Archiv der Kategorie: Rezensionen

Sara Paretsky – Feuereifer

Das geschieht:

Die South Side gehört zu jenen Vierteln der Stadt Chicago, in die sich der brave Mittelstandsbürger ungern verirrt. Armut, familiäre Gewalt, Massenarbeitslosigkeit und Kriminalität gehören zum Alltag der Bewohner, die vom Establishment als Verlierer und Faulpelze abgestempelt werden.

Eine, die es geschafft hat, der South Side zu entfliehen, ist Victoria Iphigenia Warshawski, die eine kleine Detektei besitzt und selten an die Vergangenheit denkt, bis diese sie eines Tages einholt: Eine Lehrerin ihrer alten Schule bittet sie, als Trainerin des weiblichen Basketball-Teams einzuspringen. Vic übernimmt sogar einen Fall ohne Bezahlung: Eine der unterbezahlten Arbeiterinnen der Hinterhoffirma „Fly the Flag“ berichtet von diversen Sabotageakten. Frank Zamar, der Eigentümer, leugnet dies freilich und fordert Vic auf, ihre Arbeit einzustellen; seine deutlich erkennbare Angst lässt die erfahrene Detektivin erkennen, dass hier etwas faul ist. Sara Paretsky – Feuereifer weiterlesen

Hill, Joe – Blind

Jude Coyne ist ein Rockstar Anfang fünfzig mit einem makaberen Hobby: Er sammelt morbide und okkulte Gegenstände. Zu seinen Errungenschaften gehören eine Zeichnung des Serienmörders John Wayne Gacy, ein Totenkopf aus dem 16. Jahrhundert, das Sündenbekenntnis einer als Hexe verbrannten Frau, eine Henkersschlinge und sogar ein [Snuff-Film.]http://de.wikipedia.org/wiki/Snuff-Film

Eines Tages erhält sein Assistent Danny den Hinweis auf eine interessante Internetauktion, bei der ein Geist versteigert wird. Jude schlägt zu und erhält für tausend Dollar den Sonntagsanzug des Verstorbenen in einer schwarzen Herzschachtel. Was wie ein schlechter Scherz klingt, entpuppt sich bald als Realität, als Jude den Geist des alten Mannes zu Gesicht bekommt. Es stellt sich heraus, dass der Verkauf kein Zufall war. Der tote Craddock McDermott ist auf grauenhafte Weise mit Judes Vergangenheit verbunden – und er ist hier, um sich für das zu rächen, was Jude seiner Ex-Freundin Anna, Craddocks Stieftochter, angetan hat.

Für den Rockmusiker beginnt ein Horrortrip, in den nicht nur er, sondern auch sein Umfeld miteinbezogen werden und bei dem Craddock nicht mehr der einzige Geist ist, der ihn verfolgt. In seiner Verzweiflung macht er sich gemeinsam mit seiner jungen Gothic-Freundin Georgia und seinen beiden Hunden auf zur Verkäuferin des Geistes, der Tochter des Toten. Dort in Florida hofft er, Antworten zu finden …

Geistergeschichten haben seit Jahrunderten ihren festen Platz in der Horrorliteratur. Umso schwerer ist es da, diesem Aspekt noch eine originelle Seite abzugewinnen. Joe Hill, Pseudonym des Sohnes von Horrormeister Stephen King, erzählt in seinem Debütroman zwar eine typische Geister-Rache-Geschichte, doch dass ein Geist per Internet an sein Opfer gelangt und käuflich erworben wird, ist eine nette Übertragung des Phänomens in die moderne Welt.

|Spannung bis zum Schluss|

Die Handlung geht gleich |in medias res|, ohne sich mit langem Vorgeplänkel aufzuhalten. Schon bald hält der Geist Einzug im Hause Coyne, sorgt für eine unheilvolle Atmosphäre, und Leser wie Hauptfigur ahnen, dass der Kauf keine gute Idee war. Ein Telefongespräch mit der Verkäuferin klärt rasch die persönlichen Hintergründe. Judes depressive Ex-Freundin war die Stieftochter des Verstorbenen, die Verkäuferin die Schwester und für das scheinbare Unrecht, das Jude ihr mit seinem Rausschmiss angetan hat, soll er nun mit seinem Tod büßen.

Auch sein Assistent Danny bekommt bald zu spüren, was es heißt, einem Geist zu begegnen, und spätestens ab diesem Augenblick ist Jude klar, dass er in höchster Gefahr schwebt. Der Leser fragt sich, ob auch Georgia ein Opfer des Geistes werden wird, ob die beiden auf ihrer Flucht Hilfe aus dem Jenseits erhalten, was Jude in Florida von Annas Schwester erfährt, ob diese ihnen helfen wird oder Jude zu drastischen Mitteln greift. Auch eine überraschende Wendung ist enthalten, die plötzlich alle Dinge in einem anderen Licht erscheinen lässt.

|Interessante Charaktere|

Vielschichtigkeit ist ein Stichwort zur Beschreibung der Charaktere. Jude Coyne wächst dem Leser zwar immer mehr ans Herz, doch ein makelloser Held ist er beileibe nicht. Er trägt die typisch verwegene Vergangenheit eines Rockstars mit sich herum, inklusive Drogentrips und den munteren Affären mit halb so alten Gothic-Girls, denen er ihren Heimatstaat als Spitznamen verpasst. Früh erfährt man vom Hass auf seinen sterbenskranken Vater, dem er schon lange den Tod an den Hals gewünscht hat, ebenso von seiner gescheiterten Ehe. Letztlich befremdet auch sein makaberes Hobby, vor allem der Besitz des Snuff-Videos, auch wenn Jude selbst gewisse Skrupel dabei hegt. Der alternde Star ist eine zwiespältige Persönlichkeit und kein moralisches Vorbild, erfährt aber im Verlauf seiner Reise neue Einsichten.

Auch die ehemalige Stripperin Georgia, eigentlich Marybeth, ist anfangs nicht leicht einzuschätzen. Der erste Eindruck entspricht dem einer naiven Bettgefährtin, eines leichenblassen Groupies mit kunstvollem Make-up und oberflächlichen Interessen. Doch als Judes Leben außer Kontrolle gerät, entwickelt sich Georgia zu einer hilfreichen Unterstützung. Sie kennt wenig Furcht und hält zu Jude, auch wenn sie sich damit selber in Gefahr bringt. Auf dem Weg nach Florida machen sie Station bei ihrer Großmutter „Bammy“, einer resoluten und okkult-erfahrenen Frau aus Hillbilly-Kreisen, durch die auch Georgia ein wenig Geister-Kenntnis mitbringt.

|Kleine Schwächen|

Frei von Mankos ist das Debüt dennoch nicht. So lobenswert es auch ist, vielschichtige Charaktere zu erzeugen, so blass bleibt dagegen der Horrorfaktor. Zwar sind die ersten Auftritte von Craddocks Geist durchaus unheimlich, doch danach schwindet die Gruselatmosphäre immer mehr. Dazu trägt auch die ungünstige Beschreibung bei, nach der die Augenpartie der Geister wie mit schwarzem Stift überkritzelt aussieht – ein Effekt, der zweifellos in einem Film besser zur Geltung kommt als in einem Roman. Es fehlt dem Geist an einer geheimnisvollen Aura, die ihn von einem mord- und rachlustigen Psychopathen unterscheidet. Bezeichnend dafür ist, dass eine kleine Nebenepisode mit Bammys Schwester Ruth, die im Kindesalter entführt wurde und nie zurückkehrte, auf wenigen Seiten einen viel intensiveren Schauer auslöst als alle Auftritte mit Craddock McDermott zusammen. Der Roman ist weniger der Horror-Schocker, den der Verlag ankündigt, sondern zeigt eher das Bild eines Mannes auf der Suche nach sich selbst während eines Trips quer durch die USA, vor dem Hintergrund einer Geistergeschichte.

_Unterm Strich_ bleibt ein ordentlicher Debütroman, der nicht allen Lobpreisungen gerecht wird. Vor allem den interessanten Charakteren und dem flüssigen Stil ist zu verdanken, dass „Blind“ ein lesenswerter Geisterroman geworden ist. Der Horrorfaktor dagegen fällt eher gering aus, sodass eingefleischte Schocker-Fans nicht zu hohe Erwartungen haben sollten.

_Der Autor_ Joe Hill, eigentlich Joseph Hillstrom King, ist ein Sohn des bekannten Autorenehepaares Stephen & Tabitha King. 2005 erschien seine Geschichtensammlung „20th Century Ghosts“, die im November 2007 bei |Heyne| unter dem Titel „Black Box“ auf Deutsch veröffentlicht werden soll. Er ist Träger des |Ray Bradbury Fellowship|, wurde bereits zweimal mit dem |Bram Stoker Award| sowie dem |British Fantasy Award|, dem |World Fantasy Award|, dem |A. E. Coppard Price| und dem |William L. Crawford Award| als bester neuer Fantasy-Autor 2006 ausgezeichnet. Erst im Zuge des Verkaufs der Filmrechte von „Blind“, seinem Debütroman, wurde das Pseudonym gelüftet. Joe Hill wurde 1972 in Bangor/Maine
geboren und lebt mit seiner Familie in New Hampshire.

http://www.joehillfiction.com

|Originaltitel: Heart-Shaped Box
Originalverlag: Morrow
Aus dem Amerikanischen von Wolfgang Müller
Gebundenes Buch, 432 Seiten|
http://www.heyne.de

Ronelli, Gian Carlo – Goweli – Der letzte Engel

Das Alter des Turiner Grabtuchs, bei dem es sich um das Leichentuch von Jesus Christus handeln soll, ist von Wissenschaftlern aus aller Welt noch immer nicht abschließend geklärt worden. Auf diesem Tuch ist recht deutlich das Abbild eines gefolterten Mannes zu erkennen. Manche interpretieren dieses „fotografische“ Bildnis als dasjenige des Erlösers, andere hingegen sind der Ansicht, es handle sich um eine fast perfekte Fälschung aus dem Mittelalter.

Die hier angewandte C-14-Methode sagte den Wissenschaftlern, dass dieses Tuch aus dem Mittelalter stammt. Kritiker dagegen meinen dazu, dass als Probe ein Stück Stoff entnommen wurde, das aus einem geflickten Teil stammt. Neueste Untersuchungen ergaben als Möglichkeit eine Datierung auf das erste Jahrhundert nach Christi Geburt. Für die Skeptiker ist dies ein Beweis für eine Fälschung, für gläubige Christen allerdings ist das Tuch noch immer eine Ikone. Millionen Gläubige verehren es als das echte Leichentuch Christi, als Zeugnis seiner Existenz, seines Leidens und seiner Auferstehung.

Der Glaube ist nur allzu oft das Ergebnis von Manipulation und Zweifel, in diesem Fall ist es dann die Sindonologie (Wissenschaft des Grabtuchs). Das Tuch wird zurzeit in der Cappella della Santa Sindone in Turin verwahrt und ausgestellt. Auf der Suche nach der womöglich letzten Spur von Jesus sind die Grenzen zwischen Glauben und Naturwissenschaft fließend geworden. An keinem vergleichbaren Gegenstand wurde in den letzten 100 Jahren so intensiv geforscht wie an dem Leinen mit dem Jesusbild.

Da es auf den Turiner Grabtuch Blutflecken gibt, wurden diese natürlich auch analysiert – aber was würde wohl passieren, wenn man das „heilige“ Blut nach einer DNS-Analyse bei einem Mordfall wiederfindet?

_Die Story_

In den USA schockiert eine brutale und geheimnisvolle Mordserie die Menschen. Der oder die Täter töten immer sechsjährige Mädchen, die scheinbar untereinander keine besondere Ähnlichkeit oder Beziehung haben. Der Mörder hinterlässt die getöteten Opfer immer in einer betenden Stellung.

Doch der Zufall kommt den Ermittlern zur Hilfe: Bei dem letzten Opfer werden Blut- und Hautspuren auf einem Kruzifix gefunden. Stammen diese vom Mörder? Die Probe wird analysiert und mit allen DNS-Daten verglichen, derer man in den Datenbanken habhaft wird.

Das Ergebnis ist spektakulär und mehr als nur mysteriös. Trotz mehrerer Vergleiche sagt die DNS-Probe aus, dass es sich bei dem mutmaßlichen Mörder um die Person handelt, die offensichtlich im Turiner Grabtuch ihre letzte Ruhe gefunden hat. Laut internationalen Untersuchungen verschiedener Wissenschaftler könnte das Turiner Grabtuch bekanntlich das Leichentuch von Jesus Christus sein. Aber wie ist das möglich? Ist Jesus Christus wiederauferstanden? Wie kann Gottes Sohn ein brutaler Serienmörder sein?

Die Behörden sind ratlos und suchen Rat und Hilfe bei Dr. Kramer, einem Professor für die Sindonologie (Grabtuchforschung) und Theologie, und Dr. Mercedes Brightman, einer Expertin der Genetik. Beide sind sich nicht fremd und bereits auf verschiedenen Kongressen und Seminaren begegnet, ihre Beziehung zueinander ist aber etwas schwierig. Unterstützt werden beiden Wissenschaftler von Mark Grimley, einem FBI-Agenten indianischer Abstammung. Mark Grimley wird immer dann zu solch mysteriösen Fällen beordert, wenn die polizeilichen Behörden mit ihren weltlichen und rationalen Ermittlungsmethoden nicht weiterkommen.

In Turin, in der Cappella della Santa Sindone, verändert sich plötzlich das Grabtuch und sondert eine merkwürdige Flüssigkeit ab: Es blutet. Als Dr. Mercy Brightman das Blut analysiert und konzentriert mit allen Mitteln untersucht, stellt sie fest, dass es sich verändert. Es findet eine aktive Zellteilung statt, und auch die einzelnen Bestandteile lassen den Schluss zu, dass es nach dem heutigen Stand der Technik keine Erklärung dafür gibt. Ein Wunder Gottes? Die wissenschaftlichen Ermittler und Mark Grimley sind verblüfft und verwirrt, und sehr schnell bemerken sie, dass auch andere Gruppen Interesse an den Ergebnissen haben bzw. diese „Zeugen“ beseitigen wollen.

Nach einem Mordanschlag auf Dr. Kramer und einem Entführungsversuch von Dr. Brightman sieht sich das Trio gefährdet und spürt jetzt dem Mörder und des Rätsels Lösung auf eigene Gefahr nach …

_Kritik_

„Goweli – Der letzte Engel“ ist der Debütroman des österreichischen Autors Gian Carlo Ronelli. In seinem Erstlingswerk spielt der Schriftsteller mit einer sehr interessanten Theorie und setzt diese glaubwürdig als SciFi-Thriller um. Die Genetik spielt zweifelsfrei eine große Rolle, aber kombiniert mit einem Raum-Zeit-Paradoxum bzw. mit Zeitreisetheorien liefert dieser Ansatz eine großartige Handlung.

Gian Carlo Ronelli hat sich viel Mühe mit dem Roman gegeben und sicherlich viel recherchiert; das Buch ist spannend, sehr unterhaltsam, manches Mal tiefgründig und überraschend wissenschaftlich fundiert, sieht man davon ab, wie weit der moderne Stand der Wissenschaft gediehen ist.

Dem Leser kommt es ab und an so vor, als würde ich mich in einer Folge der Reihe „Akte X“ wiederfinden. Aber inzwischen gibt es durchaus eine Menge anderer Ableger dieser mystischen Ausrichtung. Wissenschaft und Religion vermischt der Autor sehr spannend, ohne angenehmerweise in wilde Theorien von Verschwörungen und Geheimnissen der Kirche abzudriften.

Die Protagonisten der Geschichte entwickeln sich großartig zueinander. Die Beziehungen innerhalb des Trios sind nicht nur spannungsvoll, sondern gerade der oftmals bissige, zynische Humor wertet die Story nochmals auf. Die Bösewichter sind ebenfalls nicht unbedingt „böse“ – das wäre dem Autor zu simpel gewesen. Auch die Grundgeschichte schraubt sich kontinuierlich empor, und die Theorien des Autors werden nicht nur erzählt, sondern auch fundiert erklärt.

„Der letzte Engel“ verbindet Wissenschaft und Religion flüssig miteinander. Man wird sich jetzt sicherlich fragen können, was das Turiner Grabtuch mit Engeln zu tun hat, aber auch dieser Aspekt erklärt sich im Laufe der Handlung stimmig. Ich kann jedem nur aufs Wärmste empfehlen, sich nach der Romanlektüre der Recherche zum Turiner Grabtuch zu widmen. Sehr interessant und überaus mysteriös.

_Fazit_

Ich kann „Goweli – Der letzte Engel“ als gelungenen Debütroman ganz klar empfehlen. Einziger Kritikpunkt wäre, dass die Geschichte vielleicht manches Mal zu schnell erzählt wird, auch wenn das der faszinierenden Atmosphäre keinen Abbruch tut. Da es sich um einen Debütroman handelt, kann man auch Verständnis dafür aufbringen, dass die Figuren zwar gut charakterisiert sind, aber den gewünschten Hintergrund noch vermissen lassen.

Im Nachwort erklärt Gian Carlo Ronelli, dass er darüber nachdenkt, einen zweiten Roman zu verfassen, in dem wahrscheinlich auch die drei Hauptfiguren wieder vorkommen. „Goweli – Der letzte Engel“ allerdings ist eine in sich abgeschlossene Geschichte.

http://www.sieben-verlag.de/

Straczynski, Joseph Michael / / Garney, R. / Aguirre-Sacasa, R. / Crain, C. – Spider-Man 37 (Civil War Tie-in 3)

[Spider-Man 35 3601 (Civil War Tie-in 1)
[Spider-Man 36 3824 (Civil War Tie-in 2)

_Inhalt_

|“Krieg im eigenen Land (3 von 6)“|

Das Ultimatum ist abgelaufen und die verpflichtende Registrierung fordert ihren Tribut ein. Unter der Leitung von Iron Man starten die Befürworter des neuen Gesetzes ihre Jagd auf alle Superhelden, die sich der Registrierung widersetzt haben. Auch Spider-Man kämpft an vorderster Front, plagt sich jedoch ständig mit Selbstzweifeln, weil die neue Ordnung ihm immer weniger behagt. Als er sich schließlich Captain America stellen muss, gerät er in einen Gewissenskonflikt. Dieser einst patriotische Held soll nun sein Gegner sein? Für die Spinne unfassbar. Doch zu Zeiten des neuen Bürgerkriegs werden solche Duelle zur Realität.

|“Die tödlichen Feinde von Peter Parker (1 von 3)“|

Nach der Demaskierung von Spider-Man schließen sich einige altbekannte Feinde zusammen, um Peter Parker den Garaus zu machen. Unter der Führung des lange verschollenen Chamäleons starten sie einen Rachefeldzug, in dem sich der Spinnenmensch Schurken wie dem Grünen Kobold, Will O‘ The Wisp und Scarecrow stellen muss. Die Realität nagt indes immer mehr an Parker; er fürchtet bereits kurzfristig Anschläge auf seine Frau Mary Jane und geht vorsorglich zu einer Wahrsagerin, um einen Blick in die Zukunft zu riskieren. Die Kugel verheißt jedoch nichts Gutes.

_Meine Meinung_

In der 37. Ausgabe der „Spider-Man“-Comics wird der „Civil War“ gleich an zwei Fronten weiter ausgefochten. Neben dem Hauptplot wird in der zweiten Hälfte des Heftes nämlich noch eine weitere Mini-Serie im Rahmen des Bürgerkriegs gestartet, die sich in erster Linie mit den Reaktionen der Schurken auf diesen neuen Gesetzesentwurf und seine Konsequenzen beschäftigt.

Zuvor jedoch bekommt der Titelheld zum ersten Mal zu spüren, inwiefern das Gesetz zur Registrierung der Superhelden sich auf seinen künftigen Alltag auswirkt. Nicht nur, dass statt Spider-Man nun Peter Parker im Rampenlicht steht, sondern auch die Tatsache, dass er nun gegen Leute antreten muss, die er bis zuletzt noch zu seinen stärksten Verbündeten zählen durfte, macht ihm zu schaffen. Nie hätte er sich träumen lassen, dass er eines Tages Captain America als Gegner gegenüberstehen würde. Dementsprechend seltsam mutet ihr erstes Gefecht auch an; beide sind darum bemüht, den jeweils anderen nicht sonderlich zu verletzen, denn keiner kann sich mit dem Gedanken des neuen Feindbildes wirklich anfreunden. Doch sie sind gezwungen, ihre Überzeugung bzw. das, was ihnen eingetrichtert wurde, zu vertreten, so dass ein erstes Gerangel unvermeidlich bleibt – und in diesem zieht Peter eindeutig den Kürzeren. Ganz so angetan ist er von der neuen Entwicklung nämlich ganz bestimmt nicht.

Dies spiegelt sich dann auch in der zweiten Story wider; Peter stößt in einem knallharten Kampf auf Will O‘ The Wisp und Scarecrow, zwei Schurken, an die er sich kaum noch erinnern kann. Doch nun tauchen sie wieder aus der Versenkung auf, weil sie einen Weg gefunden haben, wie sie ihrem alten Kontrahenten möglichst großen Schaden zufügen können. Dessen bewusst, wird Spider-Man immer verzweifelter. Er fühlt sich schutzlos ausgeliefert und fürchtet, dass seinen Angehörigen in Kürze etwas zustoßen könnte. Und glaubt man den Plänen, die das Chamäleon im Hintergrund schmiedet, ist Derartiges auch zu befürchten. Insofern sagt ihm die Hellseherin auch nur Dinge voraus, die er längste erahnt hatte: Der Krieg steht bevor – und er wird blutig sein!

Interessanterweise gerät der Hauptplot im dritten Teil ein wenig ins Hintertreffen. Zwar ereignen sich elementare Dinge, wie etwa das Aufeinandertreffen von Captain America und Spider-Man, doch im Grunde genommen scheinen die Entwicklungen, die sich in „Die tödlichen Feinde von Peter Parker“ auftun, noch viel verheerendere Auswirkungen auf die ganze Story zu haben. Damit ist aber auch gewährleistet, dass die Nr. 37 zwei Storys auf gleich hohem Niveau aufbietet und keine überflüssigen Einschübe von der eigentlichen Handlung ablenken. Das Magazin steht ganz im Zeichen des „Civil War“ und berichtet ausschließlich von vorderster Front, und das so actionreich wie selten zuvor. Spätestens jetzt ist man mitten im Geschehen und macht sich noch einmal den enormen Effekt bewusst, den diese Serie für die ganze |Marvel|-Comicwelt haben wird, weswegen die Serie – und damit auch ganz klar dieses Magazin – reizvoller nicht sein könnte. Wer den „Civil War“ gänzlich auskosten möchte, kommt an „Spider-Man 37“ ergo nicht vorbei.

http://www.paninicomics.de/?s=CivilWar
http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10071

Pramas, Chris – Reiche der Magie (Warhammer Fantasy-Rollenspiel)

_Inhalt_

„Reiche der Magie“ enthält eigentlich alles, was man benötigt, um in der Alten Welt einen Magier bzw. einen Magiewirkenden zu spielen. Hierbei wird allerdings weniger Wert auf Zaubersprüche und Tabellen gelegt, denn davon waren ja auch schon einige im Grundregelwerk, sondern hauptsächlich auf die Hintergründe. Es gibt zwar auch neue Zauber, aber sie machen den kleinsten Teil des Quellenbandes aus.

Nach einer sehr interessanten Kurzgeschichte zu Beginn (mehr davon!) wird der Leser erst mal in die Geschichte der Magie im „Warhammer“-Universum eingeführt. Da diese vom Anbeginn der Zeit bis heute reicht, werden einem hier schon ganz schön viele „historische“ Ereignisse aufgetischt, die sich allerdings manchmal ein wenig in ihrer Ausführlichkeit hinziehen. Aufgelockert wird das Ganze dann aber immer wieder mit eingeschobenen Kästchen, mit Kommentaren oder kurzen Geschichten.

Magietheorie wird dann im Kapitel „Vom Wesen der Magie“ sehr ausführlich behandelt. Hier werden die acht verschiedenen Winde der Magie vorgestellt, wobei mir besonders das dazugehörige Schaubild sehr positiv in Erinnerung geblieben ist. Zudem wird auch auf die Weiße Magie (die allerdings nur NSCs vorbehalten ist) und Schwarze Magie (für die Bösewichte) eingegangen. Auch werden die verschiedenen Wege vorgestellt, wie die Magie manipuliert werden kann, sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht.

Im folgenden Kapitel wird auf das Verhältnis der Gesellschaft zur Magie eingegangen. Da diese in der Alten Welt sehr lange verboten war, wird sie immer noch im besten Fall argwöhnisch betrachtet, wenn ihr nicht gar offener Hass entgegenschlägt. Da es ja neben den „normalen“ Magiern auch noch Hexer, Nekromanten und Chaosmagier gibt, ist das auch durchaus nachvollziehbar.

Den für mich wichtigsten Teil des Quellenbandes bildet die Beschrebung der Magierakademien. Hier werden der Lichtorden, der Goldorden, der Jadeorden, der Graue Orden, der Himmelsorden, der Amethystorden, der Feuerorden und der Bersteinorden genau unter die Lupe genommen und unter verschiedenen Gesichtspunkten wie deren Magie, Lehrlinge, Philosophie und Pflichten und deren Persönlichkeiten durchleuchtet. Hinzu kommen noch einige Zauber, die auf die Akademien zugeschnitten sind, sowie eine Reihe an Ritualen.

Etwas dunkler wird es dann im Kapitel „Von Hexen und Hexenjägern“, denn hier werden die so genannten Magiedilettanten, Hexen und Hexenmeister sowie ihre schlimmsten Feinde, die Hexenjäger vorgestellt. In diesem Rahmen werden auch zwei neue Karrieren (Hexe und Hexenmeister) eingeführt.

Zum Schluss wird dann noch einmal Wert aufs Handwerkliche gelegt, denn das Erschaffen von Vertrauten, Elixieren und Artefakten bildet den Abschluss des Regelteils. Besonders heraus stechen die zwergischen Runenmagier, die extrem mächtige Artefakte herstellen können. Hier wird auch der Karriereverlauf dieser Runenschmiede angegeben.

Den endgültigen Abschluss bildet dann nach dem Motto „Kein Warhammer-Quellenbuch ohne Abenteuer“ das Abenteuer „Ein heißer Abgang“.

_Mein Eindruck_

Ich muss offen zugeben, dass mich dieser Magieband schon sehr für sich eingenommen hat, obwohl ich eigentlich eher selten Magier (systemunabhängig) spiele. Der Band ist eigentlich durchweg sehr gut lesbar geschrieben, im Gegensatz zu manch anderem Magiekompendium, auch wenn er ab und zu einige Längen aufweist. Die Aufmachung ist übrigens wieder über jeden Zweifel erhaben: Vollfarbe, tolle Illustrationen und Bilder, hervorragendes Layout – klasse! Sehr positiv finde ich zudem, dass mehr Wert auf Stimmung und Hintergründe als auf reine Tabellen und Regeln gelegt wird. So macht das Lesen richtig Spaß, woran die immer wieder eingeschobenen Kurzgeschichten und Anekdoten einen großen Anteil haben.

Die Magierakademien sind ebenfalls sehr gut und ausführlich beschrieben, so dass man sofort einen guten Überblick erhält und eigentlich gleich einsteigen kann. Was mir sehr gefällt, ist, dass die Magier zwar schon zu Beginn relativ mächtig sind, aber durch „Tzeentchs Fluch“, die überwiegend negativ eingestellte Bevölkerung und die zu Beginn beschränkte Spruchzahl doch „zurechtgestutzt“ wurden, um das Spielgleichgewicht zwischen magischen und nichtmagischen Charakteren zu gewährleisten.

Alles in allem kann man sagen, dass das Magiesystem von „Warhammer“ wirklich zu den besseren gehört, denn es ist recht simpel, und doch lässt sich vieles damit machen. Zudem fällt positiv auf, dass nur sehr wenig Schwarzweiß-Malerei betrieben wird. Hexenjäger beispielsweise sind ebenso wenig immer gut wie Hexen immer böse sind. Dies bewirkt, dass die Spieler gezwungen werden, immer alles zu hinterfragen, was grundsätzlich positiv ist.

Das Einzige, was mich ein wenig stört, ist, dass die verschiedenen Magier, je nachdem, welchen Wind sie zum Magiewirken benutzen, dessen charakterliche Züge annehmen. Hier besteht die Gefahr einer Stereotypenbildung. Die Auswahl der verschiedenen Akademien ist allerdings wiederum sehr gut gelungen. Diese unterscheiden sich teilweise grundlegend von einander, so dass hier für jeden etwas dabei sein dürfte.

_Fazit_

„Reiche der Magie“ ist ein essenzieller Quellenband für das „Warhammer-Rollenspiel“ und eigentlich unverzichtbar für jeden „Warhammer“-Spielleiter. Er hat genau die richtige Balance zwischen Fakten und Unterhaltung, so dass das Lesen richtig Spaß macht. Unbedingte Kaufempfehlung!

http://www.feder-und-schwert-com

|Siehe ergänzend dazu:|

[„Warhammer Fantasy-Rollenspiel“ 2444
[„Das Bestiarium der Alten Welt“ 2597
[„Sigmars Erben“ 2862

Millar, M. / McNiven, S. / Jenkins, P. / Lieber, S. – Civil War 3

_Inhalt_

|“Civil War, Teil 3″|

Zum ersten Mal bläst Tony Stark aus den eigenen Reihen heftiger Gegenwind ins Gesicht; Emma stellt ihn zur Rede und erinnert ihn an seine Fehlleistungen der Vergangenheit. Ungetrübt dadurch lockt er Captain America, Daredevil, Goliath und Hercules in eine Falle, um sie zu überführen. Iron Man erstellt sogar ein Friedensangebot, das seine Gegner aber undiskutiert ablehnen. Der Captain ist außer sich vor Wut ob dieser Scheinheiligkeit und attackiert seinen ehemaligen Verbündeten. Doch der setzt zum ersten Mal seine neue Rüstung ein und verdrischt Cap mit einer nie dagewesenen Brutalität – bis etwas Unglaubliches geschieht.

|“Angeklagt, Teil 4″|

Der geforderte Boxkampf zwischen Speedball und dem Anführer der Gefängnisinsassen, Tomey, ist fällig, endet aber in einem Eklat, als die Zuschauer feststellen, dass Speedball scheinbar deutlich überlegen ist. Mit einem Messerstich wird er überrumpelt, entdeckt anschließend jedoch ungeahnte Kräfte. Der anschließende Besuch seiner Mutter bringt ihn jedoch wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

|“Schläfer, Teil 2 und 3″|

Während die Cops verschiedene Theorien über die Entstehung der Explosion im Zierfischladen des merkwürdigen Joe entwickeln, stellt sich heraus, dass der Mann bzw. seine Identität nirgendwo registriert ist. Shield setzen Wonder Man auf den Fall an und verpflichten ihn infolge seiner freiwilligen Registrierung zur Mitarbeit an den Ermittlungen. Dieser jedoch bekommt ernsthafte Zweifel, schließlich hatte er nicht erwartet, dass er künftig in eine solche Abhängigkeit geraten würde.

_Persönlicher Eindruck_

Erschreckende Bilder prägen den dritten Teil der „Civil War“-Comics. Nach ersten Grabenkämpfen und Intrigen treffen Captain America und Iron Man nun zum ersten Mal direkt aufeinander, wollen sich aber auf den sich anbahnenden Fight nicht einlassen. An beiden Fronten liegt die Spannung in der Luft, als sich die beiden neuen Kontrahenten Auge in Auge gegenüberstehen und Iron Man sogar anbietet, dem Cap seine Hand zu reichen. Doch dessen Überzeugung von Tony Starks Unaufrichtigkeit und der fehlenden Notwendigkeit des Gesetzesentwurfs lassen keine friedliche Lösung mehr zu. Cap tritt einen Kampf los, dessen Ausmaße die gesamte Welt der Superhelden erschüttern sollen – und erhält auch prompt die Quittung für seine Rücksichtslosigkeit.

Was sich im letzten Teil schon andeutete, nämlich dass man recht eindeutig dazu genötigt wird, Partei für Captain America, Daredevil und Co. zu ergreifen, setzt sich in Episode 3 nun ganz deutlich fort. Tony Stark entwickelt immer mehr Hinterlisten, um dem von ihm mit entworfenen Registrierungsgesetz Geltung zu verschaffen, und lockt ein Team, das er zuvor noch zu seinen Freunden zählte, in einen gemeinen Hinterhalt, aus dem eine Flucht kaum möglich scheint. Auch wenn es letztendlich Cap ist, der die Offerte annimmt und sich auf eine wilde Prügelei einlässt, so avancieren der naiv wirkende Spider-Man, der neuerdings arrogante Stark und auch Mr. Fantastic immer mehr zu unsympathischen Charakteren, die trotz offenkundiger Gewissensbisse ohne Scheu gegen ihre Freunde intrigieren. Und dies ist mitunter noch erstaunlicher als das plötzliche Comeback von Thor, das sich bereits in „Civil War Frontline“ angedeutet hat.

Vergleichbar brutal verläuft auch der weitere Gefängnisaufenthalt von Speedball alias Robert Baldwin. Er stellt sich endlich seinen Gegnern, entdeckt aber wiederum, dass er deren unlauteren Mitteln nicht gewachsen ist. Frustriert von den Ereignissen in seiner Umwelt, schlägt er seiner Mutter ins Gesicht, zeigt aber nach wie vor keine Reue. Auch hier gilt: Der Plot wird temporeich fortgeführt, die Tragödie um Speedball in Sachen Dramaturgie sogar noch einmal auf neue Höhen gebracht. Stark!

Die dritte Geschichte im Bunde, „Schläfer“, seht dem scheinbar in nichts nach, zumal das Mysterium um den rätselhaften Beauftragten Namors weiter besteht. Wonder Man wird auf den Fall angesetzt und entdeckt erstmals die persönlichen Schattenseiten des Registrierungsgesetzes. Er hat sich dahingehend versklavt, dass er auf Abruf für das Team von Shield abgestellt werden muss, lehnt dies jedoch ab. Doch als Befürworter der neuen Entwicklung bleibt ihm keine Wahl. Die Regierung hat nämlich genügend Mittel, um Wonder Man zu erpressen.

In dieser letzten Story wird die politische Komponente noch einmal gehörig hervorgehoben. Die Regierung als solche fällt in ein denkbar trübes Licht und wird als Triebmotor einiger korrupter Machenschaften bloßgestellt, der nicht nur durch das Registrierungsgesetz, sondern auch durch die prominente Gesellschaft der zustimmenden Superhelden gestärkt wird. Es handelt sich dabei jedoch um eine vollkommen subtile Schelte, die die Handlung nicht infiltriert, geschweige denn der Aufhänger des Plots ist. Aber als wichtiges Merkmal gehört dieser Aspekt bereits jetzt als bewusstes Äquivalent zur Realität fest zum „Civil War“ hinzu.

Zusammengefasst ist auch Teil 3 der Serie ein echter Knüller. Ergreifende Bilder zweier sich brutal bekämpfender Superhelden bleiben auf Dauer in Erinnerung, das Schicksal von Speedball ist zunehmend bewegender dargestellt und im letzten Plot werden die direkten Schattenseiten des handlungsbestimmenden Gesetzes erläutert. In rasantem Tempo und mit gehörigem Infogehalt steuert man langsam auf den Höhepunkt zu und damit auch auf den Beginn einer neuen Ära. In dieser Bestverfassung lieben wir unsere |Marvel|-Comics!

http://www.paninicomics.de/?s=CivilWar

Jackson, Steve / Kovalic, John – Star Munchkin

_Krieg der Sterne_

Zwar nicht ganz von George Lucas inspiriert und sicherlich auch mit einem größeren Humor als die Herren Skywalker und Solo gesegnet, reisen die Munchkins nun aus dem Dungeon in ferne Galaxien und treten im Weltall gegeneinander an, um sich dort Stufe für Stufe heraufzuarbeiten und in der Schwerelosigkeit den Sieg untereinander auszumachen.

Als Mutanten, Cyborgs, Gadgeteer, Katze, Händler und Kopfgeldjäger entfesseln die beteiligten Kreaturen einen irrwitzigen Sternenkrieg der ganz anderen Art und stellt sich der extraterrestrischen Bedrohung. Sei es nun der Weltraumvampir, die bionische Tussi oder Captain Quark – es gilt mal wieder, ordentlich aufzuräumen und die hinter den Türen lauernden Monster fertigzumachen, ohne selber fertiggemacht zu werden. Und da die Macher der „Munchkin“-Reihe dieses Mal besonders erfinderisch bei der Wahl ihrer Kreaturen waren, ist schon vorab größter Spielspaß garantiert.

_Spielmaterial/Design_

Immer wieder lobenswert, was John Kovalic auf den wiederum 168 Karten dieses Themensets so alles fabriziert. Die Karten sind erneut stimmungsvoll gezeichnet, offenbaren mitunter die coolsten Fratzen, die Kovalic bislang für ein „Munchkin“-Spiel losgelassen hat und nutzen den gesamten Spielraum, den dieses Weltraumepos innerhalb des großen parodistischen Inspirationsgebiets aufbietet. So bedient man sich bei Hollywood, moderner literarischer Science-Fiction, seltsamen Anglizismen und merkwürdigen neumodischen Begriffen, die hier noch besser passen als beim Originalspiel. Und da das Design der Karten bei „Munchkin“ ausschlaggebend für die allgemeine Qualität des Spiels ist, gehen hier schon einmal beide Daumen hoch.

_Die erforderlichen Kaufargumente_

Warum ausgerechnet dieses Set? Eingeschworene Fans und Sammler stellen sich diese Frage schon lange nicht mehr und spielen „Munchkin“ im Mega-Mischpaket. Doch gerade für Neueinsteiger ist es immer wieder interessant, zu wissen, welche Vorzüge welches Kartendeck bietet und warum es ausgerechnet dieses oder jenes sein soll. Die Argumente für „Star Munchkin“ sind diesbezüglich recht vielfältig, wobei der schlagkräftigste natürlich der enorme Witz ist, den die Karten versprühen. Gerade bei der illustratorischen und lyrischen Gestaltung der Monsterkarten hat man sich hier besonders Mühe gegeben und die coolsten mir bekannten Figuren des Spiels eingebracht. Die Munchkins kämpfen gegen ‚Das Wesen aus unreinen Gedanken‘, das ‚Gehirn im Glas‘, den ‚großen Cthulhu‘ und fürchten sich vor der großen Panzerlawine, namentlich ‚Frank der Tank‘. Unterstützung bekommen sie hierbei von Handlangern wie dem Androiden und dem Wunderkind, die jedoch auch ihre liebe Mühe haben, mit der ‚Weltraumamazone‘ und dem ‚Ding, das niemals für die Menschheit bestimmt war‘. Der Clou bei den beiden Letztgenannten: Sie sind geschlechtsabhängig und haben je nach Zugehörigkeit noch weitere Zusatzkräfte.

Ziemlich erfinderisch ist indes auch die Wahl der Waffen. Schon mal was vom ‚Pangalaktischen Donnergurgler‘ gehört? Oder von der ‚Lautschallenden Brechplasmagranate‘? Na dann, Prost Mahlzeit. Auch nicht schlecht: Der ‚Kettensägenhandschuh‘, die ’ständige Winkehand‘ und das allseits beliebte ‚Gaffa-Tape‘. Aber Jackson und Kovalic wären nicht Jackson und Kovalic, würden sie nicht noch einen draufsetzen können. Und so gibt es in „Star Munchkin“ eine reichhaltige Auswahl an Laserfeuerwaffen wie den Dazer, den Raser, den Maser, den Bobaser und schlussendlich der Bananafanafofaser, die sich übrigens komplett miteinander verbinden lassen, um die Feuerkraft zu erhöhen. Es ist also möglich, dass irgendwann jemand mit einem Laser-Laser-Bobaser-Bananafanafofaser angreift und man gar nicht mehr weiß, wie einem geschieht. In diesem Fall hätte der Spieldesigner jedoch auch sein Ziel erreicht.

_Meine Meinung_

Obwohl es bislang noch kein Spiel aus der „Munchkin“-Reihe gegeben hat, das mich in irgendeiner Weise enttäuscht hätte, so möchte ich „Star Munchkin“ als meinen bisherigen Liebling bekannt geben. Der Humor der Karten ist fabelhaft der ironische, mitunter zynische Unterton der Texte richtig schön bissig, das Spiel an sich dabei so lebhaft wie eh und je. Abgesehen von den neuen Kombinationsmöglichkeiten der Laser gibt es zwar keine entscheidenden Änderungen, die berechtigterweise für den Status einer Erweiterung des Originalspiels sprechen würden, doch der aufmerksame Spieler wird längst wissen, dass darin nie die Grundintention des Teams Jackson/Kovalic bestanden hat.

Insofern gilt nur festzuhalten, dass „Star Munchkin“ im Zuge der regelmäßigen neuen Themenzusammenstellungen zwingend Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, weil hier definitiv kein Lachmuskel unbewegt bleibt. Wo kann man zum Beispiel schon eine ‚Bionische Tussi‘ mit einer ‚Biergasgranate‘ um die Ecke bringen oder die seltsamsten Entdeckungen des Alls in nur einer Partie kennen lernen? „Star Munchkin“ liefert in dieser Hinsicht alle Optionen und ist eine mehr als würdige Kritik auf den Sternenkrieg. Selbst alte „Star Trek“-Fanatiker und Darth-Vader-Hasser sollten hier schmunzeln und in einer rasanten, unheimlich kommunikativen Partie „Star Munchkin“ ihren Spaß finden. Einmal begonnen, fällt es nämlich unheimlich schwer, wieder von der Science-Fiction-Variante des Spiels abzulassen.

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Janice Deaner – Als der Blues begann

Janice Deaners Debütroman „Als der Blues begann“ wurde bereits 1994 in Deutschland veröffentlicht und erhielt viel Lob. Im Sommer 2007 bringt |Rowohlt| das Buch als Neuauflage heraus, um dem geneigten Leser mit einem wunderbaren Familienroman in der heißen Jahreszeit zu erfrischen.

Die zehnjährige Maddie lebt mit ihrer älteren Schwester Elena, dem kleinen Bruder Harry und den Eltern Leo und Lana in den Siebzigern in Detroit. Leo gibt Klavierunterricht, während Lana von sich behauptet, Schriftstellerin zu sein, und den ganzen Tag in einem Sessel sitzt und in Notizbücher schreibt, die ihre Kinder nicht lesen dürfen.

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Diverse Autoren – Monsters of MAD 4

Ein ziemlich affiges Vergnügen ist die erste Ausgabe der „Monsters of MAD“-Comics im Jahre 2007. Die Sammlung aus witzigen Mini-Strips beginnt direkt mit einem merkwürdigen Comic, in dem Don Martin auf seltsame Weise die Legende von Tarzan neu erzählt, erstreckt sich dann über weitere tierische Strips mit einem Affen als Hauptdarsteller und endet schließlich mit einem „MAD mobil“-Spezial, in dessen Hauptrolle ein gewisser King Kong schlüpft.

Unterdessen gibt es in diesem Fall kein übergeordnetes Thema; „Monsters of MAD 01/07“ ist eine lose Zusammenstellung unabhängiger illustrierter Kurzgeschichten mit vielen bekannten Gesichtern aus der „MAD“-Szene; so dürfen sich „Spion & Spion“ gleich mehrfach bekämpfen, die Märchenseiten werden mit einer eher unspektakulären Parodie auf „Der Froschkönig“ gefüllt, und auch die Liebschaften zwischen Dick und Dünn werden gleich mehrfach humorvoll in Szene gesetzt. Weitere Specials gibt es zu Geschichten aus dem Kreißsaal, dann einen Bericht über miese Küsser und all ihre ekligen Auswüchse sowie die Rubrik „Gründe, mit durchschnittlichen Serienkillern Mitleid zu haben“, in denen die niedrigsten Instinkte der Menschen recht sarkastisch durch den Kakao gezogen werden. Letzteres geschieht übrigens auch noch in „Sicherheits-Tipps für Party-Monster“ und „Katastrophale Anzeichen dafür, dass Sie den falschen Anwalt angeheuert haben“.

Während in den herkömmlichen Ausgaben von „MAD“ zumeist eine gesunde Mischung aus herrlich makaberem Slapstick, witzigen Kurzgeschichten und Frotzeleien zu derzeit aktuellen Themen verwurstet werden, bestehen die Sonderausgaben doch eher aus einem deutlichen Übergewicht an kurzweiligen Illustrationen, die jedoch in der neuesten Ausgabe leider nur bedingt witzig sind. Es sind eigentlich mal wieder die vielen Rubriken zu Spezialthemen, wie etwa der Bericht über die bemitleidenswerten Serienkiller, die die Kohlen aus dem Feuer holen und einen in Sachen Humor eher schwachen Comic halbwegs retten. Egal ob es nun die Saga von Tarzan, die einzelnen Strips zu King Kong, die beiden Geschichten um den Froschkönig oder auch die unvorteilhafte Läster-Tirade gegen Dicke sind – zum Schmunzeln, geschweige denn wirklich zum Lachen fühlt man sich hier nicht angeregt. Klar, die Art und Weise wie die Zeichnungen aufgebaut sind – Parallelen zur „Titanic“ sind sicherlich nicht zufällig –, ist eigentlich gelungen, nur der Inhalt der Illustrationen ist oft recht dröge und zielt vermehrt auf einen kindlichen, viel zu albernen oder doch deutlich überzogenen Humor.

Für meinen persönlichen Geschmack hat das „MAD“-Magazin in den letzten Jahren sowieso arg nachgelassen, weil es einfach an frischen, nicht längst ausgelatschten Ideen mangelt. Diese Entwicklung wird hier ziemlich deutlich dokumentiert: „Monsters of MAD 4“ ist eine ziemlich plumpe, kaum originelle Ansammlung von lahmen Strips und zweitklassigen Comic-Erzählungen, bei denen die wenigen Höhepunkte nicht mal mehr sonderlich hervorstechen. Ganz klar: Auf diesem Gebiet gibt es deutlich Gehaltvolleres!

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Novik, Naomi – Drachenbrut (Die Feuerreiter Seiner Majestät 1)

Es klingt auf den ersten Blick ein bisschen nach einer Mischung aus [„Eragon“ 1247 und „Jonathan Strange & Mr. Norrell“, was Naomi Novik uns mit dem ersten Teil ihrer – im Englischen bald zur Tetralogie ausgewachsenen – Trilogie |Die Feuerreiter seiner Majestät| serviert. Das Szenario ist ganz ähnlich wie bei „Jonathan Strange“, denn Noviks Drachen-Reihe spielt zur gleichen Zeit. 1805 befindet sich England mitten im Krieg gegen Napoleon, nur sind es keine Magier, die mit an die Front ausrücken, sondern Drachen. Und das auf beiden Seiten, denn in Naomi Noviks Welt sind die Drachen das Glanzstück der Streitkräfte.

Als Kapitän Will Laurence eine französische Fregatte kapert, deren Fracht ein echtes Drachenei enthält, ahnt er noch nicht, dass seine Zeit bei der Marine ihrem Ende entgegengeht. Wie es das Schicksal nun einmal so will, schlüpft der Drache auf hoher See. Im Leben eines Drachen ist dieser Augenblick stets ein sehr entscheidender. Nur wenn dem Drachen gleich nach dem Schlüpfen ein Geschirr angelegt wird, wird es gelingen, ihn zu zähmen, und derjenige, der dem Drachen sein Geschirr anlegt, wird auf immer seine Bezugsperson sein.

Der Einzige, der die Sympathien des Drachen wecken kann, ist Laurence, und von dem Moment an, als Laurence dem Drachen Temeraire das Geschirr angelegt hat, ist auch schon entschieden, dass er fortan für den Drachen verantwortlich sein muss. Und so wechselt er von den vertrauten Planken seines Schiffes auf den Rücken des Drachen, um fortan auf diese Weise seine Pflicht für die Krone zu erfüllen. Und die kann einen Drachen wie Temeraire gut gebrauchen. Es sieht nicht gut für die Engländer aus im Krieg gegen Napoleon. Ein weiterer Drache ist da Gold wert.

Doch um sich als nützlich erweisen zu können, müssen Temeraire und Laurence erst einmal eine Ausbildung in Schottland absolvieren, wo sie lernen, in Formation mit anderen Drachen Einsätze zu fliegen. Und schon nach wenigen Monaten kommt der große Augenblick für Laurence und Temeraire. Im Kampf gegen die französischen Drachen müssen sie zeigen, was in ihnen steckt, und in Temeraire steckt noch eine ganze Menge, von dem weder Drache noch Flieger etwas ahnen …

Es ist schon eine schöne Fantasygeschichte, die Naomi Novik da aus dem Hut gezaubert hat. „Drachenbrut“ bildet eine vielversprechende Ausgangslage für die beiden folgenden Teile der Reihe.

Laurence ist eine sympathische Hauptfigur. Als sich herausstellt, dass er es ist, der nun sein Leben an der Seite des Drachen verbringen soll, trägt er diese einschneidende Veränderung seines Lebens mit erstaunlicher Fassung. Er weiß, dass sich von nun an alles ändern wird, denn von nun an hat seine erste Sorge stets dem Drachen zu gelten. Unter diesen Bedingungen ein normales Leben mit allen dazugehörigen gesellschaftlichen Verpflichtungen zu führen, ist schlichtweg unmöglich. Und so verwundert es auch nicht, dass Laurence‘ „berufliche Umorientierung“ bei der Familie auf wenig Gegenliebe stößt. Sein Eheversprechen an seine Verlobte ist damit auch hinfällig und Laurence muss schon bald seinen ursprünglichen Lebenstraum begraben.

Doch das nimmt er vermutlich auch deswegen mit so viel Fassung, weil er mit Temeraire einen sehr sympathischen neuen Gefährten an seiner Seite hat. Er genießt es, Zeit mit dem Drachen zu verbringen, und die beiden verbindet schon bald eine innige Freundschaft. Das Leben der Feuerreiter erfordert viele Opfer, aber die besondere Freundschaft zwischen Drache und Flieger birgt eben auch ein ganz besonderes Gefühl.

Interessant ist, wie Novik die Drachen in ihre Welt einbettet. Sie sind ein wichtiger Teil des militärischen Apparates. Zu Zeiten, in denen der Krieg sich immer auf festem Boden oder auf dem Wasser abspielt, markieren die Drachen so etwas wie den Einstieg in den Luftkampf. Und der sieht gar nicht so fantastisch und romantisch aus, wie man sich das bei dem Gedanken an Drachen vorstellen mag. Es gibt eine feste Besatzung von mehreren Personen, die Geschosse abfeuert und über Signalflaggen mit den Besatzungen anderer Drachen kommuniziert. Der Drache mutet da wie ein rustikaler Vorläufer des Kampfflugzeugs an.

Doch auch der Drache selbst muss im Kampf seine Fähigkeiten in die Waagschale werfen. Es kommt nicht nur auf Schnelligkeit, Kraft und Wendigkeit an, viele Drachen haben auch noch eine besondere Fähigkeit auf Lager, die im Kampf von enormer Bedeutung ist. Sie spucken Säure oder Feuer und tragen so nicht unerheblich zum Kampfgeschehen bei.

So hat Novik ausreichend Stoff für fesselnde Schlachtenschilderungen, die sie vor allem in der finalen Schlacht über dem Ärmelkanal zum Höhepunkt des Buches herausarbeitet. Die Luftkämpfe sind absolut spannend und es liegt nahe, warum Herr-der-Ringe-Regisseur Peter Jackson sagt, dass aus diesem Stoff seine Kinoträume wären. Man darf also durchaus gespannt sein, wie dieser Stoff irgendwann einmal filmisch von ihm umgesetzt wird. Es kann eigentlich nur großartig werden.

So richtig auftrumpfen kann Novik mit spannenden Kampfhandlungen allerdings wirklich erst im letzten Drittel des Buches. Die ersten zwei Drittel dienen eher dem Handlungsaufbau. Laurence nimmt nach dem Schlüpfen von Temeraire Abschied vom Seemannsleben und tritt seine Ausbildung in Schottland an. Hier steht eher die beginnende tiefe Freundschaft zwischen Temeraire und Laurence im Vordergrund, genau wie die Grundsätze des Lebens auf dem schottischen Stützpunkt, der Umgang der Flieger miteinander und das vor allem anfangs etwas gespaltene Verhältnis zwischen Laurence und seinen Kollegen.

Typisch gerade auch für die Zeit in der das Buch spielt, sind Etikette und ein bestimmter militärischer Verhaltenskodex von zentraler Bedeutung. Auch Laurence muss sich trotz militärischer Erfahrung erst eingewöhnen und findet unter den Fliegern nicht gleich die Akzeptanz, die er sich später hart erarbeitet. Viele, die auf dem schottischen Stützpunkt arbeiten, warten seit Jahren darauf, Kapitän eines eigenen Drachen werden zu dürfen. Dass Laurence als Außenstehender einfach mit einem eigenen (noch dazu äußerst seltenen und wertvollen) Drachen daherspaziert kommt und ohne Vorkenntnisse seinen Dienst als Kapitän antritt, schürt jede Menge Neid und Missgunst.

Insgesamt baut Novik den Roman ganz gut auf. Auch wenn man sich wünschen möchte, sie würde schon früher an der Spannungsschraube drehen, liest sich der Roman flott herunter und es kommt keinerlei Langeweile auf. Sie entwickelt ihre Geschichte auf ganz eigenständige Art und schafft damit einen Roman, der sich gegenüber anderen Fantasygeschichten abgrenzt und individuell definiert, auch wenn man sich beim Lesen der Inhaltsangabe noch an ein Werk wie Susanna Clarkes [„Jonathan Strange & Mr. Norrell“ 2253 erinnert fühlt.

Am Ende wartet man neugierig und ungeduldig darauf, wie es mit Laurence und Temeraire weitergeht, denn Noviks Finale macht Lust darauf, die Fortsetzung möglichst bald zu lesen. Wie gut, dass der nächste Band schon im August erscheint. So hält sich die Wartezeit in Grenzen.

Bleibt unterm Strich ein positiver Eindruck zurück. Novik entwickelt sympathische Protagonisten und kreiert nach einer ersten Aufbauphase einen absolut spannenden Plot, der Lust auf mehr macht. Man darf gespannt sein, welche Abenteuer sie für Laurence und Temeraire noch aus dem Hut zaubert. „Die Feuerreiter seiner Majestät“ hat das Zeug dazu, eine große begeisterte Leserschaft anzuziehen und sich als eigenständiger Fantasyroman von der Masse anderer Werke des Genres klar abzugrenzen. Auf jeden Fall ein Lesespaß, der Jugendliche wie Erwachsene gleichermaßen begeistern kann und dem man noch viele Leser wünscht.

Der Roman ist derzeit nominiert für den |Hugo Award| (Bester Roman), den |Compton Crook Award| (Bester Debütroman) und den |Locus Award| (Bester Debütroman). Die Autorin selbst wurde für den |John W. Campbell Memorial Award for the Best New Writer| nominiert. Diese Auszeichnung erhielten zuletzt John Scalzi und Elizabeth Bear.

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Straczynski, Joseph Michael / Garney, R. / Aguirre-Sacasa, R. / Crain, C. – Spider-Man 36 (Civil War Tie-in 2)

[Spider-Man 35 (Civil War Tie-in 1) 3601

_Inhalt_

|“Wie ein Bürgerkrieg entsteht … (2 von 6)“|

Alle Welt schaut aufs Weiße Haus, wo nach Tony Stark nun auch Peter Parker das Geheimnis um seine zweite Identität lüftet und sowohl Freunde und Bekannte als auch seine zahlreichen Gegner schockt. Obwohl er sich der Hilfe Iron Mans bewusst ist, werden die folgenden Stunden für den Spinnenmenschen zum Horror-Szenario. Auf den Straßen wird er von Demonstranten und Presseleuten angegriffen, und auch bei seiner Familie findet er keine Ruhe mehr. Als Stark dann auch noch öffentlich ankündigt, dass alle Superhelden, die die morgige Frist zur Registrierung ihrer Geheimidentität nicht einhalten, von ihm, Spider-Man und Reed Richards gejagt werden, beginnt Peter ernsthaft an seiner Entscheidung zu zweifeln. Doch da ist es bereits zu spät …

|“Mein Lehrer ist Spider-Man!“|

Jordan Harrison ist ein Talent im Bereich der Naturwissenschaften und belegt in der Schule den Biologiekurs von Peter Parker; dies jedoch in erster Linie, weil sein heimlicher Schwarm Madeleine Daniels seine Tischnachbarin ist. Seit einiger Zeit macht er sich schon Gedanken, warum dieser so unregelmäßig zum Unterricht erscheint, denn Jordan befürchtet, von seinem Lehrer nicht adäquat gefördert werden zu können. Als dann eines Tages im TV die Nachricht verkündet wird, dass Parker hinter der Maske Spider-Mans steckt, ist Jordan vollends verblüfft. Dennoch reist er zum Ort der Pressekonferenz, um die Enthüllung aus nächster Nähe zu verfolgen. Dass er anschließend auch noch in den Kampf zwischen Dr. Octopus und Spider-Man eingreifen würde, und dies vor den Augen von Madeleine, hätte er sich jedoch zuvor noch nicht träumen lassen …

_Meine Meinung_

Die zweite Episode der auf sechs Teile angelegten „Civil War“-Serie innerhalb der „Spider-Man“-Comics beginnt mit einem regelrechten Knall. Sobald man das Heft aufgeschlagen hat, trifft einen nämlich tatsächlich der Schlag. Es ist nach nunmehr vier Dekaden endlich (oder leider) passiert: Spider-Man lüftet das Geheimnis um seine Maskerade und läutet damit möglicherweise auch endgültig ein ganz neues Zeitalter des |Marvel|-Universums ein. Gleichsam werden Peter Parker jedoch auch die Schattenseiten des plötzlichen zweifelhaften Ruhmes aufgezeigt. Kurz nach dieser überraschenden Enthüllung sieht er sich mit unzähligen Anfeindungen aus den Reihen der einfachen Bevölkerung konfrontiert, von der ein nicht geringer Teil der Spinne sogar an den Kragen will.

Währenddessen baut Tony Stark seine Verschwörung immer weiter aus. Als Rädelsführer einer schier unaufhaltsamen Bewegung klärt er die Fronten zwischen den Superhelden neu ab und spaltet sowohl Helden als auch Schurken in zwei Lager. Dabei hat er sich Spider-Man offenbar zum Spielball gemacht; nach seiner Demaskierung nämlich verfügt Stark, dass Peter zur Einsatztruppe derjenigen gehört, die schonungslos die Verweigerer der neuen Gesetzes jagen wird. Selbst Leuten wie Captain America, die zeit ihres Lebens die Fahne der Gerechtigkeit hochgehalten haben, werden bei Nichtfolgeleistung zu erbitterten Feinden erklärt. Doch genau so hatte sich Peter dieses Szenario nicht vorgestellt.

Inhaltlich nehmen die brisanten Entwicklungen einen sehr dramatischen Lauf. Das Volk und auch die übrigen Superhelden werden aufgehetzt, und die Vorbereitungen für den bereits im Titel propagierten Bürgerkrieg laufen auf Hochtouren. Und indirekt wird auch der Leser mit einbezogen und zur Diskussion angeregt, denn wie auch die Helden des |Marvel|-Universums, kann man über den Gesetzesentwurf geteilter Meinung sein, wobei ein Übergewicht sicherlich zugunsten der Verweigerungshaltung der rebellischen Fraktion herrscht. Insgeheim wünscht man schließlich doch, dass die maskierten Figuren unentdeckt und geheim bleiben, ganz gleich, ob auf anderem Wege innovative Ideen umgesetzt werden könnten. Schließlich hat man dieses oder jenes Geheimnis irgendwie doch ganz für sich allein und will es nicht mehr hergeben. Dass aber ausgerechnet der wohl größte Comic-Held, nämlich Spider-Man, zusammen mit seinem Partner Iron Man den Anfang machen wird, zeigt die Dimensionen, die der „Civil War“ nehmen wird.

Andererseits ist es irgendwie dann doch faszinierend zu sehen, dass tatsächlich die Masken fallen. Wie oft stand Peter Parker schon davor, wie häufig war es nur eine Frage der Zeit, bis das Geheimnis endgültig publik gemacht würde? Und dennoch haben die Autoren immer wieder Mittel und Wege gefunden, das vermeintlich Unvermeidbare zu verhindern – bis heute. Dann schließlich zu sehen, wie Spider-Man vor den Massen steht und seine Maske abnimmt, ist schlichtweg ein sensationelles Bild, das sich definitiv für Jahre im Gedächtnis einprägen wird – zumal vorab noch einmal unmissverständlich erklärt wird, dass es von nun an kein Zurück mehr gibt.

So entwickelt sich auch weiter ein steil ausgerichteter Spannungsbogen, in dessen Verlauf man immer gezielter auf die verheerenden Auswirkungen der hier getroffenen Entscheidungen vorbereitet wird, und der stetig dafür sorgt, dass die Begeisterung über diese revolutionäre Serie weiter anhält. Selbst die Entscheidung, den Plot relativ kurz zu gestalten und eine zusätzliche, ganz nette Story im Umfeld des bevorstehenden „Civil War“ zu schreiben, kann man dem Autorenteam Straczynski/Garney nicht ankreiden, denn auch Letztere gefällt sehr gut. Aufgepeppelt wird die 36. Ausgabe der deutschen „Spider-Man“-Comics schließlich noch mit einem richtig coolen Poster zur gerade gestarteten Serie. Dies ergibt |summa summarum| in Kombination mit den beiden Geschichten ein weiteres Muss für alle Spider-Man-Fans und jene, die es über den „Civil War“ noch werden sollten!

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Berkeley, Jon – gestohlene Lachen, Das (Die unglaublichen Abenteuer von Miles und Little 1)

Der zehnjährige Miles lebt seit seiner Flucht aus dem Waisenhaus in einem Holzfass. Seine besten Freunde sind sein Teddybär Mandarine, den er stets bei sich trägt, und Lady Partridge, eine ältere Frau, die mit ihren hundert Katzen in einem riesigen Baumhaus lebt. Eines Nachts zieht der Wanderzirkus Oscuro in die Stadt. Der neugierige Miles schleicht sich in die Vorstellung und sieht dort die Hochseilnummer eines kleinen Mädchens.

Mitten im Auftritt stürzt die Artistin, doch sie rettet sich auf wundersame Weise durch ihre Flügel – was das Publikum für einen netten Trick hält, ist offenbar tatsächlich Realität. Später beobachtet Miles, dass das Mädchen vom Zirkusdirektor, dem skrupellosen Großen Cortado, gefangen gehalten wird. Es gelingt ihm, die kleine Artistin zu befreien und mit ihr zu Lady Partridge zu flüchten.

Dort erfährt er die unglaubliche Geschichte des Mädchens, das sich „Little“ nennt. Little ist ein Engel, gemeinsam mit ihrem Engelfreund Silverpoint aus den Wolken gestürzt und auf dem Zirkusplatz gelandet. Während Little als Hochseilartistin auftreten musste, wurde Silverpoint in den „Palast des Lachens“ verschleppt, der zum Zirkus gehört. Für Miles und Little steht fest, dass sie Silverpoint befreien müssen. Ein sprechender Tiger hilft den beiden auf ihrer Reise zu diesem unheimlichen Ort, an dem der Große Cortado regiert. Wer hier eine Vorstellung besucht, verliert die Fähigkeit zu lachen und glücklich zu sein …

Mit dem Auftakt zu einer Trilogie versorgt Jon Berkeley alle Freunde des phantastischen Kinderromans mit einem unterhaltsamen Lesestoff, der neugierig auf die folgenden Teile macht.

|Liebevolle Charaktere|

Im Mittelpunkt steht der zehnjährige Miles, ein Waisenjunge, dem nach sieben Versuchen endlich die Flucht aus dem ungastlichen Waisenhaus geglückt ist und der seitdem zufrieden in seinem Weinfass lebt. Sein Leben ist nicht komfortabel, aber annehmbar und sein größter Schatz ist sein geliebter Bär Mandarine, die letzte Erinnerung an die Zeit vor dem Waisenhaus. Wer seine Eltern waren, weiß er nicht, und manchmal stimmt ihn dieser Gedanke traurig. Sein unbekümmertes, neugieriges Wesen macht ihn sofort sympathisch, und für Kinder stellt er schnell eine ideale Identifikationsfigur dar – ähnlich wie Huckleberry Finn lebt er ohne große Zwänge und genießt die Freiheit, eine für Kinder natürlich beneidenswerte Situation.

Die kleine Little sieht zwar aus wie ein süßes Mädchen, doch da sie zum ersten Mal auf der Erde ist, sind ihr viele Dinge fremd, was Miles immer wieder in Verwirrung bringt. Sie kann mit Tieren sprechen und fliegen, unter Wasser atmen und Miles Teddybär Mandarine zu Leben erwecken. Über die Menschen wusste sie bislang nur die Gerüchte, die sich die anderen Engel erzählen – von zweiköpfigen Wesen und pelzigen Gesichtern, von Menschen, die essen, bis sie platzen, und von anderen, die wie Gerippe herumlaufen. Ihre naive und zugleich liebenswerte Art ist nicht immer leicht für Miles zu begreifen, doch schon bald stehen sich die beiden nah wie Geschwister und sie wissen, dass sie nur gemeinsam eine Chance haben, gegen den Großen Cortado zu bestehen.

Eine Reihe von nicht weniger sympathischen und orginellen Nebenfiguren ergänzt die Liste der Charaktere. Da ist die kugelrunde Lady Partridge, die mit ihren hundert Katzen in einem Baumhaus lebt und eine zuverlässige Helferin in schwierigen Lagen ist. Mit Vorliebe lacht sie über ihre eigenen Witze, die außer ihr sonst niemand wirklich komisch findet, aber davon abgesehen, ist sie eine rundum liebenswerte, wenn auch schrullige ältere Dame. Da ist der distinguierte, sprechende Tiger, der Miles und Little auf ihrem Weg zum Palast des Lachens auf dem Rücken trägt, der aber bei jeder Gelegenheit erwähnt, dass sie ihn bloß nicht als Freund betrachten sollen, falls er doch einmal hungrig werden sollte. Und da ist der alte Bolzenglas von Arabien, ein früherer Forschungsreisender und ehemaliger Werber um Lady Patridge, der Miles‘ Expedition mit Begeisterung unterstützt.

|Fantasievolle Details|

Es ist in Grundzügen die Welt, die wir kennen, die im Roman präsentiert wird, doch nach und nach schleichen sich die fantastischen Elemente ein. Den sprechenden Tiger hält Miles zunächst noch für einen Traum, und auch ein Engelsmädchen hat er nie zuvor gesehen, ganz zu schweigen davon, dass er auf einmal die Gespräche auf der Katzenversammlung verstehen kann. Es ist kein reiner Märchenroman, sondern die Grenzen zwischen der unserigen Realität und jener der Fantasy-Details verschwimmen. Immer ist man gespannt darauf, welche skurrile Figur als Nächstes auftauchen mag, welche Hindernisse sich Miles und Little in den Weg stellen oder vom wem sie überraschend Hilfe erhalten – auch wenn von Anfang an klar ist, dass alles ein gutes Ende finden muss. Die Einbindung des Wanderzirkusses sorgt für eine zusätzliche aufregende Atmosphäre mit ihren bunten Gestalten, etwa den netten drei Clowns, die immer durcheinander reden und dabei vom Thema abschweifen, der baumlangen Riesenfrau Baumella und dem geheimnisvollen Zero, einer monsterhaften Mischung, die an an eine Hyänen-Yeti-Kreuzung erinnert.

Der Stil ist ideal für Leser ab etwa 10 Jahren geeignet. Hin und wieder spricht der Erzähler den Leser direkt an, aber so selten und dezent, dass es keineswegs aufdringlich ist. Sehr positiv ist außerdem, dass der erste Teil in sich abgeschlossen ist. Alle wichtigen Fragen werden geklärt und man kann das Buch nach dem Lesen befriedigt zur Seite legen, bis der zweite Teil erscheint. Am Ende werden Andeutungen gegeben, was im nachfolgenden Roman passieren wird, sodass sich der Leser schon mal Gedanken machen kann.

|Nur kleine Schwächen|

Echte Mankos weist das Buch erfreulicherweise keine auf. Allerdings reagieren die Figuren nicht immer ganz logisch. Als Little von ihrem Schicksal erzählt, stellt Miles kaum weitere Fragen, sondern es steht für ihn sofort fest, dass er ihr bei der Suche nach Silverpoint helfen wird. Dabei wäre es naheliegend, sich zu erkundigen, ob Little niemandem aus dem Wolkenreich zu Hilfe rufen kann. Ähnlich verhält es sich bei einer Hilfsaktion gegen Ende des Buches. Anstatt sogleich zu fragen, woher seine Freunde wussten, dass sie zur Rettung herbeikommen mussten, erfährt er die Umstände bloß zufällig und etwas später. Gerade für ungeduldige Kinder, die rasch Antworten auf logische Fragen haben wollen, ist das nicht sehr geschickt konstruiert, fällt aber zum Glück nicht stark ins Gewicht.

Ein wenig schade ist die Eindimensionalität der bösen Charaktere, deren Darstellung längst nicht so originell ausfällt wie jene der Sympathieträger. Vor allem der böse Zirkusdirektor Cortado und sein Gehilfe Dschingis sind recht oberflächlich gezeichnet, knubbelig und hässlich vom Äußeren, Dschingis außerdem sehr beschränkt und naiv. Es fehlt den Bösen vor allem an Zwiespältigkeit und einer etwas geheimnisvolleren Attitüde, die sie interessanter gemacht hätte.

_Als Fazit_ bleibt ein gelungener Auftakt zu einer kindgerechten Trilogie, an der auch Jugendliche und Erwachsene ihre Freude haben können. Obwohl es sich um den ersten von drei geplanten Teilen handelt, ist das Buch in sich abgeschlossen und besitzt ein eigenständiges und befriedigendes Ende. Liebevolle Charaktere, ein leicht verständlicher Stil und märchenhafte Elemente machen den Roman trotz ein paar kleiner Schwächen zu einem spannenden und abwechslungsreichen Lesegenuss.

_Der Autor_ Jon Berkeley, geboren in Dublin, liefert mit „Das gestohlene Lachen“ seinen Debütroman ab, zwei weitere Bände sollen folgen. Zuvor arbeitete er über zwanzig Jahre lang als Illustrator und lebte unter anderem in Sydney und Hongkong. Heute hat er sich mit seiner Familie und seinen Tieren in Katalonien niedergelassen.

http://www.ravensburger.de/

Andreas Brandhorst – Feuerstürme (Kantaki: Graken-Trilogie 2)

Kantaki

Andreas Brandhorst meldet sich nach langjähriger Pause mit eigenen Romanen zurück. Nachdem er sich weitgehend als Übersetzer betätigte und dabei namhafte Autoren wie Terry Pratchet, David Brin oder Scott Westerfeld übersetzte, startete er 2005 mit seiner umfangreichen und komplexen Erzählung über die Zukunft der Menschheit durch, die er durch die mysteriösen »Kantaki« einleiten ließ (siehe »Diamant«, »Der Metamorph« und »Der Zeitkrieg«). Im Herbst 2006 begann nun die neuerliche Reise in die Welt der Kantaki, die mit »Feuervögel« weit in die Zukunft der ersten Trilogie greift und ein gänzlich verändertes Machtgefüge in der Milchstraße zeigt.

Graken

Brandhorst vermeidet es gekonnt, mit den Erkenntnissen der ersten Trilogie die Eigenständigkeit des Graken-Zyklus‘ zu beeinträchtigen. Anspielungen sind natürlich vorhanden, gliedern sich aber in den Hintergrund der Geschichte, die ihren eigenen Charakter besitzt. War »Feuervögel« ein Roman, der ebenso gut hätte für sich stehen können, baut Brandhorst mit »Feuerstürme« auf diesem soliden Fundament seiner umgekrempelten Kantaki-Welt das komplexe Gewebe von Beziehungen, Geschichte, Handlung und Hintergrund weiter aus. Dieser zweite Band des Dreiteilers steht zu Recht in der Mitte und schreit nach seiner Fortsetzung.

Andreas Brandhorst

ist ein Phänomen. Für die beiden Dreiteiler hat er eine Welt entwickelt, die man sich verstrickter kaum vorstellen kann. Anhand seiner Chronik, des Glossars und der Hintergrundinformationen, die sich am Ende jedes Buches tummeln und ausführlicher noch auf seiner Homepage zu finden sind, lässt sich das Ausmaß der Vorbereitungen für die eigentlichen Romane andeutungsweise erahnen. Dabei ist noch nichts zur Kreativität der Romane selbst gesagt. Nebenbei ist Brandhorst ein viel beschäftigter Übersetzer, mehrere unterschiedlichste Romane übersetzt er jedes Jahr, deren Qualität außerordentlich ist. Und außerdem schreibt er hin und wieder einen Roman für eine große deutsche Science-Fiction-Serie, und seine Beiträge erfreuen sich regelmäßig großer Beliebtheit. Bleibt die Frage nach seinem Neurobooster, der ihm diese gedankliche und technische Geschwindigkeit und Qualität gestattet.

»Feuerstürme«

Aus der Beziehung zwischen Dominik und einer ehemaligen Tal Telassi ging ein Mädchen hervor, das in Gedenken an den jung verstorbenen Vater Dominique genannt wird. In ihr vereinen sich weit größere Kräfte als selbst in ihrem Vater. Doch seit 23 Jahren werden die Tal Telassi unterdrückt, und obwohl die Graken seither keine Aktionen mehr starteten, ist von einem Ende des Konflikts keine Rede, die Allianzen freier Welten erzielen nicht einmal Fortschritte.

Die Tal Telassi erheben sich gegen ihre Unterdrücker, genau als die Graken eine neue, weit energischere Offensive starten. Mit sogenannten Feuerstürmen greifen sie nun die Welten direkt an, benötigen keinen Feuervogel in der Sonne mehr, um das System zu erreichen. Unter ihrem neuen Druck bricht die Allianz auseinander, die Tal Telassi befinden sich in der Schnittmenge der Interessen von Militär und Graken, während Dominique auf ein altes Geheimnis trifft und den »Großen K« begegnet, und in den Randbezirken tritt ein neues Phänomen ins Bild: die Crota, höchste maschinelle Intelligenzen mit biologischen Komplexen für Kreativität und Impulsivität. Sie stellen eine Gefahr für die Graken dar, bedeuten aber für die Galaktiker noch lange keine Hilfe, da die Graken umso schneller und härter vorgehen.

Fazit

Brandhorst ist ein außerordentlicher Schriftsteller, er bereichert das Genre mit seiner Energie und seinen Geschichten. »Feuerstürme« bietet fesselnde Unterhaltung in Zusammenarbeit mit dem ersten Band des Dreiteilers, und es steigert die Sucht nach Brandhorstscher Weltenschöpfung. Wenn auch hin und wieder eine Szene zu technisch abgearbeitet wird, bleibt im Endeffekt das Gefühl, etwas Großartigem auf der Spur zu sein.

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

 

Diverse Autoren – MAD Nr. 104

In der 104. Ausgabe des „MAD“-Magazins nimmt die Redaktion mal wieder einen aktuellen Kinostreifen als Anlass, um die Film- und Fernsehindustrie mächtig durch den Kakao zu ziehen. Dieses Mal hat man sich den dritten Teil der „Spider-Man“-Verfilmungen ausgesucht und ihm nicht nur mehrere kleine Comic-Strips gewidmet, sondern den Spinnenmenschen auch diversen ‚Was wäre, wenn …‘-Szenarien ausgesetzt. Den Beginn macht allerdings ein Spezial über die kommerzielle Ausschlachtung des Streifens mitsamt der Masse an neuen Actionfiguren, die im Zuge dessen veröffentlicht werden. Von der ollen Stasi-Abgeordneten über den grünen Kobold (in persona Joschka Fischer) bis hin zu „Spider-Man“-Erfinder Stan Lee scheint jeder vertreten, wobei sich manche abstruse Abhandlung gar nicht mal so abwegig anhört. Anschließend werden einige recht bescheuerte Fragen aufgeworfen, gefolgt von einem weiteren Abschnitt, in dem spekuliert wird, wo Spider-Man war, als die Welt real in der Krise steckte. Und zu guter Letzt darf die allseits beliebte Spinne sich auch noch einmal von ihrer blutigen und erotischen Seite präsentieren. Hüstel …

Etwas bizarrer ist indes die Rubrik „12 Wege, Kindern die Scheidung zu erleichtern“. Als wäre es das Normalste der Welt, wird hier von der Prostitution bis zur Verwahrlosung im ‚modernen‘ Kinderheim alles durchgenommen, was sich der guten Moral entzieht, und wenn es doch nicht fruchtet, wird die altgediente Bestechung als letzter Ausweg eingesetzt. Nicht minder zimperlich geben die Macher von „MAD“ „Hinweise, dass Sie tief in der Scheiße stecken“ und Beispiele von Leuten, die „wirklich in Panik sind“. Und für den handelsüblichen Studenten werden die „Vorteile einer multiplen Persönlichkeitsstörung“ analyisiert. Aufgefrischt wird das Ganze schließlich mit kurzen Strips aus dem Kreißsaal und einer kurzen Geschichte aus der „Spion“-Reihe.

Insgesamt ist die hauptsächliche Parodie auf den neuen „Spider-Man“ als Mittelpunkt der neuen „MAD“-Ausgabe ganz gut gelungen. Hollywood bekommt ganz schön sein Fett weg, sei es nun im Hinblick auf die kommerzielle Ausschlachtung mit zahllosen Merchandise-Artikeln oder aber auf so manch sinnentleerten Dialog im Laufe der Comic-Verfilmung. Darüber hinaus werden einige brisante Themen mit unterschwelliger, ironischer Gesellschaftskritik belegt, wobei hier definitiv kein Blatt vor den Mund genommen und keinerlei Tabus beachten werden. Heftig sind diesbezüglich sicherlich die makaberen Abhandlungen des Schicksals von Kindern aus geschiedenen Ehen, wirklich witzig hingegen die „Rache für die flotten Antworten der Neunmalklugen“, die sich sicherlich auch sehr schön auf den eigenen Alltag übertragen lassen – wobei natürlich jederzeit Vorsicht geboten ist.

Alles in allem ist also wieder eine klare Steigerung zur eher bescheidenen Ausgabe um SpongeBob Schwammkopf zu erkennen; zwar nicht jeder Gag zwingt den Leser in die Knie, doch die Zahl der humorvollen Pointen ist ebenso gestiegen wie diejenige der gelungen Balanceakte zwischen untolerierbarer, aggressiver Kritik, Oberflächlichkeit und echtem Humor. Spider-Man-Fans werden zwar sicherlich weniger davon erbaut sein, dass der besonnene Spinnenmensch das Ziel der aktuellen „MAD“-Attacke ist, doch mit ein wenig Offenheit wird selbst der beinharte Verfechter des |Marvel|-Helden das eine oder andere Mal schmunzeln können. Und damit hat die Redaktion eigentlich genau das erreicht, was Ziel jeder „MAD“-Ausgabe sein sollte.

http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10012

Boothby, Ian – Simpsons Comics 126

_Story_

Bart ist höchst besorgt, weil ihm in den letzten Stunden gleich mehrere offenkundige Morddrohungen geschickt wurden. Doch der vermutliche Attentäter Sideshow Bob sitzt noch hinter Schwedischen Gardinen, weshalb sich der kleine Simpson keinen Reim darauf machen kann, woher die geheimen Botschaften stammen.

Währenddessen bringt das Fernsehen derzeit eine Reality-Show, in der sich fünf Ganoven um eine frühzeitige Entlassung bewerben können – unter ihnen auch Sideshow Bob. Um etwas mehr Publicity zu erhalten, bekommt der Bart-Hasser kurzzeitig Freigang, nutzt die sich bietende Gelegenheit jedoch nicht, um Bart endgültig umzubringen. Aber genau dieser Schritt bringt ihm die Gunst der Zuschauer, die letztendlich entscheiden, wer auf freien Fuß kommt. Und was er in diesem Fall als Erstes machen würde, ist für den berühmten Verbrecher keine Frage …

_Meine Meinung_

In der 126. Ausgabe der „Simpsons Comics“ nimmt Autor Ian Boothby den anhaltenden Wahn der Reality-Shows mächtig aufs Korn. Wurde diesbezüglich die Toleranz des Publikums zuletzt noch mit dem Nieren-Skandal in den Niederlanden überschritten, geht der Stammschreiber des Magazins sogar noch einen Schritt weiter und bietet in seinem aktuellen Plot „Rächen Sie bitte jetzt!“ nun auch skrupellosen Knackis die Möglichkeit, sich über das Fernsehen eine vorzeitige Freilassung zu erkämpfen. Also werben die Schwerverbrecher mit schmierigsten Mitteln für Stimmen, die in der schlussendlichen Entscheidung über den Sieger der Show bestimmen. Ebenfalls mit dabei: Barts langjähriger Feind Sideshow Bob, der natürlich jede Chance nutzen würde, um den Simpson-Jungen um die Ecke zu bringen. Auch dieses Mal hat er sich wieder einige raffinierte Tricks einfallen lassen und versetzt Bart in Angst und Panik. Komischerweise gerät Bart dann auch noch im Minutentakt in Lebensgefahr. Als er schließlich den hinterhältigen Plan seines Kontrahenten erkennt und durchschaut, dass er dieses Mal die Bürger Springfields in Hypnose versetzen lässt, ist es für ihn Zeit, das Weite zu suchen. Doch Bob scheint überall zu sein.

Der aktuelle Plot ist, wie von Boothby eigentlich auch gewohnt, mit einigen netten Spitzen und einer ganz ordentlichen Handlung gesäumt, wenngleich es sicher auch schon bessere Geschichten um Sideshow Bob und seine Hatz auf Bart gegeben hat. Aber immerhin ist in „Rächen Sie bitte jetzt!“ bis zum Ende nicht wirklich klar, auf welcher Seite Bob nun steht bzw. welche Motivation hinter seinem Handeln steht. Neben allerhand Klamauk – hier sind vor allem die kurzen Dialoge mit dem allseits beliebten Comic-Händler zu erwähnen – mangelt es der Story nämlich definitiv nicht an Spannung, die sich in erster Linie an Bobs undurchsichtiger, merkwürdiger Haltung festmachen lässt. Insofern prallt Kritik auch wieder leicht ab, aber man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Erzähltempo teilweise so hoch ist, dass Entfaltungsspielräume gar nicht möglich sind. Daher wird auch festgehalten, dass es nicht der Höhepunkt des ungleichen Duells zwischen den beiden tragenden Charakteren ist.

Punkten kann die Story indes mit den unterschwelligen Anspielungen, die nicht nur Insider zum Lachen bringen sollten. Dieses Mal werden unter anderem „Zurück in die Zukunft“ und „Captain America“ sowie die gesamte Medien-Maschinerie durch den Kakao gezogen. Boothby zielt mit seinen Scharfschüssen vor allem auf das mediengeile, gewöhnliche Publikum, hierzulande bestehend aus dem eingeschworenen „Big Brother“-Fankreis und denjenigen, denen keine miese Reality-Soap zu schlecht ist. Und die Treffer sitzen allemal, zumal der Autor keinem Betroffenen Freiräume zur Rechtfertigung lässt. So sollte das bei den „Simpsons“ sein, und so lässt man sich als Leser der gleichnamigen Comics auch gerne die neuen Geschichten gefallen.

Die Nr. 126 bietet darüber hinaus noch einen kurzen Ausblick auf den bald anstehenden Kinofilm, der hier mit einer Kopie des Filmplakats als Extra-Beilage noch besonders schmackhaft gemacht wird. Dem entgegen nerven jedoch mal wieder die vielen Werbeseiten im hinteren Teil des Comics, die als einziger negativer Eindruck haften bleiben. Betrachtet man dies einmal in der Relation, geht hier potenziell ein zusätzlicher Mini-Plot verloren. Aber daran wird man wohl nichts ändern können …

Fassen wir also zusammen: „Simpsons Comics 126“ ist eine anständige Ausgabe mit ordentlicher Story und guten Artikeln in den einzelnen Rubriken. Fans der gelben Familie dürfen bedenkenlos zugreifen.

http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10310

Alvtegen, Karin – Flüchtige, Die

Karin Alvtegen gehört zu den viel gelobten schwedischen Krimiautoren, auch wenn sie vielleicht nicht so bekannt ist wie die Kollegen Mankell und Nesser.

Trotzdem herrscht auch in ihrem Roman „Die Flüchtige“ ein depressiver Unterton vor, der in Schweden so verbreitet zu sein scheint wie Smörrebröd und Köttbullar. Die Protagonistin Sybilla hat auch allen Grund dazu, deprimiert zu sein. Als reiche, aber isolierte Direktorentochter in Småland aufgewachsen, ist sie mit der Volljährigkeit aufgrund ihrer psychischen Probleme des engstirnigen Elternhauses verwiesen worden und lebt seitdem in Stockholm auf der Straße. Obwohl sie obdachlos ist, gönnt sie sich einmal im Monat eine Übernachtung in einem Hotel, die sie sich von Geschäftsmännern, die sich leicht um den Finger wickeln lassen, bezahlen lässt.

Doch die Nacht im edlen Grand Hôtel kommt sie teuer zu stehen. Jörgen Grundberg, ihr Gönner des letzten Abends, wird ermordet aufgefunden, und Sybilla gerät in Verdacht. Natürlich finden sich ihre Fingerabdrücke an seinen Sachen, doch als die Polizei am Morgen an ihre Zimmertür klopft, gelingt ihr die Flucht. Zurück auf der Straße, muss sie tatenlos mit ansehen, wie ein Ritualmörder das Land und die Presse in Atem hält – und sich als sie ausgibt …

Alvtegens Buch ist kein alltäglicher Krimi. Es dreht sich um genau eine Person, und das ist Sybilla – und kein Ermittler in der Lebenskrise. Der Leser begleitet die Frau auf ihrer ruhelosen Wanderung durch die Straßen Stockholms und ihrer zaghaften Suche nach dem wirklichen Mörder. Außerdem fächert sich die gesamte Erzählung in zwei Perspektiven auf: die der gegenwärtigen, gejagten Sybilla und die des jungen Mädchens Sybilla, das mit seinem gefühlskalten Elternhaus zu kämpfen hat. Dadurch erschafft die Autorin einen sehr tiefgründigen, ausgebauten Charakter, der eine Vergangenheit und eine Gegenwart hat. Da die Vergangenheitsperspektive sehr kurz gehalten ist, entstehen auch keine großen Brüche, so dass die Geschichte trotzdem zügig vorangeht.

Die Geschichte hat durchaus ihre spannenden Momente. Insgesamt klaffen die Ritualmorde und Sybillas Schicksal recht weit auseinander, was damit zusammenhängt, dass nur aus Sybillas Sicht erzählt wird. Das ist auf der einen Seite sehr gut, weil die Geschichte dadurch tief und fesselnd wird und dem Leser die Möglichkeit gibt, sich voll und ganz auf die Hauptperson zu konzentrieren. Auf der anderen Seite wirken die Morde dadurch wie weiße Wölkchen am Horizont, die ohne Eindruck zu hinterlassen vorbeiziehen.

Wenn Alvtegen die beiden Stränge schließlich zusammenführt, bleibt die Distanz erhalten. Dadurch wirkt die Auflösung des Falles etwas abrupt und schlecht nachvollziehbar. An dieser Stelle wäre es vielleicht besser gewesen, wenn die Autorin in Bezug auf die Ritualmorde mehr Vorarbeit geleistet hätte.

Karin Alvtegen schreibt sauber, still und ohne reißerische Momente. Ihre Hauptperson geht nahezu perfekt in ihrem Schreibstil auf und zieht den Leser in das Geschehen. Das ist insofern bemerkenswert, da Alvtegen in der dritten Person schreibt und nicht in der ersten. Dennoch webt sie ein dichtes, erzählerisches Netz, das mit nüchterner Sprache und nur wenigen rhetorischen Besonderheiten aufwartet. Der Schreibstil ist genauso leise und zurückhaltend wie die Protagonistin, was sehr angenehm zu lesen ist.

Und auch wenn es der „Flüchtigen“ an einigen Stellen an Spannung mangelt, ist Karin Alvtegens Krimi, besonders was den Schreibstil und die Person angeht, ein kleines Meisterwerk geworden. Leise zwar und nicht besonders originell, aber trotzdem sehr interessant und geradezu bewundernswert dicht umgesetzt.

http://www.rowohlt.de

Vlugt, Simone van der – Klassentreffen

Klassentreffen – das sind die alljährlich wiederkehrenden Events, die ein Teil des Abschlussjahrgangs hasst und bei solchen Veranstaltungen ohnehin nicht auftaucht und die der andere Teil des Jahrgangs liebt, weil er dann wieder in seliger Erinnerung an die ach-so-schöne Schulzeit schwelgen kann. Bei Simone van der Vlugts Roman“heldin“ Sabine hat das anstehende Klassentreffen allerdings noch ganz andere Konsequenzen: Unangenehme Erinnerungen tauchen wieder auf, die Sabine eigentlich vergessen wollte und die sie nun aber gar nicht mehr loslassen wollen …

Sabine leidet an einer der bekanntesten modernen Volkskrankheiten, nämlich dem Burn-Out-Syndrom. Eigentlich hat ihr die Arbeit als Sekretärin bei der BANK in Amsterdam immer sehr gut gefallen, doch irgendwann ist ihr alles über den Kopf gewachsen. Nach einer längeren Auszeit und therapeutischen Behandlung lernen wir Sabine kennen, als sie wieder arbeiten gehen möchte. Besser geht es ihr allerdings noch nicht, doch weil selbst ihre Therapeutin nicht bis zum Grund ihres Problems vordringen kann, quält Sabine sich kurzerhand wieder zurück zu ihrer Arbeit, wo sie allerdings feststellen muss, dass ihre beste Freundin Jeanine dort nicht mehr arbeitet und sie stattdessen neue Kolleginnen hat, die sie von Anfang an mobben. Besonders schlimm ist die neu eingesetzte Leiterin des Sekretariats, Renée, die Sabine an das Leben zur Hölle macht.

Einen Lichtblick gibt es bei der BANK für Sabine, und zwar Olaf aus der IT-Abteilung, in den die halbe weibliche Belegschaft verliebt ist, allen voran Renée, die mit ihren Flirtversuchen allerdings auf Granit beißt. Anders aber Sabine, die Olaf von früher kennt, weil dieser damals mit ihrem Bruder befreundet war. So kommen die beiden sich schnell näher und beginnen eine heiße Affäre, die Sabines eifersüchtige Kolleginnen mit immer schlimmeren Mobbing-Attacken quittieren.

Doch Sabine quälen noch ganz andere Dinge, nämlich das bevorstehende Klassentreffen in ihrer Heimat Den Helder, das Erinnerungen an ihre frühere Freundin Isabel weckt, die vor neun Jahren spurlos verschwunden ist. Sabine kann sich noch daran erinnern, dass sie am fraglichen Tag auf dem Heimweg mit dem Fahrrad hinter ihr fuhr, um an einer Kreuzung allerdings anders abzubiegen, um Isabel nicht zu begegnen. Das ist die letzte Erinnerung, die sie bewusst an Isabel hat, doch ganz allmählich tauchen ganz neue Bilder auf, die Sabine nicht recht einordnen kann. Daraufhin begibt sie sich nach Den Helder, um Spurensuche zu betreiben.

Der erste Weg führt sie zum Hausmeister der Schule, der inzwischen alt und wunderlich geworden ist und mit sechs Katzen zusammenlebt, die auffälligerweise die Namen von sechs Mädchen tragen, die vor einigen Jahren in Den Helder verschwunden sind. Ob dies etwas zu bedeuten hat? Und was versucht Sabine zu verdrängen? Weiß sie etwa, wer für Isabels Verschwinden verantwortlich ist und kennt sie womöglich den Täter? Fast dauert es zu lange, bis Sabine schließlich erkennt, was damals wirklich vorgefallen ist …

Simone van der Vlugt hat mit „Klassentreffen“ einen Roman vorgelegt, der sich zunächst schlecht in ein Genre einordnen lässt. Zwar vermutet man von Anfang an, dass sich hinter Isabels Verschwinden und Sabines wiederkehrenden Erinnerungen eine spannende und grausame Geschichte verbergen muss, doch bevor wir uns diesen Erinnerungen widmen, begleiten wir Sabine zunächst zu ihrer Arbeit und ihren gehässigen Kolleginnen. Dort erlebt Sabine die Hölle, die nur dadurch abgemildert wird, dass Frauenschwarm Olaf sich in sie verliebt und sich vom ersten Moment an an sie heranmacht. Sabine kann ihr Glück kaum fassen und lässt sich deswegen nicht mit ganzem Herzen auf die Affäre ein. Schon früh merkt sie zudem, dass sie Olaf gegenüber nicht die gleichen Gefühle entwickeln kann wie für Bart, ihren ersten und bislang einzigen Freund. Immer wieder denkt sie an Bart zurück und fragt sich, warum er sie nach Isabels Verschwinden links liegen gelassen hat und nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte.

Nur langsam legt Simone van der Vlugt Spuren aus, die uns Hinweise darauf geben, was vor neun Jahren am Tag von Isabels Verschwinden passiert sein mag. Sehr geschickt konstruiert die Autorin ihre Geschichte dabei so, dass immer neue Verdächtige auftauchen. Kaum meint man, den Täter entlarvt zu haben, kommt Sabine eine neue Erinnerung, die wieder alles über den Haufen wirft und einen neuen Verdächtigen aus dem Hut zaubert. Mein persönlicher Hauptverdächtiger wechselte daher praktisch von Kapitel zu Kapitel, ohne dass ich mich für einen hätte entscheiden können, denn die neuen Spuren und Erinnerungen schließen niemals jemanden aus, sodass sich der Kreis der Verdächtigen stets erweitert. Das gibt Simone van der Vlugt schließlich auch die Möglichkeit, ihrem Roman ein Ende zu verpassen, das sich gewaschen hat und ihre Leser in Erstaunen versetzt. Obwohl man die Wende vielleicht hätte absehen können, war ich mir bis zum Schluss nicht ganz sicher, wer für Isabels Verschwinden verantwortlich war, und konnte mich deswegen richtig überraschen lassen. Und obwohl der Autorin ein echtes Überraschungsmoment glückt, passt es sich wunderbar in die Geschichte ein und wirkt keineswegs aufgesetzt oder künstlich konstruiert. Durch die verschiedenen Fährten, die Simone van der Vlugt ausgelegt hat, ist die Wende absolut stimmig!

Auch die Charakterzeichnung ist Simone van der Vlugt hervorragend gelungen. Wir sind in jedem Moment bei Sabine und lernen sie daher von vielen verschiedenen Seiten kennen. Wir reisen mit ihr in die Vergangenheit, hören von ihrer Freundschaft zu Isabel, die sich im Laufe der Zeit sehr gewandelt hat, bis Isabel plötzlich zu Sabines Feindin geworden ist, von der sie permanent gepiesakt wurde. Doch das Mobbing setzt sich in der Gegenwart weiter fort, denn dort sind es Sabines Arbeitskolleginnen, die ihr das Leben schwer machen. Sabines Verzweiflung und ihre Ängste erleben wir in jedem Moment hautnah mit. Auch die Beziehung zu Olaf, die anfangs glücklich und perfekt scheint, bekommt schnell Risse und bewegt sich in eine ungeahnte Richtung. All diese Veränderungen und Sabines Gefühle beschreibt Simone van der Vlugt zu jedem Zeitpunkt glaubwürdig und nachvollziehbar.

„Klassentreffen“ ist ein höchst erfreulicher Roman, der sich deutlich vom Mittelmaß abhebt und sich durch gelungene Figurenzeichnung und einen geschickt inszenierten Spannungsbogen auszeichnet. Obwohl Simone van der Vlugt am Ende eine dicke Überraschung für ihre Leser parat hat, bereitet sie dieses Aha-Erlebnis so gut vor, dass es sich stimmig in die Geschichte einfügt. Der vorliegende Roman überzeugt auf ganzer Linie und macht neugierig auf weitere Werke der niederländischen Autorin!

http://www.diana-verlag.de

|Ergänzend dazu: [„Schattenschwester“ 3625 (März 2007)|

Godderidge, Ulrig / Floch, Adrien – Slhoka 1 – Die vergessene Insel

_Story_

Ar’n Arunja und Slhoka vom Volk der Okrane müssen gezwungenermaßen in einem Dschungelgebiet notlanden und befürchten bereits vorab, dass ihnen ein knallharter Überlebenskampf bevorsteht. Als Slokha Tage später wieder aus seinem plötzlichen Schlaf erwacht, stellt er allerdings fest, dass seine Befürchtungen unbegründet waren. Sein Partner und er sind von einer Dschungel-Gemeinschaft, den Goldköpfen, mit offenen Armen empfangen, Slokha sogar die gesamte Zeit über intensiv gepflegt worden. Letzteres hat die hübsche Leidjill erledigt, die sich nun völlig ihrem neuen Mann verbunden fühlt und sich fortan als seine neue Partnerin an ihn hängt. Sie berichtet ihm von den Eigenheiten ihrer Kultur und zeigt ihm auch das geheimnisvolle Artefakt der Götter, welches alle Liebenden vor ihrer ersten Berührung aufsuchen müssen.

Doch die Gottheit, die ihnen dort erscheint, verheißt nichts Gutes: Es ist Shani, der Rachegott, der gefürchtete Gott in Gestalt eines Tigers, der bislang noch überall Chaos und Vernichtung gebracht hat. Und das schlechte Omen soll nicht lange auf seine Bestätigung warten; als nämlich die Söldner von Okrane in den Dschungel eindringen und die Goldköpfe bei der Unterbringung ihrer Geheimwaffe erbarmungslos abschlachten, scheint das Ende des Stammes besiegelt.

Slhoka fühlt sich seinen alten Verbündeten aber nicht mehr zugehörig. Die neuen Kräfte, welche die Gottheit in ihm geweckt hat, verhelfen ihm zum Überleben, machen ihn aber gleichsam auch zum neuen Forschungsprojekt der Okrane. Mit derartig mächtigen Fähigkeiten lassen sich die diabolischen Pläne der Okrane nämlich noch leichter durchsetzen.

_Persönlicher Eindruck_

„Slhoka“ ist das Comic-Debüt des französischen Autors Ulrig Godderidge, der für seine bereits vor drei Jahren erstmals veröffentlichte Abenteuergeschichte zudem auf den schon aus [„Die Schiffbrüchigen von Ythaq“ 3722 bekannten Zeichner Adrien Floch zurückgreifen konnte. Und dieses Team hat sich bei der ersten Zusammenarbeit bereits vollends bewährt, denn dort, wo Godderidge einige Steilpässe mit einer intelligenten, wenn auch nicht wirklich außergewöhnlichen Story spielt, verwandelt Floch diese mit seinen bewährt stimmungsvollen, farbenfrohen Illustrationen gleich mehrfach zu Treffern. Gut so.

Parallelen zum Plot von Ythaq sind indes nicht von der Hand zu weisen, wenn auch der Vergleich wegen der Chronologie der jeweiligen Entstehungsgeschichten nicht wirklich angebracht ist. Jedoch haben wir es auch in „Slhoka“ mit zwei Schiffbrüchigen zu tun, die mit ihrem Helikopter in unbekanntem Gebiet abstürzen und sich zunächst einmal mit den seltsamen Angewohnheiten der Eingeborenen anfreunden müssen. Letztgenannte sind in diesem Fall jedoch durchweg friedlich; Ar’n und auch Slhoka fühlen sich in ihrer neuen Umgebung bestens aufgehoben und bereuen letztendlich sogar, dass sie einst zum Corps der Truppen gehörten, die beabsichtigten, eben jenen Dschungel zu infiltrieren. Dementsprechend heftig sind ihre Gewissensbisse, als die ehemaligen Kameraden zu einem späteren Zeitpunkt den Dschungel heimsuchen und in einem rücksichtslosen Feldzug das gesamte befreundete Volk der beiden Gestrandeten auslöschen. Die einstige Harmonie wird innerhalb weniger Minuten völlig aus dem Gleichgewicht gebracht und weicht stattdessen einem Szenario von Krieg, Vernichtung und Massenmord.

Während Ar’n beim Versuch, sich der Angriffe zu erwehren, sein Leben lässt, fällt Slohka erneut in einen tiefen Schlaf und erwacht in der Forschungsstation der Okrane. Zuvor war es ihm gerade noch gelungen, eine komplette Einheit der Söldner mit der Kraft der Götter dem Erdboden gleich zu machen, was das Volk von Okrane darin bestärkte, ihn am Leben zu lassen und seine Kräfte für eigene Zwecke auszunutzen. Doch die kurze Zeit auf den Inseln des Lamprizer-Archipels hat in ihm Facetten geweckt, mit denen er sich jeglicher Unterdrückung widersetzen kann. Nachdem das Paradies für ihn, seine Angetraute und seine neuen Freunde zur Hölle geworden ist, ist es für Slhoka Zeit, sich an seinen ehemaligen Stammeskollegen zu rächen – und mit der Kraft, die ihm die Götter des Dschungels geschenkt haben, geht er nun in die Offensive.

Rein inhaltlich betrachtet, mag die Idee zu „Slhoka“ nicht sonderlich originell sein. Ein junger Mann landet gezwungenermaßen im Dschungel, beschützt das dortige Volk, erlangt unterdessen einige Superkräfte und stellt sich im entscheidenden Moment gegen die hinterhältigen Ex-Verbündeten, an deren Seite er im Normalfall noch gegen die Dschungelbewohner gekämpft hätte. Was die Story hingegen dennoch zu etwas ganz Besonderem macht, sind sowohl die tollen Charakterzeichnungen der Hauptdarsteller als auch die allgemein faszinierende Atmosphäre, die zum größten Teil auf Flochs Arbeit beruht. Ähnlich wie auch in „Die Schiffbrüchigen von Ythaq“ erschafft er mit seinen fabelhaften Bildern eine fantastische Fabelwelt und hat damit auch einen maßgeblichen Anteil am Gelingen dieses tollen Fantasy-Comics. Kaum verständlich also, dass die erste Veröffentlichung über |Carlsen| einst eingestellt wurde, denn das Potenzial ist erneut erstaunlich hoch für eine derart (vergleichsweise) gewöhnliche Story. Aber zum Glück gibt es ja seit einiger Zeit einen Verlag, der die Perlen des französischen Comic-Marktes aufspürt und solche Glücksgriffe wie in diesem Fall „Slohka“ (neu) auflegt.

http://www.splitter-verlag.de/

Desirée und Frank Hoese – Die Zyanid-Connection

In diesem Roman teilen sich mehrere längere Kapitel den Platz, wobei jedes einzelne eine Geschichte aus dem Leben und den Problemen der ausgestoßenen Hauptpersonen erzählt und sie insgesamt das Bild eines umfassenden Konflikts malen. Ein Konflikt, der in dieser zukünftigen Gesellschaft schwelt und durch einen zufälligen Fokus auf die Protagonisten zu eskalieren droht. Ein Konflikt, auf dem diese Gesellschaft errichtet ist, die ohne ihn so nicht funktioniert.

Abhängigkeiten zwischen Privilegierten und Gesetzeslosen.

Die Hoeses traten mit diesen Geschichten über das Computermagazin c’t an die Öffentlichkeit und fanden ein fasziniertes Publikum. Für den Wurdackverlag erweiterten, überarbeiteten, schrieben neu und verknüpften sie die Abenteuer ihrer Helden zu einem Roman. Das Ergebnis spricht für sich.

Auf der Welt entwickelten sich Megastädte, in denen das gesetzlich geregelte Leben kondensierte und sich konzentriert, während sich außen herum weitgestreckte Slums anlagerten, in denen all jene leben, für die es keinen Platz in der legalen Gesellschaft gibt. Aber nicht nur Drogen und Amusement sind die Ware dieser so genannten Outskirts, sondern es lebt hier auch allerlei fähiges Volk wie ausgestoßene Programmierer, Polizisten, Köche, Händler, Ingenieure, Bänker. Geregelt werden die Interessen von Gangs, die die Skirts in Bereiche aufteilen und in einem wackligen Gleichgewicht halten.

Instant Auger und Wren Ironside sind fähige, ganglose Bewohner der Outskirts von New Athens. Instant ist eine begnadete Programmiererin, Wren ein Ex-Bulle. Sie landeten hier, weil ihnen die kriminellen Arbeitsweisen der legalen, noch dazu weltgrößten Herstellerfirma von Biochips nicht mehr gefallen. Und vor allem gegen diese Firma richten sich ihre neuen Tätigkeiten: die Skirts auf dem neuesten Stand der Implantatetechnik halten und damit die Abhängigkeiten zwischen Skirts und Gesetz erhalten. Die Cyberfirma reagiert kompromisslos, und so steigert sich diese Folge von Actio und Reactio bis an die Grenze zum Chaos, zur Eskalation.

Dieser Roman ist ein dicker Fang für den Wurdackverlag. Die Geschichten, die aus der Ichperspektive des Bullen Wren Ironside erzählt werden, bieten das Höchstmaß an Unterhaltung. Interessante Wortschöpfungen, vor allem im cybertechnischen Bereich, gepaart mit der harten, geraden Linie der protagonistischen Erzählsprache, ergeben einen attraktiven Stil. Schnell wird das Protagonistenpaar sympathisch, kommt völlig ohne Sex aus und erzeugt doch die Gewissheit von enger Beziehung und gegenseitiger Wichtigkeit. Schubladentechnisch bietet der Roman mindestens Thriller, Cyberpunk und Krimi. Es wird ganzzeitlich eine straffe Handlung gewebt, die Gefühle lesen mit und das Herz schlägt schneller, bis zur letzten Seite – Suchtgefahr gegeben!

Was es nicht gibt, sind allzu detaillierte Hintergründe zu den Protagonisten. Trotzdem wächst ihr Profil mit jedem Gedanken, den der Icherzähler formuliert, zu einem sympathischen und glaubwürdigen Gerüst. Über Wren Ironside erfährt man noch am wenigsten, er denkt lieber über seine Partnerin und andere Charaktere nach als über sich selbst. Aus seiner Sprache und seinen sarkastischen Bemerkungen zum Beispiel zum Ableben einiger Personen lernt man ihn aber kennen und schätzen.

Gerade das Fehlen weitschweifiger Erklärungen und Rückblenden erzeugt im Roman das Flair von Geschwindigkeit und Entdeckerdrang. Man will alles erfahren und wird von der Handlung vorangetrieben, bis man die letzte Seite umschlägt und ein eindrückliches Bild der Outskirts hat – Slums, in denen man eigentlich nicht leben will, aber bieten die Megacitys nicht noch weniger? Totale Kontrolle und Bevormundung durch irgendwelche mächtigen Interessengruppen, die sich andererseits mit billigen Arbeitskräften aus den Slums versorgen. Desirée und Frank Hoese extrapolieren ein Zukunftsbild mit strikten Klassentrennungen und staatlicher Allgegenwart als Grundgerüst für ihre Geschichten voller Leben und Gefühle. Ein sehr empfehlenswertes Buch, das Aufmerksamkeit über die Grenzen des Genres hinaus verdient.

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Garfield, Richard – Magic: The Gathering – Blick in die Zukunft – Themendeck »Ausgesetztes Urteil«

_Das wiederholte Spiel mit der Zeit_

„Ausgesetztes Urteil“ ist wohl dasjenige Themendeck im Rahmen der „Zeitspirale“-Edition, welches die neuen Fähigkeiten wie ‚Aussetzen‘ und ‚Verschwinden‘ mit der größten Relevanz verwendet. Ein knappes Drittel des Kartenmaterials greift auf diese grundlegenden Elemente zurück und bestimmt somit auch die Zugbasis des gesamten Decks. Weiterhin ist „Ausgesetztes Urteil“ ganz deutlich auf gewisse Schlüsselkarten ausgelegt, soll heißen, mit ihnen steht und fällt das Spiel. In diesem Fall ist dies ‚Paradoxer Dunst‘, der die Sonderfähigkeit besitzt, einen verzauberten Spieler zu Beginn jedes Versorgungssegments mit einem weiteren Segment zu belohnen. So kann man kurzzeitige Hindernisse wie ‚Aussetzen‘ schneller überwinden und die zusätzlichen Eigenschaften (in diesem Fall das kostenlose Ausspielen ausgesetzter Karten) beschleunigt ins Spiel bringen. Doch dies ist nur eine der vielen Seiten dieses Sets …

_Karteninhalt_

Länder:
• 10x Insel
• 9x Sumpf
• 3x Immerändernde Weite (common)
• 2x Vitale Kaverne (uncommon)

Kreaturen:
• 2x Zeitverbieger (uncommon)
• 2x Traumschleicher (common)
• 1x Unerschrockene Blase (common)
• 4x Infiltrator il-Kor (common)
• 1x Zeitriss-Wolkenscholle (uncommon)
• 2x Augur der Schädel (common)
• 1x Todessporen-Thallid (common)
• 1x Tödliche Raupe (common)
• 1x Shimanisches Gespenst (rare)
• 1x Nihilith (rare)

Andere:
• 2x Tickendes Uhrwerk (common)
• 3x Paradoxer Dunst (uncommon)
• 3x Realitätssäure (common)
• 2x Abtasten der Realität (uncommon)
• 1x Verlorene Stunden (common)
• 3x Glitschiges Wundsekret (common)
• 2x Marsch der Eiternden (uncommon)
• 1x Klapper des Todes (common)
• 2x Hirnmartern (common)
• 1x Schwindsucht (uncommon)

_So spielt man das Deck_

Nun, ganz so deutlich wie die Überschrift es vermuten lässt, ist die taktisch korrekte Anleitung für „Ausgesetztes Urteil“ nicht. Entscheidend ist sicherlich, dass man den Paradoxen Dunst möglichst zügig ins Spiel bringt, um so das mitunter schleppende Voranschreiten des Spielflusses etwas anzukurbeln. Es ist nämlich vergleichsweise schwer, eine siegversprechende Offensivkraft ins Rennen zu schicken, weil diese entweder wegen ihrer ausgesetzten Fähigkeit ziemlich lange auf sich warten lässt (so zum Beispiel der Nihilith) oder aber ihre Angriffs- und Widerstandswerte nicht gerade die besten sind – in Relation mit den teils recht hohen Manakosten ist es aber sowieso nicht leicht, sich hier entsprechend aufzubauen.

Also ist das ganze Spiel darauf ausgelegt, geduldig einen schlagkräftigen Wall zu bilden, der nach mehrfachem Aussetzen plötzlich die verheerende Vernichtung über den Gegner bringt, wenn einem das nicht schon selber widerfahren ist. Hierbei sollte man nach Möglichkeit auch Kreaturen wie das Shimianische Gespenst ins Spiel bringen, da man jedes Mal, wenn dieses Geschöpf dem Gegner einen Kampfschaden zugefügt hat, seine Hand nach einer selbst erwählten Karte durchforsten und ihre gesamten Äquivalente anschließend aus dem Spiel bringen kann. Zumindest das ist wahnsinnig effektiv, wobei die Angriffswerte nicht immer dafür bürgen, dass auch tatsächlich ein Kampfschaden entstehen kann. 2/2 ist diesbezüglich nicht besonders viel.

Allgemein ist auch viel vom Glück abhängig; gerade die Karten, die blaues Mana verwenden, sind teils entweder angriffslustig oder aber stark in der Defensive, aber eben nicht sonderlich ausgeglichen. Wer hier zu Beginn im Versorgungssegment recht einseitig zieht und möglicherweise nur offensive Karten wie den Infiltrator il-Kor zieht, wird sich in der Verteidigung nur schwer behaupten können. Diese sollte wegen der teils aussetzenden Kreaturen eh schon leicht geschwächt sein. Effizienter wäre hier beispielsweise der Traumschleicher mit 1/5, zumal man offensiv aufgrund der eher mäßigen Karten eh nicht viel ausrichten können wird.

Letztendlich liegt die Hoffnung darauf, dass man den ersten Attacken standhalten wird, um später dann mit einem Dutzend ausgesetzter Kreaturen zurückzuschlagen. Hierzu ist es jedoch nötig, die neuen Eigenschaften, die mit der „Zeitspirale“ hinzugekommen sind, perfekt zu beherrschen, und obendrauf auch mit Glück nicht zu knapp gesegnet zu sein. Aber als Voraussetzung für die Auseinandersetzung mit einem anderen Deck, geschweige denn für ein Turnier, ist dies doch eine ziemlich dünne Basis.

_Fazit_

„Ausgesetztes Urteil“ ist definitiv ein Profi-Deck, welches sich vor allem zu dem Zwecke eignet, sich mit den Eigenschaften von „Blick in die Zukunft“ sowie dem schwarzen und blauen Kartenmaterial der neuen Serie vertraut zu machen. Man wird viel experimentieren müssen und bedarf auch konsequenter Übung, um das Set annähernd zu beherrschen, wobei es selbst im Idealfall schwierig sein wird, gegen eines der stark besetzten anderen Themendecks der aktuellen Edition zu bestehen.

Problematisch ist einfach die fehlende Harmonie, die einen zielgerichteten Spielaufbau nur schwer ermöglicht. Hat man im ersten Versorgungssegment nicht gerade das Glück, seine Karten in einer wünschenswerten Reihenfolge zu erhalten und ist zu sehr auf die Nutzung der Aussetzen-Fähigkeit angewiesen, kann das Ganze schnell in die Hosen gehen, weil man fast hilflos den Attacken des Gegners ausgesetzt ist, der wiederum leichtes Spiel hat und die Lücken in der Verteidigung gnadenlos ausnutzen kann. Andererseits kann man natürlich mit dem nötigen Glück auch zur Spätoffensive blasen, wenn man später ohne Bezahlung weiterer Manakosten seine ausgesetzten Kreaturen in den Kampf schicken kann. Aber darauf zu spekulieren, ist sicher nicht das, was sich der ehrgeizige „Magic: The Gathering“-Spieler wünscht.

Insofern ist „Ausgesetztes Urteil“ eigentlich nur für diejenigen interessant, die mit den neuen Techniken üben und ihren Einsatz trainieren wollen. Alle übrigen Interessenten sollten sich eventuell mal mit „Rebellenvereinigung“ auseinandersetzen. In Sachen Effizienz ist dieses vielleicht das wertvollste „Magic“-Set.

http://www.magicthegathering.de/
http://www.universal-cards.com
http://www.wizards.com/

|Siehe ergänzend dazu:|

[Magic: The Gathering 9. Edition – Schnelleinstieg 3335
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Armee der Gerechtigkeit« 3337
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Schon wieder tot« 3370
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Luftige Höhen« 3591
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Welt in Flammen« 3592
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Remasuri-Entwicklung« 3371
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Kreuzritter der Hoffnung« 3372
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Pelzige Pilzwesen« 3667
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Realitätsbruch« 3670
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Endloser Marsch« 3731
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Verwirrtes Hirn« 3734
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Ixidors Vermächtnis« 3741
[Magic: The Gathering – Weltenchaos – Themendeck »Rituale der Wiedergeburt« 3746
[Magic: The Gathering – Blick in die Zukunft – Themendeck »Rebellenvereinigung« 3748

[Magic: The Gathering – Zeitspirale-Zyklus Band 1 3720
[Outlaw 1864 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 1)
[Der Ketzer 2645 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 2)
[Die Hüterin 3207 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 3)
[Die Monde von Mirrodin 2937 (Magic: The Gathering – Mirrodin #1)