Dava Sobel – Die Planeten

Sachlich und poetisch zugleich bringt uns Dava Sobel die Planeten unseres Sonnensystems (plus Sonne und Erdmond) nahe. Nicht wissenschaftliche Vollständigkeit ist das Ziel, sondern der neue Blick auf scheinbar Bekanntes. Sobel macht deutlich, dass neben dem naturwissenschaftlich erfassbaren Sonnensystem gleichwertig jenes Sonnensystem steht, das der Mensch sich in seiner Kunst, seiner Literatur, in seinen Mythen und in seinen Religionen schafft. Sie legt in eleganter, doch verständlicher Sprache schwierige Sachverhalte anschaulich dar und beschert uns eine ungewöhnliche Mischung aus Sachbuch und Gedankenspiel.
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Buchwurminfos VI/2005

In der Herbstausgabe der vierteljährlichen Zeitung „Deutsche Sprachwelt“ kritisiert der Sprachwissenschaftler Horst Haider Munske den Stand der deutschen _Rechtschreibung_ seit Inkrafttreten vom 1. August als „verordnetes Durcheinander“. Denn die wenigsten kennen sich noch aus und wissen, welche Regel gerade gilt. Der seit 2004 emeritierte Professor für Germanische und Deutsche Sprachwissenschaft und Mundartkunde an der Universität Erlangen-Nürnberg trat 1997 unter Protest gegen die Reformbestrebungen aus der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung aus und hat seither in einer Vielzahl von Publikationen gegen die unsinnige Schreibreform der Kultusminister Stellung bezogen.
Der Rat zur deutschen Rechtschreibung hat Ende Oktober nun weitere Empfehlungen zu Silbentrennung und Zeichensetzung beschlossen. Die Abtrennung von Einzelbuchstaben („E-sel“) sowie sinnentstellende Trennungen („Urin-stinkt“) sollten rückgängig gemacht werden. Beibehalten wird die reformierte Trennung bei „ck“.

Mit der neuen Regierung kommen die Steuererhöhungen und der Börsenverein muss um die Beibehaltung des _reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Bücher_ kämpfen. Seit der Frankfurter Buchmesse wird das bei jedem Treffen mit Politikern zur Sprache gebracht. Aber schon vor der Bundestagswahl hatten sich alle politischen Parteien für eine Beibehaltung des reduzierten Steuersatzes ausgesprochen. Dennoch hatten für die Sanierung der Staatsfinanzen der hessische Ministerpräsident Roland Koch und der designierte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) eine generelle Anhebung des reduzierten Steuersatzes um einen Prozentpunkt auf acht Prozent gefordert. Bei den Koalitionsverhandlungen war durchaus im Gespräch gewesen, nur noch Lebensmittel zu privilegieren und alle anderen Güter – also auch Bücher – der vollen Mehrwertsteuer zu unterziehen. Zwar blieb nun alles bei den 7 %, was laut Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, als „Signal für die herausgehobene kulturpolitische Wertschätzung“ gewertet werden darf, aber in vielen anderen Ländern liegt der Steuersatz auf Bücher noch niedriger. Im Verhältnis von reduziertem Mehrwertsteuersatz zu dem generell geltenden Mehrwertsteuersatz in den einzelnen Ländern belegt Deutschland nach Dänemark und Österreich den drittletzten Platz im EU-Vergleich. Ziel müsse deswegen – so Skipis – letztlich eine gänzliche Steuerbefreiung sein.

Mittlerweile etwas verspätet, aber der Verkaufstag des _[Harry Potter VI 1932 _in deutscher Sprache zum 1. Oktober darf in der regelmäßigen Branchenkolumne nicht fehlen. Wieder war dieser ein bundesweites Ereignis und die Geschäfte liefen für den Handel bestens. In der Nacht noch lieferte Weltbild in Kooperation mit der Deutschen Post 100.000 Bände direkt in die Wohnungen aus. Mit 200.000 Exemplaren war er auch bei Amazon das bisher erfolgreichste Buch in den Vorbestellungen der Firmengeschichte. Carlsen Verlag hat zum Start insgesamt zwei Millionen Exemplare ausliefern lassen und davon allein am 1. Verkaufstag eine Million auch verkauft, eine Herausforderung für die KNO Verlagsauslieferung. Frankreich hatte auch zwei Millionen Startauflage drucken lassen, lag aber mit 800.000 verkauften Exemplaren am Starttag hinter Deutschland zurück. Der 6. Potter-Band brach noch einmal alle bisherigen Rekorde und wurde übersetzt in 62 Sprachen mit einer derzeitigen Gesamtauflage von rund 258 Millionen Exemplaren. Carlsen durfte auch schon wieder nachdrucken. Beim Erstverkaufstag fanden bundesweit überall erneut große Events statt. Mittlerweile lesen aber fast alle potenziellen Fans das Buch natürlich sofort bei Erscheinen, nach diesem Tag gehen wie bereits im Vorjahr die Verkaufszahlen drastisch zurück. Das Interesse wird allerdings durch den neuen Film „Harry Potter und der Feuerkelch“ noch mal geweckt, auch laufen die älteren Filme nunmehr im Fernsehen.

Vom Potter-Fieber profitieren natürlich auch ähnliche Fantasy-Autoren. Cornelia Funke läuft mit ihrer „Tinten“-Trilogie, deren zweiter Teil „Tintenblut“ erschienen ist, bereits in Deutschland Kopf an Kopf mit Joanne K. Rowling, dicht gefolgt von „Eragon“ (Christopher Paolini) und „Bartimäus“ (Jonathan Stroud). Das Kinder- und Jugendbuch nimmt in den Bestseller-Listen mehr und mehr an Bedeutung zu.

Dachte man noch, das Interesse an _Papst-Büchern_ – ausgelöst durch den Tod von Johannes Paul II. und die Wahl von Benedikt XVI. – sei eine kurzlebige Sache, so erstaunt eine gegenteilige Entwicklung. Der Run auf die Bücher nimmt nicht ab, allein bei Herder Verlag sind inzwischen 14 Titel über den neuen Papst im Programm, ständig vergriffen und werden nachgedruckt. Eine parallele Eintrittswelle in die katholische Kirche bleibt allerdings aus. Unverändert kündigt die Bevölkerung stetig ihre Mitgliedschaft in beiden christlichen Lagern. Die Anzahl der Nichtchristen ist inzwischen genauso hoch wie die der beiden großen Kirchen. Allerdings hat die Evangelische Kirche in Deutschland mittlerweile ihre Mehrheit verloren, da sie von einer größerer Austrittswelle betroffen war, und die Katholiken stellen momentan die Mehrheit der deutschen Christen.

Die _Editionen der Zeitungen_ boomen unverändert. Die Jugendbibliotheken der „Süddeutschen Zeitung“ und von „Geolino“ (Gruner + Jahr) finden reißenden Absatz. Von den ersten fünf Bänden der „SZ“-Edition wurden mehr als 400.000 Exemplare verkauft und sie wurde von 13.000 Kunden abonniert, knapp dahinter liegt „Geolino“ mit 380.000 Exemplaren. Allein über den Bertelsmann-Club sind davon 160.000 Exemplare weggegangen, weswegen im Frühjahr die nächste Reihe „Zeit-Kinder“-Edition – die schönsten Bücher zum Vorlesen – startet. Auch die Comic-Editionen liefen bestens. Die zwölfbändige Reihe von „Bild“ und „Weltbild“ übertrafen die Erwartungen und ging pro Titel im sechsstelligen Bereich über den Ladentisch, allein die erste Ausgabe „Asterix“ verkaufte sich mehr als 200.000-mal. Auch die „FAZ“ zeigte sich mit ihrer Comicreihe zufrieden: 800.000 Vorbestellungen. Comics gelten mittlerweile nicht mehr als Schund, sondern als Mittel zur Leseförderung. Die eigentlichen Comic-Verlage versprachen sich von beiden Editionen eigentlich auch Zulauf, aber dies führte nicht zu erkennbaren Verkaufsausschlägen nach oben. Als mit der „SZ“-Bibliothek die erste deutsche Zeitungs-Buchedition auf den Markt kam, hielt man das für ein einmaliges Ereignis. Doch mittlerweile sind 15 Editionen im Markt und weitere 10 für 2006 geplant. Vorreiter war Italien, dort erschienen allein 2004 mehr als 100 Zeitungs-Editionen und ein Ende des Booms ist nicht in Sicht. Im ersten Quartal 2006 startet die „Süddeutsche Zeitung“ eine 50-bändige Krimibibliothek. Schon im Dezember startete der „Stern“ eine 24-bändige Krimibibliothek mit Random House als Vertriebspartner. Nach dem „Handelsblatt“ ist auch „Financial Times Deutschland“ in das Editionsgeschäft eingestiegen: zwölf Bücher zur Globalisierung im Wochentakt. Und die „SZ“ startet zum WM-Fieber mit Bänden zu Turnieren früherer Weltmeisterschaften. Die „Zeit“ startete in Zusammenarbeit mit „Brockhaus“ eine 20-bändige Welt- und Kulturgeschichte und hatte bereits nach einer Woche 20.000 Komplettpakete der Reihe verkauft. Vom ersten Band wurden 660.000 Exemplare über die „Zeit“-Ausgabe kostenlos verschenkt. Auch die DVD-Reihen werden fortgesetzt: Die „FAZ“ macht weiter mit ihrer „Faszinierende Natur“-Edition; „Welt“ und „Welt am Sonntag“ machen weiter mit der „Biografie der Weltgeschichte“ und die zweite Staffel der „SZ“-Cinemathek mit weiteren 50 Filmen kommt auch im nächsten Jahr. Auch der „Spiegel“ wird nun mit einer eigenen Buchreihe starten.

Das _politische Sachbuch_ dagegen hält nicht die Verkaufserwartungen, vor allem die Bücher zur Bundestagswahl waren nicht wirklich gefragt. Schröder und Merkel in Buchform haben offenbar nicht interessiert. Nur Oscar Lafontaines „Politik für alle“ kletterte auf den Bestseller-Listen nach oben. Nach dem unübersichtlichen Wahlergebnis waren die Leser das Thema leid, sie sind einfach übersättigt. Schon während der Wahlen war die Resonanz schlecht. Auch berichtenswert: Das Landgericht Hamburg hat gegen den Eichborn-Verlag eine einstweilige Verfügung ausgesprochen. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sich dagegen gewehrt, dass Textstellen in Hans-Joachim Selenz` „Schwarzbuch VW“ suggerieren könnten, er habe im Jahr 1992 Sexdienste in Anspruch genommen. Der Verlag ändert nun diese Passagen in den nächsten Auflagen.

Auch die Erfolgsstory des _Hörbuchs_ geht weiter; in den ersten neun Monaten 2005 stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 20 %. Als „Hörbücher des Jahres“ gewählt wurden „Wörter Sex Schnitt“ von Intermedium Records – Tonaufzeichnungen von Rolf Dieter Brinkmann in einer fünf CDs umfassenden Box – und als Kinder- und Jugendhörbuch „Winn-Dixie“ von Kate DiCamillo, erschienen bei der Hörcompany. Die Preisverleihung findet am Sonntag, den 22. Januar 2006 um 11 Uhr im Staatstheater Wiesbaden statt. Auch auf der Leipziger Buchmesse wird die Erfolgsgeschichte des Hörbuchs seine Fortsetzung finden. Mit über 100 Hörbuch-Ausstellern, rund 100 Veranstaltungen, zahlreichen Prominenten und einer Präsentation aller ARD-Hörfunkanstalten ist die Leipziger Buchmesse noch vor der Frankfurter Messe die wichtigste und größte Hörbuch-Veranstaltung in Deutschland. Im letzten Jahr noch umstritten, scheint nun aber die Zeit für eine Hörbuch-Zeitschrift langsam reif zu sein. Gleich zwei herausgebende Verlage platzieren je ein eigenes Magazin auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt. Das _“HörBuch Magazin“_ erscheint alle acht Wochen zum Preis von stolzen 9,90 Euro (10,90 Euro in Österreich, 19,80 Franken in der Schweiz), beinhaltet eine Audio-CD mit kurzen Hörbüchern (bisher die kostenlosen Märchen von Vorleser.net) und wird gestaltet vom Pressebüro Typemania, das seinen eigentlichen Schwerpunkt im Computerbereich hat. Allerdings erscheint dieses Magazin zu dünn für seinen durchaus respektablen Preis.
Das zweite Magazin hat noch keinen Namen: Die „_Goodlife Media Group_“ plant ein Print-Magazin über Hörbücher (zunächst 3000, später 12.000 Exemplare) und sucht dafür zurzeit ehrenamtliche (!) Mitarbeiter, die Lust haben, Rezensionen zu schreiben und Interviews zu führen.
Der Deutsche Literaturfonds und die Bundesakademie Wolfenbüttel laden junge Autoren, die für das Hörspiel professionell schreiben möchten, zu einem _Workshop für Hörspielautoren_ nach Wolfenbüttel und Hamburg ein. Der Kurs vom 7. bis 16. Juni 2006 richtet sich an deutschsprachige Autoren, die bereits mindestens einen literarischen Text veröffentlicht haben (keine Publikationen im Selbstverlag oder als Book-on-Demand). Bewerbungsschluss ist der 31. März 2006, weitere Infos gibt es auf http://www.deutscher-literaturfonds.de.
Claudio.de und Abebooks.de starten den Wettbewerb „_Rote Feder 2006_“ für Liebhaber von Klassiker-Geschichten. Wer diese in moderner Form umsetzt und als MP3-Datei aufnimmt, hat die Chance, sein Werk auf zwei großen Internetplattformen zu präsentieren. Unter allen Einsendungen, die bis zum 31. Januar eingegangen sind, wird von den Redaktionen eine Vorauswahl getroffen – diese Beiträge werden bei Claudio.de und Abebooks.de veröffentlicht. Dann haben die User das Wort: Ihr trefft per Voting eine Vorauswahl und bestimmt eure Favoriten für die Endausscheidung. Eine Jury aus Autoren, Sprechern, Hörbuchproduzenten und Feuilleton-Redakteuren wird schließlich aus den beliebtesten Beiträgen die Gewinner des 1. bis 3. Preises auswählen. Der Gewinner der „Roten Feder 2006“ wird zur offiziellen Preisvergabe am 16. März auf der Leipziger Buchmesse 2006 eingeladen und darf dort seinen Beitrag persönlich vorstellen. Außerdem wird sein Wettbewerbsbeitrag in einem Tonstudio professionell produziert. Alle weiteren Informationen: http://www.claudio.de/cms.do?cms=/opencms/sites/Claudio/rfeder.html.

_Die Andere Bibliothek_, von Hans Magnus Enzensberger im Eichborn-Verlag herausgegeben, wird bis Ende 2007 fortgesetzt. Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte Hans Magnus Enzensberger verpflichtet, seinen Vertrag mit Eichborn zu erfüllen (über die Hintergründe berichteten wir schon, siehe Archiv früherer Buchbranchen-Kolumnen).

_Suhrkamp_ expandiert kräftig. Nachdem das Projekt _Deutscher Klassiker Verlag_ im Taschenbuch gut startete, folgt im Herbst 2007 der _Verlag der Weltreligionen_. Zum wissenschaftlichen Beirat gehören u. a. der Ägyptologe Jan Assmann und der Soziologe Ulrich Beck. Zudem ist eine neue Taschenbuchedition innerhalb des Suhrkamp-Programms vorgesehen, die _Edition Unseld_. Diese neue Reihe ist interdisziplinär angelegt und soll Erkenntnisse der Naturwissenschaften mit denen der Geistes- und Kulturwissenschaften verbinden.

_Neclak Kelek_, Türkin mit deutschem Pass und Autorin „Die fremde Braut“ (Kiepenheuer & Witsch), schildert in ihrem Buch die Folgen der türkischen Zwangsheirat in Deutschland. Zuweilen, meint sie, verstellt das besondere Schuldgefühl der Deutschen „den klaren Blick auf die heutigen Realitäten von Unterdrückung und Ausgrenzung“. Für ihr Engagement erhielt sie am 14. November vom Landesverband Bayern des Börsenvereins und der Stadt München den Geschwister-Scholl-Preis, der mit 10.000 Euro dotiert ist. Heribert Prantl, der Preisträger von 1994, verglich ihr Buch in seiner Rede mit einem „Faustschlag auf den Schädel“, der dem Leser die Augen öffnen solle für die jungen türkischen Frauen, „die das Wort Gleichberechtigung nicht sprechen, nicht schreiben, nicht leben können“.

_Marcel Reich-Ranicki_ sagte in der „Bunten“ über _Martin Walser_: „Er verübelt Juden, dass sie überlebt haben. Das ist durchaus kein Antisemitismus. Das ist Bestialität“. Martin Walser reichte daraufhin Unterlassungsklage gegen Reich-Ranicki ein. Um den gerichtlichen Streit abzuwenden, unterzeichnete Reich-Ranicki eine Unterlassungserklärung.

_Indizierung_: Das im Bohmeier Verlag erschienene Buch „Das Buch Noctemeron – Vom Wesen des Vampirismus“ von Frater Mordor ist von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften auf den Index gesetzt worden. Die Indizierung wurde im „Bundesanzeiger“ Nr. 206 veröffentlicht.

Ganz interessant bei der _Frankfurter Buchmesse_ ist seit letztem Jahr zu beobachten, wie sich Film und Literatur aufeinander zu bewegen. Bereits seit 2003 ist neben dem „Deutschen Buchpreis“ und dem „Friedenspreis“ das „Forum Film & TV“ ein weiterer Höhepunkt. Seit dem Frühjahr 2005 besteht nun auch eine Kooperation mit der „Berlinale“. Die drei Branchen Buch, Musik und Film beginnen im deutschen Sprachraum eng zusammenzuarbeiten. Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse fanden nun erstmals so genannte „Speed Dating Sessions“ statt, bei denen sich Produzenten und Redakteure, Agenten und Autoren näher kamen, für die auch ein Verfilmungsrechtekatalog vorbereitet wurde. In noch größerem Rahmen wird diese Kontaktpflege zwischen Autoren, Verlagen und Produzenten auf der Berlinale 2006 fortgesetzt.

Auch in diesem Jahr war die Messe sehr erfolgreich und hatte mit 284 838 Besuchern ein Plus von 6,3 % im Vergleich zum Vorjahr auf mehr Ausstellungsfläche und auch mit mehr Ausstellern.

Dieses Jahr war Korea Gastland, 2006 folgt Indien und 2007 die „Katalanische Kultur“. Für 2009 wird China anvisiert, da Deutschland 2007 auch Gastland auf der chinesischen Buchmesse in Peking sein wird. Allerdings sollten dann auch kritische Diskussionen möglich sein und auch Hongkong und Taiwan einbezogen werden.

Auf Hinweis der Frankfurter Buchmesse klärt nun die Frankfurter Staatsanwaltschaft Vorwürfe gegen iranische Aussteller, an deren Gemeinschaftsstand Bücher und Broschüren mit antisemitischem und gewaltverherrlichendem Inhalt ausgestellt waren.

Wie wir schon berichteten, ging der diesjährige _Friedenspreis_ an den türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk, der in der Türkei angeklagt wird wegen Äußerungen über getötete Kurden und Armenier. Im türkischen Fernsehen sagte er jetzt: „Ich will der erste Schriftsteller der Türkei sein, der nicht ins Gefängnis geht“. Wie Nazim Hikmet und Yasar Kemal saßen bisher praktisch alle bedeutenden Schriftsteller des Landes wegen unbequemer Äußerungen hinter Gittern. Pamuk sieht seinen Prozess als Testfall dafür, inwieweit die in den vergangenen Jahren wegen der türkischen EU-Bewerbung beschlossenen Reformen in der Türkei umgesetzt werden. In einem Land, das in die Europäische Union will, sollten die Bürger das Recht haben, auch unbequeme Meinungen zu äußern. Seine Auszeichnung in Deutschland durch den Börsenverein hat allerdings die türkische Öffentlichkeit gespalten. Liberale Zeitungen wie „Radikal“ druckten den gesamten Text seiner Dankesrede ab, andere Blätter beschränkten sich auf kleine, unkommentierte Meldungen. Die auflagenstärkste Zeitung „Hürriyet“ kritisierte, dass in der Pauluskirche seine Äußerungen zur dunklen Geschichte der Türkei Beifall hervorrief. Aufgrund seines Interviews, das Pamuk anlässlich der Preisverleihung der „Welt“ gab, ermittelt erneut die Istanbuler Staatsanwaltschaft wegen angeblicher Verunglimpfung des türkischen Militärs. Im Interview hatte er gesagt, die türkische Armee behindere manchmal die demokratische Entwicklung. In Deutschland hat Pamhuks jüngster Roman „Schnee“ inzwischen die Bestseller-Listen erreicht.

Wenige Tage vor der Frankfurter Buchmesse hatte _Dieter Schormann_ bekannt gegeben, dass er sein Amt als Vorsteher des Börsenvereins zum Jahresende niederlegt. Aufgrund seines Wechsels von einer traditionsreichen inhabergeführten Buchhandlung zur expandierenden Buchhandelskette Thalia sah er das Vertrauen in ihn durch die Mitglieder auch kleiner Unternehmen nicht mehr gegeben. Aber zuvor war auch entsprechende Kritik der Mitglieder erfolgt. Schormann war vier Jahre lang als Vorsitzender fast ununterbrochen täglich für den Börsenverein unterwegs: Umbau zum Gesamtverein, Preisbindungsgesetz, Urheberrechtsnovelle, Lobbyarbeit im In- und Ausland. Am 1. Januar übernimmt der stellvertretende Vorsitzende _Gottfried Honnefelder_ (DuMont Literatur- und Kunstverlag) diese Aufgaben. Bei der Hauptversammlung im Mai wird aber ein neuer Vorsteher gewählt.

|Das Börsenblatt, das die hauptsächliche Quelle für diese Essayreihe darstellt, ist selbstverständlich auch im Internet zu finden, mit ausgewählten Artikeln der Printausgabe, täglicher Presseschau, TV-Tipps und vielem mehr: http://www.boersenblatt.net/.|

Wiesler, André – Altes Eisen (Shadowrun #56)

|“Zehn Jahre ist es her, seit Lulatsch, Clown, Grizzly und Madame Trix ihren letzten Coup gelandet haben. Und ein Jahrzehnt ist in der sechsten Welt eine lange Zeit, vor allem für die kurzlebigen Orks und Trolle. Sie haben die Straßen der ADL hinter sich gelassen, aber wie heißt es so schön: Niemand verlässt die Schatten ganz. So holt die Vergangenheit die Runner ein und lässt sie erkennen, dass sie im Jahr 2064 vor allem eines sind: Altes Eisen …“| (Klappentext)

_von Chris Sesterhenn
mit freundlicher Unterstützung unseres Partnermagazins http://www.ringbote.de/ _

_Trockene Fakten – die äußeren Werte:_

„Altes Eisen“ ist ein weiterer „Shadowrun“-Roman aus dem |Heyne|-Verlag. Wie schon so oft, passt das Titelbild nicht besonders gut zu dem Roman, aber es kommt auch viel mehr auf den Inhalt an. Die Geschichte verteilt sich in dem Taschenbuch auf 426 Seiten, was einem sehr guten Durchschnittswert entspricht.

_Worum geht es überhaupt? – zum Inhalt:_

André Wiesler präsentiert mit „Altes Eisen“ einen neuen Roman aus der Welt von „Shadowrun“. Die gesamte Handlung dreht sich um die Runnergruppe „Die Crew“, bestehend aus dem Riesen Lulatsch (Joseph), dem Troll Grizzly (Marko), den beiden Orks Trix (Helen) und Clown (Nikolai) sowie der Elfe Winter und dem Mensch Dietrich. Vor zehn Jahren gelang diesen Runnern ein großartiger Coup. Sie widmeten sich ihrem Privat- und Familienleben, zogen sich mehr oder weniger aus den Schatten zurück. Doch dann ist es nach der langen Zeit des Wartens soweit: Helen, die nach dem erfolgreichen Coup für die Crew ins Gefängnis gegangen ist, wird aus der Haft entlassen und der Zeitpunkt ist gekommen, die verbleibende Beute unter den Teammitgliedern aufzuteilen und einen Lebensabend im Wohlstand zu garantieren. Doch dann kommt alles ganz anders als geplant. Die ehemaligen Runner sind gezwungen, noch einmal zu zeigen, was die Crew wirklich vermag. Und dabei gilt es, die Schatten der Vergangenheit zu bewältigen.

_Zuckerbrot und Peitsche – Pro und Contra:_

Der Roman „Altes Eisen“ von André Wiesler präsentiert eine wirklich gelungene Geschichte. Die einzelnen Szenen sind sehr detailliert und plastisch beschrieben. Jeder Abschnitt lädt zum zügigen Weiterlesen ein, Langeweile kommt in diesem Buch nie auf. Von Kapitel zu Kapitel wechselnd, erfährt der Leser in zwei Handlungssträngen von den aktuellen Ereignissen und den Geschehnissen vor zehn Jahren. Zusammen ergibt dies auf sehr geschickte Art und Weise ein rundum gelungenes Gesamtwerk.

Die Charaktere der Geschichte waren vor zehn Jahren professionelle und sehr begabte Runner. Mit ihren Talenten und ihrer Cyberware gelingt es ihnen, einen nicht für möglich gehaltenen Raub zu begehen. Auch wenn dieser nicht hundertprozentig glatt verlief, so wartet in der „Gegenwart“ dennoch eine beachtliche Beute auf die Helden von damals. In den vergangenen Jahren wurden aus den einzelnen Teammitgliedern ein angesehener Imageberater für Metamenschen (Joseph), das Oberhaupt einer großen Orkfamilie (Nikolai), ein Häufchen Elend, welches nur von der Verpflichtung, einen Hund zu füttern, noch am Leben gehalten wird (Marko) oder eine selbstbewusste Orkfrau, die ihren Lebensabend in Ruhe verbringen will (Helen). Und dieses ‚alte Eisen‘ muss nun zeigen, was es in der Gegenwart noch alles auf dem Kasten hat.

Allein die Idee ist schon lesenswert, aber die Umsetzung macht das Ganze zu einem besonderen Lesevergnügen für „Shadowrun“-Fans und solche, die es noch werden wollen. Sehr gelungen sind die teilweise enormen Unterschiede der einzelnen Charaktere in den beiden Handlungssträngen. Es entbehrt nicht eines gewissen Humors, wenn beispielsweise der ehemalige Straßensamurai eine Waffe aufnimmt und seine Smartgun-Verbindung meldet, dass die Cyberware ein dringendes Update benötigt.

Wer unbedingt auch einen Punkt auf der Contra-Seite haben will, muss schon etwas länger suchen. Unter Umständen könnte die phasenweise etwas sehr auf Erwachsene bezogene Schreibweise nicht gerade für junge Leser geeignet sein (wobei Gewalt eher als letzter Ausweg beschrieben wird). Aber es gibt noch wesentlich schlimmere Szenen in anderen Publikationen.

_Für wen lohnt es sich? – meine Einschätzung:_

Der Roman von André Wiesler ist ein richtiges Highlight unter den Romanen aus dem „Shadowrun“-Universum. Ich kann jedem SR-Fan (und allen, die es noch werden wollen) diesen Roman nur wärmstens ans Herz legen. Der Leser erhält für sein Geld viel Unterhaltung und Kurzweil – seit langer Zeit wieder einmal ein wirklich überzeugender SR-Roman.

_Fazit:_ „Altes Eisen“ von André Wiesler bietet eine hervorragend umgesetzte Idee. Im Vergleich mit anderen Romanen aus der Welt von Shadowrun liegt dieser Roman eindeutig im oberen Bereich der Rangliste. Fans sollten sich dieses Highlight nicht entgehen lassen, daher kann ich eine uneingeschränkte Kaufempfehlung geben. Um es mit Grizzlys Worten zu sagen: „So wird das gemacht!“

Zeilinger, Anton – Einsteins Spuk

Der bekannte Physiker und Nobelpreisträger [Richard Feynman]http://de.wikipedia.org/wiki/Richard__Feynman prägte einst den Satz „Ich denke, man kann mit Sicherheit sagen, dass niemand die Quantenmechanik versteht“ und brachte damit die Schwierigkeiten der Quantenphysik auf den Punkt. Dennoch birgt dieses Teilgebiet der Physik eine Faszination, welche sogar auf Nicht-Wissenschaftler überspringt. So wird beispielsweise in |Star Trek|-Newsgroups heftig über Quantenmechanik diskutiert, denn dort gibt es zahlreiche Tüftler, die sich Gedanken darüber machen, unter welchen Bedingungen die Warp-Geschwindigkeit doch möglich ist, obwohl bereits Einstein feststellte, dass Lichtgeschwindigkeit die begrenzende Geschwindigkeit ist (zumindest für Materietransport).

Mit diesen Fragen und noch vielen anderen mehr beschäftigt sich der nicht minder berühmte [Anton Zeilinger,]http://de.wikipedia.org/wiki/Anton__Zeilinger der insbesondere bekannt ist für das Phänomen der „Quantenteleportation“ und der erst kürzlich mit der Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität Berlin ausgezeichnet wurde. Ein besonderes Anliegen ist dem österreichischen Physiker aber auch die populärwissenschaftliche Vermittlung schwieriger quantenmechanischer Fragen, die sich oftmals dem gesunden Menschenverstand entziehen. So durfte ich selbst auf einer Tagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft erleben, wie der große Anton Zeilinger mit strahlenden Augen und einigen Geschichten aus dem Nähkästchen einem teilweise fachfremden Publikum seine Forschungsarbeit vorstellte, sodass jeder einzelne Zuhörer seine Aha-Erlebnisse hatte. Beeindruckt von dieser Leistung, freute ich mich umso mehr auf „Einsteins Spuk“, welches beginnend bei den Grundlagen der Quantenphysik das Feld aufrollt, bis Zeilinger sich auch komplizierten Vorgängen der Verschränkung widmet.

In „Einsteins Spuk“ beginnt Anton Zeilinger tatsächlich bei den grundlegenden Prinzipien der (Quanten-)Physik, er erklärt ausführlich den Welle-Teilchen-Dualismus des Lichtes und stellt dabei die bahnbrechenden Experimente vor. Einen besonderen Schwerpunkt legt Zeilinger auf das Doppelspaltexperiment, welches er seine zwei imaginären Physikstudenten Alice und Bob auch durchführen und diskutieren lässt. In Exkursen erzählt Zeilinger über Glasfasertechnik oder auch die [Unschärferelation,]http://de.wikipedia.org/wiki/Heisenbergsche__Unsch%C3%A4rferelation die sich nicht ohne weiteres auf makroskopische Objekte wie ein Auto anwenden lässt. Später erklärt der Autor, was man sich unter der Polarisation von Licht vorzustellen habe und taucht dabei immer tiefer in die Physik ein.

Das Besondere an diesem Buch ist allerdings nicht nur der Inhalt an sich, welchen wohl jeder einigermaßen kundige Physiker hätte erklären können, sondern die Art, wie Zeilinger uns sogar schwierigste Physik präsentiert. In vielen Situationen lässt er seine jungen Studenten Alice und Bob zum Experiment treten und erzählt eigentlich „nur“ die Geschichte dieser beiden neugierigen jungen Studenten. Alice und Bob hören eine spannende Vorlesung bei Prof. Quantinger – dessen Name wohl nicht nur zufällig dem des Anton Zeilinger ähnelt – und führen angespornt von dem neuen Wissen eigene Experimente durch. Angeleitet durch Quantinger und seine Mitarbeiter arbeiten Alice und Bob an verschiedenen Versuchen und diskutieren die Erkenntnisse miteinander. Und genau dies sind die spannendsten Stellen im Buch. Anfangs wissen Alice und Bob nicht viel über die Probleme der Quantenmechanik, doch anhand von ausgewählten Experimenten kommen sie nach und nach der Natur des Lichtes und der [Quantenverschränkung]http://de.wikipedia.org/wiki/Quantenverschr%C3%A4nkung auf die Spur, die Einstein einst „spukhafte Fernwirkung“ genannt hat.

Während Alice und Bob also ihren Lernprozess durchmachen, haben wir teil an ihren Fragen und Gedankengängen. Durch gezielte Fragen und Versuche durchschauen die beiden Physikstudenten immer besser, was bei Quantingers Experimenten wirklich passiert. Und obwohl die beiden natürlich deutlich schneller lernen als der normale Student, helfen sie den Lesern dabei, selbst neue Erkenntnisse zu gewinnen. Alice und Bobs Fragen und Diskussionen sind es, an denen wir uns inhaltlich und fachlich entlang hangeln können und somit schließlich selbst der Quantenmechanik auf die Spur kommen. Fast schon wie ein Roman wird uns hier die Geschichte der Quantenphysik erzählt, sodass man bei der Lektüre zwischendurch sogar vergisst, dass man hier ein populärwissenschaftliches Buch in der Hand hält.

Doch Zeilinger erzählt mehr als nur diese Geschichte, in welcher Alice und Bob zwischen Vorlesung und Experiment hin- und herpendeln. Zwischendurch wohnen wir selbst Quantingers Vorlesung über die [Polarisation]http://de.wikipedia.org/wiki/Polarisation bei und lernen somit zeitgleich mit unseren beiden Protagonisten einiges mehr über das Licht. Methodisch erweist Zeilinger sich als sehr vielfältig, sein populärwissenschaftliches Buch wird aufgepeppt durch Cartoons und nette Anekdoten, außerdem helfen uns viele Bilder dabei, die teils komplizierten Gedankengänge Zeilingers nachzuvollziehen. Dennoch wird es wohl für jeden Leser irgendwann einen Punkt im Buch geben, an dem er fachlich aussteigen muss. Speziell die Bell’sche Ungleichung eignet sich wohl nicht sonderlich gut für die Vermittlung an fachfremdes Publikum.

Aber nichtsdestotrotz schafft Zeilinger es nicht nur, dem geneigten Leser inhaltlich eine Menge neues Wissen mit auf den Weg zu geben, er regt darüber hinaus zum verstärkten Nachdenken über philosophische Konsequenzen der Quantenmechanik an. So wird sich der Leser sicher einige Gedanken darüber machen, was bei der Teleportation eines Menschen passieren könnte oder was wäre, wenn wir wirklich alle keinen freien Willen hätten. Und wer am Ende immer noch nachvollziehen kann, was Anton Zeilinger hier schreibt, der wird sogar erfahren, wie Zeilingers Verschränkungsexperimente im Detail funktionieren und wie Quantenkryptografie prinzipiell abläuft. Inhaltlich hat der Autor hier also eine Menge hineingesteckt, was auf den ersten Blick vielleicht gar nicht auffallen mag. Doch „Einsteins Spuk“ ist nicht nur unglaublich lehrreich, sondern macht darüber hinaus richtig Spaß zu lesen, weil Physik hier nicht nüchtern dargeboten wird, sondern eingepackt wird in eine nette Geschichte, an der jeder interessierte Leser Gefallen finden wird.

So steigt am Ende meine Hochachtung vor Anton Zeilinger noch weiter an, denn wer ein so kompliziertes Teilgebiet der Physik wie die Quantenmechanik so lebendig und interessant darstellen und eingängig erklären kann, der beweist, dass er nicht nur ein begeisterter Physiker ist, sondern sein Wissen auch gerne an andere weitergeben möchte. In diesem Sinne freue ich mich auf seine weiteren populärwissenschaftlichen Werke, die sicherlich nicht minder spannend ausfallen werden!

Fleischhauer, Wolfram – Buch, in dem die Welt verschwand; Das

„Das Buch, in dem die Welt verschwand“ von Wolfram Fleischhauer ist mittlerweile auch als Hörbuch erhältlich. Der Autor selbst hat sich seinen Roman von 2003 erneut vorgeknöpft und übernimmt hier die Rolle des Erzählers. Leider jedoch gelingt es ihm nur ansatzweise, die Geschichte lebhaft darzustellen. Warum ist das so? Wir wollen einmal einen genaueren Blick auf diese Audioproduktion werfen:

_Story_

Nürnberg um 1780, kurz vor der Französischen Revolution: Der junge Lizenziat Nicolai Röschlaub wird vom Kammerherrn Selliong in die Gemächer des erkrankten Grafen von Alldorf gebeten, kann aber bei seiner Ankunft nur noch dessen Tod feststellen. Bereits seine Kinder und seine Frau fielen einer mysteriösen Krankheit zum Opfer, und auch der Graf selbst scheint an dem schleichenden Gift unbekannter Herkunft gestorben zu sein.

Der tragische Tod des Grafen bleibt aber nicht der einzige Zwischenfall: Kurze Zeit später wird inmitten eines Waldes die Leiche von Selling gefunden, der auf brutale Art und Weise ermordet und geradezu abgeschlachtet wurde.

Nach und nach stellt sich heraus, dass Alldorf im ganzen Land Schulden gemacht hat, um irgendwelche kriminellen Machenschaften zu finanzieren. Das geliehene Geld ist allerdings verschwunden, und der einzige Mann, der darüber etwas wissen könnte, wäre der ermordete Kammerherr.

Als die Tragweite des Falles klar wird, nimmt sich Justizrat Di Tassi der Sache an, der als Erstes die am Fundort von Sellings Leiche entdeckte Magdalena Lahner sprechen möchte. Das Mädchen leidet allerdings noch an einem Trauma infolge der schrecklichen Beobachtungen – es hat das grausame Vergehen gänzlich beobachtet – und ist nicht vernehmungsfähig. Röschlaub nimmt sich der Dame an und verliebt sich prompt in sie. Deshalb macht er sich auch zur Aufgabe, Magdalena vor Di Tassi zu schützen, was den Justizrat wiederum dazu bringt zu vermuten, dass Nicolai mit der Lahner unter einer Decke steckt und ebenfalls mit den Todesfällen in Verbindung steht.

Dennoch arbeiten Di Tassi und Röschlaub fortan zusammen. Dabei führt ihre Spur zu einer Serie von Postkutschenüberfällen, die nach einem merkwürdigen Muster stattfinden. Nicolai durchschaut dieses Muster schnell und macht dabei eine schreckliche Entdeckung: Auf der Landkarte ergeben die Punkte, an denen die Anschläge stattgefunden haben, ein riesiges kopfstehendes Kreuz.

Jetzt beginnt Röschlaub, allein Ermittlungen anzustellen, weil sein Vertrauen in Di Tassi ebenso schwindet wie das zu Magadalena. Die beiden kommen sich zwar rein körperlich näher, aber das junge Mädchen ist nach wie vor ein Mysterium für den Lizenziaten. Als er schließlich feststellt, dass er nicht gegen eine normale Räuberbande, sondern gegen verschiedene religiöse Verschwörer und sektenartige Geheimbünde angeht, wird seine Vorstellungskraft von dem, was sich derzeit in Deutschland zuträgt, vollständig gesprengt.

Wolfram Fleischhauer gilt unter Kennern bereits als Experte für historische Romane. Dementsprechend umfassend und detailgetreu wird daher auch die Epoche, in der die Geschichte spielt, dargestellt. Rein faktisch gesehen lässt der Autor jedenfalls gar nichts anbrennen, seien es nun die Umgangsformen, die Beschreibungen der politischen Situation oder der Überblick über die religiösen Gruppierungen und die verschiedenen Freidenker, die zur Zeit der Aufklärung in aller Munde waren.

So weit, so gut. Doch leider gibt es hier auch ein großes |Aber|, und das betrifft die Entwicklung der fiktiven Handlung, die Fleischhauer langsam, um nicht zu sagen behäbig aufbaut. Dem Autor gelingt es nur teilweise, die guten Ideen, die sich aus dem Hintergrund der Geschichte ergeben, in eine spannende Story umzuwandeln, was sich manchmal sogar derart äußert, dass „Das Buch, in dem die Welt verschwand“ einem Bericht ähnelt. Fleischhauer reiht im Laufe des Plots vornehmlich nur Fakten aneinander, lässt aber währenddessen kaum Spannung aufkommen. Natürlich fragt man sich mit fortschreitender Erzähldauer, wer oder was genau hinter den Anschlägen auf die Postkutsche steckt, was genau Alldorf mit dem ‚geborgten‘ Geld bezweckte und warum Selling umgekommen ist, aber das Level eines echten Krimis erreicht die Geschichte nicht einmal ansatzweise.

Im Hinblick auf den historischen Hintergrund wird das Ganze dann auch erst zum Ende hin interessant, wenn die philosophischen Anteile des Romans schlagartig zunehmen und der Name Immanuel Kant ins Spiel kommt, der schließlich auch das Buch, auf das der Titel anspielt, geschrieben hat. Doch gleichermaßen wird auch in dem Moment, wo die Handlung sich von jeglichen Strukturen loslöst, deutlich, warum genau der Spannungsaufbau zum Scheitern verurteilt ist. Die wichtigsten Personen werden nämlich erst zum Ende hin eingeführt, und erst dann wird auch klar, worum es in der Geschichte eigentlich geht. Bis dahin hat man sich nämlich fast ausschließlich mit Geplänkel aufgehalten, das die Erzählung überhaupt nicht vorangebracht hat und nur noch bedingt mit dem Ende in Verbindung steht.

Die Gedanken sind frei – dieser bekannte Slogan ist der Leitfaden von „Das Buch, in dem die Welt verschwand“ -, aber leider sind die Gedanken in diesem Fall dann so frei, dass der Autor zunächst versäumt, der Geschichte einen spannenden Aufbau zu verpassen, und es anschließend auch nicht mehr schafft, die erzählerische Kurve zu den freidenkerischen Zügen geschmeidig zu nehmen. Die Erzählung als solche bekommt daher auch nur das Prädikat ‚durchschnittlich‘ von mir zugesprochen.

Als Vorleser gibt Fleischhauer aber leider auch nicht immer eine besonders gute Figur ab. Gerade die ersten beiden CDs des acht Silberlinge umfassenden Hörbuches wirken ein wenig lustlos und dröge, aber das mag auch an dem zumeist lediglich Tatsachen beschreibenden Aufbau liegen. Im weiteren Verlauf, speziell dann, wenn der Aktionsreichtum ein wenig zunimmt (so zum Beispiel, als Nicolai infolge seiner Unwissenheit und der Verschwiegenheit seiner Begleiter immer wütender wird), kann sich der Autor aber in seiner zweiten Rolle noch gehörig steigern und meistert seine Lesung abschließend dann doch ganz ordentlich. Ein wenig mehr Motivation hätte die Geschichte aber dennoch vertragen können.

Insgesamt ist das Hörbuch zu „Das Buch, in dem die Welt verschwand“ allenfalls für Fans des Autors und Anhänger historischer, philosophischer Romane interessant. Als spannender Krimi funktioniert das Ganze indes nicht besonders gut.

|Bitte beachtet ergänzend auch Dr. Michael Drewnioks [Rezension 265 zur Buchfassung bei uns.|

John D. MacDonald – Alptraum in Pink [Travis McGee 2]

Ermittlungen führen den Gelegenheits-Detektiv Travis McGee nach New York und in die Fänge einer Gaunerbande, die sich in einer ‚Nervenheilanstalt‘ eingerichtet hat und vor allem reiche Kunden behandelt, denen anschließend etwas zustößt … – Selbstverständlich landet McGee in seinem zweiten Abenteuer in jenem Irrenhaus, das er nicht mehr verlassen soll; der flaue Plot zieht sich in die Länge und bleibt dort hängen, wo Autor MacDonald seine Hauptfigur auflisten und kommentieren lässt, was falsch auf der Welt läuft: schwatzhaft und langweilig.
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Clark, Mary Higgins – Nimm dich in acht

Die New Yorker Psychologin Dr. Susan Chandler moderiert eine beliebte Radiosendung. Als aktuelles Thema hat sie sich das Buch „Verschwundene Frauen“ des Psychiaters Dr. Donald Richards ausgesucht, den sie in ihrer Sendung dazu befragt. Auf eigene Faust hat sie den Fall der vermissten Regina Clausen aufgetan, die vor drei Jahren nach einer Kreuzfahrt nicht mehr zurückkehrte. Während der Sendung meldet sich eine anonyme Anruferin, die von einem Verdacht berichtet. Vor zwei Jahren lernte sie auf einer Schiffreise einen Mann kennen, der ihr einen Ring mit der Gravur „Du gehörst mir“ schenkte. Genau so ein Ring befand sich auch in Regina Clausens Gepäck. Susan wittert eine heiße Spur und bittet die Anruferin zu einem Treffen. Doch am nächsten Tag wird die Frau vor ein Auto gestoßen und liegt im Koma.

Es folgen weitere Anschläge auf Personen, die Hinweise zu Regina Clausens Verschwinden liefern können. Während die Polizei im Umfeld der Betroffenen ermittelt, vermutet Susan, dass sie einem Serienkiller auf der Spur ist, der sich seine Opfer unter alleinreisenden Frauen auf Kreuzfahrten sucht. Spätestens nachdem sie Regina Clausens Mutter, die schwerkranke Jane Clausen, kennen lernt, fühlt sie sich verpflichtet, die Wahrheit über das Verschwinden dieser Frau herauszufinden.

Dabei stößt Susan auch in ihrem eigenen Umfeld auf Unstimmigkeiten: Was hat den Autor Don Richards bewogen, ein Buch über diese Fälle zu schreiben? Welches falsche Spiel treibt Jane Clausens Anwalt Douglas Layton mit seiner Klientin? Etwas Entspannung erhofft sich Susan von der Bekanntschaft mit dem reichen und attraktiven Alex Wright, bis sich herausstellt, dass sich auch ihre Schwester Dee für ihn interessiert. Bei ihren Nachforschungen kommt Susan dem Kreuzfahrt-Mörder immer näher, ohne zu ahnen, dass er schon längst seine Jagd auf sie begonnen hat …

Unterhaltsame Dutzendware ist das passende Prädikat, um diesen Thriller einzuordnen. Wie in so vielen anderen ihrer Romane verlässt sich Mary Higgins Clark auf bewährte Zutaten, die zu einem unspektakulären, aber doch über weite Strecken spannenden Katz-und-Maus-Spiel gemixt werden.

_Sympathie für den Hauptcharakter_

Das Schema des Romans ähnelt dem Rest ihrer Werke: Eine junge, sympathische und attraktive Frau wird in einen mysteriösen Mordfall verwickelt und startet auf eigene Faust Ermittlungen, bei denen sie ins Visier des Täters gerät. Von diesem Grundriss weicht die Autorin auch in dieser Geschichte nicht ab. Dr. Susan Chandler präsentiert sich somit als austauschbare Protagonistin, die sich kaum von den Hauptfiguren der anderen Werke abhebt. Sie ist relativ jung, attraktiv und sehr erfolgreich, ohne dabei eingebildet zu sein. Im Gegenteil, Susan stammt aus einer reichen Familie, hält selbst aber nichts von Standesdünkel. Besonders deutlich wird ihr netter Charakter in der direkten Gegenüberstellung mit ihrer Schwester Dee. Dee ist die oberflächlichere der beiden Frauen, die ihren inzwischen tödlich verunglückten Mann seinerzeit Susan ausgespannt hat und auch an Alex, der Susan den Hof macht, verdächtig viel Interesse äußert. In diesem Vergleich ist es nicht schwer, sich solidarisch mit Susan zu zeigen und ihr Glück und Erfolg auf ihrer Mörderjagd zu wünschen, zumal ihre Familiensituation grundsätzlich einige Komplikationen und Probleme beinhaltet. In Susans leserfreundlichem Charakter liegt eine der Stärken des Romans, da man zwangsläufig mit der netten Psychologin mitfiebert. Das Fehlen von auffälligen Ecken und Kanten verhindert zwar, dass sich ihre Figur nachhaltig einprägt, sorgt aber bei der geneigten Durchschnittsleserin für ein hohes Maß an Identifikation.

Die weiteren Personen sind allesamt lebendig genug, um dem Leser einigermaßen klar vor Augen zu stehen, doch auch hier sind markante Figuren Mangelware. Da wäre die nette Jane Clausen, die so dringend den Wunsch verspürt, noch vor ihrem Tod die Wahrheit über das Schicksal ihrer Tochter Regina zu erfahren. Nicht nur Susan, auch der Leser fühlt mit der älteren Dame, die sich nach einem erlösenden Lebensabend sehnt. Da wäre der zurückhaltende Psychiater Don Richards, der durch Susans Sendung in den Fall verwickelt wird und ein starkes persönlichen Interesse an der Aufklärung zu haben scheint und immer wieder seine Mithilfe anbietet. Der zweite Mann, der in Susans Leben tritt, ist der gutaussehende und charmante Alex Wright, der die Gefühle der Psychologin mehr beeinflusst, als ihr lieb ist. Eine wichtige Rolle spielt auch der schmierige Anwalt Douglas Layton, dem Susan nicht über den Weg traut.

_Konstruierte Tätersuche_

Wie in jedem Mary-Higgins-Clark-Roman ist die Autorin bemüht, den Täter so lange wie möglich geheim zu halten und den Verdacht parallel auf mehrere Personen zu schwenken. Für diese Taktik bedient sie sich gerne Cliffhangern, die sie am Ende eines Kapitels einsetzt. Meist fallen diese Cliffhanger in Form von doppeldeutigen Äußerungen einer Figur, die man sowohl als harmlose Bemerkung als auch als Täterschaft deuten kann. Dieses Prinzip verliert leider nach mehrmaliger Anwendung seine Wirkung, weil allzu offensichtlich ist, dass bestimmte Sätze nur fallen, um eine Person in verdächtiges Licht zu setzen. Auch der Rest der Handlung leidet unter auffälligen Konstruktionen, die das gesunde Maß zuweilen übersteigen. Das zeigt sich vor allen an den vielen Zufällen, die in Susan Chandlers Mörderjagd mit hineinspielen. Dabei sticht vor allem heraus, wie leicht es zu sein scheint, Zeugen und Hinweise für den Mörder von Regina Clausen zu finden.

Den Anfang macht die hellseherische Begabung einer Freundin des Beinah-Opfers Carolyn Wells, die sich als anonyme Anruferin in Susans Sendung mit einbringt. Eine kurze Berührung des Rings verrät ihrer Freundin, dass eine tödliche Bedrohung dahinter lauert. Darüberhinaus spielt diese Begabung keine weitere Rolle. Somit bleibt sie billige Effekthascherei, um die Beteiligten für das drohende Unheil zu sensibilisieren. Ein weiterer Griff in die Zufallskiste ist auch die spätere Meldung einer junge Frau, die den Täter damals im Laden beim Ringekauf beobachtet hat. Anschließend kommt noch der Ladenbesitzer selbst ins Spiel, der sich über die Jahre hinweg Aussehen und Namen des Kunden gemerkt hat. Das ist wenig plausibel, wenn man bedenkt, dass die gekauften Ringe weder wert-, noch schmuckvoll sind und der Käufer nur alle paar Monate in den Laden kam. Noch unglaubwürdiger wird es dann, als der Besitzer des Sexshops gegenüber den Kunden als verdächtig einstuft, obwohl er selbst nie etwas mit ihm zu tun hatte. Den Höhepunkt der Konstruktionen erreicht die Handlung aber an der Stelle, an der Susan entdeckt, dass der Mörder bei seinen wechselnden Identitäten stets den gleichen Vornamen an erster oder zweiter Stelle einbaut. Allein die Tatsache, dass der Täter dadurch mutwillig seine Entdeckung riskiert, macht sein Vorgehen unwahrscheinlich und die Entlarvung für den Leser unerfreulich einfach.

Ein weiteres Manko des Romans ist die fast hundertprozentige Gewissheit, dass den Leser am Ende ein mehr oder weniger glücklicher Ausgang erwartet. In keinem der etwa fünfzehn Mary-Higgins-Clark-Romane, die ich bislang gelesen habe, wird auf ein Happyend verzichtet, wenn der Schluss auch nicht zwangsläufig unter dem Motto „Friede, Freude, Eierkuchen“ steht. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass die Protagonistin bei ihren Ermittlungen selbst ums Leben kommt, ist dementsprechend gering. Umso wichtiger wäre es in dem Fall, die Zwischenhandlung vom üblichen Einheitsbrei abzuheben, wenn schon die Frage, ob der Täter letztlich gefasst wird, nicht mehr aufgeworfen wird. Die ganz große Spannung bleibt somit aus, da man nicht wirklich um den guten Ausgang der Geschichte bangt, sondern sich in der Gewissheit sonnt, dass alles sein gerechtes Ende nimmt.

Nicht weiter tragisch, aber etwas unglücklich ist der deutsche Titel, der viel zu belanglos daherkommt und kaum dafür geschaffen ist, sich dem Leser einzuprägen. „Nimm dich in acht“ ist eine Plattitüde, die auf so ziemlich jeden Psychothriller passt und als Titelwahl ausgesprochen lieblos und nichts sagend daherkommt. Passend ist dagegen der Originaltiel „You belong to me“, der zwar auf den ersten Blick ebenfalls belanglos zu sein scheint, aber wenigstens Bezug auf den Roman nimmt, indem er die Gravur des mörderischen Ringes aufgreift. Eine unveränderte Übersetzung nach „Du gehörst (zu) mir“ ins Deutsche wäre an dieser Stelle angebracht gewesen.

_Lockere Unterhaltung_

Trotz dieser Schwachpunkte bleibt unterm Strich ein solider Thriller, der dank seiner lockeren und flüssigen Sprache zwei bis drei Tage unterhaltsames Lesevergnügen bietet. Der Stil der Autorin gleitet munter dahin, ohne an den Leser besondere Anforderungen zu stellen. Es ist das ideale Buch, das man sich abends im Bett genehmigt, wenn man für anspruchsvollere Lektüre bereits zu müde ist. Es ist das ideale Buch, das man auf eine lange Zugfahrt oder mit ins Wartezimmer nimmt. Es ist das ideale Buch, das man trotz glühender Hitze am Strand aufschlägt. Die Sätze sind weder kompliziert noch übermäßig lang, es fallen keine Fremdwörter. Aufgrund der weiblichen Hauptfigur werden sich vor allem Frauen zur Zielgruppe zählen. Aber auch Jugendliche, die erste Thrillererfahrung sammeln wollen, sind mit diesem Roman gut bedient. Sogar zartbesaitete Leser mit empfindlichen Mägen dürfen sich ruhig an die Lektüre wagen, denn obwohl Mrs. Clark im Thrillermilieu zuhause ist, finden sich hier wie in den meisten anderen Werken nur wenige blutige Szenen.

_Fazit:_ Ein leicht verdaulicher Thriller, der vor allem von seiner sympathischen Protagonistin und dem Rätselraten um den Täter lebt. Der solide Gesamteindruck wird leider durch die übertrieben konstruiert verlaufende Mördersuche und die vielen Zufälle, die der Ermittlerin in die Hände spielen, geschmälert. Dank des einfachen und unkomplizierten Stils bleibt ein relativ spannender Roman ohne blutige oder schockierende Szenen, der sich leicht und locker in wenigen Tagen herunterliest.

_Mary Higgins Clark_, geboren 1929, zählt zu den erfolgreichsten Thrillerautorinnen der Welt. 1975 erschien ihr erster Thriller „Wintersturm“, der zum Bestseller avancierte. Seitdem verfasste sie Dutzende von Krimi- und Thrillerromanen, die regelmäßig die Spitzenplätze der Bestsellerlisten belegen.

John D. MacDonald – Abschied in Dunkelblau [Travis McGee 1]

Bootseigner Travis McGee fahndet für eine betrogene Frau nach dem gestohlenen Familienerbe. Er gerät an einen mörderischen Heiratsschwindler, der es gar nicht schätzt, dass ihm jemand die Tour vermasselt, und soll auf dem Grund des Ozeans enden … – Der erste Band einer insgesamt 21-bändige Serie ist ein solide geplotteter Thriller und einem reizvoll angeknacksten Helden, der eigentlich ein Ritter und stets bereit ist, schönen Frauen zu helfen; leider neigt McGee zum Philosophieren, und was einst beinahe Literaturqualität erreichte, klingt heute platt und peinlich: ein zwiespältiges, immerhin endlich ungekürztes Vergnügen.
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Harris, Charlaine – Vampir, der mich liebte; Der

„Der Vampir, der mich liebte“ ist mittlerweile der vierte Roman aus Charlaine Harris‘ Serie um die gedankenlesende Kellnerin Sookie Stackhouse. In den vergangenen drei Bänden konnte der geneigte Leser Sookies Wandlung vom schüchternen Mauerblümchen zur heißen Vampirgeliebten verfolgen – mit all den Nebenwirkungen, die so eine Beziehung mit sich bringt. Sookies Romanze mit dem Vampir Bill hat ihr zwar in Sachen Sex die Augen geöffnet (und dafür gilt es durchaus, dankbar zu sein), doch gleichzeitig führt sie zu einigen Beinahe-Zusammenstößen mit dem Tod. Da Bills Vampirvorgesetzter Eric Sookies Gedankenleserei nur zu gern für seine Zwecke einsetzt, landet sie mit schöner Regelmäßigkeit in potenziell tödlichen Situationen und wird zusammengeschlagen, gebissen und herumgeschubst.

Am Ende des dritten Bandes „Club Dead“ hatte Sookie nun die Nase voll. Sie will all diese Vampire und Gestaltwandler einfach nur noch aus ihrem Leben haben und beendet ihre Beziehung zu Bill. Für das neue Jahr nimmt sie sich vor, nicht wieder zusammengeschlagen zu werden. Doch entwickelt sich Sookies Leben in „Der Vampir, der mich liebte“ natürlich nicht zu einem erholsamen Kaffeekränzchen. Als sie von der Neujahrsfeier im „Merlotte’s“ nach Hause kommt, liest sie einen halbnackten Vampir auf der Straße auf. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich dieser als Eric, der Besitzer der Vampirbar in Shreveport. Der selbstbewusste und von seinen Reizen überzeugte Eric hat sein Gedächtnis verloren, was zu einer interessanten Nebenwirkung führt: Er wird nett und umgänglich und Sookie fühlt sich immer mehr von ihm angezogen.

Die Vampire in Shreveport sind außer sich, als sie von Erics Veränderung erfahren. Scheinbar hat sich ein Hexenzirkel im Gebiet breit gemacht und will nun die Geschäfte nicht nur der Vampire, sondern auch der Werwölfe übernehmen. Da Eric sich weigerte, seine Bar aufzugeben, wurde er mit einem Fluch belegt. Erics Untergebene organisieren einen Großangriff auf die Hexen und verstecken derweil ihren Anführer bei Sookie, um ihn aus der Schusslinie zu bringen.

Es kommt, wie es kommen muss: Während Sookie Erics unwiderstehlichen Reizen erliegt, verschwindet ihr Bruder, werden einige Gestaltwandler in Shreveport blutig niedergemetzelt, macht ein Werwolf ihr Avancen und es geht generell heiß her. Ob Sookie ihren Vorsatz fürs neue Jahr halten kann, muss der Leser allerdings selbst herausfinden.

Mit „Der Vampir, der mich liebte“ ist die Romanreihe um Sookie vom kleinen Verlag |Feder & Schwert| zum großen |dtv| gewandert, der für den unhandlichen und lieblosen Titel verantwortlich zeichnet. (Im Original führen alle Romane das Wort „dead“ im Titel.) Das lässt zunächst auf nichts Gutes hoffen. Zum Glück aber werden diese Ängste schnell beruhigt. Die Übersetzung von Britta Mümmler ist absolut flüssig und macht den Roman auch in der deutschen Fassung zum Pageturner. Und auch Charlaine Harris selbst hat mal wieder einen Schmöker allererster Güte vorgelegt.

Zwar verschwindet der Gut-Vampir Bill recht schnell von der Bildfläche, er wird jedoch elegant durch Eric ersetzt, der in diesem Band nun endlich zum Zuge kommt (im wahrsten Sinne) und zu einem Hauptcharakter avanciert. Während Bill ein Frauenversteher ist, ist Eric ein Charmeur, ein Verführer und ein Sexgott. Über drei Bände hinweg musste die weibliche Leserschaft darauf hoffen, mehr von ihm zu sehen und hier endlich übergibt Harris dem blonden Vampir die Bühne. Zwar hat sein Gedächtnisverlust zu einigen Charakterveränderungen geführt, doch ist er immer noch ein Traum von einem Mann und im Bett kaum zu schlagen, wie Sookie bald selbst am eigenen Leibe feststellen darf. Selbst eingefleischte Bill-Fans werden einsehen müssen, dass es zwischen Sookie und Eric aufs Heftigste knistert – ein wahres Fest für die geneigte Leserin.

Auch Harris‘ romaneigene Mythologie wird weiter ausgebaut. Vampire, Gestaltwandler und Werwölfe wurden bereits in den vergangenen Bänden eingeführt. Nun sind die Hexen und Wiccas dran. Zwar stellen sie eine große Gefahr dar, doch dies resultiert hauptsächlich aus der Tatsache, dass man nicht recht weiß, welche Begabungen und Fähigkeiten sie besitzen. Harris hält sich hier also noch alle Türen offen und man darf hoffen, dass sie in Zukunft noch etwas näher auf die Hexen eingehen wird.

Doch wie steht es eigentlich mit der Entwicklung von Harris‘ Hauptfigur Sookie? Es ist schon erstaunlich, welche Wandlung sie in den vergangenen Romanen durchgemacht hat. Auf Grund ihrer Behinderung (das Gedankenlesen) schüchtern, unerfahren und mit nur wenigen sozialen Bindungen, hat sie sich mittlerweile zu einem heißen Feger mit etlichen Verehrern entwickelt. Zwar sind alle diese Verehrer Supras (also Übernatürliche), aber immerhin. Was sich jedoch nicht geändert hat, ist Sookies freche Schnauze. Immer noch mit viel Verve und trockenem Humor erzählt sie von ihren Abenteuern und wie sie sich mehr schlecht als recht finanziell über Wasser hält. Denn im Grunde ist Sookie eine ganz normale junge Frau mit alltäglichen Problemen. Sie hat zu wenig Geld, ihr Auto ist ein reiner Schrotthaufen, ihr Job stresst sie und ihre Beziehungen gehen in die Brüche. Nur hat sie es darüberhinaus mit lauter Vampiren und Werwölfen zu tun, was all ihre anderen Probleme nur noch verkompliziert.

Charlaine Harris‘ Vorrat an Ideen scheint unerschöpflich. Mit jedem Band werden ihre Romane flotter und unterhaltsamer, ohne Ermüdungserscheinungen zu zeigen. Ihre Charaktere, obwohl bis zu einem gewissen Grad stereotyp, bleiben trotzdem immer liebenswert und überzeugend, und man kann nicht anders, als mit der gutmütigen Sookie mitzufiebern. Harris‘ Universum gewinnt immer mehr an Tiefe und Farbenfreude, je mehr übernatürliche Wesen es bevölkern. Bisher wirkt es damit auf keinen Fall überladen oder forciert. Trotz des hölzernen deutschen Titels ist „Der Vampir, der mich liebte“ also wieder eine absolute Leseempfehlung!

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[„Vorübergehend tot“ 788

[„Undead in Dallas“ 939

[„Club Dead“ 1238

Max Allan Collins – CSI Las Vegas: Das Versprechen

In Las Vegas treibt wieder ein Serienkiller sein blutiges Unwesen. Das CSI-Team um Gil Grissom tappt (zu) lange im Dunkeln, weshalb sich die Leichen häufen. Schließlich taucht ein zweiter Mörder auf, der dem ersten als ‚Vorbild‘ diente, und metzelt sich empört durch die Wüstenstadt, um den frechen Nachahmer zu strafen … – Mittelmäßiger, aber routiniert geschriebener und flott zu lesender Roman zur erfolgreichen TV-Serie „CSI Las Vegas“, der den Ton der Vorlage vorzüglich trifft. Für Fans daher ein Muss, doch auch für ‚normale‘ Krimileser taugliche Lektüre. Max Allan Collins – CSI Las Vegas: Das Versprechen weiterlesen

Chrono, Nanae – Peace Maker Kurogane 03

[Buch 1 1888
[Buch 2 1940
[DVD]http://www.powermetal.de/video/review-584.html

_Story:_

Nach dem Yamanami aufgrund seines Verrats an der Shinsengumi Seppuku begehen musste, trauern einzelne Mitglieder der Samurai-Schutztruppe um den verstorbenen weisen Mann. Außerdem sind die genauen Umstände seines Todes nicht bekannt, doch noch weiß man nicht, was in der Vergangenheit mit Yamanami geschehen ist. Als seine heimliche Geliebte Akesato von seinem Tod erfährt, beschließt sie, ebenfalls in das Reich der Finsternis einzutauchen und Yamanami dort wiederzutreffen.

Derweil bezieht die Shinsengumi ein neues Hauptquartier, wobei der Umzug allerdings mit großen Sorgen verbunden ist. Der Krankenstand innerhalb der Schutztruppe ist bedenklich hoch; ungefähr ein Drittel ist davon betroffen. Das ruft den berühmten Arzt Dr. Matsumoto auf den Plan, der sich vor Ort ein Bild macht und die Kranken untersucht. Während er bei einem Mitglied eine tödliche Diagnose stellt, interessiert sich sein junger Kollege für das plötzliche Dahinscheiden von Yamanami …

Tetsu hingegen wird wieder von seiner Vergangenheit eingeholt. Während einer überraschenden Begegnung mit einem scheinbaren Riesen, der sich später als sein alter Freund Suzu entpuppt, spürt er, mit welchem Hass dieser geladen ist. Tetsu stellt ihn zur Rede und erfährt dabei, was sein neuer Kontrahent in der letzten Zeit getrieben hat und dass Suzu vor nichts mehr zurückzuschrecken scheint. Tetsus Bruder Tatsu hingegen stößt überraschenderweise wieder auf den geheimnisvollen Ryoma Sakamoto. Dieser zeigt ihm seine Pistole, auf die Tatsu im Folgenden ganz versessen ist. Der coole Sakamoto will ihm seine Waffe jedoch nicht überlassen – unter anderem, weil er befürchtet, dass sich der Lauf der Pistole eines Tages auf die eigenen Leute richtet, und damit auf Tatsus kleinen Bruder.

Und am Ende ist da noch Kashitaro Ito, der hinterrücks eine Intrige spinnt, um seinen Einfluss innerhalb der Shinsengumi zu steigern und schließlich selber an die Macht zu kommen …

_Meine Meinung_

Das Abenteuer geht weiter und wird im dritten Band wieder um einiges düsterer. Nach dem etwas leichter verständlichen zweiten Band wird die Handlung im dritten Manga nun wieder ziemlich komplex, weil hier erneut sehr viele Sub-Plots abgehandelt werden. Parallel zu den neuen Geheimnissen um Suzu, Sakamoto und den seltsamen Arzt bleiben die alten Mysterien jedoch bestehen. Warum musste Yamanami sterben? Welche Geheimnisse barg seine Vergangenheit, so dass er sich gezwungen sah, aus der Shinsengumi auszutreten? Und was ist mit Akesato geschehen, die nach ihrem Todesschwur nicht mehr gesehen wurde? Wie entwickelt sich die Geschichte von Tetsunosuke zu seinem Bruder bzw. zu Suzu? Wer genau verbirgt sich hinter der Person des Ryamo Sakamoto? Und was wird aus der tödlich erkrankten Soji Okita?

Nanae Chrono hat mal wieder einige Rätsel aufgeworfen und spannt den Bogen dieses Mal sehr weit – manchmal vielleicht sogar ein wenig zu weit. Bislang ist nämlich noch keine Handlungseinheit so richtig abgeschlossen worden, und es fällt immer schwerer, dem umfangreichen Plot noch zu folgen. Es geschehen in kürzester Zeit enorm viele Dinge, und manchmal ist es auch erforderlich, bestimmte Passagen ein zweites Mal durchzublättern, um ein besseres Verständnis der jeweiligen Situation zu erreichen. Es erfordert also schon eine gewisse Übung, diese Reihe zu bewältigen und die durchaus vorhandene Logik zu durchschauen. Aber – und da bleibe ich bei meinem bestehenden Fazit zum letzten Buch – sobald man sich einmal in die Geschichte der Shinsengumi hineingearbeitet hat, lohnt sich diese Reihe voll und ganz, zumal die Zeichnungen dieses Mal auch wieder sehr gut geworden sind.

Wer sich für „Peace Maker Kurogane“ interessiert, sollte übrigens auch mal die Verlagsseite von [Tokyopop]http://www.tokyopop.de ansurfen; hier findet man alle weiteren Infos.

Clive Staples Lewis – Die Chroniken von Narnia (Gesamtausgabe)

Die sieben Bände des angelsächsischen Kinder- und Jugendbuchklassikers in einer schön aufgemachten Gesamtausgabe. Narnia ist eine ökologisch korrekte, latent zivilisationsfeindliche, monarchistisch-autoritär regierte ‚Gegenerde‘, in der (guter und böser) Zauber, sprechende Tiere und Fabelwesen zum Lebensalltag gehören. Starke christliche Glaubensvorstellungen und Allegorien fließen in die nur scheinbar einfach gestrickte Handlung ein und verschaffen dem Werk jenseits seiner Qualitäten als spannendes, zeitloses Kinderbuch eine zweite Rezeptionsebene, die aus heutiger Sacht oft aufdringlich wirkt.
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Remes, Ilkka – Ewige Nacht

Ilkka Remes ist der meistgelesene Autor in Finnland. Sein Name ist Garant für hochkarätige Spannungsliteratur von internationalem Format. Mit „Ewige Nacht“ erscheint nun erstmals ein Thriller von ihm in Deutschland.

Remes wurde 1962 im südostfinnischen Seengebiet geboren. Er studierte Wirtschaftswissenschaften in London und war in Finnland und im Ausland im Medienbereich tätig. Remes‘ erster Thriller „Pääkallokehrääja“ („Der Totenkopffalter“, 1997) wurde auf Anhieb zum Bestseller. Seiher setzen sich seine Bücher regelmäßig an die Spitzen der Verkaufslisten.

_Story_

Als Anführer der militanten Öko-Organisation G1 arbeitet der deutsche Ralf Denk, der Sohn der RAF-Agentin Renate Kohler, schon lange an einem großen Plan. Nach dem Scheitern bei einer Demonstration in Genua muss er sein geheimnisvolles Vorhaben mit seiner neuen Komplizin Noora für eine Weile aufschieben. Zwei Jahre später scheint dann der richtige Zeitpunkt gekommen zu sein. Er überfällt einen Geldtransporter auf dem Weg von Finnland nach Russland und trifft sich anschließend in einem Wald hinter der Grenze mit zwei russischen Komplizen, die ihm eine Kernladung besorgt haben. Denk tötet die beiden ‚Freunde‘ noch vor Ort und macht sich mit dem Sprengkörper wieder zurück auf den Weg nach Finnland. Den Fahrer des Transports bringt er aus Sicherheitsgründen nach dem erneuten Passieren der Grenze ebenfalls um.

Als die finnische Polizei von dem brutalen Raubmord erfährt, setzt sie den beleibten Terror-Spezialisten Timo Nortamo auf die Sache an. Nortamo ist Mitglied einer europäischen Spezialeinheit, die insgeheim auch als die modernere Version von Interpol gilt. Als er sich zusammen mit seinem Sohn in die Wahlheimat Brüssel begibt, soll er auf der Fähre nach Travemünde die dort befindlichen Gangster observieren. Doch sein Sohn, der vom mysteriösen Gerede seines Vaters fasziniert ist, vermasselt die Sache, indem er zu offensichtlich in der Nähe der Globalisierungsgegner herumschnüffelt. Timo und sein Sohn Aaro werden von Denk kurzerhand außer Gefecht gesetzt, und dieser weiß nun, dass man ihm auf der Spur ist.

Denk und seinen Helfern gelingt es schließlich zu fliehen, doch schon bald wieder taucht er wieder auf: erst als Entführer der Agentin Heidi Klötz, die mit ihrem unvorsichtigen Vorgehen den Selbstmord von Ralfs Bruder Theo einleitet, und dann in den Gemächern des Papstes, den er mit einem unentdeckten Virus, einer Mutation von Ebola, infiziert, um so ein Exempel zu statuieren. Doch die Motive seines Verbrechens bleiben weiterhin unklar, und erst als Timo und die TERA mit weltweiter Unterstützung mehr über die Vergangenheit von Ralf Denk in Erfahrung bringen, wird ihnen klar, welchen Plan Denk mit der gestohlenen Atombombe umsetzen möchte. In kürzester Zeit reist Timo Nortamo um die halbe Welt bis in den Kongo, der ehemaligen belgischen Kolonie, die sich laut eines frühen Bekennerschreibens von Denk als perfekter Zündort für die Bombe eignet. Für den Sicherheitsexperten Nortamo beginnt ein schonungsloser Wettlauf gegen die Zeit, der im weiteren Verlauf noch Wahrheiten ans Tageslicht bringen soll, die Timo sich nicht einmal in seinen grausamsten Träumen hätte vorstellen können …

_Meine Meinung_

„Ewige Nacht“ beginnt wie ein ganz normaler Krimi, der sich lediglich von anderen Sparten-Romanen darin unterscheidet, dass die Ermittlungen sich auf internationales Gebiet erstrecken. Ansonsten ist alles wie gehabt: Ein Geldtransport wird ausgeraubt, die Täter flüchten und die Polizei jagt ihnen her. Da Ilkka Remes zugleich auch noch von Anfang an beide Seiten schildert und man die Verbrecher noch vor dem eigentlichen Helden kennen lernt, ist die Befürchtung, dass die Spannung hierunter leiden wird, zunächst recht groß – aber das erweist sich zum Glück als Irrtum!

Schon nach kurzer Zeit stellt sich nämlich heraus, wie komplex die Geschichte eigentlich ist bzw. was Remes alles bedacht hat, um die Handlung mit immer neuen Wendungen zu versehen und so die Spannung ins Unermessliche zu steigern. Die große Frage nach dem ‚Warum‘ steht fortan im Vordergrund, und da holt der Wirtschaftsexperte Remes auch immer weiter aus. Im Mittelpunkt steht dabei das Land Belgien und dessen militante Vergangenheit während der Kolonialzeit. Ständig blickt der Autor in die grausame Zeit von König Leopold II. zurück, der damals gegen jegliche Menschenrecht verstieß, gegen die man nur verstoßen konnte, das Land beraubte und seine Menschen versklavte. Über diese landeseigene Geschichte entwickelt sich auch schließlich immer mehr das Verständis für das Handeln der Globalisierungsgegner. Denk, selber in Afrika aufgewachsen, hat lange Jahre als Molekularbiologe gearbeitet und sich dabei vor allem mit der Wirkung verschiedener Viren auseinandergesetzt. Auch im Bereich von Bio-Waffen kennt sich der Mann bestens aus, was ihm in den Achtzigern verschiedene Verbindungen in die Sowjetunion eingebracht hat, wo man damals schon mit einzelnen Bio-Waffen experimentierte. Schließlich hat man dort eine Waffe entwickelt, mit deren Hilfe gezielt bestimmte Rassen und Arten komplett ausgelöscht werden konnten. Dieses Wissen hat sich der Mann schließlich zur Hilfe gemacht, um seinen grausamen Plan in die Wirklichkeit umzusetzen. Nach zähem Hin und Her gehen die Ermittler daher auch davon aus, dass Denk mit der dem Papst injizierten Krankheit die gesamte kaukasische Rasse auslöschen und die Atombombe quasi als ‚Verteiler‘ nutzen möchte.

Doch wie passt dies in die Logik dieses Menschen? Warum sollte er ausgerechnet im Kongo eine Bombe zünden, die durch die nukleare Detonation wohl auch einen großen Teil der geliebten afrikanischen Bevölkerung töten würde? Dieses für die Ermittler wie Leser absonderliche Rätsel ist das Hauptmotiv des Romans und wird auch erst am Schluss gelüftet. Ebenso dauert es auch bis zum Ende, bis man die komplexen Verstrickungen der Vergangenheit der G1 durchschaut hat. Hierbei zeichnet sich Remes vor allem durch umfassendes Wissen in Bezug auf die Hintergründe der Herrschaft von König Leopold II. im Kongo aus und glänzt auch mit sehr vielen Fakten aus der Zeit des kalten Krieges bis hin zum Ende der Sowjetunion. Der Autor weiß, wovon er spricht und bindet reichlich Faktenwissen in die Story ein; lediglich die Figur des Papstes und natürlich die Akteure des Romans bleibt fiktiv, ansonsten orientiert sich Ilkka Remes an der aktuellen Politik mitsamt ihrem Kampf gegen das weltweite Terrornetzwerk.

Und was kann schon förderlicher sein als treffend angebrachtes, fundiertes Hintergrundwissen, wenn man die Intention hat, eine Story an die Realität anknüpfen und so authentisch wie möglich erscheinen zu lassen? Im Falle von „Ewige Nacht“ zeigt sich dies jedenfalls als äußerst wertvoll und kreiert aus dem ohnehin schon sehr lebendigen Werk einen mitreißenden Roman.

Andererseits hat Remes aber auch eine ganze Menge Gesellschatskritik hineingepackt. Gerade das durch die Kindermord-Skandale geplagte Belgien kommt in der Geschichte nicht sehr gut weg, denn der Autor bezieht schon sehr klar Strellung zu der menschenverachtenden Vergangenheit des Landes. Alleine deswegen weiß man im Laufe des Buches auch nie so recht, welche Position man nun einnehmen soll: Sowohl die Globalisierungsgegner um ihren Kopf Ralf Denk als auch die Ermittler der Terrororganisation kann man verstehen, wobei die Brutalität, mit der die G1 vorgeht, natürlich bei der Entscheidung zugunsten Nortamos und der TERA hilft. Aber ein nicht gerade kleines Fünkchen Wahrheit steckt schon in den Überlegungen des G1-Anführers, und darüber lohnt es sich auch über den Roman hinaus nachzudenken.

Das letzte wichtige Kriterium sind die zwischenmenschlichen Beziehungen in diesem Thriller. Da wäre zum einen die schüchterne Noora, die Denk blind folgt und ihm immer wieder vertraut, obwohl sie gar nicht weiß, welche Ziele er genau verfolgt. Doch sie lässt sich von dessen schicksalhafter Vergangenheit blenden und wird so leicht zum Spielball des Öko-Verfechters, der selbst vor unnötigen Mordanschlägen nicht Halt macht. Als sie ihm jedoch endlich in die Karten schaut, ist es bereits zu spät …

Auf der anderen Seite steht dann Timo Nortamo, der genau wie seine Frau ein absoluter Karrieremensch ist, dies aber bisweilen immer wieder bitter bereut. Sein Sohn kommt viel zu kurz und die Beziehung zu seiner Frau Soile leidet ebenfalls darunter, dass sich die beiden so selten sehen. Gerade als er sich vorgenommen hat, seinem Sohn in Brüssel etwas mehr Zeit zu schenken, wird er zu den Ermittlungen im Falle ‚Denk‘ abgestellt und muss feststellen, dass sich sein Beruf und seine Rolle als Vater einfach nicht vereinbaren lassen.

Tragische Helden, eine bittere Vergangenheit und eine ungewisse Zukunft – Ilkka Remes hat in seinem aktuellen Thriller eine perfekt abgestimmte, sehr wechselhafte und sich stetig wendende Geschichte erschaffen, die uns auch im Nachhinein noch zu fesseln vermag und auch einigen Grund zum Nachdenken gibt. Beim Gedanken an den letzten Satz eines jeden Kapitels bekomme ich jetzt noch immer eine Gänsehaut, und damit hat der finnische Star-Autor wohl auch sein Ziel erreicht. „Ewige Nacht“ ist einer der spannendsten Romane, die zurzeit auf dem Markt sind, und führt hoffentlich dazu, dass auch die übrigen Romane von Remes in deutscher Sprache veröffentlicht werden. Mein Fazit: Unbedingt empfehlenswert!

Loewe, Elke – Sturmflut

Nach der Veröffentlichung ihres dritten Kriminalromans [„Engelstrompete“, 1055 welcher von den Ereignissen in der kleinen idyllischen Stadt Augustenfleth erzählt, legt die deutsche Autorin Elke Loewe nun mit „Sturmflut“ einen Roman vor, der sich der großen Flut von 1717 widmet, bei der Tausende von Menschen ihr Leben verloren haben. Dass die Autorin selbst in der Ostemarsch beheimatet ist und ihr die Deichlandschaften daher besonders am Herzen liegen, kann man dabei aus jeder einzelnen Zeile herauslesen.

Im Zentrum der Geschichte aus „Sturmflut“ stehen Joenes Marten und seine gesamte Familie. Joenes‘ Frau Geeske ist hochschwanger und erwartet ihr fünftes Kind, welches schließlich an Weihnachten während der Flut geboren werden soll. Zusammen haben Joenes und Geeske bereits zwei Töchter und zwei Söhne und scheinen eine glückliche Ehe zu führen. Doch da gibt es auch noch Joenes‘ blinden Bruder Claus, mit dem Joenes sich gar nicht gut versteht. Die beiden verbindet ein schicksalhafter Unfall, über welchen wir erst im weiteren Verlauf der Romanhandlung mehr erfahren.

Catharina vom Moor erschreckt kurz vor Weihnachten die Marschbewohner mit ihren unsäglichen Voraussagen von Tod und wildem Wasser. Die wunderliche Frau ist mit dem zweiten Gesicht ausgestattet und daher bei den Deichbewohnern nicht sehr beliebt. Doch Joenes glaubt an ihre Vorhersagen und nimmt sich vor, zusammen mit seinem Bruder Claus das Familienboot auf Vordermann zu bringen. Als jedoch Claus anreist, schiebt Joenes seine Pläne auf, bis es zu spät ist. Genau an Weihnachten im Jahr 1717 nämlich, als bei Geeske die Wehen einsetzen, steigt auch das Wasser an. In den Wassermassen werden die beiden Brüder getrennt, Joenes flüchtet sich mit seinen Kindern, Claus entkommt mit Geeske. Er kann der hochschwangeren Frau gerade noch bei ihrer Geburt assistieren, da versinkt die erschöpfte Frau auch schon in den Fluten. Und auch die beiden Mädchen überleben diese Nacht nicht. Als der Morgen kommt, ist Joenes Witwer und ein verlorener Mann. Er kann seine neue Tochter nicht annehmen und sucht sein Glück in anderen Dingen …

An und für sich erzählt Elke Loewe somit eine tragische und im Grunde packende Familientragödie, die viel Potenzial enthält. Umrahmt wird die Familiengeschichte von der großen Flutkatastrophe, bei der viele Todesopfer beklagt werden mussten und etliche Menschen ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben. Im ersten Teil ihres Buches legt Loewe viel Wert auf die Vorstellung der Familie Marten. In vielen Einzelheiten lernen wir die Menschen kennen, wohlwissend, dass ihnen ein furchtbares Schicksal bevorsteht. Ungefähr auf der Hälfte der Erzählung steigt schließlich das Wasser an und führt zu einer dramatischen Wendung in der Romanhandlung. Haben wir die Familie Marten vorher noch als glücklich und zufrieden kennen gelernt, so verlieren drei geliebte Menschen in nur einer einzigen Nacht ihr Leben, sodass am Morgen nichts mehr ist wie zuvor. Auf nur wenigen Seiten wird die Nacht der Flut abgehandelt, im weiteren Verlauf widmet sich Elke Loewe ausgiebig den Folgen der Überschwemmung, denn nach dem Deichbruch schaffen es die Menschen nicht, die Löcher im Deich zu stopfen und das Wasser loszuwerden. Viele Jahre soll es dauern, bis hier erste Erfolge verbucht werden können.

In der Deichreparatur sieht Joenes Marten nach der Flut den Sinn seines Lebens; wie besessen widmet er sich den Aufräumarbeiten und verlässt dafür seine restliche Familie. Seine beiden Geschwister müssen sich fortan um die Kinder kümmern, seine neue Tochter Maria Magdalena will Joenes nicht einmal sehen. Doch obwohl Joenes eine wichtige Rolle bei den Reparaturen des Deiches spielt, rückt die Familie Marten in den Hintergrund. Leider führt dies zu einem deutlichen Spannungsabfall, denn die intensive Vorstellung der Familie hatte in mir die Erwartung hervorgerufen, dass Elke Loewe auch nach der schicksalhaften Nacht die Familiengeschichte weitererzählen würde. Während somit auf den ersten hundert Seiten durch die Ahnung der bevorstehenden Katastrophe stetig Spannung aufgebaut wird, erzählt die Autorin in der zweiten Hälfte ihres Buches viel zu viel über die Deichreparatur und die damit verbundenen Probleme. Viel mehr hätte mich das Familienschicksal interessiert, obwohl Joenes durch sein absonderliches Verhalten immer mehr Minuspunkte beim Leser sammelt. Sein Verhalten ist mir nicht verständlich geworden, selbst seinen Kindern gegenüber ist Joenes rücksichtslos und lässt sie einfach bei seinem blinden Bruder zurück. Schade, dass Elke Loewe im zweiten Teil des Buches den Schwerpunkt auf die Deicharbeiten gesetzt hat und Joenes Marten eine so wenig nachvollziehbare Wendung vollzogen hat; hierdurch wird viel Potenzial verspielt.

Sprachlich mutet das Buch gewöhnungsbedürftig an, der Satzbau ist ziemlich altmodisch und entspricht nicht den heutigen grammatikalischen Regeln, so haben Nebensätze oft den gleichen Aufbau wie Hauptsätze, worüber man beim Lesen immer wieder stolpert. Auch die Wortwahl ist ungewohnt und dadurch teilweise etwas ungeschickt. Insbesondere Metta mit ihrem ewigen „nützt nichts“ strapaziert auf Dauer sehr die Nerven der Leser.

Punkten kann Elke Loewe auf der anderen Seite durch ihre eindrucksvollen Landschaftsbeschreibungen, denen man anmerkt, wie sehr das Herz der Autorin an ihrer Heimat hängt. Hierdurch wird eine sehr dichte Atmosphäre aufgebaut, die durchaus zu überzeugen weiß, allerdings die Schwachpunkte der Romanhandlung nicht ausbügeln kann.

Insgesamt verfügt das Buch über gute Ansätze. Die Familientragödie mitten in der Naturkatastrophe hätte viele Möglichkeiten eröffnet, aber die Verwicklungen zwischen Joenes, Claus und Geeske sind dann doch zu klischeebesetzt und durchsichtig, als dass sie wirklich für Spannung hätten sorgen können. Die erste Hälfte des Buches ist recht gut gelungen und lässt auf eine spannende zweite Hälfte hoffen, die dann aber leider nicht kommt. Am Ende langweilt das Buch schließlich mehr, als es dem Leser lieb sein kann, sodass ein eher mittelmäßiger Eindruck zurückbleibt sowie der Wunsch, dass Elke Loewe als nächstes lieber wieder einen Augustenfleth-Kriminalroman schreiben möge.

Crueger, Hardy – Glashaus

„Glashaus“ ist so ein Buch, das man sehr genau und konzentriert verfolgen sollte. Klar, das ist die Voraussetzung für jedes Buch, aber beim aktuellen Werk von Hardy Crueger kann sich schon das kurze Überfliegen einiger Zeilen für den weiteren Verlauf als verheerend herausstellen, denn wirklich jeder Satz enthält hier wichtige Details, mit denen sich das schwer konsumierbare Puzzle schließlich Stück für Stück zusammensetzen lässt – oder eben nicht …

_Story_

In einem Wald wird ein zehnjähriges Mädchen tot aufgefunden. Bei den Ermittlungen forscht das LKA auch im |Glashaus|, einer Fördereinrichtung für Künstler, nach. Doch weder der dort lebende Schriftsteller Markus Holz noch die bildende Künstlerin Chantal Hartmann können der Kripo weiterhelfen. Diese bewohnen erst seit kurzem gemeinsam dieses Haus und sollen dort sechs Monate lang ausharren. Das Kunstprojekt, das von staatlicher Seite gefördert wird, soll für die beiden auch wieder eine Art Eingliederungshilfe sein, denn sie kämpfen seit einiger Zeit mit den Dämonen der Vergangenheit. Chantal hat längere Zeit in der Psychatrie verbracht, um dort einige Todesfälle in ihrer Familie zu verarbeiten. Ihr Zustand ist nach wie vor kritisch, und wäre da nicht ihre Lebensgefährtin Dagmar, die sie händeringend unterstützt, wäre ein Rückfall in alte, enorm depressive Verhaltensmuster kaum zu vermeiden.

Bei Markus sieht die Sache erst einmal anders aus. Nach außen hin versucht er, sich nicht genau in die Karten schauen zu lassen und gibt den freundlichen, bodenständigen Mitmenschen ab. Erst nach und nach stellt sich heraus, dass auch er noch hart mit seiner Vergangenheit zu kämpfen hat. Statt sich bewusst mit seinen Kindheitstraumata auseinanderzusetzen, wählt er den Weg der Verdrängung. Gerade der Konflikt mit seinem noch lebenden Vater scheint ihn zu belasten, doch nach außen hin will er sich davon zunächst nichts anmerken lassen.

Das Zusammenleben der beiden wird allerdings auch immer konfliktreicher. Chantal begegnet eines Tages einem behinderten Menschen, und dieses für sie erschreckende Ereignis wirft sie völlig aus der Bahn. Als dann auch noch Dagmar verschwindet, droht die Situation zu eskalieren. Halt findet sie nur noch bei der Katze Roland, ihrer Ersatzliebe. Doch diese wird kurze Zeit später ermordet und raubt ihr schließlich den letzten verbliebenen Mut.

Währenddessen entwickelt Markus mehr und mehr schizophrene Züge. Er fühlt sich als Versager und kann diesen Zustand nur noch überbrücken, indem er in der Rolle des „Champs“ einen Gegenpart entwickelt, der die negativen Gedanken für kurze Zeit verdrängen kann. Aber der „Champ“ hat auch seine Schwächen, und mit der Zeit bekommt diese Figur ein immer größeres Eigenleben, das auch viele Erinnerungen an die Vergangenheit Markus‘ nach oben bringt. Und außerdem war da ja noch das tote Mädchen …

_Meine Meinung_

Was Hardy Crueger sich hier in dieser verhältnismäßig kurzen Geschichte ausgedacht hat, ist schon allerhand. Der Autor wirft einen sehr tief gehenden Blick auf zwei Menschen, die zeit ihres Lebens als Aussteiger gelebt haben und im normalen Zustand für die Gesellschaft gar nicht tragbar gewesen wäre. Im „Glashaus“ versuchen sie einen neuen Anfang, um aus der Entfaltung ihrer Talente neuen Lebensmut zu schöpfen. Sie müssen jedoch feststellen, dass sie sich ihrer Vergangenheit nach wie vor stellen müssen und die neue Chance schließlich nicht auf die Schnelle die erhoffte Abkopplung der Dämonen aus dem ‚alten‘ Leben bringt.

Die Art und Weise, wie Crueger die beide Hauptfiguren beschreibt, ist allerdings sehr krass. Markus und Chantal sind nicht nur einfach zwei Menschen mit seelischen Problemen, nein, es sind Menschen, die völlig am Ende sind. Trotz ihrer sehr unterschiedlichen Ansichten und Lebenseinstellungen gibt es zwischen ihnen haufenweise Parallelen, doch auch wenn diese prinzipiell auf der Hand liegen, werden sie uns erst später genauer bewusst. Crueger beschreibt sie nämlich auf eine gänzlich unterschiedliche Weise, so dass man zunächst einmal darauf schaut, wer überhaupt hinter diesen obskuren Figuren steckt, bzw mit welchen Mitteln sie ihre Misere bekämpfen. Die hierbei entstehende, erschreckende Darstellung ist allerdings nicht einfach zu verkraften. Wenn Chantal immer weiter in ihre Depressionen abrutscht, weil sich ihr direktes Umfeld erneut auf tragische Weise verabschiedet hat, oder wenn Markus den „Champ“ mit all seinen Eigenschaften wiederbelebt, geht das unter die Haut und ist gleichzeitig sehr beängstigend. Teilweise fragt man sich da schon, was Crueger geritten hat, eine so derbe und zum Ende hin immer brutaler werdende Geschichte zu erzählen.

Doch eigentlich ist es letztendlich auch vorrangig diese Brutalität, die eine ungeheure Faszination ausübt. Die Brutalität der Charakterisierung zweier unberechenbarer Figuren, die Brutalität der Umstände, die von diesen beiden Menschen Besitz ergreifen, und schließlich eine Brutalität, die ich jetzt hier nicht näher beschreiben möchte – das ist nämlich die Auflösung der Geschichte – die sich auf den letzten Seiten derart heftig entwickelt, dass ich jetzt schon zu behaupten vermag, dass viele Menschen sich damit schwer tun wedren, dieses Buch bis zum Ende zu lesen, weil man manches gegebenenfalls nicht verkraften kann.

Andererseits: Sobald sich die transparente Hülle des Glashauses einmal offenbart hat, will man das Schicksal von Markus und Chantal bis zum Schluss verfolgen, komme was wolle. Meine Intention ist es nur, davor zu warnen, dass die Angelegenheit sehr hart und in der Art der Darstellung auch brutal ist. Gleichzeitig muss ich aber auch sagen, dass sich „Glashaus“ als Lektüre voll und ganz gelohnt hat und ich im Nachhinein noch sehr lange über das Buch und den Inhalt nachgedacht habe. Denn mal ehrlich: Wie viele Menschen kämpfen in unserer Gesellschaft ebenfalls gegen solche Dämonen wie Markus und Chantal und finden ihren einzigen Schutz durch die Fassade der Wände, die im Glashaus nicht gegeben sind? Ich will’s gar nicht wissen, doch trotzdem lässt der Gedanke mich nicht los … Nicht nur hierin hat Hardy Crueger also definitiv sein Ziel erreicht und die Gemüter bewegt!

Ian Fleming – James Bond 007: Leben und sterben lassen

Das geschieht:

Buonaparte Ignace Gallia, genannt „Mr. Big“, ist der farbige Al Capone von New York. In Afrika geboren und auf Haiti aufgewachsen, hat sich der charismatische Mann zum Herrn der Unterwelt aufgeschwungen. Handlanger findet er unter der schwarzen Bevölkerung, die er sich mit Terror und Schwarzer Magie gefügig macht. Die Behörden blieben bisher machtlos, aber jetzt mischt sich der Geheimdienst ein: Mr. Big verdingt sich als Agent der Sowjetunion und lässt seine Organisation für die roten Feinde der freien Welt arbeiten.

Außerdem hat Mr. Big, der auch in der Karibik einen Stützpunkt unterhält, auf der Insel Jamaica offenbar den Schatz des Piratenkapitäns Morgan gefunden. Große Mengen wertvoller Goldmünzen aus dem 18. Jahrhundert tauchen seit einiger Zeit in den USA auf; ihr Verkauf mehrt das Kapital, das Mr. Big zur Agitation gegen den Westen einsetzen kann. Ian Fleming – James Bond 007: Leben und sterben lassen weiterlesen

Higuri, You – Mondkönig, Der (Ludwig II., Band 1)

Ludwig II. von Bayern – Über den Wolken kreisend wie ein Adler, der abgewandt von prosaischer Realität majestätisch seine Schwingen erhebt, und mit seinem Anmut dem Ideal der Freiheit in jeder Bewegung huldigt. Es ist die Bürde seines Schicksals und die Last seiner Geburt, dem bayerischen Volk gerecht zu werden und um ihres Wohles willen das Land zu regieren. So ruht alle Entscheidungsgewalt auf seinen Schultern. Doch Ludwig II. ist ein Gefangener im goldenen Käfig seiner politischen Macht und der Wirklichkeit des Krieges. Der „Märchenkönig“ lebt für die Oper Wagners und sehnt sich nach der Gesellschaft seiner älteren Cousine Elizabeth, Kaiserin von Österreich. Sie ist es, die einen Weg in die Traumwelt des Königs findet und sein Leid teilt. Allerdings kann auch sie ihn nicht vor der Gefahr wahren, die außerhalb der Grenzen seines Landes und innerhalb der Wände seines Schlosses auf ihn lauern. Bismarcks preußische Vorgehensweise mit „Eisen und Blut“ strebt die Institutionalisierung eines deutschen Großreiches an. Aus Loyalität zu seiner geschätzten österreichischen Verwandten und als Protest gegen den Militärstaat muss sich Ludwig dieser Konfrontation stellen. Gleichzeitig wächst der Unmut inmitten der verarmten Bevölkerung über die kostspieligen Eskapaden und Skurrilitäten des Königs. Ein enormes Vermögen investiert der Liebhaber des Schönen und Herrlichen in die Errichtung von architektonischen Meisterwerken und die Förderung der musikalischen Künste Wagners. So unvergleichlich die Oper eines der größten Komponisten sein mag, wie sehr das Schloss Neuschwanstein als imposantes Manifest monarchischer Herrschaft anrührt – ein Volk, das dem Tod näher als dem Leben ist und dessen Oberhaupt geringes Interesse an ihrem Grund und Boden zeigt, sieht in solchen Werken lediglich die vergebene Möglichkeit, den Hunger Vieler zu stillen. Doch nicht nur das scheinbar machtlose Volk äußert Missfallen an dem königlichen Verhalten, auch die elitäre, konservative Beamtenschaft formuliert Kritik an der Regierungsweise und kann auf Dauer einen solchen König nicht hinnehmen.

Dies alles liegt fernab der Wahrnehmung des Königs. Zwar beweist Ludwig entgegen seiner Natur durchaus strategisches Geschick und scharfsinnigen Verstand, doch seine Seele erblüht lediglich in Gegenwart seines Begleiters Hornig. Als Ludwig den gutherzigen Jungen beim Diebstahl erwischt, nutzt er diese Situation kaltblütig aus. Ohne Rücksicht auf Recht und Gefühle stillt Ludwig sein Verlangen an dem außerordentlich attraktiven Mann und befriedigt seine unbändige Leidenschaft. Entgegen jeder Erwartung erduldet Hornig zunächst nur aus Schuld- und Pflichtgefühl gegenüber seinem Herrscher dieses Verhalten Ludwigs. Mit verführerischer Laszivität und emotionaler Hingabe gewinnt der bayrische Herrscher schließlich das Herz des jungen Mannes. Weder die Öffentlichkeit noch Hornigs proletarischer Zwillingsbruder könnten eine solche Verbindung akzeptieren. Folglich überwindet sich Ludwig zu einer Heirat mit der Herzogin Sophie Charlotte, ihres Zeichens eine Verwandte Elizabeths von Österreich. Diese hat ihr Herz schon seit einer Ewigkeit an den glamourösen Herrscher Bayerns verloren und akzeptiert blind vor Glück diese Verbindung. Das kühle und reservierte Verhalten Ludwigs rufen in ihr mehr und mehr Zweifel an der Aufrichtigkeit seiner Gefühle hervor und dieses Misstrauen findet Bestätigung, als sie ihren Geliebten in der Gegenwart seines Begleiters beobachtet. Glühender Hass weicht im Herzen der Herzogin schon bald aufrichtigem Mitleid für das unglückselige Schicksal Ludwigs, der nie Erfüllung in seinem Schicksal erfahren wird. Nachdem die Verlobung aufgekündigt ist, scheinen sich die Ereignisse zunächst dem Guten zuzuwenden. Elisabeth besucht ihren „kleinen“ Cousin und gemeinsam hängen sie ihrem Traum von Freiheit nach. Doch die idyllische Ruhe wird von mehreren Attentaten auf die Kaiserin beeinträchtigt und empfindlich gestört. Als die Ereignisse vor ihrer Aufklärung stehen, werden düstere Geheimnisse enthüllt und provozieren Konflikte.

Dieser historische Manga ist geprägt von geschichtlicher Genauigkeit in Kombination mit einer fesselnden emotionalen Komponente. In erster Linie steht die private Person Ludwig II. im Vordergrund und weniger der politische Akteur. Die Mischung von Fakt und Fantasie entfernt den Staub von den Geschichtsbüchern und weckt das Interesse, diese Epoche genauer zu beleuchten. Abschließend muss ausdrücklich erwähnt werden, dass es auch zur expliziten Darstellung der Shonen-Ai-Beziehung zwischen Ludwig und seinem Begleiter kommt, an dem sich weniger liberale Geister stoßen könnten. Ansonsten lässt sich abschließend nur ausdrücklich eine Empfehlung für dieses Werk aussprechen. Wer Angst hat, wegen Suchtgefahr sein Vermögen in eine endlose Serie zu investieren, dem sei gesagt, dass bereits nach dem dritten Band der Vorhang für Ludwig II. fällt.

© _Stefanie Borgmann_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.X-Zine.de/ veröffentlicht.|

David, Peter – Herr Apropos von Nichten

Schelmenroman: |aus Spanien stammende Romangattung, die im Ggs. zum Ritterroman das Leben spitzbübischer Schelme, Landstreicher und Glücksritter schildert. Die S. sind meist in der Ich-Form erzählt und tragen häufig satir. und sozialkrit. Züge| – so informiert uns der Brockhaus, und so kann man Peter Davids kleinen Geniestreich „Herr Apropos von Nichten“ kurz charakterisieren, mit dieser Ergänzung: Es ist ein Buch voll von Einfällen, Verwirrungen, Wendungen und Sarkasmen aller Art, es bringt einen zum Schmunzeln, zum Lachen, zum Mitfühlen und zum Lesen mit angehaltenem Atem; spöttisch zerstört es Illusionen über die Gerechtigkeit der Welt oder den Wert des Heldentums, und es präsentiert einen Anti-Helden reinsten Wassers.

Apropos hat’s aber auch nicht leicht. Seine Mutter schlägt sich als Kellnerin in einer heruntergekommenen Spelunke durch. Da sie einmal der Geburt eines Phönix zugesehen hat, glaubt sie, zu Wichtigem bestimmt zu sein – und als sechs Ritter sowie ein Mann im Umhang (vielleicht ein Magier) sie vergewaltigen und sie schwanger wird, glaubt sie um so heftiger daran: Ihr Sohn wird einmal … Sie geht ihrem Beruf weiterhin nach, arbeitet nebenbei auch als Hure und spart, was sie kann, um ihrem Sohn eine Zukunft zu verschaffen. Leider ist der lahm geboren, zum Glück jedoch auch mit einem scharfen Verstand gesegnet; außerdem hilft ihm Tacit, ein junger Robin Hood und Held von echtem Schrot und Korn. Aber gerade diese Freundschaft führt Apropos seine Unzulänglichkeit vor Augen, der Vergleich mit Tacit wird für ihn zur Manie.

Schlüsselstelle des Romans ist die Szene, in der aufgehetzte Bauern die junge Magierin Schari verbrennen wollen. Tacit stürzt los, sie zu retten; Apropos findet das schwachsinnig und überlegt, wie er sich aus der Sache heraushalten kann. Doch als Tacits Versuch scheitert und dieser zusammen mit der Magierin verbrannt werden soll, gibt sich der selbsternannte Egoist („Lieber zehn Minuten lang feige als ein Leben lang tot.“) einen Ruck und kauft die beiden mit Gold und einer List los; woraufhin die Gerettete dem guten Tacit erklärt, wie dämlich sie seine „Rettungstat“ fand. Trotzdem findet Apropos seine eigene Rolle erbärmlich. Und Schari, offensichtlich eine verwandte Seele, verschwindet bald wieder aus seinem Leben.

Kurze Zeit später wird Apropos’ Mutter umgebracht, was den Jungen endgültig aus der „heimischen“ Spelunke forttreibt, an den Königshof, um Gerechtigkeit zu verlangen – Ausgangspunkt einer Kette von Abenteuern, die ihn mal in die Nähe des Todes, dann wieder bis knapp vor den Thron führen … aber keine Sorge: Der Schelm bleibt ein Schelm, und das ist gut, denn von diesem Schelm lebt das Buch. Peter David schildert Apropos’ Innenleben einfühlsam und komisch zugleich, mit viel Scherz, Satire, Ironie und tieferer Bedeutung. Selbst wenn der junge Mann mitten im Geschehen (lies: im Schlamassel) steckt, bleibt er scharfsichtiger Beobachter und scharfzüngiger Spötter: „Unsere Rösser donnerten über die Lichtung, und wir Ritter müssen einen beeindruckenden Anblick geboten haben. Nichts erregt einen wohl so sehr, wie einer Schar Ritter ansichtig zu werden, welche, wenn auch zu spät, zur Rettung heraneilen.“ Er verschont sich selbst ebenso wenig wie seine Umwelt; als er einen Mitknappen als gewissenlos charakterisiert, setzt er hinzu: „Nun gut, schlechtes Gewissen und dergleichen plagten auch mich nur selten bis nie. Aber das ließ sich doch nicht vergleichen. Bei mir stand eine bewusste Entscheidung dahinter, wohingegen Keule einfach zu dumm dafür war.“ Dergleichen bekommt man laufend zu lesen. Was Wunder, ist der Ich-Erzähler doch einer, dem das Leben meist übel mitspielt – besonders immer dann, wenn er seine erste Regel vergisst: sich niemals auf jemanden oder etwas zu verlassen. Natürlich auch nicht auf höhere Mächte. Apropos glaubt zwar an Götter, aber er kommentiert deren Walten in seinem Leben zum Beispiel so: „Ich konnte mir nur einen Grund denken, warum Runzibel mich nicht hatte hinrichten lassen: Die Götter wollten mich noch ein Weilchen länger quälen.“

Eindeutig ist Apropos kein moralisch einwandfreier, positiver Held (er ist ja nicht mal ein Held). Doch David schafft es, ihm alle Sympathie des Lesers zuzuschanzen, selbst wenn er feige oder hundsgemein handelt (was so oft nun auch wieder nicht vorkommt). Ich habe lange kein Fantasy-Buch mit einer so wirklichen Hauptfigur gelesen, und ich hoffe nur, dass der Autor seiner halben Ankündigung im Vorwort noch einen solchen Roman folgen lässt!

© _Peter Schünemann_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de/ veröffentlicht.|

Annegret Held – Die letzten Dinge. Roman

Der Alltag in einem Altersheim – klingt eigentlich nicht unbedingt nach dem Thema eines großartigen Romans. Wer will darüber schon eine Geschichte lesen? Diese dunklen Winkel des Lebens klammert man doch am liebsten so lange aus, wie man es noch kann. Lieber so lange ignorieren, bis sie irgendwann Realität werden. Aber bis dahin will man lieber nicht zu viel darüber hören. Na ja, es kommt allerdings immer darauf an: Es gibt Menschen, die führen uns so sanft, freundlich und mit einem Augenzwinkern an einen so düsteren Ort, dass man selbst ein Altersheim glatt noch lieb gewinnen könnte. Annegret Held kann so etwas.

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Mülbe, Wolfheinrich von der – Zauberlaterne, Die

Piper legt mit diesem Roman ein kleines Juwel niveauvoller Literatur vor, das mancher vorschnell unter „Kinderliteratur“ einordnen könnte. Nun, „Die Zauberlaterne“ ist ebenso Kinderliteratur wie Harry Potter, Kästners „Das fliegende Klassenzimmer“ oder Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ – will heißen, das Buch hat auch für erwachsene Leser seine Reize; manch ein Vater könnte gar finden, dass es ihm selbst besser zusagt als seinen Sprösslingen, die gerade ungeduldig auf das nächste Abenteuer des berühmtesten Zauberlehrlings der Welt warten. Und ohne J. K. Rowling zu nahe treten zu wollen: An Abwechslungsreichtum der Genres, Töne und Erzählweisen übertrifft Wolfheinrich von der Mülbe sie deutlich; er beherrscht das augenzwinkernde Fabulieren eines Münchhausen ebenso wie den melancholischen Ton eines Hans Christian Andersen, die Parodie nicht schlechter als das romantische Gedicht, das Märchen meistert er genau wie die Liebesgeschichte. 1937 erschienen, im gleichen Jahr wie Tolkiens „Hobbit“, erinnert er auch an diesen; beide Bücher entstanden gewiss unabhängig voneinander, sind sich aber an fröhlichen wie traurigen Stellen mitunter so ähnlich wie eineiige Zwillinge. Und natürlich wandelt sich auch im Verlauf dieser Geschichte ein gutherziger, doch anfangs etwas träger und einfältiger junger Mann zum wahren Helden …

Das Ganze beginnt auf Burg Scharfenstein. Mutter Schute setzt ihrem Sohn Kunibert so lange mit dem ach so leuchtenden Beispiel seines Vaters zu, bis der Junge gemeinsam mit seinem Knappen Schorse, einem ungeschliffenen, aber ergebenen und gutmütigen Burschen, auf Abenteuer auszieht. Gesucht wird eine Prinzessin: Ein Königsschloss wäre ein mehr als passender Ersatz für die Burg. Als die beiden den geheimnisvollen Goldenen Ritter treffen und einen Abend auf dessen Burg verbringen, kommt Bewegung in die Sache. Der zauberkundige Beppo zeigt Kunibert in einer Vision viele phantastische Bilder – wir werden sie alle im Roman wiederfinden. Bald darauf reiten Herr und Knappe, nun endlich gut gekleidet, bestens gerüstet und mit genug Geld versehen, in der schönen und reichen Stadt Marsilia ein; König Kasimir, Herr des gleichnamigen Reiches, will seine Tochter Sonja verheiraten. Natürlich gibt es drei Aufgaben zu bestehen. Die erste meistert Kunibert relativ leicht: Er erkennt in einer Menschenmenge die bisher sorgsam verborgen gehaltene Prinzessin, da sein Herz ihn führt. Die zweite Aufgabe führt ihn lange durch viele fremde Länder und Gefahren: Da kein Hofbarbier Kasimir richtig rasieren kann, soll er das wunderbare Rasierzeug finden, das die Fee Süffisande einst ihrem Geliebten schenkte. Leider ist das Set über die ganze Welt verstreut … Und so lernt Kunibert die Länder der Araber kennen (wo der Ritterroman parodiert wird), zieht durch die Wüste (Hauff und seine Märchen lassen grüßen), durchs Königreich Lappalien (ein Leckerbissen für alle, die Bürokraten hassen), besteht gegen einen äußerst interessanten Drachen, gerät in die Fänge eines bösen Gnoms und einer falschen Schönheit (der traurige, tragische Höhepunkt des Buches) und und und …

Mülbes Einfallsreichtum kennt nahezu keine Grenzen, aber immer schimmert durch die Zeilen die Liebe zu seiner Geschichte und zu seinen Lesern hindurch, und das macht den Zauber des Buches aus. Sicher, er schwingt nicht den groben Comedy-Hammer, sein Humor ist von feinerer Art, aber gerade darum liebenswert. Kurz, hier liegt ein Buch vor, das auf eine wundervoll frische Art altmodisch ist; genau wie die oben genannten Werke. Und es ist wie diese voll von lebendigen Figuren, freundlichen und finsteren, komischen und tragischen, realistischen und fabelhaften … Als Inspiratoren für „Die Zauberlaterne“ werden im Klappentext Tucholsky und Kästner genannt, was zweifelsohne stimmt; aber hierhin gehören auch Andersen, Hauff, Hoffmann, Cervantes, Eulenspiegel und Bürger – die besten Traditionen europäischer phantastischer und satirischer Literatur haben an der Wiege dieses Buches Pate gestanden. Und wenn ich einen von Mülbes Enkeln im Geiste nennen sollte, dann fällt mir sofort dieser Name ein: Michael Ende.

© _Peter Schünemann_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de/ veröffentlicht.|