Archiv der Kategorie: Rezensionen

Geagley, Brad – Jahr der Hyänen, Das

Ägypten im 12. Jahrhundert v. Chr., zur Zeit von Ramses III: Die Einwohner Thebens feiern das Osiris-Fest, bei dem sie den Verstorbenen gedenken. Die alte und nahezu blinde Priesterin Hetephras wird auf dem Weg zum Tempel ermordet, ein kleiner Junge entdeckt die Leiche bald darauf im Schilf. Eine tote Priesterin verheißt Unglück und das Verbrechen soll daher so schnell wie möglich geklärt werden, zumal die Verstorbene in enger Bindung zur Königin stand. Dabei stellen sich jedoch Probleme in den Weg: Theben wird in Osten und Westen von zwei verschiedenen Bürgermeistern, Paser und Pawero, regiert; die Tote gehörte dem einen Bezirk an, wurde jedoch im anderen gefunden. Die Feindschaft der Regierenden sorgt für zusätzliche Spannungen, jeder der beiden beansprucht den Fall für sich.

Überraschend erhält der Detektiv Semerchet den Auftrag, den Mord zu klären. Semerchet ist zwar ein scharfsinniger Ermittler, doch sein Ruf dagegen miserabel. Erst vor kurzem wurde er von seiner Frau Naia verlassen, die obendrein ein Kind von einem anderen Mann erwartet. Seitdem ist Semerchet, der zu cholerischen Anfällen neigt, dem Alkohol verfallen – doch dieser hochbrisante Fall weckt wieder den Lebenswillen in ihm.

Mit der Unterstützung seines Bruders Nenri, Oberster Schreiber des Bürgermeisters Paser, der ihn dem Großwesir als Ermittler empfahl, stürzt sich Semerchet auf seine Aufgabe, die sich als äußerst knifflig erweist. Er ahnt sehr bald, dass der Mord größere Bedeutung hat als zunächst angenommen – und dass er den Auftrag gerade wegen seiner Trunkenheit erhielt, in der Hoffnung, keinen Erfolg zu haben. Semerchet fühlt sich herausgefordert und entsagt dem Alkohol. Die Dorfbewohner verweigern die Mitarbeit, mysteriöse Reichtümer tauchen auf und die Grabwächter leiden seit geraumer Zeit an einer unerklärlichen Müdigkeit und Albträumen. Semerchet wird klar, dass alle Vorkommnisse zusammengehören. Mehr noch: Der Mordfall ist Teil einer viel größeren Verschwörung, die sich gegen Pharao Ramses III richtet und Semerchet in höchste Gefahr bringt …

An Detektivromanen herrscht kein Mangel auf dem Buchmarkt. Aus aller Herren Länder treten die Privatermittler hervor und auch Historienkrimis sind nichts Neues, man denke beispielsweise an die Serienhelden von Paul Harding oder Ellis Peters, die im mittelalterlichen England ihre Fälle aufklären. Das Ägypten zur Zeit der Pharaonen ist jedoch ein orgineller Schauplatz, sodass selbst eingefleischte Krimifans hier auf abwechslungsreiche Kosten kommen.

|Hardboiled-Detektiv im Lendenschurz|

Im Zentrum steht die Gestalt des ungewöhnlichen Detektivs Semerchet, eigentlich eher ein Antiheld mit seinem Hang zum Alkoholismus und seiner oft unleidlichen, sturen Art. Die Handlung spielt zwar vor tausenden von Jahren, doch Semerchet verkörpert ein menschliches Schicksal, das sich genauso gut zur heutigen Zeit ereignen könnte. Der Leser lernt ihn während eines verzweifelten Versuches kennen, seine Ex-Frau zurückzugewinnen. In seiner Not schwört er ihr, von nun abstinent zu leben, was die traurige Naia nicht mehr ernst nehmen kann, woraufhin er sie kurzzeitig sogar mit einem Messer bedroht. Mit seiner kaputten Psyche erinnert Semerchet nicht selten an die Protagonisten der Hardboiled-Schule, nur dass sein Revier nicht in der verregenten Großstadt, sondern am sonnigen Nil liegt und er statt staubigem Trenchcoat einen Lendenschurz trägt.

|Humor und Faktentreue|

Sehr positiv fällt auf, dass sich das Buch als ausgewogene Mischung zwischen Historienroman und Krimi präsentiert. Autor Brad Geagly ist ein Experte auf seinem Gebiet, nicht zuletzt durch seinen Einsatz als zentraler Berater beim Hollywood-Klassiker „Cleopatra“ mit Liz Taylor in der Titelrolle. Auch wenn der Roman ins Reich der Fiktion gehört, stützt sich die Handlung auf historische Fakten, nämlich auf die ältesten bekannten Gerichtsakten und nicht nur Pharao Ramses III. – der tatsächlich beinahe einer Verschwörung zum Opfer fiel -, sondern auch weitere Figuren wie sein Großwesir To beruhen auf realen Personen. Ägyptenkenner werden sich am Detailwissen des Autors erfreuen, der viele historische Fakten einfließen lässt, angenehmerweise ohne dabei je trocken zu werden oder ins Dozieren zu verfallen. Im Gegenteil gelingt es ihm sogar, dem Roman einen humorvollen Unterton zur Seite zu stellen, etwa wenn der wütende To mit Wendungen wie „Bei den Eiern des Horus“ um sich wirft oder der volltrunkene Semerchet in den Lotusteich seiner entsetzten Schwägerin uriniert, woraufhin alle Fische das Zeitliche segnen.

|Kleine Schwächen|

Wenn man vom Schauplatz der Geschichte absieht, ist der Aufbau der Handlung allerdings sehr konventionell geraten. Wie in zahlreichen anderen Krimis auch wird hier das beliebte Schema verwendet, in dem sich ein anfangs nebensächlich erscheinender Mord zu einer gewaltigen Verschwörung ausweitet und ein unscheinbarer Ermittler, dem niemand viel zuzutrauen scheint, letztlich einen großen Erfolg landet. Auch dass höchste Regierungskreise in das Verbrechen verwickelt sind, ist eine altbewährte Idee, inklusive der Korruption und der Beteiligung von Charakteren, die im Privatleben des Ermittlers eine Rolle spielen – wie in diesem Fall seine Ex-Frau Naia, deren neuer Mann Nacht keine unwichtige Figur in der Angelegenheit ist.

Und auch wenn der Autor eine kurze Einleitung in die geschichtlichen Umstände liefert, können Leser, denen das pharaonenregierte Ägypten kein gewohntes Terrain ist, vom Detailreichtum zeitweise überfordert werden. Das Buch besitzt zwar eine doppelseitige Landkarte, in der die wichtigsten Orte verzeichnet sind, aber es fehlt dringend an einem Glossar mit Namens- und Worterklärungsverzeichnis. Allein die Personennamen können am Anfang verwirren, schließlich klingen „Naia“, „Nenri“ und „Nacht“ nicht unähnlich, zumal es nicht leicht ist, den ungewohnten Namen auf Anhieb einen weiblichen oder männlichen Träger zuzuordnen. Ebenso verhält es sich mit ägytptischen Bezeichnungen, die nicht unbedingt jedem Leser geläufig sind, vor allem Götternamen, die sicher jeder schonmal gehört hat, aber bei denen es möglicherweise am Hintergrundwissen hapert. Von diesen kleinen Mängeln abgesehen, ist Geagley jedoch ein unterhaltsamer Roman gelungen, dem zu wünschen ist, dass ihm noch einige Nachfolgebände folgen – der zweite Krimi um Semerchet ist in den USA bereits erschienen.

_Fazit:_ Ein Krimi aus dem alten Ägypten mit einem Antihelden als Privatdetektiv, der mit einem scheinbar unwichtigen Mord beginnt und in eine große Verschwörung mündet, die bis in die Kreise des Pharaos reicht. Die Handlung ist eher konventionell gehalten, der Schauplatz dagegen originell und fundiert aufbereitet, sodass vor allem Historienfans auf ihre Kosten kommen. Für weniger geschichtsversierte Leser fehlt leider ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen, das die Lektüre erleichtern würde.

_Der Autor_ Brad Geagley ist seit vielen Jahren ein Experte für das Alte Ägypten und zugleich als Produzent und Drehbuchautor in Hollywood tätig. „Das Jahr der Hyänen“ ist sein erster Roman, der Nachfolger „Day of the false king“ ist in den USA bereits erschienen. Heute lebt er in Palm Springs, Kalifornien.
Mehr Informationen über den Autor und seine Werke findet man auf seiner Homepage: http://www.yearofthehyenas.com/

http://www.rowohlt.de

Burgh, Eberhard Alexander – Meuterei auf der Bounty (Europa-Originale 5)

_Besetzung_

Käpt’n Bligh – Richard Lauffen
Maat Fletscher Christian – Volker Brandt
Matrose Thomas Burkett – Gernot Endemann
Waffenmeister Charles Churchill – Rolf Mamero
Offizier Fryer – Helmo Kindermann
Schiffsjunge Robert – Alexander Glauber
Bootsmaat Morrisson – Heinz Trinxer
Sprecher – Lutz Mackensy

Regie: Heikedine Körting

_Story_

Die ‚Bounty‘, der Stolz der britischen Flotte, sticht erneut in See, um mit einigen naiven Eingeborenen Handel zu betreiben. Doch vor der Küste Tahitis kommt es zum Skandal. Die Matrosen, die mit der strengen Ausrichtung von Käpt’n Bligh nicht mehr einverstanden sind, lehnen sich gegen ihren Bootsführer auf und leisten gegen seine Vorschriften Widerstand. Eine Gruppe von Meuterern übernimmt fortan die Regie über die ‚Bounty‘ und entlässt den Kapitän sowie seine treuen Untergebenen ins Beiboot des riesigen Schiffes. Fletscher Christian, Anführer der Aufständigen, ernennt sich selbst zum Kapitän und ordnet als erste Amtshandlung nach dem Sturz des etatmäßigen Käpt’ns ‚Rum für alle‘ an. Allerdings weiß er zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass es seinem ehemaligen Vorgesetzten tatsächlich gelingen wird, mit seinem spärlichen Boot wieder heimischen Boden anzusteuern.

_Meine Meinung_

Über die „Meuterei auf der Bounty“ sind sich Historiker bis heute nicht ganz einig. Es bestehen jedenfalls verschiedene Ansichten darüber, was genau an jenem 28. April im Jahre 1789 an Bord des Schiffes geschah bzw. was letztendlich zum Entschluss zur Meuterei führte. Feststeht lediglich, dass es sich bei diesem Vorfall um ein reales Ereignis handelt, welches nicht nur wegen seiner Brisanz sondern auch aufgrund des unrühmlichen Endes der Aufständigen in die britische Seegeschichte eingegangen ist. Fletscher Christian, der stellvertretend für seine Leidensgenossen später eine Art Märtyrertod starb, sowie sein Widersacher, Kapitän Bligh, sind zentrale Punkte der Navy-Historie und lieferten durch ihren fulminanten Showdown auf hoher See die Basis für gleich mehrere literarische Bearbeitungen und natürlich für den berühmten Film mit einem jungen Marlon Brando in der Hauptrolle.

Auch das Hörspiellabel |Europa| hat sich Mitte der Siebziger, genauer gesagt 1977, dieses Themas angenommen und die Geschichte in einer kurzen Handlung reflektiert, reicht dabei aber leider nicht an den zu Recht gefeierten Kinostreifen heran. Und dafür gibt es schon einmal einen wesentlichen Grund: Die Audio-Variante ist schlichtweg zu kurz.

Ein so geschichtsträchtiges Abenteuer wie jenes von Maat Christian und Käpt’n Bligh adäquat aufzuarbeiten, ist nämlich gar kein leichtes Unterfangen, zumal es ja schon diverse andere Abhandlungen gegeben hat, die die Erwartungshaltung an ein derartiges Unternehmen in die Höhe getrieben haben, und daher sind 35 Minuten (nicht grundsätzlich, aber in diesem spezifischen Fall) nicht ausreichend, um die Tragweite des Dramas originalgetreu zu dokumentieren.

Dabei ist jedoch nicht zu leugnen, dass es sich beim fünften Teil der „Europa-Originale“ um ein spannendes Hörspiel handelt. Die Geschichte wird ziemlich flott und durch die verschiedene Meinungen der Schiffsbesatzung auch spannend erzählt und lässt diesbezüglich auch eine stetig ansteigende Kurve erkennen. Nur zum Ende hin wird es dann ein bisschen knapp, so dass das tragische Ende fast schon beiläufig angehängt wird. Möglicherweise hätte die Zeit ja dann ausgereicht, wenn man sich nicht so lange mit dem paradiesischen Leben bei den Eingeborenen beschäftigt hätte, doch dies sind alles Spekulationen ohne belegbaren Nährboden.

Aus diesem Grund muss man das Hörspiel nun auch für zwei Interessengruppen splitten. Diejenigen nämlich, die einfach nur kurzweilig unterhalten werden wollen und nicht so viel Wert auf die Schwerpunkte des historischen Events legen, werden die Erzählung unter der Regie von Heikedine Körting sicherlich lieben. Die übrigen, und das ist die Gruppe derjenigen, denen es auf die geschichtliche Originalität ankommt, werden bestimmt ein wenig enttäuscht sein über die stark gekürzte Hörspielfassung, aber ggf. dennoch ihren Spaß haben. Oder um es kurz zu sagen: Als Hörspiel taugt diese Produktion voll und ganz, aber mit vergleichbaren Inszenierungen des bekannten Stücks kann der fünfte Teil der ersten „Originale“-Staffel nicht ganz Schritt halten.

http://www.natuerlichvoneuropa.de

Abnett, Dan / Lee, Mike – Fluch des Dämons, Der (Warhammer – Darkblades Schlachten 1)

„Darkblades Schlachten“ ist der Titel einer neuen, finsteren Reihe aus dem „Warhammer“-Universum und vielleicht sogar das grausamste Abenteuer, welches der bewährte Autor Dan Abnett in seinem Fantasy-Katalog aufzubieten hat. Dennoch ist der Auftakt der neuen Serie, „Der Fluch des Dämons“ eine ziemliche Enttäuschung, weil er weder auf der Handlungsbene noch hinsichtlich des Aufbaus der vielversprechenden Charaktere überzeugen kann.

_Story_

Malus Darkblade plant nach einem einjährigen Raubzug eine überraschende Rückkehr in seine Heimat Han Graef, wird auf dem Weg dorthin aber überfallen. In einem erbitterten Gefecht verliert er all seine Schätze und zudem einen großen Teil seiner Verbündeten. Hasserfüllt und rachedurstig erreicht er Han Graef, wo gerade der jährliche Tribut an den Kriegsfürsten gezahlt werden muss; Malus kann diesen jedoch nicht aufbringen, weil er unterwegs all seinen Besitz hat lassen müssen, entgeht der drohenden Todesstrafe aber nur knapp, indem er versichert, im nächsten Jahr wieder zu zahlen.

Währenddessen sucht Darkblade nach den Urhebern des hinterhältigen Überfalls und vermutet, dass seine Halbgeschwister daran beteiligt waren. Nur knapp entgeht er weiteren Anschlägen, die ihn schließlich dazu treiben, seinen Racheplan umgehend umzusetzen. Mit Hilfe seiner Schwester Nagaira stiehlt er seinem Halbbruder Urial ein wertvolles Artefakt, welches ihn im Tempel der Chaoswüste zu ungeahnten Kräften bringen soll. Doch Darkblades Reise zu jenem Tempel ist hart und beschwerlich; Urials Schergen verfolgen ihn unbarmherzig, und als es ihm dennoch gelingt, den besagten Ort zu erreichen, steht ihm noch eine viel schwierigere Prüfung bevor. Selbst der grausame Malus, ansonsten ein furchtloser und kaltherziger Krieger, kommt hier an seine Grenzen.

_Meine Meinung_

Nun, was gibt es auszusetzen, wo die Handlung doch eigentlich ganz ordentlich zu sein scheint? „Der Fluch des Dämons“ wirkt inhaltlich auf den ersten Blick wie ein typischer „Warhammer“-Roman, in dem es sich um altbekannte Themen wie Verrat, Intrigen und Betrug dreht. Richtig, dem kann man auch zustimmen, allerdings ist die Umsetzung all dessen arg bescheiden.

Beginnend bei den wirklich langweilig eingeführten Charakteren – selbst die brutale Hauptfigur nähert sich dem Leser über die gesamte Seitenzahl nicht wirklich – siecht die Geschichte ein wenig vor sich hin und flaut nach dem ersten Gemetzel schon nach einem Fünftel des Umfangs merklich ab. Dabei fängt alles ziemlich spannend und temporeich an: Der Hinterhalt, in den Malus und seine Gefährten geraten, stellt quasi die erste nennenswerte Szene des Romans da und verspricht ein actionsreiches Abenteuer, das der Auftakt von „Darkblades Schlachten“ ja in gewissem Maße auch ist. Doch schon bald verroht diese Action total und wird als Effekt genutzt, um die Handlung interessant zu gestalten, trägt aber nicht wirklich dazu bei, dass man im weiteren Verlauf immer noch mit dem Inhalt sympathisiert.

Zwischendurch kommt man dann an einige entscheidende Punkte, die Hoffnung bereiten, dass Dan Abnett endlich die Kurve bekommt, was ihm aber weder bei der Durchführung des Diebstahls noch bei der anschließenden Verfolgungsjagd gelingt. Hierfür könnte auch der Umfang entscheidend sein, schließlich lässt sich der Autor meist sehr viel Zeit, um die Geschichte mit neuen Aspekten zu versorgen. Die wenigen Fixpunkte, an denen sich die Story orientiert, sind insgesamt in sehr großen Abständen verteilt, in deren Zwischenräumen meist nichts anderes als Nebensächlichkeiten und weniger wichtigen Gedanken stehen. Keine zündende Idee, keine nervenaufreibenden Szenarien und schon gar keine Dialoge, bei denen man etwas zwischen den Zeilen herausholen kann. „Der Fluch des Dämons“ ist einzig darauf erpicht, mit der Darstellung von ziemlich heftigen Gefechten die Aufmerksamkeit des Lesers zu erhaschen, und nachdem Mr. Abnett dies in den ersten Kapiteln noch recht ansprechend geschafft hat, scheitert er spätestens bei Darkblades Ankunft in Han Graef daran, die Geschichte flexibler zu gestalten und damit das Interesse anderweitig zu erlangen.

Vielleicht sollte man aber auch positiv denken, denn auch beim vorherigen Zweiteiler „Sturm des Chaos“ brauchte die Handlung eine ziemlich große Anlaufzeit bzw. eine geduldige Ausdauer der Leserschaft, bis sie dann mit einem Mal, sprich im zweiten Band, richtig in Schwung kam. Am Erzähltempo mangelt es dem hier rezensierten Roman ja nicht, aber was den Anspruch von „Der Fluch des Dämons“ betrifft, ist die Story um den Druchii-Dunkelelfen Malus Darkblade dann doch eher durchschnittlich als gut.

http://www.piper.de

David, Saul – größten Fehlschläge der Militärgeschichte, Die. Von der Schlacht im Teutoburger Wald bis zur Operati

Suchen Sie schon lange nach einem Buch, bei dessen Lektüre Sie sich mal wieder so richtig aufregen können? Oder schätzen Sie Werke, die das literarische Äquivalent zu jenen Sendungen darstellen, mit denen das private Fernsehen genüsslich die Dämlichkeiten synaptisch fehlgeschalteter Zeitgenossen zelebriert („Die ulkigsten Genickbrüche der Welt“)?

Dann greifen Sie zu, denn eine größere Ansammlung von Nieten und Versagern werden Sie in der nächsten Zeit nur noch in der täglichen Schenkelklopf-Show eines gewissen grinsenden TV-Metzgers finden. Einen gewichtigen Unterschied gibt es allerdings: Die Stümper („blunder“ = engl. Schnitzer, Pfusch oder eben Stümperei), die der Militärhistoriker Saul David uns hier vorstellt, haben Menschenleben auf dem Gewissen – und das nicht zu knapp!

Der Krieg ist der Vater aller Dinge, hat der griechische Philosoph Heraklit um 500 vor Christus angeblich geschrieben. (Keine Sorge: Das soll´s auch schon gewesen sein an humanistischem Bildungsgut der Vergangenheit.) Wenn er darin die Dummheit mit einschließt, hat er wohl Recht. Der Kampf, die Schlacht, der Krieg – das sind nicht nur Namen für den gewaltsamen Konflikt mindestens zweier verfeindeter Menschengruppen. Die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln (nun gut – einer sei mir noch gestattet: Carl von Clausewitz, 1780-1831) war und ist immer auch die Geschichte von Menschen unter Druck – und das ist bekanntlich keine gute Ausgangsposition für ein heikles Unternehmen wie den Versuch, einen (ähnlich gestressten und bis an die Zähne bewaffneten) Gegner in die Flucht zu schlagen.

Unter diesen Voraussetzungen ist es verständlich, dass Saul David es leicht hatte, Beispiele für strategische, politische oder einfach „nur“ menschliche Fehleinschätzungen aus der Militärgeschichte zusammenzutragen. 30 bekannte und weniger bekannte Konflikte aus 2000 Jahren – von der Schlacht im Teutoburger Wald (Römer gegen Germanen, 9 n. Chr.) bis zur „Operation Desert Storm“ (USA gegen Irak; wird bis heute gelegentlich in kleinerem Rahmen wiederholt) – analysiert der Autor, schildert kurz den Kampfablauf und entwickelt daraus das Wie und Warum der entscheidenden Fehler. Es ist bedrückend zu lesen, wie unfähige oder übertrieben ehrgeizige Kommandanten, simple Kommunikationsprobleme, bewusste „Bauernopfer“, die Einmischung unkundiger Politiker oder das Unterschätzen des Gegners wieder und immer wieder in dieselbe Katastrophe mündeten: den unnötigen Tod zahlloser Menschen, deren Pech es primär war, als Soldaten den Befehlen von Stümpern ausgeliefert zu sein.

Bücher (und Filme) über militärische Holzköpfe haben Konjunktur; kein Wunder, wenn wir die tragischen Geschichten hinter dem ungläubigen Kopfschütteln bedenken. Besonders unsere britischen Nachbarn beschäftigen sich intensiv mit den zahlreichen Schlachten ihrer langen Geschichte; da sie zumindest in den letzten Jahrzehnten jeweils auf der „richtigen“ Seite gekämpft haben (bis auf diese peinliche, aber halb vergessene Sache auf den Falklandinseln), können sie das relativ entspannt und ohne schlechtes Gewissen tun. Nun gut, ob sie es tun können, sei dahin gestellt; sie tun´s halt einfach – und zwar mit Begeisterung: Lässt man im Internet eine Suchmaschine – Ihr Rezensent bevorzugt Google – nach dem Begriffspaar „Military“ und „Blunders“ (nach dem Originaltitel des vorliegenden Buches) suchen, werden stolze 15.000 Websites angeboten!

Allerdings sollte Begeisterung keinesfalls Sachkenntnis ersetzen. Ohne in Details zu gehen, möchte Ihr Rezensent an dieser Stelle anmerken, dass ihm, der sich in der frühen und mittelalterlichen Geschichte berufsbedingt ziemlich gut auskennt, einige Punkte in Sauls Darstellung der besagten Schlacht im Teutoburger Wald, besonders aber des zweiten Kreuzzugs arg missfallen haben. Hier stützt sich der Autor zum Teil auf veraltete oder sogar definitiv falsche Quellen. Das lässt natürlich Misstrauen aufsteigen, inwieweit wir ihm sonst vertrauen können.

Ein weiteres Manko: Man mag es kaum ansprechen, aber wenn man nicht gerade zu denjenigen Zeitgenossen gehört, deren höchste Wonne es ist, die Schlachten der Weltgeschichte mit Tausenden von Zinnsoldaten nachzuspielen, ermüdet es unabhängig von der Zahl der Opfer rasch nachzulesen, wieso welcher Truppenteil wann welchen Berg stürmte (oder nicht). David selbst beschreibt die Schwierigkeit, um der Lesbarkeit willen die Balance zu finden zwischen der streng wissenschaftlichen und der eher populärwissenschaftlichen Darstellung; so recht ist ihm das jedenfalls nicht gelungen.

Angesichts der höchst komplizierten Dynamik, die dem Prozess des Kriegführens offensichtlich innewohnt, fragt man sich allerdings, ob noch so sorgfältige Pläne den Ausgang eines Gefechts wirklich beeinflussen können. Irgendwann scheint sich stets der Zufall durchzusetzen, es sei denn, der Kommandant ist definitiv verrückt, was übrigens häufiger vorgekommen ist, als man sich das vorstellen mag.

So wird die Lektüre mit fortschreitender Seitenzahl langsam etwas zäh. Man wird ungeduldig, runzelt über das inhaltliche Durcheinander bzw. die eigentümliche thematische Gliederung („Unfähige Kommandanten“, „Katastrophale Pläne“, „Einmischung von Politikern“, „Übertriebenes Selbstvertrauen“, „Truppenversagen“ – eine klare Trennungslinie kann da überhaupt nicht gezogen werden) die Stirn, mag Stalingrad nicht unbedingt an der Seite von Little Big Horn sehen. Vielleicht wäre es ratsam, „Die größten Fehlschläge …“ nicht am Stück, sondern in Etappen (um in den Jargon des Themas zu verfallen) zu lesen. Zu viel Dummheit am Stück kann ermüdend wirken oder zu wütender Resignation führen.

Übrigens präsentiert uns Saul David keineswegs „die größten Fehlschläge der Militärgeschichte“, wie uns der deutsche Titel weismachen möchte. Der Autor kann bereits im Vorwort glaubhaft machen, dass es ihm leicht gefallen wäre, ein Vielfaches an militärisch-menschlichen Katastrophen aus der Geschichte zu wählen. Aber sein Potpourri menschlichen Versagens reicht auch so vollauf!

Kunkel, Benjamin – Unentschlossen

Wenn ein Buch als „neuer Kultroman aus New York“ angepriesen wird, dann weckt das Erwartungen an einen hippen, lässig geschriebenen Roman, der sich in Szeneclubs abspielt und jede Menge Sex und Drogen bietet. Andere „Kultromane“ wie „Less Than Zero“, „Bright Lights, Big City“ oder „Trainspotting“ sparten zumindest nicht mit solchen Dingen.

Ob ein Roman zum Kultbuch wird, muss erst die Zeit beweisen. Ein bemerkenswertes Debüt ist „Unentschlossen“ von Benjamin Kunkel aber auf jeden Fall. Auch wenn sein Name durchaus auf einen deutschen Autoren schließen lässt, handelt es sich bei ihm um einen Amerikaner. Viel erfährt man im Klappentext jedoch nicht über ihn: „Benjamin Kunkel wuchs in Colorado auf. Er schreibt für Dissent, The Nation und The New York Review of Books und ist Mitbegründer des Magazins n+1.“

Die wichtigste Information zum Autor erhält man allerdings erst, wenn man zu schmökern beginnt. Kunkel hatte eine echte „novel idea“. So stattete er seinen Protagonisten und Erzähler in Personalunion mit einer wirklich skurrilen Krankheit aus. Der 28-jährige Dwight Wilmerding leidet an Abulie, auf Deutsch chronische Unentschlossenheit. Die Krankheit gibt es wirklich. Sie bezeichnet eine krankhafte Willenlosigkeit, bei der die betroffenen Personen zwar den Wunsch nach einer Handlung haben, sich für die Durchführung dieser Handlung aber oft nicht entscheiden können. Der überaus sympathische Dwight schafft diesem Problem mit Hilfe einer Münze ab, indem er sie entscheiden lässt, ob er zu etwas Lust hat oder nicht. Auch sonst scheint sich der New Yorker nur irgendwie durchs Leben zu wuseln. Nach dem Besuch einer Elite-High-School entscheidet er sich für ein Philosophiestudium an einer kleinen Universität. Dass dieses zu keiner erfolgreichen Karriere führt, ist klar. Dafür hat es ihm die Werke des Philosophen Otto Knittel (hinter dem sich Heidegger verbirgt) näher gebracht, aus denen der Erzähler des Öfteren Zitiert.

Eine Anstellung hat Dwight schließlich in dem Pharmakonzern Pfizer gefunden, doch dort wird er gekündigt. Die WG, in der er mit seinen drei Slackerfreunden wohnt, steht ebenfalls kurz vor der Auflösung. Höchste Zeit also, um ein paar Entscheidungen zu treffen. Sein Mitbewohner und Medizinstudent Dan weiß auch schon Abhilfe: Abulinix soll die Wunderwaffe gegen chronische Unentschlossenheit sein und Dwight stellt sich bereitwillig als Proband zur Verfügung. In der Zwischenzeit hat er sich mit Hilfe seiner Münze dazu entschlossen, seine alte Schulfreundin Natasha in Ecuador zu besuchen. In einer neuen Umgebung auf die neue Willensstärke warten, das ist sein Plan. Dieser wird aber gleich wieder durcheinander gebracht: In Ecuador angekommen, verschwindet Natasha und Dwight muss mit ihrer Freundin Brigid vorliebnehmen. Anstatt durch den Großstadtdschungel muss sich Dwight nun durch den Urwald kämpfen.

Von der Hochburg des Kapitalismus wechselt das Geschehen also in ein Land, das stark an dessen Folgen zu leiden hat. Der Ton des Buches ändert sich auf subtile Weise, immer überdeckt von der komisch-lockeren Sprache des Protagonisten. Dieser Wechsel wurde vielerorts kritisiert, vielleicht auch, weil die Themenbandbreite mit scheinbar jedem Kapitel weiter anwächst. Aus „Unentschlossen“ hätte gut ein über 500 Seiten langer Schmöker werden können. So wird das Thema 9/11 mal eben im Vorbeigehen gestreift. Dwight und seine Freunde haben den traurigsten aller New Yorker Tage im Ecstasyrausch einfach verschlafen. Doch es tut sich noch mehr auf. Da wäre die komplizierte Beziehung zu den Eltern (sein Vater scheint ihn wie einen Hund zu sehen) und die noch viel verworrenere Beziehung zu seiner Schwester Alice. Von der lässt er sich nicht nur psychoanalytisch untersuchen, es gibt auch inzestuöse Gefühle zwischen beiden. Wirklich ausgebaut wird dieses Thema jedoch nicht von Kunkel. Stattdessen mutiert der Roman, oder besser dessen „Held“, im equadorianischen Urwald mehr und mehr zu einem „demokratischen Sozialisten“. Zwischen Dwight und seiner Begleitung entwickelt sich zudem eine Liebesbeziehung. Beides findet seinen Ausbruch in einem wirklich grandios erzählten psychedelischen Drogentrip mit Adam und Eva Romantik.

Was nimmt man also von diesem postmodernen Bildungs- und Coming-of-Age-Roman mit? Erst eimal eine wirklich unterhaltsame Geschichte, die dank der (zum Teil auch mal derben) Situationskomik mehr als nur einen Lacher kreiert. Zum anderen portraitiert Kunkel einen jung gebliebenen Endzwanziger im Zusammenspiel mit dessen komplexer Umwelt. Dwight wurde sicherlich nicht mit Abulie ausgestattet, um dieser eher unbekannten Krankheit Gehör zu verschaffen. Sie mutiert vielmehr zu einer Metapher, die das Dilemma eines weiten Teils der westlichen Gesellschaft thematisiert. Mit einer unbegrenzten Zahl an Alternativen ausgestattet, fällt es nicht nur dem Protagonisten schwer, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen. Am leider weniger gelungenen Ende der Erzählung muss der Leser feststellen, das es nicht unbedingt die Unentschlossenheit Dwights war, die ihn in eine Krise stürzte, sondern vielmehr die Passivität, mit der er ihr begegnete. Das Warten auf eine Entscheidung, in diesem Fall auf das Wirken eines Medikaments (was im Übrigen ein weiterer Schlag gegen die amerikanische Mentalität, alle psychischen Probleme mit einem Medikament lösen zu wollen, ist), ist das eigentliche Problem. Wenn Dwight glaubt, die Wirkung von Abulinix zu spüren, wird er aktiver – und siehe da: Auf einmal weiß er, was er will.

In der New York Times fragte man „Wer hat Angst vor Holden Caulfield?“, dem Helden aus Salingers „Der Fänger im Roggen“. Dwight Wilmerding sicherlich nicht, auch wenn man auf den etwas kitschigen Epilog gerne verzichtet hätte. Hollywood wird das sicherlich nicht stören.

Barton, William A. / Gilett, Sheldon / Steines, Jan Christoph / Aniolowsky, Scott David / Willis, Ly – Chaugnar Faugns Fluch (Cthulhu-RPG)

_Inhalt_

„Chaugnar Faugns Fluch“ ist eine aus drei Abenteuern bestehende Kampagne für das „Cthulhu“-Rollenspiel, in welcher der große Alte Chaugnar Faugn (sprich: SCHAHG-nar FAHN) der Hauptantagonist der Spieler ist. Die Abenteuer spielen in den 1920ern in Berlin, London und Montréal. Diese wären:

|Der Fluch des Chaugnar Faugn|
Die Charaktere werden von einer früheren Geliebten eines Spielers gebeten, nach deren Vater zu schauen, da dieser in letzter Zeit etwas merkwürdig war. Selbiger ist Professor an der Universität und hat von einer Forschungsreise ein großes elefantenartiges Götzenbild mitgebracht.

|Die Prophezeiung|
Die Investigatoren bekommen ein Foto und einen Zeitungsartikel zugespielt. Diese bergen Hinweise darauf, dass sich der große Alte Chaugnar Faugn wohl in London aufhält. In der Stadt an der Themse angekommen, erwarten die Spieler eine rasante Schnipseljagd und ein unerwartetes Ende.

|Das Herz des Grauens|
Die Spur des Chaugnar Faugns führt die Charaktere nun nach Kanada, genauer nach Montréal. Außerdem lebt dort auch ein alter Freund, der sich mittlerweile als Pfarrer in Montréal niedergelassen hat. Dieser hat unter seiner Kirche einen Leichnam gefunden, in dem ein völlig unversehrtes Herz lag. Nun sollen die Spieler herausfinden, wer die Leiche wohl ist. Dabei kreuzen sie aber auch den Weg mit einer Familie von Gestaltwandlern, und auch der große Alte ist nicht fern.

_Mein Eindruck_

Zwei der drei Abenteuer aus diesem Band sind englische Übersetzungen: ‚Der Fluch des Chaugnar Faugn‘ (‚The Curse Of Chaugnar Faugn‘) und ‚Das Herz des Grauens‘ (‚Horrors Heart‘) haben zwar einen losen Bezug zueinander, können aber durchaus auch alleine gespielt werden. Erst durch die Verbindung mit ‚Die Prophezeiung‘, das extra von Jan-Christoph Steines geschrieben wurde, wird aus den Abenteuern eine Kampagne. Und die hat es in sich, sowohl für die Spieler als auch für den Spielleiter. Durch die vielen Verflechtungen, vor allem bei ‚Das Herz des Grauens‘, können ungeübte oder vergessliche Spielleiter sehr leicht durcheinander kommen und so den Spielverlauf erheblich stören. Auch von den Spielern wird ziemlich viel verlangt, sowohl, was deren Charaktere als auch die Spieler selbst betrifft. Daher würde ich „Chaugnar Faugns Fluch“ hauptsächlich erfahrenen Runden empfehlen.

Handwerklich ist alles wieder in gewohnt hochklassiger Qualität: Hardcover, tolle Umschlaggestaltung, viele zeitgenössische Fotos und eine sehr gute Übersetzung lassen eigentlich kaum Wünsche offen. Die einzelnen Abenteuer wissen zudem zu überzeugen. ‚Der Fluch des Chaugnar Faugn‘ ist ein toller Einstieg in die Kampagne, kann allerdings für einen der Spieler recht unangenehme (oder angenehme?) Folgen haben, vor allem, wenn dieser seinen Charakter schon relativ lange spielt. Hier braucht der Spielleiter ein gutes Händchen bei der Auswahl seines Opfers. Was diese Folgen sein können, werde ich hier jetzt natürlich nicht verraten, nur so viel: Er wird danach wohl deutlich besser aussehen als zuvor. Ansonsten haben die Investigatoren hier einmal die Chance, direkt gegen einen großen Alten zu kämpfen, was ja wohl auch nicht in jedem Abenteuer vorkommt.

Bei ‚Die Prophezeiung‘ hat der Spielleiter die Möglichkeit, seine Gruppe mal auf eine richtig schöne Schnipseljagd durch ganz London zu schicken und sie an der Nase herumzuführen. Den eigentlichen Höhepunkt bildet aber zweifellos ‚Das Herz des Grauens‘: Chaugnar Faugns, zwei konkurrierende Geheimgesellschaften und eine Familie von Gestaltwandlern konkurrieren mit den Charakteren! Dazu noch eine Menge verschiedener Verflechtungen und 19 (!) verschiedene und sehr anspruchsvoll gestaltete Handouts runden das Ganze ab – furios!

Aber wie gesagt, nicht gerade einfach. Allerdings genau das Richtige, um einigen „altgedienten“ Spielern mal wieder richtig Feuer unterm Hintern zu machen. Den Vergleich mit anderen Kampagnen braucht „Chaugnar Faugns Fluch“ aber auf keinen Fall zu fürchten, denn hier ist erstklassige Arbeit abgeliefert worden.

_Fazit:_ „Chaugnar Faugns Fluch“ ist eine rasante, aber nicht ganz einfache Kampagne, die perfekt geeignet ist, um eine erfahrene Gruppe mal wieder das Fürchten zu lehren. Erstklassige Arbeit der „Cthulhu“-Redaktion. Mehr davon!

http://www.pegasus.de/cthulhu.html
http://www.cthuloide-welten.de/
[„Cthulhu Spieler-Handbuch“ 1744
[„Cthulhu Spielleiter-Handbuch“ 2016

Hyung, Min-Woo – Priest – Band 13

[Band 1 1704
[Band 2 1705
[Band 3 1707
[Band 4 1709
[Band 5 1720
[Band 6 2515
[Band 7 2516
[Band 8 2575
[Band 9 2618
[Band 10 2701
[Band 11 2854
[Band 12 3002

_Story_

Nera und die Kreaturen ihres Wanderzirkus‘ sind gerade noch einmal unbeschadet aus der Stadt entkommen, lassen aber weiterhin in der Umgebung von Windtale ihre Zelte stehen. Und wie die verunstalteten Wesen auch bald erkennen müssen, stecken hinter dem trügerischen Auftreten ihrer Herrin einige finstere Pläne, die Nera selbst durch ihre unbeholfenen Lügen verrät.

Währenddessen entbrennt zwischen Temozarela und Netraphim, dem Wächter des Tores zum Himmel, ein gnadenloser Kampf, an dessen Ende sich beide Engel eingestehen müssen, zu welch erbärmlichen Geschöpfen sie in ihrem sturen Glauben geworden sind.

Und auch Ivan Isaacs ist nicht untätig; er alleine ist ausersehen, die gefallenen Seraphim aufzustöbern und auszulöschen, denn nur über sie führt der Weg zu ihrem Anführer Temozarela.

_Meine Meinung_

Erst kürzlich stellte ich mir die Frage, wann der Autor von „Priest“ den geplanten Abschluss der Serie einleiten möchte, und nachdem ich in Band 12 noch erhebliche Zweifel hatte, dass ihm dies in unmittelbarer Zukunft gelingen wird, werden die Karten nur eine Episode später wieder neu gemischt, denn die 13. Ausgabe des wunderbaren Action/Horror-Manhwas steuert kompromisslos auf den lang ersehnten Showdown zwischen Temozarela und Ivan Isaacs und damit auch auf das große Finale von „Priest“ zu.

Autor Min-Woo Hyung zeigt sich mal wieder so unberechenbar wie eh und je, löst sein zuletzt noch kreiertes Trugbild um die mütterliche Figur Nera wieder auf und zeigt zumindest schon einmal in Ansätzen ihr wahres Ich. Ihre Motivation, den Standort Windtale nicht zu verlassen, hat einen bestimmten, bereits erahnbaren Grund. Der Ort steht nämlich in einer gewissen Beziehung zu den sich nähernden Seraphim, und obwohl es anfangs noch unglaublich scheint, so gibt es anscheinend doch eine Verbindung zwischen Nera und Temozarela. Doch welche?

Der Erzengel jedoch muss erst einmal einen aussichtslosen Kampf bestehen, doch es gelingt ihm schließlich, den Wächter des Himmelstores zu überlisten, der nun nur noch auf die Hilfe des verdorbenen Priesters Ivan Isaacs hoffen kann, um die Welt vorm bevorstehenden Chaos zu bewahren.
Und während all dies geschieht, nehmen die Stammesbrüder Cairos unbarmherzige Rache an den Glaubensbrüdern, die ihren verstoßenen Gefährten durch den Märtyrertod zur Legende gemacht und die grausamen Rachegelüste der Rothäute erst geschürt haben.

„Priest – Band 13“ ist definitiv wieder actionreicher als die vorangegangenen Folgen, dabei aber auch wieder unheimlich brutal. Sowohl Ivan Isaacs als auch besagte Indianer metzeln in der Mitte des Buches, was das Zeug hält, und steigern sich in einen wahren Blutrausch, der etwas gezügelter auch beim Aufeinandertreffen von Netraphim und Temozarela inszeniert wird. Min-Woo Hyung nimmt alle Scheuklappen ab und lässt dem Hass der beteiligten Charaktere in diesen Szenen freien Lauf, übertreibt es meines Erachtens dabei aber auch wieder ein wenig. Schließlich hat es der Autor und Zeichner eigentlich gar nicht nötig, mit überzogenen Gewaltdarstellungen Effekte zu bewirken, die er eigentlich schon durch die Handlung erzielt hat. Für meinen Teil wird dies auch weiterhin die einzige Schwäche dieser Serie bleiben.

Ansonsten breitet sich in diesem Comicroman wieder eine kaum noch zu unterdrückende Euphorie aus; der große Kampf zwischen Temozarela und Ivan steht unmittelbar bevor, und mit der Gewissheit im Hinterkopf, dass es bereits im nächsten Band zu diesem unvermeidlichen Gefecht kommen könnte, neigt sich die Begeisterung über diese Serie ihrem bisherigen Höhepunkt zu. Hier wird das eingeleitet, worauf alle gewartet haben, und damit kommt der 13. Folge wohl auch eine Schlüsselposition in dieser Serie zu.

Als Fazit daher auch nur so viel: Die Spannung steigt …

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James Hadley Chase – Der Schlächter von Dead End

chase-schlaechter-cover-kleinDen Massenmord im Haus einer berühmten Schauspielerin möchte ein ehrgeiziger Ermittler unbedingt einem verhassten Gangsterboss anhängen. Das persönlichen Duell mündet in einem leichenreichen Krieg zwischen Gesetz und Verbrechen … – Ein typischer Chase-Reißer, d. h. einerseits simpel aber effektvoll geplottet, hart und schnell, andererseits aber klischeebeladen und heute angestaubt; die ‚überraschende‘ Lösung des Mordrätsels errät der moderne Leser auf Anhieb.
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Nuyen, Jenny-Mai – Nijura – Das Erbe der Elfenkrone

Scapa ist ein Dieb. Zugegeben, ein sehr geschickter, findiger Dieb, trotzdem ist das Leben in den engen Gassen der Kesselstadt für einen gerade mal dreizehnjährigen Gassenjungen nicht einfach, schon gar nicht, wenn man von einem übermächtigen Unterweltboß ausgebeutet wird. Trotzdem wäre Scapa womöglich nie auf die Idee gekommen, sich gegen Vio Torren aufzulehnen, wäre da nicht seine Freundin Arane. Die ist unter keinen Umständen bereit, sich irgendjemandem zu beugen! Wenn es nach ihr ginge, wären sie und Scapa die Herrscher über Kesselstadt, und kein Rückschlag kann sie von ihrem festen Ziel abbringen: die Eroberung von Vio Torrens Fuchsbau …

Einige Tagesreisen von Kesselstadt entfernt in den dunklen Wäldern lebt in einem Hykaden-Dorf das Mädchen Nill. Als Halbelfe ist sie eine Außenseiterin und erfährt von den Menschen ringsum hauptsächlich Ablehnung und Spott. Am wohlsten fühlt sie sich draußen im Wald, zwischen Bäumen, Moos und Farn. Dort findet sie eines Tages in einer hohlen Birke einen schwarzen, steinernen Dorn und nimmt ihn mit. Doch mit dem ungewöhnlichen Stück hat es eine besondere Bewandtnis, und schon bald findet Nill sich zu ihrer Überraschung auf einer Queste wieder.

Eine äußerst gefährliche Fahrt, wie sich bald herausstellt. Denn ein Usurpator hat die Krone der Moorelfen an sich gerissen, und er will Krieg …

Scapa, Arane und Nill sind die Hauptcharaktere des Buches.

Auf den ersten Blick mag es so aussehen, als sei Scapa der Anführer. Er ist derjenige, der spricht, sowohl mit den Hehlern, denen sie ihre Beute verkaufen, als auch mit den anderen Straßenkindern, deren Unterstützung für ihren Angriff auf Torren sie suchen. Die treibende Kraft in seinem Leben jedoch ist Arane! Ganz gleich, was er auch tut, er tut es immer für sie. Scapa ist ein Kind der Extreme. Nachdem er sich Arane verschrieben hat, gibt es nichts anderes mehr für ihn, ohne sie ist er wie eine leere Hülle. Ein trauernder Scapa, der seinen Weg ohne Arane weitergeht, ist unvorstellbar. Entweder ein Leben mit ihr, oder gar keines!

Arane dagegen wirkt nicht so, als könnte sie ohne Scapa nicht leben. Was nicht heißen soll, dass sie nicht an ihm hängt. Aber sie hat mehr als nur das eine Ziel, Scapa glücklich zu machen. Arane ist ehrgeizig, ja geradezu machthungrig. Und als sie von Scapa getrennt wird, geht sie ihren Weg ebenso zielstrebig weiter wie zuvor. Ihr Antrieb ist Zorn: Zorn auf alle, die ihr nichts zutrauen! Weil sie arm ist, nur ein Kind und noch dazu ein Mädchen! Sie will es ihnen allen zeigen!

Nill ist im Vergleich zu Arane außerordentlich bescheiden. Alles, was sie sich wünscht, ist Zuneigung. Doch die Liebe ist launisch, und so verliert sie ihr Herz ausgerechnet an Scapa, hinter dessen finsterem Gesicht und abweisender Art sie eine tief verletzte Seele vorfindet …

Die Zeichnung ihrer Charaktere ist Jenny-Mai Nuyen hervorragend gelungen. Das gilt nicht nur für die drei Hauptprotagonisten, sondern für alle ihre Figuren, von den vier Elfenkriegern, die Nill begleiten, bis hin zu den kleinen Nebenrollen wie dem verstoßenen Nachtelf Maferis. Dabei ist es nicht mit Glaubwürdigkeit und Nachvollziehbarkeit getan – keine der Figuren ist ausschließlich gut oder böse -, sondern jeder einzelne von ihnen ist so plastisch beschrieben, dass man ihn fast anfassen kann. Außer bei Juliet Marillier ist mir so etwas noch nicht begegnet.

Dieselbe Intensität findet sich auch bei den Beschreibungen des Dunklen Waldes, der Kesselstadt oder der Marschen. Die Autorin schreibt in einer sehr poetischen Sprache, die mit wenigen Worten Bilder und Stimmungen wachzurufen weiß. Wer sich darauf einlässt, auf den wartet eine Welt, die vielleicht in ihrem Entwurf nicht absolut neu ist, aber ungeheuer lebendig und hautnah!

Die Handlung mag ebenfalls nicht unbedingt neu sein. Eine Gruppe von Gefährten, die sich aufmachen, einen Tyrannen zu stürzen, ist uns schon oft genug begegnet. Doch einige überraschende Wendungen sorgen dafür, dass das Schema „Held folgt seiner Bestimmung in die Höhle des Löwen und ficht dort den Kampf zur Befreiung der Welt aus“ auf dieses Buch nicht anwendbar ist. Abgesehen davon wird die Geschichte größtenteils von den Charakteren getragen, deren eindringliche Schilderung dem Geschehen seine Dramatik verleiht.

Das soll nicht heißen, dass im Grunde außer Gerede nicht viel passiert. Die Gefährten werden verfolgt, nicht nur von Schergen des Usurpators, sondern auch von Lebewesen der Sümpfe, eine Verfolgungsjagd durch die Gassen Kesselstadts findet sich ebenso wie Verrat und Krieg. Die Autorin hält geschickt die Balance zwischen der Entwicklung der Charaktere, dem Fortlauf der Geschichte und den gelegentlich eingestreuten Rückblenden, die Erklärungen für die Ausgangssituation der Erzählung liefern. So kommt bei der Lektüre zu keiner Zeit Langeweile auf.

Es lässt sich allerdings nicht leugnen, dass ich auch bei diesem Buch an ein paar Kleinigkeiten hängen geblieben bin.

Zum Beispiel hat es mich doch sehr überrascht, dass die Elfen und ihr Wildschwein so problemlos dicke Kerkermauern durchbrechen konnten. Außerdem fragte ich mich, wie Fesco es so ganz ohne Proviant zurück bis nach Kesselstadt geschafft hat. Am erstaunlichsten fand ich, dass nicht Ifredes das Weiße Kind war, obwohl er eigentlich alle Voraussetzungen dafür erfüllt hätte … Im Hinblick auf die Gesamtheit des Buches jedoch sind das nur Kleinigkeiten.

Um es kurz zu machen: Jenny-Mai Nuyen hat vielleicht nicht die Fantasy neu erfunden, aber sie hat einen faszinierenden und beeindruckenden Beitrag dazu abgeliefert! Ihre Charakterzeichnung und die Darstellung ihrer Welt beweisen viel Gespür und Einfühlungsvermögen, ihre Geschichte zeigen deutlich Geschick und Einfallsreichtum. Ein neuerlicher Beweis dafür, dass für das Verfassen lesenswerter Bücher nicht unbedingt die Lebenserfahrung eines Erwachsenen nötig ist! „Nijura“ ist ein Roman, den ich guten Gewissens nicht nur Jugendlichen, sondern auch Erwachsenen empfehlen kann. Er hat mir so ausnehmend gut gefallen, dass ich bestimmt auch ihren nächsten Roman lesen werde.

Jenny-Mai Nuyen stammt aus München und schrieb ihre erste Geschichte mit fünf Jahren. Mit dreizehn wusste sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte. „Nijura“ begann sie im Alter von sechzehn Jahren. Inzwischen ist sie achtzehn, studiert Film an der New York University und arbeitet an ihrem nächsten Roman.

Gebundene Ausgabe 512 Seiten
ISBN-13: 978-3-570-13058-2

www.jenny-mai-nuyen.de/
www.randomhouse.de/cbjugendbuch/index.jsp

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Shelley, Mary / Gruppe, Marc – Frankenstein. Teil 2 von 2 (Gruselkabinett 13)

_Story_

Kurze Zeit, nachdem Victor Frankenstein einen entscheidenden Fortschritt in seinen Forschungen hat erzielen können, wird ihm das Resultat all dessen zum Verhängnis. Das schreckliche Geschöpf, das er erschaffen hat, wendet sich gegen ihn, als Victor ihm seine Abneigung deutlich macht. Gleichzeitig wird Frankenstein von einem herben Schicksalsschlag getroffen, als die Nachricht vom Tode seines jungen Bruders William eintrifft.

Dieser ist unter mysteriösen Umständen umgekommen, und weil Victors Vater umgehend nach Vergeltung verlangt, spricht sich das Kammermädchen Justine selber schuldig und wird öffentlich hingerichtet. Frankenstein kann nicht fassen, was sich in seiner Gegenwart abspielt und ist fest davon überzeugt, dass die hässliche Kreatur, die plötzlich aus seinen Augen verschwunden ist, für all das Grauen verantwortlich ist. Victor hat jedoch schon im Gefühl, wo er den mutmaßlichen Mörder seines Bruders auffindet, und tatsächlich kommt es auf dem Gipfel des Mont Blanc zu einem weiteren Aufeinandertreffen, bei dem Victor die Chance hat, seinen Fehler wieder zu korrigieren. Doch Herr Frankenstein geht nicht auf die Kompromisse seines Gegenübers ein und stürzt sich damit noch tiefer ins Elend.

_Meine Meinung_

Frankenstein, die Zweite. Nachdem die erste Episode dieses Zweiteilers schon eine sehr vielversprechende Basis für das Finale des legendären Meisterwerks von Mary W. Shelley geliefert hat, kommt es nun bereits zur Entscheidung, und die hat es, genauso wie man es erwarten durfte, auch wirklich in sich. Jetzt, wo die Pässe gespielt sind und das Drama seinen Lauf nehmen kann, dringt erst die tatsächliche Tragik der Handlung nach außen. War Victor Frankenstein im ersten Part noch recht überheblich, was seine wissenschaftlichen Forschungen anbelangte, wird ihm nun die Kehrseite der Medaille mit all ihren Konsequenzen offenbart. Das Monstrum hat sich an seinen Angehörigen vergriffen und damit ebenso Missbrauch betrieben wie Frankenstein einst, als er bei seiner Ursachenforschung die Unantastbarkeit des menschlichen Wesens missachtete und sich an diesem toten Patchwork-Wesen vergriff, das ihm anschließend zum Verhängnis werden sollte.

Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, dies alles aufzuarbeiten, so dass auch eben jene Tragik derart zur Geltung kommt, wie es die Originalvorlage eigentlich verlangt. Das Produktionsteam des Hörspiels hat sich dafür entschieden, nach einer rasant fortschreitenden Handlung plötzlich die Bremse anzuziehen und einen ziemlich langen Monolog von Seiten des fiesen Geschöpfes einzuschieben. Dies erweist sich allerdings als nicht ganz so günstig, weil die Spannung dadurch für eine kurze Zeit gänzlich herausgenommen wird und die mittlerweile dritte Geschichte in der eigentlichen Geschichte erzählt wird (nämlich der Rückblick des unmenschlichen Wesens auf all die Ereignisse, die sich in den vergangenen Wochen zugetragen haben). Erst später nimmt die Erzählung dann wieder Fahrt auf und steigert sich hinsichtlich der Dramaturgie bis zum Maximum, so dass man auch wieder auf die gewohnte Qualität trifft. Doch mittendrin, eigentlich am vorläufigen Höhepunkt, bricht die Geschichte ein wenig ein und zieht sich für einen kurzen Zeitraum unnötig in die Länge (nein, das ist kein Widerspruch!), ohne dass dabei entscheidende Dinge passierten.

Davon einmal abgesehen, wurde auch der zweite Teil des Hörspiels wirklich fabelhaft inszeniert. Die Atmosphäre ist einfach nur großartig und trotz der teilweise recht einseitigen Dialoge – die Sprecherparts sind teilweise tatsächlich sehr lang – sehr belebend, so dass sich die Tragödie ziemlich bemerkenswert entwickeln kann. Dabei kommt es zu einigen erschütternden Momenten, die im Hörer Sympathien für das ungewollt reanimierte Monster wecken, die dann aber wieder aufgehoben werden, wenn gezeigt wird, wie es reagiert, wenn man seine Bedürfnisse nicht befriedigt. Aber es gibt Szenen, in denen man sich in einem echten Zwiespalt befindet, in dem dann abgewogen werden muss, ob man nun Mitleid für die eine oder doch die andere Seite empfinden sollte. Zumindest manchmal geht dem Zuhörer das Ganze schon ziemlich nahe, weil die Charaktere sehr emotional auftreten und von ihren jeweiligen Sprechern auch mit einer Spitzenperformance bedacht werden. Doch diese Punkte sind ganz klar auch die Highlights eines nur kurzzeitig ins Stocken geratenden Hörspiels, das dem Anspruch der Vorlage von Mrs. Shelley in fast allen Belangen vollends gerecht wird.

Im Gegensatz zu den vorherigen Folgen aus dem „Gruselkabinett“ ist es dieses Mal aber auch so, dass nicht nur ausschließlich Lob ausgesprochen werden kann. „Frankenstein 2“ hat ein paar geringe Schwächen, die aber nach dem erneut sehr positiven Gesamteindruck dieser vertonten Geschichte wieder locker unter den Tisch gekehrt werden können. Käufer des ersten Teils müssen ja sowieso zuschlagen – wenngleich ich nicht ganz verstehe, warum das Ganze nicht als Doppel-CD veröffentlicht wurde – aber auch Fans der übergeordneten Serie sollten sich nicht von der leichten Kritik abschrecken lassen, denn selbst mit Einschränkung gehört auch der zweite Teil von „Frankenstein“ immer noch zu den führenden aktuellen Hörspielproduktionen auf dem deutschen Markt.

Home – Atmosphärische Hörspiele


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_Das |Gruselkabinett| auf |Buchwurm.info|:_

[„Carmilla, der Vampir“ 993 (Gruselkabinett 1)
[„Das Amulett der Mumie“ 1148 (Gruselkabinett 2)
[„Die Familie des Vampirs“ 1026 (Gruselkabinett 3)
[„Das Phantom der Oper“ 1798 (Gruselkabinett 4)
[„Die Unschuldsengel“ 1383 (Gruselkabinett 5)
[„Das verfluchte Haus“ 1810 (Gruselkabinett 6)
[„Die Totenbraut“ 1854 (Gruselkabinett 7)
[„Spuk in Hill House“ 1866 (Gruselkabinett 8 & 9)
[„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ 2349 (Gruselkabinett 10)
[„Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11)
[„Frankenstein. Teil 1 von 2“ 2960 (Gruselkabinett 12)
[„Frankenstein. Teil 2 von 2“ 2965 (Gruselkabinett 13)
[„Frankenstein. Teil 1 und 2“ 3132 (Gruselkabinett 12 & 13)
[„Die Blutbaronin“ 3032 (Gruselkabinett 14)
[„Der Freischütz“ 3038 (Gruselkabinett 15)
[„Dracula“ 3489 (Gruselkabinett 16-19)
[„Der Werwolf“ 4316 (Gruselkabinett 20)
[„Der Hexenfluch“ 4332 (Gruselkabinett 21)
[„Der fliegende Holländer“ 4358 (Gruselkabinett 22)
[„Die Bilder der Ahnen“ 4366 (Gruselkabinett 23)
[„Der Fall Charles Dexter Ward“ 4851 (Gruselkabinett 24/25)
[„Die liebende Tote“ 5021 (Gruselkabinett 26)
[„Der Leichendieb“ 5166 (Gruselkabinett 27)

Reinhard Kleist – Cash – I see a darkness

Spätestens seit »Walk the Line« im Kino lief, kann man guten Gewissens von »Cashmania« reden. Franz Dobler verwendet diese Vokabel in seinem Vorwort zu Reinhard Kleists Comicbiographie »Cash – I see a darkness«. Cashmania. Ein Ausdruck für die allgemeine Begeisterung, die Johnny Cash posthum zuteil wird. Der schwarze Highwayman, Mister Ring-of-Fire, hat es in die Popkultur geschafft. Fast möchte man von Kult sprechen, wäre das Wort nicht so abgegriffen.

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Weyn, Suzanne – Bar Code Tattoo

Es ist mittlerweile kein ganz so ungewöhnliches Szenario mehr, das Suzanne Weyn in ihrem Roman „Bar Code Tattoo“ heraufbeschwört. Bargeld ist Schnee von gestern, auch Kreditkarten sind schon lange out. Der Mensch der Zukunft braucht im Jahre 2025 nichts andere mehr als ein paar Striche auf dem Handgelenk – ein Strichcode-Tattoo. Als Zahlungsmittel erleichtert es den Alltag und dank gespeicherter Führerschein-, Ausweis- und Versicherungsdaten braucht man keine Papiere mehr mit sich umherzutragen. Das ist enorm praktisch, möchte man meinen, doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite offenbart ein ganz anderes Bild – das der totalen Überwachung.

In dieser Welt wächst die junge Kayla auf. Sie ist gerade siebzehn geworden, Zeit, sich wie alle anderen tätowieren zu lassen. Doch Kayla ist unschlüssig. Sie hegt Zweifel daran, dass das Tattoo wirklich so harmlos ist, wie ihr alle eintrichtern wollen. Was steckt hinter der Behauptung von Kaylas Mutter, dass das Tattoo Schuld daran ist, dass ihr Vater sich vor kurzem das Leben genommen hat? Auch die Familie ihrer Freundin trifft ein hartes Schicksal, anscheinend auch wegen des Tattoos.

Kayla will die Wahrheit herausfinden, bevor sie sich selbst tätowieren lässt. In der Schule schließt sie Freundschaft mit einigen Jugendlichen, die sich in der Bürgerrechtsbewegung engagieren, und erfährt so manches über das Tattoo, das sie in dem Glauben bestärkt, dass die Regierung das Tattoo nicht zum Wohle der Allgemeinheit eingeführt hat. Offenbar geht es dabei um das Erfassen des Gen-Codes der Menschen und darum, bestimmte Menschen aufgrund genetischer Eigenschaften auszusortieren. Für Kayla und ihre Freunde steht fest, sie müssen sich dem entgegenstellen …

Was Suzanne Weyn in ihrem Roman skizziert, ist ein Zukunftsszenario, das durchaus vorstellbar erscheint. Schon heute sind die meisten Menschen bereit, ihre Bürgerrechte zum Wohle ihrer Sicherheit (egal ob einer tatsächlichen oder einer vorgegaukelten) zum Fenster rauszuwerfen. Dank gespeicherter Daten auf diversen Kunden- und Kreditkarten ist der gläserne Bürger ein Stück mehr Realität geworden. Bequemlichkeit und Sicherheit sind bei den Befürwortern gern gesehene Argumente und die Warnrufe von Verbraucherschützern und Bürgerrechtlern werden gerne abgewunken.

Suzanne Weyn setzt die gegenwärtige Entwicklung konsequent fort und zeigt, wohin das Ganze führen kann. Der Bar Code am Handgelenk dient vorgeblich dem Komfort und der Sicherheit. Niemand kann mehr Kreditkarten und Ausweispapiere stehlen und man hat immer alles parat, was man braucht. Doch der Strichcode macht den Menschen auch verwundbar. Alle sensiblen Daten befinden sich in einem einzigen Code, alles wird zentral erfasst, und man mag sich gar nicht ausmalen, was passieren könnte, wenn diese Daten in die falschen Hände geraten.

Ebenso ermuntert das leicht zugängliche Vorhandensein sämtlicher Daten dazu, sie auch zu nutzen und damit in die Persönlichkeitsrechte des Menschen einzugreifen. Der Blick auf die genetischen Eigenschaften vor Abschluss einer Versicherung oder beim Einstieg in den Job sind nur zwei bescheidene Beispiele.

Mit genau diesen Dingen setzt auch Kayla sich auseinander. Sie lebt in einer durch und durch globalisierten Welt. Die Verflechtungen von Politik und Wirtschaft sind so weit entwickelt, dass sich niemand mehr Mühe gibt, sie zu verbergen. Der „Präsident“ der Vereinigten Staaten steht gleichzeitig dem alles beherrschenden Konzern „Global 1“ vor. Die Interessen des Staates sind nichts anderes als die Interessen eines riesigen globalen Konzerns.

In dieser Welt hat Kayla so einiges durchzustehen. Erst verliert sie ihren Vater, worauf ihre Mutter in zunehmendem Maße dem Alkohol zuspricht und die Tochter vernachlässigt, die sich dann selbst um einen Job bemüht, um den Lebensunterhalt der beiden zu bestreiten. Dann verliert sie ihre Freundin, die, wirtschaftlich ruiniert, mit ihren Eltern zu weit entfernt wohnenden Verwandten ziehen muss.

All diese Schicksalsschläge treffen Kayla mit atemberaubender Geschwindigkeit und weitere folgen im Laufe der Geschichte. Es ist fast zu viel, als dass ein siebzehnjähriges Mädchen allein damit fertig werden könnte, und so mag man Kayla es auch nicht so ganz abnehmen, wie stark sie selbst dabei bleibt. Kaylas emotionales Innenleben ist wie ein Betonklotz, der zwar einige Risse bekommt, aber im Wesentlichen kaum zu erschüttern zu sein scheint. Hier wünscht man sich als Leser etwas mehr Tiefe in der Figurenbetrachtung.

Natürlich muss man Weyn zugute halten, dass „Bar Code Tattoo“ ein Jugendbuch ist, dennoch erscheint die Figurenskizzierung etwas zu oberflächlich für meinen Geschmack. Das Bild wäre einfach vollständiger, würde Weyn das Innenleben ihrer Hauptfigur etwas stärker vertiefen. Auch Dreizehnjährige sollten keine Probleme damit haben, das dann nachvollziehen zu können.

Eine weitere Schwäche offenbart sich mit Blick auf die Romankonstruktion. Das Szenario entwickelt sie ganz hervorragend, da gibt es gar keinen Zweifel, der Aufbau der Geschichte hadert aber hier und da ein wenig mit der Glaubwürdigkeit. Die Entlarvung eines Verräters (den wir hier selbstverständlich nicht namentlich nennen wollen) erfolgt, auch gemessen an einem Jugendbuch, etwas zu plump.

Ebenso erscheint es etwas unglaubwürdig, in welcher Weise sich im weiteren Verlauf der Geschichte die Wege der Protagonisten immer wieder auf sonderbare Weise kreuzen. Räumlich längst voneinander getrennt und über den Nordosten der USA verstreut, treffen sie sich urplötzlich mitten im Wald wieder – und es kommt nicht nur einmal vor, dass der Faktor Zufall auf diese Weise etwas überstrapaziert wird.

So wirkt der Plot stellenweise leider ein wenig mit der Brechstange konstruiert, was in Anbetracht des eigentlich so gelungen entworfenen Szenarios wirklich schade ist. Gerade im Bereich der Utopien habe ich im Jugendbuchsektor schon Bücher gelesen, deren Umsetzung besser ist (z. B. [„Das Skorpionenhaus“ 1737 von Nancy Farmer). Es liegt also nicht einfach nur an der höheren Erwartungshaltung, die man als Erwachsener hat.

Der Verlag empfiehlt das Buch ab 13 Jahren, und das erscheint mir auch angemessen. Die Thematik ist in jedem Fall wichtig und sie ist so aufbereitet, dass sie Kindern dieser Altersklasse gut zugänglich sein dürfte. Weyn skizziert ihr Szenario so, dass es leicht verständlich ist. Sie packt das Thema jugendtauglich an, auch wenn sie zum Ende hin eine seltsam mystisch angehauchte Richtung einschlägt, die etwas sonderbar erscheint, weil Weyns Erklärungen auch nicht ausreichen, das Ganze wirklich schlüssig erscheinen zu lassen. Zumindest lässt sich das Ganze argumentativ sehr leicht aushebeln.

Bleibt am Ende ein etwas gemischter Eindruck zu „Bar Code Tattoo“ zurück. Einerseits eine wirklich wichtige Thematik, die gerade auch bei Kindern und Jugendlichen, die heute aufwachsen und für die Kredit- und Kundenkarte eine alltägliche Selbstverständlichkeit sind, ein schöner Anlass ist, diese Dinge auch mal kritisch zu hinterfragen. Weyn entwirft ein durchaus glaubhaftes Szenario, schlägt aber dabei zum Ende hin eine etwas fragwürdige Richtung ein und kann auch mit der Romankonstruktion und der Figurenskizzierung nicht hundertprozentig überzeugen. Wichtige Lektüre ja, aber eben leider in der Romanumsetzung auch mit einigen Schwächen.

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Dan Shocker – Totenkopfmond (Macabros, Band 24)

Der Band enthält die beiden Romane „Aufstand der Knochenmonster“ und „Totenkopfmond“, die beide 1977 in der gleichnamigen Heftromanserie des |Zauberkreis|-Verlages erschienen sind.

Anka Sörgensen hat sich auf eigenen Wunsch in eine psychiatrische Anstalt einweisen lassen, nachdem sie gesehen hat, wie ein Bild in ihrer Wohnung lebendig wurde (siehe Macabros Band 23). Dort wird sie fast erneut zum Opfer eines merkwürdigen Anschlags, als ein Baum unvermittelt umstürzt. Dabei hat sie eine neue Vision: Eine junge Frau, die Schauspielerin Tina Marino, begegnet vor ihrem Hotel in London einem lebenden Skelett. Anka und ihr Arzt Thorwald Belman fliegen nach England und kontaktieren Tina Marino. Anka und Tina schließen schnell Freundschaft und beschließen, den skelettierten Mann aufzusuchen. Doch dort lauert bereits die dämonische Hexe Maletta auf die beiden Frauen, welche bereits in Norwegen mehrfach versuchte, Anka zu vernichten.

Dan Shocker – Totenkopfmond (Macabros, Band 24) weiterlesen

Wickenhäuser, Ruben (Hg.) / Müller, Titus (Hg.) / Gablé, R. / Wassermann, S. / Hyde, M. / Dieckmann, – zwölfte Tag, Der

Der Roman „Der zwölfte Tag“ basiert auf den historischen Begebenheiten, die sich in der Zeit vom 1. bis 12. August 1100 in England ereigneten. Die Erzählung wurde von zwölf Autoren gemeinsam verfasst, von denen jeder die Geschehnisse eines Tages in Form von zwei Kapitel beschrieb. Doch treffen in diesem Buch nicht nur die zwölf unterschiedlicher Erzählstile der einzelnen Autoren aufeinander, sondern auch eine Vielzahl an Persönlichkeiten, deren Charaktere sich weitaus häufiger widersprechen, als sie einander ergänzen.

Im ersten Kapitel begegnet dem Leser der weltfremde Mönch Oswin, der sich selbst zum Propheten erklärt und aufgrund einer Vision zum Hofe des Königs begibt, um diesen vor seinem bevorstehenden Tod zu warnen. Als nächstes trifft der Leser auf den Adeligen Walter Tirel of Poix, der gemeinsam mit dem König auf Hirschjagd geht. Als der König während der Jagd von einem Pfeil getroffen wird, verdächtigt man Walter des Königsmordes. Auf seiner Flucht begegnet Walter Achae, die mit einer Gruppe angelsächsischer Gesetzloser im Wald lebt. Und während am Hofe des Königs die Intrigen um die Thronfolge und die Neuverteilung der Machtpositionen ihren Gang nehmen, versuchen Walter, Achae und Oswin auf ganz unterschiedlichen Wegen, den wahren Mörder des Königs zu finden.

Liebe, Lügen, Verrat, Mord, Eifersucht, Täuschung, Machthunger … alles in allem ein Stoff, der viele Möglichkeiten bietet und viele Motive vereint. Leider schaffen es die zwölf Autoren nicht, all diese Möglichkeiten auszunutzen. Die einzelnen Motive werden nicht zu einem stimmigen Ganzen verarbeitet, sondern stehen scheinbar zusammenhanglos zwischen den Ereignissen. Jede der Figuren geht einen eigenen, ausschließlich egoistisch motivierten Weg, auch wenn einige von ihnen dasselbe Ziel verfolgen. Der Handlungsverlauf wirkt holprig und ist gespickt mit unglaublichen Zufällen, wie z. B. Toten, die mehrmals wieder auferstehen, neugierigen Lauschern, die sich ganz zufällig immer im rechten Moment am rechten Ort aufhalten und dadurch den Verlauf der Handlung plötzlich um 180 Grad drehen, und fragwürdigen „göttlichen“ Offenbarungen.

Während die Handlung zu Beginn der Geschichte eher träge verläuft und durchaus vorhersehbar ist, steigert sich die Spannung im zweiten Teil des Buches merklich und es entsteht eine größere Handlungsdichte. Der ständige Wechsel zwischen den einzelnen Erzählperspektiven wirkt jedoch zunehmend verwirrender, da immer mehr Personen auftauchen, die allesamt aus der Ich-Perspektive erzählen.

Sprachlich bietet sich dem Leser hingegen ein ganz anderes Bild. Obwohl das Buch von zwölf Autoren geschrieben wurde und somit zwölf unterschiedliche Erzählstile enthalten sollte, wirkt die Erzählung recht harmonisch. Eine Zuordnung der Kapitel zu den einzelnen Autoren lässt sich ohne die Übersicht im Anhang kaum bewerkstelligen, dafür erkennt man deutliche Qualitätsunterschiede im Vergleich zu anderen Einzelwerken der Autoren. Dies bezieht sich sowohl auf die sprachliche Qualität als auch auf die inhaltliche Gestaltung der Geschichte. Ein jeder dieser Autoren hätte aus dem Stoff vermutlich einen wesentlich unterhaltsameren Roman fertigen können.

Da „Der zwölfte Tag“ sowohl sprachlich als auch im Bezug auf das geschichtliche Vorwissen wenig anspruchsvoll ist, erscheint das Buch für Jugendliche ab 12 Jahren bestens geeignet. Erwachsenen würde ich jedoch empfehlen, bei der Suche nach historischen Romanen auf die Einzelwerke der jeweiligen Autoren zurückzugreifen.

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Dan Shocker – Fürst der Knochenburg (Macabros, Band 23)

In diesem Band sind die beiden Heftromane Band 43 und 51 der gleichnamigen Serie enthalten.

Die Horror-Tempel von Skyx

Rani Mahay, der Koloss von Bhutan, und seine bengalische Tigerin Chitra folgen Björn Hellmark durch den Spiegel der Druidin Kiuna Macgullygosh. Doch Rani trifft nicht in Tschinandoah ein, sondern gelangt im Land Ullnak. Dort trifft er auf Statuen, die seinen Freund Björn darstellen und mit Nadeln gespickt sind. Die Bewohner geben dem deutschen Millionärssohn die Schuld an dem Umsturz ihres Landes und wollen ihn quälen. Nachdem der Fürst von Ullnak starb, kam seine Tochter Aleana an die Macht, doch alsbald wurde sie ihr wieder entrissen.

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Bulwer-Lytton, Edward George – letzten Tage von Pompeji, Die (Europa-Originale 15)

_Besetzung_

Chronist – René Genesis
Glaukus – Rudolf H. Herget
Sallust Edgar Maschmann
Nydia – Herma Koehn
Arbaces – Benno Gellenbeck
Diomed & Christ – Rolf E. Schenker
Kalenus – Horst Beck
Jone – Reinhilt Schneider
Apäcides – Peter von Schultz
Olinth – Konrad Halver
Sklavin – Bärbel Schmitt
Julia – Ingeborg Kallweit
Hexe – Katharina Brauren
Centurio – Marco Fehrs
Prätor – Kurt Blachy

Regie: Konrad Halver

_Story_

In der wunderschönen Stadt Pompeji treffen die verfeindeten Griechen und Ägypter aufeinander und verurteilen den Glauben des jeweils anderen Volkes. Ihre Vertreter: Der Hellene Glaukus, dem man nachsagt, ein Ehrenmann zu sein, sowie auf der anderen Seite der Ägypter Arbaces, der wegen der Orgien, die angeblich in seinem Haus gefeiert werden, beim Volke verpönt ist.

Arbaces und Glaukus streiten jedoch nicht nur um ihre Götter, sondern auch um die Gunst der wunderschönen Jone, die ebenfalls von Glaukus sehr angetan ist. Dennoch versucht sein Widersacher mit aller Macht, sich ihrer zu bemächtigen und erzählt dabei Lügen über Glaukus. Jener wiederum wird von der blinden Dienerin Nydia begehrt, die allerdings weiß, dass sie bei ihrem Rang keine Chancen beim Griechen haben wird. Sie bittet Arbaces um Hilfe und bekommt einen scheinbaren Liebestrunk als Geschenk. Doch der Trunk stimmt Glaukus nicht um, weil die Hexe am Fuße des Vesuvs, die Arbaces hierzu beauftragt hat, das Gebräu vergiftet hat. Just in dem Moment, in dem der Vulkan nach jahrelanger Stille wieder ausbricht und die Stadt dem Untergang weiht, kommt es zwischen den verschiedenen Völkergruppen zum Skandal …

_Meine Meinung_

Die Erde bebt, eine sprechende Statue kündet Unheilvolles an, und ein seltsamer Trank entfacht unter den Menschen in Pompeji ein Eklat – das ist die Geschichte vom Untergang der historischen Stadt, die nach außen hin so prachtvoll schien, innerlich aber von Hass, Rachsucht und intriganter Gotteslästerung zerworfen wurde. Und eben jene Geschichte, die bereits 1971 als Langspielplatte veröffentlicht wurde, wird nun erstmals als CD neu aufgelegt und setzt die Serie „Europa – Die Originale“ mal wieder etwas andersartig fort. Regisseur Konrad Halver versetzt uns zurück in die Zeit, zu der Griechen und Ägypter wegen ihrer verschiedenen Religionen arg verfeindet waren und sich in der Gemeinschaft nur schwer dulden konnten. Allerdings bezieht die Erzählung deutlich Stellung für die Hellenen, deren Figuren in „Die letzten Tage vom Pompeji“ die Rolle der ‚Guten‘ zukommt. In erster Linie ist es Glaukus, oftmals gebeutelt durch Verrat und unberechtigten Zorn, der hier den Part des intelligenten, wohlbesonnen Helden einnimmt und sich auch sofort die Sympathien der Hörer erkämft, während sein Kontrahent Arbaces von Beginn an als widerspenstiger, ungerechter Fiesling dargestellt wird, dem keine Lüge zu viel ist, um den Glauben an seine Götter aufrecht zu erhalten und gleichzeitig seine Macht und Liebe durchzusetzen.

Natürlich kommt es zu Konflikten, die im Hörspiel dann auch sehr spannend inszeniert wurden. Halver hat die Romanvorlage von Edward George Bulwer-Lytton daher auch kaum entschärft und die hasserfüllte Stimmung sowie die bösartigen Gefechte prima in seinen Plot aufgenommen. Gleich mehrere differenzierte Ausschreitungen zeichnen das Hörspiel, und immer wieder sind neue Personen am Geschehen beteiligt, so dass die Handlung ein wenig komplexer gerät. Allerdings liegt hier auch eine kleine Schwäche versteckt, denn dadurch, dass sich immer mehr Figuren in den aktiven Part der Geschichte einklinken, verliert man schon mal schnell die Übersicht, zumal die Sprecherstimmen, abgesehen von denen Glaukus‘ und Arbaces‘, sich in gewiser Weise schon ähneln. Dies wird noch durch den etwas rauen Ton verschärft, der zwar für sein Alter gut erhalten ist, aber eben auch die Zeichen der Zeit nicht verbergen kann.

Andererseits ist durch diese Vielseitigkeit auch flächendeckend für Spannung gesorgt, denn während der letzten Tage von Pompeji wird die Stadt gleich von mehreren Dramen heimgesucht, und jedes Mal sind wieder andere Menschen davon betroffen. Hinzu kommt, dass die Vertonung durch die gehobenere Sprache ein ganzes Stück anspruchsvoller erscheint, wenngleich es einleitend einer kurzen Gewöhnungszeit bedarf, bis man sich ‚hineingehört‘ hat. Von dort an macht das dreiviertelstündige Treiben in Pompeji allerdings auch eine Menge Spaß, vorrangig natürlich, weil bis auf den betitelten Untergang absolut nicht ersichtlich ist, was aus Jone, Nydia, Arbaces, Apäcides und natürlich Glaukus werden wird.

Der 15. Teil der „Europa-Originale“ zielt zwar auf ein bestimmtes Publikum, sollte jedoch nicht nur von Historienfreunden angetesten werden. Es handelt sich natürlich nicht gerade um ein modernes Lustspiel, aber immerhin noch um eine sympathisch aufgebaute, spannende und wirklich sehr unterhaltsame Produktion, die trotz oder vielleicht sogar wegen ihres außergewöhnlichen Erscheinungsbilds wunderbar in diese Serie hineinpasst – und nach der ziemlich schwachen Episode „Die Irrfahrten des Odysseus“ beweist, dass Hörspiele mit historischem Inhalt keinesfalls schlecht sein müssen.

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Abuli, Enrique Sánchez / Bernet, Jordi – Torpedo 1

Wer nur für fünf Cent Ahnung hat, was in den Regalen hiesiger Comicdealer steht, der weiß, dass auch Erwachsene gerne Comics lesen. Völljährig zu sein und Bildergeschichten zu mögen, wurde in den Fünfzigern vielleicht noch als eine Charakterschwäche getadelt. Heute ist es alltäglich. Trotzdem hat man es als erwachsener Comicleser manchmal nicht leicht, Material zu finden, das dem eigenen Gusto entspricht. Zum Glück gibt es |Cross Cult|. Das kleine, aber feine Label aus Asperg nimmt die Wünsche des älteren Lesepublikums aufs Korn. Die Verleger scheinen es sich auf die Fahne geschrieben zu haben, gleichsam gute Unterhaltung, anspruchsvolle Geschichten und tolles Artwork zu bringen. Mit der Veröffentlichung des ersten Bandes von »Torpedo« – pünktlich zur Frankfurter Buchmesse 2006 – bleiben sie ihrer Linie treu.

Dabei sind die Geschichten um den Mafiakiller Luca Torelli, genannt »Der Torpedo«, keine Neuheit mehr, sondern schon über fünfundzwanzig Jahre alt. 1980 erschien die erste Episode in dem spanischen Magazin »Creepy«. Daraus entwickelte sich in den Folgejahren eine Serie, die 1986 zu höchsten Ehren gelangte und in Angoulême den Preis für das Beste Album abräumte. Auf Deutsch erschien »Torpedo« zuletzt 1988 bis 1991 bei |Carlsen|, zunächst als Album, dann als Taschenbuch. Die Reihe blieb unvollendet und geriet allmählich in Vergessenheit. Inzwischen sind einzelne Ausgaben kaum noch zu bekommen. Freunde des brutalen Mafiakillers dürfen nun aufatmen. Bei |Cross Cult| erscheint in fünf Bänden das Gesamtwerk. Der erste Band enthält fünfzehn »Torpedo«-Episoden in Schwarzweiß, die jeweils zwischen sechs und zehn Seiten lang sind.

Schauplatz der Handlung ist New York im Jahr 1936. Hauptfigur Luca Torelli ist ein eleganter Killer der Mafia, gerade kultiviert genug, um zu wissen, dass in Spanien Bürgerkrieg herrscht. Er ist ein vornehmer Schlächter im Nadelstreifenanzug, ein hartgesottener Killer, wie er im Buche steht. An seiner Seite wird dem Leser von Episode zu Episode das ganze bestehende Repertoire an Mafia-Stereotypen vorgeführt. Die Anziehungskraft der »Torpedo«-Storys geht dabei nicht so sehr von den einzelnen Plots aus. Sie sind ein wenig absehbar, wie zu erwarten bei Kompositionen aus Stereotypen. Der Leser erlebt, wie Torpedo gut bezahlte Aufträge erledigt. Manchmal macht er sich selbst zum Auftraggeber, hin und wieder gibt es Rückblenden in seine Vergangenheit. Immer geht es hart zur Sache, blutig und gnadenlos.

Vielleicht rührt die Anziehungskraft dieser Serie von dem non-charmanten Charakter Luca Torelli selbst her. Torpedo ist alles andere als der perfekte Schwiegersohn. Kein Saubermann, kein aalglatter Held, sondern ein Mistkerl. Er zögert nicht, seinen besten Freund oder seine Lieblingshure zu ermorden. Er schießt einem Mann in den Rücken, tötet einen Polizisten und vergreift sich an einer verheirateten Frau, weil sie ihn nicht bezahlen kann. Als Leser fühlt man sich merkwürdig angezogen und abgestoßen zugleich. Damit reiht sich Torpedo ein in die Reihe schräger Hauptfiguren bei |Cross Cult|, die nicht im Mainstream liegen, sondern Ecken und Kanten haben. Gut so, denn als erwachsener Leser wünscht man sich erwachsene Charaktere. Und man muss ja nicht jeden sympathisch finden.

http://www.cross-cult.de/

Hyung, Min-Woo – Priest – Band 12

[Band 1 1704
[Band 2 1705
[Band 3 1707
[Band 4 1709
[Band 5 1720
[Band 6 2515
[Band 7 2516
[Band 8 2575
[Band 9 2618
[Band 10 2701
[Band 11 2854

_Story_

Enttäuscht von der ablehnenden Haltung Ivan Isaacs, der sie nicht als Ersatz für die dahingeschiedene Gena akzeptieren will, begibt sich Lizzie auf die Suche nach einer neuen Bande, um eine Lösung für ihren Virus zu finden. Auch die Stammesbrüder des verstorbenen Cairo sind nicht untätig und arrangieren ein Treffen mit den Marshalls. Allerdings besteht noch keine Einigkeit darin, ob sie sich an den grausamen Priestern rächen werden, deren eiskaltern Händen Cairo zum Opfer gefallen ist.

Ivan Isaacs hingegen landet auf seiner Reise in Windtale, einem Ort der Verstoßenen, an dem die mütterliche Nera einige entstellte Wesen vor der drohenden Folterung durch die Menschheit bewahrt. Doch die Zigeunergruppe braucht dringend neue Nahrung und Unterstützung seitens der Stadtbewohner, so dass eine Fahrt ins Zentrum unvermeidlich ist. Dort kommt es dann zum Eklat: Nera trifft auf ihren neuen Widersacher Isaacs, und die mitgereisten Kinder werden von einigen ortsansässigen Fieslingen an den Pranger gestellt.

_Meine Meinung_

Meines Wissens war diese Serie zunächst auf insgesamt 15 Bände angesetzt, doch mittlerweile erscheint es mir utopisch, dass Autor Min-Woo Hyung innerhalb dieses Rahmens zu einem runden Abschluss kommen wird. Ein 16. Band ist daher bereits für die deutsche Ausgabe bei |Tokyopop| angekündigt. Auch im zwölften Band von „Priest“ ergeben sich durch die Einbeziehung neuer Charaktere wieder neue Ideenkomplexe, die mit dem bereits Geschehenen erst einmal in Einklang gebracht werden müssen.

Der Autor beschreitet zudem auch wieder einen gänzlich neuen Weg und lässt die Ereignisse der vorangegangenen Episoden bis auf Weiteres ruhen. Sowohl das weitere Fortschreiten Lizzies als auch die Rachegelüste von Cairos Gefährten werden nur losgelöst am Rande erwähnt, während die Geschichte von Nera und ihren verrufenen Schützlingen das Geschehen bestimmt. Einerseits gar nicht schlecht, andererseits aber auch wieder ärgerlich, weil der Autor zum wiederholten Mal einen eröffneten Komplex nicht zu Ende denkt und statt einer Übergangslösung wieder Gedanken streut, die große Teile der Handlung über den Haufen werfen.

Die Art und Weise, wie Hyung dies macht, ist allerdings wieder beeindruckend. Verschiedene bewährte Charaktere, darunter auch Ivan Isaacs selber, nehmen mit einem Mal eine vollkommen andere Position ein. Plötzlich sind es die einst bösartigen Engel, die positiv besetzt werden, wohingegen der wiederauferstandene Rächer sich gegen die mit Sympathien behaftete Nera stellt, sogar droht, ihr den Garaus zu machen. Vom moralischen Aspekt betrachtet geschehen hier Dinge, die bewirken, dass man sich von der Identifikationsfigur Isaacs löst und ihr Handeln in Frage stellt. Bereits die Auseinandersetzung mit Lizzie verhieß nichts Gutes, und jetzt scheint es geradezu so, als hätte Belials Handlanger die Seiten gewechselt und würde nun das Böse verkörpern.

Unterschwellig wird dem Leser jedoch schon eröffnet, dass Nera und ihre hässlichen Gestalten lediglich Teil einer Scheinwelt sind und ihr sympathisches, fast schon mitleiderregendes Auftreten nicht ihrer wirklichen Natur entsprechen. Jedoch handelt es sich hierbei nur um Andeutungen, die den Leser zum Nachdenken und Weiterspinnen anregen. Eben wie bei all den anderen versteckten Hinweisen, die der Autor im Laufe der Reihe in seinen Büchern platziert hat.

Es bleibt also weiterhin spannend im Kampf zwischen Ivan Isaacs und all den feindlichen Engeln und Dämonen. Min-Woo Hyung hat die Facetten seiner Manwha-Serie noch weitreichender gestaltet und dafür gesorgt, dass „Priest“ nach einem sich zwischenzeitlich anbahnenden Endspurt wieder so undurchschaubar ist wie nach der Wiederbelebung des Hauptcharakters. Angenehm beim zwölften Band der bald in Hollywood visualisierten Serie ist dabei übrigens noch der Verzicht auf überzogene Gewaltdarstellung; zwar sind manche Szenen recht brutal, dies aber mehr auf mentaler Ebene.

Und so fällt das Resümee nach anfänglichen Bedenken dann auch wieder ausgesprochen positiv aus. Die aktuelle Fortsetzung bringt die Geschichte voran, offenbart dabei aber auch, dass die Erzählung noch Potenzial für mindestens zehn weitere Episoden hat. Man darf jedenfalls gespannt sein, was Min-Woo Hyung daraus machen wird. Meinetwegen darf „Priest“ aber gerne so komplex und undurchdringlich bleiben wie in der hier rezensierten Folge.

http://www.tokyopop.de/

Moore, Steve – V wie Vendetta – Der offizielle Roman zum Film

In einer nicht allzu fernen Zukunft hat sich die parlamentarische Demokratie Großbritanniens in eine faschistisch-klerikale Diktatur gewandelt: Konzentrationslager überziehen das Land, Menschen, die Minderheiten angehören – Ausländer, Homosexuelle, Muslime, Intellektuelle, Dissidenten – werden verhaftet, gefoltert und ermordet; jeder Funken Widerstands und Freiheitsstrebens wird mit brutaler Gewalt durch die Schergen des Großkanzlers Adam Sutler im Keim erstickt, während die riesige Propaganda-Maschinerie des BTN – des British Televison Networks – die Massen mit Lügen und christlich-fundamentalistischen Hetzparolen manipuliert.

Sekretärin Evey Hammond, ein winziges Rädchen im Getriebe BTNs, schlägt sich mehr schlecht als recht durch und erwartet vom Leben wenig mehr als einen etwas besseren Job. Ihr gesamtes Weltbild kommt ins Wanken, als sie eines Nachts von einem geheimnisvollen Mann, der sich als V vorstellt und eine „Guy Fawkes“-Maske trägt, vor Häschern des Gestapo-ähnlichen Sicherheitsdienstes gerettet wird. Doch auch wenn sie dieser Fremde, der ihr eine Welt, seine Welt im Untergrund – wörtlich und im übertragenen Sinne – zeigt, fasziniert, so gehören ihre Loyalität, ihr Glaube zunächst dem System und ihr Weg bis zur Läuterung wird lang, erniedrigend und schmerzvoll sein.

Vs gnadenlose und brutale Anschläge auf Symbole – wie das Folter-Gefängnis von London, Old Bailey – oder hochrangige Repräsentanten der Diktatur und – in Gedenken an den „Gun Powder Plot“ des Jahres 1605, einem bedeutsamen Tag in der britischen Geschichte – die Ankündigung, am 5. November des kommenden Jahres eine nationale Demonstration seiner Macht zu veranstalten, machen ihn zum Staatsfeind Nr. 1. Unter Leitung des Chefs der Verbrechensermittlung, Eric „Die Nase“ Finch, wird eine erbarmungslose Jagd auf ihn und Evey, welche man für eine Kollaborateurin hält, eröffnet.

Doch diese Jagd geht am Chief Inspector ebenfalls nicht spurlos vorüber. Auch seine Loyalitäten werden zunehmend in Frage gestellt, als ihn die Ermittlungen zurück zu den Anfängen der Diktatur führen, zum Tag des St.-Marys-Virus und hin zum berüchtigtsten aller Konzentrationslager, Larkhill, welches vor einigen Jahren in einem Höllenfeuer unterging. Die Frage, ob das System das Monster V, welches ihm nun den Krieg erklärt hat, nicht selbst erschuf, lässt ihn selbst dann nicht ruhen, als sein eigenes Leben mehr und mehr in Gefahr gerät.

„V wie Vendetta“, der offizielle Roman zum Film, basiert auf einem Drehbuch der Wachowski-Brüder, die sich durch die Matrix-Trilogie in Cineastenkreisen einen Namen machen konnten. Diesem Drehbuch wiederum liegt die ursprünglich 1982 bis 1885 erschiene, unvollendete und 1988 neuaufgelegte und dann fertiggestellte, gleichnamige Dystopie des genialen Comic-Künstlers Alan Moore (Watchmen, From Hell, League of Extraordinary Gentlemen; nicht verwandt mit Steve Moore) zu Grunde. Auch wenn Alan Moore sich von dem Film distanziert haben soll und nicht im Vorspann/Abspann genannt werden möchte, so bedeutet dieses nicht, dass der Roman nach dem Drehbuch schlecht wäre.

Natürlich wäre es vermessen, wollte man das Buch auf eine Stufe mit dystopischen Meisterwerken wie „1984“ oder „Fahrenheit 451“ stellen, denn dafür ist seine Auseinandersetzung mit struktureller und auch individueller Gewalt letztlich zu oberflächlich und durch zu wenig visionäre Eigenständigkeit gekennzeichnet; die Unterdrückung von Freiheit und Wahrheit, die Entwertung und Entrechtung des Individuums, all das folgt in dem Roman hinlänglich bekannten Mechanismen und bietet gerade auch in der Verkürzung gesellschaftlicher Prozesse wenig Neues.

Dennoch ist „V wie Vendetta“ ein fesselndes Werk, weil es erfolgreich einen Bogen schlägt zwischen sehr „stylisher“, vom Autor zum Teil sehr comichaft inszenierter Action, welche gerade auch in der Adaption des Übermenschlichen ihren Ursprung nicht verhehlt, einer durchgängig düsteren Atmosphäre, verhaltener Gesellschaftskritik und eindringlichen Charaktermomenten. Ein Großteil der Faszination erwächst aus der Unnahbarkeit Vs – symbolisiert durch die „Guy Fawkes“-Maske und andere „theatralische“ Accessoires -, welcher wie ein gesichtsloser Schrecken, ein mythologischer Rachegott aus dem Nichts über seine Feinde kommt, um nach vollstrecktem Urteil wieder im Nichts zu verschwinden. Dieser Mangel an menschlicher Substanz lässt Evey Hammond und – mit Einschränkungen – auch Eric Finch zu den eigentlichen Identifikationsfiguren des Lesers avancieren; erst durch sie erlebt er die Schrecken der Diktatur, die Angst, Verzweiflung, aber auch die Hoffnung.

Einen Punkt, den ich persönlich für problematisch halte, ist die Glorifizierung von Gewalt, Mord und Zerstörung als adäquates Mittel im Kampf gegen die Unterdrückung, sowie die in der Person des V unsaubere Trennung zwischen Rache und Gerechtigkeit. Eine tiefere Diskussion bzw. Reflexion über diesen sehr zentralen Aspekt findet kaum statt; wenn sich V schlussendlich vage von seinem Weg distanziert, so ist die Entscheidung kaum nachvollziehbar und wird ohnehin kurze Zeit später durch das Verhalten der anderen Protagonisten konterkariert.

Fazit: Ein runder, gut geschriebener und atmosphärisch dichter Roman, der sich zwar nicht mit den großen Dystopien der Literatur und Filmgeschichte – „Wir“, „1984“, „Brave New World“, „Soylent Green“ u. a. – messen kann, jedoch in der Reihe der neueren Kino-Film-Adaptionen qualitativ einen der vorderen Plätze belegt.

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Siehe ergänzend dazu: Unsere Rezensionen zur [Graphic Novel. 2428

Varesi, Valerio – Pension in der Via Saffi, Die. Commissario Soneri blickt zurück

_Story_

Winter in Parma. Nebelbänke liegen über der Stadt und versetzen Commissario Soneri in eine melancholische Stimmung, vor allem, seit er mit der Aufklärung des Mordes an der alten Pensionsbesitzerin Ghitta Tagliavini beauftragt worden ist. Soneri kannte das Opfer aus der gemeinsamen Zeit mit seiner ehemaligen Freundin Ada, mit der er einige Nächte in Tagliavinis Gasthaus verbrachte. Nun wird er an diese Zeit zurückerinnert und damit auch an den dramatischen Tod Adas, der ihn die Vergangenheit ein zweites Mal erleben lässt.

Soneri beginnt die Ermittlungen an diesem zwielichtigen Mordfall und findet alsbald heraus, dass Ghitta bei weitem nicht so ehrenhaft war, wie der Commissario immer dachte. Stattdessen hat sie sich illegal als Wunderheilerin einen Namen gemacht und dadurch ihren dubiosen Ruf noch weiter bekräftigt. Soneri fühlt sich mit dem Fall überfordert, weil seine persönliche Vergangenheit immer weiter in den Vordergrund gerät. Doch als er realisiert, wie dicht sein eigenes Schicksal mit dem rätselhaften Mord an die alte Tagliavini verknüpft ist, weiß er, dass es für einen Rückzieher bereits zu spät ist.

_Meine Meinung_

Nach dem spannenden politischen Krimi [„Der Nebelfluss“ 1587 bemüht Valerio Varesi ein weiteres Mal seinen Antihelden Soneri, der seiner Rolle als sturköpfiger Eigenbrödler hier ein weiteres Mal vollends gerecht wird. Im zweiten Roman um den verbissenen Commissario geht es wiederum um Inhalte aus Italiens politischer Vergangenheit, die der Autor geschickt in eine spannende Kriminalhandlung eingeflochten und mit der Geschichte des Protagonisten verbunden hat. Allerdings kristallisieren diese sich erst nach und nach heraus, genauer gesagt erst im zweiten Drittel, als Soneri die Spur des seltsam gekleideten Pitti verfolgt, der ebenso wie viele andere Menschen in den umliegenden Häusern von Ghittas Pension direkt oder indirekt in den Fall mit eingebunden zu sein scheint. Ab diesem Punkt nimmt die Handlung aber auch erst richtig Tempo auf, wohingegen die ersten Seiten fast ausschließlich dazu verwendet werden, einzelne Ausschnitte aus Soneris Studentenleben zu reflektieren und die Umgebung des Tatorts zu beschreiben.

Doch dann wird’s mit einem Male interessant; Soneri dringt tiefer in die Geschehnisse in der Via Saffi und stößt dabei zunächst auf Ghattis ehemalige Mitbewohnerin Elvira, deren unsicheres Auftreten den Beamten schnell stutzig macht. Er informiert sich in den umliegenden Kneipen sowie bei seinem dort angesiedelten Friseur über die Dame, holt bei einem neugierigen Landstreicher Infos über die Vergangenheit der involvierten Personen ein, kommt dabei aber immer wieder mit seinen Gedanken zurück zu seiner gescheiterten Beziehung mit Ada. Gleichzeitig muss er aber auch seine derzeitige Geliebte Angela bei Laune halten, die dem neuesten Fall ihres Gefährten mit großer Skepsis entgegenblickt, zumal sie nicht akzeptieren möchte, dass in Soneri alte Gefühle aufkeimen und ihren Rang damit untergraben.

Hin- und hergerissen von seinen Emotionen und Gedanken, steigert sich der Commissario immer weiter in den Fall hinein und ist irgendwann froh, dass ihn die ersten Resultate zur Vermutung einer politisch motivierten Tat führen. Er verfolgt fortan noch genauer, was besagter Pitti allabendlich in den Straßen der Via Saffi erledigt, berücksichtigt dabei mit wachsender Intensität scheinbare Zusammenhänge zu längst verjährten Mordfällen und erhält dadurch die Ablenkung, die er sich bei all seinen wirren Gedankenspielen wünscht. Doch viel lieber noch würde er das Attentat auf die Tagliavini weiterdelegieren, kann diesen Entschluss aber schon alleine deswegen nicht mehr durchziehen, weil er auf diese Weise auch nicht mit sich selbst Frieden schließen kann. Um mit seiner Vergangenheit ins Reine zu kommen, ist er geradezu dazu verpflichtet, zu lernen, das Unumkehrbare zu vergessen oder es zumindest hinzunehmen, um endlich wieder aus seiner Melancholie herauszukommen.

Auf der anderen Seite ist sich der Commissario die Aufklärung der Tat auch als Rechtfertigung vor den schmierigen Figuren der Chefetage der Polizei schuldig. Von dort aus werden ihm stetig neue Hürden in den Weg gelegt, während jeder Fortschritt ohne jegliche verdiente Anerkennung bleibt. Soneri hat es satt, den Spielball für seine Vorgesetzten abzugeben, und wehrt sich mit aller Kraft dagegen, den ihm zugesprochenen Verliererpart anzunehmen. Zwar bleiben seine Ermittlungen bis kurz vor Schluss ergebnislos, doch sobald sich seine Spur als richtig erweist, tritt der Mann sofort eine wahre Lawine los, von der selbst gefürchtete Ex-Genossen zutiefst erschüttert werden. Und damit geht diese Geschichte erst richtig los.

„Die Pension in der Via Saffi“ bleibt aber trotz all dieser emotionalen Energie ein wenig hinter den zuletzt geschürten Erwartungen zurück. Valerio Varesi hat dieses Mal erhebliche Probleme damit, die Geschichte ‚rund‘ zu bekommen. Die Verknüpfung der Zusammenhänge ist die gesamte Zeit über sehr vage dargestellt und könnte bei der umfassenden Rahmenhandlung manchmal etwas mehr Zielstrebigkeit vertragen, gerade was die Verquickung von politischen und kriminalbezogenen Inhalten angeht. Varsi macht nicht wirklich deutlich, was das eine mit dem anderen zu tun, oder um es hinsichtlich der Handlung zu formulieren: Der Mord an Ghitta scheint völlig losgelöst von den hinterlistigen Affären der im Roman aufgeführten Darsteller behandelt zu werden, und wenn sich das Ganze zum Schluss dann als Einheit zusammenfügen soll, wirkt dies ein wenig künstlich.

Dabei sind die Ideen in „Die Pension in der Via Saffi“ sehr interessant, gerade eben, was die historischen Hintergründe betrifft. Aber in diesem Fall sind sie leider nicht so spannend umgesetzt wie noch in „Der Nebelfluss“; der Plot ist bei weitem nicht so stringent, die Stimmung zudem ziemlich ungewöhnlich für einen Kriminalroman (was ja zunächst mal gar nicht falsch sein muss) und die diesmal unheimlich vielen Charaktere manchmal etwas schwammig in die Geschichte eingeführt worden. Und all das sind kleine Schwächen, die in ihrer Summe dafür sorgen, dass Varesis aktuelles Werk sich dem Leser nur bedingt öffnet und dieser wiederum immer nur episodisch Interesse entwickelt, den Faden wieder aufzunehmen und die etwas komplexere Erzählung konzentriert zu verfolgen. Mit anderen Worten: Der Autor schafft es dieses Mal nicht, sein Publikum von der ersten bis zur letzten Sekunde an sein Werk zu fesseln, so dass alles in allem ein recht durchschnittlicher Gesamteindruck steht, der dem guten Ruf eines Valerio Varesi meines Erachtens nicht gerecht wird. Aber das beweist auch, dass viele interessante Ideen noch lange kein Garant für einen spannungsgeladenen Plot sind.