteien, die den ersten Band belebten, fallen hier aber weg, da Numur keinen ebenbürtigen Gegner hat, den Tasil ihm entgegensetzen könnte.

Daneben läuft weiterhin der Faden, der sich vorwiegend mit Maru beschäftigt. Allmählich stellt sich heraus, dass sie Dinge tun kann, die eigentlich unmöglich sein sollten, was Tasil zwar bemerkt, dem er aber nur mäßig Beachtung schenkt, schließlich geht es ihm hauptsächlich um das Gold des Tempels. Dafür schenkt der Daimon Utukku Maru weitaus mehr Aufmerksamkeit, als ihr lieb ist. Was der Wassergeist jedoch genau im Schilde führt, das hebt sich der Autor für den nächsten Band auf.

_So ist dieser Teil_ des Zyklus‘ zwar nett zu lesen, bleibt aber doch etwas hinter seinem Vorgänger zurück. Hauptsächlich ist Maru damit beschäftigt, ständig im Dorf herum zu rennen und für Tasil Informationen zu sammeln. Spannung kommt aber kaum auf; der Versuch, durch eine religiöse Zeremonie, die zu einem bestimmten Zeitpunkt statt finden muss, so etwas wie Zeitdruck aufzubauen, scheitert, da er nicht konsequent genug durchgezogen ist. Selbst der Showdown kann nicht wirklich mitreißen, da die Hauptfigur Maru mittendrin bewusstlos wird und das Ende gar nicht selbst mitbekommt.

Auch bleiben einige Handlungsfäden zu lose in der Luft hängen. Zum Beispiel frage ich mich, was Hanas Frau eigentlich antreibt. Ständig tuschelt sie mit ihrem Mann, aber der Leser erfährt weder, was sie ihm zu sagen hat, noch, worum es ihr geht. Letztlich ist sie für die Handlung nicht entscheidend, aber warum wird ihre Rolle dann so betont? Und was um alles in der Welt bewegt Numur dazu, eine riesige Statue seines Vaters mit in die Sümpfe zu schleppen? Biredhs Erklärung empfinde ich da nicht als ausreichend, es sei denn, Numur wäre verrückt geworden, aber so wirkt er eigentlich nicht.

Bleibt also zu hoffen, dass der letzte Band noch einmal ein paar schwerwiegendere Komplikationen zu bieten hat. Zusammen mit den vielversprechenden (weil geheimen) Absichten Utukkus und den Antworten auf die noch offenen Fragen um Maru könnte das Finale der Trilogie dann durchaus noch einmal zur Hochform finden.

_Torsten Fink_ war Journalist und Texter unter Anderem für literarisches Kabarett, ehe er 2008 sein erstes Buch „Die Insel der Dämonen“ veröffentlichte. Er lebt und arbeitet in Mainz. Mit „Die Diebin“ veröffentlichte er den ersten Band seines dreiteiligen Zyklus‘ |Die Tochter des Magiers|, dessen letzter Teil unter dem Titel „Die Erwählte“ ebenfalls bereits erschienen ist.

|Taschenbuch: 416 Seiten
ISBN-13: 978-3442266326|
http://www.blanvalet-verlag.de

Anne Bishop – Blutskönigin (Die Schwarzen Juwelen 7)

Die Schwarzen Juwelen:

Band I: „Dunkelheit“
Band II: „Dämmerung“
Band III: „Schatten“
Band IV: „Zwielicht“
Band V: „Finsternis“
Band VI: „Nacht“

_Seit dem Hexensturm_ vor zwei Jahren sind Dorotheas Marionetten endlich verschwunden. Doch zurückgeblieben sind nur Trümmer. Theran, ein Kriegerprinz aus Dena Nehele, ist sich nur zu bewusst, dass sein Volk sterben wird wenn es keine neue Königin bekommt. Und so macht er sich auf den Weg nach Kaeleer und bittet Daemon Sadi um Hilfe. Er soll ihm bei der Suche nach einer Königin helfen, die bereit wäre nach Tereille zu kommen und dort zu herrschen, nach den alten Gesetzen des Blutes.

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