Luceno, James / Döring, Oliver – Star Wars – Labyrinth des Bösen. Teil 1: Gunrays Geheimnis

|Star Wars| ist 30 Jahre alt geworden, so lange ist es bereits her, dass [„Krieg der Sterne – Eine neue Hoffnung“ 686 in den Kinosälen anlief. Als kleines Jubiläumsgeschenk kann man da die Trilogie „Labyrinth des Bösen“ verstehen, die nun auf Grundlage einer literarischen Vorlage von James Luceno als Hörspiel erschienen ist. Denn bei der Umsetzung der äußerst beliebten Romanreihe wurden nicht nur die original Soundeffekte und John Williams‘ Filmmusik benutzt, sondern zugleich sämtliche Synchronsprecher verpflichtet, um das Kino-im-Kopf-Erlebnis perfekt zu machen und echte Star-Wars-Atmosphäre aus den heimischen Lautsprecherboxen zu zaubern.

_Inhalt_

„Star Wars – Labyrinth des Bösen“ ist zwischen Episode II und III angesiedelt. Die Klonkriege haben die gesamte Galaxis in den Krieg gestürzt. Die Separatisten, angeführt von Count Dooku und finanziell unterstützt durch die Handelsförderation, haben eine Droidenarmee errichtet, um die Republik in den Bürgerkrieg zu stürzen und ihre Handlungsunfähigkeit aufzuzeigen. Tatsächlich spalten sich immer mehr Systeme im OuterRim ab und stellen sich auf die Seite der Separatisten. Die Republik ist zum Gegenschlag gezwungen. Um einen schnellen, reibungslosen Ablauf zu gewährleisten und den Krieg nicht unnötig in die Länge zu ziehen, werden Kanzler Palpatine im Senat zahlreiche Rechte zugesprochen, die ihm freie Hand lassen und seine Macht mehr und mehr steigern. Mit einer Klonarmee sollen die Separatisten in ihre Schranken getrieben werden. Der Rat der Jedis äußert Bedenken und betrachtet die Machtansprüche des Kanzlers mit Sorge, beugt sich jedoch schließlich Palpatine. Um die Lage unter Kontrolle zu halten, sind es die Jediritter, die die Klonarmeen auf ihren Feldzügen durch die Galaxis anführen.

In Episode III ist nur noch das Ende der Epoche der Klonkrieg zu sehen und Palpatins Übernahme des Senats als Darth Sidious, die Auslöschung der Jedis und die Kontrolle über Anakin Skywalker, den er als Darth Vader auszubilden gedenkt, findet seinen Höhepunkt in dem Untergang der Republik und der Geburtsstunde des Imperiums. Wie es zu diesem Zerfall kam, welche strategischen Mittel Palpatine aufbot, um den Jedirat zu unterwandern, und wie er Schritt für Schritt Anakin unter seinen Einfluss bringen konnte, werden im Film nur angedeutet und nebenbei erwähnt. Genau hier setzt die Hörspieltrilogie ein und bietet jedem Star-Wars-Fan endlich das perfekte Bindeglied zwischen den beiden Kinostreifen.

_Teil 1: Gunrays Geheimnis_

Der erste Teil der Hörspielserie startet, wie es sich für ein Star-Wars-Produkt gehört, mit den Worten „Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …“, dem der von Joachim Kerzel gelesene Prolog folgt. Abgesehen von dieser Stelle sowie einigen wenigen Worten zum Abschluss tritt der Erzähler kein weiteres Mal auf. Ein für ein Hörspiel ungewöhnlicher Zug, müssen doch so die deskriptiven Elemente, die ja im Gegenteil zu den Filmen nicht visuell erfassbar sind, durch die Sprecher bzw. Soundeffekte transportiert werden. Besonders für |Star Wars| hat diese ungewohnte Erzählweise aber große Vorteile. Der Hörer wird sofort in die Welt mitgerissen und lauscht der Geschichte nicht nur distanziert von außen, sondern steht mitten im Geschehen. Hier wird ganz klar deutlich, dass |Star Wars| sich eher, seinen Wurzen entsprechend, als filmisches Hörspiel denn als gelesener Roman präsentiert. Dank bekannter Soundkulissen, die denen aus den Filmen entsprechen, weiß der kundige Fan sofort, wo sich die Helden befinden. Ist dies nicht sofort klar, weist einer der Sprecher innerhalb eines Dialogs darauf hin, unterschwellig und meist so, dass es nicht aufgesetzt wirkt. Der Hörer kann der Handlung also gut folgen und wird nicht aus dem actiongeladenen Szenen herausgerissen, um ihn zunächst über den Ort und die Hintergründe des nun folgenden Abschnitts aufzuklären.

Gunrays Geheimnis katapultiert den Hörer direkt in eine Bodenschlacht, die denen aus der Zelluloidvorlage in nichts nachsteht. Überall kracht und explodiert es, dennoch kann man dem Geschehen, dank Zentrierung auf Obi-Wan Kenobi (Philipp Moog) und Anakin Skywalker (Wanja Gerick), gut folgen. Die beiden Jedis haben sich auf den Weg nach Cato Neimoidia aufgemacht, dem Heimatplaneten von Nute Gunray (Joachim Siebenschuh), einem der Anführer der Handelsförderation. Sie erhoffen sich mit der Stürmung seiner Behausung wertvolle Hinweise auf den Aufenthalt von Count Dooku (Klaus Sonnenschein) und Darth Sidious (Friedhelm Ptok), um die Separatisten mit einer entscheidenden Schlacht in die Knie zu zwingen. Jedes weitere Gefecht, das hierzu notwendig wäre, würde die Verluste auf beiden Seiten unnötigerweise erhöhen. Und es hat bereits viele sinnlose Opfer gegeben.

Obi-Wan und Anakin kämpfen sich durch die Fronten der Droidenarmee, um in die befestigte Anlage Gunrays einzudringen. Nach einigen Komplikationen gelingt es ihnen schließlich, die Festung zu stürmen und zu sichern. Doch von Gunray ist keine Spur zu finden. Er hat sich rechtzeitig auf den Angriff der Jedis eingestellt und seine Flucht minutiös geplant. Auch wenn die Enttäuschung bei Obi-Wan und Anakin groß und die erhoffte finale Schlacht wieder in weite Ferne gerückt ist, scheint Gunray einen großen Fehler gemacht zu haben. Er hat in seiner Festung den Mechno-Stuhl zurückgelassen.

Zunächst rätseln die Jedis über dessen Funktion, doch bald erhalten sie eine eintreffende Nachricht von General Grievous, der diesen Stuhl als Nachrichtenübermittler benutzt. Die Nachricht enthält genaue Angaben zu den Plänen der Separatisten und ihrem nächsten Angriff. Doch damit nicht genug, Grievous verrät, nicht wissend, dass die Nachricht nicht an Gunray, sondern die Jedis geht, dass Darth Sidious den Senat beherrsche. Obi-Wan und Anakin zögern nicht lange und setzen den Jedirat in Kenntnis.

Yoda (Tobias Meister) und Mace Windu (Helmut Gauß) sind äußerst beunruhigt. Doch sie wollen nichts überstürzen und vor allem Kanzler Palpatine vorerst nichts von ihrer Entdeckung berichten. Stattdessen sollen sich Obi-Wan und Anakin auf die Spuren von Sidious machen und mit der Entschlüsselung des Mechno-Stuhls herausfinden, wer alles in das Komplott verwickelt ist.

_Umsetzung_

„Die spektakuläre Vorgeschichte zu Episode 3“, wie die Hörspiel-Trilogie „Star Wars – Labyrinth des Bösen“ von |Universal| angekündigt wird, hält alles, was sie verspricht. Dank der kompletten Riege der Synchronsprecher, die für die deutsche Stimmen der Star-Wars-Charaktere in den Filmen tätig waren, kommt sofort eine packende Atmosphäre auf. Die Soundkulisse erreicht Kinoqualität und ist, mit entsprechenden Boxen, selbst in Stereo ein Hörgenuss. Glasklare Geräusche, die dank ihrer Bekanntheit aus der Kinovorlage sofort zuzuordnen sind, lassen die Geschichte im Kopf des Hörers entstehen. Der offizielle Soundtrack von John Williams veredelt das Spektakel, läuft während wichtiger Dialoge unaufdringlich im Hintergrund und drängt dann, wenn die Action zunimmt, geschickt nach vorne. Selbst die Handlung ist vielschichtig und intelligent aufgebaut und übertrifft deutlich den Sinngehalt der mitunter platt und unfreiwillig komisch anmutenden Gespräche aus den Kinofilmen. „Labyrinth des Bösen“ schlägt die Brücke zwischen Episode II und III und liefert endlich die Hintergrundinformationen, die man im Kino vermisst hatte.

_Fazit_

Kein Star-Wars-Fan wird umhinkommen, diese Hörspiel-Perle zu erwerben. Ein Produkt höchster Güte und auf einem technisch selten erreichten Qualitätsniveau. Eines muss man George Lukas lassen: Was er als offizielles Produkt abseits seiner Filme zulässt, hat meistens entsprechendes Niveau. „Labyrinth des Böses“ war bereits als Roman empfehlenswert, als Hörspiel übertrifft es sich noch einmal selbst.

|ISBN 3-8291-1884-8 / 978-3-8291-1884-2|
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Yarbro, Chelsea Quinn – Palast der Vampire

[„Hotel Transylvania“ 2706 war der erste Streich in Chelsea Quinn Yarbros episch angelegter Chronik um den Vampir Saint-Germain. Damals trieb er im Paris des 18. Jahrhunderts sein Unwesen – wobei „Unwesen“ zu viel gesagt wäre: Saint-Germain ist nämlich ein Untoter mit Anstand und einem Faible für die schönen Dinge des Lebens. Anstatt sich wie sein berühmtester Artgenosse an Burgmauern hinabzuhangeln und das Blut von unschuldigen Jungfrauen in alle Ecken des Zimmers zu verspritzen, beschäftigt er sich lieber mit Kunst – und mit der genussvollen Verführung schöner und williger Frauen!

Wer nun aber denkt, der zweite Band „Palast der Vampire“ knüpfe nahtlos an „Hotel Transylvania“ an, der irrt. Yarbro überrascht ihre Leser damit, dass sie den Roman nicht nur in einem anderen Land, sondern auch in einer anderen Zeit spielen lässt. Diesmal befinden wir uns im Florenz des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Florenz ist zu dieser Zeit ein florierendes wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Europas. Unter der Führung der Medici wird nicht nur Tuch exportiert, sondern auch Künstler wie Botticelli werden gefördert. Also genau der richtige Ort für Saint-Germain, der sich mit Vorliebe am Puls der Zeit niederlässt.

Zwar gilt er in Florenz als Ausländer, doch ist er gebildet und faszinierend genug, um von den Florentinern akzeptiert zu werden. Mit großem Brimborium baut er einen Palazzo – natürlich mit geheimen Kammern für seine alchimistischen Studien. Diese sollen ihm jedoch bald zum Verhängnis werden, denn als Laurenzo de Medici stirbt, schlägt die liberale Stimmung in Florenz rasch um.

Mehr und mehr reißt nämlich der Dominikanermönch Savonarola die Macht in Florenz an sich. Mit einer rigiden Bibelauslegung verdammt er alle Kunst, alle Annehmlichkeiten und alle Schönheit als eitle Sünde aus der Stadt. Seine Militia Christi, bei genauer Betrachtung nicht mehr als eine Gruppe randalierender Jugendbanden, dringt in Häuser ein und zerstört die Einrichtung. Gemälde werden verbrannt, das Spielen von Musik untersagt. Und Saint-Germain als Ausländer wird natürlich schnell zur Zielscheibe von Savonarolas Hass. Als eine ehemalige Geliebte in einer öffentlichen Beichte seinen Namen in den Schmutz zieht, muss Saint-Germain fliehen. Doch was ist mit seinem Protegé Demetrice, die darauf besteht, in Florenz zu bleiben?

Es ist ganz allein der Erzählkunst der Autorin zu verdanken, dass „Palast der Vampire“ ein so gelungenes Lesevergnügen ist. Denn wenn man es genau betrachtet, bietet der zweite Band gegenüber „Hotel Transylvania“ nicht viel Neues: Wir haben den Vampir, seinen treuen Diener, eine sich schüchtern entwickelnde Liebesgeschichte und äußere Einflüsse, die sich dem Paar entgegenstellen. Nach dem gleichen Schema verfuhr Yarbro schon in „Hotel Transylvania“, und doch ist „Palast der Vampire“ kein billiger Abklatsch. Und Langeweile kommt auf den 500 Seiten gleich gar nicht auf. Es muss also die Erzählfreude Yarbros sein, die den Leser so bei der Stange hält.

Saint-Germain ist ein Vampir für romantische Frauenträume. Er spielt lieber auf der Laute als Menschen umzubringen. Für ihn ist die Teilnahme am Leben der Menschen, an deren Kultur und Sorgen offensichtlich ein Lebenselixier, das er genauso benötigt wie Blut. Es ist seine Art, die Ewigkeit erträglich zu machen. Dass sich ihm dabei gern eine schöne und ebenso kluge Frau an die Seite stellt, macht die Sache nur noch interessanter. Demetrice ist, wie schon Madeleine in „Hotel Transylvania“ keineswegs ein Frauchen. Sie ist studiert, hat die Bibliothek des Medici katalogisiert und überredet Saint-Germain, sie in der Alchimie zu unterrichten. Erst als klar ist, dass beide gleichberechtigte Partner sein können, bringt Yarbro zarte Gefühle ins Spiel.

Ebenso faszinierend ist ihr Florenz des 15. Jahrhunderts. Wie auch schon im ersten Band, ist „Palast der Vampire“ in erster Linie ein historischer Roman. Yarbro versteht es, ins Detail zu gehen, ohne zu langweilen. Der Roman lebt von dem Gegensatz zwischen dem schöngeistigen Saint-Germain und dem radikalen Mönch Savonarola. Für Yarbro ist das Florenz des 15. Jahrhunderts keineswegs der Sündenpfuhl, den der Dominikaner darin sieht. Florenz ist für sie das Zentrum der Renaissance. Durch die Medici kommt die Stadt zur Blüte, Kunst und Naturwissenschaft sind auf dem Höhepunkt. Ausländer und Studenten strömen in die Stadt, um am Fortschritt teilzuhaben. Savonarola jedoch wirft Florenz um Jahre zurück. Mit seinen apokalyptischen Prophezeiungen vom Ende der Welt trifft er offensichtlich einen Nerv bei der Bevölkerung. Doch das führt nur dazu, dass in Florenz der Scheiterhaufen vorweggenommen wird, der später ganz Europa überziehen wird.

Wie auch schon im ersten Band, steht Saint-Germain wieder ein verlässlicher Diener zur Seite. Seinerzeit aus einer offenbar misslichen (und fast tödlichen) Lage befreit, ist Ruggiero seinem Meister treu ergeben. Er ist der einzige Charakter, den ich mir mehr ausgebaut gewünscht hätte. Außer seiner Treue zu Saint-Germain bedenkt ihn Yarbro mit keinen weiteren Charaktereigenschaften, und doch hat man als Leser ständig das Gefühl, hinter der Fassade des Dieners verberge sich ebenfalls eine spannende Geschichte, die das Erzählen lohnen würde. Doch wer weiß, vielleicht erfährt man in einem späteren Band ja mehr über Ruggerio.

„Palast der Vampire“ ist ein echter Schmöker, den man im gestreckten Galopp verschlingen wird. Auf 500 Seiten präsentiert Yarbro eine Geschichte ohne Hänger und Längen, mit einer ausgewogenen Mischung aus Historie, Erotik, Spannung und einem wirklich verachtenswerten Bösewicht. Wenn sie es schafft, dieses Erzähltempo auch in den Folgebänden zu halten, dann steht der geneigten Leserin ein langanhaltender Lesegenuss bevor, schließlich umfasst die Serie bereits 19 Bände!

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Max Allan Collins – CSI Las Vegas: Killing Game

Zwei neue Fälle für das aus dem US-Fernsehen bekannte CSI-Team von Las Vegas beanspruchen nicht nur die ermittlerischen Fähigkeiten der Beteiligten, sondern stehen außerdem unter dem Unstern büropolitischer Intrigen … – Diese nicht verfilmte Story bietet einen Routine-Plot, der vom CSI-erfahrenen Verfasser immerhin mit der üblichen Nähe zur Vorlage im positiven Sinn routiniert erzählt wird, sodass vor dem geistigen Auge sogleich die entsprechenden Bilder ablaufen: für Fans ohnehin ein Muss, für den ‚normalen‘ Krimifan ein Kann.
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Lim, Nikki – Gizeh

_Cheops und der Pyramidenbau_

Einst in Ägypten … Der mächtige Pharaoh Cheops plante mit seine beiden Söhnen den Bau dreier mächtiger Bauwerke in der Stadt Gizeh. Er gilt in Ägypten als einer der besten Baumeister seiner Art und hat deswegen den Anspruch, die schönsten und prächtigsten Pyramiden aufzustellen. Nur die edelsten Materialien möchte er verwenden, um seine wertvollen Schätzte im Inneren des Bauwerks zu horten. Doch Cheops ist nicht der Einzige, der derartige Pläne verfolgt. Mehrere Konkurrenten buhlen um den Rang des besten Pyramidenbauers und versuchen mit unlauteren Mitteln und minderwertigen Baustoffen, Cheops‘ Arbeiter und Arbeiten zu manipulieren. Der Baumeister muss sich schließlich entscheiden, welchem Spieler er das größte Vertrauen schenkt, denn nur wer am schnellsten und sichersten baut und dazu den Schneid hat, seine Konkurrenten mit brüchigen Steinen und dem ekligen Skarabäus-Käfer zu stören, wird Cheops‘ Gunst erhalten und in Gizeh seine Pyramiden errichten.

_Ägypten einmal anders_

Dass in Ägypten zahlreiche schmierige Bauherren umherlaufen, wissen wir spätestens nach Asterix‘ Ausflug zu Königin Kleopatra. Dass man aber selber auch einmal in die Rolle einer solch hinterlistigen Miesmuschel schlüpfen wird, hätte man wohl nie gedacht, zumindest nicht vor der ersten Bekanntschaft mit dem immer noch recht frischen |Pegasus|-Spiel „Gizeh“, in dem der Pyramidenbau im alten Ägypten einmal ganz anders dargestellt wird. Bis zu sechs Spieler schlüpfen hier in die Rolle eines Baumeisters und müssen mit verschiedenen Bauplättchen, Schätzen und morschen Steinen genau drei Pyramiden und nach Möglichkeit auch noch die Sphinx errichten. Doch Obacht: Die Errichtung dieser Bauwerke wird nur dann mit Punkten bedacht, wenn man echte Pyramidenstücke einbringt. Sollte man hingegen die beschädigten Mauersteine verwenden, hagelt es am Ende auch Minuspunkte, die man eigentlich besser den Kontrahenten zuschiebt. Und sollte man dann doch einmal ein solches Mauerteil untergejubelt bekommen, besteht immer noch die Möglichkeit, die eigene Baustelle zu sabotieren und das Ganze rückgängig zu machen …

_Spielmaterial_

• 6 Gizeh-Spielbretter
• 15 negative Stein-Marken (jeweils 3 jeder Größe)
• 35 positive Stein-Marken (jeweils 7 jeder Größe)
• 9 Sabotage-Marken
• 6 Sphinx-Marken
• 12 Schatzmarken, je 3 pro Schatzart
• 6 Skarabäus-Marken
• 1 Stoffbeutel
• 1 Spielanleitung

Das Spielmaterial von „Gizeh“ ist recht schlicht und vorrangig zweckdienlich aufgebaut. Die verschiedenen Plättchen sind zwar klar strukturiert und funktionell, dafür aber jetzt auch nicht sonderlich spektakulär illustriert, was man aber generell für das gesamte Material sagen kann. Dafür sind die Plättchen recht stabil und nutzen auch bei mehrfachem Gebrauch nicht bzw. kaum ab. Nach schätzungsweise zwanzig Partien offenbaren die Spielmittel jedenfalls nur sehr geringe Gebrauchsspuren – und das ist letztendlich bei einem derart flotten Spiel auch wichtiger als die Zeichnungen auf den Baustellen und den Plättchen.

_Spielziel_

Bei „Gizeh“ geht es darum, drei Pyramiden zu bauen. Hört sich einfach an, ist es im Grunde genommen auch, denn wenn man möchte und die entsprechenden Plättchen auf der Hand hat, kann man das Spiel bereits nach drei Zügen beenden. Ob dies jedoch so sinnvoll ist und die zum Sieg erforderliche Punktzahl einbringt, steht auf einem anderen Blatt …

Nun, daher das Ziel etwas konkreter: Jeder Spieler muss beim Bau seiner Pyramiden möglichst viele Punkte sammeln, und dies gelingt nur dann, wenn man Bausteine mit großen Werten ins Fundament setzt und eine große Zahl ertragreicher Schätze in den Pyramiden versteckt. Gleichzeitig muss man aber auch Attacken und Intrigen der gegnerischen Spieler kontern und dabei möglicherweise auch unerwünschten Baustoffe von seiner Baustelle entfernen. So gilt es grundsätzlich, das Übel zu vertreiben und den Reichtum zu verbauen. Hört sich einfach an …

_Vorbereitungen_

Weil die Plättchen schon vorab ausgestanzt wurden, müssen vor der ersten Partie keine weiteren Vorbereitungen getroffen werden. Alle Plättchen werden in den Stoffsack gelegt, dieser kräftig durchgeschüttelt, und anschließend zieht jeder Spieler genau vier Plättchen, die er verdeckt vor sich ablegt (wobei ein regelmäßiger Blick auf diese Marken natürlich erlaubt ist). Anschließend nimmt man noch eines der sechs Spielbretter, auf denen die Baustellen für die Pyramiden und die Sphinx abgebildet sind, und schon kann das Spiel beginnen.

_Ein Spielzug_

In jedem Spielzug stehen dem Spieler genau zwei Möglichkeiten offen: Entweder spielt er eine seiner Handmarken aus oder er tauscht eine beliebige Menge dieser Marken gegen entsprechend viele neue aus. In beiden Fällen wird im Anschluss an die Aktion das Handkontingent wieder aufgefüllt, bis man im Besitz von genau vier Plättchen ist.

Sollte man sich dafür entscheiden, eine Marke auszuspielen, beginnt man entweder mit einem Stein oder mit dem untersten Fundament der Sphinx und legt das Plättchen dann auf die entsprechende Baustelle. Sinnvoll ist es hierbei, mit einem hohen Steinwert im positiven Bereich zu beginnen, denn für jedes Plättchen mit positivem Vorzeichen erhält man am Ende des Spiels den abgebildeten Punktewert, weshalb ein guter Zug der wäre, die positive Stein-Marke mit dem Wert 5 zu spielen. Ebenfalls ist es sinnvoll, eine entsprechende Marke mit negativem Vorzeichen auf eine Baustelle des Gegners zu legen, denn es ist immer erlaubt, sowohl auf dem eigenen als auch auf einem gegnerischen Spielbrett Marken auszuspielen.

Beim weiteren Bauvorhaben muss man allerdings einige grundlegende Bauregeln beachten. So ist es unabhängig vom Vorzeichen nur möglich, ein neues Plättchen auf einer Marke abzulegen, deren Wert höher ist als der dieses neuen Plättchens. Wenn nun beispielsweise ein Bauteil mit dem Wert +5 ausliegt, darf man darauf nur andere Steine mit Werten von höchstens 4 auslegen, wohlgemerkt + oder -. Wer hingegen einen Schatz ablegen möchte, darf dies nur dann tun, wenn die darunter liegende Marke genau den gleichen Wert hat, ebenfalls unabhängig vom Vorzeichen.

Dann kann man natürlich auch die Sphinx errichten, falls man im Besitz eines der wenigen Bauteile ist. Allerdings besteht auch hier eine Bauvorschrift, denn die Sphinx ist in einer vorgegebenen Reihenfolge aufzubauen und dabei auch ziemlich risikoreich, denn das Fundament alleine bringt am Ende satte fünf Minuspunkte.

Im Spiel enthalten sind auch zwei Einflussmarker, nämlich die Sabotage und der Skarabäus. Es besteht die Möglichkeit, eine Baustelle, auch die eigene, zu sabotieren. Hierzu legt man in einfach den zugehörigen Marker auf das oberste Plättchen dieser Baustelle und entfernt dieses. So kann man sowohl wertvolle Steine des Gegners als auch ungewünschte aus der eigenen Pyramide entfernen. Mit dem Skarabäus kann man indes den Weiterbau einer Pyramide zwischenzeitlich stoppen. Der ausgeschaltete Spieler hat jedoch die Möglichkeit, in einem seiner nächsten Züge den Skarabäus wieder aus dem Spiel zu nehmen, darf dann aber keine weiteren Aktionen mehr in diesem Zug durchführen.

Die andere Variante eines Spielzugs besteht darin, beliebig viele seiner vier Handmarken gegen neue aus dem Stoffbeutel zu tauschen, was natürlich gerade dann sinnvoll ist, wenn man mit dem eigenen Vorrat nicht zufrieden ist oder aber dringend einen Sabotage-Marker benötigt, weil man ein unerwünschtes Bauteil zerstören möchte.

Ganz gleich, für welchen Zug man sich entscheidet: Am Ende einer jeden Runde muss jeder Spieler so viele Marken nachziehen, dass er wieder vier besitzt.

_Spielende_

Das Spiel ist sofort zu Ende, wenn ein Spieler alle Pyramiden gebaut hat – dies ist der Fall wenn die obersten Plättchen alle den Wert 1 haben – oder wenn die Marken aus dem Stoffbeutel aufgebraucht sind (was aber nur dann geschieht, wenn man mit vielen Spielern spielt). In der anschließenden Wertung werden Pluspunkte addiert und Minuspunkte subtrahiert. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt; bei Gleichstand siegt derjenige, der die meisten Schätze in seiner Pyramide versteckt hat.

_Meine Meinung_

„Gizeh“ gehört zu dieser Spiele-Spezies, die wegen ihres unscheinbaren Äußeren zunächst einmal nur wenig ansprechend sind, sich dann aber schon nach der ersten Spielrunde als ein echter Geheimtipp unter den etwas schnelleren Spielen etablieren und letztendlich auch vollkommen überzeugen. Dabei ist das Spielprinzip denkbar einfach. Man baut und sabotiert ohne Unterlass und muss mit jedem Zug wieder abwägen, ob man nun den Gegner ärgert oder den Bau der eigenen Pyramiden vorantreibt. Beides hat seine Vorzüge, doch beides birgt auch Gefahren in sich. So sind vor allem die wertvollen Stein-Marken der eigenen Pyramide stets gefährdet und ein beliebtes Ziel für feindliche Angriffe, wohingegen sie für den Fall, dass kein Spieler sie sabotiert und man sie bereits im nächsten Spielzug mit einem weiteren, aufgelegten Bauplättchen schützt, natürlich wertvolle Punkte für die Schlusswertung beisteuern.

Interessant ist dabei die sehr variable Spieldauer. „Gizeh“ kann im Extremfall bereits nach drei Runden zu Ende sein, nach zahlreichen Tauschphasen aber auch gut und gerne eine Dreiviertelstunde dauern. Weil man zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr unter die eigenen Pyramidenteile schauen darf, ist eine gute Auffassungsgabe gefragt, denn man muss schon einschätzen können, wann man das Spiel am besten beendet und wie die Punkte zu diesem Zeitpunkt aufgeteilt sind, doch auch in den letzten Schritten kann ein Gegner den Spielverlauf noch einmal völlig auf den Kopf stellen und den sicher geglaubten Sieg wieder umkehren.

Sicherlich ist hierbei auch immer eine Menge Glück im Spiel, denn beim Nachziehen der einzelnen Marken wird im Grunde genommen schon eine Vorentscheidung getroffen. Und dennoch: Man muss schon beständig reiflich überlegen, wohin mit seinen Marken oder ob man überhaupt an seinen Spielmaterialien festhält. Mancher Stein mag zum Beispiel einen Spitzenwert haben, doch ihn permanent in der Hoffnung aufzubewahren, ihn nach mehreren Sabotageakten doch noch einsetzen zu können, kann schnell nach hinten losgehen und kostet den Spieler im Endeffekt wertvolle Spielzüge bzw. die Chance, nützlichere Dinge zu sammeln.

Letztendlich bietet „Gizeh“ eine gut ausgewogene Mischung aus Taktik, Intuition sowie Glück und überzeugt gerade deswegen, weil der Charakter des Spiels sich in jedem Spiel wieder komplett verändern und der Verlauf vorab nie verallgemeinert werden kann. Wichtig hierbei ist als Letztes, dass man „Gizeh“ auch sehr gut mit zwei Leuten spielen kann, wobei ich aus persönlicher Erfahrung eine Runde mit mindestens vier Spielern als Optimallösung bezeichnen würde. Doch ganz gleich, was man daraus macht: Dieser abwechslungsreiche Pyramidenbau bringt über kurz oder lang eine Menge Spaß, bietet zudem einen schnellen Einstieg und kann wegen der prinzipiell sehr geringen Spieldauer zu jeder Gelegenheit auf den Tisch gebracht werden. Fazit: Eine wirklich gelungene und gut umgesetzte Spielidee!

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Canavan, Trudi – Meisterin, Die (Die Gilde der Schwarzen Magier 3)

Band 1: [„Die Rebellin“ 3041
Band 2: [„Die Novizin“ 2989

Mit ihrer „Gilde der schwarzen Magier“ hat Trudi Canavan sich in den Olymp der Jugendfantasy-Autoren geschrieben. Ihre fantastische Geschichte rund um die junge Magierin Sonea macht spätestens ab dem zweiten Teil „Die Novizin“ absolut süchtig und schafft es auf überzeugende Weise, zahlreiche Fantasyliebhaber für sich zu gewinnen.

Im dritten und vorerst abschließenden Teil der „Gilde der schwarzen Magier“ erfährt Sonea endlich die wahren Gründe für Akkarins Verhalten. Der Hohe Lord nimmt sie mit in die Stadt und zeigt ihr, wie sie die Gedanken eines sachakanischen Sklaven gegen dessen Willen lesen kann. In diesen Gedanken erfährt Sonea vieles aus Akkarins Vergangenheit und von seinen Reisen, doch insbesondere liest sie, wie Akkarin schwarze Magie erlernt hat und aus welchen Gründen dies geschah. Es sind schreckliche Dinge, die Sonea nun erfahren muss, denn die Gilde der schwarzen Magier wird von mächtigen Ichani bedroht, die sich schwarzer Magie bedienen und große Kräfte von ihren Sklaven nehmen. Einst konnte Akkarin einen mächtigen Ichani töten, doch seitdem sinnt dessen Bruder auf Rache, und nun scheint die Zeit für diese Rache gekommen zu sein. Die Ichani wollen gemeinsam die Gilde angreifen und zerstören.

Sonea fürchtet um die Gilde und um ganz Kyralia, da bereits ein einziger Ichani so mächtig ist wie dutzende Magier der Gilde. Nach reiflicher Überlegung überredet sie Akkarin schließlich dazu, sie in schwarzer Magie auszubilden, damit sie ihm in seinem Kampf beistehen kann. Gemeinsam mit seinem Diener Takan unterrichtet Akkarin widerwillig seine Novizin in schwarzer Magie und zeigt ihr, wie sie Kraft aus anderen Menschen ziehen kann. Durch eine List der Ichani jedoch gerät Akkarin in Verdacht, einen anderen Magier und seine gesamte Familie mithilfe schwarzer Magie getötet zu haben. Bei ihren Nachforschungen finden die anderen Magier schließlich heraus, dass auch ihr Hoher Lord ein schwarzer Magier ist, dem aufgrund dieses Verbrechens die Hinrichtung droht.

In einem packenden Prozess versuchen Akkarin und Sonea, die Magier von der drohenden Gefahr zu überzeugen, doch am Ende müssen die beiden sich einem harten Urteil beugen, das die Zukunft der gesamten Gilde bedrohen könnte …

In diesem dritten Teil zieht Trudi Canvan gewaltig das Tempo an, dieses Buch widmet sich nicht länger Soneas Studien und ihren Zwistigkeiten mit den anderen Novizen, hier ist kaum noch die Rede von ihrem kleinen Widersacher Regin, der ihr lange Zeit das Leben zur Hölle gemacht hat. Wir verlassen hier nun die Internatsgeschichte und widmen uns wichtigen Ereignissen, die schließlich das Schicksal und die Zukunft der Gilde verändern oder auch zerstören könnten. In diesem Band drohen große Gefahren, die Akkarin plötzlich in einem ganz anderen Licht dastehen lassen. Der Hohe Lord ist nämlich nicht der durchtriebene und hinterhältige Mörder, für den Sonea ihn lange Zeit gehalten hat – nein, er hatte die ganze Zeit das Wohl der Gilde im Sinne. Durch die Kräfte seines Dieners Takan gestärkt, hat Akkarin alle sachakanischen Sklaven ermordet, die von den Ichani in die Stadt ausgesandt worden waren, um dort die Gilde auszuspionieren und um herauszufinden, wie stark die Gilde wirklich ist.

Wir begeben uns auf eine neue Handlungsebene, die diesem Buch einen ganz neuen Reiz verleiht. „Die Meisterin“ ist nicht länger für Kinder geschrieben, hier geht es um Mord, um Krieg und um das Überleben der Gilde. Die Ichani sind eine Gefahr für die gesamten verbündeten Länder, da ihre Kräfte unglaublich groß sind und sie nun erfahren haben, dass die Gilde keine schwarze Magie anwendet und den Ichani daher deutlich unterlegen ist. Die Aussicht auf einen Sieg der Gilde ist gering; man hat das Gefühl, als müsste David gegen Goliath kämpfen, und als Akkarin und Sonea schließlich für ihre Verbrechen verurteilt werden und Kyralia verlassen müssen, ist die Gilde den Ichani schutzlos ausgeliefert. Es besteht kaum Hoffnung, doch genau das steigert die Spannung ins Unermessliche.

In einem weiteren Erzählstrang begegnen wir Soneas Jugendfreund Cery wieder, der sich bei den Dieben einiges Ansehen erarbeitet hat und zu Ruhm und Reichtum gelangt ist. Außerdem hat er einen mächtigen Verbündeten, dessen Identität uns erst spät offenbart wird. Genau wie Sonea hat auch Cery sich gemausert, die beiden sind älter und deutlich reifer geworden, sodass auch das gesamte Buch viel erwachsener wirkt, weil es nicht länger um die Sorgen heranwachsender Jugendlicher geht. Cery lernt in diesem Band eine geheimnisvolle Sachakanerin kennen, die für ihn die Spione der Ichani ausfindig machen kann. Gleichzeitig fordert sie von Cery, ihr zu vertrauen und ihre Existenz nicht an seinen „Auftraggeber“ zu verraten. Doch kann er ihr wirklich vertrauen oder wird sie ihm eine Falle stellen?

Auch dem Botschafter Dannyl begegnen wir wieder. Dannyl führt weiterhin Aufträge für Akkarin aus und muss seine geheime Beziehung zu dem Gelehrten Tayend aufdecken, um das Vertrauen einer Gruppe von Rebellen zu gewinnen, die einen wilden Magier verbergen. Bei dieser Mission begibt Dannyl sich nicht nur in große Gefahr, sondern er entdeckt auch nach und nach das Geheimnis der so genannten höheren Magie, hinter der sich nichts anderes verbirgt als die schwarze Magie. Mit einem Buch über schwarze Magie im Gepäck macht sich Dannyl schließlich auf nach Imardin, um dort Akkarin dieses kostbare Buch zu zeigen. Doch ahnt Dannyl noch nichts von den dortigen Unruhen …

Die faszinierendste Gestalt des dritten Buches ist eindeutig Akkarin. In den Gedanken des gefangenen Sklaven kann Sonea lesen, dass Akkarin einst ein Sklave der Ichani war, denen er als Kraftquelle dienen musste. In Sachaka lernte er die schwarze Magie, mit deren Hilfe er schließlich den Fängen der Ichani entkommen konnte. Der Hohe Lord offenbart endlich eine ganz neue und interessante Seite, die überzeugend erklärt, wieso er trotz strikten Verbots der Gilde weiterhin schwarze Magie anwendet. In diesem Buch wird Akkarin zu einem Sympathieträger, den man nicht mehr missen möchte. Beim Lesen könnte man sich fast ein wenig in ihn verlieben, sodass man es nur allzu gut nachvollziehen kann, als auch Sonea plötzlich mehr in ihm sieht als ihren Mentor.

„Die Meisterin“ ist ein wahrlich fulminanter Abschluss der Trilogie „Die Gilde der schwarzen Magier“, die von Band zu Band immer spannender und interessanter wird. Mit dem Heranwachsen der Romanheldin reift auch die Serie und gewinnt dadurch an Reiz, dem man sich kaum entziehen kann. In diesem Buch ist es Akkarin und seine sich wandelnde Beziehung zu Sonea, die für zusätzliche Spannung sorgt. Aber auch die stetig wachsende Gefahr durch die mächtigen Ichani macht das vorliegende Buch zu einem absoluten Pageturner, den man innerhalb kürzester Zeit (leider!) durchgelesen hat, um anschließend zugegebenermaßen in ein ziemliches Loch zu fallen. Doch dieses werden hoffentlich das angekündigte Prequel sowie das dreiteilige Sequel füllen. Ich jedenfalls warte sehnsüchtig auf die Veröffentlichung dieser Bücher und werde mir derweil die Zeit mit Trudi Canavans Fantasyreihe „Age of the five“ vertreiben, die hoffentlich meine Entzugserscheinungen ein wenig mindern kann.

http://www.trudicanavan.com
[Verlagsspezial zur Serie]http://www.randomhouse.de/specialskids/canavan/

[„Priester“ 4275 (Das Zeitalter der Fünf 1)
[„Magier“ 4456 ((Das Zeitalter der Fünf 2)
[„Götter“ 4621 (Das Zeitalter der Fünf 3)
[„Die Rebellin“ 3041 (Die Gilde der Schwarzen Magier 1)
[„Die Novizin“ 2989 (Die Gilde der Schwarzen Magier 2)
[„Die Meisterin“ 3065 (Die Gilde der Schwarzen Magier 3)

Miller, Frank – Sin City 7 – Einmal Hölle und zurück

[„Sin City 2: Eine Braut, für die man mordet“ 1904
[„Sin City 3: Das große Sterben“ 1953

|Frank Millers Epos über den dunklen Großstadttraum »Sin City« geht in die letzte Runde. Überleben und Sterben liegen hier nah beieinander. »Einmal Hölle und zurück«, der siebte Band der Reihe, erschien im November 2006 bei Cross Cult, wie gewohnt in edler und robuster Aufmachung.|

Sicherlich, »Sin City« ist ein Meisterwerk des amerikanischen Comics. Der Hard-boiled-Siebenteiler von Frank Miller wird viel gelesen und viel gelobt. Die Themen sind hinlänglich bekannt: Gewalt, Sex, Kriminalität, Korruption und nochmals Gewalt. »Sin City« ist nicht bloß eine Stadt, sondern ein dunkler Kosmos. Zahllose verlorene Gestalten ringen hier um Macht und Geld, immer nahe am Abrund der menschlichen Seele. Es tobt der ewige Kampf zwischen böse und noch böser. Aber was bleibt übrig, wenn man das mythische Setting einmal außer Acht lässt, die Oberfläche durchstößt?

Die Handlung von »Einmal Hölle und zurück« ist recht simpel. Der Kriegsveteran Wallace lernt die Schauspielerin Esther kennen. Er zeigt ihr sein Appartement, danach gehen sie zusammen etwas trinken … Es dauert nicht lange und die beiden verlieben sich ineinander. Eingefleischte Sin-City-Leser wissen, dass Miller solche Sentimentalitäten gerne kurz hält. So überrascht es kaum, dass die Liebesgeschichte unmittelbar nach dem ersten Kuss auch schon wieder zu Ende ist. Wallace spürt einen Schmerz im Nacken und greift verwundert nach hinten. Er zieht einen Narkosepfeil heraus, bevor er kraftlos auf dem Asphalt zusammenbricht. Ein Krankenwagen braust heran. Mit verschwommenem Blick nimmt Wallace wahr, wie ein fieser Doktor und dessen muskulöser Handlanger aussteigen. Die beiden finsteren Gestalten packen Esther, schleudern sie in das Auto und verschwinden in der Nacht. Wallace lassen sie einfach liegen, leblos, aber nicht tot. Ein großer Fehler, wie sich bald herausstellen wird. Denn so kurz die Begegnung mit Esther war, so stark sind auch Wallace‘ Gefühle für sie. Hilfesuchend wendet er sich an die Polizei, um seine Geliebte wiederzufinden. Dass er jedoch von den Gesetzeshütern nicht viel erwarten kann, hatte er beinahe schon geahnt. Also muss er die Sache selbst in die Hand nehmen. Je weiter sich Wallace bei seinen Nachforschungen die Nahrungskette hocharbeitet, desto mehr stinkt die ganze Sache. Eine einfache Entführung ist das nicht. Eine Verschwörung ist im Gange, in die Polizei, Ärzte und einige verdammt attraktive Killerinnen verwickelt sind. Nur mit Hilfe alter Militärfreunde gelingt es Wallace, etwas Licht in diese finstere Angelegenheit zu bringen. Wenn er nur diese rosafarbenen Engelchen aus seinem Kopf kriegen könnte …

Am Anfang der Geschichte ist nicht ganz leicht zu erkennen, ob sich Millers Augenmerk auf Wallace oder Esther konzentriert. Spätestens nach der Entführung jedoch ist klar, wer bei »Einmal Hölle und zurück« im Mittelpunkt steht. Es ist Wallace, der Kriegsveteran, der kaum genug Geld hat, um seine Wohnung zu bezahlen. Die Zeiten, in denen es um Leben und Tod ging, glaubte er ein für allemal hinter sich gelassen zu haben. Bis er Esther kennen lernt. Ihrer Entführung folgt ein Faustkampf nach dem nächsten. Die Luft wird bleihaltig. Oberflächlich betrachtet ist Wallace einer von den Guten, wenn es sowas in »Sin City« überhaupt gibt. Er legt sich mit einem übermächtigen Feind an, widersteht den süßen Einflüsterungen formvollendeter Killerinnen und versaut sich’s nebenbei kräftig mit der Polizei. Verliebt und völlig selbstlos gibt er alles für Esther auf und zieht in einen Krieg. Oder?

Man kann die Geschichte auch anders lesen. Es ist ein bisschen merkwürdig, warum Wallace sich für eine Fremde so ins Zeug legt, die er nur einmal geküsst hat. Denn die Suche nach der Entführten bedeutet zugleich Abschied von ruhigeren Zeiten. Seit Wallace auf das Abstellgleis geschoben wurde, dämmert er so vor sich hin. Der Krieg ist vorbei, hinter sich gelassen hat er ihn aber nicht. Das Kämpfen liegt ihm noch im Blut. Er lebt in dürftigen Verhältnissen und arbeitet als Zeichner. Er fertigt Nacktzeichnungen an für vulgäre Verleger, um irgendwie über die Runden zu kommen. Dafür hasst er sich selbst. Sein Orden liegt in einer Schublade, bloß ein Stück Blech. Vielleicht nimmt er Drogen, um die Nutzlosigkeit seines Daseins zu vergessen. Als Esther entführt wird, bietet sich ein willkommener Ausweg aus seiner Frustration. Fast müsste Wallace dankbar für die Entführung sein. Mit der Frau oder großer Liebe hat das nicht viel zu tun. Endlich hat er wieder einen Grund zu kämpfen. Er sucht seinen persönlichen Krieg und findet ihn. Als Gegner stehen ihm ein finsterer Pharmakonzern sowie ein Colonel und dessen Killerbrigade gegenüber. Das Schlachtfeld ist eröffnet, es kann losgehen.

Wer scharfe Kurven und bissige Dialoge mag, ist bei »Einmal Hölle und zurück« genau richtig. Den Leser erwartet schnörkellose und knallharte Action, eine rasante Tour tief hinein ins Herz der Finsternis. Aber unter der Oberfläche der Handlung schlummert noch mehr als schnöde Schießereien und Kämpfe bis aufs Blut. Millers neuere Arbeiten lesen sich nicht nur deshalb so wunderbar, weil sie das Adrenalin auf Hochtouren bringen. Die ihnen anhaftende Faszination rührt von dem bewussten Umgang mit der dargestellten Gewalt her. Die stilisierte Brutalität macht es möglich, die Geschichte auch von einer anderen, kritischen Seite zu betrachten. Man könnte Wallace als einen Helden bezeichnen, sicherlich, das wäre einfach. Er könnte aber auch ein kriegssüchtiger Wahnsinniger sein, der bloß einen Anlass sucht, um mal wieder kräftig aufzuräumen. Nirgendwo spiegelt sich Millers Kunstfertigkeit besser wider als in dieser Ambivalenz. Vielleicht liegt hier auch das Geheimnis verborgen, durch das sich »Sin City« von zahllosen anderen Comics abhebt.

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Willingham, Bill / Buckingham, Mark – Fables 1 – Legenden im Exil

|Um »Fables« wurde im Vorfeld eine Menge Wind gemacht. Das Erscheinen der deutschen Erstausgabe führte in der Fangemeinde zu erleichtertem Aufatmen. Endlich! Es gibt wieder Vertigo/DC-Produkte. Seit die deutschen Lizenzen von Speed zu Panini gewechselt waren, rumorte es in Chats, Fanzines und Foren. Jetzt ist klar: Nicht nur die alten Serien werden wiederbelebt, sondern auch neue gestartet. Panini macht ernst.|

Das Interesse an |Vertigo| ist verständlicherweise groß. Das |DC|-Label richtet sich mit seinem Programm an erwachsene Leser und sucht neue Themen fernab des abgegriffenen Superhelden-Kosmos zu etablieren. Anspruchsvoll, aber nicht langweilig, könnte das Motto der |Vertigo|-Serien lauten. Da geben sich Thriller wie »100 Bullets«, Horror-Western wie »Preacher« oder Science-Fiction-Szenarios wie »Planetary« ein munteres Stelldichein. Mit »Fables« öffnet sich nun ein neues Türchen ins |Vertigo|-Universum.

Die Geschichte spielt in New York. Aufgeregt und außer Atem reißt Jack die Tür zum Büro von Bigby Wolf auf. Etwas Schreckliches ist geschehen. Rose Red wurde ermordet … Na ja, jedenfalls sieht es ganz so aus. Ihre Wohnung ist voller Blut, die Leiche verschwunden. Wolf lehnt sich zurück und zieht an einer Zigarette, während Jack vor seinem Schreibtisch fast zusammenbricht. Sieht ganz so aus, als würde ein neuer Fall auf ihn warten.

Sheriff Bigby Wolf ist eine der Hauptfiguren des ersten |Fables|-Bandes. Schnell gesellt sich eine zweite an seine Seite, Snow White, die Assistentin des Bürgermeisters. Sie ist eine entschlossene Karrierefrau, er ein unrasierter Underdog. In Teamarbeit versuchen die beiden gegensätzlichen Charaktere, das Verschwinden von Rose Red aufzuklären.

»Fables 1 – Legenden im Exil« ist eine solide Detektivgeschichte. Es geht um Macht und Geld, ein bisschen vielleicht auch um Liebe und Gewalt. Wer jetzt allerdings einen Thriller oder ein explosives Actionszenario erwartet, liegt falsch. Die Geschichte spielt vor einem phantastisch-urbanen Hintergrund. »Fables« ist Urban Fantasy, ein bunter Mix aus Märchen, Mythen und Fabelwesen, angesiedelt in einer Großstadt. Neben dem Bösen Wolf, Schneewitchen und Rosenrot sind noch der Froschkönig, die böse Hexe und viele andere Märchenfiguren mit von der Partie. Sie wurden aus ihrer europäischen Heimat vertrieben und leben nun unerkannt im New Yorker Exil, genannt Fabletown.

Die Idee ist nicht neu. Die Verschmelzung von phantastischen Elementen mit städtischem Alltag ist aufregend und populär. Serien wie »Sandman«, »Die Bücher der Magie« oder »Courtney Crumrin« zeugen bereits davon. »Fables« könnte also ein großer Wurf sein, schließlich hat die Serie einen Haufen |Eisner Awards| abgeräumt.

Leider ist der erste Band ein wenig enttäuschend. Autor Bill Willingham entwickelt auf der einen Seite eine saubere Kriminalhandlung, auf der anderen Seite einen sauberen Fantasy-Hintergrund. Die beiden Elemente finden jedoch nicht zueinander. Oder mit anderen Worten: Die Suche nach Rose Red würde auch prima ohne Fabelwesen und Märchen funktionieren. Sie ist irdisch und unphantastisch. Die auf dem Cover groß angekündigte Stadt der Märchen- und Sagenfiguren entpuppt sich als schnödes Bühnenbild für einen durchschnittlichen Kriminalplot.

Die Bildwelten von Lan Medina passen zum Inhalt. Im krassen Gegensatz zu den wundervollen Covern ist die Zeichenart im Inneren konservativ und glatt. Ruhige Puppengesichter und ruhige Panels bestimmen das Gesamtbild. Nur hin und wieder, in Rückblenden, hat sich Medina zu einer etwas gewagteren Seitenführung hinreißen lassen mit Splashpages und verschnörkelten Rahmen.

Trotz der Fantasy-Geschichte, die eigentlich gar keine ist, und trotz der langweiligen Bildwelten fällt ein wichtiges Detail positiv auf, nämlich die Charaktere. Sicher, irgendwie sind es für den Mainstream geeignete Stereotypen. Sie wirken jedoch ausgesprochen lebendig und grenzen sich klar voneinander ab. So tragen die Figuren den Leser über die solide Handlung und das märchenhafte Bühnenbild hinweg.

Zum Schluss gelingt es Bigby Wolf und Snow White herauszufinden, was mit Rose Red geschehen ist. Die Gemeinde von Fabletown kann aufatmen, der Fall ist gelöst. Der erste Band von »Fables« geht zu Ende, weitere werden folgen. Und das ist gut so. Denn Bill Willingham beherrscht das Grundspiel der Szenarios. Gut gearbeitet ist »Fables 1« ohne Zweifel. Aber zum Fliegen reicht es noch nicht. Denn ein wenig träumen möchte man schließlich, wozu sind Märchen sonst da? Vielleicht hat Willingham sich ja gerade erst warm gemacht.

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James, Peter – Stirb ewig

„Stirb ewig“ ist der spannungsgeladene Auftakt zu Peter James‘ Kriminalreihe um Detective Superintendent Roy Grace, die vor kurzem durch [„Stirb schön“ 3154 fast ebenso packend fortgesetzt wurde:

Der erfolgreiche Unternehmer Michael Harrison steht kurz vor seiner Hochzeit mit der schönen Ashley, als er mit seinen besten Freunden nochmal ordentlich einen trinken gehen und bei seinem Junggesellenabschied auf den Putz hauen möchte. Doch Michael ahnt noch nicht, was für einen perfiden Joke sich seine Freunde mit ihm erlauben wollen, die wollen sich nämlich ein wenig an Michael und seinen schlechten Scherzen der Vergangenheit rächen und planen eine „Beerdigung“ für ihn. Auf einem verlassenen Grundstück haben die Freunde ein Grab ausgehoben und einen passenden Teakholzsarg bereitgestellt, der leider an der Unterseite etwas leck geschlagen ist und Wasser durchlässt. Im betrunkenen Zustand heben sie Michael in den Sarg, drücken ihm eine Taschenlampe, ein Pornoheft, eine Flasche Whiskey und ein Walkie-Talkie in die Hand, bevor sie den Deckel herunterlassen und fest verschrauben. Noch machen die vier Freunde sich keine Sorgen um Michael, denn der ist mit seinem Atemschlauch versorgt und durch das Walkie Talkie direkt mit ihnen verbunden, allerdings wissen sie auch noch nicht, dass sie auf dem Weg zur nächsten Kneipe einen schrecklichen Autounfall haben werden: Drei der Freunde sind auf der Stelle tot, der vierte schwebt in Lebensgefahr und liegt im Koma. Und das lebensrettende Walkie Talkie wird von dem geistig zurückgebliebenen Davey gefunden, der den Ernst der Lage nicht erkennt und das Walkie-Talkie vor seinem Vater versteckt.

Derweil sitzt Michaels Geschäftspartner Mark Warren im Flugzeug und hat aufgrund von Nebel stundenlang Verspätung, sodass er nicht wie geplant am Junggesellenabschied teilnehmen kann. Der Nebel allerdings rettet sein Leben, denn sonst hätte auch Mark im Unfallauto gesessen. Als er von dem schweren Autounfall hört, sieht er seine Chance gekommen: Er behauptet, von dem inszenierten Begräbnis und von Michaels Verbleib nichts zu wissen, insgeheim schmiedet er jedoch ganz andere Pläne, denn der Stachel der Eifersucht nagt tief in ihm, weil Michael schon immer erfolgreicher war. Michael kommt aus guten Verhältnissen und hatte schon immer den deutlich größeren Erfolg beim weiblichen Geschlecht – damit soll nun Schluss sein.

Roy Grace ahnt von diesem verhängnisvollen Zusammenspiel noch nichts, als er vor Gericht steht, um dem Prozess eines Schwerverbrechers beizuwohnen, der daran zu scheitern droht, dass Roy Grace zur Aufklärung des Falles ein Medium hinzugezogen hat. Als die Presse davon Wind bekommt, wird Roy Grace zum Gespött aller Zeitungen, sein Ruf ist ruiniert und seine Chefin ziemlich schlecht auf ihn zu sprechen. Doch auch auf der Suche nach Michael Harrison wird er auf paranormale Hilfe zurückgreifen müssen.

Michael weiß von all diesen Geschehnissen nichts, während er mit steifen Gliedern im Sarg liegt, Hunger und Durst leidet und das Grundwasser im Sarg immer höher steigt. Seine Panik wächst und wächst, doch die mögliche Rettung weiß noch nicht einmal von seiner prekären Lage …

Dies sind die Komponenten für Peter James‘ hochspannenden Thriller, der von dem Moment an mitzureißen weiß, als Michaels Freunde ihren schweren Autounfall haben und Michael hilflos in einem stabilen Sarg begraben liegt, über dessen Verbleib niemand etwas weiß. Was zunächst wie ein Dummer-Jungen-Streich wirkt, wird schlagartig todernst, als Michaels Freunde verunglücken und nur noch eine winzige Hoffnung besteht, dass der schwer verletzte Josh erwacht und Michaels Aufenthaltsort verraten kann. In jeder Minute fiebert man mit Michael mit und hofft, dass Josh erwachen möge, dass Mark es sich vielleicht anders überlegen könnte oder dass Davey sich verraten und damit seinen Vater auf den Plan rufen würde. Doch nichts davon geschieht, Peter James macht in seinem Spannungsroman jede aufkeimende Hoffnung sehr schnell zunichte, wodurch er seinen Spannungsbogen immer weiter ausbaut, sodass man schließlich fingernägelkauend mit dem Buch in der Hand dasitzt und einem Schweißperlen vor Aufregung auf der Stirn stehen. Ich habe selten ein Buch gelesen, das spannender war als „Stirb ewig“. Und das liegt noch nicht einmal an der ausgefeilten Charakterzeichnung, einem überragenden Ermittler oder einer besonders ausgeklügelten Story. Nein, Peter James fügt die Bausteine, die ihm zur Verfügung stehen, klug zusammen und konzentriert sich größtenteils darauf, das Tempo immer weiter anzuziehen – und genau das schafft er meisterlich.

Nach und nach fügen sich die einzelnen Informationen zu einem Ganzen zusammen und hierbei hat Peter James so einige Überraschungen für uns parat, sodass man einige Male ziemlich erstaunt ist angesichts der Wendung, die sich einem beim Lesen eröffnet. Allerdings muss man auch so ehrlich sein und zugeben, dass insbesondere die allerletzte Wendung gen Buchende ein wenig viel des Guten gewesen ist. Dass James uns überraschen will, ist legitim und an den meisten Stellen auch gelungen, aber leider übertreibt der Autor es am Ende ein wenig, sodass die finale Auflösung etwas unrealistisch anmutet. Aber was soll’s – in Anbetracht von gut 300 Seiten Hochspannung mag man ihm dies verzeihen.

„Stirb ewig“ ist der Auftakt zu Peter James‘ Kriminalreihe rund um Roy Grace, der uns hier erstmals präsentiert wird. In diesem Buch erfahren wir einiges zu seiner Person und insbesondere zu seiner Vergangenheit. Vor genau zehn Jahren ist an Roys Geburtstag seine geliebte Frau Sandy spurlos verschwunden, die er seitdem mit allen Mitteln aufzuspüren versucht, selbst wenn es sich bei diesen Mitteln um Medien handelt, die ihn später bei der Polizei in Verruf bringen werden. Peter James‘ Hang zur Esoterik fand ich etwas gewöhnungsbedürftig und ehrlich gesagt auch völlig überflüssig, aber das scheint nun mal sein Markenzeichen zu sein. Nach der Lektüre beider Roy-Grace-Romane muss ich allerdings anmerken, dass Roy Grace im Laufe dieser beiden Romane nur wenig an Profil gewinnt, „Stirb schön“ trägt kaum dazu bei, uns diesen Ermittler besser vorzustellen, das haben andere Autoren vor Peter James schon deutlich überzeugender geschafft.

Verzichtbar fand ich die Nebengeschichte rund um den Strafprozess, an dem Roy Grace ebenfalls beteiligt war. Dieser Prozess hat rein gar nichts mit dem aktuellen Kriminalfall zu tun und lenkt daher nur überflüssig vom eigentlichen Geschehen ab, aber glücklicherweise trat dieser Prozess sehr schnell in den Hintergrund.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Peter James mit „Stirb ewig“ ein grundsolider Thriller mit einem hervorragenden Spannungsbogen gelungen ist, der von Beginn an zu fesseln weiß. Auf jeder Seite fiebert der Leser mit dem eingeschlossenen Michael Harrison mit, der erst nach und nach ahnt, in welch prekärer Lage er sich wirklich befindet. „Stirb ewig“ ist spannende Unterhaltung für einige Stunden, die man sich als Thrillerfan nicht entgehen lassen sollte.

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Hirano, Kohta – Hellsing (Anime Manga) 1

_Story_

Unter der Führung von Lady Integra Hellsing bekämpft der königlich-protestantische Ritterorden im geheimen Auftrag der britischen Krone bereits seit Jahrhunderten Vampire und Untote. Nun macht sich eine neue Entwicklung auf dem Markt breit und veranlasst Hellsings treueste Diener zum raschen Handeln. Einige der gegnerischen Freaks wurden nämlich mit Implantaten bestückt und stellen eine gänzlich neue Bedrohung für das Land und die Organisation dar.

Lady Integra Hellsing schickt ihren besten Verbündeten, den Vampir Alucard, ins Rennen, um die seltsamen Vorkommnisse aufzudecken. Dieser stößt alsbald auf einen seltsamen Priester, der allem Anschein nach ebenfalls ein bösartiger Vampir ist und sich bei Tageslicht nicht mehr außerhalb der Kapelle sehen lässt. Nachdem in der Umgebung des Gotteshauses in letzter Zeit mehrere Leute verschwunden sind, ist auch die Polizei auf den Priester aufmerksam geworden und stellt den merkwürdigen Pater. Unter den Polizisten befindet sich auch die junge Seras Victoria, die beim Versuch, den Theologen zu überrumpeln, in eine Falle läuft und nur noch von einem gezielten Schuss Alucards gerettet werden kann. Mit dem Ende ihres irdischen Lebens beginnt für Seras Victoria eine Zukunft als Vampirin – eine Zukunft als Geheimwaffe von Lady Hellsing …

_Meine Meinung_

Im ersten Teil des Anima Mangas zu „Hellsing“ werden die ersten sechs Episoden des gleichnamigen Animes aufgearbeitet und in vielen düsteren Illustrationen und massenhaft blutigen Auseinandersetzungen zu neuem Leben erweckt. Allerdings ist diese Neufassung ein wenig problematisch, weil die Geschichten vergleichsweise kurz dargestellt werden und der Inhalt mit jeweils nur recht wenigen Seiten vorlieb nehmen muss, so dass manche Episoden auch ein wenig abgehackt und verwirrend sind. So ist zum Beispiel der Einstieg in die Geschichte noch leicht verständlich aufgebaut und ermöglicht den Lesern auch einen sofortigen Zugang zu den tragenden Charakteren, doch mit weiterem Fortschreiten treten immer wieder neue, äußerlich kaum unterscheidbare Figuren ins Hauptgeschehen ein und sorgen im Rahmen der etwas komplexeren Handlung mehrfach für ein chaotisches Durcheinander, in dem man nicht mehr genau durchblickt, wer nun wer ist bzw. wer sich jetzt hinter welcher Tarnung verbirgt. Dies wird außerdem noch dadurch begünstigt, dass die finsteren Illustrationen nicht selten verschwommen sind und wichtige Details, zum Beispiel Schusswunden oder überhaupt die Zielscheiben der vielen Attentate mit dem Gewehr mitsamt des schwammigen Erscheinungsbildes untergehen. Gerade beim Entwickeln eines Verständnisses der Gesamthandlung wird dies nach und nach zu einem immer größeren Problem, welches sich erst zum Ende hin halbwegs zu lösen scheint, wenn die Figuren bekannt und die Rollen verteilt sind. Schließlich bekommt man dann auch wieder im groben Maße den Durchblick, den die Original-Animes über eine weitaus größere Laufzeit natürlich viel eher gewährleisten können.

Inhaltlich kann man an „Hellsing“ in der Anime-Manga-Fassung hingegen kaum Kritik anbringen. Die Geschichte ist spannend und bezogen auf den Hintergrund sehr interessant, leidet eben nur ein wenig an der Diskrepanz aus umfassenden Ereignisberichten bei gleichzeitig geringem Handlungsspielraum. Mit anderen Worten: Viel Story auf wenig Raum und damit auch ein leicht gehemmter, weil unnötig verworrener Lesespaß einer eigentlich faszinierenden, sehr guten Serie.

Schlussendlich muss ich zwar schon sagen, dass mir das Pendant zum Anime recht gut gefällt, weil die Geschichte einfach stark ist und die Dialoge trotz einzelner Sticheleien auf recht hohem Niveau liegen. Im Zweifelsfall würde ich aber dennoch eher die reguläre Manga-Serie empfehlen, nicht zuletzt wegen der etwas feineren Zeichnungen, die im Hochglanz (wie eben hier) nicht ganz so sehr dieses morbide Feeling versprühen, was diese Serie auszeichnet. Dass „Hellsing“ indes in jede gut sortierte Sammlung gehört, steht unabhängig von der jeweiligen Fassung/Veröffentlichung auf jeden Fall fest, weshalb sich, so mein Resümee, auch der Kauf der hier rezensierten Version trotz aller Kritik lohnt.

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Raupach, E. B. S. / Gruppe, Marc – Blutbaronin, Die (Gruselkabinett 14)

_Trivialliteratur aus der Gruft._

Ernst Benjamin Salomo Raupach hat 1784 in Schlesien das Licht der Welt erblickt, Theologie studiert, als Privatlehrer in Russland unterrichtet, wurde schließlich an der Philosophischen Fakultät in St. Petersburg zum Professor ernannt, fiel dort in Ungnade und kehrte nach Deutschland zurück, wo er sich als Autor für dramatische Stücke einen kurzlebigen Ruhm erschreiben konnte. Es heißt, seine Werke seien in der Tradition eines gewissen August von Kotzebue entstanden, und jener gilt heute als der Vater der Trivialliteratur.

Raupachs Kurzgeschichte „Lasst die Todten ruhen“, die von |Titania| ausgebuddelt und zur „Blutbaronin“ erhoben wurde, könnte einen passenderen Stempel kaum aufgedrückt bekommen:

_Finger weg von toten Liebsten!_

Baron Ferenc vergießt bittere Tränen am Grab von Elisabeth Bathory: Was seiner Angebeteten einfiele, klagt er, ihn so kalt anzustarren, während er im Reich der Lebenden vor Verlangen vergeht. Eine gruslige alte Kräuterhexe, von jedem im Ort gemieden, lauscht dem Lamentieren des armen Barons und erbarmt sich seiner, indem sie ihm jene verderbte Hilfe in Aussicht stellt, die gruslige alte Kräuterhexen immer im Futteral haben, wenn sie auf Friedhöfen herumschleichen: Sie kann die Geliebte zurück ins Leben holen. Natürlich wird Ferenc von ihr gewarnt, dass Elisabeth nicht mehr dieselbe sein wird, wenn sie erst einmal von den Toten auferstanden ist. Außerdem wird es sehr schwierig sein, droht sie, Elisabeth wieder in die Gruft zurückzubefördern, falls dem Baron dämmern sollte, welch grausliger Fehler ihm unterlaufen ist.

Ferenc lässt sich natürlich von niemandem verunsichern und pocht auf die Wiedererweckung. Bald schon nimmt er Elisabeth Bathory in sein Waldschloss und wundert sich nur wenig über Elisabeths Bitte, sie keinesfalls mit dem Tageslicht zu konfrontieren. Es ist allerdings nicht sehr geschickt von Ferenc, seiner Flamme zu beichten, dass er noch mit Katharina verheiratet ist und zwei Kinder hat. Elisabeth ist erbost. Sie verweigert sich dem Entbrannten und verlangt von ihm, sich von seiner Frau zu trennen. Der Baron lässt sich nicht zweimal bitten.

Bald darauf zieht Elisabeth Bathory selbst wieder in die Festung des Barons ein und erschreckt dort jeden, der sie erblickt: Das kann doch unmöglich die Baronin sein? Natürlich kann Ferenc niemandem gestehen, dass eine eigentlich Verblichene die Dienerschaft durch die kühlen Gänge hetzt, und versucht, die Belegschaft der Festung deshalb mit haarsträubenden Geschichten zu besänftigen: Die hübsche Dame habe er in der Fremde aufgetan und wegen ihrer Ähnlichkeit zu Elisabeth sei sein Herz sogleich zu ihr entbrannt – sogar ihr Name gleicht der Verstorbenen!

Gelinde Zweifel halten sich dennoch in Ferencs Festung, als Elisabeth ungebührliches Interesse an jungen Bediensteten findet, als immer mehr unerklärliche Todesfälle auftreten, ausgemergelte Leichen, grauhaarig trotz jungen Alters und leer (im wahrsten Sinne des Wortes). Irgendwann geht Ferenc auf, dass auch er nicht verschont wird, von der unheimlichen „Bluttrinkerin“ die umgeht – ganz im Gegenteil …

_Staub und Spinnweben._

Davon ist Raupachs Geschichte geradezu verkrustet. Natürlich muss man die Zeit bedenken, in der „Lasst die Todten ruhen!“ entstanden ist, und ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Blutbaronin kräftig an den damaligen Moralvorstellungen gerüttelt hat: Da wird eine heilige Ehe annulliert, um eine Tote ins Schlafgemach zu hieven, und Elisabeth Bathory, ihrerseits eine pechschwarze Legendengestalt, ist die Sünde selbst. Eine schwarzhaarige Schöne mit vollen roten Lippen und einer kräftigen Stimme, ein Loch dort, wo eigentlich die Seele sein sollte. Es gibt Tränke aus Menschenblut, Hexenzauber, Versündigung gegen den Allmächtigen, außerdem haufenweise Anzüglichkeiten und subtile Erotik. Der „Bluttrinker“ ist zu jener Zeit noch eine frische Idee gewesen, ein unheimliches Wesen, weit weg vom heutigen Vampir, der schwarzgewandeten Modegestalt, der man viel zu oft die Zähne abgefeilt hat, um sie durch belanglose Vorabendserien zu scheuchen.

Den heutigen Hörer kann „Die Blutbaronin“ aber kaum hinter dem Ofen hervorlocken. Es gibt nichts, aber auch gar nichts, was man in dieser Form nicht irgendwann schon mal vorgesetzt bekommen hat. Elisabeth kommt ins Schloss, der Baron ist entzückt, die Bediensteten schöpfen Verdacht, der Baron ist blind vor Verlangen, die Bediensteten werden dezimiert, der Baron weigert sich mit Händen und Füßen, die Wahrheit anzuerkennen … Noch dazu fließt die Story so zähflüssig dahin wie abkühlendes Wachs: Endlose Belehrungen an den Baron („Bedenke, was du dir wünscht, Ferenc!“) und ewige Dialoge zwischen Bediensteten und der fiesen Baronin („Bitte nicht, verzeiht, Herrin!“ „Tu, was dir gesagt wird!“) Dazu ist Elisabeth Bathory eine energische Vertreterin des Schurken-Monologs. Ausschweifendst erzählt sie einer Amme von ihren finsteren Plänen, ehe sie ihr den Garaus macht.

_Gebrechlicher Geschichten-Greis im Profi-Klanggewand._

Auch der „Blutbaronin“ hat so manch illustre Persönlichkeit die Stimme geliehen: Ferenc wird von Uwe Büschken gesprochen (Hugh Grant), seine Frau Katharina spricht Arianne Borbach (Uma Thurman) und Hartmut Neugebauer, der sonst den Hagrid knarzt, übernimmt die Erzählerrolle. Der gesamte Sound enttäuscht wie immer nicht, aber auch er kann keine Atmosphäre schaffen, wenn der Story die Puste ausgeht. Hall-Effekte, Streicher, murmelnde Menschenmassen, pfeifender Wind um knirschende Grabsteine, schön und gut, aber ohne geschichtentechnische Rückendeckung nichts weiter als eine hübsche Schatulle.

Wie gesagt, der Story selbst soll hier kein Strick gedreht werden. Wer weiß, wie die Filmfans am Ende des 22. Jahrhunderts über die Idee von „Matrix“ urteilen! Schon jetzt setzt diese „die Realität ist nur eine virtuelle Illusion“-Idee ersten Staub an. Das ändert aber nichts daran, dass das damals eine wirklich knackfrische Herangehensweise war, ein Wendepunkt, wie ein Tritt in den Magen. Raupach mag der deutschen Phantastik einen Meilenstein der grusligen Trivialliteratur erschaffen haben, aber selbst das würde nichts daran ändern, dass „Die Blutbaronin“ heute ein staubiges Relikt ist. Hardcore-Nostalgiker mögen durchaus ihren Spaß an diesem Hörspiel haben und auch Komplettisten können sich „Die Blutbaronin“ ohne weiteres ins Regal stellen – es ist eine schwächere Story, kein Totalausfall. Für alle anderen aber gilt: Lasset die Todten ruhen!

Home – Atmosphärische Hörspiele


http://www.luebbe-audio.de

_Das |Gruselkabinett| auf |Buchwurm.info|:_

[„Carmilla, der Vampir“ 993 (Gruselkabinett 1)
[„Das Amulett der Mumie“ 1148 (Gruselkabinett 2)
[„Die Familie des Vampirs“ 1026 (Gruselkabinett 3)
[„Das Phantom der Oper“ 1798 (Gruselkabinett 4)
[„Die Unschuldsengel“ 1383 (Gruselkabinett 5)
[„Das verfluchte Haus“ 1810 (Gruselkabinett 6)
[„Die Totenbraut“ 1854 (Gruselkabinett 7)
[„Spuk in Hill House“ 1866 (Gruselkabinett 8 & 9)
[„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ 2349 (Gruselkabinett 10)
[„Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11)
[„Frankenstein. Teil 1 von 2“ 2960 (Gruselkabinett 12)
[„Frankenstein. Teil 2 von 2“ 2965 (Gruselkabinett 13)
[„Frankenstein. Teil 1 und 2“ 3132 (Gruselkabinett 12 & 13)
[„Die Blutbaronin“ 3032 (Gruselkabinett 14)
[„Der Freischütz“ 3038 (Gruselkabinett 15)
[„Dracula“ 3489 (Gruselkabinett 16-19)
[„Der Werwolf“ 4316 (Gruselkabinett 20)
[„Der Hexenfluch“ 4332 (Gruselkabinett 21)
[„Der fliegende Holländer“ 4358 (Gruselkabinett 22)
[„Die Bilder der Ahnen“ 4366 (Gruselkabinett 23)
[„Der Fall Charles Dexter Ward“ 4851 (Gruselkabinett 24/25)
[„Die liebende Tote“ 5021 (Gruselkabinett 26)
[„Der Leichendieb“ 5166 (Gruselkabinett 27)

Gimple, Scott M. – Simpsons Comics 122

_Story_

|“Der Strohmann“|

Homer hat mal wieder einen ziemlich miesen Tag und langweilt sich zu Tode – bis er im Abendprogramm auf eine Reihe von Reality-TV-Shows stößt, die ihn die ganze Nacht in seinen Bann ziehen. Am nächsten Morgen steht er noch immer unter dem Einfluss der Fernsehprogramms und löst wegen seiner Unachtsamkeiten eine Kernschmelze aus. Die Bürger von Springfield sind entsetzt von diesem Vorfall und boykottieren den Strom aus Monty Burns‘ Kraftwerk. Außerdem ist Homer mit sofortiger Wirkung gefeuert, weil er den schaden angerichtet hat.

Nachdem Burns einige Tage ausschweifend gelebt hat, beschließt er, die Leute wieder auf das Kernkraftwerk aufmerksam zu machen und die letzte Ressource, das Fernsehen, zu bemühen. Er kreiert sein eigenes Reality-TV und schart einige Kandidaten um sich, die in einem landesweit ausgestrahlten Wettstreit um seine Nachfolge als „Der Strohmann“ buhlen. Einer von ihnen heißt Homer Simpson …

_Meine Meinung_

In der neuesten Ausgabe der „Simpsons Comics“ wird der Inhalt von nur einem einzigen, dafür aber auch recht langen Plot bestimmt; einem Plot, der nicht nur die Lachmuskeln in Bewegung hält, sondern zwischenzeitlich derart scharf gegen Teile der Gesellschaft schießt, dass es für manch Betroffenen schon ziemlich unangenehm wird. Dieses Mal wird die lästige Spezies der Reality-TV- und Talk-Shows ziemlich derbe durch den Kakao gezogen und im Rahmen einer maßlos übertrieben dargestellten Geschichte komplett auf die Spitze getrieben.

Sinnbildlich dafür sind mal wieder zahlreiche unlogische Ereignisse, ein großer Haufen naiver Comic-Figuren (an der Spitze Burns und Homer Simpson), eine Handlung, die erst Sinn ergibt, wenn man den bitteren Ernst mancher Situationen (zum Beispiel die Kernschmelze) überschauen kann, und zu guter Letzt ein Humor, der in dieser Form nur von einer gewissen gelben Familie ausgehen kann, einen aber von Szene zu Szene immer wieder zu Boden reißt.

In der hier vorliegenden Ausgabe bewährt sich die Vorgehensweise, den Inhalt auf eine einzige Story zu beschränken und diese entsprechend auszudehnen. Es finden nach wie vor gleich mehrere Nebenstränge statt, die unter anderem deshalb ein hohes Maß an Abwechslung bieten, weil unheimlich viele bekannte Figuren aus Springfield beteiligt sind und für den Chefposten im Kernkraftwerk kandidieren. So lernt man mal wieder einiges mehr über unscheinbare Personen wie Carl und Lenny, Homers Kollegen, bringt Dinge über einige selten auftretende Charaktere in Erfahrung und wird ständig von neuen Wesenszügen selbst oft bemühter Leute überrascht. Monty Burns als Äquivalent zu Medienmogul Donald Trump und überhaupt die vielen Spitzen gegen die amerikanische Unterhaltungsindustrie machen „Der Strohmann“ zu eine der witzigsten Geschichten aus dem gesamten bunt-bewegten Leben der Simpsons, und Sätze wie „Du bist gefeuert!“ aus dem Munde des Atomkraftchefs läuten eine neue Runde cooler Running-Gags ein. Hier dringt wirklich der Witz der TV-Serie durch, und das ist ja nun wirklich nicht immer der Fall!

Die Nr. 122 ist ein echtes Prachtexemplar und offenbart die „Simpsons Comics“ erneut als bestes Comic-Magazin des |Dino/Panini|-Verlags. Dies unter anderem auch wegen der vielen Extras, unter denen sich zum Beispiel Bilder von der Jubiläumsfeier des Magazins und natürlich die üblichen Hintergrundinformationen zum Comic-Inhalt befinden. Mein Fazit: Kann man sich bedenkenlos besorgen!

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Nepitello, Francesco / Maggi, Marco – Marvel Heroes

_Die Helden aus dem |Marvel|-Universum auf dem Brett_

Spiele, deren thematischer Hintergrund auf weltweit populäre Figuren oder Ereignisse zurückgreift, sind meist eher durchschnittlich. Man erinnere sich nur mal an die vielen Editionen mit dem verheißungsvollen Titel „Das Spiel zum Film“ – oft war dies allein schon ein Merkmal dafür, dass der Titel auf lange Sicht wegen langweiliger Spielmodi im Händlerregal verstaubte. Warum sollte also ausgerechnet „Marvel Heroes“ aus diesem Raster ausbrechen? Schließlich lässt die poppige Aufmachung ja schon einiges befürchten und lädt nicht gerade dazu ein, das Innere der Schachtel zu erkunden. Auf der Spiel ’06 in Essen habe ich daher auch oft bei „Marvel Heroes“ vorbeigeschaut, bis ich auf einmal eine Spielrunde beobachtete, deren Aufbau und Variantenreichtum überzeugend schien. Als das Spiel schließlich auf der Messe in Lucca auch noch mit einem Preis ausgezeichnet wurde und sich mit einem Mal in ganz Europa Menschen begeistert über das Spiel ausließen, stieg das Interesse – und siehe da: Die Idee der beiden italienischen Spielautoren Marco Maggi und Francesco Nepitello ist absolut fantastisch und bricht den Fluch, der Spielen mit Helden aus Buch und TV seit jeher anhaftet.

_Spielidee_

In „Marvel Heroes“ kämpfen bis zu vier verschiedene Superhelden-Teams darum, New York City vor verschiedenen Gefahren und Bedrohungen zu befreien. Jeder Spieler wählt eines dieser Teams (Fantastic Four, Avengers, Marvel Knights, X-Men) aus und tritt mit den jeweils vier Figuren seiner Mannschaft den Kampf gegen das Böse an. Gleichzeitig kontrolliert aber auch jeder Spieler einen Oberschurken, den Erzfeind des jeweils rechts von einem platzierten Spielers, und versucht mit ihm, die Pläne der Superhelden seiner Mitspieler zu vereiteln. In zehn verschiedenen Szenarien, deren Spielziel jeweils komplett unterschiedlich ist, kommt es nun zur Taktikschlacht zwischen den Superhelden und den fiesen Schurken, die allesamt von den Spielern kontrolliert werden. Einen Gewinner muss es dabei allerdings nicht geben, denn wenn das vorgegebene Spielziel nicht von einem Spieler in der vorgeschriebenen Zeit erreicht wird, verlieren alle.

_Spielmaterial_

• 1 Spielbrett
• 16 Superheldenfiguren
• 4 Oberschurkenfiguren
• 8 Würfel
• 12 Masterplankarten
• 24 Storykarten
• 36 Auftragskarten
• 12 Verstärkungskarten der Teams
• 50 Ressourcenkarten
• 10 Szenariokarten
• 50 Schurkenkarten
• 4 Teamkarten
• 16 Charakterkarten für Superhelden
• 4 Charakterkarten für Oberschurken
• 1 Startspieler-Spielmarke
• 1 Erzfeind-Spielmarke
• 12 Superkraft-Spielmarken
• 1 Spielrunden-Spielmarke
• 1 Aktionsrunden-Spielmarke
• 4 Siegpunkt-Spielmarken der Teams
• 13 Verwundet/KO-Spielmarken
• 36 Bedrohungsspielmarken
• 52 Handlungspunkt-Spielmarken
• 1 Spielmarke für die Störungsleiste

Wie es sich für die vom |Heidelberger Spieleverlag| vertriebenen Spiele gehört, so ist auch „Marvel Heroes“ hinsichtlich des Spielmaterials sehr üppig bestückt. Blickfang sind dabei natürlich die 20 kleinen, sehr nett modellierten Figuren, von denen besonders die Fantastic Four sehr gelungen dargestellt wurden. Davon abgesehen sind die Illustrationen auf den verschiedenen Spielkarten schlichtweg perfekt, was jedoch auch zu erwarten war. Hier hat man sehr genau auf die Details geschaut und zudem auch inhaltlich allen Kritikern den Wind aus den Segeln genommen, die bei der Auswahl der 16 Superhelden eventuell etwas zu meckern gehabt hätten. Jeder wichtige Charakter aus der |Marvel|-Welt ist nämlich trotzdem in irgendeiner Form vertreten, sei es nun eben als Hauptfigur oder auf einer der Ressourcenkarten als Verbündeter. Prunkstück des Kartenwerks sind indes die Charakterkarten, auf denen recht umfangreich alle Fähigkeiten und Fertigkeiten der Helden und Schurken dargestellt werden.

In Sachen Spielmaterial ist „Marvel Heroes“ daher also schon mal eine echte Wucht.

_Das Spielbrett_

Mit den Funktionen des Spielbretts sollte man sich vor der ersten Partie intensiv vertraut machen. Zu wissen, wie die Karten ausgelegt werden, welche Funktionen sie genau haben und was die einzelnen Ablagen bedeuten, ist bedeutsam. In der Spielanleitung steht ausführlich und detailliert beschrieben, wie der Spielplan aufgebaut ist und was die einzelnen Felder bedeuten, doch es ist schon erforderlich, sich diesen Abschnitt am Spielbrett selber anzuschauen, denn ansonsten ist alles nur blanke Theorie, die man nach dem Lesen des Regelhefts schnell wieder vergisst.

_Das Regelheft_

Ja, die Spielregel, die ist bei „Marvel Heroes“ stellenweise ein echtes Hindernis. Nicht etwa, weil sie unverständlich oder gar unstrukturiert wäre. Das Problem ist, dass es während eines Spielzugs so viele verschiedene Aktionen mit eventuellen Hintertürchen gibt, dass man nach dem Durchforsten der 16-seitigen Lektüre schwerlich alles behalten kann. Vor der ersten Partie habe ich zum Beispiel den Fehler gemacht und mir noch am Spielabend selber die Regeln beigebracht – während die Mitspieler warteten. Nach ungefähr zweieinhalb Stunden Vorbereitungszeit und ständigem Hervorkramen der Spielanleitung konnte das Spiel endlich beginnen. Es ist also dringend von Nöten, sich bereits vorher alle Tricks, Kniffe und Regeln aus der Theorie anzueignen, denn ohne gezielte Vorbereitung wird man weder selber gänzlich hinter das Prinzip blicken, noch seinen Mitspielern in irgendeiner Form die Inhalte adäquat vermitteln können. So viel nur als Tipp für alle Interessenten!

_Das Kartenmaterial_

Ähnliches wie für Spielbrett und Anleitung gilt auch für die verschiedenen Karten und deren zahlreiche Funktionen. Auch hier gilt: Eine praxisbezogene Vorbereitung und eine ausführliche Kunde der Möglichkeiten und Aktionen ist unentbehrlich. Alleine die Charakterkarten der Spieler bieten zahlreiche Optionen, die sich jedoch in jeder Spielphase ändern können, ganz zu schweigen von den Schurkenkarten, die man auch noch auf zweierlei Arten einsetzen kann. Vor der ersten Partie sollte man sich also wirklich viel Zeit nehmen.

_Vorbereitung_

(Anmerkung: Die Rezension bezieht sich auf ein Spiel mit vier Spielern; im 2-Spieler-Modus variieren die Regeln zwecks Kartenverteilung ein wenig.)

Nachdem die Regeln bekannt sind, kann nun die erste Runde vorbereitet werden. Hierzu entscheidet sich jeder Spieler zunächst für ein Heldenteam, nimmt dessen vier Spielfiguren und Charakterkarten und legt sie vor sich aus. Die Figuren setzt er anschließend auf das „Ausruhend“-Feld in der Mitte seiner Charakterkarte. Gleiches macht er mit dem Oberschurken des rechten Mitspielers, den er gemeinsam mit dessen Masterplankarten an sich nimmt. Alle Kartenstapel werden gut durchgemischt. Anschließend zieht jeder Spieler zwei Ressourcenkarten und nimmt diese auf die Hand.

Jetzt wird das Spielbrett präpariert. Die Karten werden auf die für sie vorgesehenen Stapel verdeckt abgelegt. Vier Storykarten und jeweils eine Auftragskarte pro Stadtgebiet werden aufgedeckt und positioniert. Entsprechend des Bedrohungswerts wird ein Marker auf das im Auftrag erwähnte Stadtviertel platziert. Eine Szenariokarte wird gezogen und offen ausgelegt. Die hier angeführten Sonderregeln sowie das Spielziel sind die Maxime für die gesamte Partie. Als Letztes werden nun noch die Spiel- und Aktionsrundenmarker sowie der Marker für die Störung bereitgelegt. Das Spiel kann beginnen.

_Spielaufbau_

Jede Spielrunde von „Marvel Heroes“ setzt sich aus insgesamt drei übergeordneten Schritten zusammen, die jedoch allesamt noch einmal in untergeordnete Aktionen unterteilt sind. Grob betrachtet ist das Spiel in die folgenden Phasen aufgeteilt:

1.) Vorbereitung
2.) Planung
3.) Mission

_Phase 1: Vorbereitung_

In der ersten Spielphase geht es in erster Linie darum, die Ressourcen auf dem Spielplan aufzufrischen. Neue Auftragskarten werden in möglicherweise entstandene Lücken gelegt, dementsprechend die Bedrohungsmarker wieder neu verteilt, der Spielrunden-Marker ein Feld weiter bewegt. Anschließend wird bestimmt, wer die Marker ‚Erzfeind‘ und ‚Startspieler‘ bekommt.

_Phase 2: Planung_

In der zweiten Spielphase bereitet der Spieler die späteren Aktionen seiner Superhelden vor. Dies geschieht durch den Einsatz von Handlungspunkten, die man einsetzen kann, um seine vier Helden auf eine anstehende Mission vorzubereiten. Jedem Spieler steht entsprechend der Zahl seiner unverwundeten, nicht aktiven Superhelden jeweils ein Handlungspunkt zu. Hiermit sind genau diejenigen Helden gemeint, die sich weder in einem Stadtteil auf dem Spielplan befinden noch irgendeinen Verwundungsmarker mit sich herumtragen. Zu Beginn des Spiels bekommt also jeder Spieler erst einmal vier Handlungspunkte, die er sich gut einteilen sollte, weil sie knapp bemessen sind und man schon genau schauen sollte, was man damit anstellt. Später steigt diese Anzahl dann; für jeden fünften Siegpunkt erhält man pro Runde einen zusätzlichen Handlungspunkt.

Nun gilt es, die Handlungspunkte einzusetzen. Um seine Superhelden in Aktion zu bringen, sei es nun ‚einsatzbereit‘ oder ‚unterstützend‘, muss man so viele Handlungspunkte zahlen, wie der Rang des Helden es vorgibt. Daher wird man besonders in der ersten Spielrunde nur vergleichsweise schwache Helden verwenden können. Hat man die entsprechende Anzahl entrichtet, bewegt man seinen Superhelden auf dessen Charakterkarte auf die Felder ‚einsatzbereit‘ oder ‚unterstützend‘. Handlungspunkte können auch eingesetzt werden, um Verbündete aus den Ressourcenkarten auszuspielen. Wer eine solche Karte ausspielen will, muss jeweils einen Handlungspunkt ausspielen, um sie auszulegen bzw. um sie dann auch zu aktivieren. Jeder Spieler darf maximal drei Verbündete vor sich auszuliegen haben.

Sollte ein Spieler in einem vorangegangenen Kampf verletzt worden sein, hat er nun die Chance, seine Wunden heilen zu lassen. Er bleibt hierzu auf dem ‚Ausruhend‘-Feld seiner Charakterkarte stehen und bewegt sich in dieser Spielrunde nicht.

Als Letztes hat man noch die Möglichkeit, seine bereits gesammelten Storykarten gegen eine Verstärkung einzutauschen. Für jeweils drei Karten bekommt man eine Verstärkung. Die für die Storykarten erhaltenen Siegpunkte darf man indes behalten. Die Verstärkung darf man nun im weiteren Spielverlauf dauerhaft einsetzen.

_Phase 3: Missionen_

In der dritten Phase werden dann die entscheidenden Aktionen des Spiels durchgeführt. Jedem Spieler stehen in genau fünf Aktionsrunden (zu markieren auf der entsprechenden Leiste) fünf verschiedene Aktionen zur Verfügung, die er in beliebiger Reihenfolge und auch mehrfach ausspielen kann:

• Bewegung
• Heldentat
• Erste Hilfe
• Story
• Anwendung einer Spezialfähigkeit

|1.) Bewegung|

Eine Bewegungsaktion wird durchgeführt, um einen einsatzbereiten Superhelden auf einen beliebigen Stadtteil auf dem Spielbrett zu befördern. Weiterhin kann man seinen Spieler von dort aus auf einen anderen Stadtteil oder aber wieder in die ‚Ausruhend‘-Position auf seiner Charakterkarte bewegen.

Ein unterstützender Held kann dementsprechend auf die Unterstützungsfelder der Stadtteile ziehen. In jedem Stadtteil existieren zwei solche Felder, sie können aber im Gegensatz zu den Stadtteilen selber nicht doppelt belegt werden.

Sollten einsatzbereiter und unterstützender Held von der Charakterkarte auf ein und denselben Stadtteil bewegt werden, zählt dies nur als eine Aktion.

|2.) Heldentat|

Die Heldentat-Aktion ist die ausschlaggebende Handlung für die Entwicklung des Spielverlaufs. Sobald ein Spieler (oder mehrere, eventuell mit Unterstützung) auf ein Stadtfeld ziehen, welches von einer Bedrohung heimgesucht wurde, kann er hier eine Heldentat vollbringen und den Stadtteil wieder von der Bedrohung befreien.

Dies funktioniert folgendermaßen: Zunächst wird der Bedrohungswert ermittelt; dieser ist durch die Marker bzw. den Auftrag, den es zu erfüllen gilt, festgelegt. Mit der entsprechenden Anzahl von Würfeln wird nun der Störungsgrad der Stadt bestimmt. Für jeden Treffer und jedes Störungssymbol wird der Marker auf der Störungsleiste um ein Feld nach oben bewegt. Jeder Held hat zudem eine spezielle Eigenschaft wie zum Beispiel Magie oder Tarnung. Wenn diese nicht mit der Eigenschaft des Auftrags übereinstimmt, darf jeder Würfel mit dem ‚Nachwürfeln‘-Symbol ein zweites Mal geworfen und das Resultat hinzuaddiert werden.

Nun wird der Störungstyp (Gefahr, Verbrechen, Rätsel) mit den Werten des Helden verglichen und der Störungsmarker um die dort angegebene Zahl wieder zurückbewegt. Sollte es dem oder den Helden gelingen, die Störung sofort zu beseitigen, sprich den Wert auf die ‚0‘ zu bringen, hat er den Auftrag sofort gelöst. Andernfalls wird gekämpft.

Für das vorläufige Scheitern der Superhelden dürfen die Gegner nun reihum Schurken ausspielen. Jeder Spieler wird im Uhrzeigersinn gefragt, ob er einen Schurken gegen die Helden ausspielen möchte. Zuvor durfte jeder eine Karte vom Schurkenstapel ziehen, damit dies überhaupt möglich ist. Wer sich zuerst dafür entscheidet, einen Schurken auszulegen, hat damit den Boss-Schurken bestimmt. Allerdings gibt es auch hier spezielle Bedingungen, wann man welchen Schurken ausspielen darf. Der Einsatz jedes Schurken kostet Punkte auf der Störungsskala. Sollte diese nach dem Auslegen des Bosses noch immer nicht bei ‚0‘ sein, dürfen alle Schurkenspieler (das sind alle in dieser Aktion inaktiven Spieler) so lange Zusatzeffekte und Agenten (ebenfalls auf den Schurkenkarten erwähnt) ausspielen, bis die Kosten die Skala auf ‚0‘ bewegt haben. Allerdings ist es nicht verpflichtend, vor dem Kampf auf ‚0‘ zu kommen.

Nun beginnt der Kampf zwischen den Superhelden und den Schurken. Jeder Held und auch fast alle Schurken (im Kampf wird nur der Boss gewertet) haben bis zu drei Superkräfte, die sie in den drei Kampfrunden ausspielen können. Jede Superkraft wird durch einen verdeckten, farbigen Marker repräsentiert. Vor jedem Kampf muss man nun als Erstes auswählen, in welcher Reihenfolge man welche Superkraft einsetzen will. Die Marker legt man dann dementsprechend aus. Meist ergibt sich dies jedoch von selbst, weil jede Superkraft in einer der drei Kampfdisziplinen (Angriff, Verteidigung, Überlisten) die beste ist.

Nachdem dies entschieden wurde, greift der Superheld als Erster an. Er würfelt mit der Anzahl von Würfeln, die seine ausgespielte Superkraft angibt. Jeder Treffer zählt. Für den Fall, dass er noch eine Unterstützung in einem angrenzenden Stadtteil positioniert hat, darf er auch alle Würfeln mit dem ‚Nachwürfeln‘-Symbol einsetzen. Sollte der Angreifer hier siegreich sein, verpasst er seinem Gegner eine Wunde, die mit einem KO-Marker gezeichnet wird. Wenn dadurch schon die entsprechende KO-Stärke des Schurken erreicht ist, wird der Kampf beendet und der Held hat gewonnen. Andernfalls passiert in dieser Kampfphase nichts. Danach greift dann der Schurke nach demselben Muster an; die Konsequenzen sind die gleichen. Als Letztes wird nun der Spielzug ‚Überlisten‘ ausgeführt. Wieder werden die Superkräfte bemüht und die Gesamtstärke der Treffer ermittelt. Der Sieger fügt dem Kontrahenten einen weiteren Schaden zu und darf, sofern es überhaupt noch so weit kommt, in der nächsten Runde wieder die Initiative ergreifen, das heißt als Erster angreifen.

Dies geschieht nun so lange, bis auf einer Seite kein Gegner mehr ist. Sollten mehrere einsatzbereite Superhelden gleichzeitig angreifen, greift der nächste ein, wenn sein Vorgänger verloren hat.

Eventuell kann man im Kampf auch noch einige Spezialfähigkeiten einsetzen, sei es nun durch einen ausliegenden Verbündeten oder durch einen Effekt auf der Charakterkarte. Dies gilt es eventuell noch abzuwägen.

Bei siegreichem Kampf hat der Superheld den Auftrag erfüllt, entfernt den Bedrohungsmarker vom entsprechenden Stadtteil und die Auftragskarte aus der Auslage und rückt die abgebildete Zahl an Siegpunkten vor. Andernfalls wird der Held zur Erholung zurück auf seine Charakterkarte gestellt und muss sich dort ausruhen.

Nun muss man noch unterscheiden zwischen normalen Aufträgen und solchen mit Oberschurken-Symbol. In Letzteren hat der Spieler, der den Oberschurken des aktiven Teams verwaltet, die Möglichkeit, vor dem Zug ins Spielgeschehen einzugreifen. So kann er zunächst andeuten, dass er einen Masterplan durchführen möchte. Dann hat er noch die Option, sich einzumischen, indem er entweder den Bedrohungswert erhöht, Schurkenkarten im Wert des Ranges des stärksten gegnerischen Superhelden ausspielt oder aber die Option des Nachwürfelns für den späteren Kampf wählt.

Nach dem Kampf – sollte der Superheld ihn bestanden haben – kann er dann den Oberschurken herausfordern. Dies ist kein Muss, jedoch erhält der Schurkenspieler bei Verzicht ohne Widerstand die erste Masterplankarte. Sollte es indes zum Kampf kommen, darf der Oberschurke sich noch eine Zahl zusätzlicher Handlanger aus dem Schurkenstapel ziehen und nun gegen den Superhelden antreten. Dieser darf zuvor jedoch nicht eventuell erlittene Wunden heilen. Beim Sieg des Superhelden bekommt er eine Verstärkungskarte; bei einer Niederlage kann der Oberschurke seinen Masterplan dennoch durchsetzen.

|3.) Erste Hilfe|

In einer ‚Erste Hilfe‘-Aktion kann der Spieler einen ‚Verwundet‘-Marker von einem ausruhenden Superhelden entfernen.

|4.) Story|

Sollte man sich für die Option ‚Story‘ entscheiden, zieht man eine Karte vom Story-Stapel nach und legt sie auf die hinterste Position der Story-Reihe. Die dort bereits ausliegenden Karten werden in Pfeilrichtung vorwärts geschoben. Die Karte, die nun aus dieser Reihe geschoben wird, kommt dem Team zugute, welches darauf abgebildet ist. Sie bringt sofort einen Siegpunkt.

Später kann man für drei Storykarten eine Verstärkungskarte bekommen, ohne dadurch die Siegpunkte zu verlieren.

|5.) Spezialfähigkeiten anwenden|

Jeder Charakter hat sowohl einsatzbereit als auch unterstützend eine Spezialfähigkeit, die er bei entsprechender Aktivierung einsetzen kann.

_Spielende_

Das Spielende ist in jedem Szenario anders definiert. Meist richtet es sich nach einer bestimmten Anzahl erreichter Siegpunkte oder Spielrunden. Sobald dieses erreicht ist, wird die laufende Runde noch zu Ende gebracht und anschließend gewertet. Es ist dabei auch möglich, dass kein Spieler gewinnt, weil die Anforderungen des Szenarios nicht erreicht wurden.

_Meine Meinung_

Man kann es der umfangreichen Spielbeschreibung schon entnehmen: Dieses Spiel ist recht komplex und auf strategischer Ebene sehr, sehr vielseitig. Alleine schon dadurch, dass sich in jedem Szenario andere Voraussetzungen und Zielvorgaben entwickeln, ergeben sich unendlich viele Möglichkeiten, was wiederum dadurch verändert werden kann, wie die Teams aufgeteilt sind bzw. in welcher Reihenfolge die Oberschurken agieren können. Hinzu kommen die vielzähligen taktischen Zusatzmöglichkeiten durch das Ausspielen von Ressourcen- auf der einen und Schurkenkarten auf der anderen Seite. Stetig ergeben sich somit (vor allem in der Kampfphase) neue interessante Konstellationen, wobei es für den Superhelden-Spieler manchmal ziemlich hart ist, die ziemlich starken Schurken in die Schranken zu weisen, zumal durch verschiedene Einmischungen dort schon die Rahmenbedingungen zum eigenen Nachteil abgesteckt worden sind.

Der Anspruch an die Spieler ist also schon ziemlich hoch und erfordert daher auch ein wenig Spielerfahrung, um sich einigermaßen gut ins Geschehen einfinden zu können. Wann spiele ich welchen Helden mit welcher Unterstützung und welchem Verbündeten aus? Wann ist es überhaupt sinnvoll, sich einer Aufgabe zu stellen, schließlich ist man manchen Schurken so schnell nicht gewachsen? Solche Fragen entwickeln sich im Laufe des Spiels beinahe ständig, wobei natürlich auch einiges vom Würfelglück abhängig ist. Es ist also nicht unmöglich, mit einem vergleichsweise schwachen Superhelden einen vermeintlich übermächtigen Schurken in die Schranken zu weisen, aufgrund der entsprechenden Voraussetzungen aber eben häufig sehr schwierig. Es ist aber auch nicht möglich, direkt seine besten Leute ins Rennen zu schicken, weil die Anzahl der Handlungspunkte stark begrenzt ist und einem so den überlegenen Paukenschlag zunächst verbaut.

Jeden Spielzug vorab gedanklich genau durchzuspielen und alle Eventualitäten abzuwägen, ist die sicherlich beste Vorgehensweise und beschreibt auch gut, wie taktisch und knifflig „Marvel Heroes“ in der Tat ist. Das Spielprinzip geht damit nicht nur weit über ähnliche Titel mit ebenso namhaften Superhelden hinaus, sondern erfindet das Genre des Strategiespiels stellenweise komplett neu, selbst wenn viele Elemente sicher auch in vergleichbarer Art aus anderen Spielen bekannt sind. Insofern ist „Marvel Heroes“ auch als eine sehr frische Weiterentwicklung dieser Sparte zu betrachten, dazu noch sehr schön aufgemacht und mit wunderschönen, üppigen Spielmaterialien ausgestattet.

Auch wenn man es beim ersten Blick auf die Spielschachtel nicht vermuten mag: „Marvel Heroes“ ist ein ernsthaftes Konkurrenzprodukt zum sehr gut besetzten Fantasy-Katalog des |Heidelberger Spieleverlags|, aufgrund seiner taktischen Vorzüge jedoch auch noch für einen größeren Spielerkreis geeignet. Oder um es anders zu beschreiben: Dieses Spiel schlägt so richtig ein – ganz so wie einst Superhelden wie Spider-Man, Wolverine oder Hulk!

http://www.hds-fantasy.de/
http://www.heidelberger-spieleverlag.de

Helten, Volker (Hrsg.) – Zeitsprünge – Die Geschichte Knechtstedens

_Inhalt_

Die Zeitschrift „Zeitsprünge“ wird vom Geschichtsverein Dormagen e. V. herausgegeben und befasst sich allgemein mit der Geschichte des Dormagener Umlandes.

In der nunmehr sechsten Ausgabe werden das Kloster Knechtsteden und dessen geschichtliche Verflechtungen genau unter die Lupe genommen. Und in der Zeit von 1130 bis heute ist dem Kloster so einiges Interessantes widerfahren. Zum Einstieg gibt es einen Text über den heiligen Norbert, der den Orden der Prämonstratenser gründete, die dann wiederum Knechtsteden gründeten. Zum besseren Verständnis wird darauf auch gleich der Orden an sich genauer durchleuchtet. Dass in der Region um Knechtsteden im Mittelalter so einiges los war, dürfte eigentlich jedem klar sein, denn Köln und sein Dom sind ja quasi in Sichtweite. Daher werden auch die verschiedenen wichtigen Personen des Spätmittelalters, und hier besonders die Feldherren und Erzbischöfe, genau durchleuchtet.

Darauf folgt ein Sprung in die frühe Neuzeit, genauer gesagt in die Französische Revolution und die Zeit des Napoléon Bonaparte, die für Knechtsteden keine gute war, was auch das Ende der Prämonstratenser in Knechtsteden mit sich führte.
Nach diesen kamen dann die Spiritaner, die das Kloster zu einer Missionsschule machten, die bis heute, wenn auch in veränderter Form, besteht. Zum Abschluss folgen noch zwei sehr interessante Texte über die architektonischen Besonderheiten Knechtstedens und die Wand- und Deckenfresken des Klosters.

_Mein Eindruck_

Wie auch der [Vorgängerband 2071 glänzt „Zeitsprünge – Die Geschichte Knechtstedens“ wieder mit einer großen Anzahl an hervorragenden Fotos und Illustrationen. Alleine sie lohnen sicherlich schon eine Anschaffung. Ebenso sind das Cover und das gesamte Layout sehr gelungen. Aber auch die Schreibweise ist sehr ausgewogen, denn sie ist einerseits anspruchsvoll genug, um auch Leser gut zu unterhalten, die in der Materie bewandert sind, andererseits werden die verschiedenen Termini so gut erklärt, dass sich auch Laien daranwagen können. Die Geschichte Knechtstedens ist es wirklich wert, genauer beleuchtet zu werden, denn dieses Kloster und dessen Umgebung waren schon einige Male der Schauplatz von sehr interessanten Ereignissen. So macht es wirklich Spaß, beim Lesen die Geschichte vom Mittelalter bis in die heutige Zeit mitzuverfolgen. Besonders hat es mir der Artikel ‚Von der Missionsschule zur Norbert-Akademie‘ angetan. Den Weg der Schule vom Ende des 19. Jahrhunderts durch die beiden Weltkriege bis heute zu verfolgen, hat mich wirklich fasziniert. Die Auswahl der Artikel ist zudem sehr gelungen, weil sie ein sehr breites Spektrum abdecken. Neben den Geschichtsinteressierten, für die die Zeit vom Mittelalter bis heute fast vollkommen abgedeckt wird, werden sowohl Freunde der Kunsthistorie als auch Freunde der Architektur auf ihre Kosten kommen.

_Fazit:_

Ich finde es schade, dass es solche Zeitschriften nicht in der Region gibt, in der ich wohne. Ehrlich gesagt habe ich von der Lektüre richtig Lust bekommen, mir Knechtsteden einmal genauer anzuschauen. Gut, manche mögen sagen, 6 €uro für eine Zeitschrift mit gerade einmal knapp 60 Seiten mögen viel Geld sein, aber „Zeitsprünge“ ist jeden Cent davon wert. Alleine die Fotos und die Illustrationen sind dies bereits, und die Artikel brauchen sich dahinter qualitativ sicher nicht zu verstecken.

Wer sich noch genauer über Knechtsteden informieren möchte, kann hier einmal vorbeischauen:

http://www.spiritaner.de/knechtsteden/index.html
http://www.geschichtsverein-dormagen.de/

Otomo, Katsuhiro – Akira Band 1

_Handlung:_

Am 06. Dezember 1992 bricht durch die Explosion einer Superbombe in Tokio der dritte Weltkrieg aus, der mehrere größere Städte vernichtet. 38 Jahre später befindet sich die Motorradgang um den jungen Kaneda auf dem Weg zum Krater dieser Bombe, auf dessen Rückweg ein mysteriöser Unfall mit verheerenden Folgen passiert. Tetsuo, ein guter Freund Kanedas, wird dabei schwer verletzt und in ein Krankenhaus gesteckt, woraufhin er unauffindbar ist. Wenige Tage später entdecken die Jungs den Verursacher des Unfalls: ein kleiner Junge mit einem greisenartigen Gesicht. Was genau der Junge mit Akira zu tun hat, und warum Tetsuo verschwunden ist, diese Frage bildet den Auftakt zu einem wirklich gewaltigen Manga.

_Comic:_

Das letzte Mal, als ich in das |Guiness| „Buch der Rekorde“ nachgeschaut habe, war „Akira“ noch der dickste Manga der Welt. Klar, in Einzelbänder verpackt, gibt es vielleicht länger laufende Serien, aber durch das Telefonbuchformat der Bände sowie eine durchgängige Story auf über 2170 Seiten in DIN-A4 kommt es einem tatsächlich gigantisch vor, da die Geschichte auch nicht durch Kapitel oder sonstiges unterbrochen, sondern wirklich am Stück erzählt wird.

Dass der Manga aber nicht nur durch seine schiere Größe glänzt, macht der erste Band bereits eindrucksvoll klar. Bereits zu Anfang stellen sich viele Fragen, wobei die nach Akira besonders drängend ist, und was er überhaupt mit den ganzen Vorfällen zu tun hat. Auch die Darstellung der sozialen Unterschicht, in der Kaneda und seine Jungs leben, ist sehr gut gelungen und bringt eine gewisse Endzeitstimmung mit sich, die von einer allmächtigen Regierung noch ziemlich gut unterstützt wird. Die Story befindet sich fast ausschließlich im Vollgaszustand, was durchaus angenehm ist, denn mit einer leichten Prise Humor kommt der Mix aus Action und Storysequenzen ohne Langeweile oder künstliche Streckungen aus, wie man es sonst bei einem derart ambitionierten Werk eher nicht erwarten würde. Die Charaktere kommen zwar ohne größere Ecken und Kanten aus, wirken fast schon normal, aber eben nur so normal, wie ihr Umfeld das zulässt. Da sich das Ganze noch am Anfang befindet, ist klar, dass hier noch die eine oder andere Entwicklung stattfinden wird.

_Zeichenstil:_

Katsuhiro Otomo gilt als einer der ganz Großen seines Fachs, und das nicht umsonst. Mit Akira legte er 1984 einen Zeichenstandard vor, der auch heute trotz des großen Achtzigertouchs bei den Figuren noch sehr modern wirkt. So ist in seinen Gesichtern und Objekten eine große Liebe hinsichtlich der Wölbungen zu sehen, die durch gelungene, unauffällige Striche dargestellt werden und dem Ganzen eine gewisse Dreidimensionalität geben, die das Geschehen sehr interessant und modern gestaltet, da sehr viele Manga-Autoren die Dreidimensionalität ihrer Figuren normalerweise nur durch das Spiel von Licht und Schatten entstehen lassen. Auch sind die einzelnen Bilder mit viel Liebe zum Detail gezeichnet worden, nur selten gibt es Bilder, denen es an Hintergrund oder einem gut ausgearbeiteten Gesicht fehlt. Auch die Animation der Actionsequenzen ist unheimlich flüssig und nachvollziehbar, so etwa die Verfolgungsjagd auf Seite 70. Auch hierbei hält der Autor das Tempo angenehm hoch, ohne das Geschehen mit zu viel erläuternden Bildern zu verlängern.

_Fazit:_

Mit dem ersten Band ist Katsuhiro Otomo ein wirkliches Meisterwerk gelungen, das Lust auf mehr macht und auch in den späteren Bänden nicht an Qualität verliert. Die Faszination, den längsten Manga der Welt zu lesen, reicht schon aus, doch die Spannung der Story sowie der hervorragende Zeichenstil tun ihr Übriges dazu.

http://www.carlsencomics.de

Ostertag, Helge / Ostertag, Anselm – Guru

_Die Welt der Sekten und Gurus_

Im frisch aufgelegten Kartenspiel der beiden Ostertag-Brüder Helge und Anselm tauchen die Spieler in die dubiose Welt geheimnisvoller Sekten ein. Jeder Spieler schlüpft hierzu in die Rolle eines Gurus und versucht, möglichst viele Mitglieder für seine Glaubensgemeinschaft anzuwerben. Mit Hilfe einiger einflussreicher Prediger versammeln sie die Passanten vor ihrer Bühne und versuchen, diese von ihrer Sekte zu überzeugen. Jedoch sind die anderen Gurus auf der Hut, denn schließlich empfinden sie ihre Sekte als die einzig wahre. Also arbeitet man inkognito, versteckt seine Prediger und versucht mit allen Mitteln, sie vor der Entlarvung zu bewahren. Stattdessen entlarvt man lieber die Gurus der Konkurrenz, denn dafür gibt’s satte Prämien – und natürlich bessere Aussichten für den Zuwachs im eigenen Lager.

_Spielmaterial_

• 125 Sektenanhängerkarten
• Jeweils 15 Predigerkarten in deutscher und englischer Sprache
• 80 Geldscheine im Wert von einer Million
• 5 Karten mit Aktionstabellen
• 1 Spielregel

„Guru“ ist ein internationales Spiel, darauf haben Helge und Anselm Ostertag sehr großen Wert gelegt und auch extra Zusatzmaterial zur Verfügung gestellt. Da es sich bei „Guru“ um kein Spiel mit wichtigen Textinhalten handelt, war es den Brüdern auch ein Leichtes, das Spiel für ein breit gefächertes Publikum auch über die Landesgrenzen hinaus zu konzipieren. Die einzige Hürde, die es zu überwinden galt, war das Verfassen einer englischsprachigen Spielanleitung sowie der Erläuterung der einzelnen Begrifflichkeiten auf den Predigerkarten. Gesagt, getan. Die Spielanleitung ist in zwei Sprachen verfasst und dennoch sehr ausführlich ausgearbeitet, und für den internationalen Markt hat man sogar noch einmal ein Zusatzpaket mit 15 weiteren Predigerkarten beigefügt, so dass die Tugenden, Farben, und Völkernamen für jedermann verständlich sind. Sehr gut gelöst.

Des Weiteren ist das Kartenmaterial ziemlich witzig animiert und trägt sehr schön zur Spielatmosphäre bei. Der einzige Nachteil besteht darin, dass sich die Spielfarben und Symbole, anhand derer man die Karten unterscheiden soll, teilweise sehr ähneln und die Farben nicht ganz so klug gewählt wurden. Gerade bei den etwas kleiner dargestellten Details wie den farblich markierten Kartenrändern muss man oft zwei- oder dreimal nachschauen, bis man sich nun sicher ist, um welche Farbe es sich handelt. Gerade zu Beginn, wo man noch nicht so recht mit dem Spiel vertraut ist, stellt sich dies als Hindernis heraus und hemmt den Spielfluss ein wenig. Zu späterer Stunde, also mit ein wenig Erfahrung hat man aber Gott sei Dank den Dreh heraus und kann dieses kleine Manko selber aushebeln.

_Spielziel_

Das Ziel des Spiels ist im Grunde genommen recht einfach definiert: Es geht darum, so viele Passanten wie nur eben möglich für seine Sekte zu gewinnen und dabei darauf zu achten, dass die eigenen Prediger nicht entlarvt werden. Am Ende des Spiels wird nämlich Geld für die erfolgreich angeworbenen, neuen Mitglieder ausgezahlt, doch erhält man dies nur, wenn auch noch der entsprechende Prediger im Spiel ist. Der Spieler, der letztendlich das meiste Geld eingestrichen hat, hat das Spiel gewonnen.

_Die 15 Prediger_

Zu Beginn eines Spiels werden jedem Spieler drei Prediger ausgehändigt, die er verdeckt vor sich ablegt. Weil das Spiel insgesamt für maximal fünf Spieler geeignet ist, sind genau 15 Prediger im Spiel, die sich in drei untergeordnete Kategorien aufteilen. So unterscheidet man einmal die Farbe der Erleuchtung, vertreten durch Prediger wie Günther Grün, Oronsho (orange), Panthero (schwarz), Rosiella (rosa) und Violetta v. Fliederbach (lila), dann das auserwählte Volk mit Mitgliedern wie ‚Big Mama‘ von den Meloniern, ‚Eduard Egghead‘ von den Konesen, ‚Gerd Geimer‘ von den Geimen, ‚Knut Klitschko‘ von den Kanten und ‚O’ Rangutan‘ von den Schimapniern, und zu guter Letzt die Vertreter der höchsten Tugenden, nämlich ‚Centology Tom‘ (Geld), ‚Horst Hurtig‘ (Hast), ‚Manga Armab Yogi‘ (Askese), ‚Rastaman‘ (Relaxen) und ‚Smai Li‘ (Lachen).

_Die Sektenanhänger_

Jeder Sektenanhänger ist ebenfalls gekennzeichnet durch eine Farbe, ein Merkmal der auserwählten Völker sowie eine Tugend. Diese Kennzeichen sind auf den einzelnen Karten noch einmal konkreter abgebildet und durch Hintergrund, Gesichtsfarbe und Körperhaltung symbolisiert. Genauer gesagt handelt es sich hierbei also um jeweils ein Merkmal jeder Predigerkategorie.

_Spielvorbereitung_

Vor jedem Spiel werden die Karten der 15 Prediger und der 125 Sektenanhänger unabhängig voneinander durchgemischt. Die Sektenanhänger werden in vier gleich große offene Nachziehstapel gegliedert und in die Mitte des Tisches gelegt. Die Prediger werden unter den Spielern aufgeteilt; jeder erhält genau drei Predigerkarten, prägt sich ihr Merkmal ein und legt sie verdeckt vor sich ab. Die übrigen Prediger werden in dieser Partie nicht mehr gebraucht. Als Letztes bekommt jeder Spieler noch ein Vermögen von 12 Millionen der hiesigen Währung ausgehändigt.

_Spielablauf – worum es geht, worauf es ankommt_

Ein Spielzug setzt sich aus insgesamt drei verschiedenen Aktionen zusammen, deren Ablauf, Reihenfolge und Vorkommen man aus insgesamt sechs verschiedenen beliebig wählen darf. Es ist also theoretisch möglich (abgesehen von der Aktion ‚Entlarven‘), jeden Spielzug gleich dreimal durchzuführen. Ziel eines Zuges sollte es dabei sein, Passanten aufzuspüren, die in irgendeiner Weise mit den eigenen Predigern in Verbindung stehen, sei es nun aufgrund von Tugend, Farbe oder Völkerzugehörigkeit. Sobald auch nur eine der drei Gegebenheiten zwischen Passant und einem der drei Prediger übereinstimmt, kann man diese Figur in einem späteren Spielzug in seine Sekte aufnehmen und möglicherweise dafür am Ende des Spiels mächtig abkassieren. Allerdings muss man auch ständig auf der Hut sein und auch schon mal bluffen, denn man steht in „Guru“ unter der ständigen Beobachtung seiner Mitspieler, die natürlich nicht erraten dürfen, welche Prediger man steuert.

In einem Spielzug stehen dem Spieler folgende sechs Möglichkeiten zur Verfügung:

|1.) den Passanten predigen|

Man kann in dieser Phase einen der offen ausliegenden Sektenanhänger (Passanten) aufnehmen und vor sich auslegen (vor die sogenannte Bühne). Es gibt dabei keine Begrenzung, wie viele Sektenanhänger in der eigenen Auslage liegen dürfen. Da man sie in einem späteren Spielzug jedoch nur dann für seine Sekte bekehren kann, wenn alle Passanten vor der Bühne eine Übereinstimmung mit einem der Prediger haben, sollte die Zahl der Interessenten nicht zu groß werden.

|2.) kritische Zuhörer verscheuchen|

In dieser Aktion ist es möglich, einen überflüssigen Sektenanhänger vor der Bühne zu entfernen und ihn auf den Skeptikerstapel (Ablage) zu legen. Empfehlenswert ist in diesem Zug auch manchmal, eine eigentlich benötigte Karte auszuspielen, denn so kann man seine Mitspieler täuschen und ihnen das Entlarven der eigenen Sektenmitglieder erschweren.

|3.) Zuhörer abwerben|

Glaubt man, dass ein Zuhörer vor der Bühne eines anderen Gurus besser dem eigenen Prediger lauschen sollte, kann man einen beliebigen Zuhörer der eigenen Auslage mit einem Zuhörer eines anderen Gurus tauschen.

|4.) Zuhörer bekehren|

Sobald alle Zuhörer vor der eigenen Bühne mindestens eine Eigenschaft mit den verdeckten Predigern gemeinsam haben, können sie bekehrt und ebenfalls verdeckt ins eigene Sektenzentrum gelegt werden. Allerdings kostet dieser Schritt jedes Mal wieder eine Million, weshalb man nicht für jede Übereinstimmung bekehren sollte. Der Unkostenbetrag wird zur eigenen Prämie vor die Bühne gelegt; dies ist nicht der Stapel mit dem Vermögen, von dem diese Unkosten bezahlt werden.

|5.) Anklage|

In diesem Schritt darf man einen anderen Guru beschuldigen, einen der rätselhaften Prediger eingestellt zu haben. Nun gilt es nachzuweisen, ob der vorab bestimmte Prediger auch tatsächlich aktiv für den angeklagten Guru arbeitet. Der Spieler, der den Verdacht äußert, nennt den Namen des gesuchten Predigers und fragt den Guru, ob dies der Wahrheit entspricht. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wird der Prediger offen abgelegt und ist nicht mehr aktiv. Ebenfalls wird er auch für die Schlusswertung nicht mehr in Betracht gezogen. Weiterhin kassiert der Kläger die gesamte Prämie des verurteilten Gurus.

Bei einem falschen Verdacht muss der andere Spieler indes jeweils eine Million zum Vermögen und zur Prämie des Beschuldigten beisteuern und ihn so wieder besänftigen. Weil ihm dies aber als Entschuldigung noch nicht ausreicht, müssen auch noch drei der ausliegenden Sektenmitglieder dran glauben und werden abgeworfen. Deswegen ist es auch erforderlich, dass man vor einer Anklage mindestens zwei Millionen Gesamtvermögen besitzt. Zudem muss man noch wenigstens drei Leute vor der Bühne auszuliegen haben.

|6.) Untertauchen|

Hat man selber den Verdacht, dass die Mitspieler kurz davor sind, einen der eigenen Prediger zu entlarven, besteht die Möglichkeit, mit ihm für den Rest des Spiels unterzutauchen und somit zumindest die bisher bekehrten Sektenmitglieder in der Endabrechnung zu berücksichtigen. Für einen Unkostenbeitrag von zwei Millionen, der in die eigene Prämie gezahlt wird, kann man nun einen Prediger verdeckt ins Sektenzentrum ablegen. Die bis dato bekehrten Sektenmitglieder hat man somit sicher!

_Spielende und Wertung_

Das Spiel ist sofort zu Ende, wenn noch genauso viele aktive Prediger im Spiel sind wie die Anzahl der Spieler beträgt. Bei fünf Spielern ist also genau dann Schluss, wenn noch fünf Prediger um die Gunst der Passanten buhlen. Dabei ist es egal, wie diese Prediger aufgeteilt sind. Es ist durchaus möglich, dass ein Spieler noch alle drei Prediger besitzt.

Bei der folgenden Schlusswertung nimmt man nun Karte für Karte aus dem Sektenzentrum und wertet all diejenigen Sektenanhänger, die noch mit den aktiven Predigern Übereinstimmungen vorweisen. Prediger, die aus dem Spiel genommen wurden, werden nicht mehr zum Vergleich herangezogen; die Bedeutung der zugehörigen Karten mit Sektenanhängern verfällt. Für jede treffende Übereinstimmung erhält man zum Schluss zwei Millionen zum eigenen Vermögen; untergetauchte Prediger werden erst dann mit einbezogen, wenn sie vom Sektenzentrumsstapel aufgedeckt werden. Der Spieler, der am Ende über das größte Vermögen (Prämien zählen hier nicht mit) verfügt, hat das Spiel gewonnen.

_Meine Meinung_

„Guru“ ist ein Deduktionsspiel mit hohem Unterhaltungswert, einem sehr dynamischen Spielaufbau und leicht verständlichen Regeln. Eigentlich ja schon fast der Idealfall für ein Kartenspiel eines vergleichsweise kleineren Verlags. Allerdings bringt die Messeneuheit aus dem |Pfifficus|-Verlag ein winziges Hindernis mit sich, und das ist die etwas undeutliche Zusammenstellung des Spielmaterials. Es hätte eigentlich schon gereicht, wenn die Farbgestaltung der einzelnen Völker und Personen etwas deutlicher voneinander abgewichen wäre, dann wäre gar nicht diese Verwirrung entstanden, die besonders die erste Partie zu einer stockenden Angelegenheit geraten lässt. Es gilt erst einmal, sich umfassend mit dem Kartenmaterial vertraut zu machen, dabei ist dieses ja im Grunde genommen auch recht simpel aufgebaut. Das Problem besteht lediglich darin, dass einzelne Details mit den sehr ähnlichen Farben verschwimmen und man so schon mal auf den Holzweg gerät, weil man einer optischen Täuschung unterliegt.

Hat man diese Hürde umschifft, entwickelt sich das Spiel zu einem kommunikativen, sehr abwechslungsreichen Spielvergnügen. Dabei ist keine der einzelnen Handlungsmöglichkeiten zu unterschätzen, selbst nicht die Aktion, die erst einmal nicht so sinnig scheint, nämlich unnütze Karten zu ziehen, um die Kontrahenten auf eine falsche Fährte zu locken, nur um sie später wieder abzuwerfen oder gegen wertvollere, stimmige Karten einzutauschen. Besonders empfehlenswert ist das Spiel bei maximaler Spielerzahl. Binnen kürzester Zeit entsteht in dieser Variante eine ziemlich rasante Partie, in welcher der Faktor Taktik sogar noch stärker zur Geltung kommt. Schließlich gilt es immer abzuwägen, ob man lieber die eigene Sekte verstärkt oder doch lieber die anderen Gurus ärgert, sie täuscht, verwirrt und mit ihnen ein Katz- und Maus-Spiel betreibt, dem sie nach einiger Zeit kaum noch folgen können – was jedoch ein ziemlich positiver Aspekt ist, weil er noch einmal ganz deutlich offenbart, dass man bei geschicktem Spiel stets undurchschaubar bleibt und im Gegenzug mit einer guten bis brillanten Auffassungsgabe die besten Voraussetzungen hat, um den oder die Gegner bzw. ihre Prediger zu entlarven, was wiederum gerade bei mehreren Spielern sehr schwierig ist. Sich nämlich zu merken, wer was wann abwirft, und gleichzeitig zu durchschauen, ob es sich um einen gemeinen Bluff handelt, ist wirklich nur Profis vorbehalten, wobei der Ehrgeiz, sich zu einem solchen zu entwickeln, einfach nicht abreißen will.

Die äußeren Defizite können letztendlich also ganz klar von der Spielidee und ihrer Umsetzung verdrängt werden, so dass am Ende ausschließlich positive Eindrücke zurückbleiben. Fassen wir es also kurz: „Guru“ ist ein tolles, teils auch ziemlich witzig illustriertes Strategiekartenspiel, das einen nach mehreren Eingewöhnungsrunden ähnlich wie die Hauptdarsteller des Spiels, die Sektengurus, in seinen Bann zieht.

http://www.pfifficus-spiele.de/

Walker, Hugh – Magira – Die Stadt der Götter

Band 1: [„Die Welt des Spielers“ 2141
Band 2: [„Die Macht der Finsternis“ 2219

Thorich ist es tatsächlich gelungen, zusammen mit TayaSar, der Schwester des Fürsten von Sambun, nach Blassnig zu entkommen, der Stadt der Götter. Nach Thorichs bisherigen Erfahrungen mit Magiras Götterwelt stellt sich allerdings die berechtigte Frage, ob man die Ankunft in einer solchen Stadt tatsächlich als Entkommen werten kann, und prompt ist es so, dass die beiden Flüchtlinge vom Regen in die Traufe geraten. Und wieder einmal wird Thorich der Vorschlag gemacht, das eigene Leben zu erkaufen: Er soll das Lager der Hazzoni aufsuchen, die mit einer kleinen Streitmacht nur wenige Meilen entfernt von der Stadt lagern und auf Verstärkung warten. Mit der Verstärkung wird auch der Bruder des Heerführers im Lager eintreffen. Thorichs Aufgabe besteht darin, diesen Bruder zu entführen und nach Blassnig zu bringen.

Wohl oder übel macht Thorich sich auf den Weg. Doch innerhalb kürzester Zeit geht so ziemlich alles schief, was nur schiefgehen kann …

Genau genommen bietet all dies dem Leser nicht unbedingt etwas Neues. Die einzige Ausnahme dürfte die Tatsache darstellen, dass Thorich sich überraschend etwas zu sehr verliebt hat. Aber wie der Autor schon selbst sagte: Es war eine Motivation nötig, um all den Verwicklungen nicht einfach den Rücken zu kehren.

Auch die neu aufgetauchten Charaktere geben nicht wirklich viel her: Die Priester sind wie überall in Magira mehr oder weniger fanatisch und machtgierig und außerdem recht schnell von der Bildfläche verschwunden. Das gilt auch für das mythanische Halbblut, das dem Stadthalter von Klanang als Berater dient. Nicht einmal Thorichs Gefährten erhalten irgendwelches Profil. Sie alle sind nur Statisten. Die eigentlichen Hauptpersonen sind Laudmann und Hugh, der Autor.

Je weiter die Dinge sich entwickeln, desto mehr verlagert sich der Blickwinkel weg von den Charakteren der Welt Magira hin zu Laudmann und Hugh. Ihr philosophischer Disput über die Existenz der Finsternis und Laudmanns Fähigkeiten wird immer mehr zu einem ernsthaften Konkurrenzkampf, ihr Gerangel darüber, wie die Handlung der Geschichten sich entwickeln soll, immer mehr zu einem zähen Ringen um die Oberherrschaft über Magira. Das führt so weit, dass plötzlich nicht nur Laudmann in Magira auftaucht, sondern auch Hugh, wenn auch nicht in einem eigenen Körper, und dass Laudmann an der Schreibmaschine sitzt, und nicht der Autor!

Der Effekt ist ein ganz eigenartiger. Während in anderen Fantasybüchern die Geschichte meist aus Sicht der Figuren erzählt wird, oft in einer Form, die gegen Ende hin die Einsicht derselben immer mehr weitet, bis auch die weltlenkenden Götter mit einbezogen sind und manchmal am Ende sogar die Gründe für ihr Tun und Wirken erläutern, ist es hier so, dass man die Geschichte aus der Sicht der Götter miterlebt. Nicht aus Sicht von Äope oder Beliol, sondern aus Sicht derjenigen, die tatsächlich die Ereignisse dieser speziellen Welt lenken. In den ersten beiden Bänden wird das nicht so deutlich spürbar, aber spätestens ab Band drei wird dem Leser klar, dass er hier über einen Krieg der Götter liest, und zwar aus Sicht der Götter, während diejenigen, die die Abenteuer eigentlich erleben, fast an den Rand gedrängt werden. Dass der so mächtig gewordene Gegenspieler des Autors nicht in die Realität gehört, setzt der ganzen Sache die Krone auf!

Eigentlich hätte ich schon früher darauf kommen müssen, denn bereits das schwarze Sechseck im Wohnzimmer des Autors war ein klares Indiz dafür, dass das auf der Ebene der Realität geschilderte Geschehen nicht unbedingt immer real ist. Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion waren von Anfang an unklar, die zusätzliche Fiktion auf der sogenannten Ebene der Realität macht es nicht gerade einfacher. Aber viel interessanter!

Der Autor trägt seinen Gegner mit sich herum. Jemanden, dem er nicht traut, der aber offenbar immer mehr die Oberhand gewinnt. Es ist, als hätte er ein kleines Teufelchen im Nacken, das ihn immer und immer wieder und immer mehr zu einer Art von Unfug anstachelt, mit der der Autor zwar einerseits aus Neugierde liebäugelt, die er aber ohne dieses Teufelchen niemals anfassen würde! Letztlich lässt er sich verführen. Und jetzt muss er den Kampf im Herrschaftsgebiet seines Herausforderers aufnehmen! Nicht unbedingt die besten Voraussetzungen …

Wie zu erwarten, waren die Szenen, die im Reich der Finsternis und auf der Waage der Welt spielen, wieder am schwierigsten zu lesen. Der rasche Wechsel von unwirklichen und zusammenhanglosen Bildern erzeugt trotz aller Konzentration ein gehöriges Maß an Verwirrung, sodass ich am Ende Thorichs Erleichterung darüber, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, nur teilen konnte.

Ich fand das Buch nicht unbedingt spannend. Spannungsbogen und Charakterzeichnung bleiben zugunsten der ausufernden Rivalitäten zwischen Laudmann und dem Autor auf der Strecke. Angesichts dessen, wie sich das Verhältnis der beiden Hauptakteure zueinander entwickelt, habe ich allerdings weder Spannung noch intensive Charakterzeichnung sonderlich vermisst. Der philosophische Aspekt sowie die Frage nach Laudmanns tatsächlicher Identität füllen das Buch zur Genüge aus.

Nach diesem dritten Band bin ich wirklich neugierig, wie die Geschichte ausgehen wird. Seit es den Autor in seine Phantasiewelt verschlagen hat, gibt es nahezu keine Trennung mehr zwischen den Handlungssträngen auf Magira und in der Realität, die Ereignisse auf beiden Ebenen wurden zu einer einzigen Geschichte. Und weit mehr als all die kleinen Abenteuerchen Thuons und seiner Gefährten interessiert es mich, wer letztlich die Oberhand behält, Laudmann oder der Autor, und wie er die Entwicklung zu seinen Gunsten hinbiegen wird.

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Frank Cho – Marvel Graphic Novels 9: Shanna

_Story_

Bei der Zwischenlandung auf einer einsamen Insel entdeckt eine Abteilung des Militärs ein seltsames Laboratorium, welches dem Anschein nach vor einiger Zeit im Besitz der Nazis war. Dort entdeckt das Team eine junge Frau, die in einer unbekannten Flüssigkeit konserviert und künstlich am Leben gehalten wird, und befreit das barbusige Wesen: Shanna. Schon bald erweist sich die Befreiung der Dame als Glücksgriff, denn mit ihren Bärenkräften kann sie die Soldaten vor der zweiten seltsamen Entdeckung auf dieser Insel bewahren. In nahezu jedem Winkel wimmelt es nämlich nur so vor Dinosauriern, die auf ihrer Suche nach Frischfleisch in der menschlichen Truppe eine willkommene Beute erkannt haben. Nun liegt es an Shanna, ihre neuen Verbündeten zu beschützen. Doch kann sie es tatsächlich mit dieser Masse an übermenschlich großen Wesen aufnehmen?

_Meine Meinung_

„Shanna – The She-Devil“ – die Titelheldin gehört bereits seit einer halben Ewigkeit zu den Kultfiguren des |Marvel|-Universums und wird in der aktuellen Ausgabe der „Marvel Graphic Novels“ endlich auch einmal mit einer neu aufgelegten Story bedacht. Allerdings hat Autor Frank Cho die Rolle der verrohten Dschungellady für die Neuauflage der Mini-Serie ein wenig modifiziert. So entstammt das üppig gebaute Superhelden-Luder in der jüngst erschienenen Fassung nicht etwa dem Urwald, sondern ist das Resultat eines Forschungsexperiments der Nazis, was den Inhalt natürlich ein ganzes Stück brisanter macht.

Cho jedoch hat sich bei der Darstellung extremer Inhalte weitestgehend zurückgehalten. Das verpönte Hakenkreuz wurde hier aus Sicherheitsgründen mal wieder entschärft. Lediglich die vielen Kämpfe spiegeln die tatsächliche Brutalität der Story adäquat wieder, so dass man hier und dort auch mal ein paar Blutspritzer sieht.

Effekthascherei war beim Autor anscheinend jedoch sowieso erwünscht. Die Zeichnungen sind zwar recht basisch gehalten, betonen aber in wirklich überzogenem Maße die körperliche ‚Ausstattung‘ der Hauptdarstellerin, die hier äußerst leicht bekleidet durch das gefährliche Abenteuer zieht und mit ihren enormen Kurven mehr als nur einmal von der Handlung ablenkt. Daran wird sich das Publikum vielleicht nicht sonderlich stören, doch dass Cho sich hier eines beliebten, effektiven Hilfsmittels bedient und es damit auch geschafft hat, Teile der Geschichte zur Nebensache zu degradieren, ist sehr auffällig und verdient eine gesonderte Erwähnung. Ansonsten sind die Zeichnungen sehr elementar und simpel gehalten und in Sachen Authentizität sehr darauf ausgelegt, das Original nicht zu weit aus den Augen zu verlieren.

Vom äußeren Erscheinungsbild zum Inhalt: Eines muss man sich von Anfang an klarmachen, nämlich dass „Shanna“ kein besonders anspruchsvoller Comic ist. Vielmehr geht es hier darum, eine lange Zeit vergessene Heldin wieder ins Gedächtnis der |Marvel|-Fangemeinde zu rufen und all ihre Reize zu betonen. Im Grunde genommen ist die hier erzählte Geschichte sogar nur auf klassischem B-Movie-Niveau, hinsichtlich der Action allerdings ein wahres Prachtstück unter den bisher veröffentlichten Graphic Novels. Quasi „Jurassic Park“ ohne dessen zwischenzeitliche Horror-Elemente, dafür aber mit einer Superheldin, deren markante Kurven und deren kompromissloses Auftreten einem noch lange in Erinnerung bleiben werden. Effekte eben, die man bei einer Figur wie Shanna wunderbar ausspielen kann und die zudem für die Cleverness des Autors und Zeichners sprechen.

Frank Cho hat sich insgesamt also sehr geschickt aus der Affäre gezogen. Eine leicht verdauliche Action-Handlung, gepaart mit weiblichen Rundungen und einer zunächst unscheinbaren, dann aber sehr ausdrucksstarken Hauptfigur – das erwartet einen im neunten Teil der „Marvel Graphic Novels“. „Shanna – The She-Devil“ zehrt in erster Linie von den eigenwilligen Auftritten der gentechnisch veränderten Titeldame und bietet Anhängern simpler, klassischer Action-Kost ein willkommenes Kontrastprogramm zu den überladenen, komplexen Geschichten von heute. Chos Neuinterpretation trifft dabei trotz der genannten Kritikpunkte voll ins Schwarze und erreicht sein Ziel mit leichtesten Mitteln. Dieses besteht nämlich darin, „Shanna“ auf die |Marvel|-Landkarte zurückzubringen – und genau das ist dem namhaften Comic-Autor mit der Neuauflage dieser kultigen Mini-Serie recht eindrucksvoll gelungen.

Hardcover
172 Seiten
Erscheinungsdatum: 02.11.2006
http://www.paninicomics.de

Die Toten Hosen – Toten Hosen, Die – Das alte und das neue Testament

Nach ziemlich genau 25 Jahren, einigen Fläschchen eisgekühlten Bommerlunders und natürlich auch zahlreichen Broten mit Schinken und Ei reichen |Die Toten Hosen| nun ihr Testament ein – aber natürlich nur im übertragenen Sinne. Der sogenannte Letzte Wille besteht nämlich in diesem Fall aus einem kleinen schmucken Songbook, welches auf insgesamt 296 Seiten sämtliche offiziell veröffentlichten Songs der Düsseldorfer Kultkapelle vereint und erstmals in der Geschichte der Band das Gesamtwerk so kurz und bündig zusammenfasst.

In „Das alte und das neue Testament“ findet man sie alle wieder, Punkrock-Hymnen wie ‚Carnival In Rio‘ und ‚Hier kommt Alex‘, Klassiker wie ‚Opel-Gang‘ und ‚Wünsch dir was‘ und natürlich Chartbreaker wie ‚Zehn kleine Jägermeister‘ und das umstrittene ‚Bayern‘, mit dem sich die Hosen ebenso viele Freunde wie Feinde gemacht haben. Jedoch sind hier nicht nur die Texte des umfassenden Backkatalogs enthalten, sondern auch die entsprechenden Akkordsymbole und eine Grifftabelle, in der noch einmal sämtliche Einzelheiten in Mini-Tabulaturen aufgeführt sind. Insofern ist „Das alte und das neue Testament“ also nicht nur zum Mitsingen bestens geeignet, sondern auch zur Begleitung mit der Gitarre. Wenn man mal bedenkt, zu welchem Preis allein die Begleitbücher zu einem Album mitsamt Tabulaturen und Noten heutzutage veräußert werden, bekommt man hier also ein echtes Schnäppchen geboten.

Vergessen wurde in der Aufführung dieser Retrospektive indes absolut gar nichts. Selbst die übelsten Sauflieder wurden mit aufgenommen, dazu gesellschaftskritische Songs wie ‚Verflucht, verdammt, gebrandmarkt‘, verschiedene Fremdinterpretationen, wichtige Projekte wie etwa ‚Pushed Again‘ im Verbund mit den Punk-Großvätern von |Bad Religion| und etwas besonnenere Klänge, wie man sie von Campino und Co. in den letzten Jahren schon mal öfter zu hören bekommen hat. Interessant dabei ist, dass manche Songs auch doppelt aufgeführt wurden, weil sich die Arrangements in der Unplugged-Version ein wenig vom Original unterschieden haben. Das Buch ist aber nicht nur komplett, sondern dazu auch wirklich toll aufgemacht. Das Design orientiert sich zum Beispiel an einem typischen Gesangsbuch aus der Kirche und kommt sogar mit PVC-Einband in die Läden – womit auch die letzten Parallelen der von den Hosen schon mehrfach zitierten göttlichen Obrigkeit abgedeckt wären.

Fans der erfolgreichen Rockband erhalten hier für einen recht günstigen Unkostenbeitrag wahrhaftig eine kleine Hosen-Bibel und dürfen den Titel daher auch völlig ernst nehmen. Es handelt sich nämlich natürlich nicht wie eingangs angedeutet um das vorgezogene Testament, sondern um ein richtig feines, herrlich kompaktes und lückenloses Vermächtnis einer der wichtigsten Erscheinungen im Bereich der nationalen populären Musik überhaupt. Aus diesem Grunde wäre alles andere als eine Empfehlung für die treue Anhängerschaft auch inakzeptabel.

http://www.bosworth.de

Brocken, Arous – Katze unter Bären (Classic BattleTech 11: Bear-Zyklus 01)

_Story_

3053: Seit der Schlacht von Tukayyid herrscht Waffenstillstand, doch allerorts rüsten die Clans mächtig auf. Für junge MechKrieger scheint die richtige Zeit gekommen, ihr Talent in Kämpfen und Schlachten zu beweisen, doch die Ausbildung zum Krieger ist hart und die Auswahlkriterien sind gnadenlos. Dies bekommt auch der junge George zu spüren, der als einer der letzten Kadetten der Novakatzen kurz vorm entscheidenden Positionstest steht. Doch die Prüfung endet in einem Debakel; im Trainingslabyrinth stößt die Truppe der Novakatzen unerwartet auf einige übermächtige, feindliche Mechs und erleidet im Duell eine bittere Niederlage. George gelingt es dennoch, einen der riesigen Gegner aus nächster Nähe mit einem Überraschungsmanöver zu vernichten, was bei den Feinden, dem Clan der Geisterbären, nicht ungeachtet bleibt.

Kurzerhand nimmt man den besiegten Katzenkrieger vor Ort gefangen und macht ihn zum Leibeigenen. Seine Ausbildung zum Krieger kann er trotzdem fortsetzen, auch wenn er innerhalb des Clans der Geisterbären von seinen neuen Gefährten sehr skeptisch beäugt wird. Gerade die Tatsache, dass Georges Aktionen nicht selten in einem Fiasko enden, stößt den anderen Kriegern bitter auf und wirft weitere Zweifel an seiner Loyalität auf. Dann jedoch gerät das Gebiet des Clans plötzlich unter Beschuss; für George die beste Bewährungsprobe, um all seinen Kritikern zu beweisen, dass er seinem neuen Clan treu ergeben ist …

_Meine Meinung_

Unter dem Pseudonym Arous Brocken gibt ein deutscher Autor mit „Katze und Bären“ sein Stelldichein in der „Classic BattleTech“-Romanreihe. Es ist das erste Buch einer neuen Trilogie, die unter dem Namen „Bear-Zyklus“ in die Läden kommt, und gleichzeitig eines der „BattleTech“-Bücher, in denen die technischen Komponenten der Mechs äußerst umschweifend beschrieben werden. Brocken geht von Beginn an sehr detailliert auf die verschiedenen Kampfroboter, ihre Waffen und vor allem die Unterschiede zwischen den einzelnen Gewichtsklassen ein und bestückt den Leser erst einmal mit Fakten, die gerade dann recht nützlich sein können, wenn man selber zum ersten Mal zu einem Buch dieser Reihe greift. Anhand des Protagonisten George, der zunächst als Kadett die verschiedensten Leichtgewichte unter den KampfMechs erprobt, lernt man auf den ersten 80 Seiten Schritt für Schritt die Maschinen kennen, die einen ständig in leicht variierter Form durchs Buch begleiten werden, und bekommt so auch einen recht umfassenden Überblick über die Hintergründe im BattleTech-Universum. Doch wo bitte bleibt die Story?

Nun, Brocken lässt sich wirklich sehr lange Zeit, bis er das Tempo der Handlung mal ein wenig verschärft. Umgangssprachlich könnte man sogar fast sagen, dass er bis zum Erbrechen die wichtigsten Informationen über die tonnenschwere Kampfgeräte herunterrasselt, ohne sie dabei zugleich irgendwie in den Plot zu integrieren. Zwar versucht er durch die vielen Rückschläge, die George in seiner alten (Novakatzen) und neuen Umgebung (Geisterbären) durchleben muss, ein wenig Zeit zu gewinnen, doch irgendwann (und leider auch ein kleines bisschen früher) hätte er einfach die Kurve bekommen und der Geschichte ihren erforderlichen Raum zugestehen müssen.

Gott sei Dank geschieht dies dann auch nach knapp der Hälfte der Zeit, denn sobald George sich einmal vor seinen Kollegen und in einer Prüfung bewährt und den Zweiflern bewiesen hat, dass er durchaus das Zeug dazu hat, sich als MechKrieger zu behaupten, beginnt auch endlich die Phase, in der man sich mit dem Hauptdarsteller und der Erzählung im Allgemeinen anfreundet. Von diesem Moment an ist die Geschichte auch nicht mehr einzig und allein auf George und all die verschiedenen Unterarten der Mechs fixiert, sondern gewährt sich selber auch ein paar dringend notwendige Freiräume, um die anfangs ganz klar nicht existente Spannung herzustellen. Es sind solche Situationen wie die Entführung von George oder überhaupt die vielen plötzlichen Kampfsituationen, die von Brocken nicht adäquat aufgegriffen werden und so die Spannungskurve auch nicht zu steigern vermögen. Er bleibt lediglich bei den Fakten, spinnt dabei immer wieder den Faden zu den Kampfmaschinen und hat erhebliche Schwierigkeiten dabei, die Story als solche aufzubauen.

Im zweiten Abschnitt des Romans hingegen durchläuft die Geschichte einige rasante Entwicklungen. George etabliert sich immer mehr als tragende Figur und Identifikationsperson, sein gesamtes Umfeld gewinnt ebenfalls an Bedeutung und die massiv ausgetretene technische Komponente des Romaninhalts wird zugunsten einer sich in Sachen Komplexität bedächtig steigernden Handlung stetig in den Hintergrund gedrängt – bis das Buch dann plötzlich mit einigen Überraschungen endet und (zu Beginn hätte man das kaum für möglich gehalten) im Leser das Verlangen nach einer raschen Fortsetzung auslöst.

„Katze unter Bären“ ist einer derjenigen Romane, bei denen man eine Menge Geduld aufbringen muss, dafür aber am Ende nach längerer Durststrecke ganz ordentlich entlohnt wird. Nicht zuletzt wegen der sehr positiven inhaltlichen Entwicklung und der Behebung einiger zunächst begangener Schönheitsfehler ist der elfte Roman in der „Classic BattleTech“-Reihe dennoch lesenswert und zum Schluss auch auf dem bewährten Spannungslevel angesiedelt. Wegen der umfassenden Aufarbeitung technischer Details lohnt es sich gerade für Einsteiger ins BattleTech-Universum, hier zuzugreifen.

http://www.fanpro.com

Nicholls, David – Keine weiteren Fragen

|“Immer wenn ich Edith Piaf ‚Non, je ne regrette rien‘ singen höre – was häufiger geschieht, als mir lieb ist, jetzt, wo ich an der Uni bin -, denke ich unwillkürlich, wovon redet die eigentlich? Ich bereue so ungefähr ALLES. Mir ist bewusst, dass der Übergang zum Erwachsenwerden ein schwieriger und mitunter schmerzlicher Prozess ist. Mir sind die Abläufe von Durchgangsriten vertraut, ich weiß, was der literarische Begriff ‚Bildungsroman‘ bedeutet, und ich bin mir darüber im Klaren, dass ich auf Dinge, die in meiner Jugend geschehen sind, eines Tages zurückblicken und sie amüsiert und milde belächeln werde. Aber das erklärt noch lange nicht, warum ich mich für Dinge schäme, die vor dreißig Sekunden passiert sind.“| (S. 378)

Diese Bestandsaufnahme gibt schon recht deutlich die Situation von Brian Jackson, dem Protagonisten aus David Nicholls‘ Roman „Keine weiteren Fragen“, wieder. Dabei sollte doch mit dem Beginn des Studiums alles super werden: geistreiche Gespräche, tiefsinnige Bemerkungen, gewichtige Freundschaften, tagsüber Sex mit schönen Frauen und exotisches Essen – so in etwa stellt Brian Jackson sich seine Mannwerdung vor. Doch wie das Einstiegszitat eindrucksvoll demonstriert, gestaltet sich dieser Prozess schwieriger, als Brian erwartet hat.

Wir schreiben die 80er Jahre: Brian Jackson ist hochmotiviert, aknegeplagt und lebensunerfahren, als er sich in das Studium und das Leben stürzt. Das große Ziel ist nicht nur, endlich zum Mann zu werden, sondern wenn möglich auch einen Platz in der TV-Quizshow „University Challenge“ zu ergattern. Doch dabei verknallt Brian sich unsterblich in Teamkollegin Alice. Brian strengt sich redlich an, Alice möglichst beeindruckend zu umgarnen, doch da die beiden ohnehin in zwei gänzlich unterschiedlichen Ligen spielen, gestaltet sich dies außerordentlich schwierig. Brian hat eben mehr das Talent zum Außenseiter als zum unschlagbaren, mysteriösen Verführer.

Doch wenn Brian auch nicht unbedingt in vielen Dingen zu brillieren weiß, so kann er auf eine Fähigkeit dennoch voll und ganz bauen – sein Quizkandidatentalent. Und so will Brian Alice beim „University Challenge“ demonstrieren, was in ihm steckt, und mit dieser todsicheren Strategie schließlich ihr Herz gewinnen …

David Nicholls Debütroman ist in seiner englischen Heimat gleich nach der Veröffentlichung gewaltig eingeschlagen. Die Verfilmung kam bereits im Herbst 2006 in die englischen Kinos. Kritiker und Presse sparen nicht mit Lob und greifen dabei gar zu einem Vergleich mit Nick Hornby. Das lässt auf einiges hoffen.

Mit Brian Jackson hat Nicholls eine Figur geschaffen, die immer wieder Anlass zu Heiterkeit bietet. Die Geschichte spielt mitten in der Rezession und Brian schafft nur dank eines Stipendiums den Weg an die Uni, wo er Englische Literatur studiert. Während seine Kumpels zu Hause ihn mit dem Begriff Mittelschicht belegen und das als Schimpfwort meinen, geht er an der Uni höchstens als Unterschicht durch. Das macht ihn im Angesicht der reichen, gutaussehenden Unikollegen gleich zum Außenseiter.

Zu beobachten, wie Brian sich damit abplagt, trotz all dieser Widrigkeiten anerkannt zu werden, ist äußerst unterhaltsam. Sei es seine gewagte Tanzeinlage zu James Browns „Sex Machine“ bei der ersten Uniparty oder sein Kampf um Anerkennung im „University Challenge“-Team. Immer wieder schafft Brian es, sich beim Versuch, Eindruck zu hinterlassen, lächerlich zu machen. Besonders gut gelingt ihm dies selbstverständlich in der Gegenwart von Alice.

Brian hat sich den Beginn des Studiums als glorreichen Neuanfang ausgemalt, dabei aber vergessen, dass er aus seiner Haut nicht heraus kann. Und so verläuft Brians Start ins Studentenleben für ihn selbst eher ernüchternd und für den Leser dafür umso erheiternder. Brian ist ein liebenswerter Versager, den man gleich zu Beginn ins Herz schließt.

Die Typen, denen Brian im Laufe seines ersten Studienjahres an der Uni begegnet, sind teilweise grundverschieden, was die Lektüre um eine weitere unterhaltsame Facette ergänzt. Da wäre beispielsweise Rebecca, die meistens auf Krawall gebürstet ist und gerne die Konfrontation mit Brian sucht. Die beiden sind herrlich gegensätzlich und ergänzen sich so wunderbar zu einem durch und durch komischen Team.

Alice dagegen ist ein ganz anderer Typ. Sie ist weltgewandt, gutaussehend und beliebt und damit das komplette Gegenteil von Brian. Dass sie ihn überhaupt wahrnimmt, grenzt schon an ein Wunder. Das Hin und Her zwischen Alice und Brian ist von einem so ausgeprägten Ungleichgewicht bestimmt, dass man gleich vom ersten Augenblick ahnt, dass Brian hier eigentlich nur Energie verschwendet. Aber er kann es ja einfach nicht lassen …

Was „Keine weiteren Fragen“ zu einer so unterhaltsamen und komischen Geschichte macht, sind das Zusammentreffen dieser unterschiedlichen Persönlichkeiten und die Art, wie sie miteinander umgehen. Daraus ergibt sich im Verlauf des Romans so manche Pointe und auch Brians Ehrgeiz bei „University Challenge“ offenbart so manchen komischen Moment.

Dennoch schafft Nicholls einen Brückenschlag zwischen Komik und Tragik. „Keine weiteren Fragen“ enthält auch ernsthafte Momente – in erster Linie geht es dabei um vernachlässigte Freundschaften. Brian schafft es nicht nur in der Sache Alice, sich immer wieder zum Idioten zu machen, sondern lässt auch sonst so ziemlich keine Gelegenheit dazu aus. Darunter haben vor allem seine Freunde von früher zu leiden. Diese Verknüpfung von Humor und ernsthaften Aspekten der Geschichte macht die Figur des Brian umso greifbarer. Er ist nicht einfach nur der Depp, der sich in eine Frau verliebt, die drei Nummern zu groß für ihn ist, sondern bekommt auch eine zunehmend menschliche Seite.

Ein besonderes Lob verdient das Ende der Geschichte. Nicholls lässt die Sache stimmig enden. Er löst sie im Grunde auf die einzige wirklich sinnvolle Art auf (und auch das wieder mit einem sehr schönen Lacher) und sorgt so dafür, dass „Keine weiteren Fragen“ nicht so schnell wieder aus dem Gedächtnis verschwindet, wie es so manchem anderen Roman dieser Art vorbestimmt ist. Nicholls schafft es, Geschichte und Figuren glaubhaft weiterzuentwickeln, und das rundet den Gesamteindruck positiv ab.

Unterm Strich ist „Keine weiteren Fragen“ eine wirklich runde Sache – unterhaltsam und flott erzählt, mit witzigen, liebenswürdigen Figuren, die man schnell ins Herz schließt, und einem stimmigen Handlungsverlauf. Wer humorvolle, selbstironische Bücher mag, dem sei dringend zur Lektüre geraten. David Nicholls ist mit „Keine weiteren Fragen“ eine herrlich komische Geschichte geglückt, die aus der Masse vergleichbarer „Coming-of-Age-Romane“ wunderbar hervorsticht.

http://www.heyne.de