_Allgemein_
Das „Der Hexer von Salem“-Rollenspiel baut auf den gleichnamigen Romanen und Heften von Wolfgang Hohlbein auf. Diese befassen zwar ebenso wie die Geschichten von H.P. Lovecraft mit dem Cthulhu-Mythos, allerdings auf eine etwas actionlastigere Art und Weise. Und genau hier setzt das Hexer-Rollenspiel an, denn es ist nicht nur ein alternatives Setting des „Cthulhu-Rollenspiels“ sondern eine ganz eigene Art, den Mythos kennen zu lernen: „Pulp-Cthulhu“.
_Pulp_
Pulp ist der Begriff, der Heftromane mit richtigen, heroischen Helden beschreibt, die am Ende immer die Jungfrau vor dem Drachen retten oder Ähnliches (ihr wisst schon, was ich meine). Sie sind klischeeüberladen und haben eine klare Trennung von Gut und Böse. Daraus ergibt sich, dass man bei „Der Hexer von Salem“ im Gegensatz zum normalem „Cthulhu“ durchaus Möglichkeiten hat, den Schrecken auch zu bekämpfen, der einem droht. Was sich dabei am Spiel ändert? Eigentlich nicht viel, zumindest regeltechnisch. Die größte Neuerung ist sicherlich, dass man einen Hexer spielen kann, dem es möglich ist, Magie zu wirken, ohne dabei Stabilitätsverluste hinnehmen zu müssen. Die meisten Hexer haben zudem auch noch besondere Gaben und einen Fluch, der sie belastet.
Der eigentliche Pulp resultiert aber daraus, dass die Charaktere erheblich mehr Punkte für Fertigkeiten und dreimal so viele Lebenspunkte zur Verfügung haben als beim klassischen „Cthulhu“. Dies führt dann wiederum dahin, dass man deutlich robuster ist, um gegen etwaige Monster antreten zu können (allerdings ändert sich relativ weinig bezüglich der Stabilitätsverluste und dem Wahnsinn). Man spielt halt einen Helden und keinen Zuschauer.
„Der Hexer von Salem“ ist ein eigenes und eigenständiges Grundregelwerk. Das heißt, man braucht weder das |Cthulhu|-Spieler- noch das Spielleiterhandbuch, um in die Welt von Robert Craven (Hauptfigur der Romane) einzutauchen. Praktisch sind sie aber trotzdem, da zum Beispiel die Fertigkeiten und die beschriebenen Berufe deutlich „abgespeckt“ daherkommen. Allerdings wird man mit etwas Kreativität (die ich bei jedem Rollenspieler mal per se voraussetze) auch ohne gut zurecht kommen. Der Cthulhu-Mythos und seine Monster werden teilweise etwas anders dargestellt, um sie dem Hexer-Universum anzupassen und den Pulp-Gedanken zu fördern.
Genau das Gleiche wurde auch beim Kampfsystem gemacht, für das es eine neue Kampfrundeneinteilung gibt und das allgemein einfach actionreicher daherkommt. So können alle Angriffe kritische Treffer erzielen, und jeder Charakter beherrscht etwa die Fertigkeit „Handgemenge“ mit einer Anfangs-Grundchance von 50 Prozent!
Neben der Action gehören wie schon erwähnt auch die Klischees zum Pulp-Genre. Auch hier wird reichlich Kost geboten, denn die Abenteuer sind nicht nur so konzipiert, sie an der Seite von Robert Craven zu bestehen, sondern auch auf allerlei aus der Literatur bekannte Personen zu treffen. Beispiele herfür wären etwa: Dr. Mabuse, Dr. Frankenstein, H.P. Lovecraft, Kapitän Nemo oder Dr. Fu Manchu. Auch eine Reise in H.G. Wells Zeitmaschine ist alles andere als unmöglich. Natürlich bleibt es jedem selbst überlassen, inwieweit man in die Klischeekiste greifen oder als „Sidekick“ von Robert Craven rumlaufen will.
_Inhalt_
Neben den kompletten benötigten Regeln, den Kreaturen sowie den wichtigen Personen und Organisationen werden auf über 40 Seiten die bisherigen Geschichten von Hohlbein über Robert Craven zusammengefasst. Dies ermöglicht es auch Spielern oder Spielleiter, sich an dieses Rollenspiel zu wagen, die die Romane noch nicht gelesen haben. Auch gibt es hier Anregungen, wie man die Geschichten am besten als spielbare Abenteuer umbauen kann.
Darauf folgen einige ausgewählte wichtige Orte des Hexer-Universums sowie die Magieregeln und äußerst hilfreiche Tipps für angehende Spielleiter. Den krönenden Abschluss bildet ein für einen Regelband äußerst ausführliches und sehr gelungenes Abenteuer von Thomas Finn mit dem Namen „Das Erbe der Templer“. Besonderes Schmankerl hierbei ist ein gedruckter Auktionskatalog – richtig cool.
_Mein Eindruck_
„Der Hexer von Salem“-Grundregelwerk ist wieder einmal eine gelungene Erweiterung der cthuloiden Rollenspielwelt. Dieses Spiel ist deutlich actionreicher und zudem einfacher zu spielen als das klassische Cthulhu-Rollenspiel und daher auch für unerfahrene Gruppen geeignet, da die Stimmung nicht alleine das entscheidende Element ist. Zudem ist der Einstieg in den Cthulhu-Mythos hier deutlich einfacher. Warum das Rollenspiel für Freunde der Romanreihe ein guter Griff ist, brauche ich hier wohl nicht näher zu erläutern. Die Regeln wurden sinnvoll gestutzt und sind nun so ausführlich wie nötig und so kurz wie möglich gehalten.
Sonst ist eigentlich alles beim Alten: Der Band ist in für den |Pegasus|-Verlag typischer hoher Qualität gehalten und zudem äußerst ansprechend gestaltet. Hardcover, reichlich alte Fotos aus den Zwanzigern sowie das obligatorische Lesebändchen – perfekt. Besonders gut gefällt mir zudem das Abenteuer „Das Erbe der Templer“, das mit seinem Umfang, seiner tollen Story und dem beiliegenden Auktionskatalog viele Punkte sammelt.
Zudem hat sich der |Pegasus|-Verlag auch einen Onlinesupport einfallen lassen, denn mit der Onlinezeitschrift [„The Gillian“,]http://www.pegasus.de/828.html die alle zwei bis drei Wochen veröffentlicht wird und immer wieder Bezug auf Abenteuer hat, gibt’s öfter mal neue Anregungen – natürlich kostenlos.
_Fazit_
Tolles Regelwerk, klasse Aufmachung. Wer sich beim „Cthulhu-Rollenspiel“ nach mehr Action sehnt oder wem es einfach zu kompliziert ist, der ist hier richtig aufgehoben. Da sich das „Der Hexer von Salem“-Rollenspiel aber teilweise enorm vom normalen „Cthulhu“ unterscheidet, dürfte es auch genug Anreize für „altgediente“ Rollenspieler bereithalten. Daher ist es sowohl für Neulinge als auch für fortgeschrittene Rollenspieler uneingeschränkt zu empfehlen.
http://www.pegasus.de/cthulhu.html
http://www.cthuloide-welten.de/
[Cthulhu Spieler-Handbuch 1744
[Cthulhu Spielleiter-Handbuch 2016
[Hohlbeins „Der Hexer von Salem“ 249